Rehbrücke und Saarmund
Gemälde von Otto Thomasczek
Erläuterungen zu den Bildern und aktuelle Fotos von Chris Janecke
Rehbrücke
In Otto Thomasczeks Tagen:
Der Ort Rehbrücke liegt zwischen Potsdam und Bergholz. Während das benachbarte Dorf Bergholz im historischen Schrifttum bereits 1375 erwähnt wird, handelt es sich bei Rehbrücke um eine junge Ansiedlung.
In unserer Zeit (um 1901) erleben Bergholz und Rehbrücke einen Bevölkerungszuwachs, da sich immer mehr großstadtmüde Berliner aber auch Potsdamer hier ansiedeln. Was zu Rehbrücke gehört, war bei der Zählung vor sechs Jahren schnell zu erfassen: 13 Wohnhäuser, dazu die winzige Kolonie an der Rehbrücke, das Forsthaus, der Bahnhof, die Schankwirtschaft, die Burgfischerei an der Nuthe und die Plantage mit dem Plantagenhaus an der Heide. Im benachbarten alten Bergholz zählte man dagegen wohl etwa einhundert Häuser.
So sieht es hier aus:
Seit Oktober 2003, dem Zeitpunkt der Eingemeindung, ist Bergholz-Rehbrücke mit mehr als 5.200 Einwohnern der größte Ortsteil in der Gemeinde „Nuthetal“. Die Gemeinde liegt im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Durch das Gemeindegebiet fließen die Nuthe und der Rehgraben mit ausgedehnten Wiesenflächen.
Der kleine Bahnhof liegt an der Eisenbahnstrecke, die von Berlin nach Dessau führt. Er liegt an der Gemarkungsgrenze zwischen der Landeshauptstadt Potsdam und dem Ortsteil Bergholz-Rehbrücke der Gemeinde Nuthetal. Im Verlaufe der zurückliegenden einhundert Jahre wurde der Bahnhof einem Gestaltwandel unterzogen. Der Gasthof der Familie Liesegang besteht nicht mehr.
Saarmund in der Mark Brandenburg um 1899
Der Ort liegt etwa 12 Kilometer süd-südöstlich von Nowawes, unserem Ausgangspunkt entfernt. Wir beschreiten heute also einen reichlich langen Wanderweg.
In „grauer Vorzeit“ befand sich in Saarmund wohl ein slawischer Burgwall, der den frühen Siedlern Schutz bot. Auf gleichem Grunde errichteten die Askanier hier, am Übergang des Gebietes der Zauche zum Teltow, eine Burg. Diese lag in der Nähe des Flüsschens Nuthe, nur einen Steinwurf von der heutigen Kirche entfernt. Die bis zu 165 Zentimeter mächtigen Mauern der Burgfundamente künden noch von jenem damals gewiss als gewaltig empfundenen Bauwerk.
Die früheste Urkunde mit der Erwähnung Saarmunds ist uns aus dem Jahre 1217 überliefert. Es handelt sich um eine Kirchenurkunde des Bischofs Siegfried von Brandenburg. Die Bezeichnung Saarmund, soll sich einfach von dem Einmünden des Saar(e)grabens, eines springlebendigen Gewässers, in die Nuthe herleiten.
Anfang unseres 19. Jahrhunderts stand die Stadt in reichem Flor. Gezählt wurden damals: 56 Wohnbauten, 30 Scheuern sowie 1 Königliches Akzise- und Hauptlandzollamt. Es lebten, zumeist mit Familien, hier in der Stadt die Königlichen Beamten: 1 Ziese-Meister (zum Erheben der Verbrauchssteuern = Akzise) und 1 Rendant (Kassenverwalter), ferner 1 Prediger und 1 Küster. Des Weiteren: 10 Ackerbürger, 4 Tagelöhner, 4 Hirten, 1 Wassermüller, 1 Ölmüller, 1 Windmüller, 1 Zimmermann, 2 Tischler, 1 Höker, 2 Materialisten, 1 Gastwirt, 2 Bierschänker, 2 Branntweinbrenner, 4 Branntweinschänker, 6 Brauer, 1 Weinmeister, 1 Fischer, 1 Fleischer, 1 Hausschlächter, 1 Hufschmied, 7 Weber, 7 Schneider, 4 Schuster, 5 Stell- und Rademacher, 1 Wundarzt. 1822 siedelte sich noch der Betreiber einer Tuchfabrik an. Viermal im Jahr wurde ein Kram-Markt abgehalten.
Im Vorwerk lebten 8 Büdner, 2 Einlieger und eine Wassermühle wurde dort betrieben.
Diese Besitztümer schützte 1 Nachtwächter. Vier ehrliche Bürger bildeten den Gemeinderat. (Eigentlich waren wohl aber alle Einwohner grundehrlich, wie mündlich überliefert wurde).
Kurzum – was kann der Geneigte daraus erlesen? Jawohl: Eine wohlhabende kleine Stadt!
Seit zwischen Potsdam und Beelitz die Kunststraße mit den ungezählten „Katzenkopf-Steinen“ gebaut und 1804 dem Verkehr übergeben wurde, blieb die Stadt Saarmund mehr und mehr vom Hauptverkehr „links liegen“. Bis zum Jahre 1862 behielt der Ort noch das Stadtrecht. Wegen der nun abseitigen Lage ist die Bedeutung inzwischen auf den Status eines Marktfleckens gesunken. Trotzdem: Ohnweit des Ortes entstand sogar ein Haltepunkt der Bahn, da Saarmund seit 1891 an das Streckennetz der Eisenbahn angeschlossen ist.
In unseren Tagen, wir schreiben jetzt das Jahr 1899, zählt der Ort 88 Häuser, bei der Kolonie und dem Vorwerk stehen weitere 14 Häuser. Einige davon habe ich vor einiger Zeit skizziert, gemalt und stelle euch die Ergebnisse vor:
Freundlich liegt der Marktflecken im Sonnenschein vor uns. Gemütlich wirkt die Dorfstraße „Der Markt“ mit seinen zumeist einstöckigen Häusern. Einladend und betriebsam. Die Kirche im Rücken, schauen wir in Richtung Tremsdorf. Das Fuhrwerk, dessen Pferde von rechts heran traben, mag geradewegs aus Bergholz, aus Rehbrücke oder gar aus Potsdam kommen. An der Einmündung der Potsdamer Straße finden wir gleich zwei der Gasthöfe. Auf der Ecke, noch vor dem Damm, lädt die große Wirtschaft „Zur Stadt Leipzig“ ihre Gäste ein. Hiervon erblicken wir nur die Ecke, weil ich sie dem Auge des Betrachters dann später noch in voller Schönheit biete. Gleich hinter dieser Straßeneinmündung – im Eckhaus die Gaststätte von Friedrich Hildebrand.
Von unserem Standpunkt gesehen, liegen die Saarmunder Berge dort gerade von der Gaststätte Hildebrand verdeckt, also halb rechts, vor uns. Aus diesem Grunde besuchen wir besser den lauschigen Park hinter der Villa von Ludwig Hildebrand. Von hier aus haben wir einen freien Blick auf die Anhöhe. Diese Berge, der Saarmunder Berg und der Eichberg erheben sich bis in die Höhe von etwa 95 Metern über dem Spiegel des Meeres. Der uneingeweihte Betrachter kann das nicht genau sehen, denn der Ort liegt daselbst bereits 35 Meter hoch, so dass wir nur noch 60 Meter des Höhenunterschieds ermessen können. Wollen wir diese Gipfel erklimmen, erscheint uns das nun wohl als eine kleinere Mühe. Sandige und natürlich trockene Verhältnisse erwarten uns dort oben. Nur Pflanzen, die sich mit diesen nährstoffarmen Verhältnissen begnügen, wie harte Trockengräser und auch die Ericaen, das Kraut der Heide, können an diesen Standorten gedeihen.
Noch immer „Am Markt“, unserem Ort des Betrachtens, vollziehen wir bitte eine halbe Körperdrehung und schauen in die Gegenrichtung über die Kirche hinaus in Richtung Philippsthal. Nun erblicken wir links im Bild an der Ecke: Potsdamer Straße und Dorfstraße den Gasthof „Zur Stadt Leipzig“ mit seinem großzügig angelegten Fest- und Tanzsaal. Auch von hier aus genießt der Gast einen übersichtlichen Ausblick zum munteren Treiben auf der Straße – so er es möchte.
Unmittelbar vor der Kirche zweigt nach rechts die kleine, romantisch anmutende Mühlenstraße ab, die den Spaziergänger in einem eleganten Linksbogen wieder auf die Dorfstraße zurückführt. Dort aber verweilen wir erst später.
Die evangelische Kirche errichtete man in der Zeit von 1846 bis 1848 als eine dreischiffige Backstein-Basilika mit Apsis, flachem Dach und seitlich angesetztem Turm. Der Baukörper orientiert sich zwar an der italienisch-neoromanischen Gestaltung, jedoch mit Potsdamer Einflüssen. Architekten waren die Schüler von Karl Friedrich Schinkel: Ludwig Persius (1803 – 1845), der den wichtigen Entwurf noch vor seinem zu frühen Ableben erarbeitete und als sein Nachfolger am Bau: Friedrich August Stüler (1800 –1865). Die Figuren auf den Gesimsen sind Gipskopien von Werken des berühmten Berliner Bildhauers Christian Daniel Rauch (1777 – 1857).
Unten im Bild stelle ich euch die Villa (Parkseite) von Ludwig Hildebrand, mit der Wassermühle am Mühlgraben vor. Auch ein bescheidener Blick in den Park sei uns gegönnt.
Wir schauen den Mühlgraben, in seiner Fließrichtung entlang, über die Dorfstraße hinweg auf die weiße, prächtige Villa „Zum Mühlengrund“ von Ludwig Hildebrand, die wir nun von der Straßenseite her sehen. Hinter jener Villa liegt der Park, nur halb verborgen, von dem aus man so gut die Saarmunder Höhen erblicken kann.
Gleich hinter dem Fahrdamm das gewaltige unterschlächtig angetriebene Wasserrad, dessen Achswelle in das Erdgeschoss des Villenhauses geführt wird.
Die Dorfstraße führt rechter Hand von der Villa fort in die Richtung der nahen Bahnstrecke und in das Dörfchen Philippstal. Wählten wir diesen Weg, würden wir nach wenigen Schritten das Flüsschen Nuthe auf der Straßenbrücke überschreiten.
Es ist bekannt, dass das Flüsschen Nuthe in einem Wiesengebiet zwischen Niedergörsdorf und Dennewitz entspringt, mäandernd durch die Landschaft von Jüterbog, Luckenwalde, Gröben, Saarmund und Rehbrücke fließt, bevor sich ihr Wasser nach etwa 65 Kilometern bei Nowawes (gegenüber der Heiligengeistkirche zu Potsdam) in die Havel einmischt. Ungefähr 60 Stunden Zeit benötigt das kleine Borkenschiffchen eines Kindes bei ungehinderter Fahrt, um diese gesamte Strecke zurückzulegen.
In früheren Zeiten war der Fluss bedeutend länger. Seit Hunderten von Jahren wurde das Gewässer auf Teilstrecken begradigt. Der Fluss wurde dadurch kürzer und leichter schiffbar für die Holzflößerei und für die Lotschken. Das Wasser floss, weniger gebremst, schneller bergab. Teilstrecken des alten Flussbettes wurden abgeschnitten, zugeschüttet, wurden zu Tümpeln, Sumpfgebieten oder aber sie blieben als Nebenwasserarme bestehen. Der Fluss als Lebensraum für Tiere und Pflanzen wurde vom Menschen verändert, erhielt andere Eigenschaften.
Am Mühlgraben, liegt die Villa „Zum Mühlengrund“. Die Wasserkraft wird sinnvoll genutzt und der Zufluss wird hervorragend gepflegt.
Markant zeigen sich im Hintergrund mittig der rotbraune Kirchturm und weiter rechts, vor den Saarmunder Bergen, der Schornstein am Gehöft der weißen Villa „Zum Mühlengrund“.
Der kleine untere Bildausschnitt vermittelt uns einen Blick in die nahegelegene Mühlenstraße. In dieser Straße mit bogenförmigen Schwung, können wir es uns in der Gaststätte der Familie Schmidt, mit gutbürgerlicher Küche und auch im Biergarten wohl sein lassen. Selbst eine Kegelbahn in freier Luft ist vorhanden. Das Grundstück reicht bis zum Mühlgraben hinab.
Nachbemerkung:
Wenige Monate nachdem Otto Thomasczek die Gaststätte malte, ging die Wirtschaft vom Namen Schmidt zum Namen Behrend über – blieb aber in der Familie. Bis heute.