Potsdam, Brauhausberg und Hafen
Gemälde von Otto Thomasczek
Erläuterungen zu den Bildern und aktuelle Fotos von Chris Janecke
Die neue Königlich-Preußische Kriegsschule
Die alte Kriegsschule befindet sich bisher in der Waisenstraße. Welch eine Wahl. Die Stätte dient der Ausbildung der Militärs in der Offizierslaufbahn. Eine staatliche Kriegsvermeidungsschule gibt es meines Wissens nicht. Die Kriegsschule benötigt ein neues Domizil. Für dessen Bau gibt Kaiser Wilhelm II. den Befehl. Der Gebäudekomplex soll im Zeitraum von 1899 bis 1902 entstehen. Als Baugelände wird der Brauhausberg, oberhalb der Potsdamer Brauerei gewählt. Mit der Entwurfsplanung beauftragt der Kaiser den Franz Schwechten (1841 – 1924). In der Bauleitung bei Militärbauten verfügt des Weiteren Martin Meyer über Erfahrungen.
Einige Worte zur Geschichte der wechselhaften Nutzung des Gebäudekomplexes:
- 1902 – 1914
- Kriegsschule für die Ausbildung von Offizieren.
- 1914 – 1918
- Erster Weltkrieg, praktische Anwendung des hier erworbenen Wissens.
- 1919 –
- Nach dem Versailler Vertrag sind auch Kriegsschulen für Deutschland untersagt. Es findet eine Umnutzung als Reichsarchiv statt (militärische und zivile Archivalien).
- 1935 – 1945
- Ausgliederung ziviler Akten, Schaffen eines Archivs für Dokumente des Heeres.
- 1937
- Errichtung eines Archiv-Erweiterungsbaus. Der Turm wird baulich vereinfacht und niedriger gesetzt.
- 1939 – 1945
- Der Zweite Weltkrieg. In den späten Abendstunden des 14. April 1945 erzielen Bombenabwürfe eine Teilzerstörung der Gebäudeanlage und die Vernichtung vieler Archivalien.
- 1946 – 1948
- Das Gebäude wird der sowjetischen Militäradministration unterstellt.
- 1946 – 1952
- Sitz des Brandenburger Landtages (Jahreszahlen nicht zuverlässig nachgewiesen)
- 1949 – 1990
- Landesleitung (bis 1952), dann Bezirksleitung Potsdam und Kreisleitung der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands)
- 1991 – 2014
- Sitz des Brandenburger Landtags. Im Jahre 2013/2014 erfolgt der Leerzug des Gebäudes. Der Landtag zieht um, auf das Grundstück des ehemaligen Stadtschlosses am Alten Markt, das vom Februar 2011 bis zum Herbst 2013 wieder errichtet wird – äußerlich nach historischem Muster, innen modern ausgestattet und mit anderem Geist gefüllt.
Den Vordergrund nimmt die Havel ein, links die Spitze der Freundschaftsinsel. Wir stehen im Garten des Schlosses (über Zeiten auch weniger lustig als militärischer Exerzierplatz genutzt), nahe der Dampferanlegestelle. Unser Blick schweift über die Eisenbahnbrücke und „Wackermanns Höhe“ zur Kriegsschule, deren Bau gerade beendet wird. Sie ist „nagelneu“. „Wackermanns Höhe“ ist ein renommiertes Lokal am Hang des Brauhausberges.
Der heutige Blick, nach mehr als 100 Jahren, ist ein veränderter.
Der Turm des Gebäudes ist tiefer gesetzt, baulich erheblich vereinfacht. Die Eisenbahnbrücke, damals eine Gitterträgerbrücke, ist heute eine wuchtig wirkende Kastenbrücke, die das Bild für den Blick horizontal zerschneidet. Große Metallflächen laden wenig achtsame Schmierfinken zu gefährlichen Graffitti-Ausflügen ein.
Die Gaststätte „Wackermanns Höhe“ gibt es nicht mehr. Die Wohnbebauung vor der ehemaligen Kriegsschule, also rund um das „Leipziger Dreieck“ (Saarmunder Straße, Leipziger Straße, Schützenplatz) am Fuße des Brauhausberges existiert nicht mehr. Alles das, zahlreiche andere Bauten im Stadtzentrum und vor allem viele Menschen fielen dem Angriff britischer Bomberverbände in der späten Abendstunde des 14. April 1945 zum Opfer.
Dampfer Station und Eisenbahn-Hotel an der Langen Brücke
Die im Titel genannte „Lange Brücke“ über die Havel sehen wir nicht, – es sei denn, wir schauen zu unseren Füßen, denn gerade diese Brücke ist unser Standort bei unserer Betrachtung.
Links im Hintergrund erkennen wir schemenhaft die Kriegsschule (1902) auf dem Brauhausberg.
Nahe des rechten Bildrandes erblicken wir links hinter der Eisenbahnbrücke die Potsdamer Mühlenwerke mit den Speichergebäuden zwischen der Leipziger Straße und der Havel. Es sind große Getreide- und Mehl-Lagergebäude für die Heeresversorgung und die Bevölkerung. Architekten dieser Bauten: Boelcke, das Getreidemagazin von Johann Georg Carl Hampel und Karl Friedrich Schinkel, 1835 und der Mehl-Speicher No. 3, von Ludwig Persius, im Jahre1843 im normannischen Burgenstil vorgesehen.
Wie wir bereits bei den vorhergehenden Bildern besprachen, fiel dieses Gebiet den Bomben- Rückschlägen am 14. April 1945, am Ende des zweiten Weltkrieges zum Opfer. So blieb auch das Eisenbahn-Hotel nicht erhalten.
Verlassen wir nun aber bitte die „Lange Brücke“ und gehen die wenigen Schritte zu Albert Moritz' Restauration hinab, so sehen wir auf die gegenüberliegende Seite des Hafenbeckens, zum Lustgarten, zum Herzen der Stadt.
Blick vom Standort des früheren Eisenbahn-Hotels
Vorn wieder das gleiche Havel-Hafen-Becken, das wir bereits vom vorigen Bild kennen (nun aber mit der gegenüberliegenden Seite im Blick). Am Kai die Parkplätze für die Schiffe der „Weißen Flotte“. Dahinter die bewahrten Reste der Kolonnaden mit den Skulpturen antiker Ringer, die einst das Stadtschloss und den Marstall (Königlicher Pferdestall) verbanden. Hinter diesen Kolonnaden – der Lustgarten. Das mittig dominierende Bauwerk unmittelbar am Ufer, ist das dort 1969 hingesetzte, sich nicht einfügende „Interhotel Potsdam“, inzwischen „Hotel Mercure“. Es wurde von einem Architektenkollektiv um Sepp Weber geschaffen. In 17 Etagen befinden sich 420 Gästezimmer. Das Hotel galt damals als Zeichen der neuen sozialistischen Baukraft, verdeckte vorerst so hübsch den damals noch stehenden Turmstumpf der zerstörten Garnisonkirche (in der „Breiten Straße“ stehend) und zeigte den West-Berlinern aus der Ferne, wie gut und himmelsstürmend man in Potsdam zu bauen versteht.
Rechts der Standort des früheren Stadtschlosses. Seit Februar 2011 bis zum Herbst 2013 entsteht das Gebäude in seinen alten Dimensionen neu – innen als ein moderner Sitz des Landesparlaments gestaltet. Hinter dem Landtagsgebäude der historische „Alte Markt“ mit der evangelischen St. Nikolai-Kirche und rechts davon, hinter den Bäumen versteckt, das Alte Rathaus (heute Potsdam-Museum), erkennbar an der Figur des vergoldeten Hünen Atlas' der die Erdkugel trägt.