Gemälde von Otto Thomasczek: Inhalt Vorwort Zum Leben des Malers

Der Dom zu Berlin im Jahre 1899, Berlin-Mitte
Gemälde von Otto Thomasczek

Erläuterungen zu den Bildern und aktuelle Fotos von Chris Janecke

Die Vorgängerbauten dieser im Bau befindlichen Oberpfarr- und Domkirche lassen sich bis etwa in die Zeit um das Jahr 1400 zurück verfolgen. Der vorige Dom entstand unter dem preußischen König Friedrich II. Dessen Baumeister Jan (Johann) Boumann der Ältere (geboren in Amsterdam 1706, gestorben in Berlin 1776) und Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (geboren auf Gut Kuckädel bei Crossen an der Oder 1699, gestorben in Berlin 1753) schufen das Gotteshaus.
Die Weihe jenes Domes fand am 06. September 1750 statt.

König Friedrich Wilhelm III. gefiel es, diesen Dom in klassizistischem Gepräge umbauen zu lassen. Mit der Aufgabe wurde der geniale Baumeister Karl Friedrich Schinkel (geboren in Neuruppin 1781, gestorben in Berlin 1841) betraut. In den Jahren 1816 bis 1821 ging der Umbau vonstatten.

Die Gläubigen unter den Berlinern hatten also ihren Dom. Sie waren damit zufrieden.
Unser Kaiser Wilhelm II. (vor elf Jahren erbte er die Krone) aber wollte mehr. Zu seinen ehrgeizigen Zielen gehört es, etwas noch nie Dagewesenes entstehen zu lassen: die größte Hauptkirche der protestantischen Welt zu errichten, gleichsam als eine Hymne auf seine Machtfülle und ein Loblied auf den Glanz seines Regierens.
Sechs Jahre ist es nun her, dass dafür der gediegene Schinkelsche Dom abgerissen wurde.

In der Vergangenheit gab es wohl ein halbes Hundert Entwürfe für einen neuen, weitaus prächtigeren Dom, die jedoch aus den verschiedensten Gründen keine Zustimmung vor den prüfenden Augen des Kaiserlichen Auftraggebers fanden. Letztlich erlangte aber der Vorschlag des Architekten Julius Carl Raschdorff eine solche Gnade, nachdem unser Kaiser seine in reicher Zahl bestehenden Änderungswünsche auf dem Papier verwirklicht sah.
Somit schien die Zeit gereift, den vertrauten, guten Schinkel-Dom 1893 abzubrechen.
1894, am 17. Juni, setzte der durchlauchtigste Kaiser höchst persönlich den Grundstein für den neuen Dom am Berliner Lustgarten.

Der Dom zu Berlin um 1899 – ein Gemälde von Otto Thomasczek

Ein einheitliches Ensemble: Das Kaiserliche Schloss, die großartigen Bauten auf der Museumsinsel und nun dazwischen als verbindendes Glied am Ufer der Spree: der neue Dom.
Bei der Größe des Doms kann man nicht anders, als unbedingt von dem neuen Wahrzeichen der Stadt Berlin zu sprechen, da die Größe des Gebäudes alle bisherigen Maßstäbe sprengt.
Nun, nach fünf Jahren der Bauzeit, zeichne ich den äußerlich schon recht fertig erscheinenden Bau und gebe dem geneigten Betrachter einige Erläuterungen.

Die gewaltige Domanlage besteht aus der großen Predigtkirche, der Festkirche für Tauf- und Trau-Gottesdienste und der niedriger gehaltenen Denkmalskirche auf der Nordseite, die wir hier auf meinem Bild der großen Predigtkirche vorgelagert sehen.
Ja, ihr schaut recht – zum Fluss, zur Spree weisend, sind die Ecktürme des Doms bewusst kleiner gehalten, als zur Westseite, zum Lustgarten hin. Der nordwestliche, auf meinem Bild der Turm vorn rechts, wird später das Geläut aufnehmen. Drei Glocken sind vorgesehen.
Der neue Dom gilt mit all' seinen gestalterischen Eigenarten als eine Neubelebung der italienischen Hochrenaissance, verbunden mit dem Ausdruck der Sinnesfreude des Barock und natürlich des Geschmacks unseres schlesischen Baumeisters. Das darf uns jedoch nicht anfechten, auch wenn Kritiker vorsichtig von einer ungewohnten, einer eklektizistischen Gestaltung sprechen.

Die in diesen Tagen bearbeitete, betont prächtige Auszierung der Innenräume sucht man sonst in evangelischen Kirchen vergebens. Vorwitzige erhoben die Frage, ob das Schmuckwerk in dieser Art, zum Lobe Gottes oder eher als Zeichen der Prachtentfaltung des Kaisertums erfolgt – aber es ist nicht an uns, mögliche Antworten hier auszubreiten und letztendlich darüber zu befinden.
Die Zukunft wird wissen, dass (nach nach dem Abschluss der Arbeit an diesem Bilde) noch fünf weitere Jahre durch das Land ziehen werden, bis der Dom völlig fertiggestellt ist und im elften Jahr der Bauzeit, am 27. Februar 1905, vom Oberhofprediger Ernst von Dryander geweiht werden kann. Zu dieser Zeit werde ich schon längst in Mühlhausen leben.

Mir ist daran gelegen, einige weitere Erläuterungen zu meinem Bilde anzumerken:
Wir schauen von Norden her auf das beeindruckende Bauwerk. Vor dem Dom die Friedrich-Brücke, die schon ein genaues Steuern der Fahrensleute bei den ständig größer werdenden Schiffen erfordert. Rechter Hand der Spree erblicken wir vor dem Dom die Kolonnaden, einen Säulengang der Nationalgalerie. Dahinter liegt der baumumstandene Lustgarten.
Auf der linken Seite des Spreeufers präsentieren sich an der Burgstraße herrschaftlich anmutende Bauten. Hier ist der Sitz der Katholischen Börse. Aber auch verschiedene Fondsmakler, Versicherungen, darunter der weltbekannte Lloyd, Actiengesellschaften, eine Terrain-Gesellschaft und die Corporation der Berliner Kaufmannschaft haben hier ihre Contore.
Im weiteren Verlauf dieses Spreearmes, in südlicher Richtung, zeigt sich uns die Nikolaikirche, unverwechselbar an ihren zwei Spitztürmen zu erkennen. Sie ist die älteste der Berliner Kirchen, wurde etwa in den Jahren zwischen 1230 und 1250 gebaut, erfuhr aber im Verlaufe der Zeiten verschiedene Veränderungen. Viele bekannte Geistliche predigten dort. Unter diesen im Jahrzehnt zwischen 1657 und 1667 auch der beliebte Kirchenlieddichter, Pastor Paul Gerhardt.
Hinter dem Dom erahnen wir die Anlage des Schlossareals, die sogar links, wie auch rechts hinter dem Dom herausragt, rechts mit der Kuppel des Schlossturmes.
Gleichsam zwischen der Nikolaikirche und dem Schloss erscheinend, aber doch viel weiter im Bildhintergrund stehend, erhebt sich die Bronzekuppel des Turmes der katholischen Sankt-Michael-Kirche bis in 56 Meter Höhe. Man erbaute sie in den Jahren 1851 bis 1859. Das Gotteshaus wurde von Johann August Carl Soller (geboren in Erfurt 1805, gestorben in Berlin 1853) nach den ausgereiften Gestaltungsprinzipien der Schinkel-Schule entworfen.
J. A. C. Soller bestattete man in seinem Meisterwerk, in seiner Kirche.

Nachworte

Der Zweite Weltkrieg, in den Jahren 1939 bis 1945 von Deutschland aus in andere Länder getragen, kehrte nach Deutschland zurück.

Viele Gebiete in der Stadt Berlin wurden zerstört. So auch das Stadtschloss und die Gebäude der Museumsinsel sowie die Bauten der benachbarten Burgstraße.
Flugzeugbomben beschädigten den Dom am 24. Mai 1944 schwer.

Der Dom in Berlin am Spreeufer. Die Nordseite, nahe dem Hackeschen Markt

Im Jahre 1975 begann der Wiederaufbau des in der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) liegenden Gotteshauses, hauptsächlich mit Spendenmitteln der Evangelischen Kirchen der Bundesrepublik Deutschland (BRD).
Bei der Beseitigung der gravierenden Schäden wich die pompöse Erscheinung der originalen Kuppel einer zurückhaltenderen neuen Ausführung. Gleiches gilt für die Ecktürme und deren Kuppeln.
Die frühere Denkmalskirche an der Nordseite des Doms, eine Erinnerungs- und Ruhmeshalle der Hohenzollern-Dynastie, baute man nicht wieder auf. Eine Gruft für die Hohenzollern-Särge befindet sich unter der Predigtkirche. Dort stehen 94 Särge der Kurfürsten-, Königs- und Kaiserfamilien der Hohenzollern, die in der Doppelresidenz Berlin und Potsdam vom 16. bis zum 20. Jahrhundert regierten.
Wie außen, so wurde auch im Innern der Kirche viel modernisiert, die Gestaltung schlichter gehalten. Am 06. Juni 1993 konnte der Dom wieder geweiht werden.

Die Ruine des Stadtschlosses wurde 1950 gesprengt und abgetragen. An diesem Standort errichtete man in der Zeit der DDR den „Palast der Republik“ – und im Jahrzehnt nach der „Politischen Wende“ brach man diesen wieder ab. Auf aktuellen Fotos sind deshalb weder das Schloss, noch der Folgepalast zu sehen. Ein Wiederaufbau des Schlosses mit veränderter Funktion ist beabsichtigt.
Die gewaltigen Kriegsschäden konnten auch bei den Museen beseitigt werden.
Die Neu-Bebauung nahe des linken Spreeufers, der Burgstraße, ist der historischen Situation ähnlich. Hier sind das Polnische Institut und eine Buchhandlung angesiedelt. Einen stattlichen Baukörper belegt die Theologische Fakultät der Humboldt Universität. Gaststätten und Hotels schließen sich an.

Die Höhe der neuen Bauten verdeckt auf unseren vorherigen Bildern die Nikolaikirche.
Begeben wir uns aber links neben den Dom, mit diesem „auf gleiche Höhe“, so erblicken wir auch wieder die Doppelturm der Nikolaikirche und links „Das Rote Rathaus“.

Foto 2012: Das Rote Rathaus und die Nikolaikirche

Das kleine Stadtviertel mit der Nikolaikirche gilt als die Keimzelle der Stadt Berlin. Die Nikolaikirche war um das Jahr 1200 fertig gestellt. Um 1230 erhielten die nur durch die Spree getrennten Doppelstädte Berlin und Cölln ihre Stadtrechte.
Das Viertel mit der Nikolaikirche wurde zwischen 1943 und 1945 ebenfalls zerstört, entstand aber in den 1980er Jahren neu. Für die Nikolaikirche wurden die vorgefertigten Turmspitzen mittels Kran am 20. August 1982 auf die Ringanker der Türme, in 39 m Höhe aufgesetzt. Jede der Turmspitzen besitzt eine Masse von 53 t. Die feierliche Wiederweihe der 1945 zerstörten Kirche konnte am 14. Mai 1987 erfolgen. Während der archäologischen Untersuchungen des Baugrundes in der Kirche (1980 – 1982) fand man einen Schatz von 120 alter Münzen, darunter auch einen „Dreier“, 1566 in Berlin geprägt.
Zur 750-Jahr-Feier der Stadt (1987) war das Nikolai-Viertel wieder aufgebaut, dem historischen Vorbild großzügig nachempfunden, so dass Berlin (das östliche Berlin – als Hauptstadt der DDR) zu diesem großen Stadtjubiläum „seine nachgestaltete Wiege“ zurück erhielt. Die Berlin-Feiern wurden in Ost und West doppelt und getrennt begangen.
Zu den hier wiedererstandenen repräsentativen Gebäuden (nicht alle an ihrem früheren Standort) gehören unter anderen: Das Ephraim-Palais, die Gaststätte „Zum Nussbaum“, das Restaurant
„Zur Rippe“, die Gerichtslaube des alten Rathauses (als Gaststätte) und die Bronzeskulptur
„Sankt Georg tötet den Drachen“, 1853 von August Kiß (1802 - 1865) gestaltet.

Foto im Jahr 2012: Ein Blick zurück
Die Südseite des Domes, vom Areal des früheren Schlosses aus gesehen