Wannsee mit verschiedenen Ausflugszielen
Gemälde von Otto Thomasczek
Erläuterungen zu den Bildern und aktuelle Fotos von Chris Janecke
1899 – Stolpe am Stölpchen-See
Im Zentrum des Bildes stellt sich als dominantes Bauwerk die Kirche des Dorfes Stolpe dar.
Von der Kirche nach links führen am Wasser die Glienicker Straße und der Stölpchenweg entlang. Rechts von der Kirche schließt sich die Kohlhasenbrücker Straße an, die über die Alsenbrücke, wir ahnen es, zum Wohnplatz Kohlhasenbrück und weiter nach Neubabelsberg und Nowawes führt.
Für die Kirche bringt das Jahr 1899 die Wiederkehr des 40. Kirchenweihetages. Der Vorgängerbau war ein Fachwerkkirchlein. Es wurde 1854 abgebrochen, um 1858/1859 diesen prächtigen neoromanischen Bau an gleicher Stelle errichten zu können. Eigentlich erscheint die neue Kirche des Andreas Stüler viel zu groß, denn in Stolpe stehen nur reichlich 20 Fischer- und Bauernhäuser.
Der Gemeindepfarrer ist seit dem vergangenen Jahr Superintendent Roedenbeck, der auch die Heilandskirche in Sacrow sowie die Kirche „Peter und Paul“ auf Nikolskoe betreut. Nikolskoe ist russisch: sprich daher bitte Nikolskoje, nicht aber wie hier gern üblich: Nikolsköh. Die Bezeichnung trägt die widmende Bedeutung: Dem Zaren Nikolaus des russischen Großreichs gehörend.
Nun heißt, nach amtlichem Erlass vom 12. Oktober 1898, das bisherige Dorf Stolpe „Wannsee“. An den neuen Namen müssen wir uns erst gewöhnen. Der Namenswechsel bringt jedoch große Vorteile mit sich, denn in deutschen Landen gibt es derzeitig 63 Orte des Namens Stolpe oder Stolp. Da sind postalische Verwechselungen an der Tagesordnung. Schlimmer noch, wenn Reisende in völlig falscher Gegend ihr Quartier suchen. Damit ist nun Schluss. Zumindest hier am Orte. Die Siedlung – am Wannsee gelegen, das will der neue Name zum Ausdruck bringen.
Zu Wannsee gehören nun: Das Dorf Stolpe, die Kolonie Alsen, Kohlhasenbrück und Steinstücken, die Villenkolonie Wannsee und Nikolskoe mit Moorlake. Wannsee erscheint mir als der schönste Vorort von Berlin – im Kreise Teltow gelegen.
Das Fischerdörfchen Stolpe wurde just vor 600 Jahren (also 1299) als „Slauicum Stolp“ vom Markgrafen Otto IV., dem Bischof von Brandenburg übereignet. „Mit Mann und Maus“.
Der Lindenhof, auf den ich im Bild gesondert hinweise, war den Einwohnern noch bis vor geraumer Zeit als „Stolper Stuben“ geläufig. Seinen Platz hat das gastliche Haus, wie so häufig praktiziert, dicht bei der Kirche. Am Wilhelmplatz No. 2.
Mein junger Freund Chris genießt hundert Jahre später diesen Blick über den Stölpchen-See:
Das stattliche gelb-weiße Gebäude links der Kirche gehört zu meiner Zeit der Familie Hönow, rechts der Kirche, Glienicker Straße 1, lebt ein junger Zweig des Familienverbandes Zinnow.
Nun möchte ich euch gern einen Einblick in die Kirche zu Stolpe vermitteln.
Karten
Kohlhasenbrück (zu Stolpe)
Kohlhasenbrück war seit „alten Zeiten“ ein entfernter liegendes Schankgut, das aber noch zum Gemeinwesen des Dorfes Stolpe gehörte. Die Schänke stand auf einem einsam gelegenen Grundstück an der alten Heerstraße, die von Berlin über Potsdam und Magdeburg nach Leipzig führte. Das bedeutet, dass in dieses wohl damals eher einfache Haus hauptsächlich Fuhrleute und Reisende einkehrten.
Etwa zur Zeit der Reformation soll der Krug am Ort des heutigen Kohlhasenbrück an einen gewissen Hans Kohlhase, an einen angesehenen Kaufmann und Rosshändler aus Berlin/Cölln übereignet worden sein. Dieser Kohlhase geriet aber in einen Rechtsstreit und begann mit der Selbstjustiz. Im Jahre 1540 überfiel er mit einer Anzahl von Gewährsmännern oder auch Spießgesellen hier im Tal des Flüsschens Bäke einen Silbertransport, der von den Mansfelder Gruben kommend, seinem Ziel Berlin, schon recht nahe war. Der Raubzug des Kohlhase und seiner Mannen verlief erfolgreich und der erbeutete Silberschatz soll hier in der Bäke nahe der Brücke beim späteren „Landgut Eule“ (errichtet für den Königlichen Wildhüter) versenkt, unter Wasser vergraben, worden sein. Kohlhase und vierzig Männer seiner Getreuen wurden einer hochnotpeinlichen Befragung unterzogen und letztendlich ohne das Schweigen über den Verbleib des Schatzes gebrochen zu haben, in Berlin hingerichtet.
Die Brücke über die Bäke erhielt vom Volk schon bald den Namen „Kohlhasenbrücke“, welcher später auch auf den kleinen Ortsteil übertragen wurde.
Wo aber ist der Silberschatz? Eine Frage, wie wir sie beispielsweise ähnlich auch vom Rheingold kennen. „Sucht nur danach“, lautet die diffus treffende Antwort.
Zeit ist vergangen. – Zu diesem Schank-Kruge gehörten seit 1858:
- 72 Morgen Ackerfläche zwischen dem Königsweg und dem Griebnitzsee bis an die Gemarkungsgrenze von Nowawes,
- 12 Morgen Wiese am linken Ufer des Flüsschen Bäke bis zur Grenze gegen das Gelände von Theerofen,
- 8 Morgen Gartenland.
Dieses Terrain wurde von drei Familien bewohnt und bewirtschaftet.
Die Besitzer und Pächter der Gastwirtschaft waren:
- um 1800: der Torfinspektor Simon. Er errichtete im Jahre 1802 ein neues Gebäudes mit Tanzsaal und Gewölbekeller. Die Fischereigerechtigkeit in der Bäke gehörte von jeher zu den Grundrechten der Gastwirtschaft.
- 1877 erfolgte ein Neubau der Gastwirtschaft, den der Potsdamer Hofbaumeister Petzholtz aufführte. Es ist ein zweistöckiges Haus: Unten die Gasträume, oben die Wohnstätte.
- bis 1887: Betreiber Heinrich Beyer. Der Besitz bleibt auch weiterhin in der Familie.
- 1887–1898: Pächter Rudolf Beneke. 1890/1891: Das Gebäude von 1802 wird umgebaut und aufgestockt, denn Sommerwohnungen und Fremdenzimmer sind gefragt. Unser märkischer Schriftsteller Theodor Fontane kehrt hier gern ein. Ebenso der Regierungs-Assessor Stubenrauch (der spätere Landrat des Kreises Teltow – auch als Haupt der Erbauer des Teltow-Kanals bekannt und geehrt). Des Weiteren der Laufclub der Reserveoffiziere. Berliner Künstler quartieren sich gern für die Sommer-Saison ein. Zu diesem Zwecke hält die Gastwirtschaft auch einen eigenen Möbelwagen bereit, von treuen Pferden gezogen.
- 1898 – Pächter: Karl Graf, dieser ist ab 1899 Eigentümer der Gaststätte.
Das ist der Wirt, der mich, Otto Thomasczek, in diesen Tagen vorbildlich betreut. An Sonntagen werden etwa 300 bis 350 Essenportionen zu je 3,- Mark angerichtet und ausgereicht. Herr Graf erweitert die Gaststätte um den Anbau eines neuen Tanzsaales. Im Vorgarten stehen die Gästetische unter den Linden („Biergarten“) und es steht ebenfalls hier im Garten der einzige Brunnen zum Schöpfen des Trinkwassers für Kohlhasenbrück. - 1907: Das Flüsschen Bäke wird zugeschüttet, sein Wasser dem neu entstehenden Teltow-Kanal zugeleitet. Am Grundstück benötigt man keine Brücke mehr, die Bäkestraße füllt nun das ehemalige Flussbett aus. Den Silberschatz fand man bei den Bauarbeiten nicht. Er wartet weiter darauf gefunden und gehoben zu werden.
- Besitzer wird der Gastwirt Behrendt, Königsweg 13. (Heute ist die Hausnummer 310).
- Eigentümer um 1933 dann: Wilhelm Melzer. Dieser stellt den Betrieb der Schankwirtschaft aber ein, weil nach dem Bau der schnurgeraden „Neuen Kreisstraße“, diese das geneigte Publicum am Gasthof, der ja am Standort Königsweg verbleiben muss, vorbei lenkt. Melzer wird die Gaststätte also schließen und die Gebäude zu 17 Wohnungen umbauen lassen.
Um eure Vorstellungsbemühungen nicht übermäßig zu strapazieren, zeige ich euch nun meine Bilder zum Wohnplatz Kohlhasenbrück:
Diese Brücke mit ihrem stilvollen Halbrundbogen überspannt bisher das Flüsschen „Bäke“ bei Kohlhasenbrück. Sie ist das erste der Brückenbauwerke, die zur Strecke der Stammbahn benötigt wurden. Diese Strecke führt von Potsdam über Zehlendorf bis nach Berlin, Potsdamer Bahnhof. Sie war bei der Eröffnung im Jahre 1838 die erste Preußische Eisenbahnlinie und gleichzeitig die dritte im deutschsprachigem Raum. So sehe ich diese Idylle: Natur und Baukunst in Harmonie miteinander. Bis zum Bau des Teltow-Kanals überbrückt das gediegene Bauwerk das Gewässer. Bald aber wird die Bäke im neuen Kanal aufgehen. Dahin – ist der leise plätschernde, Schmuck des Wiesengrundes. Dahin – das romantische Bild.
Oben, im Hintergrund aber auch noch einmal rechts im Bild sehen wir den stattlichen Gasthof.
Gut sitzt es sich an gedeckten Tischen unter den Linden im halbschattigen Vorgarten, zwischen Gasthaus und dem Königsweg, der uns nach Steinstücken führt.
Mein vorstehendes Farb-Gemälde zeigt das Flüsschen Bäke mit der sagenumwobenen Kohlhasenbrücke und hinten in der Mitte, fast verdeckt die Gastwirtschaft.
Im kleinen Bild unten rechts – der Bau des Teltow-Kanals. Wir sehen auch die Cantine für die Kanalarbeiter, nahe dem Weg nach Stolpe.
Unser Blick geht dabei in Richtung des Griebnitzsees.
Das romantische Flüsschen „Bäke“ muss dem Bau des Teltow-Kanals weichen und wird bald in diesen einbezogen.
Viel später, erst in der 1930er Jahren: Besitzer Wilhelm Melzer lässt die Schankwirtschaft eingehen und baut das Gebäude um, modernisiert und schafft dabei Wohnraum für 17 Familien. Die großen Linden, die die Gästetische überschatten stehen zum Teil noch heute (2013). Inzwischen aber besitzt dieser Vorgarten nicht mehr das „Privileg“ die einzige Trinkwasserzapfstelle für die Ansiedlung zu bieten.
Die Eisenbahnen werden mit der Zeit immer gewichtiger. Die Brücken konnten die größeren Lasten nicht mehr tragen. Daher wird die erste Brücke einem Neubau weichen.
Der Schluss-Stein aus Granit mit der schlichten Gravur „1838“ wurde der alten, kleineren Rundbogen-Brücke entnommen und zu ihrem Gedenken in der neuen Brücke sichtbar eingebaut.
Am alten Ort befand sich hinter der Granitplatte eine silberne Tafel verborgen, mit den gravierten Worten:
Die Actien-Gesellschaft der Berlin-Potsdamer Eisenbahn gründete diese Brücke nach dem Entwurf des Geheimen Ober-Bau-Raths Crelle unter dessen Leitung im Jahre 1837 und 1838.
Architekten:
Ober-Ingenieur und Baumeister Loof
Regierungs-Bau-Conducteur Rust
Entrepreneur der Oberjäger WagnerMeister:
Zimmermeister A. Kneib
Maurermeister W. Hecker
und auf der Tafel-Rückseite:
Neubau: Herr Polier Hoppensack
Firma Gustav Hallert
Maurer & Zimmermeister
(und unautorisiert nur nachträglich eingekratzt aber dennoch unvergessen: Polier Bathe).
(Die) Steinstücken
Das Wald-Restaurant befindet sich freistehend am Rand des Kiefernwaldes, auf sandig-steiniger Scholle. Die Bezeichnung dieses Ortes (ursprünglich ein Flurname), scheint recht treffend.
In früherer Zeit trug das Stück Land die Bezeichnung: „Grüne Heide“ und „Hackens Jägerhaus“, beziehungsweise, als dann nach 1817 schon mehr als ein Gebäude dort stand: „Kolonie am Forsthaus“. In näherer Umgebung versuchen Streuobstbäume aus dem trockenen, sandigen Untergrund etwas Kraft für ihre begehrten, nahrhaften Früchte zu ziehen.
Die Gastwirtschaft finden wir unweit des Hauses von Felix Mendelssohn-Bartholdy (geboren in Hamburg, am 03. Februar 1809. Heirat am 28. März 1837 mit Cécilie Charlotte Sophie Jeanrenaud. Fünf Kinder wird das Paar haben. Gestorben ist Felix in Leipzig am 04. November 1847). Der begnadete Künstler wurde nur 38 Jahre alt. Der große Meister war Pianist, Organist, Komponist und Dirigent. Im Zeitraum von 1841 bis 1845 lebte er hier als Kapellmeister und Generalmusikdirektor unter König Friedrich Wilhelm IV. (dem „Romantiker auf dem Thron“).
Ein Blick von der Jahrhundertwende in die Zukunft wird zeigen: Nur ein reichliches Jahrzehnt nach der Entstehung dieses Bildes – mit der Aufnahme der Filmproduktion in den Studios von Neubabelsberg wird die Beschaulichkeit hier einer Lebhaftigkeit weichen. Zum Feierabend gehen im Gasthaus viele Schauspieler ein und aus, wollen sich zeigen, sich nach der Arbeit erholen. Gastwirt ist über mehrere Jahrzehnte Herr Steinweg mit seiner Familie.
Heute finden wir das Grundstück des vormaligen „alleinstehenden Wald-Restaurants“ in einer geschlossen bebauten Straßenzeile der Steinstraße wieder. Das zur damaligen Zeit niedrige Gebäude wurde aufgestockt, zeigt ein völlig verändertes Aussehen und dient als Wohnhaus.
Das helle zweistöckige Haus, links im Hintergrund, hat auch heute noch seinen Bestand.
Doch nun wieder zurück zu Otto Thomasczek in das Jahr 1899.
Das Wohngebäude für die Verwalter der Vereine des Roten Kreuzes und die Depotanlage für deren medizinischen Hilfslieferungen
Die weibliche Schutzherrin des Roten Kreuzes ist unsere verehrte Kaiserin Auguste Viktoria.
Die Gebäude stehen nur wenige Schritte vom Bahnhof Neubabelsberg entfernt.
Prächtig wirkt das Wohnhaus aus rotbraunen Hartbrandziegeln in dem umgebenden dunkelgrünen Kiefernbestand.
Großzügig angelegt ist die auch im Winter nutzbare Veranda und der geräumige Holzbalkon.
Die Lagergebäude, ich bezeichnete sie auf meinem Gemälde (im Ausschnitt des Bildes rechts oben) als „Schuppen“, sind ebenfalls von gediegener Bauweise. Zu diesen wurde ein gesondertes Bahn-Anschlussgleis verlegt, um die Materialien ohne unnötigen Aufwand transportieren zu können.
Jetzt, im 21. Jahrhundert, gehört das Areal zur Universität Potsdam, Campus Griebnitzsee.
Im ehemaligen Wohnhaus der Verwalter (Haus 3) hat heute die Fakultät der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ihren Sitz.
Die früheren Lager- und Verwaltungsgebäude sind von den gleichen Fakultäten und auch von der Juristischen Fakultät belegt. – Ein munteres studentisches Treiben voller frischen Lebens.
Nikolskoe, Pfaueninsel und Moorlake
(Nikolskoe = russisch, sprich Nikolskoje. Bedeutet: dem Nikolaus gehörend.)
Die Kirche Peter und Paul
Diese evangelische Kirche wurde im Auftrage des Königs Friedrich Wilhelm III., von August Stüler im Jahre 1834 in altrussischem Stil entworfen. Sie wurde bis 1837 auf den Stolper Bergen errichtet. Es handelt sich um einen einschiffigen Bau aus hellgelben Klinkern (Hartbrandziegeln). Der Kirchturm trägt nach russischer Art eine Zwiebelkuppel. Das Aussehen der Kirche sollte für den besuchsweisen Aufenthalt des russischen Zaren Nikolaus ein Gefühl der Verbindung mit der Heimat vermitteln. Nikolaus hatte die preußische Prinzessin Charlotte, Tochter von König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise, am 13. Juli 1817 geheiratet. Zu der damaligen Zeit war Nikolaus noch Großfürst. Er regierte von 1825 bis 1855 als russischer Zar (Kaiser) und zusätzlich von 1825 bis 1830 als polnischer König, nachdem sein älterer Bruder Alexander I. im Jahre 1825 plötzlich gestorben war.
Das kirchennahe Umfeld gestaltete Peter Joseph Lenné. Die Kirche wird regulär von den Bewohnern der Pfaueninsel und Klein Glienicke genutzt.
Das Blockhaus zu Nikolskoe
1818 wurde Friedrich Wilhelm III. bei einem Besuch bei Tochter Charlotte/Alexandra und Schwiegersohn Großfürst Nikolai in Russland in einem typisch russischen Bauernhaus empfangen. Von der einfachen, urwüchsigen Gestaltung schien er angetan, denn er selbst mochte auch das „schlichtere Landleben“. Der Besuch bei dieser Atmosphäre inspirierte ihn, auch Zuhause solch ein Bauernhaus nach russischer Art errichten zu lassen. Auf einem Bergplateau, hoch über dem Fluss Havel, mit der Pfaueninsel im Blick, wurde der Platz für das Haus bestimmt – ein neuer Begrüßungsort für „die Kinder“ und ein Schmuck für die Landschaft.
1819 erhielt der Garde-Pionier-Kapitän Adolph Snethlage (1788 – 1856) den Befehl zum Aufbau dieses Anwesens. Dazu wurden wenige Wochen benötigt.1820 konnte es bezogen werden. Es wohnten darin die Fährleute/Matrosen Peter Bot und Johann sowie Christian Schult. Ebenso der Aufseher Iwan Bockow (1777 – 1857), der vordem Leibkutscher des Zaren Alexander I. war, später während der Befreiungskriege aber Leibkutscher von König Friedrich Wilhelm III.
Im Jahre 1817 hatte Iwan Bockow die Potsdamerin Friederike Schulz geehelicht.
Im Obergeschoss des Blockhauses blieb ein hinreichend geräumiger Platz für die „Teestube“ des Königs und seine Gäste reserviert. Ende Oktober 1820 konnte der König dem russischen Großfürstenpaar dieses neue Kleinod vorstellen.
Iwan Bockow betrieb dort später einen kleinen Gaststättenbetrieb, der sich zunehmender Beliebtheit erfreute.
Seither ist dort die Gästebewirtung – bis zum heutigen Tage – nicht mehr fortzudenken.
Mehrfach lasen wir inzwischen schon die Bezeichnung Pfaueninsel. So wollen wir denn – nach dem Übersetzen mit der Fähre über die Havel – zu einer kurzen Besichtigung schreiten.
Pfaueninsel
Die Pfaueninsel trug zu früheren Zeiten den damals die Verhältnisse bezeichnenden Namen Kaninchenwerder. Das Eiland liegt inmitten des Havelstroms. Es misst etwa 2.600 Schritte in der Länge und seine Breite beträgt ungefähr 500 Schritte. Es fanden also eine Vielzahl von Kaninchen Platz darauf. Keine Wildkaninchen, sondern ein Kurfürstlicher Zuchtbetrieb bis zum Jahre 1685.
1685 aber richtete man auf Geheiß des Großen Kurfürsten Wilhelm die Glashütte mit einem Laboratorium für den Alchemisten Johannes Kunkel/Kunckel (1630 – 1702) ein. Die nunmehr „geheime Insel“ war seit dieser Zeit ausschließlich ihm und seinen Helfern zugeteilt. Kunkel war unter vielen anderen Vorhaben erfolgreich auf der Suche nach einer Rezeptur für Rubinglas. Der Große Kurfürst, sein Auftraggeber und Gönner, starb aber 1688. Bei dessen Sohn, Kurfürst Friedrich III. (dem „Schiefen Fritz“, welcher dann ab 1701 als Friedrich I. der erste König in Preußen sein wird), fiel Kunkel jedoch, wohl unverschuldet, in Ungnade.
1692 wanderte Kunkel deshalb nach Schweden aus. Dort wurde er in seinem letzten Lebensjahrzehnt vom schwedischen König Carl XI., in dessen Dienste er trat, für seine hervorragenden Leistungen als „Johann Kunkel von Löwenstern“ geadelt.
– Ein Jahrhundert vergeht. Über die geheime Glashütte ist die Zeit hinweg gegangen. –
König Friedrich Wilhelm II., Neffe des Friedrich II., ließ 1793 ein Landhaus auf die Insel setzen, um dort sorglose Stunden mit seiner treuen Lieblingsmätresse Wilhelmine Enke (der späteren Gräfin Lichtenau) zu verbringen.
Zum weiteren Schmuck der Insel setzte man auch zwei runde Türme, später mittels einer circa 10 Meter langen Brücke verbunden, „das Schloss“, ganz in weiß gehalten (1795).
Die Ausstattung der Insel vervollständigten die Holländische Küche (1795), die Meierei (1795) das Kastellan-Haus (1796) und die Jagdhütte (1796), ein mit Borke verkleideter Unterstand.
Wahrscheinlich dünkt es den Betrachter, als seien diese neuen Bauten noch nicht fertig oder aber entstammten einer längst vergangenen Zeit. So erscheinen zum Beispiel „das Schloss“ und auch die Meierei in den Obergeschossen noch unfertig oder schon beschädigt, vielleicht gar vom Zahn der Zeit „angenagt“. Das aber gilt als kunstvolle Gestaltung, getragen von einem Gefühl der Melancholie, welche an die Vergänglichkeit aller Schönheit mahnen soll (siehe auch Potsdam, Ruinenberg). Wir können diese Absicht sowohl auf alles beziehen, das von Menschenhand geschaffen wird aber genauso auf das „Werde und Vergeh'!“ in der Natur und damit auch auf die Menschen selbst.
Nach dem Ableben des Königs Wilhelm II. (1797), ließ dessen Sohn König Friedrich Wilhelm III., die Arbeiten zur Verschönerung auf der Insel fortsetzen. Der Kuhstall an der Meierei entstand im Jahre 1801. Auch an herrschaftliche Gäste und Bedienstete war zu denken. Daher errichtete man bis 1804 das Kavalierhaus nach gotischer Art mit zwei Türmen rechteckiger Grundfläche.
Das Königspaar Friedrich Wilhelm III. und Luise verlebten hier Aufenthalte sorgenfreier Stunden.
1810 starb Luise in ihrem 34. Lebensjahr. Im gleichen Jahr erfolgte der Bau des Königin-Luise-(Gedächtnis)-Tempels auf der Pfaueninsel.
Das Benutzen der Rutschbahn (von 1819) bildete einen weiteren Höhepunkt für die vergnüglichen Lustbarkeiten der Besucher. Der Bau des Maschinenhauses für das Betreiben der Fontänen, Springbrunnen und des Wasserfalls folgte 1824, auch der Käfig für die exotischen Affen, das Vogelhaus und die Menagerie sowie selbstverständlich der Pfauenstall. Das Schweizer Haus wurde 1830 errichtet, das Palmenhaus 1831.
Zu dieser Zeit verwandelte Peter Joseph Lenné die immer noch eher wilde Insel in einen Landschaftsgarten nach englischer Art mit mancherlei Raffinessen.
Nach diesem kurzen Rundkurs über die Pfaueninsel verlassen wir das Gebiet bei Nikolskoe und wandern den Uferweg gen Moorlake, Klein Glienicke und Potsdam. Auf diesem Weg bietet sich uns ein schöner Blick auf die Heilandskirche am gegenüberliegenden Ufer, zu Sacrow gehörend.
Moorlake: Prinzliche Unterförsterei, Gaststätte, Dampferstation
Dieses schöne Gebäude wurde im Auftrage des Prinzen Carl im Jahre 1841 von Ludwig Persius als Jagd-“Hütte“ im Stil eines Schweizer Hauses (oder auch Bayerischen Hauses) entworfen. Es liegt rund 1.350 m vom Wohnschloss Glienicke des Prinzen oder auch von der Glienicker Brücke entfernt. Seit dem Jahre 1896 wurde es vom Hause Hohenzollern verpachtet und für die Bevölkerung als Ausflugsgaststätte genutzt. Das übliche Teezimmer im Obergeschoss blieb aber bis 1918 der Kaiserlich-Königlichen Familie reserviert.
Das Gasthaus befindet sich auf einer Lichtung, idyllisch zwischen dem Wald und der Havelbucht in herrlich ruhiger Lage.