Michendorf
Gemälde von Otto Thomasczek
Erläuterungen zu den Bildern und aktuelle Fotos von Chris Janecke
Liebe wandernden Heimatfreunde!
Heute lade ich euch zu einer Besichtigung des Ortes Michendorf ein. Der Ort liegt auf der Hälfte der Strecke, die wir ja bereits zurückgelegt hatten, um die Stadt Beelitz zu besuchen.
Von Potsdam aus, werden wir in südsüdöstlicher Richtung auf der Chaussee fahrend, nach etwa 11 bis 12 Kilometern das Straßendorf Michendorf erreichen.
Der Weg führt uns vorerst durch die Leipziger Straße in Potsdam, am Schützenhaus vorbei und auf der Michendorfer Chaussee entlang. Wir überqueren später den Nesselgrund, rollen durch die schöne Waldeslandschaft. Vorbei geht es an Willichslust, am Abzweig nach Caputh gelegen. Bald grüßen uns die ersten Häuser von Michendorf.
Der Ortsname wird von Micha(el) in seiner slawischen oder deutschen Form abgeleitet sein.
Michendorf könnte als ein alter Ort gelten, denn er wird schon 1375 im Landbuch des Kaiser Karl IV. erwähnt, wenn nicht …
Michendorf muss man wohl doch eher als ein jüngeres Dorf bezeichnen, denn der ursprüngliche Ort wurde im Dreißigjährigen Krieg völlig zerstört und wüst. Eine zaghafte Neubesiedlung begann erst ein halbes Jahrhundert nach dem Westfälischen Friedensschluss. Die Anfänge des Neuaufbaus liegen demnach erst 200 Jahre zurück.
1743 erhielt der Ort eine neue einschiffige Fachwerkkirche mit eingezogenem Turm, in der auch heute noch der Gottesdienst gehalten wird.
Rechter Hand am Ortseingang liegt der Bahnhof und ebenfalls in der Potsdamer Straße, rund 60 Grundstücke weiter, finden wir den Gasthof Gaenecke und die Försterei.
Michendorf hat einen guten Aufschwung genommen. Vor rund 40 Jahren bestand der Ort aus 30 Häusern, nun ist bereits die Zahl von 100 Bauten überschritten. Das hat natürlich seinen Grund: Seit 1879 kann man Michendorf bequem mit der Eisenbahn erreichen, da die Bahnlinie Berlin – Wetzlar am Ort vorbei führt und der Zug sogar an einem stattlichen Bahnhof hält.
Auf dem oberen Teil meines Bildes sehen wir ein kurzes Stück der „Potsdamer Straße“, der Hauptstraße. Links der bekannte Gasthof Gaenecke. Dieses Gebäude von 1820 wurde bereits damals, vor rund 80 Jahren als Dorfkrug errichtet.
Rechts neben dem mittig stehenden höheren Wohngebäude erkennen wir die Försterei. Dieser Bau wurde vor 1840 als Gutshaus errichtet. Im Jahre 1880 erwarb der Forstfiskus das Gebäude und seit dieser Zeit wird es als Forsthaus genutzt.
Die drei Gebäude, die Otto Thomasczek malte, wurden wegen Baufälligkeit in den 1990er Jahren abgerissen aber die frühere Gaststätte und die Försterei in optischer Anlehnung an die alten Baukörper wieder errichtet. Das vormals zwischen Gaststätte und Försterei stehende höhere Wohngebäude baute man jedoch nicht wieder auf.
Auf dem Grundstück Potsdamer Straße 59/61 (links, vormals Gasthaus Gaenecke) befanden sich zwischenzeitlich eine Schuh- und Textilienverkaufsstelle der Konsum-Genossenschaft aber heute befindet sich darin (mit baulicher Erweiterung zum Hofgelände) eine Kaufhalle.
Auf der Stelle des nicht wieder errichteten höheren Wohnhauses (Nr. 58) waren zwischenzeitlich die Gaststätte „Deutsches Haus“ und das Kino „DELI“ (Deutsches Lichtspiel-Theater) ansässig.
Im Nachfolgebau des alten Forsthauses (Potsdamer Straße 57) haben der Heimatverein, die Arbeiterwohlfahrt und der Jugendclub ihre Heimstatt gefunden.
Eine nachträgliche Anmerkung dazu, was der malende Otto Thomasczek hier nicht mehr erlebte:
Der Bahnhof wurde im Jahre 1910, drei Jahrzehnte nach seiner Errichtung wieder abgetragen, der Neubau höher gelegt und wesentlich größer gestaltet, als es der Vorgängerbau war.
Günstig an der Bahnanlage, baute man 1879 eine Ziegelei mit den Lagerhallen zum Vortrocknen der gestrichenen und geschnittenen Tonquader, dem gewaltigen Hoffmann’schen Ringofen zum Brennen der Formlinge und den Lagereinrichtungen zum späteren Abkühlen der fertig gebrannten Ziegel.
Sehr schwere Handarbeiten, die aber einer Anzahl von Arbeitern den Erwerb des täglichen Brotes ermöglichten.
Nachträgliche Anmerkung. Was sich bald nach dem Ortsrundgang mit Otto Thomasczek zutrug:
Die Ziegelei wurde im Jahre 1900, nach reichlich zwei Jahrzehnten ihrer Produktion stillgelegt und die Baukörper abgetragen.
Das Bild mit den vorgenannten „Wahrzeichen“ von Michendorf hat sich also verändert, ist mit historischen Aufzeichnungen nicht mehr vergleichbar.
1890 errichtete Heinrich Weber eine neue Holländer-Windmühle auf dem Wolkenberg (am Wege nach Langerwisch) – geht jedoch mal kein Wind, kann die Mühle aber mit einer Dampfmaschine betrieben werden – eine kluge Vorausschau und ein weiteres gut sichtbares „Wahrzeichen“ für den kleinen Ort.
Ein erneuter Besuch im Jahr 2013:
Die Mühle mahlt kein Getreide mehr. Sie steht auch ohne Rotationsflügel auf der Anhöhe aber in den zehn Räumen des Mühlenturms ist das Museum des Heimatvereins untergebracht.