Jüterbog, Notizen zur Geschichte der Stadt
Zusammengestellt von Chris Janecke, aktualisiert: Januar 2023.
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- Aus den Zeiten der Vor-Geschichtsschreibung ist dank archäologischer Funde bekannt, dass die Jüterboger Gegend spätestens seit der Mitte des 5. Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung besiedelt war.
- Zwischen 500 und 600 n. Chr. wanderte in das Gebiet der germanische Stamm der Semnonen ein, die im Wesentlichen vom Ackerbau und der Jagd lebten – ferner slawische Stämme, die für die Ernährung nach der Überlieferung eher den Fischfang bevorzugten.
- 1007: Die Jüterboger ehrten besonders Thietmar von Merseburg. Er war ein Bischof und Chronist. In der Sachsenchronik findet sich unter dem Jahre 1007 die Bezeichnung „jutribog“, was für uns als schriftlich aufgefundene erste Erwähnung und Gründungsurkunde gilt. Jüterbog, günstig an einem Kreuzungspunkt wichtiger Handelsstraßen gelegen. Mehr als 1.000 Jahre ist unsere Stadt also alt. Zu unser aller Freude können wir das freudige Ereignis etwas ausdehnend relativieren, denn die Archäologen belegten, wie oben erwähnt, dass der Ort unserer Stadt und seine Umgebung bereits seit mindestens 5.000 Jahren ein beliebter Siedlungsplatz war – auch ohne damalige schriftliche Aufzeichnungen.
- 1157: Auch unsere schöne Gegend gehört zum Heiligen Römischen Reich deutscher Nation.
Der Magdeburger Erzbischof Wichmann lud als Religionsführer und gleichfalls weltlicher Landesherr für dieses wilde und menschenarme Gebiet flämische Bauern ein, den Landstrich zu besiedeln und landwirtschaftlich zu kultivieren. Zu den Notwendigkeiten gehörte die schwierige Urbarmachung sumpfiger Niederungen. Sich damit zu befassen, sah er als geeignete Aufgabe für Zisterzienser-Mönche, die durch harte Arbeit, äußerste Einfachheit der Lebensansprüche und eiserne Disziplin, nach dem Grundsatz >Ora et labora – bete und arbeite< gestählt waren. Der Erzbischof förderte auch sehr den Aufbau, die Entwicklung des Ortes.
- 1161: Baubeginn der Liebfrauenkirche = Kirche Sankt Marien = Dammkirche.
- 1170: Es treffen die ersten zwölf Mönche in Zinna ein, die alsbald mit dem Klosterbau beginnen. Diese Jahresangabe gilt somit für die Gründung des Zisterzienserklosters in Zinna.
- 1174: In jenem Jahr verlieh der Erzbischof dem Ort das Stadtrecht, das Marktrecht und die Zollfreiheit – eine gute Wegeebnung für das Aufblühen der Stadt. Jüterbog wird Provinzialhauptstadt. Die Liebfrauenkirche wird Haupt- und Mutterkirche des Ländchens Jüterbog.
- 1175: Beginn des Baues eines ebenen trockenen Bohlenweges durch die Stadt.
- 1179: Unterbrechung der Klosterbauarbeiten in Zinna wegen des Slawenaufstandes.
- 1179: Kaiser Friedrich I., „Barbarossa“, der Rotbart (von dem die Sage berichtet, dass er im Kyffhäuser-Gebirge ruhen soll), und in dessen Gefolge der Erzbischof Wichmann von Magdeburg, kämpfen mit ihren Mannen gegen die Truppen Heinrich des Löwen. Von der Heinrich-Streitmacht wird die Stadt Jüterbog weitgehend zerstört.
- 1282: Die Liebfrauenkirche wird in das neu errichtete Kloster „Zum Heiligen Kreuz“ der Zisterzienserinnen einbezogen. Somit wird eine neue Pfarrkirche für die Stadtgemeinde benötigt. Das wird die spätere Nikolaikirche sein, nach Angabe auf der Stelle einer früheren Katharinenkirche errichtet.
- 1285: Erzbischof Erich von Magdeburg stellt einen Platz am Jüterboger Marktplatz für ein Handelshaus zur Verfügung.
- um 1300: Die Stadtbefestigung wird wesentlich verbessert. Eine massive Ringmauer wird gezogen, mit eingebundenen Wach-, Wehr- und Pulvertürmen.
- Zwischen 1355 und 1625 ist Jüterbog ein begehrter Ort für Fürstenzusammenkünfte.
- 1417: In der Zeit der Hussitenkriege werden in der Stadtumgebung sechs Hussiten aufgegriffen und auf dem Marktplatz öffentlich verbrannt.
- 1478: Der Große Stadtbrand vom 11. November legt 300 Häuser von 356 Gebäuden in Schutt und Asche. Bei dem Wiederaufbau, vom Erzbischof Ernst in landesväterlicher Fürsorge gefördert, erhalten die Bauwerke Ziegeldächer, statt der bisherigen Stroh- oder Reet-Eindeckung. In der Folgezeit wird auch die Stadtbefestigung, die ja schon seit 1300 angelegt wurde, nochmals erheblich ausgebaut – das betraf den Bau der drei Doppeltoranlagen. Reparaturen an der Stadtmauer wurden ebenfalls erledigt.
- 1480–1510: Bau des Franziskanerklosters für die Bettelmönche (Mönchenkloster) in der Stadt – aber bald nach der Fertigstellung begannen die kirchlichen Reformationsbestrebungen.
- 1483: Nicht in Jüterbog! Geburt des Martin Luder (später Luther) in Eisleben am 10. November 1483.
- 1484: Familie Luder zieht von Eisleben nach Mansfeld. Hier lebt Martin in der Familie von 1484 bis 1497.
1490–1506: Ein Rathaus wird an das bereits erwähnte Handelshaus angesetzt. Bei den umfangreichen Bauarbeiten wird auch ein alter ehedem einzeln stehender Wachturm in den Gebäudekomplex einbezogen, dessen neugestaltete Turmhaube auch heute über dem Rathausdach steht. - Um 1500: Geboren wird Hans Kohlhase im Dorf Tempelberg, im Brandenburger Land. Dessen Eltern können nicht ahnen, dass ihr Sohn einmal Partei eines Rechtsstreits in Jüterbog werden und er ein sehr trauriges Schicksal erleiden wird.
- 1504: Ein Blick hinüber nach Wittenberg. Das Augustiner-Kloster wird, 1504 beginnend, gebaut. Dort wohnte Martin Luther seit seiner Ankunft in Wittenberg im Jahre 1508 vorerst als Mönch, später als protestantischer Reformator, ab 1525 mit seiner Familie, die rund 35 Jahre lang hierin lebte.
- 1517: Der Ablassprediger Johann Tetzel predigt in Jüterbog geschickt das Seelenheil für die Einwohner vom Himmel herunter, alle Sünden seien ihnen vergeben, wenn – ja, wenn sie ausreichend Geld in die Kirchenkasse einwerfen. Solche Predigtinhalte statt ordentlichen Lebens und tätiger Buße bringen bei Martin Luther „das Fass zum Überlaufen“. Die Reformation der Kirche beginnt und die Städte Jüterbog und Wittenberg werden dadurch noch weitaus bekannter – wohl fast in aller Munde geführt. Die Franziskanermönche befinden sich in einem lebhaften „Kanzelstreit“ mit den Lutheranern und deren protestantische Lehre. – Luther heftet seine 95 Thesen zur Reformation der Kirche an das Eingangsportal der Wittenberger Schlosskirche. – Luther predigt 30 Jahre lang in der Wittenberger Stadtkirche Sankt Marien.
- um 1520: Es gelten alle Schäden des Jüterboger Stadtbrandes als ausgeglichen und die Stadt zeigt sich in neuer Schönheit. Eine positive Ausstrahlung, die über 100 Jahre währen wird.
- 1525: Der Anführer von Bauernaufständen gegen die Willkür der Obrigkeit, der Prediger Thomas Müntzer wurde vor einiger Zeit gefangen genommen, auf der Wasserburg Heldrungen gefoltert und am 27. Mai 1525, in seinem 35. Lebensjahr hingerichtet.
- 1534 Im Dezember findet in der offenen Gerichtslaube vor dem Jüterboger Rathaus die Gerichtsverhandlung: Kaufmann Hans Kohlhase aus Cölln bei Berlin, gegen den Herrn v. Zaschwitz aus dem Sächsischen Kurfürstentum statt.
- 1537 Martin Luther setzt sich für eine erneute Gerichtsverhandlung Kohlhase gegen Zaschwitz ein, auf dass dem Kohlhase Gerechtigkeit widerfahre.
- 1540: In Berlin wird am 22. März 1540 Hans Kohlhase grausam hingerichtet.
- 1540: Jüterbog wird die Religionsfreiheit = Glaubensfreiheit gewährt. Der Protestantismus setzt sich durch. Die Mönchenkirche wird zur zweiten evangelischen Pfarrkirche der Stadt.
- 1560: Auflösung des Mönchenklosters in der Stadt und Umwidmung des Gebäudes in eine Schule. Den Schlafsaal und Wirtschaftsgebäude riss man in der Folgezeit ab – daher ist heute nur noch ein Teil der ursprünglichen Anlage zu sehen.
- 1564: Tod Martin Luthers in Eisleben am 18. Februar 1546 auf der Besuchsreise in seine Geburtsstadt.
- 1618–1624: Bisher hatte der große Krieg, der Kampf der Streitkräfte des katholischen Kaisers gegen die protestantischen Kräfte im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, den man später den „Dreißigjährigen Krieg“ nennen wird, Jüterbog nicht erreicht. Noch blieb die Region verschont.
- 1624: Der Krieg rückt näher. Das Erzbistum Magdeburg schließt seine Grenzen. Männer werden für den Kriegsdienst geworben oder verpflichtet. Eine Kriegssteuer wird erhoben.
- 1625: Seit sieben Jahren wütet nun schon dieser schreckliche Krieg im Land. Und erst später wird man wissen, dass er noch weitere 23 Jahre lang anhalten wird. In diesem Jahr wird Jüterbog erstmals Kriegsschauplatz sein. Besetzung des Erzstifts Magdeburg durch das gut gerüstete Kaiserliche Heer. Die 2.000 Mann starke Truppe des Erzbischofs und Landesherrn unterliegt den Kaiserlichen. Ein Gemetzel entsteht in der Stadt nahe der Nikolaikirche gegen feindliche aber auch schutzsuchende Soldaten. Die Örtlichkeit des grauenvollen Geschehens wird den blutigen Namen >Rothes Meer< erhalten. Ein Teil der Truppen des Kaiserlichen Feldherrn Wallenstein bleibt in Jüterbog.
- 1625 / 26: In diesem Jahr kommen nach Jüterbog weitere Kaiserliche Truppen und dem anhängenden Tross: Frauen, Kinder und Kaufleute hier in die Stadt eingezogen. Die Stadt ist durch Unterhaltszahlungen für das Heer, Nahrungsgüterbereitstellungen und Plünderungen bereits zusehends verarmt. Aber bald kommen auch Truppen des schwedischen Heeres zur Einquartierung. Ob Freund oder Feind macht für das Leben und Leiden der Bevölkerung keinen Unterschied.
- 1627: Der Heerführer Wallenstein hält sich selber in Jüterbog auf und residiert im Fürstenzimmer des Rathauses. – Albrecht Wenzel Eusebius von (eigentlich:) Waldstein. Lebenszeit 1583–1634, im Jahre 1634 ermordet. Politiker und Feldherr. Ein schnell aufbrausender, rücksichtsloser, grausamer Mensch. –
Jüterbog wurde zwischen den Interessen der Kaiserlichen Ansprüche, den Wünschen der Kursachsen, der Schweden und der Magdeburger „hin- und her gezerrt“. - 1635: Der Prager Frieden – doch der Krieg wird fortgesetzt. Ein Ergebnis der Prager Verhandlungen: Mit der Neuzuordnung der Stadt Jüterbog von Magdeburg an Kursachsen, wird auch Jüterbog sächsisch und versinkt nun vollends in der Bedeutungslosigkeit. Hungersnöte plagen die Menschen über Jahre hinweg. Zu allem Überfluss bestehen die Schweden weiterhin auf einer Zuordnung der Stadt als schwedisches Eigentum.
- 1636: Den Jüterbogern gehts nicht gut. In diesem Jahr geschieht zu Ostern nun die größte Plünderung durch evangelische schwedische Truppen.
- 1637 und 1639: Die grausame Pest tut ihr Übriges. Statt der vormals 4.000 Einwohner der Stadt, kann man nun nur noch 300 Menschen zählen.
- 1644: Erneut kommt es im Kriegsgeschehen zu Plünderungen – wo fast nichts mehr zu holen ist.
- 1648: Westfälischer Frieden. Gegen Ende der Kriegszeit gleicht die vormals stolze feste Stadt Jüterbog eher einem verwüsteten Dorf.
- 1656: Jüterbog kommt zum Herzogtum Sachsen-Weißenfels
- 1699: Herzog Georg von Sachsen-Weißenfels lässt aus Resten der Burg Damm das Amtshaus (heute Sitz des Landratsamtes) nahe der Liebfrauenkirche errichten.
- 1756: marschiert der Preußische König Friedrich II. in die sächsische Stadt Jüterbog ein und beginnt somit einen Krieg, der sieben Jahre lang anhalten wird. Das Kriegselend zieht auch durch unsere Stadt und hält sich hier fest.
- 1776 / 77: König Friedrich II. ordnet den Bau einer (preußischen) Kolonie für Weber und Spinner nahe dem Kloster Zinna an. Dieses Weberdorf ist preußisch, die benachbarte Stadt Jüterbog ist sächsisch.
- 1806: Nach der von Preußen verlorenen Schlacht bei Jena und Auerstedt zieht ein Teil der französischen Grande Armee des Napoleon Bonaparte mit 30.000 Mann durch Jüterbog. Die Schäden sind derart, als hätte ein biblischer Heuschreckenschwarm die Ernte zerstört und alle Vorräte verzehrt.
- 1813: Im Zuge der Befreiungskriege findet nebenan in Dennewitz eine große Schlacht statt. Sie wird mit einer vernichtenden Niederlage der Franzosen entschieden.
- 1815: Im Ergebnis der Verhandlungen des Wiener Kongresses wird unsere Stadt Jüterbog als Kriegsentschädigung nun preußisch.
- 1820: In der nahen Stadt Luckenwalde entwickeln sich die Manufakturen und die beginnende Industrialisierung gut. Das hat eine abträgliche Wirkung auf das Jüterboger Handwerk. Die Stadt verarmt zusehends.
- Ab 1832: Jüterbog wird zu einem bedeutenden Militärstandort. Es gibt noch keine Kasernen. Die Soldaten der Garnison sind in den Bürgerhäusern untergebracht. – Eine Vorausschau: erst im Jahre 1994 wird die Stadt wieder militärfrei, wird aber noch auf Jahrzehnte mit den Folgen / Rückständen jener Zeit belastet sein.
- 1841: Die Stadt Jüterbog bekommt einen Bahnhof an der Berlin-Anhalter Bahn.
- 1848: Die Bürgerliche Revolution führt zu Unruhen auch in der Stadt Jüterbog. Nun erhalten wir die Bahnanbindung an die Strecke Berlin-Dresden.
- 1851: Das Dammtor wird zum Teil abgerissen.
- 1883: Die Luthereiche wird auf dem Heilig-Geist-Platz gepflanzt.
- 1894: Nun hat die Stadt sogar eine Bahnverbindung über Treuenbrietzen nach Potsdam.
- 1900: Inbetriebnahme der Kleinbahnstrecke nach Luckenwalde und Dahme.
- 1914: Die Stadt bekommt ein zentrales Trinkwassernetz und Abwassersystem.
- 1921: Jüterbog wird von diesem Jahr an mit Elektroenergie versorgt.
- 1970: Die Evangelische Kirche auf dem Mönchenkirchplatz wird aufgegeben. Es erfolgt für das kulturhistorisch wertvolle Bauwerk ein Jahrzehnt – gezeichnet von Leerstand, Nutzung als Möbel- und Baustofflager – es wird ein Ort der Verwahrlosung – bis, ja bis eine Studie der Denkmalpflege es als erhaltenswürdig bezeichnet und neben den Maßnahmen des bautechnischen Erhaltens, auch Nutzungsperspektiven aufgezeigt werden, die man nacheinander realisiert.
- 1980 bis 1985: Sanierung der Mönchenkirche und deren Einrichtung als Bibliothek, Theater- und Konzertstätte.
- 2001 bis 2005: Das Terrain um die Mönchenkirche wird grundlegend erneuernd bearbeitet und nimmt anschließend die Funktion von Museum, Stadtinformation, Kulturhistorischem Archiv auf und enthält darüber hinaus Räume für Vereinsveranstaltungen.
- 2006–2007: Der Mönchenkirchplatz wird neu gestaltet und damit aufgewertet, nachdem bereits ein Jahrzehnt vorher große bauliche Verunstaltungen aus der DDR-Zeit, wie ein Kasernenbau und die große Betonfläche entfernt wurden.
Mit diesen großangelegten und sehr gut gelungenen Vorhaben, ein Kulturquartier zu schaffen, wurde die Attraktivität der Stadt Jüterbog wesentlich gehoben.
Zu Jüterbog bestehen weitere Beiträge – bitte anklicken:
- Jüterbog, Sehenswürdigkeiten in der Altstadt (aus der die Familie Kempff nach Potsdam kam)
- Hans Kohlhase – ein tragisches Menschenschicksal
- Der wackere Schmiede-Meister der Stadt Jüterbog
- Die Musiker-Familien Kempff in Jüterbog, in Potsdam und in der Welt
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