Jüterbog – Sehenswürdigkeiten in der Altstadt.
Zusammengestellt von Chris Janecke, Aktualisiert im Mai 2023.
Leserhinweise werden gern gesehen über E-Mail: christoph@janecke.name
Liebe Leser, liebe Bild-Betrachter (weibliche genauso wie männliche),
über die Stadt Jüterbog wurde im Lauf der Zeiten bereits vieles geschrieben. In der vorliegenden Darstellung wird euch die Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten vorgestellt, so dass ihr schon viel besser vorbereitet seid, als andere, die nach Jüterbog fahren, um nur mal zu gucken und dabei vielleicht weniger des Wichtigen sehen. Wir werden auch nicht die gesamte Stadt gemeinsam betrachten, sondern uns auf das historische Altstadt-Gebiet beschränken und später noch einen kleinen Abstecher nach Kloster Zinna unternehmen.
Die Abfolge von Text und Bildern gibt keinen Kurs für einen Stadtspaziergang vor. Ihr seid bei der Wahl der Wege völlig frei, findet aber in dem Übersichtsplan eine Orientierungshilfe. –
Es ist so, dass ich nicht selber die Entwicklung der Stadt über einen längeren Zeitraum persönlich verfolgen konnte – dazu bin ich zu jung. Aus diesem Grunde erzähle ich vieles nicht aus eigenem Wissen, sondern habe Informationsblätter der Stadtverwaltung und der Kirchen genutzt sowie die Hinweise der Informationstafeln an den Sehenswürdigkeiten. Ich schreibe also als ein interessierter Besucher der Stadt für andere Besucher. Eventuelle Fehler und Lücken in meinem Text gelten als nicht ausgeschlossen – für Berichtigungen bin ich stets dankbar. Die Bilder stammen, wenn nicht extra angegeben, von der Familie des Autors, aus dem Sommer 2022.
Die Fotos der Holzskulpturen zeigen Werke von Guido Schenkendorf.
Wissende der Stadt weisen gern darauf hin, dass es zwischen Jüterbog und Potsdam, insbesondere zum Stadtteil Babelsberg, eine Beziehung, eine Ähnlichkeit gäbe und erwähnen die dort stehende Gerichtslaube. – Nun ja, das ist wohl wahr – ich spanne den Bogen mühelos etwas stärker und nenne als weitere Beziehungen auch die
- weltbekannte Musiker-Familie Kempff, der ein gesonderter Aufsatz vorbehalten bleibt. Kurz wird angemerkt, dass die Familie Kempff nur sieben Jahre in Jüterbog lebte aber die halbe Lebenszeit in Potsdam verbrachte. Der Tätigkeitswechsel des Vaters Kempff von der Jüterboger Nikolaikirche erfolgte an die Potsdamer Nikolaikirche – und diese beiden Nikolaikirchen wurden auf den Plätzen ihrer Vorgänger-Gotteshäuser errichtet, die in beiden Städten Katharinenkirche hießen.
- Konrad Wachsmann (Frankfurt / Oder 1901 – Los Angeles 1980), der sein erstes und einziges Haus in traditioneller Ziegelbauweise im Jahre 1929 für die Familie des Dr. med. Estrich in Jüterbog gestaltete. In der Folge wandte er sich aber dem Holzbau aus vorgefertigten variabel einsetzbaren Wandelementen zu.
Ebenfalls im gleichen Jahr 1929 entwickelte er für Prof. Dr. Albert Einstein ein Holzhaus für Caputh bei Potsdam, am Hang des Grundstücks „Am Waldrand 15-17“ und ließ dieses Gebäude dort aufstellen. Auf beide kommen wir bald noch einmal etwas ausführlicher zurück. - Ja natürlich: die (vormals Berliner) Gerichtslaube im Schlosspark Babelsberg sowieso.
- Hans Kohlhase, dem ein gesonderter Artikel vorbehalten bleibt und der beide Gerichtslauben, die Jüterboger und die Berliner Stätten kennenlernen musste.
- Die unter dem Preußischen König Friedrich II. (dem Großen, dem Alten Fritz') neu angelegten Weberkolonien Nowawes und Zinna (einige weitere gibt es). Einen Vergleich der Bauten zu Zinna findet der Leser auf der gleichen Internetseite unter: „Nowawes, eine Colonie bey Potsdam“.
- das Flüsschen Nuthe.
- Die vergleichbare Zeit frühester urkundlicher Erwähnung: Potsdam im Jahr 993, Jüterbog im Jahr 1007. Das sind aber nur die schriftlich erhaltenen Nachweise. Wir gehen davon aus, dass diese Gebiete bereits spätestens vor fünftausend Jahren besiedelt waren.
Gar mancherlei Beziehungen oder Berührungspunkte bestehen also zwischen beiden Städten. Diese hier näher zu besprechen würde den Umfang eines Jüterboger Stadtspaziergangs bei weitem sprengen. Deshalb gibt es am Ende unseres heutigen Spaziergangs >Links<, also die Hinweise zu weiteren Wegen – für einen Aufbruch zu neuen Zielen.
Die nun folgende Beschreibung und Bebilderung eines Spaziergangs durch die Jüterboger Altstadt soll möglichst in Ruhe und Gelassenheit betrachtet werden, uns auf einen vom Alltag entschleunigten erholsamen, hoffentlich sogar erlebnisreichen Gang durch die Stadt, durch die Jahrhunderte, vorbereiten. Verinnerlicht man diese Fotos nachhaltig, so trifft man beim Stadtbesuch bereits auf vertraute Bekannte, die uns aber in jeder Jahreszeit, ja bereits bei verschiedenartigen Witterungen etwas unterschiedlich aussehend begegnen. Als Gäste sind wir alle in Jüterbog wohl ganzjährig gern gesehen. Niemand soll aber annehmen, dass er Jüterbog nach dieser Lektüre nun kenne – diese Aufzeichnungen hier, wollen lediglich eine Anregung geben, sind ein Ausschnitt aus der Fülle – Jüterbog hat mehr zu bieten!
Ein Blick auf die Altstadt. Für manche Vögel gilt diese Übersicht als alltäglich.
Für den Spaziergang möchte dieser Altstadt-Plan als eine Orientierung dienen – insbesondere in Verbindung mit dem nachfolgendem Verzeichnis von Straßen und Sehenswürdigkeiten, soll dem Besucher das Zurechtfinden erleichtert werden.
Verzeichnis der Straßen und Sehenswürdigkeiten, Seite 1
Verzeichnis der Straßen und Sehenswürdigkeiten, Seite 2
In den nachfolgenden Punkten der Objektbeschreibungen findet ihr jeweils die Bezeichnung des Planquadrates, so dass ihr die Lage der Sehenswürdigkeit sofort findet und diese „ansteuern“ könnt, sofern diese sich im Gebiet der Altstadt befindet.
Der Jüterboger Bahnhof wurde an der Strecke der Berlin – Anhalter Bahn im Jahre 1841 eingerichtet. Er bot viel an Bequemlichkeit für die Reisenden – mit den Helfern beim Gepäcktransport, den Auskünften zu Übernachtungsmöglichkeiten und Sehenswürdigkeiten in der Stadt, dem Billetverkauf und dem Restaurant mit vorzüglichen Speise- und Getränkeangeboten – alles im Gebäude und in gepflegter Umgebung des Bahnhofs.
Der Schlosspark. Nun, ein modernes Schloss gab es hier noch nie – eher noch sind Reste eines uralten slawischen Burggemäuers in verblasster Erinnerung, die aber auch bereits in historischen Zeiten abgetragen wurden. 1699 ließ Herzog Georg von Sachsen-Weißenfels aus den Resten der >Burg Damm< das Amtshaus nahe der Liebfrauenkirche errichten – doch der Park, er blieb bestehen. Wohl dem, der hier am Rande heute seinen Wohnsitz hat.
Bei der Sommerhitze finden wir im Park unter den alten Bäumen, die uns Schatten und erfrischende Kühle bei größerer Feuchte der Luft spenden, die Erholung des Tages.
In Jüterbog finden wir wie hier in der Schloss-Straße, ehrwürdig alte Bauten in größerer Anzahl und diese sind meist liebevoll saniert.
... und wir sehen auch Gebäude, die wie's scheint, sehnsüchtig auf eine Erneuerung warten oder deren Eigentümer bereits einem Abschluss des erfolgreichen Bemühens entgegensehen.
Jüterbog ganz ohne Burg? Nein, mit dem Rest einer Burg! An der Schillerstraße - Ecke - Bleichhag. Der Mehrzweckhalle und dem früherem kinematographischen Theater machten die Fernsehgeräte mit ihren Programmen den Garaus? – Das Kino zeigte früher ein schöneres Bild – ach was, wollen wir nicht untertreiben – in ihm wurden so sehr schöne Bilder in vielen Filmen gezeigt. Im Saal des vormals stolzen Gebäudes sitzen heute keine Menschen – darinnen stehen Bäume. Das Gebäude wurde in einer schwierigen Zeit vom Architekten Paul Backes (1900–1963) entworfen und 1935 / 1936 im Stil der Zeit errichtet. Die Stadt Jüterbog hat es vor einigen Jahren erworben, um nochmals etwas Gutes daraus zu gestalten!
Hinter der Mehrzweckhalle / dem ehemaligen Kino (Planquadrat B 3), in Richtung Liebfrauenkloster, liegt der Konrad-Wachsmann-Platz. Dieser Platz ist ein Auto-Parkplatz, mit nur noch wenig Platz für Menschen. Auch in Jüterbog sind sehr viele Autos unterwegs; lebhaft gefördert durch die Bundesstraße 2, die längs durch die mittelalterliche historisch-wertvolle Altstadt geführt wird.
Der später berühmt und weltbekannt werdende Architekt Konrad Wachsmann hat in Jüterbog nur ein einziges Haus gebaut und trotzdem hat man ihm, um ihn gebührend zu ehren, einen großen Autoparkplatz gewidmet.
Es lohnt, sich ein Bild über Konrad Wachsmann (1901–1980) zu machen.
Er hatte Tischler und Zimmermann gelernt. Später studierte er Architektur und war ein Konstrukteur im Stahlbau aber auch ein Verfechter des Holzbaus aus industriell vorgefertigten Tafeln. Sein erstes Gebäude, das er als Freier Architekt schuf, war das Einzige in traditioneller Ziegelbauweise gemauerte, bestellt von der Familie des Dr. med. Georg Estrich und seiner Frau Emmi. Es steht in Jüterbog, Bleichhag 6, konzipiert als Wohnhaus mit Arztpraxis. 1929/30 wurde es errichtet.
Die Straße Bleichhag mit dem gelben „Würfelhaus mit Zeltdach“ vom Architekten Konrad Wachsmann für Dr. med Estrich entworfen. Das Haus Bleichhag 6 steht unter Denkmalschutz. Hinten links das Goethe-Schiller-Gymnasium, davor die Zentrale Busabfahrtstelle, rechts daneben die graue ehemalige Mehrzweckhalle / das Kino „Schauburg“ und vorn links die Parkanlage zu Ehren des Architekten Wachsmann, der Konrad-Wachsmann-Platz.
Zu Wachsmanns Spezialität wurde die fabrikgemäße Vor-Fertigung großformatiger Holztafeln für die Schnellmontage auf den Baustellen mit Klick-Verbindungen. Sein gelungenes Entwicklungsziel war das Erreichen vielfältiger Gestaltungsmöglichkeiten mit einer geringen Anzahl genormter Bau-Tafeln einheitlichen Rasters. Beispiele dafür sind das Sommerhaus für Prof. Dr. Albert Einstein in Caputh bei Potsdam, Am Waldrand 15–17, hoch über dem Ufer des Templiner Sees, ebenfalls im Jahre 1929 montiert – und eine Holzhaus-Wohnsiedlung für Ludwigsfelde bei Potsdam. Im Jahre 1933 verließ Konrad Wachsmann, wie auch Albert Einstein, beide jüdische Mitbürger, Deutschland gegen ihren eigentlichen Willen. Wachsmann lebte vorerst in Rom, später in Paris und emigrierte 1941 „in letzter Minute“ in die USA. Konrad Wachsmann und eine seiner Schwestern waren die einzigen Holocaust-Überlebenden seiner Familie. Albert Einstein erleichterte ihm die Einbürgerung in den USA. Dort arbeitete Wachsmann auch mit Walter Gropius, dem „Vater“ der Bauhaus-Architektur zusammen. Konrad Wachsmann blieb aber seiner deutschen Heimat auch nach dem Zweiten Weltkrieg mit Rat und Tat verbunden.
Zum Estrich-Wohnhaus geht es hier:
Das Haus aus vorgefertigten Wandbauelementen für Prof. Dr. Albert Einstein (Ulm, 1879 bis Princeton, New Jersey, 1955). – Das Anwesen konnte nur für die kurze Zeit 1929–1932 von ihm genutzt werden. Auch diese beiden Geistesgrößen, der Architekt und der Haus-Eigentümer, verließen Deutschland 1932 /33 wegen Repressalien und konkret drohender Lebensgefahr.
Der Magdeburger Erzbischof Wichmann von Seeburg (im Plan: B 4) vor der Kirche auf dem Damm, vor dem Tor der Stadt. Ihm oblag das kirchliche Führen und weltliche Leiten „seines“ Magdeburger Gebietes, wozu in jener Zeit auch Jüterbog gehörte.
Die Marienkirche wurde ab 1161 bis 1173 als eine dreischiffige romanische Basilika errichtet. Zur Weihe erhielt sie die Namen:
- Kirche der seligen Jungfrau Maria – daher kurz: Marienkirche und Liebfrauenkirche. (Liebfrauen ist somit als singulare Form zu verstehen).
- Der Volksmund nannte sie auch kurz und schlicht: Dammkirche (Kirche des Dorfes Damm, am Damm gelegen, an / auf der Geländeerhöhung, die sich aus dem sumpfigen Niederungsgebiet erhebt).
Die Kirche wurde an dem Tag des Monats April 1174 geweiht, an dem Erzbischof Wichmann von Magdeburg dem Ort Jüterbog das Stadtrecht erteilte, das Recht Märkte abzuhalten und der Stadt die Zollfreiheit gewährte. Bereits 1174 wurde diese Kirche zur Haupt- und Mutterkirche des Ländchens Jüterbog bestimmt. Diese Funktion behielt sie bis in die Reformationszeit hinein. Die Liebfrauenkirche = Sankt Marien = Dammkirche ist somit das älteste erhaltene Gebäude der Stadt. Das Wachsen der Orte Damm und Jüterbog machte es erforderlich, die Kirche bereits nach 50 Jahren mit einem Querschiff beträchtlich zu erweitern.
Im Zuge der Reformation predigte der Mönch Thomas Müntzer im April und Mai 1519 auch hier bei den Nonnen mit aufrüttelnder Kirchenkritik am Bisherigen, was auch zu Redegefechten zwischen dem Lutheraner und den Vertretern des hier im Jüterboger Mönchenkloster ansässigen Franziskanerordens führte. Es half letztendlich kein Zetern, die neue protestantische Lehre setzte sich durch. Von 1540 an bestand Religionsfreiheit und die Liebfrauenkirche wurde zur ersten evangelischen Pfarrkirche der Stadt.
Die Dammkirche = Liebfrauenkirche = Sankt Marien (im Plan: B 4), war rund 366 Jahre lang ein katholisches Gotteshaus, davon fast 260 Jahre einbezogen in das Klosteranwesen und damit in das Klosterleben und in die Klosterverwaltung. Aus heutiger Sicht (2022) ist sie seit mehr als 480 Jahren eine evangelische Kirche, die zweitälteste im Land Brandenburg.
Die Grabanlage (im Plan: B 4) im Vordergrund der Liebfrauenkirche ist jedoch einer der jüngeren Friedhöfe, in denen Gebeine sowjetischer Soldaten ruhen, die 1945 hier bei den Kämpfen ihr Leben lassen mussten. Und dieser Friedhof reichte bei weitem nicht aus. Auf dem unmittelbar benachbarten Ruhefeld finden wir eine große Eiche, die diesmal nicht persönlich Herrn Dr. Martin Luther gewidmet wurde. Auf die ihm zu seiner Ehre gepflanzte Eiche kommen wir aber bald zu sprechen.
Sankt Marien winkt uns mit einem freundlichen „Willkommen“ heran – und lädt uns zum Verweilen ein. Nehmen wir es gerne an und gehen hinein.
Dieser Barockaltar ist im Gegensatz zur Kirche jung. Er wurde erst im Jahre 1710 aufgestellt, um seinen Vorgänger abzulösen – aber die Fertigungszeit der Tischplatte schreibt man dem 13. Jahrhundert zu.
Die schöne Kanzel schuf der steinmetzende Bildhauer Georg Schröter aus Torgau im Jahre 1575 aus Sandstein.
Das aufwendig gestaltete Taufbecken in Kelchform entstand etwa im Jahre 1480.
Die Bilder von Luther, links und Melanchton, rechts, hingen bis zur Entwidmung der Mönchenkirche im Jahre 1966 in jenem Gotteshaus – seither aber hier in der Marienkirche.
... können wir hier nochmals sehen. Die neue Orgel wurde von Joachim Wagner in Berlin geschaffen und im Jahre 1737 hier aufgestellt.
Im Jahre 1282 wurde neben der Marienkirche ein Zisterzienserinnen-Kloster eingerichtet (im Plan: B 3). Das Kloster erhielt den Namen: Kloster zum Heiligen Kreuz, auch als Kloster des Heiligen Märtyrers Laurentius bekannt. Bald nannte man es wegen der engen Verbindung zur Kirche auch Liebfrauen-Kloster und Marien-Kloster, denn nun galt die Kirche als in die Klosteranlage einbezogen und die Namen der Kirche gingen auch an das Kloster über. Zum Kloster gehörte sowohl Viehhaltung, als auch Ackerbewirtschaftung für die eigene Versorgung und zum Verkauf der Produkte. Die Krankenpflege, der Schulunterricht und die Beherbergung Reisener gehörten ebenfalls zum umfangreichen Aufgabenfeld der arbeitsamen Nonnen.
Mit der Einbeziehung der Liebfrauenkirche in die Klosteranlage benötigte man für die Bevölkerung Jüterbogs eine neue Stadtpfarrkirche – die Nikolaikirche.
Leider wurde im Zuge kriegerischer Handlungen 1546 das Kloster mit seiner wohl eher bescheidenen Ausstattung aber einem reichen Reliquienschatz geplündert. Das Kloster bestand anschließend noch bis 1557. Der Probst, die Priorin und die Nonnen wechselten zur neuen freien evangelischen Glaubensrichtung und fühlten sich dabei wohl recht heimisch.
Dieses Gebäude gehört heute zur Evangelischen Grundschule der Stadt Jüterbog.
Im Friedgarten zwischen Liebfrauenkloster und Marienkirche – wer würde dort nicht gerne seine letzte Ruhe, seinen Frieden finden?
Ein Blick über die Friedhofsmauer in die Dennewitzer Straße (im Plan: A 3 + 4). Unter der Erdoberfläche lässt die Stadt Jüterbog sanieren, darüber tun es die Hauseigentümer. Das Bemühen um Erhaltung, Sanierung und Pflege des Alten kann zu unterschiedliche Ergebnisse führen. Sachkundig und behutsam möchte es in jedem Falle gelenkt werden.
Die Stadtwachen! – Hier: das Dammtor von außen – von Damm her gesehen (im Plan: B 4).
Der ursprüngliche Name des Dammtores war auch Frauentor, weil durch dieses Tor der Weg zum Liebfrauen-Nonnenkloster führte. Es ist das Tor gen Westen. Andere nannten es auch das Mönchentor, weil man aus Richtung des Dorfes Damm kommend, zu den Mönchen in der Stadt hinein, ebenfalls dieses Tor durchschritt.
Diese Stelle passieren alle Leute, die vom Bahnhof gelaufen kommen oder aus Richtung Potsdam, Treuenbrietzen oder Wittenberg anreisen. Vom Jahre 1250 an wurde der Ort, dem bereits das umgebende Sumpfland einen natürlichen Schutz bot, vorsichtshalber mit einer Mauer umgeben. Diese Stadttor-Anlage wurde nahe am Dorf >Damm< als einer der Eingänge zur Stadt errichtet. Nur wegen der Geländeerhöhungen (Dämme) die sich aus dem Sumpfland erhoben, konnte man beispielsweise aus Treuenbrietzen kommend, überhaupt zu Fuß oder Wagen gut die Stadt Jüterbog erreichen.
Von drei Stadttoren wurde die etwa fünf Meter hohe ringförmige Mauer unterbrochen, die den Eingang und die Ausfahrt ermöglichten und gleichsam den Ort sicherten. Die drei Stadttore bestanden jeweils aus einem wehrhaften Außentor und einem Innentor. Die Außen- und Innentore waren durch die zu beiden Seiten angeordneten Mauern miteinander fest verbunden. So entstand eine Schleuse, über Zeiten zusätzlich mit abtrennenden Schlagbäumen ausgestattet. Somit war die Kontrolle des Personen- und Warenverkehrs sowie der Einnahme des Durchlass-Zolls gut gesichert möglich und bot auch einen (gedachten) weitgehenden Schutz der Stadt bei etwaigen militärischen Angriffen.
Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts hatten die Bürger auf der Schutzmauer und für die Fernsicht von den Türmen einen regelmäßigen, vorbildlich organisierten Wachtdienst zu leisten; in späteren Zeiten nur bei vermeintlicher Gefahr, speziell, wenn ein kriegerischer Angriff zu befürchten war. Das Öffnen und Schließen der Tore am Tag, oblag der Torwache. Nachts blieben die Tore (bis 1840) generell geschlossen aber zu spät eintreffende Reisende durften im benachbarten Liebfrauenkloster, das ja vor dem Stadttor, also außerhalb der Stadt lag, um ein bescheidenes Nachtlager bitten – bitte aber streng separiert vom klösterlichen Leben der Nonnen.
Ab 1687 wurde eine Einfuhrsteuer für alle Güter und Nahrungsmittel erhoben, weshalb es notwendig war, für diesen erhöhten Verwaltungsaufwand drei Torschreiber zu beschäftigen, die besonders an Markttagen viel zu tun hatten. Als aber Jüterbog nach den Befreiungskriegen und dem Wiener Kongress (1812–1815) von Sachsen zu Preußen gekommen war, hob Preußen diese Warensteuer (Akzise) wieder auf, was eine Erleichterung von der Bürokratie für alle darstellte – aber das Auffüllen der Stadtkasse schmälerte.
Das mittelalterliche Tor war sicherheitshalber eng gehalten. Die Durchfahrt wurde erst 1862 auf 155,5 Zoll (3,95 m) erweitert, was aber für den im folgenden Jahrhundert stark zunehmenden Straßenverkehr nicht ausreichte. Seit 1930 ist deshalb ein Fahrschlenker seitlich am Tor vorbei erforderlich.
Hier nun das gleiche äußere Dammtor von der anderen Seite, aus der Sicht vom Stadtinneren. Rechts und links sehen wir die Verbindungsmauern, die aber weit über den Vordergrund hinaus, bis zum inneren Tor (nicht erhalten geblieben) führten. In dieser Art waren alle drei Toranlagen gestaltet.
Die flankierenden Türme des früheren Innentores, aus der Straße „Bleichhag“ gesehen (im Plan: B 3).
Der Wach-, Wehr- Pulverturm in der Straße „Am Frauentor“ wird auch als schiefer Turm bezeichnet (im Plan: C 3). Der schiefe Turm zu Jüterbog. Er ist uns tatsächlich etwas zugeneigt. „Schaut man von oben hinab, dann etwas nach links.“
Das sind die Reste eines weiteren Verteidigungsbauwerks in der Straße „Am Frauentor“ (im Plan: C 3). Das nachgestaltete Mauerwerk ist an jener Stelle 3,30 m hoch.
Am Frauentor - Ecke - Wursthof (im Plan: D 3).
In die vormals schützende Stadtmauer wurde der Giebel eines Wohnhauses eingelassen. Unterkante des Fensters in 5,00 m Höhe.
Auf dem Gelände des heutigen kleinen Heilig-Geist-Platzes (links im Bild, im Plan: C 4) wurde etwa um 1170 unter der Schirmherrschaft des Magdeburger Erzbischofs Wichmann v. Seeburg, einem großen Förderer der Ortschaft Jüterbog, die Heilig-Geist-Kapelle erbaut. Sie war bestimmt als Kirchlein für das benachbarte Heilig-Geist-Spital, eine kirchlich-unterstützende Anstalt für Arme, Kranke, Alte und anderweitig stärker Bedürftige. Das Spital bestand bis 1687, zu jener Zeit aber bereits seit weit mehr als einem Jahrhundert, evangelisch geleitet.
In dieser Kapelle predigte der erste evangelische Pfarrer Jüterbogs: Thomas Schneidewein. Gleiches wahrzunehmen oblag ihm aber auch in der benachbarten Liebfrauenkirche, wie auch in der Nikolaikirche. Bis zum Jahr 1700 war die Heilig-Geist-Kapelle von einem Friedhof umgeben, für das Bestatten der früheren Spitalbewohner. – Vielen Änderungen von Nutzungsarten war diese Heilig-Geist-Kapelle im Lauf der Zeiten ausgesetzt und auch das Aussehen des Platzes erfuhr zahlreiche Wandlungen:
- Es wird darüber berichtet, dass der Bau zwischen 1562 und 1707 als große Kornkammer genutzt worden sei.
- Während der französischen Besatzung ab 1806 als Pferdestall und Vorratsspeicher genutzt.
- Nach 1838 diente der Bau als Kanonenhalle der Garnison.
- Im Jahre 1873 brannte das altehrwürdige Gebäude aus und im Jahr ...
- 1875 erfolgte der Abbruch der mahnenden Ruine. Man konnte sie nicht mehr sehen.
- 1883. In jenem Jahr jährte sich der Geburtstag von Martin Luther zum 400-sten Male. Aus diesem Anlass pflanzten die Stadtvertreter und die Kirchenältesten unter Anteilnahme der Bevölkerung und vielleicht auch mit dem sachkundigen Rat anwesender Gärtner auf dieser kahlen Brandstätte eine echte Luther-Eiche mit dünnem Stämmchen, im Gedenken an den Reformator (einschließlich seiner eher stämmigen Figur). Zwar gibt es in jener Zeit gar viele junge Luther-Eichen im Lande – aber die Stadt Jüterbog darf ja den Anspruch darauf erheben, dass mit den Tetzel-Predigten, den fragwürdig-scheinheiligen Seelenheils-Versprechungen und der vehementen Gegnerschaft zu Martin Luther und seinen Anhängern, die auch mit zu dem Anschlag der 95 Thesen in Wittenberg führten, eben diese gewaltige Kirchen-Reformation mit von Jüterbog ausging. Seit dem Pflanzen des jungen Bäumchens sind rund 140 Jahre ins Land gegangen und heute beträgt der Durchmesser des damaligen Stämmchens (in 1m Höhe) reichlich 127 cm und somit dessen Umfang etwa 400 cm. Der Baum wurde also hinreichend gepflegt.
- 1928 setzte man dem ersten evangelischen Prediger der Stadt Jüterbog, Thomas Schneidewein, einen Gedenkstein.
- 2001: Bei Tiefbauarbeiten für die Straßensanierung entdeckte man die Gräberanlage des Spitalfriedhofes erneut, deren letztbestatteten, also jüngsten Gebeine, seit bereits mehr als 300 Jahren in der Erde ruhten.
Im Hintergrund erkennen wir den spitzen Kirchturm der Dammkirche „Sankt Marien“, der „Liebfrauenkirche“.
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Gedenkstein Luthereiche und Thomas Schneidewein
Thomas Schneidewein war ein beliebter Prediger in Jüterbog und der erste protestantische noch dazu. Er kam erst etwa 1526, wohl aus Thüringen nach Jüterbog und predigte vorerst in der Heilig-Geist-Kapelle. Seinen Lebensweg konnten die Jüterboger nicht lange begleiten, denn er entschwand bald auf tragische Weise ihren Blicken und dem Wissen über sein Ergehen. Bekannt ist uns darüber nur in zu groben und etwas ungeordneten Zügen: Kurfürst Joachim I, genannt Nestor, er ist auch Markgraf von Brandenburg (Lebenszeit 1484–1535, Regierungszeit 1499–1535), pflegt das Erzkatholische bei allem, was er so glaubt. Seine liebe und kluge Ehegemahlin, Kurfürstin Elisabeth (1485–1555), Tochter des Königs Johann I. von Dänemark, Norwegen und Schweden, fühlte sich vom jungen, von dem alten Muff befreienden reformatorischen Gedankengut angezogen. Sie war damals 43 Jahre jung, angeprotestantelt und galt somit sowohl als das Alte gefährdend, wie auch selber als gefährdet. Die Kurfürstin floh vor drohender Verhaftung seitens ihres Ehemanns am 24. März 1528 aus Berlin nach Torgau an den Kursächsischen Hof und sehr wahrscheinlich führte ihr Fluchtweg auch durch Jüterbog. In ihre Ehe und das drohende Gefängnis kehrte sie zeitlebens nicht zurück.
Das war der erste Teil des Dramas, doch der zweite folgt sogleich:
Die Historiker wollen nicht ausschließen, dass der gute Prediger Schneidewein der Kurfürstin eventuell seine Unterstützung bei dieser Flucht angeboten hat oder ihr sogar ein Nachtasyl gab – belegt ist es nicht sicher. Zeit verging –.
Bekannt aber wird, dass man ein Jahr später, im März 1529, eine kleine Gruppe der Einwohner, unter ihnen Prediger Schneidewein, unter wichtigem Vorwand vor das Zinnaer Tor, außerhalb der festen Stadt zum Gertraudenhospital rief. Schneidewein aber wurde nahe der Gertraudenkapelle von etwa 40 Kurfürstlich-Brandenburgischen berittenen Häschern in Gewahrsam genommen und als Gefangener hinfortgeführt.
Briefe des Jüterboger Rates an den Kurfürstlich-Brandenburgischen Hof, mit der Bitte um Aufklärung, blieben unbeantwortet – ein Akt grausamer Herrscherwillkür.
Der vermisste Jüterboger Prediger wurden nie wieder gesehen, kehrte nicht in die Wahlheimat zurück. So wurde vermutet, dass des Prediger Schneideweins Leben nach langer Haft möglicher Weise in der Festung Spandau endete.–
Ob zwischen beiden Ereignissen aber tatsächlich ein inhaltlicher Zusammenhang besteht, ist nicht erwiesen. Ein Dokument, das Martin Luther selbst darüber verfasste, führt wegen abweichender Zeitangaben zu weiteren Fragen, für die aber schlüssige Antworten fehlen.
Nein, das ist (dem Hinweisschild trotzend) n i c h t der Heilige Geist. Hier sehen wir die lebensfrohe Figur des Dominikanermönchs Johann Tetzel.
Wir schreiben das Jahr 1517 und dieser Tetzel, zu Pirna gebürtig, ist jetzt etwa 52 Jahre alt. Bekannt wurde Tetzel durch sein florierendes Handelsgebaren, seine Einnahmefreudigkeit, die wohl besonders erfolgreich auf seinem Redetalent fußt, auf seiner beschwörenden Überzeugungskraft basiert. Es ist ein Geschäft, das ihm wohl leicht von Hand und Zunge geht, denn er betreibt es schon seit 1504. Routine. Seine besondere Sorge gilt dem Seelenheil auch der Jüterboger Schäfchen, die sich zu großen Scharen als glaubende Schafe erweisen, indem sie den Tetzel-Versprechen auf den Leim gehen, die sinngemäß aussagen: „Meine lieben Gläubigen – sobald euer Geld in meinem Kirchen-Kasten klingt, – eure Seele in den Himmel springt“. Ihr könnt euch somit von eurem sündigen Treiben freikaufen, damit später eure Seele nicht in das gar erschröcklich quälende Fegefeuer der Hölle gestoßen wird. Eure Seele wird dann ganz ohne aufwändige anstrengende Buße geläutert in himmlische Sphären aufsteigen, dorthin, wo man Hosianna singt, wo geistig' Milch und Honig fließen. So etwa! Solche Predigten nun nicht mehr in Latein, denn das tumbe Volk sollte sie ja nun gut verstehen und danach handeln. Die Ablasszahlung wurde auch „von fast Sündenfreien“, die den Ablass eigentlich gar nicht nötig hatten, gern als Spendenart gewählt ... denn vielleicht gab es ja doch eine segensreiche Nebenwirkung. Seelen-Handel mit Tetzel und vielen anderen Mönchen. Zuhause haben derweil dann zahlreiche Kinder gehungert. Das Geld, nun im Tetzelkasten, hat ihnen nicht geholfen im irdischen Leben satt zu werden.
Diese eingebrachten Ablassgelder sollten dem Bau des Peters-Doms in Rom dienen, den Erzbischöflichen Schuldenberg bei Albrecht in Magdeburg abtragen ... und auch Tetzel daselbst lebte wohl so schlecht nicht. Es wird gesagt, dass diese Methoden des Klerus „das Fass der Ungeduld“ beim Ablass-Widersacher Dr. Martin Luther zum Überlaufen brachten. Sie sorgten wesentlich dafür, das kirchliche Reformationsbestreben schnell voranzutreiben. Es führte letztendlich mit dazu, dass Luther seine Gedanken, seine Forderungen, in die Form der berühmten 95 Thesen brachte, in bleierne Lettern gießen ließ. –
Zeit ist vergangen. Die Zeiten haben sich geändert.
Schon lange ist wohl auch dem Tetzel und Co. vergeben. Heute handelt er nach dem Grundsatz „Jeder nach seinen Fähigkeiten und jedem nach seinen Bedürfnissen“, grad' so, wie im Kommunismus oder auch im Paradies.
So kellt Tetzel heute kostengünstig seine Suppe aus. Gut' Essen hält Leib und Seele zusammen. Ja, da kommt Freude auf. Der Heilige Geist wird froh gestimmt sein über Tetzels Sinneswandel und dessen neues gottgefälliges Tun. –
Spargelzeit: Die Suppe vielleicht angerichtet mit Röstbrotwürfeln, Zuckerschoten, Pilzen, Salz, wenig Zucker, Butter, Mehl, Pfeffer und Zitronensaft. Ist die Spargelzeit vorbei, gibt's anderes Edelgemüse der Jahreszeit ...
... beispielsweise die vorzügliche Tomatensuppe. Diese könnte angereichert sein mit Tomatenmark, Zwiebel, kleinen Kartoffel- und Möhrchenwürfeln, Olivenöl und saurer Sahne, Gemüsebrühe, Honig, Basilikum und Oregano, mit Kräutern überstreut und mittels Ei-Schnee-Sahnehäubchen garniert oder ...
... im Herbste des Jahres die berühmte herzhafte Kürbissuppe, je nach Geschmacksvorlieben mit gebrochenen Sonnenblumenkernen, Würzpaste, Zwiebeln, Butter, Orangensaft und Zitrone, Curry, Pfeffer und Salz, mit Ingwer verfeinert. Garnierung mit Petersilie – Grün fürs Auge nicht zu vergessen, mag sie feingefrostet ruhig aus dem Kräutergarten des Vatikan kommen.
Diese prächtige, lebensdeftige Skulptur, wie auch weitere, gestaltete der Herr persönlich: Herr Guido Schenkendorf – aber nicht zeitgenössisch im Jahre 1517, sondern erst etwa 2017! Nach 500 Jahren in alter Frische.
Der Rohrteich (im Plan: B 5) liegt südwestlich der Altstadt. Man erreicht diesen vom Dammtor über den Fossato-di-Vico-Weg. Wir sehen von hier auf den Turm der Liebfrauenkirche. Fossato di Vico ist kein Ehrenbürger der Stadt, sondern der Name einer kleinen italienischen Ortschaft, die mit Jüterbog indirekt über Aßlar in Hessen im Partnerverbund steht. Bis zu diesen Freunden, den Fossatani in der Region Umbrien, Provinz Perugia, beträgt die Länge des Weges etwa 780 km. Der Ort hat derzeitig 2.738 Einwohner.
Mäuseturm (im Plan: C 5). Hier befinden wir uns in der Straße mit der Bezeichnung >Hinter der Mauer<. Gemeint ist: Kommt man von außen zur Stadt, dann liegt die Straße, liegen deren Häuser unmittelbar hinter der Stadtmauer. Die drei Wachtürme in dieser Straße stehen an der früheren Mauer; sie waren mit ihrer nach außen gewandten, der südlichen Seite, in die Stadtmauer eingebunden. Der Zutritt zum Mäuseturm (mit der jüngeren Treppe) ist in 5,00 m Höhe angeordnet und ebenso hoch ist die Stadtmauer. Einer wissenschaftlich begründeten Benennung des Bauwerks kam der Volksmund mit freundlicher Namensgebung zuvor.
Der Kohlhasenturm (im Plan: D 4). Rest eines Wacht- und Wehr- sowie Pulverturms. Die Dicke des Turm-Mauerwerks beträgt 120 cm. Dieser Turm hat soviel oder sowenig mit Kohl oder Hasen zu tun, wie der vorgenannte Turm mit Mäusen. Er wurde im Gedenken an Hans Kohlhase benannt, wie auch die Gasse, die auf den Turm zuführt. Über Hans Kohlhase werden wir später einen Lebensbericht lesen – aber vorher werden wir ihm schon kurz in der Gerichtslaube des Rathauses begegnen.
Anmerkung: Am Ende dieses Dokuments gibt es einen Link, der euch zu den Notizen über Hans Kohlhase führt.
Wacht- und Wehrturm >Hinter der Mauer< - Ecke - Schulstraße (im Plan: F 4) mit dem Gedenken an Wallenstein (Albrecht Wenzeslaus Eusebius v. Waldstein, 1583–1634). Er war ein Feldherr und Politiker, ein eher rücksichtslos hitzköpfiger Machtmensch mit dem großem ökonomischen Geschick Vorteile zu erkennen und zu nutzen. Er war Oberbefehlshaber der Kaiserlichen Armee des Kaisers Ferdinand in Wien – im Dreißigjährigen Kriege gegen die protestantischen Kräfte in Europa (zurück zum Katholizismus als Staatsreligion). Zeitweilig kämpfte er hierzulande mit General Tilly von der katholischen Vereinigung und auch im Krieg gegen Dänemark und Schweden. Er raubte Jüterbog mit den durchziehenden Truppen und ihrem Tross als Gefolge die Nahrungsgrundlage. Er ließ die Stadt verarmen, saugte die städtische Kasse und die Bevölkerung mittels Kriegssteuern aus (Steuer für den Erhalt der Armee / Sold für die Landsknechte). Er ließ als General auf dem Jüterboger Marktplatz einen Galgen errichten, der auch fleißig genutzt wurde. Letztendlich wurde er 1634 selbst von anderen kaisergetreuen Offizieren ermordet. Wir wollen also des Wallensteins gedenken – daher die Turmbenennung. Andere Leute meinen – es wäre wohl günstiger gewesen, wenn die Stadtmauer und die Wachttürme besser gegen ihn geschützt hätten.
Die katholische Sankt-Hedwigs-Kirche (Schulstraße - Ecke - Große Straße, im Plan: E 4) ist für Jüterboger Verhältnisse sehr jung. Der Bau im neogotischen Stil wurde zur Zeit des 410. Geburtstages des evangelischen Martin Luthers gebaut. – Im spätgotischen Wohnhaus soll sich der predigende Dominikanermönch Johann Tetzel um 1517 aufgehalten haben. Deshalb wird es gerne als Tetzelkapelle bezeichnet.
Das Mönchenkloster der Franziskaner mit der Mönchenkirche (im Plan: C + D 3) wurde im Jahr 1480 angelegt und 1510 vollendet aber im Zuge der Reformation bereits ab 1540 als evangelische Pfarrkirche für die Stadtgemeinde genutzt. 1963 fand hierin der letzte Gottesdienst statt. Nach einiger Zeit des Leerstandes diente die Kirche als Lagerhalle. Zwei Jahrzehnte darauf wurde die Kirche saniert und später das gesamte Areal als kulturelles Zentrum gestaltet. – Ein sehr aufwändiges und sehr gut gelungenes Vorhaben.
In der ehemaligen Mönchenkirche fand die Bibliothek eine neue Heimstatt.
Auch die historische Kanzel wurde beibehalten, an deren Fuß man den kleinen Jüterboger Ziegenbock, das Wappentier, platzierte.
Zum früheren Klosterareal gehört auch dieser Bau, in dem die Familie des Kantors und Organisten Wilhelm Kempff, sen. lebte (dort, wo am Eingang das Schild steht). Zeitgenössisch war jedoch dieses rotbraune Klostergemäuer mit einem grünen Kleid von Efeu überwachsen). In diesem Haus wurde auch der später berühmte, weltbekannte und begnadete Pianist und Komponist Wilhelm Kempff, jun. als viertes Kind der Familie geboren – „ein großer Sohn der Stadt Jüterbog“ – aber nachdem er sein viertes Lebensjahr vollendet hatte, zog die Familie mit der zweiten Tochter und zwei kleinen Söhnen nach Potsdam. Deshalb sollte durchaus auch das Jüterboger Wirken der Erwachsenen geehrt werden, die ein wenig länger hier wohnten und wirkten.
Anmerkung: Am Ende dieses Dokuments gibt es einen Link, der zu den Notizen über die Familie Kempff führt.
Ein Blick über den Kloster-Kräutergarten zum Haus mit der „Kempff-Wohnung“.
Das Areal des Mönchenklosters blieb uns zum Glück erhalten! Hierin fanden eine bleibende Heimstatt: In der ehemaligen Mönchenkirche – die Bibliothek sowie der Theater- und Konzertsaal. Ferner die Stadtinformation, das Stadtarchiv und das Museum der Stadt Jüterbog.
Es ist das zweitälteste und wohl schönste alte Rathaus auf dem Gebiet des heutigen Landes Brandenburg (im Plan: D 3).
Es konnte an dieser Stelle vorerst ein Handelshaus entstehen, als der Erzbischof Erich von Magdeburg als weltlicher und religiöser Herrscher in den Bauwunsch einwilligte und auch den Grund und Boden schenkend hergab.
Der Baugrund galt indessen durchaus nicht als unberührtes Neuland, denn auf diesem Platz stand vorher ein Hospital, eine Hilfestätte und Herberge für Arme, Kranke, Alte und anderweitig Bedürftige. Dort stand früher auch ein Turm, den man in das entstehende Bauwerk des Handelshauses einbezog. Rechts im Bild tritt das Turmoberteil mit der damals neu angepassten Turmhaube aus dem Dach des heutigen Rathauses heraus.
Nach dem >Ja und Amen< des Erzbischofs wurde das Bestehen dieses neuen Gebäudes erstmals im Jahre 1285 dokumentiert. Besonders die Gilde der Tuchmacher war in dem Gebäude stark vertreten. Sie boten hier ihre Waren feil. Das städtische Ordnungsbestreben erforderte später eine Anzahl von Verwaltungsräumen, so dass man 1493 begann, links ein Ratsgebäude anzusetzen, dass wohl Ende 1506 fertig wurde. Erst im Spätmittelalter erhielt es also seine heute sichtbare Form und ließ für das freundliche Betrachten seitens des Laien das Ensemble zu einer optischen Einheit verschmelzen. In diesem Gebäude fanden im Fürstenzimmer zwischen 1350 und 1625, häufiger - etwa 100 - „Fürstentage“, länger währende Tagungen statt. Weltliche Politik, Diskussion zu Erbfolgen, das Beilegen von Grenzunstimmigkeiten, Kirchenangelegenheiten und viele weitere Punkte füllten die Programme der Tagesordnungen. Der Tagungsraum verfügt über ein Deckengewölbe, getragen von einer gewundenen, also spiralförmigen Sandsteinsäule, ferner Wandmalereien und handwerklich aufwendig gefertigte Türen. Von diesem Raum aus beeinflusste auch später (1626) im Dreißigjährigen Krieg der Heerführer Wallenstein die Geschicke der Stadt und des Landes. Im Jahre 1756 marschierte der kleinwüchsige Preußische König Friedrich II., genannt „Der Große“ mit Truppen in Jüterbog ein und wir müssen feststellen: Hier im Fürstenzimmer des Rathauses Jüterbog begann der Siebenjährige Krieg – völlig ohne Schuld der Jüterboger Ratsherren.
In der dem Rathaus zwischen 1477 und 1481 vorgesetzten und im Erdgeschoss offenen Laube wurde Gericht gehalten – bitte viel frischen Wind in die Juristerei und kürzere Verhandlungen bei längerer Kühle. Erst 1493 wurde der Gerichtslaube ein oberes Stockwerk aufgesetzt.
Es ist gewiss! Die Jüterboger Gerichtsstätte birgt einiges an Ähnlichkeit mit der Gerichtslaube, die im Park Babelsberg steht, weist aber auch Unterschiede auf.
Anmerkung: Am Ende dieses Dokuments gibt es einen Link, der euch zu den Notizen über die Gerichtslaube in Babelsberg und die sie umgebende Parkanlage führt.
Hier, in der Jüterboger Gerichtslaube wurde 1534 auch die Sache des Hans Kohlhase verhandelt. Damit hatte es folgendes auf sich: Hans Kohlhase war ein angesehener Kaufmann und Rosshändler in Berlin und Cölln an der Spree. Ihm waren auf einer Geschäftsreise zur Messe nach Leipzig von den Bediensteten des sächsischen „Edelmannes“ v. Zaschwitz seine beiden prächtigen Pferde geraubt und die Kutsche beschlagnahmt worden. Auf sein fest aber artig vorgetragenes Rückgabe- und Wiedergutmachungsansinnen wurde er vom Edelmann lediglich verlacht. Seine treuen Tiere konnte er später noch einmal sehen, wobei ihm das Herz schier brechen wollte – krank, abgemagert, mit glanzlosem Fell. Ein Unbeteiligter hätte sie herzlos als Schindmähren bezeichnet – ein trauriger Abschied. Kohlhase wandte sich mit einer Klage an das zuständige Gericht. In Jüterbog, verhandelt in eben dieser Gerichtslaube, erreichte er eine Entscheidung zu seinen Gunsten über 600 Gulden Schadenersatz, für die ihn in Sachsen geraubten Pferde und für erlittene Schmach und Ehrverletzungen. Er wurde ferner von der frei erfundenen, verleumderischen Beschuldigung, einen Brand in Wittenberg gelegt zu haben, freigesprochen. Über das Urteil des Gerichts für diese Ausgleichszahlung und den Freispruch war der sächsische Fürst derart erbost, dass er den bürgerlichen Gerichtsbeschluss nicht akzeptierte, diesen verwarf. So hatte Hans Kohlhase zwar recht bekommen aber es war ihm letztendlich keine Gerechtigkeit widerfahren. So begann er Selbstjustiz auszuüben, wurde zum Freibeuter. Ein Rächer der Armen, Rechtlosen und Entehrten. –
Anmerkung: Am Ende dieses Dokuments gibt es einen Link, der euch zu weiteren Notizen über das Leben des Hans Kohlhase führt.
So stellte der hervorragende Bildhauer Guido Schenkendorf vorerst sich und später auch uns den kühnen Mittdreißiger Hans Kohlhase vor. –
M e i n unmaßgebliches geistiges Auge sah ihn bisher so, wie er gertenschlank, als wilder vorwitziger Gesell', als ein märkischer Robin Hood, ein Rächer der Entrechteten, im Musketier-Wams, die Feder keck am Hut tragend, links die Zügel, rechts den Degen, auf seinen feurigen Rossen durch die Wälder, durch die Auen streifte – nach Beute Ausschau haltend.
Die Ausmalung der Gewölbedecke der Gerichtslaube ist nicht ganz so historisch. Malkünstler brachten sie 1928 auf. Sie zeigen das Stadtwappen mit dem lustig springenden Ziegenbock, den roten Brandenburgischen Adler, den schwarzen Preußischen Adler und auch das Kurfürstlich-Sächsische Rautenwappen.
Die benachbarte Deckenausmalung zeigt uns die Wappen bedeutender Gewerke in der Stadt.
Eine kulturhistorisch wertvolle Metall-Tür mit alter wiederentdeckter Wandmalerei, am Treppenaufgang im 2. Obergeschoss des Rathauses.
Nah bei der soeben gezeigten Tür hängt in Raummitte das Jüterboger Wappen von der Decke herab.
Damit es ihm droben nicht zu einsam ist ...
An der nordöstlichen Ecke des Rathauses installierte man einen Heiligen Mauritius, dessen Name auf die Mauren zurückgeht. Die Skulptur (Original im Museum) stiftete der Magdeburger Erzbischof Ernst im Jahre 1507 zum Abschluss des Rathausbaus bzw. zu dessen Einweihung. Mauritius war ein Heerführer, der aber wegen seines christlichen Glaubens verfolgt wurde und den Märtyrertod erleiden musste. Er galt als der Schutzpatron des Erzbistums Magdeburg und er wurde auch als Schutzpatron für die Stadt gewählt.
Unter der Skulptur sehen wir das Familienwappen des Erzbischofs Ernst von Magdeburg – im Bild aber nicht erkennbar. Die Jüterboger Bürger ehren den Mauritius kurz mit „Moritz“. Das ist wohl zulässig – aber eine berühmte „blaue Moritz-Briefmarke“ ist im Katalog der Sammler nicht erwähnt.
Der Schmied und sein Gasthaus in Jüterbog, am Markt 12.
Anmerkung: Am Ende dieses Dokuments gibt es einen Link, der euch zur Sage über den wackeren Schmiedemeister von Jüterbog führt, die ich euch dort erzähle – so braucht ihr diese nur noch lesen.
Während der Inflationszeit anfangs der 1920-er Jahre, brachte die Stadt Jüterbog statt der zu knappen Lebensmittel Notgeldscheine auf den Markt. Auch auf jenen ist lebhaft abgebildet, wie es dem Teufel damals in der Schmiede erging.
„Das ist doch Anna, die Sparsame“, weiß wohl fast jedes Jüterboger Kind das Abbild dieser jungen Bäuerin in ihrem typischen Gewand des Flämings zu benennen (im Plan: D 4). Sie gilt als sympathische Werbeträgerin für die um 1910 eingerichtete Sparkasse. Anna erinnert die Jüterboger Einwohner freundlich an die Zweckmäßigkeit des Sparens. Lautete ein Spruch bereits vor dem Ersten Weltkrieg: „Spare in der Zeit, so hast du in der Not“ (und jene ließ ja wie wir wissen auch nicht lange auf sich warten), wandelte man hier diesen Spruch bald nach dem Zweiten Weltkrieg um in: „Sparen hilft dem Aufbau – Sparen hilft auch dir“.
Titel: „Kalksteinplastik einer Bäuerin“. Entstehung: 1910. Markt - Ecke Große Straße. Tafel mit ausführlicher Informationen unter der Skulptur. Der Künstler, der die Skulptur schuf, ist leider nicht erwähnt.
Die kurze Töpfergasse, in der früher diese Handwerker angesiedelt waren (im Plan: D 4)
Die Töpfergasse, gleich hinter dem Rathaus, heute.
Hinter dem Rathaus, im ruhigen grünen Winkel an der Töpfergasse, kurz vor der „Große Straße“, finden wir eine gemauerte Stele als Tragsäule viereckigen Querschnitts mit mehreren Relieftafeln, die uns unter anderem das quirlige Markttreiben in der Stadt zeigen. Das Kunstwerk wurde von Karl-Heinz Sernow und Eckerhard Tersch entworfen und der als Bildnisträger gemauerte Pfeilerkörper später von der Langenlipsdorfer Fläming-Bau-GmbH saniert. So etwa können wir es lesen.
Markt. (im Plan: D 4). Ein vorbildlich saniertes Gebäude ...
... und schon sehen wir die Fassade des gleichen Gebäudes von dessen Längsseite in der Pferdestraße.
Zwischen den „neuen Altbauten“ duckt sich, scheinbar inzwischen etwas verschämt, das lehmbraune Uralthaus in der Pferdestraße 43. (im Plan: D 4)
Es könnte, von kundigem Kopf und mit sorgsamer Hand bearbeitet, zu einer höchsten Zierde des Straßenzuges, zu einem „Schmuckkästchen“ werden – so wie seine Nachbarn in neuem Glanz erscheinen. Ich hörte, dass verschiedene Objekte in der Stadt sehr auf kenntnisreiche Erwerber warten. So einiges an ausgezeichnetem Potenzial ist wohl im Kern vorhanden! Lassen wir also etwas Zeit vergehen, um dann schöne Vergleichsfotos von „alt“ und „neu“ gegenüberzustellen.
Bereits ab 1355 war der wohlhabende Ort Jüterbog wegen seiner besonderen Verkehrslage als günstiger Treffpunkt zu Absprachen und Verhandlungen von Fürsten aus den umliegenden Gebieten erkoren. Die Fürstentage, diese Fürstentagungen zu politischen, wirtschaftlichen wie religiösen Themenkreisen, fanden also des Öfteren im Fürstenzimmer des Jüterboger Rathauses statt (heute das fürstliche Arbeitszimmer des Bürgermeisters) aber auch das Kloster Zinna bot ausreichend Platz und den kulturellen Rahmen dafür. Die Fürsten tagten dabei mitunter mehrere Wochen am Ort. Die weiten Reisen mussten sich lohnen. Zu besprechen gab es viele, darunter auch ungeheure Wichtigkeiten. Als sehr bekannt nach heutiger Erinnerung und den damaligen Aufzeichnungen war der Fürstentag des Jahres 1611, zu dem 24 Herrscher mit einem Tross, von Beratern (Räten) und Schreibern eintrafen, die sich innerhalb der Mauern der Stadt vom 01. Februar bis zum 21. März gern aufhielten. Natürlich tagten sie nicht nur, sondern nächtigten auch hier. Deshalb war die entsprechende Anzahl ansprechender Beköstigungsstellen erforderlich. Zwölf Gasthöfe boten zu jener Zeit Speis und Trank. Selbstverständlich gab es gediegene Beherbergungsstätten. Zu jenen gehörten unter anderen Häusern der damalige „Gasthof zu den sieben Kurfürsten“, Markt Numero 5. Das Vorgänger-Gebäude (?) in der Pferdestraße 41 (im Plan: D 4), dessen Plakette die fürstlich güldenen gekreuzten Schwerter zeigt – und die grüne Raute der sächsischen Fürstenkrone – gehörte auch dazu. Eine bleibende Erinnerung.
Zu den erlesenen Gasthöfen mit exklusiver Beherbergung gehörte ebenso der „Gasthof zum Mohren“ in der Zinnaer Straße (heute Nr. 23 / 24, im Plan: E 3). Das Bauwerk ist das einzige Gaststätten- bzw. Wohngebäude in der Stadt Jüterbog, das vor dem Dreißigjährigen Krieg errichtet wurde und noch heute erhalten ist.
Das Gebäude in der Zinnaer Straße 23 / 24 in der Hofansicht. Hierin speisten und ruhten bereits im Jahre 1611 Herrscher und hohe Bedienstete zahlreicher Fürstenhöfe als Gäste – allein, deren Karossen sahen damals etwas anders aus.
Das Zinnaer Tor (im Plan: E 2). Dieses hat von allen drei Stadttoren das einzig erhalten gebliebene Innentor. Dafür fehlt das Außentor. Komplett ist also keine der Stadttor-Anlagen mehr.
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Die Schlosserei Wünschmann, kurz vor dem Zinnaer Tor.
Vor dem Zinnaer Tor befand sich die Gertraudenkapelle, an der, wie wir lasen, der erste evangelische Prediger Schneidewein im Jahre 1529 von Kurfürstlich-brandenburgischen Reitern auf Nimmerwiedersehen entführt wurde.
Die Straße geradeaus führt uns gen Kloster Zinna und darüber hinaus über Luckenwalde in Richtung Berlin. Im Vordergrund des Bildes zweigt nach rechts die Straße namens >Oberhag< ab. Der Name bedeutet (auf eingenordeter Karte) die obere = nördliche einfriedende Begrenzung der alten Stadt ... abgesehen davon, dass diese Straße, topografisch gesehen, auch noch etwas höher liegt, als der >Südhag<.
Kehren wir nach diesem kurzen Abstecher aus der Zinnaer Vorstadt (im Plan: F 2 + 3) wieder zurück, so zeigt sich diese Stadtteilansicht, dominiert von der Nikolaikirche, dem Wahrzeichen der Stadt.
Nun haben wir die äußere Ansicht auf das innere Zinnaer Tor vor uns. Der äußere nicht mehr vorhandene Teil dieser Stadttor-Anlage erstreckte sich bis weit in den Vordergrund des Bildes.
In der Nikolaikirchstraße (im Plan: E 3). In der kleinteiligen Bebauung und deren geschickter Erhaltung spiegelt sich der Fleiß der Bürger wider. Diese Straße trug vor Zeiten den Namen Mittelstraße. Weitaus früher jedoch die Bezeichnung >Enge Gasse< – obwohl es bedeutend schmalere Steige gibt – denken wir nur an die Kleine Kirchstraße, die Töpfergasse oder die Petersiliengasse. Auch die Kohlhasengasse ist nicht sehr breit.
Immer näher kommen wir auf unserem Wege der Nikolaikirche und dürfen uns über jedes ältere Haus freuen, an dem eine achtsame Verjüngungskur unter der Berücksichtigung denkmalpflegender Aspekte sehr gut gelang.
Vor der Nikolaikirche steht ein Rondell zur Erinnerung an die in den Kriegsjahren 1914–1918 als Soldaten gefallenen Söhne der Stadt Jüterbog (im Plan: F 3).
Mit der Einbeziehung der Liebfrauenkirche in die Klosteranlage >Zum Heiligen Kreuz< benötigte man für die Bevölkerung eine neue Stadtpfarrkirche – so wurde der Bau der Nikolaikirche beschlossen. Diese entstand auf dem Baugrund der früheren Katharinenkirche.
Der dreischiffige Sakralbau wurde in mehreren Bauabschnitten vom 13. bis ins 15. Jahrhundert errichtet. Nach Notizen in der Chronik soll sie bereits während des ersten Bauabschnitts ab 1307 genutzt worden sein.
Wir sehen hier die ungleichen Türme der Nikolaikirche mit der Aussichtsplattform und dem Dach des vorgelagerten Kirchenschiffs. Die Firsthöhe allein des Daches beträgt 18 Meter.
Die ursprüngliche Turmspitze des Nordturms (rechts) wurde 1476 als Holzkonstruktion mit Ziegeldeckung ausgeführt. Diese Spitze wurde im Jahre 1562 in einem schweren Gewittersturm beschädigt und stürzte zur Erde. Der Wiederaufbau in geänderter Form, als ein achteckiger Barockaufbau, erhielt in 46 m Höhe die kleine Wohnung für den Türmer, der dort, ausgestattet mit Schwenkfahne, Horn und Laterne, seinen Dienst als Wachposten versah, um Brände oder feindliche Truppen zu erspähen und zu melden. Der Türmer war ein Beauftragter der Stadt, kein Kirchenbediensteter. Die Spitze des Turmes den wir links sehen, wurde in Sandstein ausgeführt.
Die Kirche weist sechs Glocken auf. Die größte, gegossen im Jahre 1495, hat eine Masse von etwa 5.000 Pfund (2.500 Kilogramm = 2,5 t).
In dieser Kirche predigte während der Zeit der Reformationsbestrebungen 1517 der Dominikanermönch Johann Tetzel und ab 1519 Franz Günther, als Lutheraner, im April / Mai 1519 kurzzeitig vertreten von Thomas Müntzer. Auch Dr. Martinus Luther soll hier mit starker fester Stimme und gut gewählten Worten gastweise aufgetreten sein, sagen Wissende.
Der Südturm, hier im Bild der linke Turm mit Spitze, kann von Besuchern bis zur Aussichtsplattform bestiegen werden. Hinauf führt eine enge steinerne Wendeltreppe ohne Handlauf (Vorsicht!), weiter oben fortgeführt mit einer eher bequemen Holztreppe.
Das Portal von Sankt Nikolai. Am Eingang werden wir vom mildtätigen Heiligen Nikolaus begrüßt (Der Nikolaus von Myra - ein Ort in der heutigen Türkei -, lebte von 270 bis zum 6. Dezember 343). Er wird auch bei uns besonders von Kindern am 6. Dezember erwartet und geehrt. Er gilt gleichermaßen als der Schutzpatron der Kaufleute, wie der Seefahrer und auch vieler Kirchen.
Die Nikolaikirche in der Kirche Sankt Nikolai. Das Holzmodell zeigt das Aussehen der Kirche um etwa 1500. Die Turmspitzen waren ursprünglich von gleichartiger Gestalt und die Fassaden mit Putz beschichtet. Das sorgfältig gebaute Modell entstand unter den sachkundigen Händen des kunstbegabten Tischlers André Popow, der aus Kasachstan zu uns kam.
Die Nikolaikirche ist ein dreischiffiger gotischer Bau, der in einer langen Bauzeit zwischen dem 13. und dem 15. Jahrhundert entstand. Das Kirchenschiff ist 57 m lang und beträgt 23 m in der Breite. – Der Hochaltar wurde im Jahre 1700 von Gottfried Pötsch aus Wittenberg gestaltet.
Die heute vorhandenen Kirchenbänke fertigte man im 18. Jahrhundert. Die Emporen tragen Bilder, bereits um 1585 gemalt. Diese wurden 1821 erneuert. Auf der linken Empore befindet sich die rein-weiße Magistratsloge, im Jahre 1709 eingebaut.
Die Kanzel wurde im Jahre 1608 angefertigt. Der Kanzelkorb ist mit den figürlichen Darstellungen der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes geschmückt.
Das turmartige filigrane Sakramentshaus diente dem Aufbewahren geweihter Hostien und wurde um 1480 gefertigt (eine andere Angabe bezieht sich auf das Jahr 1507). Es besteht aus hochkünstlerisch bearbeitetem Sandstein. Es erscheint in außergewöhnlicher Gestalt, da es von den verschiedenen Seiten etwas unterschiedliche Ansichten bietet. Das entspricht einer tiefen theologischen Absicht, einem Gleichnis: Christus, einerseits als Gott, unverletzbar, als Licht der Welt – aber andererseits als Mensch, der dem Willen anderer, bis zum Tod, ausgesetzt und unterlegen scheint.
Für den Taufstein begnügte man sich nicht mit einer eher flachen Schale für den Taufakt mit einigen Spritztropfen geweihten Wassers, nein, die Gründlichkeit schien es zu erfordern, das Kind so recht und ganzkörperlich zu taufen – tatsächlich im Sinne von tauchen. Dazu ist dieses Becken tief genug ausgearbeitet. Im Sommerhalbjahr verliefen wohl Taufen solcher Art recht glimpflich.
Zwei Bischofsfiguren, leider später Märtyrer und Heilige. Bei der linken Figur könnte es sich um den Heiligen Severus handeln. Beide Figuren könnten ursprünglich auf dem Altar der Tuchmacher gestanden haben, den es seit 1476 gab. Gefertigt wurden die Figuren um 1500 aus Lindenholz.
Die beiden Figuren stellen wahrscheinlich die Bischöfe und Kirchenlehrer Ambrosius und Augustinus dar. Geschnitzt um 1500 aus Lindenholz als Schmuck für den Altar der vier Kirchenlehrer.
Schnitzfiguren Heiliger des alten Flügelaltars. Man benennt sie gerne aber wohl mit leichter Unsicherheit (von links nach rechts) als Margarethe, Brigitte, mittig: Maria, dann Dorothea und Nikolaus (?)
Im Südanbau der Kirche befand sich im Erdgeschoss die frühere Marienkapelle. Heute dient der Raum als Ort für die Einkehr zu Ruhe und Besinnung und als Ausstellungsraum für einen Teil der Jahrhunderte alten sakralen Kulturschätze der Kirche.
Die malerische Auszierung der Gewölbedecke stellt eine Zweiteilung dar. Auf diesem Bild sehen wir die westliche Hälfte der Raumdecke, die im Jahre 1490 auf weißem Grunde hochkünstlerisch filigran gestaltet wurde. Wir erblicken Propheten des Alten Testaments: David – Weihnacht, Jonas – Ostern und Elias – er steht für die vor-pfingstliche Himmelfahrt (außerhalb des Bildausschnittes). Schließlich deutet der Stern auf dem mittigen Schluss-Stein, symbolisch auf Jesus Christus hin, als Ziel der Hoffnung und aller Liebe, als Zentrum der Wahrheit und Weisheit sowie als Mittelpunkt des Glaubens und der Welt.
Die Gewölbedecke auch der östlichen Hälfte des Raumes wurde bereits 1450 in reichem Schmuck ausgemalt. Auf grünem Grund – die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, die nach Angabe das Leben und die Botschaft Jesu Christi, Das Neue Testament, dokumentierten. Der Schluss-Stein zeigt das Symbol einer Rose, Maria zugedacht.
Die „kleine Schatzkiste“ misst 110 x 40 x 35 cm. Da mit dickem Blech beschlagen, ist sie – und hoffentlich auch der Inhalt – weitgehend vor Auswirkungen von Schadensfeuern geschützt.
Madonnenplastik. Maria, die zarte Schönheit mit dem Jesuskind auf ihrem Arm. Geschaffen um 1500 aus Lindenholz, ausgehöhlt und bemalt.
Maria hat mit göttlicher Liebe das gewaltwirkende Böse in der Welt bezwungen. Sie steht (auch im Bild sichtbar) sicher auf und über diesem. Nach der Geburt Jesu gilt sie als die Gottesmutter. Gekrönten Hauptes ist sie dargestellt. – Die das Gewand säumenden Edelsteine bezeichnen sie als Hort aller Tugenden, zu denen gehören: Glaube, umfassende Liebe, Hoffnung, Besonnenheit / Mäßigung, Geduld / Stärke, Gerechtigkeit, Sittlichkeit, Barmherzigkeit / Mildtätigkeit, Demut, ... Wohlwollen / Großzügigkeit, Tapferkeit / Mut sowie auch Fleiß / Zielstrebigkeit – die jeder Mensch anstreben und dabei erfolgreich sein soll.
Das blattgoldbeschichtete Hochzeitsgestühl in der Nikolaikirche. Es war gang und gäbe, dass sich auf diese beiden Stühle die miteinander Verlobten, gleichsam als ein Brautpaar, niedersetzten und sich nach der Spende des Ehe-Sakraments, als Getraute – als Ehepaar – wieder von den Sitzen erhoben. So wurde es erwartet und so geschah es auch zumeist.
Menschliche Seelen, teilweise noch körperlich erkennbar, im Fegefeuer der Hölle, dem hier freundlich die Funktion einer Reinigung von Sünde und Sittenlosigkeit zugemessen wird. Die Seelen warten bittend auf Erlösung aus der Hölle und das Aufsteigen-dürfen in himmlische Sphären. – Dieses Bild gehört zum so genannten Cranach-Altar des berühmten Wittenberger Meisters Lukas Cranach dem Älteren, aus der Entstehungszeit um 1518.
Das Bild weist größere Beschädigungen auf, hauptsächlich Farbschichten-Abblätterungen. Zustand im Sommer des Jahres 2022.
Die Skulptur trägt die Bezeichnung „Christus auf der Rast“. Sie stellt Jesus Christus kurz vor der Hinrichtung am Kreuz dar. So sah es der Künstler und wohl auch sein Auftraggeber. Nach 1500 aus dem schwer zu bearbeitenden Hartholz der Eiche geschaffen.
Die Körperhaltung könnte für manch' weitere Situationen im Leben gelten. Dem Autor kam als erster Gedanke: „Jesus Christus denkt über die stets aktuelle Sündenlast der Menschheit nach“.
Im Jahr 1700 hatte der Superintendent Valentin Ernst Löscher die Fertigung des Altars in Auftrag gegeben. Wahrscheinlich wurde das Thema des Bildes von ihm gewählt und auch die malerische Gestaltung lenkend beeinflusst.
Das Bild des Hochaltars stellt den Tempel in Jerusalem dar. Es steht geschrieben, dass im Moment des Ablebens Jesu Christi der Vorhang vor dem Allerheiligsten zerriss – in dem Augenblick, als sich die Prophezeiung erfüllte, dass Christus die Last der Sünden der Menschen auf sich nahm und, stellvertretend für alle, den frühen Tod erleidet. – Damit war für die Menschen der Weg frei, sich mit Sorgen, Nöten und Freuden – mit Bitte und Dank, sich mit ihren Sinnen direkt an Gott zu wenden – ohne trennenden Vorhang, ohne vermittelndes Tun oder auch Einschreiten des Hohepriesters, der Schriftgelehrten oder anderer kirchlicher Würdenträger.
Christus im Grabe< (hier eine Teilansicht der Skulptur) wurde von einem Künstler am Anfang des 15. Jahrhunderts aus Lindenholz erschaffen.
Zuverlässiges Wissen um die Verwendungen der Truhe in rückliegenden Jahrhunderten ist verloren gegangen. Es wird für möglich gehalten, dass diese bei Passions-Prozessionen dazu diente, die Holz-Skulptur des Jesus Christus zur Zeit der Grablegung aufzunehmen.
Eventuell diente die lange Kiste der Aufbewahrung von Messgewändern und / oder der Geräte für die priesterlichen Handlungen, beispielsweise für das Abendmahl.
Gern nennt der Volksmund diese Truhe „Tetzelkasten“, als eine der vielen Kästen oder Kassen des fleißig den Ablasshandel betreibenden Dominikanermönchen Johann Tetzel, doch als Reisekasse scheint dem Laien diese Kiste eher ungeeignet. Die Truhe stand auch bereits bedeutend lange vor Tetzels Lebzeiten hier. Tetzel versprach im Namen von Papst und Erzbischof auch hier in der Nikolaikirche im Jahre 1517 dem sündigen Menschen das spätere Seelenheil, die Errettung vor oder aus dem höllischen, schmerzhaften aber auch reinigenden Fegefeuer und den Aufstieg der Menschen-Seele in himmlische Gefilde, wenn – ja, wenn der Mensch eine gewisse Ablösegebühr in klingender Münze zahlt. So war das damals – Freikauf von Strafe, statt Einsicht und Buße, statt anstrengender guter Taten – und das zahlte sich auch mit großen Erfolgen aus – also für die Kirche und im Leben des Tetzels sowie weiterer Ablassprediger.
Nicht auszuschließen ist, dass man in der Kiste auch mal das Ergebnis von Kollektesammlungen für gute Zwecke oder tatsächlich auch vorgenannte Handelseinnahmen zwischengelagert und sicher eingeschlossen hat. Die Truhe ist reich an Metallbeschlägen und enthält neben dem Zentralschloss zwei weitere Überwurf-Zuhaltungen an Scharnierbändern für Vorhängeschlösser. Der Korpus wurde um das Jahr 1250 aus einem Stück, dem Einbaum, gefertigt.
Die Eiche als Bau(m)material wurde um 1249 gefällt, weist ein dendrologisches Gutachten zur Altersbestimmung aus. Diese Kiste ist das älteste Stück aus dem Schätzevorrat dieser Kirche. Die Kistenmaße: 250 cm lang, 65 cm breit, 50 cm hoch. Es reizt den Autor als Betrachter, dem weiterhin sehr erhaltenswerten Stück eine restauratorisch-sorgsame Pflege zukommen zu lassen. Ebenso täte dem Schmuckläufer, falls er denn als unerlässlich erscheint, ein gründlich-mild tauchendes Behandeln sicher gut – nicht immer muss ja für ein solches Vorhaben sogleich ein reinigendes Fegefeuer entfacht werden. Erfreulich soll der Zustand allen erscheinen.
Der Schrank ist eine Tischlerarbeit um das Jahr 1500, ist also heute schon bedeutend älter als 500 Jahre. Die Schranktür zeigt eine sehr alte und somit vielleicht die früheste erhaltene Darstellung des Wappentieres der Stadt: Ein lustig springendes Ziegenböcklein in einer Umrandung von der Linienführung eines Wappenschildes. Der Schrank diente wohl der Aufbewahrung von Geräten für die kirchlichen Handlungen am Tuchmacheraltar. (Es gab zu jener Zeit etwa 30 Nebenaltäre für jeweils bestimmte Bevölkerungs- und Berufsgruppen.) Eventuell wurden auch ausgewählte Textilproben und Bücher, darunter möglicherweise durchaus Geschäftsunterlagen der Gilde gelagert, weil sie hier in einem Brandfall sicherer lagerten, als im Handelshaus oder auch in Wohngebäuden. Die Tuchmacher der Stadt bildeten in der Personenanzahl und vom Ansehen her die bedeutendste der Gilden.
Zu weitläufigen Vorfahren aus dem Familienverband des Autors und dem mit ihm verwandschaftlich verbundenen Ahnenforschungskundigen Dr. Hartwig Schulze, gehören zu dieser Branche beispielsweise:
- Paul Grauert (um 1620–1695), Meister des Tuchmachergewerks, Stadtrat (Rathsverwandter) und Kirchenvorsteher von Sankt Nikolai. Er wohnte mit seiner Familie >Vor dem Zinnaer Thore<. Zu Paul Grauerts Kindern gehörten unter anderen auch
- Thomas Grauert (1652–1726), der allerdings ein Magister wurde, ein Pfarrer, der in mehreren Orten wohnte und predigte. Seine letzte Pfarrstelle hatte er in den Jahren 1692–1717 in Werder bei Jüterbog inne. Verheiratet war er mit Maria Sophie Curio. Dessen jüngerer Bruder:
- Johann Georg Grauert (1654–1729) wurde Tuchmacher und Gewandschneider. –
- Johann Niendorf (um 1649–1721) lebte als Tuchmacher-Meister mit seiner Familie in der >Enge Gasse< (heute Nikolaikirchstraße) und dessen Sohn ...
- Tobias Niendorf (1682–1721) war ebenfalls Tuchmacher-Meister und Gewandschneider sowie Gerichtsassessor. Dieser ehelichte ein Grauert-Mädchen, ebenso wie der
- Johann Christoph Schüttauf (1696–1762), der als Jüterboger Bürger das Schwarzfärberhandwerk für die weitere Bearbeitung der freundlichen Farbgebung für Textilien ausübte.
... und so setzte sich die Familientradition in der Textilherstellung und Weiterverarbeitung in den Tuchmacher-, Tuch-Färber und Gewandschneider-Gewerken über Generationen, also seit vor 400 Jahren, fort. In jüngeren Zeiten werden dann endlich auch regelmäßig die Namen der Ehefrauen in den Aufzeichnungen erwähnt und jene gleichsam unbeabsichtigt gewürdigt. – Was wir erwähnen wollten: die meisten dieser Textilhandwerker-Vorfahren hatten direkt, manche indirekt, mit der Nutzung des hier gezeigten Tuchmacher-Schranks in der Nikolaikirche zu tun ... und mir als einem diesem Objekt „recht nahestehenden Betrachter“ sagt meine leise innere Stimme wieder laut und deutlich vernehmbar, wie vortrefflich es wäre, dem kulturhistorisch so wertvollen Stück eine achtsame Pflegemaßnahme zu seiner Erhaltung und völlig wiederkehrenden Schönheit angedeihen zu lassen.
Das Orgelprospekt baute Joachim Wagner aus Berlin, kurz nach seiner Fertigung der Orgel für die Liebfrauenkirche. Die Bauzeit für das Orgelwerk für St. Nikolai lag zwischen 1737 und 1741. Die neueste / jüngste Überarbeitung der Orgel besorgte 1908 Wilhelm Rühlmann aus Zörbig. Das Instrument blieb dabei im alten Prospekt-Gewand.
Das Innere der Spitze des Südturms. Die Spitze wurde aus Pirnaer Elbsandstein gefertigt. Die Tür ermöglicht den Austritt auf die Aussichtsplattform in 46 m Höhe.
Hier ein Blick senkrecht nach oben in die Sandstein-Spitze desselben Turms.
Von der Aussichtsplattform schaut der Betrachter in Richtung Westen. Links sehen wir die >Große Straße< mit ihrer Verlängerung, der >Pferdestraße<. An deren Ende der Heilig-Geist-Platz, etwas rechts davon einer der Türme des Dammtores. Am Ende des Stadtgebietes, etwa mittig, der dunkle Spitzturm der Liebfrauenkirche.
Der rechte Straßenzug ist die Nikolaikirchstraße (früher Mittelstraße, in noch früherer Zeit als >Enge Gasse< benannt). Diese Straße führt zum Marktplatz auf das Rathaus zu. Weiter nach rechts hinten das Kulturquartier (Mönchenkirche und Klosteranlage).
Ein völlig anderes Bild auf die westliche Hälfte der Altstadt, aus südlicher Richtung gesehen. Ganz links das Rathaus, mittig die Dammtoranlage, weiter rechts der Mäuseturm. Rechts am Rande ragt aus den grünen Baumwipfeln der Turm der Liebfrauenkirche.
Von fast jeder Stelle des Altstadtgebietes können wir das Wahrzeichen sehen, das uns stets daran erinnert, dass wir uns in Jüterbog aufhalten. (Im Plan: F 4, Große Straße)
Das Kloster der Zisterzienser-Mönche in Zinna wurde 1170 gegründet. Die Jüterboger Stadtanlage „Abtshof“ (in der heutigen Straße >Planeberg<, im Plan: F 3), wurde um 1480 als Stadt-Aufenthaltsort für den Vorsteher des Kloster Zinna angelegt. Auch diesem sehr gut erhaltenen Gebäude sieht man sein Alter wahrlich nicht an. Es stellt den bedeutendsten der noch bestehenden Klosterhöfe auf dem Gebiet des heutigen Landes Brandenburg dar. Dem Kloster Zinna gehörten ausgedehnte Besitzungen nördlich des Ortes, ferner bei Gommern vor den Toren der Stadt Magdeburg, in Strausberg bei Berlin und anderen Orts – ein Ausdruck für den Reichtum und die sich ausweitende Einflusssphäre des Klosters Zinna.
Während der kirchlichen Reformationsbestrebungen wurde das Kloster Zinna, auch wegen seiner Nähe zu Wittenberg, recht früh in seinen theologischen Grundfesten erschüttert. Mehrmals wechselte der Erzbischof von Magdeburg Äbte aus, die der neuen Lehre zuneigten oder sich aber als zu schwach und ungeeignet erwiesen, um als geistliche Hirten die menschlichen Schafe sicher durch dieses die Ruhe gefährdende „Wildwasser“ zu führen.
Letzthin setzten sich, wie wir wissen, die Gedanken der Reformation durch. 1553 wurde das Kloster Zinna aufgelöst und dessen Güter in den Besitz des Landesherrn überführt.
Nun steht der Abtshof in Jüterbog langzeitig leer und wartet auf eine sinnvolle Nutzung.
Dem Abtshof gegenüber steht eines der altehrwürdigen Bürgerhäuser, damals als Fachwerkbau gestaltet. An diesem Haus vorbei, geht es in die Kleine Kirchstraße (im Plan: F 3).
Der Blick unserer Augen schweift durch die Kleine Kirchstraße zu Sankt Nikolai, in dessen achteckigem barocken Turmaufsatz der wichtige Türmer seinen bescheidenen Raum bewohnte.
Aus der Pferdestraße kommend, schauen wir durch die Petersiliengasse zur Mönchenstraße. (Plan C 3 + 4). Noch gibt es ältere Bauten, die wohl seit langer Zeit darauf hoffen „eine zweite Chance“ mit sorgsam reparierter oder neuer Substanz zu bekommen – warten auf handwerklich geschickte Erwerber, die sich später in den Räumen heimisch und wohl fühlen können.
Zu einfachen Menschen, wie zum Beispiel den Nachtwächtern, sah ich in der Stadt keine Gemälde oder gar Schnitzfiguren. Hier aber sehen wir die prinzipielle Ausstattung eines Mannes mit einer derart wichtigen Tätigkeit ...
... und das sind weitere Varianten der üblichen „Arbeitsmittel“, die gleichsam den Berufsstand anzeigen.
Wir sehen die Sankt-Nikolai-Kirche vom Südhag aus (im Plan: F 5). Der Südhag liegt von der Innenstadt aus betrachtet weit hinter der Mauer, liegt außerhalb der Altstadt. Der Südhag wird von Gärten gesäumt, die auch mal mit feuchten Schilf- und Rohrzonen wechseln. Streckenweise gedeihen Brombeerhecken am Wegesrand.
Ist es in baumärmeren Straßenzügen der Stadt zu sommerlich heiß und trocken, – im Südhag findet der erholungssuchende Mensch ein angenehmes Klima.
Die >Große Straße< (Bundesstraße 102) mit unserem Augen-Blick nach Osten zum Neumarkt-Tor. Dort steht ein Turm, ebenfalls in früheren Zeiten zur Toranlage gehörend. Der Volksmund nennt diesen den >Eierturm< (im Plan: G 4). Diese Bezeichnung, die uns an frohes Hühnergackern oder auch an das Osterfest denken lässt, bezieht sich aber darauf, dass der Turmgrundriss der Querschnitt nicht kreisrund ist, sondern eine ellipsoide Linienführung aufweist.
Das Neumarkt-Tor galt nicht als Haupttor. Jene Reisenden passierten es, die es in Richtung Baruth oder Dahme, wie auch gen Herzberg zog – oder Leute durchschritten es, die von dort kamen und gern nach Jüterbog hinein wollten.
Die vergessene Straße unter der Straße (im Plan: F 4).
Seit Jahren galt die >Große Straße< als sanierungsbedürftig. Nun war es soweit – im Jahr 2017 konnten die aufwendigen Tiefbauarbeiten beginnen. Bald schon nach dem Aufnehmen des Fahrbahnbelags auf dem wir seit Jahren fuhren, unsere Eltern jahrzehntelang schritten, unsere Großeltern und deren Vorfahren gingen, stoßen die Bauarbeiter auf Holz. Auf viel Holz. Wie sich zeigte, wurde unter der Straße ein Sträßlein freigelegt, ein Holzbohlenweg, von dem niemand mehr Kenntnis hatte. Die sonst normalen Tiefbauarbeiten wuchsen sich hier zu einer spannenden Geschichte aus.
Die Stadt Jüterbog war in früheren Zeiten wie wir wissen, gut mit der Stadtmauer und den Toren gesichert. Einen weiteren Schutz vor feindlichen Einfällen bildete die Lage der Stadt in einer Umgebung, die sich durch Niederungen mit Sumpfland auszeichnet. Doch auch innerhalb der Stadt waren Wegstrecken oft feucht, insbesondere natürlich nach anhaltendem Regen. Für die Bewohner wurde es schwierig, manche Wege trockenen Fußes zu durchmessen. Zu schwer in jedem Fall für die Leute, die mit beladenen Handkarren aufgeweichte Strecken überwinden mussten. Auch die Räder der Pferdewagen oder schwerer Ochsengespanne versanken im Morast. Daher wäre ein moderner Bohlenweg zweckmäßig, eine wesentliche Erleichterung! Der Magdeburger Erzbischof Wichmann v. Seeburg hatte als kirchlicher und weltlicher Herrscher den weiteren Ausbau Jüterbogs sehr gefördert. Im Jahr 1174 hatte er dem Ort das Stadt- und Marktrecht sowie die Zollfreiheit verliehen – eine Wegebereitung für das Aufblühen der Stadt ... und just in diesem Zeitraum konnte auch der Bau dieses neuen Holzweges beginnen – zumindest auf einer sowohl besonders bedürftigen und auch wichtigen Wegstrecke.
Der Schichtenaufbau: Auf den fein planierten Untergrund schütteten unsere Altvorderen eine Schicht von Lese- und Bruchsteinen, eine kapillarunterbrechende Trockenschicht, die den Morast und die Holzbohlen in einem gebührenden Abstand voneinander hielt. Auf die Trockenschicht wurden tragende „Längsschienen“ aus Stämmen verlegt, von denen die beiden äußeren derart ausgeschnitten waren, dass sie sowohl als Auflager für einen querliegenden Belag aus etwa
10 cm dicken Bohlen von 340 cm Länge dienten, als auch ebenso als seitliche Begrenzung für jene Bohlen, dem Bestreben seitlichen Verrutschens zuverlässig entgegenwirkend. Oben auf diese querliegenden Tragbohlen als Lastverteilerschicht kamen dann nochmals Bohlen von etwa 540 cm Länge als Nutzschicht, als Lauf- und Fahrbahnoberfläche in Längsrichtung verlegt. (Letztgenannte sind im Foto und im Modell nicht dargestellt; denn ihr Zustand war gemäß Angabe zu sehr verrottet). Die Breite des komfortabel-trockenen Bohlenweges durch die Stadt hatte somit eine Breite von ungefähr 3,40 m. Die Wege-Konstruktion war in sich stabil aber ebenfalls flexibel und der Austausch desolater Hölzer ohne langzeitiges Unterbrechen der Straßennutzbarkeit leicht und schnell möglich. Als Baumaterial kam das Holz der Kiefer zur Verwendung. Die dendrologische Untersuchung der alten Bauteile ergab, dass die ältesten der Bäume um 1175, die jüngsten um das Jahr 1206 gefällt worden waren. Dieser ausgegrabene Bohlenweg hat also ein Alter von rund 820 bis 840 Jahren und gilt als ein wertvolles Zeugnis, zumindest als ein „Mosaikbaustein“ für die Geschichte des damaligen Lebens in der Stadt.
Archäologen und Bauarbeiter legten diese Reste auf etwa 60 m sorgfältig frei und dokumentierten die Ergebnisse. Das Material jedoch wurde zum größten Teil bald „entsorgt“, da aus Erfahrung zu befürchten war, dass diese Bauteile an der Luft ohnehin bald zerfallen würden.– Derartige Wegegestaltungen gab es im Mittelalter öfter. In der näheren Umgebung sind solche Bauten aus Baruth, Dahme und Zossen bekannt. Es gab wohl aber auch Varianten in der Konstruktion und der Materialwahl.
Quelle für Information, Baustellenfoto, Modell und Wandzeichnung: Öffentlich zu sehen im Rathaus Jüterbog. Dazu ein Informationsblatt des Landkreises Teltow-Fläming, Untere Denkmalschutzbehörde in der Kreisverwaltung, Am Nuthefließ 2, 14943 Luckenwalde.
Angabe für diese Grabung in Jüterbog: Große Straße mit Blick auf das Neumarkt-Stadttor am östlichen Ende der Altstadt, 2017.
Ein Modell des Bohlenweges wurde hier im Rathaus als Anschauungsobjekt aufgebaut.
Geradeaus geht es auf dem Bohlenweg durch die >Grosse Straße< zum Neumarkt-Tor. Außer dem rechts stehenden Eierturm erhalten wir einen Eindruck davon, wie das Innentor damals komplett ausgesehen haben mag. Aus Platzgründen wurde für das Modell eine Breite von
200 cm gestaltet. In der Wirklichkeit soll der Bohlenweg eine Breite von 340 cm gehabt haben. Gehen wir nach der technischen Beschreibung, fehlt hier noch die obenauf liegende Nutzschicht, die Geh- und Fahrbahnoberfläche, bestehend aus einer weiteren Lage von längs verlegten Bohlen. –
Geradeaus, rechts vor dem Neumarkttor, ja, durch die dunkelbraune Tür, schreiten Heiratswillige in das Eheschließungszimmer des Standesamtes. Vorsicht! In derartige Situationen kann jeder Harmlose leicht verwickelt werden, der nur mal nach Jüterbog reist, um hier ein paar uralte Bohlen zu betrachten.
Hier der Rest des Neumarkttores (im Plan: H 4). Wir sehen die Innenseite = Stadtseite des äußeren Tores, als Teil der früheren Gesamtanlage. Das mittelalterliche Tor war sicherheitshalber eng gehalten. Die Durchfahrt wurde wohl erst zwischen 1860 und 1865 auf
3,60 m erweitert, was aber für den im folgenden Jahrhundert stark zunehmenden Straßenverkehr nicht ausreichte. Seit etwa 1930 ist deshalb ein Fahrschlenker seitlich am Tor vorbei erforderlich.
Die liebe Jutta und ihr Ziegenbock schmücken das Neumarkttor.
Wahrscheinlich hätte Jutta gern ein vor Sonne und Regen, vor Eis wie Schnee beschirmtes Plätzchen innerhalb des Tores, auf dass sie uns, wieder gut gepflegt, sehr lange erhalten bliebe. Das würde wohl auch ihren Schöpfer recht herzlich erfreuen. Diesen Wunsch haben wohl auch andere hölzerne Kostbarkeiten in der Stadt. Der Hans Kohlhase, in der Gerichtslaube angesiedelt, hat dagegen eine bevorzugte Stelle erhalten.
Der Name dieses winzigen Bächleins ist die >Nuthe< (im Plan: H 3), dessen Quelle nicht weit von hier, zwischen Niedergörsdorf und Dennewitz, aus der Mutter-Erde entspringt.
Auf dieser „Blauen Straße“ sind es etwa 9½ Meilen zwischen Jüterbog und Potsdam bzw. Nowawes-Neuendorf (seit 1939 mit dem Ortsnamen Potsdam-Babelsberg), der Mündungsstelle der Nuthe in die Havel. Von der Quelle fließt das Wasser also hier durch Jüterbog, dann durch Luckenwalde und Woltersdorf. Von dort an nutzten bereits Lotschken (Kähne) und auch Holzflößer das Flüsschen. Dann fließt das Wasser durch Märtensmühle, zwischen Trebbin und Löwendorf hindurch, nimmt bei Gröben die Nieplitz auf, grüßt im gemächlichen Vorbeifließen die Dörfer Saarmund, Bergholz und Rehbrücke, um sich dann bei Babelsberg in die Potsdamer Havel einzumischen. Ein kleines Borkenschiffchen brauchte für diese Strecke etwa 64 Stunden der Zeit des Reisens, würde es unterwegs nicht aufgehalten.
Anmerkung des Autors: 1 preußische Meile = 7,42 km. 9 ½ Meilen: Etwa 70 km. Die Fließgeschwindigkeit der Nuthe beträgt bei ihrem geringem Gefälle: etwa 1.100 m in der Stunde. Die Länge der in früheren Zeiten stärker mäandernden Nuthe wurde durch mehrere Begradigungen verkürzt.
Ein Steinkreuz. Für einen Menschen zum Gedenken. Ein Kreuz für uns zum Nachdenken. Wir finden es in Neumarkt an der Hauptstraße, vor dem Friedhof mit Jakobikirche (am „Hexentanzplatz“). Das Kreuz als Mahnung, ein Kreuz zur Sühne und hoffentlich auch ein Kreuz der Reue für die verruchte Missetat mit tödlichem Ausgang.
Kehren wir nun von diesem Ort, der uns an die schrecklichen Abgründe menschlichen Tuns gemahnt, wieder zurück zur Jüterboger Altstadt. Wollen wir jedoch prüfen, ob das große Wahrzeichen noch an Ort und Stelle steht, ...
... treten wir wenige Schritte nach links, bevor wir wieder durch das Neumarkt-Tor schlüpfen
Jeder, der mit dem Auto in die Stadt hinein möchte, muss das Tor umfahren, (wobei er bitte strikt die zweite Wortsilbe betont).
Durch die Dammtor-Anlage verlassen wir den Kern der Stadt Jüterbog und die Türme neigen sich huldvoll grüßend vor uns. Nun wählen wir zum Abschluss, zum ruhigen Nachwirken der Eindrücke, eine besondere Wegstrecke.
Ist man etwas ermüdet von der Wanderung und stellen sich Durst und Appetit ein, wird man auch bei Erwin gut und phantastisch schnell versorgt – viele andere Gaststätten bieten ebenfalls ihre Dienste an. Jeder Geschmack wird etwas in der reichen Angebotspalette finden.
Schon wieder ein Gedenkstein, (im Plan C 1 + 2). Diesmal ein fröhlich Stimmender. Er erinnert an Professor Wilhelm Kempff jun., der hier in Jüterbog geboren wurde, an sein Klavier- und Orgelspiel, an seine Tonfolgen-Schöpfungen. Wir bewegen uns dabei auf dem Wilhelm-Kempff-Weg in Richtung Musikerviertel (das passt doch ganz ausgezeichnet) und letzthin wieder zum Bahnhof.
Anmerkung: Am Ende dieses Dokuments gibt es einen Link, einen Hinweis, der euch zu den Notizen über die Familien Kempff führt.
Der Wilhelm-Kempff-Weg (im Plan A - C 1) beginnt etwa als eine Verlängerung der Lessingstraße im Norden der Altstadt. Nach nur wenigen Schritten sind wir vom quirligen Straßenverkehr schon weit entfernt. Vor uns der Weg – längsten Teils eine vierreihige Lindenallee – reichlich 30 Fußminuten lang. In deren Mitte fließt die kleine Wasche, die in der Neumarkt-Vorstadt in die Nuthe mündet. Hier lässt es sich entspannt laufen. Den Wanderer umgibt Kühle, Frische und Lindenblütenduft. Es begleitet ihn Insektengesumm – wenn auch nicht in jeder Jahreszeit. Vorbei geht es am Schlosspark und am Musikerviertel. Spätestens an der letzten Grabenbrücke kann man vom Wilhelm-Kempff-Weg auf die linke Seite neben der Wasche wechseln und kommt kurz vor dem Bahnhof wieder auf die Hauptstraße.
Nochmals ein Schlenker zum Weiher des Schlossparks. Ständig wird ihm frisches Wasser zugeführt aber er läuft trotzdem nicht über, denn er hat einen natürlichen Abfluss zur Wasche. Dieses Gewässer bleibt in auffrischender Bewegung und eilt der Nuthe zu. Diese wiederum fließt in die Havel und jene in die Elbe ... und deshalb können sogar die Nordseefische im guten Jüterboger Wasser baden. Na ja, „verdünnt“, als Brack-Angebot. Noch besser wäre es, das Wasser bliebe in der Region, die Grundwasservorkommen aufzufüllen.
Wären wir schon etwas früher nach links in Richtung Hauptstraße abgebogen, so hätten wir im Musikerviertel eine größerer Anzahl gleichgestalteter Typenbauten gesehen, die einen sauberen, freundlichen Eindruck guter Wohnqualität vermitteln.
Nun schließt sich der Kreis – wir sind am Ausgangspunkt unseres ausgedehnten Spaziergangs durch Jüterbog angekommen.
Vor dem Start zu unserem Spaziergang hatte ich einige Gemeinsamkeiten der Städte Jüterbog und Potsdam erwähnt ... wie war das nun beispielsweise mit
- den sich ähnelnden Gerichtslauben,
- der Nuthe, die sowohl durch Jüterbog fließt, als auch in Potsdam „zu Hause“ ist,
- die Webersiedlungen in Kloster Zinna und in Nowawes (seit 1939: Potsdam-Babelsberg)
- Wilhelm Kempff, dem Großen Sohn der Stadt Jüterbog? Bisher wissen wir doch nur, dass er als ein eher kleiner Vierjähriger die Stadt verließ, um mit Eltern und Geschwistern nach Potsdam zu ziehen …
Na dann ... Auf Wiedersehen in Potsdam! Hierzu bitte einfach die ganz unten genannten Begriffe anklicken.
Als „Vorgeschmack“ die vergleichenden Bilder zu den Gerichtslauben, zur Nuthe, den Weberhäusern und zu einer Lebensregion des Hans Kohlhase:
Die Gerichtslauben
Zur bildlichen Erinnerung nochmals die Gerichtslaube als Vorbau des Jüterboger Rathauses.
Eine solche Gerichtslaube stand früher mit etwas anderem Aussehen am Berliner >Roten Rathaus<. Für diese, im Babelsberger Schlosspark stehende, wurde zwar das Material aus Berlin verwendet aber hier wurden noch nie schreckliche Gerichtsurteile gefällt, schon gar nicht vollstreckt. Die Laube gilt an diesem Ort nur als Schmuckstück! Die Berliner schenkten sie ihrem König Wilhelm I. im Jahre 1871 anlässlich dessen Krönung zum Deutschen Kaiser.
Das Babelsberger Nichtgerichtskleinod steht auf dem Lenné-Hügel. Von hier hat man gute Ausblicke – so auch auf den Flatow-Turm.
Wer mehr über den Babelsberger Park erfahren möchte, klicke bitte unten auf jenen Ort oder schaue sich in Ruhe auf der Internetseite www.janecke.name um. Dort gibt es mehr!
Von der Babelsberger „Gerichtslaube“ schaut man nicht wie in Jüterbog auf das quirlige Treiben des Marktplatzes, sondern in die liebliche Umgebung der Natur des Havellandes.
Der Frauenturm in Jüterbog und der Flatow-Turm im Park Babelsberg. Der Flatow-Turm ist aber kein Wach-, Wehr- oder Pulverturm, sondern war vormals ein Turm für Kaiserliche Arbeit und Erholung – heute für alle Menschen, aber nur zum Zwecke der Aussicht und Freizeitgestaltung. Dieser Turm hat eine dramatische Beziehung zu einem Vorfahren-Verwandten des Autors. Das ist aber schon wieder eine weitere Geschichte. Ihr könnt diese auf dieser Internet-Seite unter Park Babelsberg lesen. Die Stadt Jüterbog hat wesentlich mehr Türme aufzuweisen als Potsdam. In der Landeshauptstadt gibt es eher natürlich-hochgelegene Aussichtspunkte.
Die Nuthe – ein Nebenfluss der Havel
Der Fluss Nuthe rinnt durch Jüterbog. Von deren Quelle bis hierher ist es nicht weit.
Schon wieder die Nuthe. Nun aber in Babelsberg, kurz vor der Einmündung in die Potsdamer Havel.
Webersiedlungen
In Zinna baute man seit 1776 die typischen Kolonistenhäuser, hauptsächlich für anzusiedelnde Weber und Spinner. Eine Anzahl der Gebäude finden wir mit Walmdach und auch „halbe Häuser“ mit drei, statt mit fünf „Achsen“ wurden ausgeführt.
Gleichartige Bauten wurden ab 1750 in Nowawes errichtet (Der Ortsname ist seit 1939: Potsdam-Babelsberg).
Hans Kohlhase
Das Bild zeigt eine Brücke über die Bäke = Telte während der Bauzeit des Teltow-Kanals (1901–1906), zwischen Neuendorf und Stolpe bei Potsdam gelegen (seit April 1920 aber Berlin zugeordnet). Hier wollen die Freibeuter unter Hans Kohlhase den großen Silber-Raubschatz vergraben haben.