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Liebätz (bei Trebbin, Woltersdorf und Luckenwalde im Land Brandenburg gelegen)

Bezeichnung seit der Gemeindegebietsreform von 2003: Gemeinde Nuthe-Urstromtal,

mit 23 Ortsteilen, darunter auch Ortsteil (OT) Liebätz.

Notizen zur Chronik des Ortes


Zusammengestellt von Chris Janecke, E-mail: christoph@janecke.name

Bearbeitung: April 2019. Zum Text bestehen einige Bilder – bitte hier klicken.


Quellen:

- Historisches Ortslexikon der Mark Brandenburg, Teil X (10), Jüterbog / Luckenwalde.

- Notizen des Philologen Dr. Wernher Bauer, Berlin, Liebätz, Rangsdorf.

- Aufzeichnungen des Ortschronisten von Liebätz, Herrn Werner Ziege.

- Aufzeichnungen und Fotos des Familienforschers Chris Janecke, Potsdam.


Lage des Ortes: Nördlich von Luckenwalde, am Flüsschen Nuthe.

Es handelt sich um ein ursprünglich slawisches Rundlingsdorf.



Bedeutung des Ortsnamens:

Der Ortsname Liebätz ist slawischen Ursprungs. Die tatsächliche, ursprünglich dem Ort zugedachte Bedeutung scheint bis heute umstritten, sie ist nicht frei von Zweifeln.

Es liegen mehrere Deutungsversuche vor:

- Siedlung, gegründet von einem Mann namens „Lubek“.

- Benannt nach „Lubomer“, „der den Frieden liebt“. „Das Dorf des Friedlieb“.

- Aus einer persönlich starken Zuneigung zum Ort, deutet Dr. phil. Wernher Bauer den Namen so:

Das Anwesen, das Dorf, welches „Liuba,“ der wendischen „Göttin der Liebe (und des Friedens)“

geweiht ist.

- Abgeleitet von dem wendischen Wort für „Tiefe“ oder „tiefliegender Ort“, was man den

tiefliegenden Feuchtwiesen der Nutheniederung zurechnen könnte.


Als Schreibweisen treten im Laufe der Zeiten u. a. auf: Liuba Ves, Li'ves, 1226 – 1266: Lubiz, 1285: Lubetz, 1435: Lubecz am Sehe (Anmerkung: am See, der inzwischen völlig verlandet ist), 1480: Lvbez, 1534: Lubetzk, 1598 Lubeetz, 1753: Lubetc, 1775 Libetz oder Liebätz.

Es treten auch unterschiedliche Schreibweisen zur gleichen Zeit auf, da man ja einer Vereinbarung einheitlicher Schreibweisen noch entbehrte und statt derer das lautmalerisch Gehörte aufnahm und mit bestem Gewissen niederschrieb.


6. und 7. Jahrhundert

Der Siedlungsort unseres heutigen Interesses wird bereits im Namen-Buch Brandenburgischer Orte erwähnt.


1142

Der brandenburgische Markgraf „Albrecht der Bär“ erwirbt das Land der Heveller (Havelländer).


1171

Zisterziensermönche gründen das nicht sehr weit entfernte Kloster Zinna. Neben den geistlichen und geistigen Lebensaufgaben üben die Mönche fleißig etliche Handwerksberufe aus und betreiben Landwirtschaft.


1200

Die Mönche begradigen einige kürzereaber stark mäandernde Streckenabschnitte der Nuthe.

(Dem Namen des Flusses „Nuthe“ wird die Bedeutung: Fuge, Rinne, Graben beigemessen.)


1285

Abt Peter I., Vorsteher des Klosters Zinna, kauft unter verschiedene Ortschaften: Luckenwalde mit Felgentreu, Frankenfelde, Frankenförde, Genkendorf (das spätere Jänickendorf), Godsdorf, Kolzenburg, Lubetz, Mehlsdorf, Rulsdorf, Waltersdorf und Zulkendorf, von den Freiherren Olzan und Wedejan v. Richow. Diese Eintragung in das Erbbuch von Zinna (1471) ist die älteste bisher aufgefundene Beurkundung auch über Liebätz.


1480

Die Dorffläche umfasst 11 Hufen (Hf). Der Schulze hat ein Lehngut von 2 Hf. Des Weiteren leben im Dorf 9 Einhufner und 2 Kossäten mit ihren Familien.


Anmerkung zum heute etwas schwierigen Umgang mit der Flächenbezeichnung „Hufe“:

Die Hufe (auch Hube) ist ein variables, landwirtschaftliches Flächenmaß. Die Hufe ist Bauernland, dessen Größe sich nach der Bodenqualität richtet. Eine Hufe soll so groß bemessen sein, dass diese Fläche von einer Familie (des Hüfners) bewirtschaftet werden kann und diese auch ausreicht, dass die Familie sich von den Felderträgen ernähren kann. Naturgemäß ist demzufolge eine Hufe in der nährstoffreichen Magdeburger Börde mit schweren Böden kleiner, als in der kargen, sandigen Mark Brandenburg mit Ranker-Böden. Nach der Anzahl der Hufen richtet sich die Höhe der Abgaben an die Obrigkeit.

1 alte Brandenburgische Hufe sind etwa 30 große Morgen.

1 Hufe im Jahre 1585 in Sperenberg und Wünsdorf im Teltow: 14 Morgen.

1 Hufe im Jahre 1624 in Stolpe (bei Potsdam) im Teltow hat 20 Magdeburger Morgen.

1 Preußische Hufe sind 66 Preußische Morgen, etwa 16,5 ha, 1,65 qkm, rund 165.000 qm.

1 Ein „Preußischer Morgen“ ist eine Fläche, die mit einem Ochsen vor dem Pflug, an einem Vormittag gepflügt werden kann. Das sind etwa 2.553 Quadratmeter Flächeninhalt oder 180 Quadratruten (13,4 x 13,4 Ruten), ¼ Hektar, 25 Ar, eine Fläche von 50 x 50 m.

1 Quadratrute (bei angenommener Rutenlänge von 3,77 m) = 14,2 qm = 0,255 Morgen


1547

Im Zuge der Reformation wird das katholische Kloster Zinna aufgelöst (der letzte Abt ist Valerian) und kommt unter magdeburgische Verwaltung.


1562 und 1584: (in jenen Jahren der gleiche erfasste Stand)

Im Dorf leben 12 Hauswirte.

Im Kirchenvisitationsbericht des Jahres 1562 wird erwähnt, dass die Orte Kolzendorf, Liebätz, Märtensmühle, Ruhlsdorf und Woltersdorf zu Luckenwalde gehören bzw. so in den genannten Orten Kirchen vorhanden sind, diese als Filia der Mutterkirche zu Luckenwalde gelten. Das Dorf Liebätz hat in jener Zeit noch kein Gotteshaus.


1598

Es wird in Liebätz eine Kirche errichtet, die auch zur Nutzung der Gläubigen von Märtensmühle vorgesehen wird. Getrennte Bankreihen für die Orte „sorgen geflissentlich für eine trennende Verbindung der Gemeinschaft“. Direkt um die Kirche herum befindet sich der Gottesacker, eingefriedet mit einem hölzernem Zaun. Diese Kirche wird bis 1855 ihren Bestand haben. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Kirche erbaut man eine Schule.


1605

Ein äußerst tragisches Ereignis: Das Dorf ist abgebrannt.


1609

Im Dorf leben der Schulze, 9 Hüfner und 2 Kossäten.


1637

Am 30. Mai wird Liebätz ein Opfer des 30jährigen Krieges. Die marodierende schwedische Soldateska und ihr Tross zünden das kleine Dorf an. Auch Kirche und Schule bleiben nicht verschont. Viel Vieh erleidet den Feuertod, wird vertrieben oder dient geschlachtet der Menschensättigung. Die Dorfbevölkerung versteckt sich auf der kleinen, bewaldeten Anhöhe, dem Liezenberg. Dieses Refugium kann nur auf einem versteckten, durch das Sumpfgebiet führenden Knüppeldamm erreicht werden.


1642

Das Dorf ist erneut abgebrannt – wie bereits vor 37 Jahren.


1648

Westfälischer Friede. Der lange Krieg zieht endlich aus dem abgebrannten verödetem Land.


1654

Das Dorf, bisher nur notdürftig für die Überlebenden hergerichtet, wird wieder aufgebaut. Die Häuser stellt man auch jetzt im Halbrund, mit den Giebeln zur Kirche zeigend, auf.


1655

Eine Nachfolgekirche und eine neue Schule werden an ihren alten Stellen im Mittelpunkt des Dorfes errichtet.


1680

Die Grundstücke des Klosters Zinna und die seit alters her dazugehörenden Ortschaften (wie auch das Dorf Liebätz) fallen vom Kurfürstentum Sachsen an das Kurfürstentum Brandenburg.


1684 und 1727

Es gibt wie ehedem 12 Güter im Dorf: 1 Schulze mit Hof und Land, 9 Hüfner und 2 Kossäten.


1706

Am 27. Juli geht über dem Dorf ein solch gewaltiges Gewitter mit Blitzeinschlägen hernieder, wie man es wohl seit Menschengedenken nicht erlebt hat.


1749–1755

In Liebätz leben: 10 Hüfner (Hfnr), darunter (1 Zweihfnr., 9 Einhfnr.), 2 Kossäten, 3 Büdner (Bdr.).


1772

Die Liebätzer Einwohnerschaft besteht aus: 10 Hüfner, 2 Kossäten, 4 Büdner, 3 Einlieger, der Kuhhirte, der Schäfer. Erstmals findet ein Schulmeister Erwähnung.

Wirte: 18 Männer, 18 Frauen, Alte Wirte: 5 Männer und 6 Frauen, Söhne über 10 Jahre ihres Alters: 14, Söhne unter 10 Jahre: 2, Töchter über 10 Jahre: 10, Töchter unter 10 Jahre: 6.

3 Knechte, 5 Mägde (= 88 Seelen).


Man beginnt mit der planmäßigen Wasserregulierung der Nuthe. Dabei wird sie vertieft und auch verbreitert, so dass der Fluss von Luckenwalde bis zur Mündung in die Havel bei Potsdam, mit Flößen und kleinen Schiffen befahren werden kann.


1789

Am 21. Juni geht nach Blitzeinschlag ein Großbrand durch das Dorf. 10 Höfe brennen lichterloh und sind unrettbar verloren. Erhalten bleiben überhaupt nur 1 Bauernhaus, 2 Kossätengebäude,

5 Büdnerhütten und 2 Hirtenhäuser.

Die Hüfner heißen: Emmermacher, Chr. Reuter (Reutin), Peter Schulze, Lehmann ist der Schulze / Ortsvorsteher, Felgentreu, Otto, Demler, Michael Reuter, Wulichleeger und Michel Schulze.

Beim Wiederaufbau errichtet man die Wohnbauten erstmals getrennt von den Stallungen für die Tiere.


1791

Im Dorf wohnen 10 Bauern, 2 Kossäten, 5 Büdner, 5 Hausleute oder Einlieger. Das sind in Summa 20 Feuerstellen.


1801

Im Dorf sind angesiedelt: 1 Lehnschulze, 9 Ganzbauern, 2 Ganzkossäten, 1 Büdner. Es besteht ein Krug und das Nebenzollamt von Luckenwalde. Wald-Fläche: 100 Morgen (Mg) Holz.


1813

20 Hauseigentümer. Der Lehnschulze auf seinem Gut, 9 Bauern, 2 Kossäten, 5 Büdner. Offizielle Gebäude: das Gemeinde-Schulhaus, das Gemeinde-Kuhhirtenhaus, das Pferde- und Schweine-Hirtenhaus der Gemeinde.

Der Befreiungskrieg vom französischen Joch kommt uns bedrohlich nahe. In die Geschichtsbücher wird die große Schlacht bei Dennewitz im Süden, wie auch das Gemetzel im Norden bei Großbeeren eingehen.


1815

Von etwa 1815 bis 1819 wirkt bei uns der Küster und Schulmeister Jonas. In seinem Hauptberuf ist er ein Schneider. Er ruft die Kinder üblicher Weise mit der Klapper zum Unterricht. Seine Dreikant-Elle dient ihm als wichtiges Erziehungsmittel. Eventuelle Deliquenten haben sich zur Strafe auf die obere Kante jenes hölzernen Arbeits- und Marter-Instruments knieend zu „stützen“. Das Schulhaus vereinigt den Lebensraum für den Küster / Lehrer / Schneider und seine Familie, die Ställe für seine Tiere und auch den Schulraum unter einem Dach.


1819

Unser neuer Küster und Lehrer heißt Lehmann. Was heute noch niemand wissen kann – bis etwa zum Jahre 1855, also ungefähr 36 Jahre lang, wird er die Liebätzer Kinder unterweisen – angeblich irgendwie auf ihr Leben vorbereiten.


1827

Die alte Schule bei der Kirche ist nicht mehr ausreichend. Sie gilt als baufällig. Es wird ein neues Schulhaus gebraucht, das aber nicht sehr teuer werden darf. Außerdem gibt es immer wieder Ärger mit dem renitenten Küster und Lehrer Lehmann. Man möchte die Schule und ihren Meister gern etwas von der Dorfaue ins Abseits setzen. Und so geschieht es dann auch. Drei Fußminuten liegen nun zwischen der neuen Schule und der Kirche. Das alte marode Schulhaus bei der Kirche wird aber doch nicht abgerissen, sondern noch einmal von kundiger, fleißiger, privater Hand grundlegend repariert und in einen Krug verwandelt. So hat Liebätz zum ersten mal in seiner langen Geschichte einen Gasthof, von der Familie Ziege betrieben.

Wesentlich später notiert man rückblickend auf das Schulwesen: Die Gründung des Schulwesens in Liebätz lässt sich nicht mehr genau nachweisen. Da aber der Lehrer auch zugleich Küster ist, wird die Annahme nicht ausgeschlossen, dass die Gründung der Schule in die Zeit des ersten Kirchenbaues fällt, also in die Zeit um 1598. Vor dieser Zeit fungiert der Küster von Luckenwalde bei Leichenbegängnissen und die Liebätzer Einwohner hatten demnach den so genannten „Läutegroschen“ an den Luckenwalder Küster zu zahlen.

Wenn, wie oben angenommen, das erste Schulhaus 1598 erbaut wurde, so ist es im Kriege auch schon am 30. Mai 1637 mit dem vormals ganzen Dorfe eingeäschert worden.–

Das zweite Schulhaus, wie alle Gehöfte auf demselben Platz wieder erbaut, ist von sämtlichen nachfolgenden Bränden verschont geblieben.


1837

Im Dorfe stehen 4 Webstühle. Es gibt 11 männliche und 8 weibliche Dienst(boten).

21 Wohnhäuser.

Karfreitag, den 19. April 1837: Dem Großbrand, der vom Hause des Hans Jürgen Michaelis ausgeht, fallen fast alle Häuser zum Opfer, nur die massive Kirche, die entfernte Schule und

2 Kossätenhäuser bleiben verschont. Es kommt aber auch viel Vieh zu Tode.


1840

4 Weber mit 2 Gehülfen und 1 Schneider betreiben im Ort ihre Gewerbe.


1850

Wegen der Maßnahmen zur Begradigung des Flüsschens „Nuthe“, ist dessen Länge in den zurückliegenden 80 Jahren von 23,2 Meilen auf 17,5 Meilen verkürzt worden.

Endgültige Länge (1960) nach dem metrischen System: 66,5 km, bei einem Höhemunterschied von 51 m zwischen Quelle und Mündung.


1855

Die alte Kirche, 1598 erbaut, bedurfte bereits einer Abstützung des Turmes. Jetzt muss sie abgetragen werden, denn es besteht das Gefährniss des Einstürzens.

In diesem Jahr nimmt Küster und Lehrer Heidepriem seine Arbeit bei uns auf. Er löst damit Schulmeister Lehmann ab.


1856

An gleicher Stelle des abgetragenen Gotteshauses entsteht nun eine Kirche nach neugotischem Geschmacke, ein Backsteinbau mit Ziegeln im Reichsformat (22 x 12 x 5,5 cm). Sie erhält ein Geläut aus 2 Bronzeglocken, jedoch muss aus Kostengründen auf einen Turm verzichtet werden. Im Oktober ist der Bau vollendet. Die alte Holzeinzäunung des Gottesackers weicht einer neuen Backsteinmauer.


1858

152 Einwohner werden im Dorfe gezählt. Diese Personenzahl bleibt bis 1871 etwa konstant. Es gibt 5 Öffentliche Gebäude, 22 Wohnhäuser, 44 Wirtschaftsgebäude einschließlich der Getreidemühle.

1090 Morgen Gesamtfläche (21 Mg Gehöfte, 10 Mg Gartenland, 585 Mg Äcker, 130 Mg Wiesen, 172 Mg Weiden, 172 Mg Wald (das sind etwa 570 Hektar).

Die Liebätzer Bauern besitzen das Recht des Fischens im artenreichen Liebätzer See. Unser See liegt etwa 10 Fußminuten in östlicher Richtung vom Dorfe entfernt. Die Kossäten und Büdner können sich und die ihren ebenfalls mit Fisch versorgen, müssen sich jedoch mit dem Fang aus den Ableitungsgräben im nassen Wiesenlande begnügen.


1860

Das Fischen in dem Liebätzer See geht in seinen Erträgen sichtbar zurück. Man sagt, dieser schöne See, durch den sich bisher der alte Arm der Nuthe als kleiner Bach schlängelt, wird wegen des Anlegens eines neuen Nuthelaufs verlanden. Der See erhält nun kaum noch einen Zufluss von Nuthewasser. Die in Luckenwalde entstehenden Fabrikationsstätten geben ihre Abwässer in das noch bleibende Rinnsal, was den sterbenden Liebätzer See zusätzlich belastet. In späteren Zeiten wird er sich zu einem Seeluch, zu einem unergründlichen Morast umbilden, in dem Mann und Maus gar jämmerlich zugrunde gehen können.


1862

Küster und Lehrer Heidepriem weilte sechs Jahre unter uns. Jetzt findet ein Wechsel statt. Wir bekommen den jungen Lehrer Gottlieb Sotscheck. Er stammt aus dem Hause einer Nowaweser Weberei-Fabrikation und ist noch ledig, wohnt also vorerst bei Brückmanns zur Miete.


1865

152 Einwohner im Dorf. Diese Personenzahl bleibt bis 1871 etwa konstant. Das sind die Familien von 9 Bauern, 2 Kossäten, den Büdnern, des Müllers und weiterer Hausleute. Natürlich gehören die Hirten sowie der Lehrer auch dazu. Es gibt 5 Öffentliche Gebäude, 22 Wohnhäuser, 44 Wirtschaftsgebäude einschließlich der Getreidemühle.

1090 Morgen Fläche (21 Mg Gehöfte, 10 Mg Gartenfläche, 585 Mg Ackerland, 130 Mg Wiesen, 172 Mg Weide, 172 Mg Wald (das sind etwa 570 ha).


Unser Lehrer Gottlieb Sotscheck heiratet in der Friedrichskirche zu Nowawes die Auguste Zinnow und zieht mit ihr in das Liebätzer Schul- und Küsterhaus.

Einem großen Brand am 13. Mai 1865, fallen sieben Hüfnerhöfe zum Opfer, weil die Feuerstelle auf einem Gehöft (heute: An der Kirche 17) nicht sorgsam gehütet wurde. Nun wird die alte Fachwerkbauweise aufgegeben. Es werden stattdessen zweistöckige, massive, gleichartig aussehende Häuser errichtet, die mit ihrer Traufe zum Dorfanger stehen. Das sieht freundlicher aus als früher, da die Häuser ihre Stirnseiten zur Ansicht boten.


1867

Der Hüfner Rosin und auch der Kossät Krüger (heute: An der Kirche 4) errichten ihre Häuser ebenfalls im Stil der neuen Zeit, obwohl sie vom 65er Schadensfeuer verschont geblieben waren.


1868

Die Wohnung der Küster- und Lehrerfamilie braucht unbedingt mehr Wärme, vor allem für die Kinder im Winter. Wie konnte man damals nur eine so dünnwandige Schule bauen. Der Lehrer Gottlieb Sotscheck beantragt jetzt einen massiven und heizbaren Anbau für das Schulgebäude.


Im Originaldokument: Handschriftliche Ausführung des nachstehenden Textes und die Skizze des Grundrisses der Gebäude (3. Schule und Wirtschaftsgebäude, im Jahre 1827 errichtet).

Etliche Jahre später besagt die Reinschrift zum Vorgang rückblickend:

Das dritte Schulhaus (Plan No. 1), hat wie das frühere, im Dorfe gelegene, beschränkte Räume. Die Wohnung des Lehrers besteht aus einem Wohnzimmer und einer kleinen, nicht heizbaren Schlafkammer.

Der Lehrer Sotscheck stellt daher den Antrag, mit einem massiven Anbau diesem Übelstande abzuhelfen. Da aber das Haus überhaupt unzweckmäßig angelegt beziehungsweise eingerichtet und nur sehr leicht gebaut ist, wird auf Veranlassung des Local. Schulinspectors, der einen völlig neuen Hausbau wünscht, deshalb zur vorläufigen Abhülfe der Antrag auf Einrichtung einer heizbaren Oberstube gestellt und 1868 ausgeführt. Zugleich wird auch der Hof durch einen Bretterzaun umfriedet.

Die Gesamtkosten betragen 300 Thaler.

Anmerkungen von Chris Janecke:

Zeichnung gemäß des Antrages des Küsters und Lehrers Gottlieb Sotscheck: Gewünschter Anbau mit dickeren Mauern: rot, gedachter Abriss: gelb gekennzeichnet. Verlegte Schlafkammer und ein zweites Zimmer sind als Wunsch erkennbar.


Der Schulinspector wünscht jedoch einen späteren, generellen Neubau der Schule, stimmt aber einer schnelleren, übergangsweisen Verbesserung, einem zweiten Zimmer im Dachgeschoss, zu.


Das Haus besteht bisher aus

Erst im Jahre 1910 wird man ein neues Schulhaus bauen, dessen dringende Notwendigkeit spätestens 1868 amtlich erkannt / vorgeschlagen wurde.


1868

Zwischen den Orten Liebätz und Trebbin wird das Nuthebett neu gegraben.


1871

Auf dem Dorfanger, ein Stück vor dem Kirchenportal, werden zum Gedenken an den glorreichen Kriegszug gegen Frankreich und an die Gründung des Deutschen Kaiserreiches eine Kaiser-Eiche und eine Bismarck-Eiche (Eiserner Einigungskanzler) gepflanzt. In der Zukunft zeigt es sich, dass sich entsprechend von Rang und Stellung, die Kaiser-Eiche kräftiger, prächtiger entwickelt.


1876

Die staatliche Verwaltung richtet für die Gemeinde auf dem flachen Bughügel einen neuen Friedhof ein. Damit wird der alte Gottesacker im Umkreis der Kirche nicht mehr neu belegt, sondern gilt als geschlossen. Eine Grünfläche umgibt dann später die Kirche. Das Ziegelmaterial der bisherigen Kirchhofseinfriedung wird umgesetzt und für den neuen Begräbnisplatz auf dem Bugberg genutzt.


1878

Lehrer und Küster Gottlieb Sotscheck ist kurz vor Weihnachten, vor der Vollendung seines 41. Lebensjahres, gestorben. Er hatte unsere Kinder in 16 Jahren unterrichtet. Ihm folgt 1879 der Küster und Lehrer Schulz. Dieser bleibt bis etwa 1893.


1884

Es beginnt die generelle Neugestaltung der Nuthe zwischen Luckenwalde und Potsdam. Der Flusslauf wird vertieft, enge Kurven erhalten einen größeren Radius, Ufer werden gegen Erdabtragung mit Faschinen gesichert. Ab Trebbin wird das Flüsschen außerdem verbreitert, da es künftig die vorgereinigten häuslichen Abwässer aus den Berliner Rieselfeldern aufnehmen soll.


1885

133 Einwohner können wir in diesem Jahr im Dorfe zählen.


1893

Ein erneuter Lehrerwechsel: Von diesem Jahr an bis 1900 unterrichtet der Lehrer Richter unsere Kinder.


1900

25 Häuser, 7 Bauern, 1 Halbbauer, 2 Kossäten, 1 Lehngutsbesitzer, 1 Lehrer (Herr Richter respective sein Nachfolger Schütz), 1 Müller, 1 Stammgutsbesitzer. Das Forsthaus Märtensmühle. Die Kirche ist auch heute noch eine Tochterkirche von Luckenwalde.


Der Liebätzer See verlandet zusehends. Er liegt etwa 1 km östlich von Liebätz. Sein Durchmesser beträgt nur noch etwa 500 m.


1910

Das alte Schulhaus wird durch einen neuen Bau ersetzt. Die Notwendigkeit dafür war bereits seit langem, seit mehr als 40 Jahren, gereift.


Wernher Bauer (ein Enkel des vorgenannten Lehrers Gottlieb Sotscheck) hielt in Liebätz Freundschaft mit verschiedenen Bewohnern, so auch und besonders mit der Familie des Fritz Ziege (* 1900 bis † 1945) sowie speziell auch mit deren Sohn Werner und seiner späteren Ehefrau und mit Richard Müller.

Richard war der Sohn des Müllers namens Müller (nomen est omen), dem die Mühle abbrannte. Richard erlitt als junger Mann, so um die Zeit des ersten Weltkrieges, einen schrecklichen Unfall. Er wurde schwer verletzt bis nach Berlin (wohl in die Charité) gebracht. Dort setzte man in seinen zerquetschten Brustkorb ersatzweise drei silberne Rippen ein. Richard hatte den Unfall überlebt, blieb aber invalide. Er lebte als Einsiedler außerhalb des Dorfes Liebätz, Richtung Märtensmühle und ernährte sich hauptsächlich aus den Erträgen seiner Garten- und Hühnerhaltung.


1924

Lehrer Schütz war 24 Jahre der Lehrer unserer Kinder. Nun folgt ihm als Vertretung für 4 Monate der junge Max Rodis. Dieser wird das Amt dann an den fest angestellten Lehrer Palm übergeben.


In jener Zeit ergrub und fand der Philologe Dr. Wernher Bauer als Freizeitarchäologe „am Horstberg“, (hier verläuft heute der Horstweg, etwa 200 m südlich der Kirche), Hinterlassenschaften früher Bewohner dieses Siedlungsplatzes. Es sind steinzeitliche Werkzeuge: bearbeitete Feuersteine, Pfeilspitzen und manch anderes, die in den Zeiten vor ihm wohl niemand gesehen und beachtet hatte. Durch ihn wurde wohl somit das Vorhandensein einer steinzeitlichen Ansiedlung im heutigen Ort Liebätz erstmals belegt.


1968 / 1969

Dr. Bauer kümmerte sich unter vielen weiteren Vorhaben jahrzehntelang um das Erhalten der märkisch-niederdeutschen Mundart. Dafür unternimmt er mit Gustav Lehmann in Berlin-Lichtenberg Leseproben zu einem von ihm entworfenen und nun nachzusprechenden Text, der mit dem Tonbandgerät aufgenommen wird. Gustav Lehmann ist selbstverständlich ein geborener Liebätzer und stammt aus einer früheren Schulzen-Familie.

Es wird ein recht schwieriges Unterfangen, weil die Herren oft langzeitig um die wirklich einzig richtige Aussprache eines Wortes ringen – bis die ernste Diskussion dann auch mal in einem befreienden Schmunzeln endet – weil, ja weil, manch eines dieser Worte ja schon im Nachbarort etwas anders gesprochen wird und sich die Sprache im steten Wandel befindet. (Die Szene erinnerte recht deutlich an das Sprachlaboratorium des Professor Higgings in „My fair Lady“). So ist das Leben. Von der Endfassung des Ergebnisses wurden verschiedene Tonband-Kopien gefertigt. Diese stiftete Wernher Bauer dann verschiedenen Schulen, so den Schulen in Luckenwalde und Rangsdorf und natürlich auch der Gemeinde Liebätz, damit die Kinder noch hören können, wie man in ihrer Heimat auf dem „platten Lande“ sprach, und mit der Anregung, dass sie diesen Teil des Volkstums auch bewahren mögen.


1986

Dr. phil. Wernher Bauer († 1986) und seine frühere Verlobte: Dr. phil. Ida Maria Ruppel († 1937) wurden in Liebätz auf dem Bugberg bestattet. Der „Bugberg“ ist nur als eine sanfte Erhebung erkennbar. Dessen Friedgarten ist eingebettet in einen Hain, der von Eichen und Kiefern gebildet wird. Die Grabstelle Bauer + Ruppel liegt rechts vom Eingang an der Mauer unter der alten Fichte. Die letzte Phase der bezahlten Ruhezeit ist längst abgelaufen, aber da auf diesem Grundstück noch sehr viel freier Platz besteht, konnte sich der Ortschronist Werner Ziege (1930 bis 2011) erfolgreich für das Erhalten des schlichten Feldsteins mit den eingravierten Lebensdaten einbringen.


Nachsatz!

Nach dem Ableben des Hüters jener Grabstelle, des Ortschronisten Werner Ziege (1930–2011), löste „man“ die gemeinsame Grabstelle Bauer und Ruppel auf – eine Maßnahme, die dem Außenstehenden ohne eine erkennbare dringende Notwendigkeit und ohne Sinn erscheint.

So wird die Kenntnis im Ort über Dr. Bauer, den lebenslangen Freund des Dorfes Liebätz, über den hier archäologisch wirksam Tätigen, den Bewahrer des heimatlichen Sprachgutes weder gepflegt noch das Wissen zu jenen ortshistorischen Begebenheiten bewahrt und in die Zukunft getragen. Das Andenken an ihn, dessen Familie hier im Ort Wurzeln hatte (Familie des Liebätzer Lehrer Gottlieb Sotscheck), wird, vermutlich aus Unwissen und Desinteresse an Leistungen früherer Menschen bald völlig verloren sein.


2000

Der Liebätzer See ist nun endgültig verlandet. Er stellt sich als Seeluch, als ein Moor dar.


Anlage


Küster und Lehrer in Liebätz


Name des Lehrers


Dauer der Dienstzeit in Liebätz


Der ungefähre Zeitraum des Wirkens in Liebätz

In den Akten zum Ort wird im Jahre 1772 erstmals die Stelle eines Schulmeisters erwähnt. Der Name des Lehrers wird hierin aber nicht überliefert.







Jonas

unbekannt

etwa 1815 bis 1819


Anmerkung Küster und Lehrer Jonas ist im Hauptberuf ein Schneider. Er ruft die Kinder üblicher Weise mit der Klapper zum Unterricht. Seine hölzerne Dreikant-Elle dient ihm als wichtiges Erziehungsmittel. Eventuelle Deliquenten haben sich zur Strafe auf jene zu knieen. Das Schulhaus vereinigt Lebensraum für den Küster / Lehrer / Schneider und seine Familie, die Ställe für seine Tiere und auch den Schulraum unter einem Dach.

Lehmann

36 Jahre

1819 bis 1855

Heidepriem

7 Jahre

1855 bis 1862

Sotscheck, Gottlieb

16 Jahre

1862 bis1878


Sotschecks Dienst endet wegen seines zu frühen Ablebens im 41. Lebensjahr.

Schulz

14 Jahre

1879 bis 1893

Richter

6 ½ Jahre

1893 bis 1900

Schütz

24 Jahre, 2 Monate

1900 bis 1924

Rodis, Max

4 Monate, als Vertretung

1924


Anmerkung zu Rodis, Erich Max, * am 14. Juni 1901, evangelisch. Er unterrichtet die Kinder in Liebätz vor seiner ersten Festanstellung. Er ist u. a. mit Fritz Ziege befreundet.

Seine Laufbahn:

1. Lehrerprüfung am 09. März 1921 in Jüterbog.

2. Lehrerprüfung am 11. September 1926 in Groß-Beuthen.

Mittelschullehrerprüfung in Mathematik und Erdkunde: 2. - 6. Mai 1930 in Berlin.

Mittelschullehrerprüfung in Physik, Chemie und Mineralogie: 23. - 29. Oktober 1931 in Berlin.

Festanstellungen:

Ab 01. Oktober 1924: Evangelische Volksschule in Groß-Beuthen.

Ab 01. August 1935: Hauptlehrer in Hennickendorf.

Ab 01. Juli 1936: Rektor in Wittenberge.

Ab 01. April 1939: Rektor der Mittelschule in Jüterbog.

Palm

etwa 10 Jahre

wahrscheinlich etwa

1925 bis 1935

Goeke

für etwa sechs Monate als Praktikant

1936

Blech, Johannes

knapp acht Jahre, dann zur Wehrmacht eingezogen.

1936 bis 1943

Hübner, Fritz


etwa ab 1943

Hübner, Ingeborg

die letzte Grundschullehrerin in Liebätz




Anlage zum Originaldokument (in dieser Internetversion nicht enthalten:

Hörprobe (eine Tonbandaufnahme) der Liebätzer Mundart um 1900.

Gesprochen in Berlin-Lichtenberg im Februar 1969, von dem früheren Liebätzer Einwohner Gustav Lehmann, organisiert von dem Freund des Dorfes Liebätz, dem Philologen Dr. Wernher Bauer aus Rangsdorf. Das tontechnische Erfassen besorgte Chris Janecke. Die Tonband-Kassetten beschriftete Richard Janecke aus Potsdam-Babelsberg.


Ende des Dokuments