Einige Notizen zu den Dörfern Dechsel, Massow, Eulam und Jahnsfelde
im Kreisgebiet Landsberg an der Warthe – Preußen, Provinz Brandenburg, Regierungsbezirk Frankfurt an der Oder (Neumark).
Zusammengestellt von Chris Janecke, E-Mail: christoph@janecke.name
Aktualisiert im August 2022
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Im Inhaltsverzeichnis der Internetseite www.janecke.name findet sich unter „Namens-Stämme“ bei dem Namen >Dittwald / Dittwaldt< eine Grobübersicht zu den Personen dieses Familienverbandes. Unter „Lebensläufe“ sind einige nähere Angaben aufgeführt. Man sucht dort die Ehemänner / Familienväter mit Namen >Dittwald< auf. Bei diesen findet man die Ehefrauen, wie auch die Angeheirateten ihrer Kinder mit den Namen:
Adam, Berger, Bittner / Büttner, Borchert (3x), Föllmer / Fellmer, Gesche, Grützmann, Hanff, Henschke, Jahn, Koltermann, Kluth / Klutt, Malze, Neubert, Quilitz, Reschke, Schleusener, Schulz(e), Weiß / Weiss, Wieprecht, Wilke, Wotschke sowie Wunnicke.
Chris Janecke berichtet über seinen Ausflug in die Vergangenheit,
zu den Wohnorten seiner Vorfahren im Kreis Landsberg an der Warthe.
Heute, am 27. Juli 1999 möchte ich gern einige der früheren Wohnsitze unserer Dittwald-Vorfahren aufsuchen. Das ist nun 260 Jahre nach der Geburt des ersten Dittwalds, den ich bisher erfassen konnte – und somit wird es auch langsam Zeit! Die Familien lebten in der ostbrandenburgischen Neumark, im Kreis Landsberg am Warthebruch, in Niederschlesien, wenn ich diese damaligen Bezeichnungen für das seit 1945 polnische Gebiet richtig wiedergebe. Ich möchte die Gegend kennenlernen, in der sie wohnten und arbeiteten, möchte sehen, aus welchen Nachbarorten ihre späteren Ehefrauen kamen, damit „mein-sich-Erinnern-können“ mit einem etwas realen Hintergrund versehen wird.
Wenn möglich, möchte ich dann an einem weiteren Tage im Kirchenbucharchiv Gorzów nach Familienangaben suchen aber euch natürlich heute schon über diese Fahrradfahrt berichten.
Um 5.00 Uhr am Morgen mache ich mich von Golm bei Potsdam mit dem Fahrrad auf den Weg – dann aber von Potsdam bis Landsberg / Gorzów Wielkopolski > Großpolen < beide (Mensch und Fahrrad) mit der Bahn. Die Bahnstrecke führt mich vorerst durch Berlin und später durch die Grenzstation Küstrin / Kostrzyn an der Oder. Bei der Pass- und Zollkontrolle gibt es keinerlei Probleme, denn Pass und Person sind freundlich, betreffen den gleichen Menschen und der gestrenge Zoll kann nur meinen Reiseimbiss und eine Flasche Wasser in Augenschein nehmen. Man verzichtet auf das direkte Prüfen.
In diesen Wochen, so auch an diesem Tage, herrscht sonniges Hochsommerwetter. Gleich hinter dem Bahnhof Küstrin / Kostrzyn äugen zwei Rehe, Ricke und Kitz, dem Zug nach.
Die 43 Kilometer zwischen Küstrin und Landsberg fährt die Bahn durch das flache Land des Warthebruchs, welches im Norden streckenweise von Hügelketten gesäumt wird.
Weiter brummt die Eisenbahn nach Dabroszyn. In Kamien Maly befindet sich auf mindestens jedem zweiten Haus ein Storchennest – eine stattliche Anzahl. Hier scheinen viele Frösche zu wohnen. Der Zug rollt durch die Orte Witnica, Nowiny wielkie, Bogdaniec, Lupowo und Gorzów, bis er pünktlich um 9.44 Uhr im Bahnhof Gorzów Wielkopolski eintrifft.
Früher (bis 1945) hießen die Orte, die an dieser Strecke liegen: Küstrin, Tamsel, Klein Kammling, Vietz, Dühringshof, Neu Gennin, Loppow, Neuritz und Landsberg an der Warthe.
Landsberg / Gorzów Wielkopolski
Das staatliche Archiv in der Uliza Grottgera 24 / 25 war dank des Stadtplanes eines freundlichen Taxifahrers schnell gefunden, auch wenn ich mit meinem Fahrrad leider nicht sein Fahrgast wurde. Im Archivum panstwowe empfing mich sehr freundlich eine polnische Angestellte namens Janecke (welch ein Zufall), gesprochen aber eben polnisch: „Janetzke“. Die von mir gesuchten Kirchenbücher sind zumindest für den Zeitraum zwischen 1827 und 1870 (und einige ältere ab 1812) für die betreffenden Orte Dechsel, Massow, Eulam und Jahnsfelde vorhanden. So kann ich mich vor-anmelden. Einsehen darf ich die Bücher am heutigen Tage aber noch nicht, weil dazu vorerst ein schriftlicher Antrag gestellt werden muss, auf den dann eine eventuelle schriftliche Genehmigung aus Warschau abzuwarten ist. Das aber wusste ich ja, so dass es keine Überraschung bedeutet. (Nachtrag: Inzwischen kann man die Bücher online alle bequem von zu Hause aus lesen und das tue ich 2020 / 2021. Der polnische Staat stellte das nach 1945 erhalten gebliebene Gut kostenlos ins Internet. Danke!)
So nutze ich also den Tag für die geplante Fahrradtour zu den Ahnen-Wohnorten.
Die Stadt Landsberg hat etwa 130.000 Einwohner, ist also grob gesehen, mit der Größe meiner Heimatstadt Potsdam vergleichbar.
Die Marienkirche möchte ich mir gern ansehen. Ich kenne diese von dem Druckbild eines Farbfotos aus den 1920-er Jahren. Die Kirchenumgebung sieht auf dem Bild so sonntäglich friedlich aus, so erquickend der sprudelnde Brunnen unter den alten beschattenden Bäumen. –
Mein heutiger Eindruck über diese Stätte aber ist wesentlich nüchterner: Hohe Häuser mit vielfältiger Reklame im Rund um die Kirche, motorenbrüllender dichter Straßenverkehr, blech-scheppernde Lastwagen, trockenes, staubiges Zentrum der großen Stadt.
Die Stadt Landsberg verlasse ich schnell wieder. Vom Bahnhof aus rolle ich mit dem Fahrrad nach Südosten, überquere die breite, gemächlich dahinfließende Warthe und fahre auf der Straße Nr. 3 (E 65) in Richtung Schwerin / Skwierzyna - Posen / Poznan - Grünberg / Zielena Gora – aber eben nicht so weit. Der nächste Ort (inzwischen zu Landsberg eingemeindet) ist Kernein / Karnin. Besuchen möchte ich heute die Dörfer Dechsel, Massow, Eulam – wenn die Zeit reicht, auch Jahnsfelde sowie natürlich die Durchfahr-Orte auf dieser Strecke.
Dechsel / Deszczno
Dechsel ist ein Straßen-Angerdorf, 8 km südöstlich von Landsberg. Der Ort bestand bereits in der Zeit vor dem Jahre 1316. Bezeichnungen: 1345 „Dessen“– das war damals aber bereits ein wüst gewordener Ort. 1452: – wiederbelebt als „Deszen“.
Dechsel hatte im 30-jährigen Krieg (1618–1648) wegen seiner „günstigen Lage“ an der großen Straße von Landsberg nach Schwerin sehr unter Plünderungen zu leiden.
1749 erbaute man auf dem sehr schmalen Dorfanger ein Fachwerkkirchlein. Die älteren meiner Ahnen gingen also im Wesentlichen in der Fachwerkkirche ein und aus, zu der mir das Bild fehlt. Die heutige Kirche wurde im Jahre 1892 errichtet. Kirchenbücher sind ab 1812 erhalten geblieben.
Im Jahre 1909 lebten in Dechsel in den 147 Wohnhäusern 200 Familien und 12 Einzel-Personen. Von den 975 Einwohnern waren 46% männlich und 54% weiblich. Eine Familie bestand im Durchschnitt aus fünf Personen. Die Gemarkung umfasst 1.432 Hektar (1 ha = 10.000 qm / m²).
Aus Richtung Landsberg kommend, steht linker Hand am Anger das Gebäude der Gemeindeverwaltung und ihr gegenüber, mitten auf der kleinen Anger-Insel die Kirche, wie schon erwähnt. Auf dem Kirchengelände befindet sich ein massiver Natursteinsockel. Ich denke, dieser wird einst (bis 1945) ein Denkmal getragen haben – vielleicht „für unsere gefallenen Soldaten 1914–1918“. Heute steht auf diesem schweren Felsen ein leichter Glasbehälter als Witterungsschutz für eine bunte Mariengestalt – zu Ehren der Mutter Jesu Christi.
Im Ort finden wir (wie überall) Bausubstanz recht unterschiedlichen Alters. Es gehören dazu Gebäude noch aus der Zeit von König Friedrich II., des Großen. Diese sind aber oft „baulich überformt“, also verändert, erweitert, modernisiert. An jüngeren Bauten sieht man häufig die typisch polnischen Würfelhäuser, mit einem Flachdach versehen.
Zur Mittagszeit spendet uns die Sonne 27°C im Schatten. Im Straßendorf Dechsel biege ich nach Süden ab und überquere die Bahnlinie Landsberg – Schwerin. Rechter Hand ruht der Bahnhof einsam in der Sonnenglut. Er macht einen verlassenen Eindruck. Gras wächst auf dem Bahnsteig und im Gleiskörper. Nur das Durchgangsgleis für den Fernverkehr zeigt blank gerollte Schienenköpfe.
Massow / Maszewo
Kurz hinter dem Bahnhof Dechsel, führt eine kurze, schnurgerade, herrlich ruhige Ortsverbindungsstraße nach Massow. Sie ist mit Ahornbäumen und Pappeln überkront und von jenen angenehm kühlend grün beschattet. Ich rolle also leise durch dieses „grüne Gewölbe".
Das Dorf wurde 1770 gegründet und damals nach dem Preußischen Minister Massow benannt. Zur Zeit nach der Entstehung wohnten hier auf 32 Grundstücken, 32 Familien. Jeder Familie wurde ein Haus, ein Stall und fünf Morgen Ackerland zugeteilt, das sind etwa 12.500 m², 1,25 ha oder eine quadratische Fläche von beispielsweise ungefähr 112 x 112 m). Die Gesamtfläche des kleinen Ortes betrug 43 Hektar (das sind 172 Morgen oder 430.000 m²) .
Im Jahre 1770 hat hier im Ort wohl noch keine „meiner“ Familien Dittwald unter den Erstbewohnern gelebt, im älteren Dorf Dechsel hingegen schon.
(Quelle: Einwohnerverzeichnis in „Der Neumärker“, Blätter für neumärkische Familienkunde, Mitteilungen des Vereins für die Geschichte der Neumark, Band 3, 1943.)
Massow besitzt keine eigene Kirche. Das Dorf gehört zum Kirchspiel Dechsel. Das auch für Massow zuständige Standesamt wurde im Nachbarort Dechsel im Spätherbst 1874 eingerichtet.
Im Jahre 1909 hatte Massow 31 Wohnhäuser. In diesen lebten 34 Familien und 2 Alleinstehende. Von den 144 Einwohnern waren 47% männlich und 53% weiblich. Eine Familie bestand im Durchschnitt aus vier Personen.
In den Kirchenbüchern von Dechsel und Massow kommt der Name Dittwald häufiger vor aber auch in Nachbardörfern (z. B. im Ort Johanneswunsch und in der Kreisstadt Landsberg) tritt er auf.
Auf meiner alten Landkarte sehe ich die Dörfer Nieder-Alvensleben und Massow dicht beieinander liegen. Beide Orte wurden 1929 zu „Massow“ zusammengefasst. Auch mit dieser Zusammenlegung erreichte der neue Ort keine wesentliche Größe. Massow bietet einen beschaulichen Anblick. Sandwege verbinden die gut überschaubare Anzahl der Kolonisten-Häuser miteinander.
Diese früheren Nachbarsiedlungen umläuft man als flotter Spaziergänger oder umrollt man als langsamer Radfahrer auf einem Ovalkurs in wenigen Minuten. Auf dieser Linie wieder bis zum Ortseingang zurückgekehrt, gilt als mein nächstes Ziel das Dorf Eulam / Ulim. –
Doch vor der Weiterfahrt ...
... noch einige Worte aus der jüngeren Geschichte von Orten dieser Gegend:
1745:
Die Planungen für eine Kolonie mit dem (späteren) Namen Blockwinkel reifen.
1757:
Nun endlich kann mit dem Bau von Blockwinkel begonnen werden. Wir hatten kaum noch daran geglaubt, weil wir Preußen uns ja im Kriegszustand befinden.
1763:
Preußen ist nach dem Krieg recht karg dran. Trotzdem ordnet unser König die Gründung eines weiteren neuen Ortes an: Berkenwerder soll er heißen, von dem landwirtschaftlichen Rittergut > Sommerlatt < ausgehend. Das neue Dorf in unserer Nachbarschaft wird ebenfalls zu unserem Kirchspiel Dechsel gehören.
1767
Als weitere Orte werden Groß- und Klein-Czettritz errichtet, die auch zu unserer Parochie gegeben werden. Der Militär Czettritz führt das Kommando über die Landsberger Dragoner.
1770
Und das geht immer weiter so, bis das bislang dünn besiedelte Gebiet völlig neu peupelirt ist – so das Ziel des Königs Friedrich II. Als nächste „Örter“ werden Derschau, Hagen, Karrenhorst und ganz in unmittelbarer Nähe, fast nur einen Steinwurf von Dechsel entfernt: Massow, Ober- und Nieder-Alvensleben gegründet ... natürlich ebenfalls nach hohen Militärs oder Ministerialbeamten benannt. Alle haben sich im Siebenjährigen Kriege tapfer bewährt. Ihre Soldaten wohl aber auch.
Ab 1770 und in den Folgejahren werden die Landsberger Dragoner gegen stehlende und marodierende Banden eingesetzt, die den Landstrich unsicher machen. Brandschatzer, Zigeuner und ähnliches Gelichter zählen dazu. Die Dragoner sollen in Übung bleiben, auch wenn kein äußerer Feind in Sicht. Zu diesen militärischen Ordnungshütern gehört auch der Dragoner unseres Familienverbandes: Samuel Ludwig Dittwald.
1784
Erneut bedrohen Wanderheuschrecken die Ernte. So kann schnell und unerwartet eine Hungersnot einziehen. Zu allem Übel tritt die Warthe wieder über ihre Ufer. Die bisherigen Dammbauten reichen nicht aus, um den Überflutungen überall Einhalt zu gebieten.
1799
Für die Preußische Provinz Brandenburg geht in Landsberg eine neue Einrichtung in Nutzung: Das Landesarmenhaus, inclusive der Abteilungen für Irre und für Sträflinge.
1805
Gegündet wird in unserer Nähe, beidseitig entlang der Straße gen Westen, die Kolonie Bürgerbruch und auch eine Bergkolonie wird errichtet. Seit Jahren ziehen fremde Leute in unsere Gegend. Der alte König Friedrich II. wollte es und der neue Friedrich Wilhelm II. will's ebenso.
1806
Unsere Königsfamilie flieht im Herbst von Potsdam und Berlin über Landsberg nach Memel in die Sicherheit. Französische Truppen besetzen die Region, mit allem begleitenden und schreckenden Ungemach. Wir waren nie reich – nun sind wir verarmt.
1813
Noch herrscht Kriegszustand gegen die Franzmänner – zu unserer Befreiung vom Joch – aber schon wird mit der Besiedlung der Landsberger Bürgerwiesen begonnen.
1815
Der Wiener Kongress tagt. Der Krieg ist Zuende!!!
Einige Leute aus unseren Dörfern Dechsel, Massow und Nieder-Alvensleben werden hier vorgestellt – samt der Art ihres Broterwerbs. –
Was sonst noch so geschah – weitere Kurz-Nachrichten, die auch mal Ober-Alvensleben und Berkenwerder erwähnen.
Es ist ja so, dass fast alle Familien miteinander bekannt, viele auch miteinander verwandt sind. In Dechsel leben ungefähr 140 Familien, in Massow nur 30 und in Nieder-Alvensleben gar nur 24.
1817:
Carl Friedrich Dittwald ist Dragoner in Dechsel. Er sorgt mit für Recht und Ordnung.
1820:
Unser Schuhmacher–Meister Johann Friedrich August Vigilantius, er ist 46 Jahre jung, heiratet in Massow am 06. August 1820 die 30-jährige Anne Maria Bartel. Die Trauung ist natürlich in Dechsel, weil Massow, wie ihr schon wisst, keine eigene Kirche hat.
Der Kolonist Schleusener aus Landsberg baut in Berkenwerder eine Ziegelei auf.
Schneidermeister in Dechsel ist Wilhelm Hagemann.
Militär: Samuel Ludwig Dittwald dient als Dragoner und wird von Landsberg aus befehligt.
Gastwirth in Dechsel ist Christian Spielberg.
Wir bekommen nun auch eine so genannte Zeitung. Von jetzt an gibt es regelmäßig ein „Neumärkisches Wochenblatt“. Es liegt beim Prediger und auch beim Krüger und bei ... und darf auch von Hand und Auge zu Hand und Auge weitergereicht werden. Nur interessant für jene, die des Lesens mächtig sind. Die anderen müssen ihre Ohren aufsperren – das übt die Merkfähigkeit.
1826:
Kirche der Parochie / des Kirchspiel Dechsel: Es stirbt unser guter langjähriger Prediger Michael Schmeling im Alter von 63 Jahren am 19. April 1826, um 12 Uhr des Mittags an Brustwassersucht. Er hinterlässt nur die Wittwe. Sie hatten keine eigenen Kinder. Das letzte Geleit für unseren bisherigen Seelenhirten führen am 23. April an: Der Herr Superintendent Krause sowie der Prediger Seidel und der Vicarius Dämicke. Eine ausführliche Leichenpredigt wird gehalten. (KB C 3 / 1826), Scan C M Sch 1826-421.)
Unser nächster Prediger wird dann Herr Eduard Gebauer sein. Dieser ist schon längst verheiratet. Seine Ehefrau heißt Johanne und ist eine geborene Hennig.
1828:
Eine Pocken-Seuche verbreitet Angst und Schrecken, Not und Verderben sowie den Todt.
Recht und Ordnung: Samuel Ludwig Dttwald ist auch der Gerichtsschulze zu Massow.
Kleine Ehrung als groß empfunden: Der Invalide Michael Buchholz, Massow, und auch der Christian Friedrich Doberstein in Ober-Alvensleben, gehören zu den Inhabern der „Krieger-Denkmünze“.
1830:
Schneider-Meister in Dechsel ist Friedrich Werner und
Schmiedegesell in Dechsel ist Johann Springmann.
Es starb am 15. Mai unser Kantor, Küster und Schullehrer Johann Sigismund Jänsch im Alter von 63 Jahren, 6 Monaten und 6 Tagen. Sein Leben endete wegen Schwindsucht im Unterleibe.
1832:
Schul-Lehrer in Dechsel ist August Heinrich Jänsch, einer der Söhne des Verstorbenen.
Krüger ist Johann David Strauß. Sein Haus erfreut sich guten Zuspruchs.
Recht und Ordnung: Nathanael Lehmann ist Gerichtsschulze in Massow.
Schmidt (= Schmied) ist Friedrich Wilhelm Heinrich, ein Kolonist in Nieder-Alvensleben.
Schlächter-Meister in Massow ist Lorenz Werner (Familienname)
1833:
Unser Schlächter-Meister Lorenz Werner ist in Massow am 17. Januar an Auszehrung gestorben (Mangelernährung. Fehlte es dem Fleischer an Gemüse?) Er war 65 Jahre alt.
Recht und Ordnung: Gerichtsschulze in Nieder-Alvensleben ist Lutter.
1834
Krankheiten: In diesem Jahr grassiert hier die Ruhr mit schweren Durchfallerkrankungen, blutigen Stühlen und Wasserentzug. Eine Anzahl von Todesopfern ist zu beklagen.
Es starb unser Massower Pantoffelmacher Johann Friedrich August Vigilantius, im Alter von 58 Jahren am 19. Dezember 1834 am Schlagfluss. Im vergangenen Jahr hatte er seine Frau Marie am 18. Februar mit 54 Jahren verloren. Abzehrung (Mangelernährung).
1835:
In diesem Jahr wird nun auch unser Prediger Eduard Gebauer Vater eines eigenen Kindes.
Krüger, Bauer, Kirchenvorsteher und Gerichtsmann in Dechsel ist Christian Wunnicke, der Ehemann von Anne Elisabeth, geb. Dittwald.
1837
Schmiede-Handwerk: Immanuel Rathenburg ist Schmiedemeister in Dechsel.
Schullehrer in Dechsel ist immer noch August Heinrich Jänsch.
Windmüller in Ober-Alvensleben ist Ernst Riedeler.
Schneider-Meister (ein Kleidermacher) in Dechsel ist August Jantsch.
Unser Fleischer in Dechsel ist – wie ihr es wohl alle wisst – der Ernst Fiedler.
1838
Prediger Gebauer und Prediger Henseler betreuen unsere Gemeinde, ja die gesamte Parochie, derzeitig gemeinsam.
1839
Seltene Heirat: Es heiratet unser neuer Prediger der Parochie / dem Kirchspiel Dechsel Herr Karl Wilhelm Henseler am 22. Mai 1839. Er ist jetzt 32 Jahre alt. Sein Vater heißt ebenfalls Karl Wilhelm Henseler (der Ältere) und ist ein bereits pensionierter Werkmeister, der im Landarmenhaus Landsberg tätig war. Jener wohnt jetzt auch hier im Predigerhause.
Die Braut ist nicht von hier ansässig. Sie heißt Henriette Maria Burchardi, ist 21 Jahre jung und stammt aus der Stadt Potsdam. Ihr schon verstorbener Vater war dort Königlicher Regierungsbeamter. Was mag das Mädel aus der fernen vornehmen Residenz nur nach hierher verschlagen haben – bloß der Herr Pastor Karl Wilhelm? Herr Henseler ist für dieses Bündnis nicht sein eigener Trau-Geistlicher. Diese Handlung vollzieht der Prediger Herr Luge aus Gralow. (Scan Dechsel: B Hen Bur 1839 / 312).
Krankheiten: In diesem Jahr geht das Scharlach-Fieber in der Gegend um und fordert seine Opfer – so ist es in mehreren Jahren und auch 1847 wird es leider wieder so sein.
Verwaltung und Recht: Wilhelm Nadolle ist Gerichtsmann in Dechsel und Karl Ferdinand Kurzweg in Massow..
Tischler-Meister ist Johann Krüger in Dechsel, ebenso Henning (Familienname).
Schäfer in Dechsel ist Gottfried Sommer – ihr alle kennt ihn – einer der Unsrigen mit den geringsten Einkünften – und dabei ein gutes Herz und ein wetterfester Sinn.
1840
Ziegelei: Karl Friedrich Reetz arbeitet in der Ziegelei als Ziegelstreicher. Ein harter Dienst.
Schullehrer Johann Ludwig Rapsch stirbt in Massow mit 74 Jahren.
Der Lehrer Franz Wilhelm Eduard Hinze unterrichtet in Massow.
Schulvorsteher ist Karl August Kirchner.
Schneider-Meister oder Schröder (Gewand-Sticheler) in Dechsel ist Julius Wunnicke.
1841
Es ist von uns nicht zu ändern: Es starb die junge Frau unseres Pastors, also Henriette Maria Henseler geborene Burchardi, am 11. November 1841, vormittags um halb 10 Uhr, im Alter von nur 23 Jahren, 4 Monaten und 21 Tagen nach längerem Brustleiden, an einer Lungenlähmung. Sie hinterlässt den Gatten und ein Kind. Bestattet wurde sie in Dechsel am 14. November 1841. Quelle: KB Dechsel C 17 / 1841. Scan C H Hen 1841-395.
1843
Verwaltung: Carl Ferdinand Kurzweg ist Gerichtsmann und Schulvorsteher in Massow.
1844
Es stirbt nun auch der Vater unseres Pastors, Karl Wlhelm Henseler. Er war ehemals Werkmeister im Landarmenhaus in Landsberg a. d. W. Diese Einrichtung bestand ab 1799 für Arme aus der Provinz Brandenburg aber auch für Irrsinnige und für den Strafvollzug.
Der Tod ereilte ihn am 11. Juni 1844, im Alter von 74 Jahren, 8 Monaten und 16 Tagen. Er starb an starkem Blutverlust und Altersschwäche. Am 14. Juni wird er in Dechsel begraben.
1845:
Beate Luise Henseler, geb. Schuegula, die Ehefrau des Vorgenannten und Mutter unseres Predigers, ist nun auch am 24. August mit 73 Jahren und 26 Tagen in die Ewigkeit eingegangen. Brustwassersucht. Sie wird am 27. August von ihrem Sohn in Dechsel bestattet.
1846
Schuhmacher-Meister Ernst Wilhelm Schölzel heiratet die Augustine Senff.
Mühlen-Meister in Massow ist Friedrich Thiede.
Geburtshilfe: Es stirbt die Hebamme Maria Elisabeth Reiss im Alter von 70 Jahren in Dechsel.
Schneider-Meister Carl Reinhold Lehmann stichelt in Massow.
1853
Schuhmacher-Meister in Nieder-Alvensleben ist Adolph Blume.
Recht und Ordnung: Gerichtsmann ist der Kolonist Carl Ludwg Klatte.
1847
Materialist ist Gottlieb Ziemann. Er betreibt einen Handel mit allen üblichen und notwendigen Materialien und Gebrauchsgegenständen für den Kolonistenbedarf.
1849
Als Mühlen-Meister ist in Ober-Alvensleben der Otto Ewest ansässig.
Schmiede-Meister in Dechsel sind Johann Julius Buttke und Johann Ludwig Falke.
Als Küster und Schullehrer ist immer noch August Heinrich Jänsch angestellt.
Schullehrer außerdem: Johann Föllmer.
1850
Recht und Ordnung: Gerichtsschulze in Massow ist Wilhelm August Rostin.
Als Schullehrer ist in Massow Johann Heinrich Lauke tätig.
Mühlen-Meister / Mühlenbesitzer in Dechsel ist Carl Friedrich August Heese.
1855
Zimmermann ist Dittwalds Carl Ludwig. Dessen Sohn August lernt ebenfalls dies' edle Handwerk und auch der kleine Wilhelm eifert ihm bereits nach. Zwischen denen liegen aber noch die Töchter, respective Schwestern Ernstine, Augustine und Luise – jene sollen solcherart Ziele mitnichten verfolgen. Sie sind vorausschauend für anderes bestimmt.
Krüger in Berkenwerder Carl Ludwig Ferdinand Schleusener.
Ziegeleibesitzer in Berkenwerder ist Friedrich Schleusener.
1857
Eisenbahn: Wir bekommen einen Bahnhof! Dieser wird in Landsberg gebaut – eineinhalb gute Fußstunden nördlich von hier. Der Bahnhof liegt dann später an der Strecke Küstrin – Schneidemühl der Preußischen Ostbahn, die seit dem vorigen Jahr errichtet wird. Auch weitab, von Frankfurt bis nach Berlin wird an der Strecke gebaut. Dazwischen aber liegt die Oder. – Ach, so schnell ging das: Am zweiten Wochenende des Oktober wird dieser Bahnhof feierlich eröffnet. Und das Schönste: Später soll von Landsberg eine kleine Nebenstrecke zu uns abzweigen, bis nach Dechsel und dann sogar darüber hinaus in Richtung Schwerin.
Schmiede-Meister in Dechsel ist Julius Hermann Rose.
Mühlen-Meister ist zu Ober-Alvensleben der Karl Sauer.
Tischler-Meister in Ober-Alvensleben ist Friedrich Julius Scheibe.
1860
Briefträger / Postbote in Dechsel ist Johann Gottlieb Roggebach.
Recht und Ordnung: Unser Nachtwächter in Dechsel ist Johann Ludwig Adam.
Schuhmacher in Dechsel ist Karl Friedrich Ferdinand Sorge.
Tischler-Meister in Massow ist Ernst August Lange.
1864
Der Gärtner in Dechsel ist Ferdinand Kalisch.
Fleischer-Meister in Dechsel ist Heinrich Kähn.
Stellmacher-Meister in Dechsel ist Ferdinand Julius Engelmann und
Viehhändler, ebenfalls in Dechsel, ist Wilhelm Müncheberg.
1868
Die Kunststraße – wieder ein Ereignis ersten Ranges! Von Landsberg aus bis zu uns nach Dechsel und darüber hinaus nach Berkenwerder oder bald gar bis nach Schwerin, wird der breite Sandweg in eine Kunststraße umgemodelt. Stein an Stein gesetzt, so viele Meilen weit. Man kann sich's kaum vorstellen. Schon allein – so viele Steine zu sammeln und heranzuschleppen! Für die Pferde eine Qual – aber gerade für jene soll es ja bedeutend leichter werden doch eben auch viel härter und wesentlich lauter. Mal sehen. Mal hören.
1888
Wieder ein großes Hochwasser von der Warthe. Viele sind mit großem Schaden betroffen. Die aufgeschütteten Dämme vermögen nicht alles so zu halten, wie es notwendig wäre.
Und so geht das immer weiter mit den neuesten Nachrichten über einige der Begebenheiten und Merkwürdigkeiten.
Nun aber sind wir ja in einer Zeit angekommen, über die ihr ja alles Wesentliche aus eigenem Erleben kennt – und aus der Zeitung. Daher lege ich an dieser Stelle die Feder beiseite und ruhe ein wenig. –
Und
wir beenden unsere Lesepause und schauen zu, wie ich im Sommer 1999
von Massow nach Eulam / Ulim in westsüdwestlicher Richtung rolle.
Hier säumen Kopfweiden die Straße. Der nächste Ort, durch den die
schnurgerade, wenig befahrende Nebenstraße führt, heißt
Bürgerbruch / Bialoblocie, (polnisch mit „schräg
gestrichenem > l
< geschrieben und gesprochen) ein Straßendorf, ein junger
Ort, der erst 1805 gegründet wurde. Hinter jedem der Gehöfte
erstreckt sich eine lange schmale, gärtnerisch oder
landwirtschaftlich genutzte Fläche. Die Bebauung ist heute etwas
lückenhaft. Mein altes Messtisch-Blatt weist eine damals engere
Bebauung aus.
Am Beginn des sich unmittelbar anschließenden Ortes Schönewald / Krasowiec, durch den die Straße im bisherigen Verlauf ein Stückchen weitergeführt wird, biege ich jedoch nach rechts auf die Straße 132 ab und rolle nach Nordwesten. Nach etwa 3 km erreiche ich die Häuser von Rodenthal, wende ich mich dann jedoch nach links und nutze eine Asphaltpiste, die durch einen kleinen Kiefernwald nach Eulam führt.
Eulam / Ulim
Diese eine Asphaltstraße und mehrere Sandwege führen in das Haufendorf mit länglichem Dorfanger, auf dem die Kirche steht. Himmlische Ruhe. Auch Eulam ist ein altes Dorf. Bereits für das Jahr 1316 ist nachgewiesen, dass Markgraf Ludwig (der Ältere) „dat Dorp Ulem“ der Stadt Landsberg übereignete.
Im Jahre 1909 hatte Eulam 65 Wohnhäuser. In jenen lebten 74 Familien und fünf Einzelpersonen. Von den 387 Einwohnern waren 51% männlich und 49 % weiblich. Die durchschnittliche Familienstärke betrug fünf Personen. Die Gemarkung umfasste eine Fläche von 839 Hektar.
Die Grundstücke des Dorfes vermitteln einen gepflegten Eindruck.
Der elegant wirkende Kirchturm stammt aus dem Jahr 1747. Das Kirchenschiff jedoch wurde von 1874–1876 neu erbaut und löste eine Fachwerkkirche ab, die man 1678 errichtet hatte. Die Glocke im Kirchturm hat einen Durchmesser von 88 cm. Sie wurde im Jahre 1701 in Berlin, in der Gießerei von Johann J.(oachim?) Schultz gegossen.
Am Dorfausgang von Eulam geht die Asphaltstraße in einen trockenen, staubigen Sandweg über – seit Wochen hat es nicht geregnet. Die Fahrt auf schmalen Reifen, zurück nach Landsberg, führt über Egloffstein / Lagodzin und die Siedlung Rosswiese.
Da die Zeit des Tages so recht prall ausgefüllt sein soll, entschließe ich mich von Landsberg dann weiter in nordöstlicher Richtung über Lorenzdorf nach Jahnsfelde zu fahren, wo sich der Lebenskreis von Ernestine Wilhelmine Dittwald, geborene Kluth / Klutt, schloss.
Jahnsfelde
Verlief die bisherige Tour durch die Ebene auf der Höhe von etwa 20 m über Normal Null, so geht es zu meinem letzten Tagesziel fast ständig bergauf. 4 km hinter Lorenzdorf / Wawrow erreiche ich die Höhe von 90 m über NN und mein Ziel, das Dorf Jahnsfelde / Janczewo. Im Ortszentrum der leicht erhöhte Kirchplatz. Diese Kirche ist allerdings nicht nutzbar, von Erscheinungen des Verfalls gezeichnet. Der Turm ist provisorisch gestützt und eingerüstet. Errichtet wurde das Gotteshaus in den Jahren 1733–1735. Neben der Kirche liegt der Gutspark mit einem riesigen aber leeren Speichergebäude am Rande des Parks. Das ehemalige Gutshaus, der Herrensitz, aber wurde offenbar vor langer Zeit abgerissen.
Den
Ort nannte man bereits um 1337 „Jansfelde“. Lehnsherren waren die
v. Wulkow. Das Dorf hatte eine Flächenausdehnung von 64 Hufen. 1499
bestanden zwei Rittersitze in „Gansfeld“. Besitzer waren zu jener
Zeit: Strauß zu Stolzenberg und Wermsfelde sowie Herr v. Rülicke zu
Zantoch. 1608 war das Dorf im Besitz derer v. Platow. 1717 gehörte
der Grundsitz zu den
v. Schöning und 1844 dem Grafen von
Schulenburg-Lieberose.
1909 hatte Jahnsfelde 38 Wohnhäuser. In jenen lebten 51 Familien und sechs Alleinstehende. Von den 254 Einwohnern waren 52% männlich und 49% weiblich. Eine Familie bestand im Durchschnitt aus fünf Personen. Die Feldflur von Jahnsfelde umfasst 408 Hektar.
Bei meinem heutigen Besuch zeigt die Umgebung von Jahnsfelde auf den Feldern reifes Getreide auf den leicht geneigten Hängen, das in der Sonne unter blauem Himmel goldgelb leuchtet.
Die Rückfahrt von Jahnsfelde nach Landsberg geht, ein jeder kann es sich denken, fast stets bergab. Hinter Lorenzdorf dann auf einer sehr breiten Allee, deren Fahrbahnen mittels eines Grünstreifens voneinander getrennt sind. Leicht, schnell und trittlos, dafür aber mit heißen Bremsen, lege ich dieses letzte Stück der Radtour bis zum Landsberger Stadtzentrum zurück.
Die Fahrradstrecke an diesem Tage betrug etwa 65 km – eine gemütliche Tour mit Zeiten für Gedanken an frühere Zeiten und Fotostopps.
Gerade noch rechtzeitig – wie geplant – komme ich zur Abfahrt des Zuges nach Kostrzyn um 18.07 Uhr zum Bahnhof Landsberg. Auch die Weiterfahrt nach Berlin-Lichtenberg und die S-Bahnfahrt nach Potsdam verlaufen zügig, so dass ich um 22.45 Uhr wieder zu Hause eintreffe.
Ein herrlich gefüllter Tag voller neuer Eindrücke die verarbeitet werden wollen, liegt hinter mir.
– Ende dieser Kurz-Reise –