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Zur Ahnenliste „Janecke“, Familienverband „Sotscheck“, gehörend:


Tabellarischer Lebenslauf von


Alfred Cassirer, * Görlitz 1875, † Berlin 1932


und seiner Ehefrau


Elisabeth Johanna Sotscheck, * Nowawes bei Potsdam 1887, † Berlin 1974


und deren Tochter Eva, * Berlin 1920, † Calvià, Mallorca, Spanien, 2009.


Zusammengestellt von Chris Janecke, Bearbeitung: April 2020,

ergänzt mit dem Wissens-Austausch weiterer Familienforscher

über „My Heritage“ und Informationsseiten von Wikipedia.

Zum Text gibt es einige Bilder. Bitte hier klicken.

Kontakt: E-Mail: christoph@janecke.name

Eingangsbemerkung von Chris Janecke zur lebendigen Familienforschung:



Vor etwa zwei Jahrzehnten erfasste ich im Kirchenbuch der Friedrichkirch Nowawes (seit 1939 Potsdam-Babelsberg) die Taufe meiner kleinen Verwandten Elisabeth Johanna Sotscheck.

Nach jener Taufe im August 1887 „sah und hörte ich nichts mehr von ihr” – lag für mich ihr Schicksal im Dunkel. Nun, im Frühjahr 2020 „begegnete sie mir“ dann doch plötzlich und unerwartet wieder ... und sie erzählte mir kurz ihren damaligen weiteren Lebensweg ... und sie merkte auch an, wie es nach ihrer Lebenszeit weiterging. Ich habe das für euch aufgeschrieben.

Ihr könnt es also lesen – in den folgenden tabellarischen Lebensläufen:



- Cassirer oo Sotscheck, - Blumenreich oo Sotscheck und - Cassirer oo Soffen.

Es ist aber so, dass wir mit diesen Erkenntnissen noch sehr wenig über diese Lebenszeiten wissen und auch erkennbare Datenlücken sollen geschlossen werden. Diese Arbeit ist also nicht beendet.



Generation: Ahn:

Generation: Ahnin:

Die Großeltern

Generation: Ahn:

Generation: Ahnin:

Sotscheck

Maager


Name

Dr. Cassirer

Schiffer

Johannes

Klara


Vorname

Louis Leopold

Ludwig

Emilie Eva

* Nowawes, am

22. März 1848

* Rakow, Provinz Posen, am

24. August 1853


Geboren

* Gleiwitz,

01. April 1839

* Görlitz,

10. Mai 1847

Sotscheck, Friedrich Gottlieb oo

Melzheimer Caroline Friederike

Maager, Alexander

deren Eltern,

(also die Urgroßeltern)



Weber-Meister, später

Kassenverwalter in der Ortskrankenkasse

Ehefrau und Mutter


Beruf

Unternehmer, Inh. der Cassirer-Kabelwerke in Hakenfelde bei Berlin (Spandau)

Ehefrau und Mutter

Putzig-Hauland in Pommern, am

09. April 1874


Heirat

vor 1868

Nowawes, am

12. Oktober 1922

Nowawes, am 21. Januar 1934


Gestorben

Charlottenburg

27. April 1904

Berlin,

31. Januar 1890



Hinweis!

ist nicht identisch mit dem



Das Ehepaar = Die Probanden = Die Eltern


Alfred Cassirer oo Elisabeth Johanna Sotscheck (später auch „Hannah“)





Vater:

Generation: / Ahn:



Mutter:

Generation: / Ahnin:

Name:


Cassirer

Sotscheck

Vornamen:


Alfred

Elisabeth Johanna

(seit der Ehezeit „Hannah“ genannt.)



Deren

Eltern =

(Groß-

eltern)


Väter:


Dr. Louis Leopold Ludwig Cassirer,

Unternehmer:

Cassirer-Kabelwerke in Charlottenburg und Hakenfelde bei Berlin (Spandau).


Johannes Sotscheck, Nowawes,

Weber-Meister und später Rendant bei der Ortskrankenkasse in Nowawes bei Potsdam.

Mütter:

Emilie Eva Schiffer

Klara Maager


Geboren:


Geboren in Görlitz,

am 29. Juli 1875.

Geboren in Nowawes, Kirchplatz 16, am 24. Juli 1887, vormittags 11½ Uhr. Quelle: Standesamt Nowawes,

A 203 / 1887 auf Film P 283, S. 107.


Taufe:



Nach mosaischem Brauchtum.

Evangelische Taufe am 28. August 1887, Prediger Harnisch. Die Paten:

1. Bäckermeister Bowitz, hier

(Priesterstraße 39),

2. Herr Popp, Neuendorf,

3. Herr Siermann, Potsdam.

Quelle: KB Friedrichs-Ki. 206 / 1887.


Beruf / Stand oder Gewerbe:


Ingenieur, Mitinhaber der Kabelfabrik.

Weitere Angaben im Anschluss an diese Tabelle.


Hausfrau und Mutter

Wohnanschriften vor der Ehe:


in Charlottenburg, Berliner Straße 83. Telephon: Ch. 84 84

in Charlottenburg bei Berlin, Hardenbergstraße 4 / 5.

Johanna ist aber (1908 ... 1912) nicht im Adressbuch erwähnt, also wohnt sie offenbar zur Untermiete.

Eheschließung:

(Standesamt)


Elisabeth Johanna Sotscheck


I. oo 15. Juli 1912, Charlottenburg bei Berlin,


Alfred Cassirer


o-o 28. Dez.1923







Elisabeth Johanna Sotscheck heiratet in Charlottenburg bei Berlin, am

15. Juli 1912, im Alter von 25 Jahren den Ingenieur Alfred Cassirer.

Den Bräutigam kennzeichnet bereits eine Lebensreife von 37 Lenzen.

Hier gibt es eine mixta religio.


Es bewegt mich die Frage wie es dazu kam, dass ein evangelisches Mädchen ohne finanziellen Rückhalt (Mitgift) aus dem sozialen Stande des schlichten Handwerkertums in eine Familie des akademisch geprägten jüdischen Bildungsbürgertums einheiratete. War da „nur zufällig und ausschließlich“ eine zeitweilige Verliebtheit die Ursache? Und wo, bei welchem Anlass hatte diese Zufälligkeit ihren Ursprung und warum nahm sie gerade diese Entwicklung? Johanna kam als junge Erwachsene von Nowawes nach Charlottenburg und war ohne Beruf. Wie mag die Einstellung der Schwiegereltern gegenüber Johanna gewesen sein? Die Fragen bestehen, sind interessant und erlaubt – aber wir, als spät Nachgeborene, können / müssen nicht alles detailliert erfahren. Viele Fragen aus dem Leben bleiben unbeantwortet.


Aus dieser Ehe stammt die Tochter Eva Cassirer, geboren am 28. Januar 1920, die evangelisch erzogen wurde und später Gerald Soffen ehelicht.


Im Jahr 1923 entsteht im Auftrag des Vaters eine wunderschön gelungene Bronzeplastik des Kopfes des Töchterchens Eva, geschaffen von dem befreundeten Berliner Bildhauer Georg Kolbe.


Das Zusammenleben des Paares verlief offenbar nicht unproblematisch.

Die Ehe zwischen Alfred und Johanna wurde deshalb 1923 im Berliner Landgericht I geschieden. Das Urteil wurde am 28. Dezember 1923 rechtskräftig. Die Ehe hatte nach Aktenlage 11 Jahre gewährt.


Elisabeth Johanna Sotscheck


II. oo 24. Apr. 1924


Leo Blumenreich



Am 24. April 1924 tritt Johanna in ihre zweite Ehe ein. Sie heiratet den (Leonard Lewi) Leo Blumenreich, der am 18. September 1884 geboren wurde. Beide Ehemänner kannten sich relativ gut, denn Leo war in der Galerie von Alfreds Bruder, Paul Cassirer, der Mitinhaber und auch dort in der Kreuzberger Viktoriastraße 35, als Galerist tätig. Jener Leo Blumenreich stirbt genau wie Johannas erster Ehemann im Jahr 1932. Leo erreicht das Lebensalter von 51 Jahren.


Noch im Jahre 1932 ist die nun 45-jährige Johanna bereits Witwe.

Aufgrund einer „Verfügung des Innenministeriums des Deutschen Reiches, vom 04. Dezember 1935“, hat die Witwe Johanna Blumenreich ab 1936 wieder ihren Mädchenamen „Sotscheck“ zu führen.


Die Geschwister in der Cassirer-Familie


1. Richard (1868–1925) Prof. Dr. med., Arzt, Neurologe

2. Hugo (1869–1920) Dr. phil. Fabrikant, Mitinhaber der Cassirer-

Gummi- und Kabelwerke

3. Paul (1871–1926) Verleger, Kunsthändler und Galerist.

4. Else (1874–1943)

5. Alfred (1875–1932) Kunstsammler, Mitinhaber der oben genannt.

Kabelwerke

6.Margarete (1876–1930)


Die Geschwister in der Sotscheck-Familie – alle Geburten in Nowawes, Kirchplatz 16 u. 17

1. Johannes Hugo Gottlieb, * 1875, Arbeiter oo Korallis

2. Anna Margarethe Caroline, * 1876, oo Sattler- u. Tapezier-Meister Müller

3. Elisabeth Clara Anna, * 1877 oo Postassistent Boy

4. Hedwig Elisabeth, * 1878 oo Schlosser Weltzer

5. und 6. Die Zwillinge Richard Max und Paul Bernhard, * 1883, † 1883

7. Eduard Ernst, * 1884, † 1885

8. Elisabeth Johanna, * 1887, I oo Cassirer, II oo Blumenreich

9. Richard Fritz, * 1889, oo Müller


Wohnanschriften


1912: Auch nach der Eheschließung nutzt das Ehepaar Alfreds bisherige Wohnung in Charlottenhof bei Berlin, Berliner Straße 83, Tel. Wilh. 48 17.

Das Ehepaar zieht 1917 um, nach Berlin W 10, in die Stülerstraße 8,

2 Treppen hoch, Tel. Lzw. 96 92.

Diese Wohnung wird Alfred auch der Scheidung im Jahre 1923, bis zu seinem Lebensende im Jahre 1932 beibehalten.


Tod / Gestorben:

Bestattet:


Gestorben ist Alfred in Berlin am

11. Juli 1932, knapp 57 Jahre alt. Friedhofsanlage an der Heerstraße in Berlin-Westend. Grabanlage 5-C-1/2.

Elisabeth Johanna, genannt „Hannah“ Sotscheck, starb in Berlin

am xx. xx.1974, mit rund 87 Jahren. (Die Berliner Archive geben die Daten noch nicht frei).


Ergänzung zur Zeile Beruf des Ehemanns: Weitere Aktivitäten des Alfred Cassirer.


Die beigefügten Bilder beziehen sich im Wesentlichen auf jene Neben-Tätigkeiten.

- Adressbucheintrag 1912: Fabrik-Mitinhaber der Kabelfabrik Charlottenburg, Keplerstraße 1–7.

Inhaber: Dr. phil. Hugo, Julius und Alfred Cassirer. Später auch Fabrik in Hakenfelde (Spandau).

- Aktiver Ballonfahrer. Im Jahre 1908 gewann Alfred den 1. Preis in der Klasse 3, in einer

Langstreckenfahrt mit dem eigenem Ballon „Hewald“.

- Mitbegründer des Kaiserlichen Aero-Clubs auf dem Flugplatz Johannisthal bei Berlin.

- Mitgesellschafter der Motorluftschiff-Studien-Gesellschaft.

- Kunstsammler und Galerist ... auch mit seinem Bruder Paul Cassirer und Leo Blumenreich.

- 2. Vertreter der Sektion I der Maschinenbau- und Kleineisenindustrie-Berufsgenossenschaft.

! Diese Informationen zu Alfred Cassirer sind aus Darstellungen bei Wikipedia entnommen !

Die Herkunft der Elisabeth Johanna Sotscheck, in der Ehezeit „Hannah“ genannt, stellt sich folgendermaßen dar:


Kurzfassung: Familie Sotscheck in Nowawes

Namentlich erwähnt ist nur jeweils jenes eine Kind, das in die Richtung

zu den jüngsten Vertretern dieses Ahnenzweiges führt.

Weitere „Zweige“ sind bekannt, hier aber nicht dargestellt.



Sotscheck, Wenzel (sen.)

weit vor 1700

vor 1770

vor 1718

aus Böhmen (Königgrätz)



*

oo

5 Kinder nachgewiesen


N., Werema (Zweitname nicht

1703 (überliefert)

05. 05. 1767

vor 1718

aus Böhmen stammend


Sotscheck Wenzel, (jun.)

(1711 ?) in Böhmen

27. 04. 1816

04. 06. 1754



*

oo, 13 Kinder


Fuchs, Johanne Charlotte, gen.: Anna

(11. 11. 1732) aus Collin, Böhmen

22. 01. 1817

04. 06. 1754


Sotscheck, Joseph Friedrich

06. 08. 1765

13. 04. 1840

24. 09. 1797



*

oo, 9 Kinder


Wagnitz, Anna Dorothea

Potsdam, (1773)

23. 12. 1839

24. 09. 1797


Sotscheck, Friedrich Gottlieb

(d. Ältere) Weber, Fabrikant

13. 03. 1813

29. 12. 1883

16. 04. 1837




*

oo, 13 Kinder


Melsheimer / Melzheimer,

Caroline Friederique / Friederike

01. 02. 1813

03. 09. 1896

16. 04. 1837


Sotscheck, Johannes Carl Friedrich, Weber-Meister,

Kassenverwalter

22. 03. 1848

12. 10. 1922

09. 04. 1874





*

oo, 9 Kinder


Maager, Klara



24. 08. 1852

21. 01. 1934

09. 04. 1874

als 8. von neun Kindern:

Sotscheck, Elisabeth, Johanna, (gen. „Hannah“)

24. 07. 1887

Berlin 1974

I oo 15. 07. 1912

II oo 24. 04. 1924




*

oo, 1 Kind: Eva


I. oo Cassirer, Alfred * 29. 07. 1875

11. 07. 1932


II. oo Blumenreich, Leo * 18. 09. 1884

12. 05. 1932





(Sinngemäße Abschrift) B



Eintrag der Eheschließung Nr. 554 / 1912


des Standesamtes in Charlottenburg bei Berlin


Charlottenburg, am 15. Juli 1912


–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––



Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschienen heute zum Zwecke


der Eheschließung:




1. Der Ingenieur Alfred Cassirer,


der Persönlichkeit nach durch die Aufgebotsverhandlung anerkannt,

mosaischer Religion, geboren am 29. Juli des Jahres 1875 zu Görlitz,

wohnhaft in Charlottenburg, Berliner Straße 83,


Sohn des verstorbenen Fabrikbesitzers Louis Leopold Cassirer,

zuletzt wohnhaft in Charlottenburg und seiner

Ehefrau Emilie, geborene Schiffer, zuletzt wohnhaft in Berlin.






2. Die Elisabeth Johanna Sotscheck


ohne Beruf, der Persönlichkeit nach wie der Verlobte anerkannt,

evangelischer Religion,

geboren am 24. Juli des Jahres 1887 in Nowawes, Kreis Teltow,

wohnhaft in Charlottenburg, Hardenbergstraße 4 / 5.


Tochter des Rendanten Friedrich Carl Johannes Sotscheck und

seiner Ehefrau Clara, geborene Maager, beide wohnhaft in Nowawes.



- Seite 2 -








- 2 -


Als Zeugen waren zugezogen und erschienen:


3. Der Kaufmann Paul Cassirer,


(Bruder des Bräutigams)


der Persönlichkeit nach durch Ausmusterungsschein anerkannt,


41 Jahre alt, wohnhaft in Berlin, Margaretenstraße 1,



4. Der Kaufmann Eduard Krüger,


der Persönlichkeit nach durch seinen Reisepaß anerkannt,


45 Jahre alt, wohnhaft in Charlottenburg, Kirchhofstraße 6.



    Der Standesbeamte richtete an die Verlobten einzeln und nacheinander

    die Frage: ob sie die Ehe miteinander eingehen wollen.

    Die Verlobten bejahten diese Frage und

    der Standesbeamte sprach hierauf aus,

    daß sie kraft des Bürgerlichen Gesetzbuches nunmehr

    rechtmäßig verbundene Eheleute seien.


Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben


gez. Alfred Cassirer


gez. Elisabeth Johanna Cassirer, geborene Sotscheck


gez. Paul Cassirer


gez. Eduard Krüger


Der Standesbeamte

in Vertretung


gez. Unterschrift


- ein Nachtrag auf S. 3 -


Dem Sinn entsprechende Abschrift: Chris Janecke



Nachtrag als Seite 3, dem

Eintrag der Eheschließung im Standesamt Charlottenburg bei Berlin, Nr. 554 / 1912 beigefügt:




Dieser Nachtrag steht

im Original als Randnotiz

rechts oben auf der Seite 1

des Eintrages

(Zu) Nr. 554

Charlottenburg, am 17. Januar 1924.


Durch das am 28. Dezember 1923 rechtskräftig gewordene Urteil des Landgerichts I in Berlin, ist die Ehe zwischen dem Alfred Cassirer und der Elisabeth Johanna Cassirer, geborene Sotscheck, geschieden worden.


Der Standesbeamte – in Vertretung - gez. Sterzel




Die Tochter der Eltern:

Alfred Cassirer oo Elisabeth Johanna Sotscheck (später auch „Hannah“):


Eva Cassirer



Einige Ereignisse aus dem Leben der Eva Cassirer.

Über sie gibt es weitere Informationen im Lebenslauf: Soffen oo Cassirer


1920: Eva wurde in Berlin, am 28. Januar 1920 geboren.

Ihr Vater ist der Ingenieur Alfred Cassirer, geboren in Görlitz, 1875; gestorben in Berlin, 1932.

Ihre Mutter ist Elisabeth Johanna Sotscheck, geboren in Nowawes, 1887; gest. in Berlin 1974.


1923: Der mit dem Ehepaar Cassirer befreundete Berliner Bildhauer Georg Kolbe gestaltet eine Nachbildung des Kopfes von Eva, in Bronze gegossen – eine wunderschön-gelungene Arbeit.

1923: Die Ehe der Eltern von Eva wird im Dezember 1923 geschieden.

1924: Eva Cassirer wohnt nach der Eheschließung der Mutter mit Leo Blumenreich von diesem Jahre an, mit auf seinem Villengrundstück in Berlin-Grunewald, Wildpfad 28.

Die darauf stehende Villa wurde 1924 errichtet.

1932: In diesem Jahr sterben sowohl Evas Vater Alfred Cassirer, 57 Jahre alt, als auch ihr Stiefvater Leo Blumenreich 51 Jahre alt.

Zwischen 1933 und 1945 verstecken und versorgen Mutter Johanna und ihre Tochter Eva im Keller des Hauses Berlin, Wildpfad 28, mehrere jüdische Mitbürger. Ferner konnte Evas Mitschülerin jüdischer Herkunft, Elisabeth Jacoby, als Dienstmädchen „Liselotte Lehmann“ im gleichen Hause wohnen und tätig sein – mit neuen Personal-Papieren, die Eva beschafft hatte.

Wie wir wissen, bedeuteten diese Leistungen von Johanna und Eva auch die Gefährdung des eigenen Lebens.

1939, im Mai. Drei Monate vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges:

Schiffspassage zum Zwecke der Aufnahme eines Studiums (offiziell: der Auswanderung aus Deutschland / Einwanderung in die USA). Mutter Johanna wird jedoch nicht in Amerika bleiben, sondern die Tochter nur begleiten. Das heimatliche Haus ist auch zwischenzeitlich in sicherer Obhut. Johanna steht im 50. Lebensjahr und Tochter Eva ist jetzt 19 Jahre jung. Johanna und Eva reisen also vorerst von Berlin nach England.

Von der Behörde in England wird vor Beginn der Schiffsreise auf der Passagierliste 12, Positionen 28 und 29, unter anderem erfasst, dass sie beide keinen Beruf ausüben und sowohl deutsch, als auch englisch sprechen. Als ihren Geburts-Ort gibt Johanna „Babelsberg“ an.


(Anmerkung von Chris J.: diese Angabe ist unrichtig. Vor kurzem, zum 01. April 1939, hat die Regierung des Deutschen Reiches zwar diesem Ort den Namen „Babelsberg“ gegeben aber geboren wurde Johanna vor 50 Jahren im gleichen Ort, als jener „Nowawes“ hieß. Dieser Name wurde getilgt, weil er aus dem Slawischen stammt und somit als un-arisch gilt.

Nowawes bedeutet „Neues Dorf“ oder auch „Neuendorf“. Der Begriff „Babelsberg“ bestand aber bereits seit fast genau 100 Jahren – jedoch nur für den Königlich-Kaiserlichen Schlosspark (mit „bergigem“ Gelände), der in Ortsnähe liegt.


Ansonsten wird von der Behörde des Weiteren dokumentiert: Johanna hat blonde Haare und blaue Augen. Sie hat die Körpergröße von 5 Feet and 8 Inches. Johanna ist somit 1,73 m groß. Bei Tochter Eva werden 5 Feet, 4 Inches gemessen. Die Messlatte stellte also 1,63 m Größe fest.

(1 engl. Fuß = 30,48 cm, 1 Inch = 2,54 cm.)

Auch Eva hat blonde Haare und blaue Augen. Beider Teint habe eine mittlere Tönung, wird vermerkt. Außerdem wird ihnen eine gute Gesundheit bestätigt, ebenso das Fehlen jeglicher körperlichen Deformationen oder gar Verkrüppelungen als besondere Kennzeichen.

Nachdem diese auch Steckbrief-tauglichen Angaben beisammen sind, scheint dem Einchecken kaum noch etwas im Wege zu stehen. Nun beginnt die Weiter-Reise. Von Southampton, von der Süd-Ost-Küste Englands aus, geht am 17. Mai 1939 das Schiff „Manhattan“ nach New York via Cobh (in Cork Irland) ab. Vom gleichen Hafen startete 1912 die Jungfernfahrt der „Titanic“. Man denkt daran. Das Schiff erreicht offenbar ohne Probleme am 24. Mai sein Ziel New York, an der Ostküste der USA.

Dort in den USA, beginnt Eva das Studium der Philosophie und der Astronomie.


In der Zeit von Evas Abwesenheit konnte Mutter Johanna in Berlin den Schutz für einige jüdische Mitbürger aufrechterhalten und auch Elisabeth Jacoby hat in ihrem Hause die Kriegszeit überlebt. Sie überstand als Einzige ihrer Familie diese grausame Zeit.

Irgendwann, vermutlich nach dem Ende des Universitätsbesuchs, kehrt Eva Cassirer nach Deutschland, in die Stadt Berlin, zurück.


1948: Vor drei Jahren endete der Zweite Weltkrieg.

Ein Jahrzehnt nach ihrer ersten Amerika-Reise, gibt es für Eva nun wieder eine Reise in die „Neue Welt“. Eva ist inzwischen 28 Jahre alt. Sie reist am 30. August '48, diesmal allein, bequemer von Bremerhaven aus, mit dem Schiff „Azalea City“. Das Ziel und der Zweck ihrer Reise ist die University of California in Los Angeles. Sie hat eine Einzelkabine gebucht und führt als Reisegepäck sowohl zwei suitcases, also zwei Koffer, als auch zwei book-cases, die Bücherkisten mit sich. Die Ankunft des Schiffes in New York: am 13. September 1948.


1951: Hochzeit in Los Angeles am 06. Februar 1951.

Eva ist 30 Jahre jung, der Bräutigam Gerald (Gerry / Jerry) Alan Soffen, ein Amerikaner, geboren am 07. Februar 1926, ist 24 Jahre alt.


Meine Bitte: Fragt nicht danach, wie sich in jener Zeit die Ehe von Eva Cassirer und Gerald Soffen gestaltet hat. Ich weiß es nicht genau – die Vereinigten Staaten von Amerika sind weit fort. Darüber breitet die Geschichte, zumindest vor meinen Augen, sanft einen Schleier des Schweigens –.

Na ja – bekannt ist mir zum Beispiel schon, dass Gerald Soffen im Jahre 1956 die Amerikanerin japanischer Herkunft: Hoshi Irakiri heiratet. Gehen wir also davon aus, dass die erste Ehe mit unserer Eva mindestens eine kleine Zeit davor beendet war.


1956. Die vor- und fürsorgliche Mutter Johanna, hat im Sinne der Rückkehr der Tochter schon mal ins Berliner Telefonbuch frisch eintragen lassen: Cassirer, Hanna +, siehe auch u. Sotscheck, Dahlem, Wildpfad 28, Tel. 89 31 59 und im nächsten Jahr lesen wir schon wieder unter dieser Adresse: Eva Cassirer – als wäre die Zeit stehengeblieben und nichts hätte sich verändert.


Späteres Fortsetzen des Studiums der Philosophie und der Astronomie in London.

1957: Eva schreibt und verteidigt erfolgreich ihre Promotionsarbeit an der Universität London.

Frau Dr. phil. Eva hat nun die Lebensreife von rund 37 Jahren erreicht.


In jenen Zeiten ist Eva auch als Übersetzerin von Büchern beschäftigt.


1965–1975: Eva lehrt unter anderem das Fach „Wissenschaftstheorie“ an der ehrwürdigen Elite-Universität St. Andrews in Schottland.


Eva kehrt wieder nach Berlin, und auch in das Haus im Grunewald, Wildpfad 28, zurück. Nur ist es dort inzwischen einsamer, denn Mutter Johanna Sotscheck ist 1974 im Alter von 87 Jahren gestorben.

In der geteilten Stadt, in West-Berlin, wirkt Eva an der Technischen Universität als Honorarprofessorin für Philosophie.

Und die Villa im Berliner Grunewald wird sie noch rund drei Jahrzehnte bewohnen.


Eva ist als Astronomin ebenfalls korrespondierende Mitarbeiterin der Königlich-Britischen

Astronomischen Gesellschaft.


Über allen diesen Aktivitäten pflegt sie aber auch ihr Interesse, ihre Kenntnisse als Kunstsammlerin. Alle Kunstsammlungen von Vater Alfred Cassirer, jene des Leo Blumenreich und die der Eva Cassirer gingen nach deren ausdrücklichen Willen als Schenkungen an verschiedene Berliner Museen, um die Kunstwerke für die Bürgerbildung in der Öffentlichkeit zu erhalten.


2009: Eva Cassirer stirbt am 19. September 2009 in Calvià auf Mallorca, Katalonien, Spanien.


Ehre ihrem Andenken.





2011: Eine Nachbemerkung.


Sowohl

Elisabeth Johanna, „Hannah“, geborene Sotscheck,

als auch ihre Tochter Eva Cassirer,


wurden wegen ihrer schützenden Hilfe für jüdische Mitbürger in der Zeit des

Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945, vom Staat Israel, mit dem Titel

Gerechte unter den Völkern“


geehrt.

In der Gedenkstätte Yad Vashem, dem „Garten der Gerechten“,

sind ihre Namen auf einer Plakette vermerkt.


Diese Anerkennung und Ehrung am 11. Januar 2011 erlebten beide

leider nicht mehr, da sie in den Jahren 1974 und 2009 starben.


Wesentliches Wissen zum Leben der Elisabeth Johanna Sotscheck fehlte,

da bisher niemand etwas über die Herkunft dieser „Hannah“ wusste.

Ihr aber habt die bisher fehlende Antwort nun gelesen. Danke für Euer Interesse.