Schriftgestaltung. Beispiele für die handschriftliche Ausführung. Arbeiten von A.Richard Janecke, Nowawes => Potsdam-Babelsberg

Zusammengestellt von Chris Janecke, aktualisiert im Juni 2025.
Leserhinweise sind gern gesehen. E-Mail: chris@janecke.name

In diesem Dokument sehen wir einige Beispiele der Schriftgestaltung, mitunter geschmückt mit Zeichnungen. Der Schreiber der Blätter war Alfred Richard Janecke (1900–1983 in Nowawes => Potsdam-Babelsberg. Zumeist handelt es sich um Kundenaufträge, die vor der Auslieferung als Muster kopiert wurden.
Doch zuvor begegnen wir Richard als Halbwüchsigen:

Berlin, Botanischer Garten, am 24. Juli 1913

Familie Janecke lebt in jener Zeit im Berliner Stadtbezirk Neukölln. An diesem Sommer-Sonntag besuchen Mutter Clara und ihr Sohn Richard den Botanischen Garten. In einem Brief an seinen Vater und die Schwester berichtet der 12-jährige Schüler, provisorisch am Tisch der Gaststätte sitzend, über ihre Erlebnisse in den Kunst-Gartenanlagen.
Der Brief ist in der damals üblichen deutschen Kurrent-Schrift verfasst. Anrede, Eigennamen, weitere wichtige Begriffe und Fremdwörter werden jedoch in lateinischen Buchstaben geschrieben.
Die Kinder hatten also beide Schriftarten gelernt, als auch die Entscheidung, welche Schrift, bei welchen Begriffen / Worten anzuwenden sei.

Im Botanischen Garten. (Die Quellenangabe steht im Bild.)

Auch das sahen die Besucher – die Angebote für das Schauen reichen für mehr, als einen Tag.

Im Botanischen Garten – 100 Jahre später
Ab 1915 ganz neu: Die Sütterlin-Schrift

Drei Jahre nach Richards Brief führte das Preußische Kulturministerium die deutsche Ausgangsschrift ein, unter der Bezeichnung > Sütterlin < bekannt. Das Alphabet in der Sütterlin-Schreibweise, mit vereinfachten und senkrecht gestellten Buchstaben. Im Jahre 1911 hatte Sütterlin den Auftrag erhalten, aus der deutschen Kurrentschrift (siehe erstes Bild) eine einfachere Schreibweise und dafür eine zweckmäßige Schreibfeder zu entwickeln. Jene Schrift wurde dann auch ab 1915 gelehrt – aber 1941 von den Nationalsozialisten, also nach bereits 26 Jahren, verboten.
Zur Person: Professor Karl Ludwig Sütterlin (1865–1917) war Pädagoge, Grafiker in Buch- und Schriftgestaltung sowie Formgeber im Kunsthandwerk. Er wurde nur rund 52 Jahre alt.

Richards künftiger Ausbildungsbetrieb

Richard Janecke begann im Alter von 14 Jahren die Ausbildung für das Zeichnen und die Retousche an der Graphischen Kunstanstalt des Herrn Baudouin im Berliner Südosten, Mathieustraße.

Der 14-jährige Lehrling Richard

Der Auszubildende in angemessener Berufsbekleidung. Hier wurde straff und streng gearbeitet, in kurzer Zeit viel gelernt, geübt ... auf dass der gewählte Beruf eines Tages künstlerisch gemeistert würde ... aber wir erkennen: der Tagesablauf enthielt auch eine Pause zur Entspannung.
Im Folgenden sehen wir aus der reichen Auswahl einige Arbeiten des 14-jährigen Richard, die er dort im Ausbildungsbetrieb zwischen April 1915 und August 1915 erarbeitete.

Ein Mann trotzt den Witterungsunbilden

Eine Studie. Bleistiftzeichnung Nr. 6, auf Pappe. Das Original: 20,5 x 18,7 cm.

Selbst auf dem Rückweg ist es noch stürmisch.

Aber wir alle erkennen. Auch für ihn kommt bald wieder angenehmes Wetter.

Der Zweig eines Johannisbeer-Strauches mit Früchten.

Im Juni 1915 nach der Natur gezeichnet. Federzeichnung. Schwarze Ausziehtusche auf starkem Zeichenkarton. Das Original: 12,8 x 8,4 cm gro

Ehrenkranz I

Eine Studie – Nr. 20, Bleistiftzeichnung auf Zeichenkarton

Ehrenkranz II

Federzeichnung – Nr. 21, auf Zeichenkarton

Großkatzen

Eine Studie – Nr. 32, Federzeichnung auf Zeichenkarton

Alphabet 1 im derzeit höchst modernen Jugendstil
Alphabet 2 zeigt sich völlig anders
Alphabet 3, mit ungünstiger lesbaren Buchstaben
Flasche mit wässeriger Flüssigkeit

Das Original auf Pappe in den Abmessungen 16,3 x 14,5 cm

Töpfchen mit Inhalt im Farbton „Himmelweiß“

Das Original, Nr. 17, hat die Maße 22,2 cm x 18,0 cm

Verschiedene Hinweis-Schilder

Bereits leider schon nach vier Monaten, im August 1915, endet für den 14-jährigen Richard diese intensive Ausbildungszeit, wegen des Wohnortwechels der Familie von Britz nach Nowawes => Potsdam-Babelsberg. Richard aber wird das Bemühen auf diesem Gebiet weiter betreiben und zwischen 1918 und 1920 auch an Weiterbildungs-Abendkursen, zumindest auf dem Gebiet der Schriftgestaltung, teilnehmen.

Der Spruch: Stark sein im Schmerz ..., 1918
Das „Bergnest“, in Kronenburg (Eifel), in NRW

Eine Federzeichnung im Jahre 1919, des inzwischen 18-jährigen Richard Janecke. Das Original hatte die Abmessungen 23 x 19 cm.

Die Friedrichskirche in Nowawes

Ein besonderer Heiliger war Friedrich mitnichten. „Bauherr und Schirmherr“ dieser evangelischen Kirche war der Preußische König Friedrich II. (Berlin 1712– Potsdam 1786, >Friedrich der Große<, >der alte Fritz<).
Richard ist 22 Jahre jung, als er das Einladungsblatt für das Jubiläum zeichnet und „be“schreibt.

1926: Ein eigener Betrieb wird eröffnet

Elf Jahre sind seit dem Wohnungswechsel von Berlin nach Nowawes vergangen. Richard hatte in Nowawes die Lokomotivbau-Konstruktion gelernt, anschließend weiter dort bei Fa. >Orenstein und Koppel< gearbeitet und sich in jahrelangen Abendkursen zum >Techniker im Maschinenbau< qualifiziert. Nun, Ende des Jahres 1925, kommt auf halben zeitlichem Wege zwischen Hyperinflation und Weltwirtschaftskrise, die Entlassung aus der Arbeitsstelle, wegen der Einbrüche in den Absatzmärkten und der Einschränkung der Produktion.
Richard Janecke treibt aber nicht auf dem Weg einer anhaltenden Arbeitslosigkeit durch die Zeit, sondern eröffnet umgehend ein eigenes Geschäft, wird ein >Selbständiger<.
Das hier gezeigte Werbeschild ist aus dem Jahre 1931. – Von 1753 bis 1930 hieß die darauf genannte Wichgrafstraße: Mittelstraße.

„Verschneite Wege“, am 27.12.26 zum Jahresausklang
Gedenken zur 13. Wiederkehr des Muttertags
Sonntagsruhe – dieser Kundenauftrag, mit der Redis-Feder geschrieben
Die weitere Ehrung eines Mütterleins
Die Widmung in einem Buch
Eigenwerbung des Richard Janecke

Fertigung von Kopien der Eigenleistungen oder von Kundenmaterial.
Die Kopien von Schriftstücken oder Zeichnungen mit höchsten Forderungen an die Qualität, werden auf dem Glasdrucker hergestellt. Die Farbigkeit ist nach nunmehr rund 100 Jahren ausgezeichnet erhalten.

Glasdrucker und Stapeldrucker

Die nach Kundenwunsch von R. Janecke erstellten Zeichnungen oder Schriftstücke werden bei Bedarf anschließend in beliebiger Stückzahl gedruckt – als exakt-saubere Wiedergabe des Originals.
Bei Zeichnungen oder Schriftstücken, die auf Transparentpapier vorliegen, wird das Lichtpaus-Verfahren eingesetzt.
Bereits bestehende Fotos, Urkunden usw. werden mit der Foto-Kopiertechnik vervielfältigt.
Benötigt der Kunde eine besonders große Zahl an Kopien einfacher Schriftstücke, so kommen die Rotationsdrucker >Rollex< zum Einsatz.

Gestalten und Anfertigen von Festschriften
Nochmals eine Widmung, in ein Buch eingetragen
Luther-Ehrung – auf einem großformatigen Plakat
Mariendarstellungen

Ein Grundmotiv darf als Vorlage mehreren Verwendungszwecken dienen. Varianten, dem jeweiligen Anlass angepasst, sind mitunter von den Kunden gewünscht.

Urkunde der Fa. >Orenstein und Koppel<

Von seiner ehemaligen Betriebsleitung erhält Richard den Auftrag für das Ausfertigen dieser Urkunde und weiterer Ehrungen. In der unteren Hälfte der Gratulation stehen die Namen der Gratulanten – ausgewählte leitende Mitarbeiter des Betriebes.

Urkunde für Herrn Mehlis

Hier nun eine schöne Ehren-Urkunde für das aufopfernde Tun im Fahrrad-Radfahr-Vereins des Dörfchens Siethen.

1933 in Berlin-Wannsee.

Auch der Verein für Yachtsboots-Leute verleiht Ehrenurkunden. Im Winter herrschen Eis und Schnee, da hat man die Zeit für solch Gedenken.

Ein Dichtwerk zum Ende der Lebenszeit, – geschrieben in einem würdigen Rahmen
Lichtpause

Die Lichtpausanlage gehörte seit 1926 zu den Arbeitsmitteln des Kleinstbetriebes. Mit der Apparatur wurden Zeichnungen oder Schriftstücke kopiert, die auf Transparentpapier als Original bestanden.
Einfache Kurzbeschreibung: Der hier abgebildete senkrecht stehende, mit einer Leinendecke bespannte Glaszylinder konnte um 90° in die Waagerechte geschwenkt werden. Dann wurde der Glaszylinder mit dem Transparent-Original und dem speziellen Lichtpauspapier belegt und diese mit der Decke festgespannt. Nach der Wieder-Ausrichtung in die Senkrechte wurde von oben durch den Glas-Zylinder eine Kohlestab-Lampe mit extrem hellem, ja gleißendem Lichtbogen geführt, die das spezielle Lichtpauspapier belichtete. Nur dort, wo sich auf dem durchscheinenden Transparentpapier die schwarzen Darstellungen (Zeichnungslinien, Text) befanden, wurde das Spezial-Papier nicht belichtet.
Anschließend kam das belichtete Lichtpauspapier in einem Entwicklerkasten, in die Dämpfe einer 25-prozentigen Ammoniaklösung. Nach der Entwicklung sah man auf der Kopie die Zeichnungslinien und den Text, je nach Papiertyp in rotbrauner oder blauer Farbe (man spricht heute noch von „Blaupause“, wohl meist, ohne den Ursprung dieses Begriffs zu kennen). Weiter unten in dieser Bilderserie befindet sich ein Kalender, dessen Blätter nach diesem Verfahren kopiert wurden. In dieser Lichtpaus-Anlage ließen sich Transparent-Originale bis zu einer Größe von etwa 1.700 mm x 900 mm kopieren.

Junge! – Ein weckender Mahnruf
Sprüche zum Erntedankfest
Der Chor-Inspektor wird zum Ehren-Mitglied erhoben
Die Stadtverwaltung beglückwünscht ihre Bürger
Fußball-Kreismeister ist die Schule 1, Priesterstraße 24
„Sommerfahrt“, eine kolorierte Federzeichnung
Eine Hochzeitszeitung

Na ja, manchmal muss man auch 'was für sich selber basteln.

Ein immer währender Kalender

14 Blätter als Merkhilfe für besondere, teils wiederkehrende Fest- und Gedenktage, vorzugsweise für christliche Nutzer ausgerichtet. Schrift und Zeichnungen: Richard Janecke, koloriert von Ehefrau Anne-Marie Janecke, geborene Sommer. Es folgen hier die nächsten 12 Seiten:

Januar (mit Christrose) und Februar
März und April (Osterglocken u. Weidenkätzchen)
Mai (mit Birke) und Juni (Blumenwiese)
Juli (Rose) und August (Getreide + Kornblume)
September (Abschied vom Sommer) und Oktober
November (Alpenveilchen) und Dezember
Werbekarte aus dem Jahre 1942

Der Kleinstbetrieb ist umgezogen. Von der Wichgrafstraße 22 in die Lindenstraße 39. Bald nach dem Kriegsende werden die Grundstücke in dieser Straße neu nummeriert und auch der Straßenname wird geändert. Ohne weiteren Umzug befindet sich der Betrieb dann bald nicht mehr in der Lindenstraße 39, sondern in der Rudolf-Breitscheid-Straße 46.

Ehepaar Janecke
Der neue Wohn- und Firmensitz – nach dem Umzug

Geschäft und Wohnung nun in der Lindenstraße 39 => Rudolf-Breitscheid-Straße 46. Skizze: Chris Janecke

Lied: Abend wird es wieder ...
Kriegszeit: Onkel Hermann grüßt Nichte Helga
Spruch: Meistere das Leben ...
Spruch: Kein größeres Glück ...
12. Juni: Schüler-Worte zum Ehrentag der Lehrer (DDR)
Namensschild für die Wohnungstür ...

... geschrieben auf Transparentpapier, von hinten durchleuchtet und von vorn mit einer dicken Glasplatte (geschliffene Kanten) geschützt.

Der achte Psalm

Der 8. Psalm in hebräischer Schrift. Zwar war der Schreiber ein Schriftgelehrter, jedoch nicht im Hebräischen. Eine schwierige Aufgabe, selbst wenn er die Textbedeutung kannte. Er konnte ja nicht lesen, was er hebräisch schrieb und somit auch nicht allein beurteilen, ob alles „haargenau“ und fehlerfrei war. –

Biblischer Spruch

Dieses bekannte Wort, als Gruß im Jahre 1978, zum 81. Geburtstag der Käthe. Richard schreibt diesen Spruch in seinem 79. Lebensjahr.

Natürlich gab es im damaligen Leben und jahrelangem Schaffen weit mehr „Kostproben für die Augen“, als hier abgebildet werden können. Es gehörte dazu auch das Bearbeiten von Zeichnungen aus dem Maschinenbau und dem Bauwesen. Als Vertreter seien nur Lichtspiel-Theater (Kinos) und Tankstellen-Neu- und Umbauten erwähnt.
Ebenso erstreckten sich Gestaltungsarbeiten beispielsweise auf die Reinschrift von Film-Drehplänen, die schriftliche Ausführungsplanung für die Regie, die nach den Drehbüchern ausgearbeitet wurden und nun u. a. die Dreh-Orte und -Zeiten sowie die namentliche Schauspielerbesetzung ausweisen.
Die verschiedenartige Schriftgestaltung ist auf den Drehplänen in den Feldern der Titel („Köpfe“, oben links) zu sehen. Die Gestaltung jener „Köpfe“ war von den Filmherstellern nicht vorgegeben. Diese entstanden bei Richard Janecke aus Freude an guter Arbeit – gratis, so nebenbei.

Dieser Link führt zu den Drehplänen mit der Gestaltung ihrer Titel-„Köpfe“

- Ende -