Paretz im Havelland – ein Spaziergang durch das Dorf.

Zusammengestellt von Chris. Janecke, aktualisiert im Dezember 2023.
Leserhinweise sind gern gesehen.
E-Mail: christoph@janecke.name

Die älteste erhaltene Urkunde erwähnt den Ort Paretz im Jahre 1197. Die Ansiedlung von Häusern wird uns somit erstmals aus jenen Tagen überliefert. Anzunehmen ist, dass eine solche Siedlung aber bereits weitaus früher bestand. Mit „Po Reca“, also einen Ort der am Fluss liegt, bezeichneten die Slawen das Fischerdörfchen. Aus dieser Benennung wurde über mehrere sprachliche Wandlungen der heutige Name Paretz. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes wird dabei selbstverständlich beibehalten.

Das Dorf

Die alte uneinheitliche teils recht verschlissene Bausubstanz der Häuser, die man 1797 vorfand, wurde um 1800 Haus für Haus abgebrochen. Bis 1803 ließ König Friedrich Wilhelm III. „auf seine Kosten“ moderne Häuser errichten, die die Ansprüche der Bewohner besser erfüllten und auch dem beabsichtigten Eindruck eines herrschaftlichen Musterdorfes gerecht wurden. Man legte somit einen bereits vorhandenen Ort schrittweise völlig neu an, unter der Leitung von David Gilly in frühklassizistischem Stil harmonisch gestaltet.
Zum leichten Zurechtfinden schauen wir auf den Ortsplan, der an der Bushaltestelle vor dem Schloss aufgestellt ist.

Quelle: Öffentliche Informationstafel der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Ausschnitt.

Kommt man auf kürzestem Weg von Potsdam und somit über Ütz / Uetz nach Paretz, so beginnt das Musterdorf an den beiden Torhäusern.

Die beiden Torhäuser flankieren die Zufahrtsstraße zum Dorf und schaffen damit eine deutlich erkennbare Eingangssituation.
Allerdings wäre es wohl zu des Königs Zeit nicht angängig gewesen, den Blick auf dieses bewusst gestaltete Ensemble mit mancherlei kleinen Eigenbauten zu verstellen.

Die gleichen Torhäuser, diesmal vom Dorf aus, von der Dorfstraße her, gesehen.

Das Schloss

Ein Schloss gab es hier in alter Zeit nicht!
Just 600 Jahre nach der Ersterwähnung des Ortes erwerben der Preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm (1770–1840) und seine Gemahlin, die 20-jährige Kronprinzessin Luise von Mecklenburg-Strelitz (1776–1810), im Januar 1797 das Dorf und das landwirtschaftliche Gut Paretz mit allen Gebäuden, mit Weib und Kind, mit Mann und Maus. 85.000 Thaler zahlen sie dafür dem Vorbesitzer, dem Grafen Blumenthal.
Friedrich Wilhelm und Luise Amalie – die beiden hatten sich vor etwa vier Jahren kennen- und lieben gelernt und im gleichen Jahr 1793 geheiratet.
Es gefällt ihnen in Paretz. Sie möchten dieses Gebiet gern für die Erholung in sommerlicher Freizeit nutzen. Dazu aber soll das bestehende Dörfchen nach ihren Ansichten neu geordnet und gestaltet werden.
Der Kronprinz lässt das dort vorhandene alte Wohnhaus des Vorbesitzers abreißen. An gleicher Stelle entsteht der kronprinzliche, bald königliche Neubau.
Der Kronprinz mahnt den hervorragenden Baumeister, seinen Gebäudeschöpfer, mehrmals: „Nur immer daran denken, dass Sie für einen armen Gutsherrn bauen“ – kein Prunkschloss soll es werden. – Es entsteht, im wesentlichen binnen des Jahres 1797, ein schlichter aber bedeutender Bau in frühklassizistischer Form. –
An den Konzepten für das Schloss, die Umgestaltung der Kirche und den Neuaufbau des Dorfes, arbeiten neben dem Geheimen Oberbaurat David Gilly (1748–1808) auch der kunstverständige Hofmarschall Valentin v. Massow (1752–1817) und Martin Friedrich Rabe (1775–1856, preußischer Architekt und Hochschullehrer) gemeinsam.
Vom Bauherrn wird das künftige Gebäude gern „das Gutshaus“ geheißen, dieses von seiner Ehefrau auch „Schloss still im Land“ genannt.
Die Ausstattung mit Mobiliar für das Schloss ist in bester Gediegenheit gefertigt – etwa vergleichbar mit Wohnungseinrichtungen des Berliner Bildungsbürgertums jener Zeit. In diesen Räumen wird das Königspaar also sehr gut bürgerlich leben – volksverbunden, mit Interesse am Wohlergehen der Dorfbewohner.

Das Schloss, vom nördlichen Parkteil, dem „Kirchgarten“, gesehen.

Im Herbst 1797 stirbt, 53-jährig, der Vater des Kronprinzen: König Friedrich Wilhelm II. Somit steigt der Sohn nun vom Kronprinzen auf – zum König Friedrich Wilhelm III.
Er stellt sich für die Umgebung seines neuen Schlosses auch ein künftiges „Musterdorf Paretz“ vor. So wird nicht nur ein schlichtes Schloss errichtet, sondern die Kirche ebenfalls erneuert. Die Gebäude der bäuerlichen Wirtschaften werden ab 1800 nacheinander abgebaut. Die dann folgenden
Neubauten erhalten ein frühklassizistisches Aussehen. Diese Umgestaltung wird im Jahr 1803 abgeschlossen sein.
Die Zukunft wird wissen, dass diese intensive Planung und gelungene Ausführung, Grundlage und Beispiel für weitere etwa 900 folgende Dorfgestaltungen in der preußischen Landbaukunst sein werden.
Das Schloss dient freudvollen Sommeraufenthalten der königlichen Familie – aber nur für die wenigen Sommerhalbjahre 1797 bis 1805.
Wir wissen: 1806 floh die Königliche Familie vor der französischen Invasion und der Besetzung seitens der Truppen des Napoleon Bonaparte und konnte erst 1809 aus Königsberg und Memel zurückkehren. Am 20. Mai 1809 besucht Königin Luise den Ort Paretz zum letzten Mal, denn bereits am 19. Juli 1810 wird ihr Leben im Alter von nur 34 Jahren auf dem Anwesen ihres Vaters in Hohenzieritz am Tollense-See enden.

Der Blick vom Schlossgelände in den nördlichen Parkteil, „Kirchgarten“.

Im Herbst eines jeden Jahres, nachdem die Ernte eingebracht ist, lädt das Hochherrschaftliche Paar alle Dorfbewohner zum gemeinsamen Erntefest ein. Der Prediger mahnt geflissentlich an, dass es sich um ein Erntedankfest handeln soll. – Zu den Lustbarkeiten, die am Nachmittag beginnen und sich in den Abend hineinstrecken, gehört der geschmückte Festumzug durch das Dorf. Ferner eine lobpreisende Ansprache zu fast jedermanns Erbauung – aber dann als Erlösung: Reichlich Speis' und Trank! Und nicht nur wie zu slawischen Zeiten hauptsächlich auf eine reiche Ernte des Fischbestandes bezogen. Das Festmahl hält viele leckere Gaben für jedweden Geschmack bereit.
Doch damit nicht genug: Die frohsinnige Ausgelassenheit gipfelt in einem lang anhaltenden Tanzvergnügen.

Das Schloss mit dem vorgelagerten Rasen- und Blumenrondell.

Der Schlosspark

Nördlich des Schlosses haben wir im überschaubaren Umland der Kirche eine naturanlehnend gestaltete Parkfläche. Hier bieten Kastanien, Maulbeerbäume, Pappeln und Platanen, Ulmen sowie auch Zedern ein abwechselungsreiches Bild des reichlichen Großgrüns. –
Im Vorfeld des Schlosses finden wir ein großes Rondell, das die Zufahrt zum Gebäude in zwei Halbkreiswege gliedert. Das Schloss wird von Gartensaal und Remise flankiert. Die Remise nimmt die Sammlung von Kutschen, Sänften und Schlitten aus den königlichen Beständen auf aber später auch Fahrzeuge weiterer hochrangiger adeliger Würdenträger. Untergestellt sind hier (heute) aber auch Spezialwagen, die dem Transport von Bäumen dienten oder auch für das Bewegen schwerer Pflanzkübel oder Feldsteine geeignet sind; je nach Verwendungszweck sinnreich konstruiert.

Wir blicken aus dem südlich gelegenen Parkteil auf die Rückseite des besonnten Schlosses.

Blick von der Rückseite des Schlosses nach Süden. Keine Einzäunung des Königlichen Areals stört hier das Auge des Betrachters. Die Parkanlage wird von einem kleinen, wenig sichtbaren Fließ begrenzt.

Der südliche Teil des Anwesens geht vom gestalteten Park gleichsam mählich harmonisch in das Umland mit seinen Wiesen und Gehölzen über.

Wiesenwege in das flache, natürliche Umland – aber mit einer Ausnahme: In diesem Parkteil, etwas links von der Bildsicht, nahe der Straße nach Ütz / Uetz, gibt es auch einen künstlich-künstlerisch gestalteten Hügel. Dieser ist unser nächstes Ziel.

Eingelassen in diesen Hügel ist ein halb im Erdreich versunkenes und fast zerfallenes Tempelchen. Das Bauwerk soll uns daran erinnern, dass alles was wir schaffen, alles was wir erleben, der Vergänglichkeit unterworfen ist. Der Tempel zeigt eine Tafel zur Erinnerung an teure Abgeschiedene – „Gedenke derer, von denen wir früh Abschied nehmen mussten“.
Das war zutreffend vorerst auf den Bruder des König, Prinz Ludwig, der im Dezember 1796 nur 23-jährig starb, dann auf Königin Elisabeth Christine, ungeliebte Ehefrau Friedrich II., die im '97-er Januar starb, hernach auf seinen königlichen Vater, dessen Lebenskreis sich im Spätherbst des gleichen Jahres schloss.
Die Tempel-Tafel ist somit vielen, vor allem aber der Erinnerung an seine Königliche Gemahlin Luise gewidmet, deren Leben am 19. Juli 1810 in ihrer gereiften Jugend, mit nur 34 Jahren endete.

Von diesem Gedenkort der Stille führt uns eine gewundene Tempel-Treppe wieder hinauf ans Sonnenlicht.

Im gleichen Hügel besteht des Weiteren eine Grotte. Die Wände der Grotte waren einst bekleidet mit perlmuttglänzenden Muschelschalen, Steingutbrocken, Glasstücken, auch mit Scherben von Spiegelglas – und in der Grotte lebten sogar Pflanzengesellschaften, die sich in dieser Umgebung wohl fühlten.

Die Grotte im Hügel. Zur Zeit der Königlichen Nutzung stand über dieser Grotte ein hölzerner Teepavillon nach asiatischer Gestaltungsart, der jedoch in späterer Zeit verfiel – nur auf alten Bildern ist er uns erhalten geblieben.

Während der DDR-Zeit wurde der gesamte Hügel beseitigt, dem Erdboden gleich gemacht. >Wir Arbeiter und Bauern brauchen keine „Königskultur“<.
Erst in den Jahren nach der „politischen Wende“ fanden Ausgrabungen statt und daraufhin, sowie mit Hilfe alter Zeichnungen und Fotos, konnte ein Wiederaufbau des Verlorenen erfolgen. Mit dem Zusammenwirken verschiedener Stiftungen zur Finanzierung war es möglich, diese Anlage für unsere Bürger wieder erlebbar zu gestalten.

Der Gasthof ist (damals) eine gute Speisewirtschaft gewesen, die auch Übernachtungsplätze bereithielt – in der Ausstattung selbst für Höhere Herrschaften, den Besuchern des Königspaares, angemessen. Das Betreiben dieses gastlichen Hauses ließ sich die Familie des Hofgärtners David Garmatter als einen willkommenen Nebenerwerb nicht nehmen.

Die vormalige Königliche Dorf-Schmiede in der Gestalt eines >Gotischen Hauses<, ist die heutige Gaststätte des Ortes.

Die Giebelseite des gleichen Gebäudes (Schmiede => Gaststätte). Ein wahrhaft repräsentativer Bau für das Versehen der Pferde mit Hufeisen und für das Herstellen und Reparieren landwirtschaftlicher Gerätschaften – auch diese Arbeitsstätte in einer Qualität der Ausführung, die der Schlossgestaltung in nichts nachstand.

Vorn rechts im Bild: Die Scheune für die Vorratshaltung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse des Gutes Paretz.

Lebensmittel sollen durch Kühlung haltbar gemacht werden! Dazu diente damals das im Winter auf natürlicher Art entstandene Eis. Hier nachlesbar die Arbeitsgänge zum Gewinnen des Eises und dessen Einlagerung. Drei Eiskeller wurden in Paretz angelegt, von denen einer erhalten blieb und dankenswerter Weise saniert wurde.
Dieser Eiskeller befindet sich einige Schritte hinter der Gutsscheune.
Quelle: Diese Notizen entstanden unter Verwendung von Passagen des Textes einer Informationstafel im historischen Eiskeller Paretz.

Ein altes Foto zeigt das Sägen des Natur-Eises.
Quelle: Das Bild hängt im Zugang zum Eiskellers.
Der Eiskeller.
Der Zugang zum Eiskeller.
Der Eislagerraum. (Die Schautafeln gehören nicht zum Thema Eiskeller, sondern zur Grotte im Park.)

Die meisten Häuser der Bewohner lagen an der Dorfstraße, der Hauptstraße, der heutigen Werderdammstraße.
Der Werderdamm am Ende dieser Straße dient dem Hochwasserschutz.
Neben den Wohnbauten finden wir in dieser Straße auch

Wir sehen vorn links das Gebäude der Mehlwaage und hinten rechts das Spritzenhaus, das nicht zur Arztpraxis, sondern zur Feuerwehr gehört. Dieser grundsolide feste Bau konnte auch notfalls als ein Gewahrsam für fast ausschließlich männliche Arrestanten dienen aber das war wohl nur selten erforderlich. Beide Gebäude wurden mit einem hölzernen Verschlag verbunden; zur Aufbewahrung von Leitern der Feuerwehr.
Um 1900 wurde statt des Holzverschlages eine verbindende Mauer mit einer witterungsschützenden Überdachung gestaltet, eben so, wie wir es heute noch sehen.

Das ziemlich sichere Spritzenhaus.
Weitere Königliche Häuser für bäuerliche Bewohner des Musterdorfs in der Werderdammstraße.

Nun sind wir fast am Ende der Hauptstraße des Dorfes angelangt und es sind nur noch wenige Schritte bis zum namensgebenden schützenden Deich.

In diesem Gebäude lebte früher die Familie des Schulzen (Ortsvorsteher, Bürgermeister). Damals war, „als Zeichen der Würde“, der Zugang zum Haus überdacht, das Dach auf Holzsäulen abgestützt.

Die Paretzer Getreide-Windmühle an der Ketziner Straße / An der Mühle.

Die Kirche

Es ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der ersten uns überlieferten urkundlichen Erwähnung des Ortes Paretz hier auch bereits etwa 1197 eine kleine Kirche stand. Somit hat das Fischerdörfchen Paretz wohl schon längere Zeiten vorher bestanden.
Der Kronprinz Friedrich Wilhelm hatte die Absicht, bei der Neugestaltung des Dorfes auch die Kirche hervorragend zu berücksichtigen. An dem Konzept arbeiteten, wie schon erwähnt, David Gilly, Valentin v. Massow und Martin Friedrich Rabe. Die Umbau- und Erneuerungsarbeiten vom Feldsteinkirchlein zur Kirche im neuen Gewande neogotischen Stils, begannen im Juli 1797 und endeten im Frühjahr 1798. So schnell ging das damals – ähnlich schnell wie der Bau des Schlosses.
Seitlich des Kirchenschiffs die Königsloge mit ihrem separaten Eingang.
Zur Zeit des Erwerbs des Dorfes befand sich der Kirchhof oder auch Gottesacker in üblicher Weise in der unmittelbaren Umgebung der Kirche. Das Kreuz aus Kunstguss auf der Freifläche vor der Kirche, wurde 1837 nahe der Königsloge gesetzt und kann auch heute noch an den vormaligen Friedhofsstandort erinnern. Jene Anlage blieb zwar bis 1850 für Bestattungen genutzt aber das Königspaar führte ein, dass ab 1800 davon abgesehen wurde, hohe Grabhügel zu setzen – und man sah: es ging tatsächlich auch ohne dieses überkommende Brauchtum. Im Jahre 1850 wurde der neue dreieckige Friedgarten ein Stückchen weiter nördlich angelegt und geweiht.

Das Kreuz nahe der Kirche enthält zwischen A und O in seinem gerundeten Zentrum die Goldenen Worte:

Selig
sind die Todten,
die in dem Herrn
sterben

... und der gesamte Vers kann sinngemäß so wiedergegeben werden:

Der Blick in den Chor, zum Altar, also nach Osten, zeigt uns an der Giebelwand die Reste von Gemälden, die wohl aus dem 14. Jahrhundert stammen. Religionskundige Wissenschaftler vermuten, dass es sich bei den Darstellungen rechts vom Altar um „Die Verkündigung Mariae“ und um „Die Geburt des Jesu von Nazareth, in Bethlehem“ handele. Im Gemälde links des Altars wird möglicher Weise „Jesus Christus als Weltenrichter“ gesehen. – Für den Laien bedarf es viel Aufmerksamkeit und noch mehr des freien Gespürs, um bestätigend zu ähnlich erhellenden Einsichten kommen zu können. –
Vor der Lieder-Anzeigetafel der Taufstein und links davon (hier nicht sichtbar) die Königsloge.
Die von uns deutlich erkennbaren Gewölberippen, dieses schöne Netzwerk, ist allerdings keine bautechnische Ausführung, sondern eine meisterhafte Malerei, deren beabsichtigter Illusion wir leicht aufsitzen.
Die Fenster sind heute größer, als zur Zeit des Umbaus der Kirche, um mehr Helligkeit in den Raum zu lassen. Das ist wohl tadellos gelungen.

Die gläserne Mosaik-Malerei im gotischen Spitzbogen-Fenster der Apsis zeigt den Heiligen Mauritius, dessen Name auf die Mauren zurückgeht. Mauritius, der Mohr, war ein Heerführer, deshalb in seiner Rüstung abgebildet. Wegen seines christlichen Glaubens wurde er aber verfolgt und musste später sogar den Märtyrertod erleiden.
Die Glasmosaik-Malerei wurde im Jahr 1539 geschaffen und überdauerte als Original die Zeiten.

Der Blick in den Chorraum:

Links und rechts hinter dem Altar, nochmals die Gemälde, deren Reste bei der Restaurierung unter mehreren Übermal-Schichten freigelegt wurden und die in diesem Stand sichtbar erhalten bleiben sollen.

„Der Altar“ oder „der Abendmahlstisch“

Das dreigeteilte Altargemälde (Tryptichon) aus dem Jahr 1806 zeigt „Die Einsetzung des Heiligen Abendmahls“.
In der Mitte: Jesus Christus mit Matthäus, dem schreibenden Evangelisten und Johannes dem Jüngsten der Apostel.
Links: Petrus „der Fels“, mit den Schlüsseln und der Schriften-Mappe. Rechts: Paulus, „der Kleine“, mit dem (hoffentlich geistigen) Schwert.
Die Bildmitte und der linke Teil stammen von dem Berliner Maler Karl Wilhelm Wach (1787–1845), der rechte Teil von Wilhelm Schadow (1789–1862), Sohn des hochbegabten Berliner Grafikers und Bildhauers Johann Gottfried Schadow.
Zur originalen Ausstattung des Altars gehörten zwei vergoldete Altarleuchter, die jedoch bei einem Einbruch-Diebstahl 1979 gestohlen und seither nicht mehr gesehen wurden.

Rechts hinter der Kanzel befindet sich die zeitweilige Guts- und Offizianten-Loge für Pfarrleute und die Amtsträger des Dorfes, die aber heute hierin nicht mehr Platz nehmen.
Der Kronleuchter gehört zur Erstausstattung – damals hatte man diesen allerdings mit Wachs-, später wohl mit Stearinkerzen bestückt.

Die Loge schräg gegenüber der Kanzel war allein der Nutzung durch das Königspaar Friedrich Wilhelm III. und seiner Gemahlin der Königin Luise vorbehalten – ein wenig separiert vom gelegentlichen Husten oder auch von den die Predigt gelegentlich begleitenden Seufzern aus der Gemeinde. Hier lauschte man ungestört Gottes Wort, vom Geist und Mund des Predigers in die uns gewohnte Sprache übersetzt und erläutert. Der kleine Raum bietet reichlich zwei Stühlen und einem Garderobenständer Platz, für die Teilhabe des Königspaares am Gottesdienst in der Nähe und auf Augenhöhe mit dem Prediger.
Gegenüber der Königsloge befindet sich, wie erwähnt, die Loge für Amtsträger der Pfarre und des Gutes. Später wurde der Raum offiziell und ausschließlich zur „Sakristei“ des Pastors erklärt.

Unser Blick aus dem Fenster der Königsloge erfasst den herbstlichen Parkteil „Kirchgarten“.

Königin Luise von Preußen um 1795, Zeichnung von Johann Gottfried Schadow,
Quelle: Als Ablichtung ausgestellt in der Königsloge der Kirche Paretz. Das Original liegt bei der Akademie der Künste in Berlin.

Diese Relieftafel schuf der begnadete Berliner Grafiker und Skulpturengestalter Johann Gottfried Schadow (1764–1850) im Jahre 1811 aus Tonmineral. Das Werk trägt den Titel: die „Apotheose der Königin Luise“. Es stellt die erhabene Herrlichkeit der Königin Luise dar, die im blühenden Alter von nur 34 Jahren, nach zehn Kindsgeburten 1810 leiblich starb und nun in Himmlische Gefilde auffährt, um sanft in die Ewigkeit einzutreten. Sie wird begleitet von den Gestalten der Tugenden: Glaube, Liebe, Hoffnung und Treue. Im Himmel bereiten ihr Engel den Empfang und geben ihr wohl weiteres Geleit. – Im unteren Teil des Reliefs sehen wir, im antiken griechischen Geschmack dargestellt, den Todesengel, der die Lebensfackel, das Licht der Luise, auf dem Erdenreich löscht. Lesen kann man auf der kreisförmig dargestellten Fläche des Erdballs: „Hohenzieritz den 19. Juli 1810 vertauschte sie die irdische Krone mit der himmlischen, umgeben von Hoffnung, Liebe, Glauben und Treue – und in tiefer Trauer versanken Brennus und Borussia“ (Brandenburg und Preußen, versinnbildlicht durch den brandenburgischen Adler und den Berliner Bären). Diese großartige Denkmal-Arbeit schmückt seit 1820 die Westwand der damaligen Königsloge in der Kirche, gegenüber der Kanzel. Das Relief ist mit einem Holzrahmen geschmückt und von diesem etwas geschützt.

Unter dem Tonrelief befindet sich in goldenen Lettern die Widmung.
Davor ist ein schmiedeeisernes Schmuckgitter gesetzt, in das mittig das Königliche Monogramm eingearbeitet ist.

Zum Erleichtern des Lesens wird der Text hier nochmals ohne Gitter dargestellt:

Eine Gedenktafel bezeichnet den Ort, an dem Königin Luise den Park bei ihrem letzten Besuch am 20. Mai 1810, bereits duch Krankheit und Schwäche gezeichnet, verließ. Posthum wurde an diesem denkwürdigen Ort die „Luisenpforte“ installiert.
Im Jahre 1920 jedoch wurde diese Pforte von Dieben gestohlen, auch dieser Gedenkort geschändet.

Vom Aussehen dieser Pforte war momentan leider nur dieses unscharfe Foto greifbar.
Quelle: Öffentliche Informationstafel (Ausschnitt) der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg.
Aufstellort: Im Rohrhausgarten, der Paretzer Parkanlage, nahe der Ketziner Straße.

Königin Luise, geboren als Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz in Hannover am 19. März 1776. Sie heiratete im Alter von 20 Jahren und gebar zehn Kinder. Ihr Leben endete in Hohenzieritz, am 19. Juli 1810, im Alter von nur 34 Jahren.
Die Büste Luises von Johann Gottfried Schadow hochkünstlerisch gefertigt. Diese ist aber nicht in Paretz auffindbar, sondern in der Luisen-Gedenkstätte auf der Pfaueninsel (Havel) beheimatet.
Der verewigten Königin zum Gedenken wurde u. a. auch die „Stiftung Luisen-Denkmal“ gegründet, deren Inhalt es war, bestimmten jungen Brautpaaren das Gründen eines Hausstandes finanziell zu erleichtern.
Dazu blicken wir gedanklich kurz in die Königliche Residenz Potsdam:
Die Trauungen fanden nicht in den Wohnort-Kirchen der Brautpaare statt, sondern in der Hof- und Garnisonkirche Potsdam. Weil die Trauungen jährlich auf den Sterbetag der Königin Luise festgelegt wurden, war es vorgegeben, dass die Bräute nicht im weißen Hochzeitskleid, sondern schwarz gewandet zur Trauung erschienen.

Quelle: Verwendung des Aufsatzes von J. Grunwaldt: „Die (Potsdamer) Garnisonkirche und ihre Zivilgemeinde“.
Quelle: Ansichtskarte

Der Blick zur Königin der Instrumente, der Orgel, also nach Westen.
Im Jahre 1864 baute die Potsdamer Firma von Ludwig Gesell die erste Orgel in die Paretzer Kirche ein.

An der hölzernen halbhohen Wand der Orgelempore sehen wir das farbenfreudig gestaltete Porträt des Jüngers Simon Petrus, wie oft gezeigt, auch hier mit den Schlüsseln und dem Schriftgut ausgestattet.

Zwei Fenster mit farbiger Glasmalerei verdienen unsere Beachtung:

Das Glasbild trägt die Umschrift: „Oboedientia“, was >Gehorsam< bedeutet. Es ist eine stete Erinnerung an diese Tugend, an die Betrachter gerichtet. Das Original stammt aus dem 12. Jahrhundert – hier zu sehen ist aber eine gut gelungene Kopie, 1965 entstanden.

Diese Abbildung stellt das Antlitz Jesu Christi dar – das Original ebenfalls aus dem 12. Jahrhundert – für uns zur Ansicht wurde 1956 diese Kopie gefertigt.

Vorn mittig die Apsis mit dem Mauritius-Fenster, links die frühere Gutsloge und rechts die Königsloge.

Der Friedgarten

Der „neue“ Friedgarten lädt uns zu einem Besuch ein.

Dem Mausoleum gegenüber – wir können auch sagen: ein Stück vor der kleinen Friedhofshalle – steht der Grabstein des Ehepaares Boernicke.
Das gleiche Grabdenkmal trägt auf seiner anderen Seite einen Denkspruch.

Hier können wir die Texte beider Seiten des eben gezeigten Grabdenkmals leichter lesen:

Oft gehen Leben und Sterben mit Schmerzen einher.
Mitunter wird eine schier unlösbare Verbindung zur Last.
Manchmal aber findet man eine willkommene Stütze.

Nochmals die Kirche. Vorn die ehemalige Gutsloge mit dem Glasbild im Giebelfenster, vermutlich Propheten darstellend (hier nicht zu sehen).

Die Familie Müller, Ziegeleibesitzer, in Paretz

Wilhelm Müller war am 25. September 1829 in Glindow geboren worden und kam später nach Schmergow. Als Ziegeleibesitzer Johann Friedrich Wilhelm Müller heiratete er am 01. März 1853 die Schmergowerin Albertine Elise Bertha Thien, dort am 8. Mai 1833 geboren.
1863 siedelte diese Familie Müller von Schmergow nach Paretz über, denn auch hier war ein Tonvorkommen entdeckt worden. Anfang des Jahres 1863 hatte Wilhelm Müller vom Paretzer Schulzen Hübner (derzeitig Ortsvorsteher) und dem Bauern Hintze einige Flurstücken Land gekauft und beantragt, darauf ein Ziegelei-Anwesen nahe dem Tonvorkommen bauen zu dürfen:

Das Bauvorhaben wurde unverzüglich genehmigt, das Bauen begann und noch im gleichen Jahr 1863 wohnte die Familie Müller in der neuen Rosenvilla und die Fabrikations-Anlage für Ziegel ging in Betrieb. Alles lief ebenso schnell, wie im Jahrhundert davor beim König – und alles in reiner Handarbeit sowie mit der Zugkraft der Pferde. Damals war's.

Hier die tabellarische Zusammenstellung mit Angaben zur Familie:

Die Einfahrt zur Rosenvilla in der Paretzhofer Straße 45.

Das Paretzer Ziegelei-Ehepaar Müller hatte acht Kinder:
Albert Wilhelm, * 1854 // Bertha Hedwig Therese, * 1857 // Hedwig Therese Alwine, * 1859 // Hermann Julius, * 1861, oo mit Marie Anna Elisabeth Auguste Kuhlmey, Tochter des Kaufmanns und Mühlenmeisters Karl Friedrich Kuhlmey. // Louis Paul Emil, * 1863 // Anna Pauline Mathilde, * 1865 oo mit Rudolf Lender, Chemiker und Kapitän // Alfred Richard Arthur, * 1869–1885 // Otto Julius Franz, * 1872.

Die Akten enthalten auch einen Hinweis, dass Emanuel Leonhard Emil Müller im Haus Paretzhofer Straße 45 lebte. Es könnte sich um einen Enkel – vermutlich um einen Sohn des Emil handeln. Ausreichend Platz bot das Gebäude für ein Mehrgenerationenhaus.

Die Müller-Villa mit dem Gartenpavillon.

Unmittelbar rechts neben seinem Wohngrundstück, Paretzhofer Straße 45, ließ der Ziegeleibesitzer Wilhelm Müller ein Wohnhaus für den Ziegel-Brennmeister errichten. Für Jahrzehnte war das Herr Dantzmann mit seiner Familie. Dieses Grundstück erhielt die Bezeichnung Paretzhofer Straße 47. Allerdings vermittelte die damalige Bebauung einen etwas anderen Eindruck.

Wilhelm Müller hatte im Jahre 1887 diesen Abschiedsraum mit Familiengruft aus Brennlingen seiner Paretzer Ziegelei errichten lassen. Aus diesen wurde auch die Mauer des Friedgartens hergestellt. –
Wilhelm Müller starb am 16. Mai 1888 im 59. Lebensjahr. Seiner Frau Albertines Lebenskreis hatte sich bereits am 24. Mai 1886 im Alter von 53 Jahren vollendet. Für sie war demnach eine posthume Umbettung erforderlich. Wilhelm und Albertine Müller waren wohl die ersten, die in der Gruft ihre letzte Heimstatt fanden. Weiterhin ruhen dort möglicher Weise: Alfred Richard Arthur Müller, † 1885, unverheiratet (gleichfalls umgebettet) // Albert Wilhelm Müller, † 1914 // Hedwig Therese Alwine Müller, unverheiratet, † 1931.

Das Mausoleums oder die spätere Friedhofskapelle aus dem Jahre 1887 konnte 2015 grundlegend saniert werden. Linkes Bild: Das Kreuzrippengewölbe des Innenraums erinnert uns an einen mit 400 Sternen übersäten Nachthimmel. Die Holztafel im Fußboden ist herausnehmbar. Durch diesen Ausschnitt wurden die Särge der Angehörigen der Familie Müller in die Gruft hinabgelassen. –

Im Kellergeschoss stehen fünf Holzsärge, die von Zinksärgen als äußere Hülle umschlossen sind. Die Zinksärge tragen leider keine Personenbezeichnungen, sind aber vermutlich alle mit Angehörigen der Familie Müller belegt (siehe oben).

Einer der Söhne, das vierte Kind: Hermann Julius Müller fand seine letzte Ruhe an der westlich orientierten Mauer des Friedgartens, am Königsweg. Dort sind auch Personen der Familie Kuhlmey bestattet, darunter möglicher Weise seine Ehefrau Marie Anna Müller, geb. Kuhlmey, die erst ein Jahrzehnt nach ihrem Ehemann Hermann starb.
Das Tonvorkommen in Paretz war bald erschöpft und somit auch die Ziegelherstellung stark rückläufig und so starb der frühere Ziegeleibesitzer Hermann Müller im Jahr 1929, während der Weltwirtschaftskrise, als Kleinrentner. Geblieben waren diese Erinnerungstafeln. Diese wurden 2015 fotografiert, sind aber heute (2023) nicht mehr vorhanden.

Anna, das sechste der Müller-Kinder, hatte den Chemiker, Kapitän und Betriebseigner Rudolf Lender geheiratet. Die Ehe wurde später aufgelöst. Seinen Grabstein finden wir aber nicht in Paretz, sondern auf dem Alten Friedhof in Potsdam, Heinrich-Mann-Allee.

Gehen wir von Paretz die kurze Ketziner Straße / An der Mühle, vorbei am ehemaligen Standort des Luisentores und der Mühle, so stehen wir bald vor dem repräsentativen weißen Haus in Ketzin, Potsdamer Straße 25.

Als Bauherr und langjähriger Erst-Bewohner der Villa, deren Bau im Jahre 1877 begonnen wurde, ist der Ziegelfabrikant Carl August Müller mit seiner Familie bekannt. Dieser Carl August stammt aus einer anderen Linie des Müller-Familienverbandes, als die Vorgenannten.
Die „Müller-Villa“, wurde später als „Villa Havelblick“ bezeichnet. Viel hat sie in den zurückliegenden Jahrzehnten „miterlebt“.

Dieses Grundstück mit dem Gebäudekomplex ist nach hervorragender Sanierung so schön wie nie zuvor (Foto: 2023). Seither wird es „Villa Havelland“ genannt. In das Bauwerk, 14669 Ketzin, Potsdamer Straße 25, ist seither mit jungen Menschen ein frischer und völlig anderer Geist eingezogen. Bei diesem Geist geht es im Wesentlichen um Angebote für guten ausgewogenen Rat und tätige Hilfe auf vielfältigen Gebieten des Lebens, insbesondere für die Gesundheit und ihre verschiedenen Randbereiche. Die Tätigkeitsfacetten halten aber auch noch ganz andere Überraschungen für die Besuchenden bereit.
„Unser Hiersein lebenswert gestalten, die Erde besser hinterlassen, als wir sie vorfanden“ – so etwa ihr Bekenntnis zur eigenen Lebenseinstellung und als Leitlinie für ihre tägliche Arbeit.
Für Besuchende der Stadt Ketzin mit Ortsteil Paretz und der reizvollen Umgebung des Havellandes, die gern länger als einen Tag hier bleiben möchten, ist es gut zu wissen, dass man auf dem Grundstück der Villa Havelland auch prima übernachten kann.
Inhaltsreiche Ausführungen hier: www.villahavelland.de

Die Herrschaften vor der Ausfahrt (hinter dem Gebäude).
Es folgen Bilder der Blicke vom Turm der Villa in die ländliche Umgebung – vor der Zeitdauer eines Menschenlebens aufgenommen.
Quelle: Diese kleinformatigen historischen s/w-Bilder stammen aus dem Archiv von Andreas Lauterberg, Ketzin.

Nun sind wir am Ende unseres Spaziergangs angelangt, nehmen Abschied von Paretz – aber nur für heute, denn es gibt manches mehr zu sehen oder sogar zu ergründen, als hier angedeutet wurde.

Literaturangaben. Verwendet wurden die Schriften:
- „Paretz - Historischer Führer“, zusammengestellt / hergestellt in
der Druckerei Andreas Lauterberg, Ketzin / Havel, 2002 / 2020,
- „Die Dorfkirche Paretz“, DKV-Kunstführer Nr. 493
- Kirchenbücher Schmergow und Paretz sowie
- eigene Erkundungen des Autors.

Weitere Beiträge heimatkundlicher und familiengeschichtlicher Art findest du auf der Internet-Seite: www.janecke.name