Bilder zum Klädener See in der Altmark, Bundesland Sachsen-Anhalt

09. Juli 1982: Kaum haben wir den Arendsee hinter uns gelassen, erblicken wir einen silbrig glänzenden kugeligen Wasserhochbehälter. Leicht scheint er über der Landschaft zu schweben und ist doch so sehr schwer, voll gefüllt mit Trinkwasser. Vor uns liegt das Dorf Kläden. An der Straßenkreuzung in der Ortsmitte biegen wir nach rechts von der Hauptstraße ab und setzen die Fahrt auf einem Betonplattenweg fort. Nach dem Überqueren der Bahnlinie rollen wir noch ein kurzes Stück auf dem nun sandigen Weg weiter. Schon erkennen wir vor uns eine Halde, die sich hoch auftürmend, von der sonst flachen Landschaft abhebt.
Ein faszinierendes Bild bietet sich uns: Vor dem satt-grünen Kiefern-Waldessaum liegt tiefblau und ruhig der See, umrahmt von dem schneeweißen, im strahlenden Sonnenschein gleißenden Quarzsand.

Im Jahre 1929 wurde das Klädener Quarzsandvorkommen entdeckt. In der Folgezeit wurde daraus in den Henkel-Werken Genthin feinstes Scheuerpulver hergestellt, nach 1945 dann auf dem gleichen Betriebsgelände im VEB Waschmittelwerk Genthin der gute ATA-Scheuersand. Auch könnte der Sand wohl Eieruhren oder Stundengläsern zu ziemlich genauer Gangart verhelfen.
Der Sand wird von einem Saugbagger, der im See schwimmt, gewonnen. Dieser pumpt das Wasser-Sand-Gemisch auf einen künstlich gestalteten Tafelberg mit oben liegendem Absetzbecken. Auf dessen Oberfläche, innerhalb des immer wieder erhöhten Randes, setzt sich der Sand ab. Das freigesetzte Wasser wird über Schurren wieder dem See zugeleitet.
Den entwässerten Sand füllen Arbeiter in Kipploren der Schmalspurbahn und stellen dieses „weiße Gold“ zum Abtransport mit Reichsbahnwagen bereit.
Neben dem aktuell in Betrieb befindlichen „Tafelberg“ besteht auch eine ältere Abraumhalde, auf der sich bereits, trotz der wohl schwierigen Nährstoff- und Wasserversorgungsprobleme, ein Neubewuchs angesiedelt hat.
Die nutzbare Quarzsandschicht von einer Mächtigkeit von 15 ... 18 m ist auf „gemeinen Sanden“ aufgelagert. Das schürfende Gewinnen dieses Rohstoffs führt also zu einer Beckenausformung mit einer der Quarzsandschicht. entsprechenden Tiefe.
Nachdem der Schatz dieser Grube irgendwann als ziemlich ausgebeutet galt, wurde für die DDR-Bevölkerung aus der Sowjetunion das Scheuermittel namens „Tschistol“ eingeführt.

Die Ruine des Klosters am Arendsee.
Blick des Autors aus den Resten des Klosters auf den See.
Im See kann man den Schwimmbagger erkennen, der das Quarzsand-Wasser-Gemisch aus der Tiefe ansaugt. Von hier aus wird es zum Entwässern auf den „Tafelberg“ gepumpt.
Betriebsgelände Klädener See. Mit einem Lorenzug wird der ausgebaggerte und entwässerte Quarzsand zu den Waggons der Deutschen Reichsbahn gefahren.
Beim Vergleichen dieses gleißenden Feinstsandes mit dem begehrten Ostseesand kann man keine große Ähnlichkeit feststellen.
Das an der gegenüber liegenden Seeseite entstandene Steilufer.
ATA-Verpackung, Streu-Pappschachtel (Originalgröße etwa 12 x 8 x 2,5 cm) aus dem Jahre 1964 für den feinen lungengängigen Quarzsandstaub. Erläuterung der Abkürzungen auf der Verpackung:
ELN = Erzeugnisleitgruppennummer, VEB = Volkseigener Betrieb,
HSL = Handelsschlüsselnummer, 3280 = die damalige DDR-Postleitzahl.
Das ist keine Oberflächenkarte eines fremden Planeten, sondern eine Probe des Quarzsandes, hier versuchsweise in unterschiedlichen Schichtdicken abgebildet. Auch an den dünnsten Stellen (Schleiereindruck) kann das Auge kein Sandkorn erkennen, so gering sind die Partikeldurchmesser. Eher drängt sich uns ein Vergleich mit Kreidestaub oder Mehl auf.
Zeit ist vergangen. 15. August 2000. Weißer Badestrand en gros.
Es schwimmt im See schon lange kein Saugbagger mehr, die Quarzsandgewinnung ist aufgegeben, das Vorkommen war wohl im Wesentlichen erschöpft. Dafür schwimmen nun im kristallklaren Wasser des Sees fröhliche Menschen, unter ihnen auch ich. Am Ufer stehen Warnschilder! Man kann nicht langsam in den See hineinlaufen, da der Untergrund nicht aus festem Erdboden besteht, sondern aus der „haltlosen Einzelkornstruktur“ der feinsten Quarzkristalle. Diese Schicht rutscht also unter der Masse des Körpers sofort unter den Füßen weg. Im Wasser soll man nicht laufen, sondern schwimmen, ja und deshalb Schwimmer sein und um diese Eigenarten wissen und sie beachten und jüngere unwissende Kinder nie ohne Aufsicht lassen!
Romantisch und abwechselungsreich die Uferzone. Wir sahen jetzt den See in den Jahren 1982 und 2000. Wiederholen wir den Besuch erneut in zwei Jahrzehnten, wird die Natur die Uferbereiche bereits viel weitergestaltet haben. Na dann ...
Na dann, Auf Wiedersehen, schöner Klädener See – bis zum nächsten Besuch.

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