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Dieses Dokument gehört zur Ahnenliste „Janecke“, Familienverband „Sommer“.


Ein tabellarischer Lebenslauf

aus der Reihe Familienforschung und Heimatgeschichte.


Johann Friedrich Gottfried Sommer

30. Juli 1769 bis 19. Februar 1809

und seine Ehefrau

Johanne Charlotte geborene Wegen (Weegen)

25. April 1768 bis 30. März 1809.

mit Hinweisen zu den Kindern dieses Ehepaares.


Gemeinsamer Lebensort: Buckow

(Oberbarnim / Märkische Schweiz/ Märkisches Oderland)

in der Mark Brandenburg, Preußen



Zusammengestellt von Dr. Hartwig Schulze und Chris Janecke

Jüngste Bearbeitung: Juli 2020 E-Mail: christoph@janecke.name


Zu diesem Text gibt es einige Bilder – bitte hier klicken


Bei den oben Genannten handelt es sich um Alturgroßeltern des Autors.

Wenn du Interesse hast, mehr darüber zu lesen, was sich in dieser Zeit im Leben der Menschen abspielte, so sieh’ bitte auch in die Dokumentationen „Zeitgeschichte“ und „Zeitgenossen“ auf der gleichen Internetseite.

Die hier gezeigten Ergebnisse bedeuten noch keinen Abschluss der Forschung.



Wir haben euch nicht verlassen wollen. Wir sind im Geiste bei euch.

Wir mussten nur sehr früh gehen, den Weg im Voraus zu erkunden,

den wir alle gehen müssen. Wir bleiben eine Familie.


Mit dem Ende des irdischen Lebens endet uns're Liebe für euch nicht!



Wegweiser für die Beziehung zwischen den Hauptpersonen (Probanden) dieser Niederschrift und den heute lebenden Personen des „Familienzweiges“.


Generation

Zeitraum

Namen des jeweiligen Ehepaares

07

1768 bis 1809

Johann Friedrich Gottfried Sommer oo Johanne Charlotte Wegen

Diese hatten in ihrem zu kurzen Leben vier Kinder, die ab 1809 als Waisenkinder (irgendwo) aufwuchsen:

06

1798 bis 1897

Marie Friederike Luise Sommer

* 30. März 1798

Johann Friedrich Sommer

*30. Dez. 1800

Carl

August Sommer

* 18. Dez. 1803

Caroline

Wilhelmine

Sommer

* 5. März 1807

Wir haben sie leider noch nicht wieder

gefunden.

Näheres über sie im Lebenslauf:

Sommer oo Keilbach

Näheres über sie im Lebenslauf:

Sommer oo Keyling

Näheres über sie Lebenslauf:

Arlet oo Sommer

05

1831 bis 1909

Karl Johann Friedrich Sommer oo Marie Elisabeth Weltzer

Er ist ein Sohn des Ehepaares: Sommer oo Keilbach.

04

1875 bis 1949

Rudolf Max Sommer oo Anna Margarethe Runge

03

1900 bis 2003

Anne-Marie Sommer oo Alfred Richard Janecke

02

1945 bis

Der Autor dieser Niederschrift – Chris Janecke

01


Die Söhne des Autors

(zu näheren Angaben besteht ein noch gewünschter Datenschutz)

















Das Ehepaar = Die Probanden = Die Eltern

Johann Friedrich Gottfried Sommer oo Johanne Charlotte Wegen





Vater:

Generation: 07/Ahn 80


Mutter:

Generation 07/Ahnin 81

Die Bedeutung dieser

Familien-Namen:

Gefühlsverbindung zu Sonne, Wärme Reife, Ernte. Namensträger eventuell im Hochsommer geboren. Ein Übername mit der Begriffswahl für diese Jahreszeit.


zu Wegener / Wagner für einen Wagenhersteller, Wagner, Stellmacher, Karrenbauer.

Name:



Sommer

Wegen

(frühere Schreibweise auch Weegen)

Vornamen:


Johann Friedrich Gottfried

Johanne Charlotte



Die Eltern der Probanden (Großeltern)



Der Vater:

Sommer


Der Vater:

Meister Johann Jacob Weegen


Die Mutter:

?


Die Mutter:

Dorothea Elisabeth (Wiese), oder auch Winter (sehr schlecht lesbar)

Geburt:



Geburt am 30. Juli 1769 (nach Sterbeangabe errechnet).

Im Kirchenbuch Groß- und Klein-Buckow fand ich jedoch keinen Eintrag – eventuell in Batzlow Barnim geboren? Dort trat der Name „Sommer“ vorher auf. In Batzlow sind aber keine Kirchenbücher mehr vorhanden. 1945 vernichtet. Totalverlust. Im Zentralen Evangel. Kirchenbucharchiv Berlin, S. 380, Microfichegruppe 16600 steht der Vermerk: Fehlt. (Keine KB-Kopie vorhanden. Für immer verloren).


Buckow, am 25. April 1768.



Taufe:



Taufe nicht gefunden.

Das 1. Taufbuch von Groß- und Klein-Buckow beginnt am

1. January 1768, geführt von Oberprediger Johann Spendelin, geschlossen am 31. Dezember 1804. Es enthält aber keine Taufeintragung zu diesem Kind.


Taufe am 02. May 1768. Die Paten:

1. Gottfried Tramte,

2. Martin Decker,

3. Frau Gühle(n), geborene Hartwig,

4. Frau Catharina Gallaun,

5. Frau Dorothea Elisabeth Brand,

geborene Wolter.


Quelle: Kirchenbuch Buckow, 1768, Seite 7, Nr. 19.


Beruf / Stand

oder Gewerbe:



Zimmermann, beim Militärdienst Kanonier, nach dem Feldzug

Invalide, Hausmann.


Hausfrau und Mutter von vier Kindern

Trauung:

evangelisch


Buckow (am Schermützelsee im Barnim), Nr. 9 / 1794.

Der Bräutigam ist ca. 25 Jahre alt. Die Braut ist 26 Jahre jung.

Quelle: Register zum Kirchenbuch Buckow.

Das Kirchenbuch ist vernichtet aber die Jahreszahl konnte aus dem noch vorhandenen Register entnommen werden. Die Traubücher 1708 bis 1804 fehlen gänzlich. (Erfasst Chris Janecke, Buckow, am 25. 11.1994).


Anschriften, gemeinsame:

Buckow, bis zum Lebensende im Jahre 1809.

In welcher Kate, das ist jedoch nicht bekannt.


Tod / Gestorben:

Bestattet:





Buckow im Barnim, am 19. Februar 1809, 39 Jahre / 6 Monate /

20 Tage alt.

Sterbeursache: „Kaltes Fieber“.

Johann Friedrich Sommer, Hausmann und gewesener Kanonier (Zimmermann und Invalide) hinterlässt eine Wittwe und vier unmündige Kinder.


Bestattet am 21. Februar 1809 auf dem Friedhof vor dem Thore.

Oberprediger Wedel. Quelle: Kirchenbuch in Buckow 1809,

Seite 37, Nr. 20.


Buckow im Barnim am 30. März 1809.

Knapp 41 Jahre alt.


Hanne Charlotte Sommer, geborene Wegen, des Invaliden Johann Friedrich Sommers Wittwe ,starb an „hitzigem Fieber“.


Sie hinterlässt vier unmündige Kinder.


Bestattet am 01. April 1809 auf dem Friedhof vor dem Thore.

Oberprediger Wedel. Quelle: Kirchenbuch in Buckow 1809,

Seite 39, Nr. 30.


Das Hirtenhaus = Schäferhaus (in der viel später so benannten Königsstraße 47) bildet die Ortsgrenze von Buckow in Richtung des „Friedhofs vor dem Thore“, also in Richtung Sieversdorf.


Anmerkungen von Chris Janecke:

Die Geburt von 07/80, Johann Friedrich Gottfried Sommer fand ich im Kirchenbuch Buckow nicht. Die Familie Sommer ist auch nicht im Buckower Einwohnerverzeichnis aus dem Jahre 1701 enthalten. Also wird Johann Friedrich Gottfried Sommer wahrscheinlich erst als junger Mann nach Buckow zugezogen sein, vielleicht zu seiner Ausbildung und Tätigkeit als Zimmermann.

Er heiratet jedoch nachweisbar im Jahre 1794 die Buckower Einwohnerin Johanne Charlotte Wegen und die neu gegründete Familie wohnt dann auch in Buckow. –

Es gab zumindest bereits in Batzlow eine Familie Sommer mit Familienbeziehungen nach Buckow (Kindespatenschaften). Batzlow über Reichenberg liegt nur 11 km NNÖ von Buckow entfernt. Ein zweistündiger flotter Fußmarsch. Es kann und soll nicht ausgeschlossen werden, dass Johann Friedrich Gottfried Sommer ebenfalls aus Batzlow (damals Batzelow geschrieben) kam.


Persönliche Suche: Die heute in Batzlow vorhandenen Kirchenbücher beginnen erst 1945. Die alten Bücher fielen in den letzten Kriegstagen 1945 der Vernichtung anheim, sind unwiederbringlich verloren. Kopien sind vorher nicht gefertigt worden. – Ich besuchte im Jahre 1997 deshalb auch den Batzlower Friedhof, kam aber zu spät. „Aus Kapazitätsgründen“ waren „einige Zeit zuvor“ leider alle alten historischen Grabsteine entfernt worden, so dass jene keine eventuelle Hilfe mehr geben konnten. Verzeichnisse über die alten, mit wertvollen Informationen versehenen Grabsteine (Aufschriften), wurden beim wohl weniger sensiblen Entfernen / Aufräumen auch nicht angelegt – ebenfalls keine Fotos gefertigt. Man hat den kleinen Ort ohne eine Notwendigkeit in dieser Hinsicht im Wesentlichen geschichtslos gemacht.

Fazit: Aus den Verlusten der Geschichte (1945), die der Pastor zwar zutiefst bedauerte, hatte man offenbar überhaupt nichts gelernt – muss man als außenstehender Laie vermuten.


Es gab in späterer Zeit noch Sommer-Familien in Buckow – vorerst bis in die 1990-er Jahre.


Zurück aber nach Buckow und in das Jahr 1794

In diesem Jahr halten u.a. auch Johann Friedrich Gottfried Sommer und Johanne Charlotte Wegen Hochzeit. Johann ist Zimmermann, allerdings zur Zeit steht ihm der Einsatz als Kanonier, im Dienste des Königs Friedrich Wilhelm II., bevor.


1798

In unserer Familie wird Marie Friederike Luise Sommer am 30. März in Buckow geboren. Über ihr weiteres Ergehen fanden wir bisher keine Informationen.


1800

In unserer Familie wird Johann Friedrich Sommer am 30. Dezember in Buckow geboren.

Er wird später in Potsdam ein tüchtiger Schuhmachermeister sein.


1803

In unserer Familie wird Carl August Sommer am 18. Dezember in Buckow geboren. Er wird später die Profession eines Müllers und Mühlenbauers ergreifen, ein Mühlen-Meister sein und in Reppen in der Neumark um 1835 die Caroline Emilie Henriette Keyling heiraten.


1807

In diesem Jahr wird in unserer Familie am 05. März, Caroline Wilhelmine Sommer in Buckow geboren. Hier tritt (erstmals schriftlich festgehalten) auf, dass der Vater, bisher Zimmermann und Kanonier – nunmehr Hausmann ist, ein Invalide des Frankreichfeldzuges.

Tochter Wilhelmine wird im Jahre 1845 in Berlin den Buchbinder-Meister Carl Heinrich August Arlet

heiraten.


1809

Nüchtern weist das Buckower Kirchenbuch aus, dass (unser Vorfahr) Johann Friedrich Sommer am 19. Februar, im 40. Lebensjahr verstarb. Zutiefst traurig ist auch die nächste Mitteilung, dass Johanne Charlotte Sommer, geb. Wegen, also seine Ehefrau, am 30. März nun ebenfalls verstarb und die vier Kinder zwischen 2 und 11 Jahren ihres Lebensalters, plötzlich Vollwaisenkinder sind.



Die Kinder der Eltern:

Johann Friedrich Gottfried Sommer oo Johanne Charlotte Wegen


Anmerkung: Der Name des Kindes, das die Ahnenfolge in gerader Linie zu den jüngsten Probanden des Familienzweiges „Janecke“ weiterführt, ist fett gedruckt.


Nr.

Familienname:

Sommer

Lebensdaten der Kinder

1

06/40.1

Marie Friederike Luise



Geboren in Buckow am 30. März 1798.

Taufe am 06. April 1798.

Taufpaten: 9, darunter lesbar:

1. Herr Johann Peter Heller,

2. Herr Wollfabrikant Carl Hart,

3. Friedrich Wilhelm Kleist,

4. Frau Justine Charlotte Schultze, geborene Gallaun,

5. Frau (Marie?) Luise Schmidt, geborene Gotting.


Quelle: Kirchenbuch Buckow, 1798, S. 296, Nr. 15.


Über ihr Leben haben wir noch keine weiterreichende Kenntnis.


2

06/40.2

Johann Friedrich


oo Potsdam

19. Juli 1830


Caroline Wilhelmine Charlotte Keilbach in Potsdam


Geboren in Buckow am 30. Dezember 1800.

Taufe am 06. Januar 1801. Die Taufzeugen waren:

1. Herr Kämmerer Joh. Chr. Friedrich Schultze,

2. Jacob Wegen,

3. Frau Dorothea Luise geborene Grünberg


Quelle: Kirchenbuch Buckow 1800, S. 318, Nr. 41


Über Johann Friedrich Sommer oo Caroline Keilbach gibt es einen gesonderten Lebenslauf auf dieser Internetseite.


3

06/40.3

Carl August


oo Reppen (Neumark) um / vor 1835


Caroline Emilie Henriette Keyling

(auch Weiling geschrieben)




Geboren in Buckow am 18. Dezember 1803.

Taufe am 26. Januar 1804. Die Taufpaten waren:

1. Der Strumpfwebermeister Johann Friedrich Nötzel,

2. Junggesell Johann Plötze,

3. Junggesell Johann Wegen,

4. Jungfrau Friederike Schmidt,

5. Jungfrau Elisabeth Sophie Mesten,

6. Charlotte Justine Schultze, geborene Gallaun.


Quelle: Kirchenbuch Buckow 1803, S. 356, Nr. 38.


Für dieses Paar besteht auf dieser Internet-Seite der gesonderte tabellarische Lebenslauf: Sommer oo Keyling.


Der Sohn von Carl August Sommer oo Caroline Emilie Henriette Keyling, ist Carl Adolph Sommer (Generation 5).

Dieser heiratet in Jülich, Rheinland, Preußen, am 03. Juli 1872, die Gertrud Auf dem Haus (Familienname).


Für das Paar „Sommer oo Auf dem Haus“ besteht auf dieser Internetseite ein gesonderter Lebenslauf.


4

06/40.4

Caroline Wilhelmine


Braut: 38 Jahre


oo Berlin, St. Georg, am 24. Maerz 1845


Bräutigam: 24 Jahre

Carl Heinrich August

Arlet,

Buchbindermeister

Geboren am 05. Maerz 1807 in Buckow Barnim).

Taufe: in Buckow am 15ten März 1807 durch Oberprediger Wedel. Die Paten waren:

1. Jungfrau Luise Wegen

2. Jungfrau Wilhelmine Schmidt

3. Frau Justine Charlotte verwittwete Schulze

4. Junggeselle Ludwig Nötzel

5. Meister Friedrich Kleist

6. Junggeselle Carl Stendike


Quelle: Kirchenbuch Buckow 1807, Seite 24 /25, Nr. 1


Wilhelmines Lebensweg führt sie nach Berlin. Dort heiratet sie in der Kirche St. Georg am 24. Maerz 1845 den Buchbindermeister Carl Heinrich August Arlet, der aus Frankfurt an der Oder stammt und dort in der Evangelischen Kirche Sankt Marien zu Frankfurt,

am 13. August 1820 getauft wurde.


Für dieses Ehepaar „Arlet oo Sommer“ besteht auf dieser Internet-Seite ein gesonderter tabellarische Lebenslauf.



Die Daten aus den Buckower Kirchenbüchern wurden von Chris Janecke am 25. November 1994 erfasst.

Hier in Buckow treffen wir eine größere Anzahl von fünfachsigen Häusern, sowie auch „halbe Häuser” an, wie wir diese beispielsweise ebenso in Nowawes (Potsdam-Babelsberg) aus ihrer Bauzeit um 1750 kennen. In gegenwärtiger Zeit (1994) tritt der Name „Sommer” in Buckow noch auf (jüngere Friedhofsgrabsteine). Nach dem Telekom-Telefonbuch ist hier aber kein Sommer mehr zu ermitteln, jedoch eine Namenshäufung „Sommer” im etwa 30-km-Umkreis.


Über die Kinder wissen wir kaum etwas. Daher bewegten mich folgende Fragen:

Wo blieben die vier Kinder als Waisen zwischen dem 2. und 11. Jahr ihres Lebensalters nach dem frühen Tod der Eltern? Vielleicht bei Taufpaten (Gevattern / Gevatterinnen) – an Kindes Statt?

Vielleicht aber auch bei anderen Sommer-Verwandten in Buckow (die es offenbar gab!) oder in Batz(e)low? Blieben die Kinder überhaupt in ihrer Geburtsregion?


Versuche, Antworten zu finden:

Ich prüfte das Buckower Konfirmandenbuch. Im Suchzeitraum 1811 bis 1823 stehen eine Anzahl von „Sommer-Kindern“, so Nr. 15 / 1811: Hanne Charlotte Catarine Sommer oder auch Nr. 16 im Jahre 1823: Marie Luise Sommer, die wahrscheinlich zum gleichen Familienverband gehören aber nicht die gesuchten Kinder unserer direkten Linie dieses Familienzweiges, nicht die Kinder dieser früh verstorbenen Eltern sind.

Leider stehen im Konfirmanden-Verzeichnis nicht die zu diesen Konfirmanden gehörenden Eltern, so wie es bei den Taufen und auch Trauungen üblich ist. Das hätte die Vorfahren-Erfassung und natürlich deren Zuordnung innerhalb der Verwandtschaftsbeziehungen erheblich vereinfacht.

Fazit: Diese („unsere“) gesuchten Waisenkinder lebten also in jener Zeit des Konfirmationsalters (lange nach dem Ableben ihrer Eltern) offenbar nicht mehr in Buckow – denn sie wurden dort nicht konfirmiert.


Waren die Kinder eventuell ins Militär-Waisenhaus nach Potsdam gekommen? Der Vater war ja im Feldzug Kanonier gewesen und als Invalide zurückgekehrt.

Nein, in den Konfirmandenlisten des Militärwaisenhauses Potsdam, diese liegen im Geheimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem, sind die Kinder ebenfalls nicht aufgeführt.

Weitere Dokumente, so die Zöglingslisten des Hauses, wurden im Zweiten Weltkrieg zur Rettung vor der eventuellen Bombardierung ausgelagert. Die Gebäude blieben stehen aber die Akten sind seit ihrer „auslagernden Rettung“ verschollen, wurden nie wieder aufgefunden.


Der eventuelle Ehename des erstgeborenen Sommer-Mädchens Marie Friederike Luise, ihr Wohnort, ihr Geschick, sind uns noch völlig unbekannt.

Das zweite Kind, der ältere Sohn: Johann Friedrich Sommer (* 1800) tritt vor 1830 in der Stadt Potsdam als Schuhmacher-Meister auf und heiratet dort. Siehe extra Lebenslauf: Sommer oo Keilbach auf dieser Internetseite.

Gab es eventuell eine Verwandtschafts- und / oder Pflegschafts-Beziehung zum Hofbuchdruckermeister Sommer in Potsdam? Die Ehefrau des Hofbuchbinder-Meisters Kaesten ist später Patin beim ersten Kind des Paares Johann Friedrich Sommer oo Caroline Wilhelmine Charlotte Keilbach in Potsdam. Diese Eventualität scheint sinnvoll zu passen, konnte aber bisher aus den vorhandenen Quellen nicht bestätigt werden.


Der zweite Sohn, Carl August Sommer (* 1803) wird Müller / Mühlenmeister und heiratet Caroline Keyling, lebte für Zeiten in Reppen (Neumark). Kurz vor seinem Ableben im Jahre 1892 zieht er als Witwer aus Gerresheim bei Düsseldorf krank und müde nach Nowawes (das spätere Potsdam-Babelsberg) zu seiner Nichte Marie Weltzer, geborene Sommer (siehe extra Lebenslauf „Weltzer oo Sommer“ auf dieser Internetseite). Über sein Leben ist uns jedoch bisher kaum etwas bekannt.


Das vierte und jüngste Waisenkind finden wir erst vier Jahrzehnte später in Berlin wieder. Es ist Charlotte Wilhelmine Sommer, geboren 1807 in Buckow, die im Jahre 1845 den Buchbinder-Meister August Arlet ehelicht. – Soweit die spärlichen Informationen zu den Schicksalen dieser Waisenkinder.

––––––––––––––––––––––––––––––––


Während der französischen Besatzungszeit (1805 bis 1809) mussten auch die Buckower Einwohner wöchentlich Geld oder Naturalien bei der französischen Kommandantur abgeben. In den Abgabelisten taucht der Name der Familie Sommer nicht auf, obwohl sie nachweislich zu jener Zeit in der Stadt lebten. So bleibt es (für mich) unklar, ob eventuell arme Einwohner (der Familienvater war ein invalider ehemaliger Kanonier, ein „Hausmann“) von diesen Abgaben befreit waren.


Der Gesamtwert der wöchentlichen Abgaben der Einwohner von Buckow durfte 21 Taler nicht unterschreiten. Die Einwohner hatten ihr Letztes zu geben, um ihren Verpflichtungen gegenüber den französischen Besatzern irgendwie nachzukommen.

Mit der Geldübergabe an die Besatzer-Truppe wurde, jeweils wechselnd, der Bäckermeister X, der Schneidermeister Y usw. beauftragt. Für den Erhalt des Geldes und der Naturalien stellte die französische Kommandantur Quittungen aus, die noch heute, mehr als 200 Jahre später, im Landeshauptarchiv Potsdam aufbewahrt sind.


Beispiel

Liste der Abgaben zum Unterhalt des französischen Lazaretts in Buckow für das Jahr 1805.


Haus, No

Datum

Namen

sollen geben

Thlr. Gro. Pfg


haben gegeben

Thlr. Gro. Pfg.



Transport (Übertrag)

178

12

-





153

23.A.

Joh. Glanz

3




3

18


154

23.A

Seefeldt, sen.

1




1



155

16.A

Sannen....

2




2



156

dito

Schmidt, Seiler

2




2



157

dito

Bredow....., Hanß

3




3



158

dito

Gott. Freudenberg

3




3



159

22.A

Wittwe Dräger

3




3



160

23.A

Jacob Wegen

2




2



161

23.A

Rochlitz, Schuhmacher

1




1



162

dito

Friedr. Kreide

3




3



163

dito

Erdmann Kleist

1




1



164

dito

Wittwe Dreger

2




2



165

dito

Zachert

2




2



166

dito

... Gallaun

1




1



167

dito

... Rickheim

5




5



168

17.A

... Neumann

1




1



169

dito

Gädike


12




12


170

dito

Friedr. Glanz


12




12














Kleine Stadt Buckow








1.










2.










3.











usw.

Quelle dieses sinngemäß notierten Auszuges: Landeshauptarchiv Potsdam, Preuß. Brandenburg. Repositum: Herrschaft Buckow 275, 3. Landes- und Kreis-Sachen, 3.3. Militaria Nr. 275 und 276: Leistungen der Einwohner an die französische Besatzung.


Ein weiteres Beispiel: Zusammenstellung von Naturalien und Arbeitsleistungen der Bürger, umgeschätzt in Geldwerte – zum Unterhalt des französischen Lazaretts in Buckow: 1805 bis 1809:


Datum

Monath Januar 1808 // Benennung

Thlr.

Gro.

Pfg.

27.ten

Bei Carl Schmidt für Brod


11


Meister Gutsch und Semmler für Töpfe und Schüßeln

1

4


28.

Herr Schönbeck für Salz, Licht und Brennöl


12


dito für Nägel und Lorbeerbehälter


14


Herr Heller, 1 Dutzend und 1 blecherne Löffel (also 13 Stück)


11


Meister Conradt für Licht (Abgabe von Kerzen)


4


Herr Wagener 2 Dtzd,–, Kaufmann Schmidt 2 Dtzd. Löffel

1

9


29.

And. Schmidt für Semmeln


8


dito, Joh. Schmidt, Thiemann für Brod

3

6


30.

Herr Schönbeck für 1 Pfund Licht


18


Mstr. Gutsch und Semmler für Töpfe, Schüßeln, Teller

1

13

6

für Milch und Töpfe


5


für Sellerie und Holzhauen


16


4 Quart Milch: 6 Gr., Töpfe: 12 Gr., 6 Pf


18

6

31.

Herr Rickheim: 6 Quart Milch: 9 Gr., Schreibe-Material: 6 Gr.


15


für Seife 4 Gr., Töpfe 4 Gr., Wachholderbeeren 1 Gr.,

2 Besen 1 Gr.


10


1 Metze Salz 4 Gr., Kien zum Feueranmachen 4 Gr.


8



Zwischen-Summe:

13

9



ab, den Brod-Betrag mit

4

1



End-Summe:

9

8







Datum

Monath Februar 1808 // Benennung

Thlr.

Gro.

Pfg.

1te

Waschfrau Borcherten (für Waschleistung)

1

22


2.

bei Georg Lucas, eine messingene Füllkelle 16 Gr., 1 Pfund Licht

1

1


3.

Meister Gutsch einen Topf


5


4.

Herr Rickheim 7 Quart Milch


10

6

5.

Christ. Walther 8 dito


12


Herr Schönbeck 2 Pfund Licht


18


6.

für Sellerie und Petersilie 12 Gr., Töpfe 3 Gr.


15


7.

Wittwe Dabergotz für Aufwartung 13 Tage a 4 Gr.

2

4


Frau Gadieken dito 11 Tage a 4 Gr.

1

20


Herr Heller dito 13 Tage a 6 Gr.

3

(6 Gr.

Abzug)

8.

bei Wittwe Schultzen 1 Stiege Erdtoffeln (Kartoffeln)


16


dito. 1 Nachtstuhl


12


Carl Kreyde 1 Metze Erbsen


4


Carl Wendt Arbeitslohn im Hospital

1

6


dito 1 Nachtstuhl 16 Gr, 1 Deckel auf denselben 6 Gr.


22



Latus:

15

23

6







Anmerkung: Die Klammerausdrücke /kursiv – wurden von Chris. J. hinzugesetzt.



Erläuterungen zu den historischen Maßeinheiten und damaligen Bezeichnungen:


Historische

Bezeichnung

Versuch der Erläuterung

1 Pfund Licht

Gemeint sind wahrscheinlich Kerzen aus Tierfett (Talk), seltener aus Bienenwachs.

1 Pfund

Zeitgenössisch in Preußen: 467 Gramm, (erst ab 1858: 500 g)

1 Dutzend Löffel

12 Stück.

1 Quart Milch

1,145 Liter

1 Metze

Hohlmaß in Preußen knapp 3,5 Liter; in Sachsen aber 6,5 l.

Lieferung von

Seife

Es handelt sich dabei wahrscheinlich um selbst hergestellte Seife, vermutlich aus den Hauptbestandteilen ausgekochter (mitunter gemahlener) Knochen unter Hinzugabe von Ton-Erde.

Kien

fein gespaltenes / gespantes, stärker harzhaltiges Brennholz zum Anzünden des Feuers (besonders geeignet sind Hölzer wie die Kiefer).

Erdtoffeln

Kartoffeln


Hinweise zur Ernährung im 18. Jahrhundert (also etwas vor dieser Zeit)


Gerste, Hafer, Roggen und Hirse fanden als Getreidearten Verwendung. Aus diesen wurde Brot, Kuchen, Brei oder Mus bereitet. Der Weizen setzte sich erst später durch.

Als Kuchen galt schon gebackener einfacher Roggen-Mehlteig, in besonderer Form (fürs Auge) oder in dünner Schicht gebacken und zum Beispiel mit Speckstückchen belegt. Für einen süßen Kuchen an Festtagen wurde vielfach Honig verwendet, Zucker dagegen eher bei den reichen Leuten, denn der Zucker für die Wohlhabenden kam als Rohrzucker vom amerikanischen Kontinent, „aus Übersee“. Die Zuckergewinnung aus Rüben war noch nicht bekannt.


Eine große Rolle für die Ernährung kam Gemüsen und Hülsenfrüchten zu. Bekannt waren auch Brei-Zubereitungen aus Mohn. Ebenso war Sauerkraut üblich und auch saure Gurken bekannt. Fette wurden erheblich sparsamer verwendet als heutzutage.

Die Tomate war im mitteleuropäischen Raum noch nicht bekannt.


Verzehrt wurden auch Pilze, Schlehen, Maulbeeren, Mispeln, Holunder, Hagebutte, Waldbeeren, Wild- und Gartenobst. Dieses wurde im Winterhalbjahr auch als Trockenobst verabreicht.

Das Hauptgewürz in der Küche bildete das Kochsalz. Ein jeweils typischer Würzgeschmack wurde mit verschiedenen Küchenkräutern erreicht.

Für die ärmeren Schichten der Bevölkerung waren Suppe, Brei, Mus und seltener mageres Fleisch – das übliche Essen, das sich ständig ohne eine große Abwechselung wiederholte.


Die hauptsächlichen Getränke waren Wasser, Molke (Wasser der entrahmten Milch) oder Dünnbier. Bier und Biersuppe galten als verbreitete Getränke / Speisen. Das Dünnbier enthielt mehr Malz und erheblich weniger Alkohol als heute.


Aechter“ Tee, Bohnen-Kaffee, Kakao und Schokolade waren für die einfachen Menschen unerschwinglich, wenn nicht gar verboten.


Im 18. Jahrhundert gab es mehr als zehn Jahre, die von Missernten gekennzeichnet waren. In den Hungerperioden wurden tausende und abertausende unterernährter Menschen hinweggerafft. Die Not hatte Ausmaße angenommen, die für uns heute hier in Deutschland unvorstellbar ist.

Im Zuge der Getreidemissernten und der katastrophalen Hungersnöte 1770 bis 1772 erfolgte eine „Zwangsförderung“ des Kartoffelanbaus in Preußen durch König Friedrich II., den Großen, den „Alten Fritzen“.

Im 18. Jahrhundert gab es aber auch größere Veränderungen in der Ernährungsweise. Die Morgensuppe wurde allmählich vom Gerstenkafe abgelöst, zu dem man Brot aß.


Aus Übersee eingeführt, ergänzten kräftige exotische Gewürze wie Pfeffer, Zimt, Muskat und Nelken die würzenden einheimischen Küchenkräuter. – in den Küchen der Wohlhabenden.

Einwanderer, darunter verfolgte Hugenotten, Salzburger Exulanten oder böhmische Weber, bereicherten die preußischen Speisezettel mit ihren national geprägten Mahlzeiten.


Zu jener Zeit wusste man noch nichts von Vitaminen und ihren Wirkungen sowie den Notwendigkeiten dieser Stoffe. Das Vorkochen für mehrere Tage und das Aufbewahren der Nahrungsmittel in Metall-Töpfen minderten den Wert der an sich vitamin-, mineralstoff-,

stärke- und ballaststoffreichen Nahrung, die jedoch fettarm war.

Die Menschen arbeiteten im Durchschnitt körperlich schwerer als heute und verbrauchten die Energie, die ihnen die Nahrungsmittel gaben. Eine figürliche Korpulenz war daher seltener.


Quelle: Bearbeitete Abschrift von Abschrift. Ursprüngliche Fassung von Prof. Dr. Helmut Haenel, Zentralinstitut für Ernährung Potsdam-Rehbrücke, 1985.


Fast ist nun schon das Ende des Dokuments erreicht –


Über eventuelle Ergänzungen der Notizen und Hinweise zu den im Dokument genannten Personen, ist der Autor stets erfreut.

Als Zugabe für das tapfere Durchhalten beim Lesen des trockenen Stoffes, darf der nun folgende Bericht des fünfeinhalbjährigen Chris J., einem Nachkommen dieser Sommer-Familie, gelesen werden, dem sich im Jahre 1951 die Gelegenheit bot, hier in Buckow seinen „Urlaub“ zu verbringen.


Ein Urlaub in der Schweiz

Gleich nach der Maifeier reisen wir mit Mutti von Potsdam-Babelsberg nach Buckow in die Märkische Schweiz. Nein, richtiger ist zu erwähnen, dass erst einmal die gesamte Familie fährt, denn Vati und Tante Käthe, bringen uns bis zum Bahnhof Strausberg, wo wir umsteigen müssen und dort kehren die beiden zu ihrer Babelsberger Arbeit zurück - aber für uns beginnt der Urlaub jetzt so richtig. In Buckow am Bahnhof angekommen, müssen wir uns erst einmal nach dem Weg zu unserem Quartier erkundigen. Mutti fragt eine ältere Frau mit Kopftuch, so nach der Art der Trümmerfrauen gebunden und geknotet. Und es ist nicht schwer zu finden: Vom Bahnhof ein Stückchen geradeaus, dann die Neue Promenade hinunter, links in die Königstraße hinein und dann, vor Pfarrhaus und Kirche gleich wieder nach rechts in die Wallstraße. Na bitte. Dort ist es dann das vierte Haus auf der rechten Wegesseite. Wir wohnen für die Ferientage im Hause der Familie Schoene in der Wallstraße 4, das sind Frau Schoene („Schwester“ sollen wir sagen) mit ihren Kindern Siegfried und Kriemhild und den weiteren Geschwisterkindern mit Familiennamen Michel, die, es ist ganz traurig, überhaupt keine eigenen Eltern mehr haben. Die Gastgeber: Siegfried und Kriemhild sowie ihre Schoene-Mutti, stammen aber nicht aus Xanten vom Unterrhein wie die echten aus der Nibelungenlied-Sage, sondern waren aus Sachsen hergereist.

Die Ingrid der beiden Michel-Geschwister wird uns etwa ein Jahrzehnt später als junge Frau, als angehende und sehr berühmt werdende Opernsängerin wieder begegnen. (Aber das wissen wir natürlich jetzt noch nicht. Dazu ist einfach die Zeit noch nicht reif).

Familie Meinel aus Potsdam, ist im gleichen Hause und zur gleichen Zeit wie wir zu Gast. Das heißt: Mutter und Kinder machen Urlaub, genauso wie wir aber der Vater Meinel hat noch eine kirchliche Jungengruppe zu betreuen. Er also hütete derweil einen Sack Flöhe, wie es der Volksmund mitunter nennt und soll dabei ein strenges aber gerechtes „Regiment" führen.


In der Wallstraße 4 geht es zur Wohnung der Schoenes vier Stufen hinauf. Unsere Unterkunft ist so richtig einem Landurlaub angemessen: Wir haben ein hübsches Stübchen unter dem Dach, genauso wie die Meinels, nur jene auf der anderen Seite des Treppenpodests. Wir müssen, um zum Zimmer zu gelangen, die etwas knarrende Holztreppe im Halbdunkel hinaufsteigen. Die Mahlzeiten nehmen wir aber gemeinsam unten, Hochparterre, in der Küche ein. Der Küchentisch ist mit einer Wachstuchdecke belegt. Über dem Küchentisch hängt von der Lampe spiralig ein langes Fliegenfängerband herab. 100 cm lang, 4 cm breit, mit braunem Kleber bestrichen. Eine Zelluloid-Falle, die Lockdüfte ausdünstet. Also mich lockt es nicht aber die armen Fliegen!

Aufmunternd wirkt dagegen das Schoene-Geschirr mit dem herrlich rustikalen Bauernmuster, mit frischen, kräftig farbigen Blumen und auch die neuen weißen Keramiktrinkbecher mit den bunten Bildern geschmückt, die Mutti für uns als Überraschung besorgt und eingepackt hat. Morgens gibt es Milchkafe. Buttermilch schmeckt aus den Bechern aber besonders gut, doch abends den Kräutertee, gibt es wieder in Henkeltassen.


Viel haben wir uns vorgenommen – vor allem aber: Tüchtig erholen wollen wir uns. Das ist hier unsere wichtigste Aufgabe.

Und wandern will Mutti mit uns und dabei viel singen, so wie eine Lerche. Befreit von der Alltagslast, in den Himmel tirilierend. Schöne Wege gibt es ja genug, hat uns Frau Schoene berichtet. Und viel erfrischende Waldesluft, für die schon früher die Freifrau von Friedland weise vorausschauend gesorgt habe, indem sie die Wälder anpflanzen ließ. Das aber ist schon lange her, eben etwa so lange, wie die Bäume groß sind.

Bei trockenem Wetter und Sonnenschein geht das frohe Wandern, hinein in diesen warmen Monat Mai, auch sehr gut. Wie Ihr ja wisst, brauchen wir uns nur aus dem Haus die Wallstraße nach rechts über die Wallgrabenbrücke bewegen, also auf dem Weg, an dessen Zäunen viel Hopfen wuchert und auch die Brennnessel sich heimisch fühlt und schon ist man im Park, der früher, also noch vor ein paar Jahren, Schlosspark hieß. Ein Grafen-Schloss gibt es hier seit sechs Jahren nicht mehr, nur noch ein paar Ruinenreste. Viel schöner ist der Bach, der sich vom Griepensee kommend, am Park entlang zwischen Wald und Wiese, vorerst Richtung Marktplatz zur alten Wassermühle schlängelt. Ein helles, schnell fließendes und klares Gewässer, gerade fuß- bis wadentief, so dass man ganz herrlich darin spielen kann. Am Boden glitzern und gleißen die perlmuttbeschichteten Muschelstückchen im Sonnenlicht. Unsere preußische Mutti muss gleich anstimmen: „... I hab daraus getrunke, gar manchen frischen Trunk, i bin net alt geworde, i bin noch allzeit jung.“ (In dieser Art wird im Schwabeland angegebe! Zumindescht singt dasch ihre dort wohnende Freundin so, mit einfach abgehackten Worten und Mutti hat es sich aus lauter Freundschaft auch gleich angenomme.) Ja, im Urlaub (und mit braven Kindern), kann man sich eben noch jünger fühle. Wir kennen den Text und die melodische Weise natürlich selbstmurmelnd auswendig – es ist das Lied, welches so komisch mitten im Satz anzufangen scheint: „ ... Und in dem Schneegebirge, da fließt ein Brünn'lein kalt“ ... kennt ihr es auch?

Auf verschiedenen Spaziergängen und auch kürzeren Wanderungen begleitet uns gern die freundliche alte Hausdame der Familie Meinel. Die Frauen haben sich immer etwas zu erzählen. Wir hüpfen, springen und hopsen dann eben etwas langsam-gesitteter.


Wir erleben wohl in jeder Ferienstunde etwas Neues, besuchen den nahen Griepensee und wandern auch zum Buckowsee durch den Erlenbruchwald, in dem auch einige Birken zu sehen sind, wo im Unterholz der Faulbaum und die Schwarze Johannisbeere wachsen. In Ufernähe und dort, wo das Licht ausreicht, finden wir Farnkraut und Wasserschwertlilien. Mit etwas Glück sehen wir den herrlich metallisch blau glänzenden Käfer, der die Erlen so sehr mag. In den Bäumen wohnen Stieglitze und Zeisige. Und auch die Libellen halten sich mit ihren Kunstflügen gerne in der Nähe der Bäche auf.


An einem anderen Tag laufen wir entlang des Flüsschens Stobber zur Güntherquelle und darüber hinaus in Richtung Tornowsee. Auf dem Rückweg haben wir ein Stück vor der Malzmühlenbrücke ungewollt Störche gestört, die auf dem Wege ihr Abendessen suchten – vielleicht zum Beispiel diese Nacktschnecken, denn wer kalte, labbrige Frösche speist, hält vielleicht auch etwas von diesen kaltblütigen „Köstlichkeiten“. Der Stobber-Bach schlängelt sich fußtief durch den Wald, bildet Buchten und formt Sandbänke. Die stark hüglige Landschaft zeigt je nach Feuchtigkeit des Bodens, wechselnde Waldbaumarten.

Aha, und so ungefähr sehen also auch die Alpen in der fernen Schweiz aus?


Zum größten See, das ist der Schermützelsee, ist es ein bisschen weiter. Wir besuchen dort mal die Badeanstalt. Das ist da nicht so romantisch. Aber es gibt noch mehr Seen, wie den Abendrothsee in der Nähe von der Mühle (nur weil ein Mann „Abendroth“ hieß, hat der See diesen Namen) und es gibt ferner den Weißen See, in dem sich ebenso mal das Abendrot spiegeln kann. Natürlich zeigt uns Mutti auch den Kurpark zwischen dem Schermützel- und dem Buckowsee, in dem sie ebenso fremd ist, wie jener für uns neu. Dorthin gelangt man einfach, wenn man durch den Park, über die (Schloss)-Parkbrücke, vorbei an der Wannen-Warm-Badeanstalt und über die Stadtmühlenbrücke erstmal in Richtung Freibad läuft.


Wenn man noch müde vom Wandern ist oder sich das Wetter regnerisch zeigt oder das Gras am Morgen noch feucht vom Tau ist, soll man erst mal besser in der Stadt bleiben. Dann läuft es sich in der Natur nicht so gut. Oder verständlicher gesagt: Es läuft sich dort sehr schlecht. Nehmen wir nur alleine unseren Wallweg in Richtung Park durch den kühlen Grund. Mit schwarzen Nacktschnecken ist der Weg dann wie übersät, so dass ich gar nicht weiß, wohin ich beim Laufen meine Füße setzen soll. „Der Schneckenweg“, so wird das letzte Stück der Wallstraße von mir genannt. Aber eigentlich gibt es davon viele. Hoffentlich bekommen die freundlichen Storchenpaare viele hungrige Jungen.


Anstrengend ist für mich, wegen der aufkommenden, sonst kaum bekannten „langen Weile“, die Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst. Zwar findet er bei dem schönen Frühjahrswetter nicht im kalten Kirchen-Raum, der gerade von den Schäden des schrecklichen Weltkrieges, also besonders von den Kämpfen am 1. Mai 1945, instand gesetzt wird, sondern unter freiem Himmel auf grob gezimmerten Bänken (ohne Rückenlehne) statt. So kann ich zumindest den entscheidungsfreien Vögeln hinterher schauen. Mutti kennt meine Unduldsamkeit im Sinne der zweckmäßigen Nutzung meiner Zeit und hat fürsorglich für mich das Kräuter-Quartettspiel zur inneren Erbauung anderer Art mitgenommen, welches ich aber natürlich „in- und auswendig“ kenne. Vor Verzweiflung über das gar zu langsame Voranschreiten der Uhrzeiger, rupfe ich mir einige Haarbüschel aus – eine Art von Selbstkasteiung oder Buße wegen der zu geringen inneren Anteilnahme am Loben und Preisen oder der Negierung der Mahnung: Kämpfe den guten Kampf des Glaubens. So habe ich zumindest ein bisschen gegen mich selbst gekämpft. Die Erbauung jedoch liegt für mich dann eher in der Erlösung durch den Ablauf der Zeit.


Interessant zum Fotografieren ist das Pumpen des Wassers gegen den übermächtigen Durst von Mensch und Tier, am Marktplatzbrunnen. Eine große Attraktion – fast ein Wahrzeichen für die Stadt. Der Brunnen wurde 1924 errichtet, als „Born der neuen Lebenskraft“, wie so schön gesagt wird. Gesagt wurde. Hier fotografiert Mutti uns, mit Kriemhild und Siegfried, als Beweis, dass wir hier sind und zur lieben Erinnerung für die nächsten Jahrzehnte, wie schön es doch hier war.


Viele kleine nette weitere Begebenheiten „am Rande des Weges“ erleben wir in diesen Tagen. Diese Ferien – ein Höhepunkt des Jahres, der uns tief bewegt, so dass wir noch Jahrzehnte später dankbar daran denken dürfen.

Damals jedoch liefen wir völlig unbeschwert durch den Ort, hatten kein Wissen darüber, dass hier unsere Familie Wurzeln hatte, in einer Zeit mit dramatischen Ereignissen.



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