Schuhmacher, Pantoffelmacher
In früherer Zeit unterschied man Schuhmacher und Schuhflicker. Der älteste Gewerksbrief in Berlin stammt aus dem Jahre 1284. Im 18. Jahrhundert besteht das Meisterstück für Schuhmacher, die für Mannspersonen arbeiten wollen in Folgendem: 1 Paar Reitstiefel („so, wie sie bei unseren Regimentern gebraucht“), 1 Paar Mannsschuhe nach der Mode, 1 Paar Mannsstiefel von Saffian. Will der künftige Meister nur für Frauen arbeiten, so hat er: 1 Paar Frauenschuhe, 1 Paar Frauenpantoffeln von feinem Leder oder Saffian zu liefern. Will er für Frauen und Männer arbeiten, hat er in der Meisterprüfung alle genannten Stücke herzustellen.
(Aus einem Zeitungsartikel über das Herstellen feiner englischer Schuhe - ohne nähere Angabe zur ursprünglichen Quelle):
Ein kurzer Blick auf das Werden eines Schuhes.
Was als Haut von dem Rind oder dem Schwein übrig bleibt, nachdem seine Koteletts verzehrt worden sind, wandert schließlich in die Tanninbottiche der Gerbereien und erscheint mild glänzend vor den Augen des Zuschneiders.
Diese Haut zeigt alle Stationen der Tierbiografie auf. Man kann das Leder wie ein Buch lesen:
Diese feinen konzentrischen Ringe sind eine Art Wachstumsringe, die Zeugnis von der Entwicklung des Tieres belegen.
Andere Linien, dem Verlaufe von Flüssen auf Landkarten gleichend, bezeichnen die Adern, durch die das Blut gepumpt worden ist. Kleine Punkte, die die Farbe nicht so recht angenommen haben, sind die Spuren saugender Quälgeister, wie Bremsen und Zecken.
Um die Gelenke herum ist das Leder dehnbar, am Rücken ist es fest. Das Rückenstück ist das glatte, ebenmäßige Leder.
Der Zuschneider greift zur messingumränderten Oberleder-Pappschablone und zieht zügig das Krallenmesser um diese herum. Die rundliche Form des ausgeschnittenen Teils löst sich wie ein Lappen aus der Tierhaut.
Schuhe gehören zu den ältesten Bekleidungsstücken des Menschen. Schuhe, diese komplizierte Arbeit, ist dann recht erkennbar, wenn das Oberleder noch nicht mit der Sohle verbunden ist, so blättern sich die einzelnen Lagen, die unter der polierten Oberfläche ruhen, auf, wie damals die vielen Unterröcke einer Dame.
Neben dem Schuhkünstler steht auf dem Schemel brodelnd heißes Bienenwachs im Topf. Seinen Faden zwirbelt sich der Meister aus Wildschweinborsten und doppeltem Zwirn. Mit der Ahle sticht er Löcher durch das Leder. .... und so weiter ... an dieser Stelle bricht leider der Bericht ab.
Ordnung zur Leichenfolge bei Beerdigungen
der Schuhmachergesellen in Potsdam
Zur Verhütung aller Unordnungen bei Begleitung der Leichen verstorbener Schuhmachergesellen und deren Beerdigung wird hiermit Folgendes bestimmt.
§ 1.
Die jedes einheimischen, so wie jedes fremden hier in Arbeit stehenden Schuhmachergesellen wird durch die sämmtlichen Mitglieder der Gesellschaft zur Grabstätte begleitet.
§ 2.
Zu jeder Beerdigung werden 30 Mann zum abwechselnden Tragen des Sarges bestimmt, und wird hierbei die Reihenfolge möglichst beobachtet.
§ 3.
Zur Leichenfolge ist jeder Geselle pünktlich zur festgelegten Zeit auf der Herberge zu erscheinen verpflichtet. Wer eine halbe Stunde später, als er bestellt worden, auf der Herberge erscheint, verfällt in eine Geldbuße von
2½ Sgr.✻
§ 4.
Von der Herberge begeben sich die versammelten Gesellen in stiller Ordnung nach dem Sterbehause. Wer sich so verspätet, daß er sich dem Zuge nach dem Sterbehause nicht mehr anschließen kann, muß eine Geldbuße von
5 Sgr. zahlen.
§ 5.
Wer von der Leichenfolge ohne Entschuldigung, welche dem Altgesellen zeitig gemacht werden muß, ausbleibt, muß eine Geldbuße von 7½ SGr. erlegen.
Als gegründete Entschuldigung können nur Krankheiten, Hochzeiten und Kindtaufen in der Familie, Abwesenheit von Potsdam in Familien- oder Handwerks-Angelegenheiten und der Militairdienst erachtet werden.
§ 6.
Vom Sterbehause bewegt sich der Leichenzug in der vom Altgesellen angegebenen Ordnung, still und langsam nach dem Kirchhofe.
§ 7.
Wer ohne sich beim Altgesellen zu melden und sich zu entschuldigen aus dem Zuge tritt, Störungen veranlaßt oder sich widerspänstig zeigt, verfällt, wenn dies beim Ordnen des Zuges oder auf dem Gange nach dem Kirchhofe geschieht, in eine Geldbuße von 2½ Sgr., und in eine Geldbuße von 5 Sgr., wenn dies auf dem Kirchhofe vorfällt.
§ 8.
Trunkenheit und unanständiges Betragen beim Leichenzuge wird mit einer Geldbuße von 15 Sgr. geahndet.
§ 9.
Sobald der Leichenzug beim Grabe angelangt ist, stellen sich alle Gesellen nach Anordnung des Altgesellen in einem Kreise um die Gruft, werfen nach erfolgter Einsenkung des Sarges drei Hände voll Erde auf dieses und verrichten mit entblößtem Haupte ihr Gebet.
§ 10.
Nach beendeter Feierlichkeit begiebt sich ein Jeder auf beliebigem Wege, jedoch anständig, nach Hause.
§ 11.
Die vorstehend in den §§ 3 bis 8 festgelegten Strafen fließen zur Gesellen-Kranken-Kasse und werden nöthigen Falls durch die vom Magistrat anzuordnende Beschlagnahme des Arbeitslohns eingezogen.
§ 12.
Zur Bestreitung der Beerdigungskosten, incl. des Ankaufs des Sarges, hat jeder Geselle für jeden Beerdigungsfall eine Leichensteuer von 2½ Sgr. unweigerlich zugleich mit der nächsten Auflage zu zahlen.
§ 13.
Dem Altgesellen werden für seine Bemühungen bei Besorgung des Begräbnisses für jeden Beerdigungsfall 3 Thlr.✻✻ aus der Leichensteuer gezahlt, derselbe ist aber verpflichtet, specielle Rechnung über die Begräbnißkosten der Gesellschaft zu legen.
Potsdam, den 26. März 1850.
Magistrat.
Gobbin. Dams. Klinke.
✻ Sgr. = Silbergroschen
✻✻ Thlr. = Thaler
Der Schuhmachermeister Erwin Guido Kolb (* 30. Dezember 1878) schreibt in seiner Novelle „Wenzel Tiegel“ über das Arbeiten des vormals ehrenwerten Schuhmachers in jener Zeit sinngemäß: Er (Wenzel Tiegel) war ein Flickschuster. Seinen Fähigkeiten nach, hätte er übrigens auch ein Schuster sein können, aber er lebte in der Großstadt. Jedermann weiß, dass Schuster (also autonome Künstler, die nach eigenem Geschmack und eigener Fertigkeit Schuhe vom ungeschnittenen Leder bis zur glanzgewichsten Vollendung gestalten), in der Großstadt aussterben müssen.
Alle Welt geht (jetzt) in amerikanischen Schuhen (das heißt also: in fabrikgefertigten Fußbekleidungen), die bequem sind wie Pantoffeln, die den Fuß nicht mehr drängen und umformen wollen und vorn in ballförmige Kappen ausarten, wie ihrerzeit die „Bärentatzen“ der Landsknechte – die aber stets das Odium der Marke an sich tragen. Die Neumodischen, sie sind und scheinen Fabrikware und können trotz Bequemlichkeit und Gediegenheit niemals anders auftreten wollen, als zu Hunderttausenden (ähnlichen oder gar gleichen). Die Individualität (meisterlicher Arbeit) geht hier kläglich verloren. Die Fußleiden werden rückläufig aber aller Persönlichkeitswert ist dahin.
Man kann sich kaum ein flacheres und banaleres Zeitalter vorstellen als eines, in dem niemand mehr der Schuh drückt. Eine tiefe Resignation hat (deshalb) die Großstadtschuster ergriffen. Kein Wunder, dass jene hochberühmte und auch allezeit nach Gebühr gepriesene Eigenschaft der Besinnlichkeit, die den historischen Schuster schmückte, über dem ewigen Handlangerdienste des Sohlens fremder Erzeugnisse, des Flickens an ausländischen Formen, beinahe verloren gegangen ist. E. G. Kolbenheyer.
Sollte ein noch meisterlich handgefertigter Schuh den Fuß doch gar zu sehr drücken oder reiben, so „ist dagegen ein Kraut gewachsen“, gibt es ein probates Mittel der Hilfe. Man nehme:
Den Backofen in milder Restwärme, die Schuhe, je Schuh ein Tuch, eine Portion gewärmten nicht klebenden/harzenden Öls – wie das des Rizinusbaumes. Die Tücher in heißes Wasser legen, ausdrücken mit jenen die Schuhe einwickeln, dann in den Ofen legen, die warme Feuchte durchwirken lassen. Hernach die warmen Schuhe von den Tüchern befreien und mit dem vorgewärmten Öl bestreichen. Öl im Ofen in das Schuhleder einziehen lassen und anschließend warm anziehen und tragen. Das Leder sollte dann schmiegsam sein und nicht mehr reiben noch hart drücken.
Pantoffelmacher
Pantoffelmacher dürfen für ihre Ware nur Weißleder (Garleder) verwenden. Als Meisterstück wird verlangt: 1 Paar saubere Frauenpantoffeln von feinem Leder, dergleichen 1 Paar von Juchtenleder, 1 Paar dito für Mannspersonen, 1 Paar saubere Mannspantoffeln von Saffian.
Durch Niederländer und Franzosen werden hölzerne Schuhe und Pantoffeln mit oberem Lederzeug eingeführt. Das macht das Geschäft bei Schuhmachern und Pantoffelherstellern rückläufig. Holzschuhe zu tragen wird deshalb zwischen 1710 und 1795 unter Strafe gestellt.
Literaturhinweise:
Meyers Lexikon 1875
Ausstellung im Handwerkermuseum in Berlin-Ost.