Nachtwächter

Die allgemeine Dienstordnung für Nachtwächter

§ 1
Der Nachtwächter muß von abends 10 Uhr, im Winter bis morgens 5 Uhr, im Sommer aber bis der Tag grauet, sich in den Straßen des Ortes aufhalten und denselben in jeder Stunde einmal durchgehen und an ihm bezeichneten Stellen die Stunden abrufen.
Die Zwischenzeit darf er durchaus nicht in den Räumen oder schlafend zubringen.

§ 2
Er wird (wenn er auch die Stunden mittels Pfeife oder Knarre andeutet) jedenfalls mit einem Horn versehen.
Die Zeichen für die Stunden sind um 10 Uhr ein Stoß ins Horn (einmaliges Knarren und Pfeifen), um 11 Uhr zweimaliges Stoßen etc. Bis er wieder anfängt ins Horn zu stoßen, soll er in dem angewiesenen Revier patroulliren.

§ 3
Ein ausbrechendes Feuer im Ort oder dessen Feldmark, hat er dadurch kund zu machen, daß er zu wiederholten Malen schnell hintereinander in das Horn stößt und mit lauter Stimme dazwischen „Feuer“ ruft, um das Feuer zu melden und die Nachbarn zu alarmieren. Auch muss er Erste Hülfe beym Feuer thun.

§ 4
Bei einem entstehenden Gewitter hat er durch Anklopfen an die Fenster, die Einwohner von Zeit zu Zeit auf die mögliche Gefahr aufmerksam zu machen.

§ 5
Im Winter hat er durch Anstoßen der Brunnen das Einfrieren derselben, soweit es ihm möglich ist, zu verhindern.

§ 6
Wenn er in einem benachbarten Orte Feuer aufgehen sieht, so hat er davon dem Schulzen sogleich Anzeige zu machen, welcher bestimmen wird, ob Feuerlärm gemacht werden soll.

§ 7
Lüderliche Menschen oder Betrunkene, welche auf der Straße Lärm machen oder anderen Unfug treiben, hat er aufzufordern, sich ruhig nach Hause zu begeben. Wenn sie sich nicht weisen lassen, hat er sie zu arretieren und bei dem Schulzen zu gestellen. Ist er Ihnen nicht gewachsen, muß er sich der Hülfe zu verschaffen suchen, jedenfalls aber dem Schulzen Nachricht geben.

§ 8
Ebenso hat er gegen Leute zu verfahren, welche ihm unbekannt sind und sich auf seine Fragen nicht als unverdächtig ausweisen können oder welche er beym Stehlen, Feuer anlegen etc. betrifft oder die ihm mit Sachen begegnen, welche sie gestohlen haben können. Wenn sie entfliehen, hat er sie möglichst zu verfolgen, ohne jedoch das Dorf zu verlassen, sich auch, wenn er sie erkennt, ihre Namen zu merken.

§ 9
Seiner Waffen darf er sich nur der Verteidigung bedienen.

§ 10
Wenn im Kruge oder Wirtshaus über die gesetzliche Zeit hinaus Gäste geduldet werden oder verdächtige Fremde in der Nacht ankommen, so hat er am folgenden Morgen dem Schulzen Anzeige zu machen.

§ 11
Wenn er im Finstern auf der Straße Wagen oder andere Gegenstände antrifft, welche die Passage hemmen oder Unglücksfälle veranlassen können, so hat er solche, wo möglich, beyseite zu schaffen oder den Wirth, vor dessen Gehöft sie sich befinden, zu wecken und jenen zur Fortschaffung aufzufordern.

§ 12
Sollten Hunde ausgesperrt sein, welche die nächtliche Ruhe stören, so muß er den betreffenden Hundebesitzer zum Einlaß derselben auffordern.

§ 13
Der Nachtwächter muß sich in seinem Dienst stets thätig, willig, nüchtern und gegen die Herrschaft, den Schulzen und die Gerichtsleute gehorsam und bescheiden zeigen. Wenn er seine Obliegenheiten vernachlässigt, wird er für den ersten Fall mit....., für den zweiten Fall mit Geld- oder verhältnismäßiger Gefängnisstrafe belegt, im dritten Fall aber seines Dienstes entlassen.
Ist er dagegen in treuer Pflichterfüllung seines Dienstes unfähig geworden, so soll bis zu seinem Lebensende für ihn gesorget werden.

Die Ausstattung des Nachtwächters

Lied des Nachtwächters

Hört, ihr Leut‘ und laßt euch sagen,
löscht das Licht und geht zur Ruh‘,
denn, die Mitternacht geschlagen,
geht’s dem neuen Morgen zu.
Neuen Mut in allen Dingen
soll ein rechter Schlaf bescher’n,
mög‘ im Traum ein Band umschlingen
eure Lieben nah und fern.

Will dein Herze müde werden,
leg‘ es in der Liebe Hand,
weil am Ende doch auf Erden
Liebe allen Kummer band.
Und am Himmelszelt die Sterne,
und der liebe, gute Mond,
wissen, daß der Tag nicht ferne,
der für alle Mühsal lohnt.

Habet nun, ihr lieben Leute
eine gute, gute Nacht,
daß wie gestern, so auch heute
euer Werk euch Freude macht.
Wahr uns Gott vor schlimmen Sachen,
vor viel Not und groß‘ Gewalt,
laßt uns frohgemut erwachen,
wenn des Wächters Horn verhallt.