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Einige Hinweise zur Zeitgeschichte der Jahre 1901 bis 2000

Ein kleines Nachlesewerk


Heimatgeschichte. Notizen als Begleitung der

Ahnen- und Familienforschung


Stand: Oktober 2019

E-Mail: christoph@janecke.name



Verwendet wurden als Literaturquellen: Stein: Kulturfahrplan, Autorenkollektiv Dr. Richter: Unsere Welt 1800 – 2000, Rezac: Rund um die großen Erfindungen, Lenz: Das Buch der 1000 Rekorde, „Deutscher Rundflug“, ungezählte Meldungen in Zeitungen und Zeitschriften und Radio und Fernsehen (insbesondere für die Zeitspanne 1949–1989, „60 x Deutschland“. Ferner das Werk „Neuendorf – Nowawes – Babelsberg auf historischen Ansichtskarten“ und „Einhundert Augenblicke“, (beide herausgegeben vom Potsdam-Museum). Diese genannten Werke enthalten auch wertvolles Bildmaterial zur Zeitgeschichte. Diese Notizensammlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die übernommenen Notizen, Hinweise, Formulierungen und Kommentare geben nicht in jedem Falle die Meinung des oben genannten Autors wieder. Es wird daran gearbeitet, die Angaben zum vorliegenden Jahrhundert weiter zu vervollständigen und die Beiträge zur Zeitgeschichte in die Zeiträume vor und nach dem hier vorgestellten Teil des 20. Jahrhunderts auszudehnen.


1901. Das 20. Jahrhundert beginnt

Politik:

Am 06. März findet in der Hansestadt Bremen ein Attentat auf den Kaiser statt. Der schwere eiserne Wurfgegenstand verfehlt sein Ziel.

Den Friedensnobelpreis erhält der Schweizer Mitbegründer des Roten Kreuzes Henry Dunant. „Tutti fratelli! Alle sind Brüder!“ So sein damaliger Ruf im Jahre 1859 über das Schlachtfeld von Solferino am Gardasee in Italien. Siehe auch: Die Genfer Konventionen.

Häufige Protestversammlungen der SPD gegen die Erhöhung der Fleisch- und Getreidezölle. 15.000 Arbeitslose schließen sich allein in Berlin an. Die Auseinandersetzungen, auch im Parlament, münden in den „Zolltarifkrieg“ im Reichstag.

Königin Viktoria von England stirbt am 22. Januar 1901.

Im August stirbt unsere Kaiserin Victoria (ehem. Princess von England und Irland, Gattin von Kaiser Friedrich III., dem 99-Tage-Kaiser)


Wissenschaft:

Mit dem ersten Januar beginnt die regelmäßige Erfassung und Aufzeichnung der Wetterdaten.

Wilhelm Konrad Röntgen erhält den Physik-Nobelpreis für die Entdeckung der X-Strahlen. In diesem Jahr gelangen ihm auch die ersten Abbildungen von Gegenständen auf präpariertem Papier. Bereits seit 1895 arbeitete er an Versuchsserien.

Behring erhält den Nobelpreis für Medizin für die Entwicklung eines Serums gegen die schreckliche Infektionskrankheit „Diphtherie“, die in Epidemien zahllose Todesopfer forderte.

Arthur Berson vom Königlich Meteorologischen Institut Berlin und Reinhard Süring vom Meteorologisch-Magnetischen Observatorium in Potsdam, bewiesen die Existenz der Stratosphäre. Sie stiegen am 31. Juli 1901 auf dem Tempelhofer Feld bei Berlin mit dem Ballon „Preußen“ auf. Sie erreichten mit etwa 10.800 Metern einen Höhenweltrekord, der erst im Jahre 1931 durch Auguste Piccard abgelöst werden kann. In der eisigen, dünnen (sauerstoffarmen) Luft wurden sie ohnmächtig, konnten aber noch kurz vorher den Sinkflug einleiten. Die Lufttemperatur betrug -40°C. Einige Tausend Meter tiefer erwachten sie wieder. Sie landeten auf einer Wiese bei Cottbus. Den gigantischen Ballon von 8.400 qm Luftvolumen und den offenem Korb hatte der Potsdamer Baumeister Enders entwickelt und dem Potsdamer Observatorium geschenkt. Das Gesamtvorhaben fand unter der Schirmherrschaft des „Deutschen Vereins zur Förderung der Luftschiff-Fahrt“ statt.

K. Birkeland entwickelt eine Theorie zur Entstehung des Nordlichtes: Elektronenstrahlen der Sonne werden im Magnetfeld der Erde abgelenkt, was zu den Lichterscheinungen führt.

Breuil und Peyrony entdecken und erforschen in Frankreich verschiedene Höhlen mit Wandmalereien aus der Eiszeit. Dutton entdeckt den Erreger der Schlafkrankheit.

Thomas Alva Edison verbessert den elektrischen Eisen-Nickel-Akkumulator von Jungner.

Gillen und Spencer durchqueren Westaustralien von Süd nach Nord.

Fund des ersten vollständig erhaltenen Mammuts (mit Fleisch) im ewigen Frostboden Sibiriens. Der erste Wundschnellverband „Leukoplast“ wird entwickelt

Beginn der offiziellen Deutschen Antarktisforschung mit dem Start des Polarforschungsschiffes „Gauß“. 1. Reise: 11.08.1901 – 24.11.1903.

Max Planck veröffentlicht seine Quantentheorie.


Technik:

Karl Ferdinand Braun entwickelt den Kristalldetektor für die Funktechnik.

Der Italiener Marconi telegraphiert drahtlos über den Atlantik.

Herr Menna erfindet das Autogene Schweißen mit Acetylen (aus Karbid) und Sauerstoff.

Professor Slaby und Graf Arco erfinden für die Funktechnik eine Abstimmungsspule.

Eine Studiengesellschaft für elektrische Schnellbahnen beginnt mit Versuchsfahrten auf der Militärbahnstrecke Berlin – Zossen. Triebwagengeschwindigkeiten von mehr als 200 km/h werden erreicht.

Der erste tragbare Bürolocher „Phoenix“, wird 1901 von der Stuttgarter Firma Louis Leitz auf den Markt gebracht.

C. King Gillette meldet im Dezember in Boston (Massachusetts) das Patent für einen Rasierapparat mit auswechselbarer Klinge an, der wegen seiner leichteren Handhabung später das Rasiermesser ablösen wird. Ende des Jahres beginnt er mit der Herstellung von Rasierapparaten zur Nassrasur. (Die Wochenproduktion wird im Jahre 1950 100 Millionen Klingen betragen).

Das Automobil: Der nach Plänen von Daimler und Maybach gebaute „Mercedes“ ist das erste Auto, das keine Stilelemente einer Kutsche oder verstärkter Fahrräder mehr aufweist.

In Berlin nimmt bereits das erste elektrische Taxi, (ein „Akkumobil“) seinen Betrieb auf.

Der Engländer Booth stellt einen elektrischen Staubsauger vor.

Der Amerikaner Abraham erfindet den Druckknopf.

Die erste elektrische „Normaluhr“ wird in Deutschland aufgestellt.

Charles A. Parsons rüstet ein Handelsschiff mit einer Dampfturbine aus.

Der Reichsverband der Automobilindustrie e.V. wird gegründet.

Das erste europäische Fernheizwerk nimmt in Dresden den Betrieb auf.

Beginn der ersten Automobil-Fernfahrt „Berlin – Paris“ am 23. Juni.

Am 19. Dezember wird die erste Verkehrsregelung vermittels einer Ampelanlage in Berlin an der Kreuzung Unter den Linden – Friedrichstraße eingerichtet.

Eine für uns eher stillere Sensation von einem Pionier der Lüfte: Gustav Weißkopf, 1874 im Fränkischen zur Welt gekommen, wanderte etwa im Alter von 16 Jahren in die USA aus und nennt sich dort Gustave Whitehead. Er übt unstet verschiedene Tätigkeiten aus und lässt sich in der neuen Heimat in Brigadeport in Connecticut nieder. Sein Ehrgeiz gilt dem Flugwesen. Er motorisiert einen Gleiter nach Art der Lilienthal-Konstruktionen.

Sein ersten Flüge mit Ballast statt einer Person sollen ab 1899 stattgefunden haben. Ein weiterer Ballastflug fand am 03. Mai 1901 statt. Am 14. August 1901 notiert er im Flugbericht, dass er nun selbst 800 m weit geflogen sei mit einer Flughöhe von 15 m. Dieser soll erfolgreich verlaufen sein. Im Frühherbst schafft er dann nach seinen Angaben in etwa

5 Minuten 1,5 Meilen Streckenlänge.

Die Versuche fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit (ohne Augenzeugen) statt, nur mit Hilfe einiger Getreuer. Fotoaufnahmen von sich schneller bewegenden Objekten gibt es nicht. So bleibt die Beweislage zu tatsächlichen Flügen unsicher. Fest steht jedoch, dass es ihm mit weiterentwickelten, verbesserten Flugmaschinen in etwa einem Jahrzehnt, bis 1910 und damit bis zum Ende dieser Laufbahn nun unter kontrollierten Bedingungen, nie gelungen ist, zu fliegen. Gustave Whitehead starb 1927. Sollten die von ihm angegebenen Motorflüge tatsächlich stattgefunden haben, so wäre er der erste Motorflugpilot der Welt – zwei Jahre vor den Wright, die als die ersten galten – wenn nicht das große ABER wäre. Ein Blick in die Zukunft: 1968 wird man „zur Klärung“ nach den Konstruktionsunterlagen von Whitehead den Flugapparat nachbauen und feststellen, dass er flugunfähig ist – aber auch das gilt nicht als abschließendes Urteil. Zum Thema gab es einen Beitrag von „Terra X“.


Potsdamer Bauten:

Auf der Insel Hermannswerder ist Baubeginn für die Gebäude der Hoffbauerstiftung, einer caritativen Einrichtung.

Zwischen Potsdam und Berlin wird bis1906 der Teltow-Kanal gebaut. Landrat des Kreises Teltow ist Stubenrauch.


Erziehung / Bildung:

August Wichgraf, geboren am 24. Juni 1811 in Gumbinnen (Ostpreußen), Potsdamer Oberpräsidialrat, hatte in der Nowaweser Mittelstraße (heute Wichgrafstraße) im Jahre 1855 eine Musterweberei / Webschule gegründet. Er starb am 02. Mai 1901 und wurde auf dem Bornstedter Friedhof begraben.


Literatur:

Thomas Mann schreibt „Die Buddenbrooks“ und sein Bruder Heinrich die Satire „Im Schlaraffenland“.


Malerei:

Die Jahrhundertwende bedeutet auch eine große Wende für die Kunst. In der Malerei tritt für etwa zwei Jahrzehnte der Expressionismus „seine wilde, wirre Herrschaft“ an. Zu den Vertretern gehören auch Mantisse, Vlaminck, Dufy, Kandinsky, Marck, P. Klee, Macke, G. Grosz, Arp, Ernst, Feininger und Kokoschka. Kubisten, Surrealisten und Futuristen verzerren das äußere Bild, um zum Wesentlichen zu kommen, zur abstrakten „reinen“ Form und Farbe.


Musik und ähnliches:

Ragtime dominiert im Jazz. Die Zwölftonmusik will die Gleichberechtigung aller Töne zu Gehör bringen.

Die amerikanische Tänzerin Josephine Baker beginnt ihren kometenhaften Aufstieg mit einer Show in Paris. Barbusig aber mit einem Röckchen aus Bananen bestehend, entzückt die große schlanke Farbige die Männerwelt.

Dadaistische Stammler reihen sinnlose Wortfetzen „als das Wahre“ aneinander.

Max Reinhardt eröffnet am 09. Oktober in Berlin das Kabarett „Schall und Rauch“, das er ein Jahr später zum „Kleines Theater“ umformen wird.


Alltag:

Es tritt die Rechtschreibreform in Kraft. Nach vielen Streitereien ist es wohl nurmehr ein Reförmchen. Wir schreiben jetzt Thür, Thor, Thee und so weiter ohne „h“. Das Sitzmöbel „Sopha“ wird nun „Sofa“ geschrieben, doch bei vielen ähnlichen Worten wird aus unerfindlichen Gründen die bisherige Schreibweise beibehalten.

Der Trenchcoat findet als Regenmantel beim Militär Einzug.

Der 20jährige Schüler Karl Fischer (vom Steglitzer Gymnasium) gründet für die bürgerliche Jugend die Bewegung „Wandervogel“. Das Pergamonmuseum (Interimsbau) wird eröffnet.


Preise:

Eine Fahrt mit dem Pferdeomnibus (Zweispänner für 25 Personen) kostet 5 Pfennige.

Eine Bockwurst bei Aschinger kommt uns 30 Pfennige, dazu Brötchen, soviel man möchte, ohne zusätzliche Berechnung. Ein Glas Bier kostet 10 Pfennige.

Ein Arbeiter erhält oft nicht mehr als 20 Mark Wochenlohn, wovon die Familie zu ernähren und zu kleiden war – da waren auch 30 Pfennig viel Geld. Das Geld war meist aus Metall: Kupfer, Nickel, Silber und auch Gold. Einen Hundert-Mark-Schein hatten nur wenige bei sich.


Das Jahr 1902

Politik:

Der russische Sozialist Lew Trotzki flüchtet aus ostsibirischer Verbannung nach London (1905 ist er Arbeiterführer in Sankt Petersburg, 1906 erleidet er erneut Verbannung und Flucht). Karl Liebknecht wird Abgeordneter im Reichstag.

Kaiser Wilhelm II „sucht den Platz an der Sonne“, was soviel bedeutet, mit dem Wunsch nach afrikanischen Kolonien die „bereits vergebenen Gebiete der Welt“ neu aufzuteilen – mit Unterstützung durch eine starke Seestreitmacht.

05. Juni: Im Reichstag wird eine Gesetzesvorlage zur verstärkten Unterdrückung der polnischen Bevölkerung angenommen. Im gleichen Monat verurteilen Volksversammlungen dieses Gesetz.

Nach dem Tode der Königin Viktoria von England am 22. Januar 1901, sollte am 26. Juni dieses Jahres ihr Sohn Eduard VII (schon über 60 Jahre alt, verheiratet mit Alexandra) gekrönt werden. Plötzlich erkrankt der König am 24. Juni an einer Appendizitis. Zögerliche Internisten verhindern eine rechtzeitige Operation. Der Wurmfortsatz kann, bereits vereitert, „in letzter Minute“, mit Erfolg entfernt werden. (Siehe auch Medizin 1885).

13. / 14. September: 2. Konferenz sozialdemokratischer Frauen in München.


Wissenschaft:

Charles Richet (1850-1935) entdeckt die Anaphylaxie (Empfindlichkeit gegen artfremdes Eiweiß).

Emil Fischer gelingt der Nachweis über den Aufbau der Eiweißstoffe aus Aminosäuren. Guido Holzknecht begründet wissenschaftlich die Strahlentheorie (mit Dosismessung) mittels X-Strahlen. Nach Selbstversuchen wird er 1931 an Strahlenkrebs sterben.

Dem Mediziner Cushing gelingt die erste feinste Nervennaht.

Ernst Rolff erfindet den Rastertiefdruck.

Just und Hana entdecken die Möglichkeit der Lichtabgabe von Wolfram.

Wilhelm Dörpfeld berichtet über eigene Ausgrabungen in Troja und Ilion.

Köpsel erfindet den Drehkondensator zur Abstimmung elektrischer Schwingungen (z. B. im Radio angewendet).

In Paola, einem Vorort von Valetta auf Malta, wurde beim Bau eines Hauses zufällig ein darunter liegendes Heiligtum entdeckt. Ein antiker Palast unter der Erde, vielleicht ein Totentempel, drei Stockwerke, bis 14 m tief in den Kalkstein gehauen.


Naturwissenschaft:

Im afrikanischen Uganda werden von weißen Männern erstmals Berggorillas gesichtet.

Der Paläontologe Barnum Brown entdeckt in diesem Jahr als erster Forscher Fossilien des Raub-Dinosauriers „Tyrannosaurus Rex“, mit 15 Metern Länge und 8 t Masse, das größte bisher entdeckte Landraubtier.


Technik:

Hugo Junkers entwickelt den Gasbadeofen.

Die ersten Trommelwaschmaschinen mit Handkurbelantrieb werden angeboten.

Die Große Industrie-, Gewerbe und Kunstausstellung lädt nach Düsseldorf am Rhein ein. Viele Exponate sind im „Jugendstil“ gestaltet.

Der Ingenieur Robert Bosch erfindet die Hochspannungsmagnetzündung für schnelllaufende Motore.

Frank und Caro Birkeland sowie Eyde befassen sich mit der Verwendbarkeit von Luftstickstoff.

Am 18. Februar wird in Berlin die erste Untergrund- bzw. Hochbahnstrecke Deutschlands eröffnet. Sie führt vom Potsdamer Platz bis zum Stralauer Tor. Am 11. März wird der Streckenabschnitt Potsdamer Platz -Zoologischer Garten eröffnet. Am 17. August folgt die Hochbahnstrecke Stralauer Tor zur Warschauer Brücke und die Strecke Zoo – Knie.

Das Fünfmastvollschiff „Preußen“, das größte Segelschiff Deutschlands, wird in den Dienst gestellt. (1911 wird es stranden).


Potsdamer Bauten:

Am 24. August ist der Baubeginn für die Christuskirche in der Potsdamer Behlertstraße.

Der Gebäudekomplex für die Regierung der Provinz Brandenburg wird in der Spandauer Straße 32-33 errichtet und 1906 fertiggestellt (heute Stadtverwaltung, Fr.-Ebert-Str. 79 -80)

In Bornim wird am Fuße des Pannberges der Bau der Kirche begonnen. Das Kirchgebäude, durch Baumeister Kickton erstellt, wird bereits im nächsten Jahr geweiht werden.

1899 begonnen und jetzt fertig gestellt, wurde die vom Baumeister Schwechten auf dem Brauhausberg gebaute Kriegsschule.

Der Park von Sanssouci erhält unterhalb der Orangerie die Bronzeplastik „Bogenschütze“ von Geyger.


Wirtschaft:

Der Türkische Sultan unterzeichnet die Bagdadbahn–Konzession am 12. Januar. Die Orientreise von Kaiser Wilhelm II im Spätherbst gleicht einem Märchen aus 1000 und Einer Nacht: Feierliche Schiffsabfahrt in Venedig, prunkvoll die Ankunft in Konstantinopel (Istanbul), phantastisch der Einzug in Jerusalem. Mit Sultan Abdul Hamid II. und dem Vorstand der Deutschen Bank, Georg v. Siemens, erörtert er den Bau einer der spektakulärsten Eisenbahnlinien der Welt. Ein Vorhaben noch nicht gekannter Dimension: Von Berlin durch Deutschland nach Istanbul (der Hauptstadt des Osmanischen Reiches), durch Kleinasien nach Damaskus und weiter über Bagdad nach Basra, dem Hafen am Persischen Golf wird die Strecke führen. Der Bau einer 2.500 km langen Strecke durch das bis 3.000 m hohe. Taurus- und Amanus-Gebirge ist eine technische und finanzielle Herausforderung aber auch eine Politische. Berührt doch die Strecke die Interessen verschiedener Kolonialherren: Frankreich-Syrien, England-Persischer Golf, behindert von der Rivalität zwischen Russen und Osmanen auf dem Balkan. Der Bau liegt in den Händen von Philipp Holzmann. Schienen von Krupp (heute nach 100 Jahren noch lesbar). Auch Lokomotiven und Waggons kommen aus Deutschland. Der Bau wird dann 1904 beginnen und soll 1913 beendet werden. In sieben Jahren baut Deutschland 44 Tunnel mit 20 km Gesamtlänge. Der Euphrat wird mit einem imposanten Brückenbauwerk überspannt. Bis zu 35.000 Arbeiter sind auf den Baustellen eingesetzt. Durch den Weltkrieg, den Zerfall des Osmanischen Reiches und neue Kräfteverhältnisse im Orient, kann aber der erste durchgehende Zug Istanbul - Basra zeitlich erst sehr verzögert fahren. Noch heute sieht man in Arabien Bahnhofshäuschen im deutschen Schwarzwald-Stil.

In Berlin wird die Industrie- und Handelskammer gegründet.


Kunst und Kultur:

Humperdinck komponiert die Märchenoper „Dornröschen“.

Das Jahr 1902 gilt als das Geburtsjahr des deutschen Films.

Nach den ersten Aufführungen von Paul Linckes neuester Operette singen sogar „alle“ Berliner Straßenjungen das „Glühwürmchen-Lied“ und „Das ist die Berliner Luft“. Paul Lincke wurde 1866 geboren. Zu seinem 75. Geburtstag im Jahre 1941 wird er Ehrenbürger der Stadt Berlin.


Literatur/Erziehung:

Am 1. April wird Rosa Luxemburg Redakteurin der Leipziger Volkszeitung. Die Chefredakteurstelle hat Franz Mehring inne.

Peter Rosegger schreibt: „Als ich noch ein Waldbauernbub war.“

Das Buch von Max Eyth. „Der Kampf um die Cheopspyramide“ wird veröffentlicht.

Der Däne Nicolai Grundvig gründet in Berlin die „Volkshochschule“ nach der Idee der freien modernen Volksbildung für Jedermann. Oskar Meßter dreht den Film „Salome“.


Alltag:

In Buch (Waldhaus) bei Berlin wird ein Heim für Lungenkranke eröffnet.

In Treptow bei Berlin finden von diesem Jahr an Fahrradrennen statt.

14. Juni: Internationale Bootsausstellung am Wannsee.


Naturgewalten:

Auf der Insel Martinique bricht am 08. Mai der Vulkan „Montagne Pelé“ aus. Fast alle Bewohner von Sankt Pierre, etwa 26.000 Menschen, ersticken binnen weniger Minuten. Die Glutwolke verbrennt / versenkt auch 18 Schiffe, die in der Bucht vor St. Pierre auf Reede lagen. Eines der Wracks wird später, im Jahre 1978, von Tauchern des Forschungsschiffes „Calypso“ unter der Führung von Jaques Cousteau untersucht.


Aus dem Jahre 1903

Politik:

Der Reichstag wird wieder neu gewählt. Wie selbstverständlich wird den Frauen erneut kein Wahlrecht zugestanden (siehe auch 1907 / 1908).

Der Reichstag setzt am 23. März das Kinderschutzgesetz in Kraft.

In Russland spalten sich die Sozialisten wegen der von Lenin verordneten zentralistischen Organisation in Bolschewiki (Mehrheit) und Menschewiki (Minderheit).


Wissenschaft:

Den Physik-Nobelpreis erhalten für die Erforschung der Radioaktivität: H. Bequerel, Marie Sklodowska-Curie und Pierre Curie.

Theodor Boverie (?) beschreibt erstmals Chromosomen.

Wilhelm Eindhoven entwickelt das Elektrokardiogramm.

O. Schlick entwickelt den Schiffskreisel zur Schlingerdämpfung.

Die Daktyloskopie hält in der Kriminalistik Einzug.

Roald Amundsen begibt sich für drei Jahre mit dem Schiff „Göja“ auf eine Nordpolargebietsexpedition, bei der er auch endlich die lange gesuchte Nordwestpassage findet und „bezwingen“ kann.

Der russische Lehrer Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski (1857–1935) gilt als „der Vater“ der Raketentechnik. In diesem Jahr schlägt er den Bau von mehrstufigen Flüssigkeitsraketen vor, die dem Verlassen der Erde mit Rückstoßkraft dienen sollen. Er findet im zaristischen Russland aber wenig Gehör für seine Überlegungen, mit denen er den gesellschaftlichen Interessen weit vorauseilt. So gilt der Gelehrte eher als ein Sonderling.


Technik:

Erfindung der Thermoskanne durch den Glasbläser Reinhold Burger in der Glashütte bei Baruth im Brandenburger Land.

Ein deutscher Elektrotriebwagen der Eisenbahn erreicht erstmals eine Geschwindigkeit von 210 km / h.

Die Potsdamer Sternwarte erhält ein 800 mm-Fernrohr mit „Stenbeil-Objektiv“.

17. Dezember 1903: Die beiden amerikanischen Pfarrerssöhne und Fahrradmechaniker sowie Aviatiker, die Brüder Orville und Wilbur (1876–1912) Wright stellen in den Sanddünen von Kitty Hawk (USA) den (ersten?) Motorflug der Welt mit dem Doppeldecker „The Flyer“ vor und fliegen in 12 Sekunden 50 m weit. Wenig später in einer Minute 255 m. Sie hatten 1899 mit dem Flugzeugbau begonnen. Die Dokumentation des Fluges vom 17. Dezember ist eine Tagebucheintragung zum 4. Flugversuch. Die Versuche fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit (ohne Augenzeugen) statt. Fotoaufnahmen von sich schneller bewegenden Objekten gibt es erst ab etwa 1908. So bleibt die Beweislage zum tatsächlichen Flug etwas unsicher – aber wir wissen, dass bald darauf Motorflüge der Brüder sicher dokumentiert wurden. Zum Thema u. a. auch ein Beitrag von Terra X – mit dem Hinweis auf Flugpionier Gustav Weißkopf, aus Deutschland stammend – mit eigenem Motorflugzeug möglicher Weise im Jahre 1901 geflogen.

Der Berliner Feinmechaniker Oskar Meßter beginnt in diesem Jahr Versuche mit kurzen Grammophon-Tonfilmen. Bei der Vorstellung des Stummfilms wird der Ton von der Schallplatte über sehr große Grammophontrichter in den Saal abgegeben. Allgemein üblich ist aber noch der Filmerklärer vor der Leinwand, der auch selber zusätzlich charakteristische Töne macht, vom unentbehrlichen Klavierspieler unterstützt. Oskar Meßter wird später Filmunternehmer.


Wirtschaft:

In Dresden wird am 17. / 18. Mai, auf dem ersten Genossenschaftstag, der Zentralverband deutscher Konsumvereine gegründet.

Am 27. Mai wird die Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mbH „Telefunken“ gegründet – ein Gemeinschaftsunternehmen von Siemens und Halske sowie der AEG.

Am 04. August: Erste internationale Konferenz zur Funktelegraphie in Berlin. Konzernvergrößerung durch Zusammenschluss der Starkstromabteilungen von Siemens und Schuckert.

Am 8. Juli wird die erste elektrische S-Bahnstrecke in Berlin vom Potsdamer Vorortbahnhof nach Lichterfelde-Ost eröffnet.

Am 01. Oktober: Die erste Berliner Autodroschke (Taxi), ein NAG-Wagen, nimmt für ein Jahrzehnt des täglichen Einsatzes seinen Dienst auf.

In Wuppertal, zwischen Barmen und Elberfeld wird die erste Hängebahn, „Schwebebahn“ genannt, eröffnet. (Der erste Absturzunfall eines Wagens wird sich im Jahre 1999 ereignen).

Henry Ford gründet eine Automobil-Gesellschaft für die Massenproduktion von Fahrzeugen.

Rekord: Ein Kraftwagen durchquert die USA von Ost nach West in 65 Tagen.


Potsdamer Bauten:

Bau der Neuen Synagoge am Wilhelmplatz neben der Hauptpost vom Architekten Kerwin entworfen. Ein moderner Barockbau aus rotem Sandstein. Er wird nur 35 Jahre benutzt werden können, denn in der „Reichskristallnacht“ / „Reichsprogromnacht“ am 9. November 1938 wird die Synagoge zerstört.

Bau des Sacrow – Paretzer Kanals nördlich von Potsdam, der bei Nedlitz den Weißen See mit dem Lehnitz- und dem Jungfernsee verbindet und das Potsdamer Umland zu einer Insel macht.


Literatur:

Gerhard Hauptmann schreibt „Rose Bernd“.

Sven Hedin veröffentlicht sein Buch „Im Herzen von Asien“.


Mode:

Die Welle der Reformbewegung erfasst auch die Mode: Paul Schultze-Naumburg proklamiert, dass das Frauenkleid seinen Halt auf den Schultern suchen müsste. Es ist das neue, gesunde Hängekleid, wie es schon Pfarrer Kneipp forderte oder auch der Reformsack, wie die Gegner sagen.


Alltag:

Richard Steiff ersinnt den „Teddybären“ als Kinderspielzeug. Markenzeichen: Knopf im Ohr. Der Bär erhielt seinen Teddy-Namen nach dem Präsidenten der USA Theodore Roosevelt.

In den USA wird ein Genussartikel für Sommertage entwickelt. Die Eiswaffel (mit Inhalt).

Das Radrennen „Tour de France“ findet zum ersten Male statt.

Am 08. Mai wird der „Allgemeine Deutsche Autoclub“ (ADAC) gegründet.


Notizen zum Jahre 1904

Politik:

In Afrika wird der Aufstand der Hereros niedergeschlagen. Holzkeulen gegen kaiserlich - deutsche Maschinengewehre. Über 30.000 Hereros fallen und etwa 1.500 deutsche Soldaten.

Ab Februar: Russisch-Japanischer Krieg 1904 / 05 mit Schlachten bei Port Arthur und Tsushima. Japan gewinnt den Krieg.


Wissenschaft:


E. Rutherford und F. Soddy deuten die Radioaktivität als den Zerfall von Atomkernen.

Stolz stellt Adrenalin als erstes synthetisches Hormon her.

Prof. Dr. Friedrich Hasenörl (geboren in Wien 1874, gefallen im Krieg in Italien bei Folgaria, 1915) begründet in diesem Jahr zur speziellen Relativitätstheorie, das Gesetz von der Gleichwertigkeit von Masse und Energie, unter Einbeziehung der konstanten Lichtgeschwindigkeit. Es war ihm wohl nicht bekannt, dass in Deutschland Prof. Dr. Albert Einstein am gleichen Forschungsgegenstand arbeitet, der sein Ergebnis im Folgejahr veröffentlichen wird. Beide Physiker fanden unabhängig voneinander prinzipiell die gleiche berühmt werdende Formel: E = mc², von Prof. Hasenöhrl allerdings auf einen besonderen Anwendungsfall zugeschnitten.


Technik:

Der Amerikaner Reno baut die erste (?) Rolltreppe. (Siehe Weltausstellung in Paris).

Christian Hülsmeyer erfindet das Telemobilokop (in Dezimeterwellen-Technik) mit einer Reichweite von 3 km. Es wird später als Vorläufer des Radargerätes gelten.

A. Korn entwickelt die Fernfotografie. Er ist Physiker. In diesem Jahr gelingt ihm auch die erste Bildübertragung (als Vorstufe des Fernsehens). In den Jahren 1914 – 1939 wird er als Lehrer an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg wirken.

K. Schwarzschild entwickelt die Zenit-Kamera für geographische Ortsbestimmungen.

Rubel erfindet den Offsetdruck vom Gummituch.



Berliner Bauten:

Das Kaiser-Friedrich-Museum (Bode-Bau) wird eröffnet.

Der Bau des Doms am Ufer der Spree wird beendet. Er dient als evangelische Hauptkirche und eine der letzten Ruhestätten für die Kaiserlich-königliche Familie.


Wirtschaft:

In Amerika wird der Bau des Panama-Kanals in Angriff genommen. An der schmalsten Stelle des Kontinents baute dort zunächst eine US-Gesellschaft eine Eisenbahnstrecke, die auf diesem Wege kleineren Schiffen die Ost-West-Passage auf dem Schienenweg ermöglichte. Kolumbien erklärte sich bereit, dem Bauherrn USA einen Landstreifen zu verkaufen. Mit dem Bau wird 1904 begonnen und nach vielen Strapazen und Opfern an Menschenleben kann ein Jahrzehnt später, am 15. August 1914 das erste Schiff den Kanal passieren. Somit wird

die unheimlich große Baustelle in Amerika beendet und mit dieser Schiffspassage der Panamakanal, der den Atlantischen Ozean mit dem Pazifik verbindet, eröffnet.

In Berlin öffnet das Warenhaus „Wertheim“ in der Leipziger Straße. Architekt Alfred Messel (1853-1909). Ebenso wird die neue Hofkirche „Der Berliner Dom“ fertig gestellt. (Baubeginn war 1894. Architekten Julius sen. und Otto jun. Raschdorff.

Die erste deutsche Gasfernleitung zwischen Lübeck und Travemünde in Betrieb genommen.

Die chinesische Shantung-Bahn, von Deutschland seit 1899 erbaut, wird dem Verkehr übergeben, ebenso die Trans-Baikal-Bahn von Irkutsk nach Ruchlowo (seit 1900 im Bau).

Die englische Automobilfabrik Rolls Royce wird gegründet.


Bildung und Erziehung:

Die taubblinde Helen Keller promoviert zum Dr. der Philosophie.


Sport:

In Amerika wird der Schwimmstil „Crawl“ entwickelt, das Kraulen gibt es auch bald in Deutschland.


Zeitgeschichte – das Jahr 1905

Politik:

Die Norweger entscheiden sich bei einer Volksabstimmung gegen den zu engen Zusammenhang mit dem übermächtigen Schweden. Mit dem Vertrag von Kristiana von 1907 wird Norwegen unabhängig.

Der Friedensnobelpreis wird Berta von Suttner (Österreich) verliehen.

22. Januar – der Blutsonntag in St. Petersburg. Der Zar ließ auf Demonstranten schießen, die dem Zaren eine Bittschrift überreichen wollten – zur Linderung der Not des Volkes. Über 1.000 Todesopfer (Auch Maxim Gorki wird verhaftet). Signal für den Ausbruch der bürgerlich-demokratischen Revolution.

Die Bürgerlich-demokratische Revolution in Russland (1905 – 1907) wird zu Teilerfolgen führen. Der Zar Nikolaus II erlässt das „Manifest über die Freiheiten“. Berlin wird zum Sammelpunkt vieler russischer Emigranten, die allerdings durch die Polizei des Deutschen Staates und durch denunzierfreudige Bürger bespitzelt werden.

Meuterei auf dem Schlachtschiff „Potemkin“: Nach dem sich ein Marinesoldat beschwert hatte, wurde er von einem Offizier kurzerhand erschossen. Daraufhin beginnt die Besatzung am 27. Juni 1905 in Odessa eine Meuterei. Bei dieser wird die Schiffsführung getötet. Letztendlich wird der Aufstand niedergeschlagen und die Besatzung flüchtet in die rumänische Hafenstadt Konstanta.

09. Februar: In Berlin viele Solidaritäts- und Sympathieveranstaltungen für die russische Freiheitsbewegung. Unter anderen sprechen August Bebel, Adolph Hoffmann, Georg Ledebur, Paul Singer und Clara Zetkin.

Im September fordern 300 Arbeiter von AEG und 170 Dreher von Siemens & Halske mehr Lohn für ihre Arbeit. Wegen der 470 streikenden Arbeiter werden Tausende ausgesperrt, die Produktion liegt darnieder, der Straßenverkehr in Berlin ist stark eingeschränkt.

Die Spitzen der Politik beschäftigen sich damit, ob es zweckmäßig wäre, dem Nachbarn Frankreich die rohstoffreiche Kolonie Marokko in einem Feldstreich zu nehmen. Kriegsminister v. Bülow droht zum Erreichen dieses Zieles mit Krieg, denn England würde „gewiss stillhalten“ und Russland hatte mit der eigenen Revolution zu tun. (England droht jedoch damit, Frankreich in solch einem Falle zu unterstützen, so werden derartige Pläne verschoben).


Wissenschaft:

Der Nobel-Preis für Medizin geht an Robert Koch, für die Ergebnisse in der Tuberkuloseforschung.

Der Skandinavier Sven Hedin erforscht ab 1905 mehrjährig Persien und Tibet und entdeckt (wohl 1908) für Europa das Transhimalaja-Gebirge. Bruce und Lavard durchqueren Tibet und die Wüste Gobi bis Peking.


Albert Einstein erweitert Max Plancks „Grundlagen der Quantentheorie“.

Albert Einstein begründet das Gesetz von der Gleichwertigkeit von Masse und Energie (wird zum Schlüssel der Atomkernforschung). Des Weiteren stellt er die spezielle Relativitätstheorie vor, als Folgerung aus dem Prinzip von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Es war ihm damals nicht bekannt, dass bereits etwa ein Jahr vorher, der Prof. Dr. Friedrich Hasenöhrl in Wien die gleiche berühmt werdende Formel: E = mc² für das Masse-Energie-Prinzip, in einem speziellen Anwendungsfall, aufgestellt hatte. Da die Zeit für diese Entwicklung gereift war, kamen die Physiker unabhängig voneinander zu einem vergleichbaren Ergebnis. Beide Wissenschaftler haben sich erst im Jahre 1911 persönlich kennengelernt.


Technik:

Die nun schon bekannten Wrights fliegen inzwischen mit verbesserten Aeroplanen Flüge in der Größenordnung von 45 km in 38 Minuten.

In Großbritannien wird die Produktion des Fahrzeuges „Rolls Roys“ aufgenommen.

Das Auto „als Normalwagen“, also durchschnittlicher Größe, kostet in deutschen Landen etwa 23.500 Goldmark.

Osram stattet jetzt die elektrischen Glühlampen mit Wolframfäden aus.

Der Russe Laurent erfindet den Feuerlöscher mit chemischer Löschsubstanz.


Bauten in Neuendorf und Nowawes:

Am 12. Januar findet die Weihe der Kirche auf dem Gelände des Oberlin-Vereins statt.

Das Beethoven-Mädchenlyceum, die „Höhere Töchterschule“ nimmt in der Lindenstraße ihren Schulbetrieb auf.

Bau der Katholischen Kapelle mit Pfarrhaus in Nowawes (an der Turnstraße).


Bauen in Berlin:

Der Neubau des Berliner Doms als Kaiserliche Hofkirche ist fertiggestellt.


Wirtschaft:

Der Bau des Mittelland-Kanals, der Verbindung zwischen Rhein und Elbe beginnt. (Fertigstellung des letzten Stücks 1926-38).

Gründung der Mitteleuropäischen Schlaf- und Speisewagen AG (MITROPA).

Einrichtung eines öffentlichen Autobusverkehrs in Berlin.

Fouche und E. Witt entwickeln das autogene Schweißen weiter.

Owens entwickelt eine Flaschenglasmaschine für die Herstellung von 60.000 Bierflaschen je Schicht.

In Berlin (Dessauer Straße) wird die erste Chauffeurschule (Fahrschule) gegründet.

Das Leben in Berlin wird gefährlicher, denn das hilfreiche Feuerlöschgerätewerk ist umgezogen. Es hat sich jetzt im uckermärkischen Neuruppin niedergelassen, um dort in der alten Heimat von Schinkel und Fontane, die wichtigen Spitztütenlöscher herzustellen.


Gesundheit:

In Berlin öffnet die erste Beratungsstelle für junge Mütter. Die Babys dürfen aufatmen: „Penaten“ kommt auf den Markt. Eine spezielle Schutzcreme gegen das Wund-Werden.

Eine Pestepidemie in Indien fordert hunderttausende Menschen an Opfern, ebenso wütet die Pest auch in Südafrika. Die Bekämpfung konzentriert sich auf das Vernichten von Ratten und Flöhen.

Als Kopfschutzausstattung bei Ausfahrten mit den Automobilen gibt es von nun an außer der bisher genutzten eng anliegenden Lederkappe auch Autofahrerbrillen mit einfachem Fensterglas, Nasen- und Wangenschonern. Die Männer sehen damit recht entstellt aus. Daher bevorzugen die Damen eher Gazeschleier am Hut gegen den scharfen Wind, Staubpartikel und Insekten.


Soziales:

Seit dem 07. Januar streiken Bergarbeiter an Rhein und Ruhr für den Achtstunden-Arbeitstag und Verbesserungen im Arbeitsschutz. Dorthin werden als Antwort unter anderen auch Berliner Schutzpolizisten Schupo) beordert, um für „Ruhe und Ordnung“ zu sorgen.


Kunst und Kultur, Literatur:

Max Reinhardt übernimmt das „Deutsche Theater“ in der Berliner Schumannstraße und eröffnet es mit dem Stück „Kätchen von Heilbronn“ von Heinrich v. Kleist. Außerdem hat er den „Sommernachtstraum“ und „Der Kaufmann von Venedig“ im Programm. Den Literatur-Nobelpreis erhält Henryk Sienkiewicz (Polen). Heinrich Mann schreibt: „Professor Unrat“. Ernst Haeckel, in Potsdam geboren, verfasst „Der Kampf um den Entwicklungsgedanken“. In Dresden wird die „Brücke“ gegründet, eine Gemeinschaft expressionistisch schaffender Künstler um Karl Schmidt-Rottuf und Ernst-Ludwig Kirchner. Die bekannte Schriftstellerin Hedwig Courths-Mahler zieht um. In die Dönhoffstraße in Karlshorst. Sie schafft es, jährlich bis zu einem Dutzend Kitschromane zu schreiben. Diese werden in hohen Auflagezahlen gedruckt und von den Lesern wie Drogen konsumiert.

Im ersten Jahrzehnt dieses neuen Jahrhunderts ist Berlin mit etwa 30 Bühnen ein Zentrum der Schauspielkunst.


Alltag/Mode:

Korsettlose Hemdkleider leiten allmählich die schnürleibfreie gesunde Damenmode ein.

Die Wohnungen zeigen sich aber überwiegend dunkel gehalten, oft mit Ausstattungsgegenständen und zahlreichen Staubfängern überladen.


Naturereignisse:

Silvester 1904 / Neujahr 1905: Orkanartiger Schneesturm im Raum Berlin. Der Sturm setzt Eisenbahnkesselwagen im Rangierbahnhof Niederschöneweide in Bewegung, so dass es zu einem tödlichen Unfall kam.

Die chinesische Wollhandkrabbe gelangt nach Europa und entwickelt sich zur Plage.

In Japan taucht „langsam“ eine Insel auf dem Meer auf. Sie erhält den „Geburtsnamen“ Nushima. Einige Monate später versinkt sie jedoch wieder in der Tiefe des Meeres.



1906

Politik:

Am 16. Januar beginnen unter Teilnahme von 11 Ländern Verhandlungen zur Beilegung des deutsch-französischen Konfliktes um Marokko.

Die Regierungsvorlage über „Hunger- und Wucherzölle“ wird im Reichstag in Kraft gesetzt.

Der Schuster Wilhelm Voigt beschafft sich in Potsdam, Mittelstraße 3, eine Uniform und setzt als Hauptmann verkleidet mit einigen Soldaten, die er auf der Straße zum Sondereinsatz requirierte, die Köpenicker Stadtregierung fest und erbeutet die Stadtkasse. Später schrieb dazu Zuckmayer das Theaterstück „Der Hauptmann von Köpenick“. Dieser sozialkritische Stoff wird später auch verfilmt (Heinz Rühmann in der Hauptrolle).

Das Internationale Nachtarbeitsverbot für Frauen wird erlassen.

Der persische Schah gibt seinem Land eine Verfassung.


Wissenschaft:

Erstmals in der Menschheitsgeschichte gelingt die Ferntelephonie ohne Verbindungsdraht. Die Großfunkstation Nauen ermöglicht weltweite Fernsprechverbindungen.

F. G. Hopkins begründet ersten klaren Hinweis auf die „Vitamine“, als geringe, noch unbekannte aber lebenswichtige Stoffe in der Nahrung.

Prägung des Begriffes „Hormone“ für die Wirkstoffe der innersekretorischen Drüsen.

August von Wassermann (1866 – 1925) entwickelt die Serumdiagnose der Syphilis.

Robert Koch (1843 – 1910), Mitbegründer der Bakteriologie, entdeckt die Wirksamkeit von Arsen gegen den Erreger der Schlafkrankheit. Er erhält 1905 den Nobelpreis für Medizin.

Erste internationale Konferenz für Krebsforschung in Heidelberg und Frankfurt (Main).

Walter Nernst prägt den Satz von der Unerreichbarkeit des absoluten Nullpunktes.

Amundsen gelingt erstmals mit einem Schiff die Nordwestpassage. Seit 1903 ist er unterwegs (1904 am magnetischen Pol).

Der Seenotrettungsruf: „Save Our Souls – rettet unsere Seelen“ wird festgelegt. Ein Übereinkommen zwischen der britischen Marconi Co. und der deutschen Telefunken Gesellschaft legt am 3. Oktober auf der Berliner Funk-Konferenz das „SOS“ als internationales Notsignal fest. Es wird erstmals 1909 von der „Slavonia“, die vor den Azoren Schiffbruch erleidet, gesendet.

Die Ausgrabung hethitischer Keilschrifttafeln in der östlichen Türkei wird zur Sensation.


Technik und Wirtschaft:

Das Parseval-Luftschiff nimmt den Dienst auf. Mit 90 PS, 45 km/Stunde schnell. (Der Entwickler heißt Parseval).

Der Teltow-Kanal wird am 02. Juni 1906 eröffnet. Er vereinfacht die Schiff-Fahrt zwischen Elbe und Oder, ohne dass die Schiffe die vielen Berliner Brücken und Schleusen passieren müssen, da der Kanal die Großstadt im Süden umfließt. Für einfache aber körperlich schwere manuelle Arbeiten erhielten die (oft ausländischen) Arbeiter am Zehnstundentag 38 Pf. je Stunde, also 26 Reichsmark monatlich – ein Hungerlohn.

Fourcault entwickelt eine Ziehmaschine für Flachglas.

Scharfenberg erfindet die automatische Eisenbahnkupplung.

Die Mercedes – Büromaschinenwerke werden in Berlin gegründet.

Der Simplon-Tunnel ist fertig. Baubeginn war 1898. Er ist 19.823 km lang.

Der Hamburger Hauptbahnhof nimmt den Betrieb auf.

Das Feuerschiff „Reserve Sonderburg“ läuft in Bremen vom Stapel. Später wird es umgebaut und als Segelschulschiff den Namen „Alexander v. Humboldt“ erhalten.

Der sozial engagierte Elektro-Unternehmer Robert Bosch führt in seiner Firma den Acht-Stunden-Arbeitstag ein. Bei dem bestehenden Auto-Boom gründet er den „Bosch-Dienst“, einen Kundenservice.

Der Schwede Sundback konstruiert den Reißverschluss. Vielleicht hätte er seine Erfindung besser Zugverschluss nennen sollen, dann wären nicht so viele von grober Betätigung zerrissen worden.

An der Entwicklung von Verstärkerröhren arbeiteten unabhängig voneinander und erfolgreich in den USA Lee de Forest und in Österreich von Robert v. Lieben.


Bauten in Nowawes:

Das Taubstummen-Blinden-Heim wird auf dem Gelände des Oberlin-Vereins errichtet. Ein Jahrzehnt nach den Potsdamer Arbeiten, beginnt man auch in Nowawes mit der Verlegung von Abwasserleitungen.


Kultur:

Max Reinhardt gründet in Berlin die „Kammerspiele“ (Kleines Haus am Deutschen Theater). Dieser Neubau ist ein 400 Personen fassendes Gebäude ohne eingebauten Rang. Neu auf dem Plan steht unter anderen Stücken „Das Wintermärchen“.

Wilhelm von Bode wird (bis 1920) Generaldirektor der Berliner Museen.


Literatur:

Friedrich Meinecke schreibt: „Das Zeitalter der deutschen Erhebung“, über die Geschichte der Befreiungskriege. Fridtjof Nansen (1861 – 1930) schreibt über die norwegische Nordpolar-Expedition 1893 – 1896. Marie von Ebner-Eschenbach veröffentlicht: „Meine Kinderjahre“ und Ricarda Huch: „Die Verteidigung Roms“. Herr Löns „Mein braunes Buch“ (Heidbilder).


Soziales:

Der Arbeitstag darf nunmehr nicht mehr als neun Stunden betragen.


Sport:

Die Olympiade findet in Athen statt.

Jiu-Jitsu (Selbstverteidigung) gewinnt in Europa an Verbreitung.


Alltag/Mode:

Der jüngst kreierte Hosenrock stößt in Paris auf heftige Ablehnung.


Naturgewalten:

San Francisco / Kalifornien erleidet am18. April um 5.12 ein 48 Sekunden langes, ein gewaltiges Erdbeben mit 8,3 Punkten auf der Richter-Skala. Hier stießen die pazifische und die nordamerikanische Platte aufeinander. Das Erdbeben legt die Stadt in Trümmer. Es entfacht Feuer mit anschließenden verheerenden Bränden. Viele Nachbeben folgten. 3.000 Menschenleben waren zu beklagen aber 300.000 werden obdachlos. Der Schriftsteller Jack London, der hier wohnt, berichtet über dieses schreckliche Ereignis und fertigt viele Fotos. Am Vorabend sang Enrico Caruso in „Carmen“ in der Stadt. (Bis zur Weltausstellung in San Francisco 1915 wird die Stadt wieder aufgebaut). In Kolumbien gab es ebenfalls Erdbeben. Auch der Vesuv brach in diesem Jahr aus.


Das Jahr 1907

Politik:

Die sozialistische Internationale beschließt, den drohenden Krieg zum Sturz des Kapitalismus zu nutzen.

Gemäß der preußischen Gesetzgebung ist „Frauenspersonen, Geisteskranken, Schülern und Lehrlingen die Zugehörigkeit zu politischen Vereinen verboten“. In dieser Fassung wird die Gesetzgebung nur noch bis 1908 Gültigkeit besitzen können. Selbst in öffentlichen Versammlungen dürfen Frauen nur auf der Empore eines Saales sitzen, beziehungsweise, wenn keine vorhanden ist, hinter einem Seil, das im hinteren Teil des Saales ein kleines Frauenabteil abtrennte. (Quelle: Martha Balzer, Erinnerungen).

In diesen Tagen hält sich Lenin (Wladimir Iljitsch Uljanow) mit seiner Frau Nadeshda Krupskaja auf der Durchreise in Berlin auf. Sie waren auf der Flucht aus dem finnischen Exil und ihr nächstes Ziel war die Schweiz. In Berlin wohnt auch Lenins Schwester, Anna Elisaroff geb. Uljanow. Bei ihr lagen beide Gäste während des verlängerten Durchreiseaufenthaltes, um eine Fischvergiftung (die sie sich in einem Berliner Lokal zugezogen hatten) auszukurieren.

Deutschland schafft sich ein Kolonialministerium.

Der amerikanische Staat Oklahoma tritt den USA bei.

Die amerikanischen Brüder Wright sind in Berlin und bieten dem preußischen Kriegsministerium ihre Erfindung an – ein Motorflugzeug – was aber bei den Herren vom Ministerium nicht auf Interesse stößt.


Wissenschaft

Aurelius Stein (in Österreich geboren aber britischer Staatsbürger, hörte von den Höhlen bei Tunhuang in China am Rande der Wüste Gobi (Höhlen der Tausend Buddhas).

Diese Höhlen enthalten eine zugemauerte Kammer mit etwa 300.000 Schriftrollen / Schriftbänden) aus dem 6. – 11. Jahrhundert – ein einzigartiger Schatz, der wegen der trockenen, stehenden Luft im Raum ungewöhnlich gut erhalten geblieben war. Einen Teil der Entdeckung bringt Stein später als Kunstraub nach England, wofür er zu Hause geadelt wird.

Im März mischt der Herr Apotheker Meyenburg in Dresden die erste Zahnputzpasta. Sie sieht grün/blau aus und erhält den Namen „Chlorodont“.

Cl. Pirquet kann die Tuberkulose mit einem Tuberkulin-Test diagnostizieren.

Rasputin wird als Heiler an den Zarenhof gerufen, weil der junge, künftige Zar Alexej ein Bluter ist.

August Musger prägt den Begriff der „Zeitlupe“.

In Potsdam wird die Photometrische Durchmusterung des Himmels von 14.200 Sternen vorgenommen. Pickering erstellt einen Katalog für die Klassifizierung von Sternen nach ihren Helligkeiten.

Erste Untersuchungen der Wirkung von Röntgenstrahlen auf biologische Objekte erfolgen.


Technik:

Arthur Korn gelingt die Bildtelegraphie über die Entfernung München – Berlin – Paris – London.

Erstmals wird (in den USA) die moderne Glühlampe mit Wolframfaden produziert; entwickelt von den Österreichern Alexander Just und Franz Hanmann. Diese Entwicklung hatte viele „Vorbereiter“, darunter der wohl bekannteste: Thomas Alva Edison, der mit vielen Glühmaterialien experimentiert und sich 1880 letztlich auf den Kohlefaden festgelegt hatte.

Berlin ist in “heller“ Aufregung. Die Teilnehmer der Autofernfahrt Peking – Paris mit einer Streckenlänge von 13.000 km machen in der deutschen Hauptstadt einen Etappenaufenthalt. Als Gesamtfahrzeit sind für alle, die das Ziel erreichen, zwei Monate Fahrzeit angesetzt. Leider sind für den Automobilbau auch schon Interessenten vorhanden, die solche Fahrzeuge für einen Kriegseinsatz berücksichtigen wollen. Den ersten brauchbaren Raupenschlepper konstruierten Roberts und Hornsby. Daraus entwickelte man den britischen Tank (Geheimname für gepanzerte Militärfahrzeuge mit umlaufender (endloser) Kette.

Konstruktion der ersten Motorpfluges von Robert Stock und Karl Gleiche.

In Österreich baut Igo Etrich den Motorgleiter „Zanonia III“. Später wird er die berühmte Etrich-Taube konstruieren.

Eine Hochfrequenzmaschine wird für die drahtlose Telegraphie entwickelt.

Henri Farman gelingt ein Motorflug über 770 m Länge in 52 Sekunden.

Robert Garbe und Wilhelm Schmidt entwickeln eine Heißdampflokomotive (sie wird gern in explosionsgefährdeten Betrieben eingesetzt werden). Hugo Junkers konstruiert den Doppelkolbenmotor.

Dem Erfinder des Gehörschutzmittels Maximilian Negner Geb. 1872), ein Apotheker und Drogist aus Potsdam, wird das Patent für „Ohrfrieden“, später „Ohropax“ erteilt. Die Mischung besteht aus Watte, Vaseline und Wachs.


Bauen in Berlin und Umgebung:

Das KaDeWe (Kaufhaus des Westens, des Herrn Jandorf wird am Wittenbergplatz eröffnet.

Auch die Firma Wertheim kauft in der Leipziger Straße Grundstücke, darunter auch das mit dem eben fertig gestellten Geschäftspalast von Sarotti, der sodann wieder abgerissen wird.

Die Verwaltung von Pankow kauft den Privatpark auf dem Gelände der alten Papiermühle auf – es entsteht der Bürgerpark.

Die Rixdorfer Rollberge werden abgetragen, um neuen Verkehrswegen Platz zu machen und gleichzeitig Kies als Baustoff zu gewinnen.

Wo überall wird leider auch Wald abgeholzt, um neues Bauland zu gewinnen, so auch im Zehlendorfer Forst, am Tempelhofer Feld, beim Tiergarten, im Grunewald (ist Holzauktion), in der Schönholzer Heide, in den Müggelbergen, in Halensee usw. Industrieansiedlungen und ungesunde Mietskasernen für Arbeiter sind „als Ausgleich“ zu befürchten.


Potsdamer Bauten:

Der Rechnungshof des Deutschen Reiches wird in der Waisenstraße errichtet.

Die neue Glienicker Brücke entsteht zwischen Potsdam und Berlin, eine Stahlkonstruktion auf steinernen Pfeilern, die die Schinkel’sche Brücke ablösen wird. Noch in diesem Jahr soll sie bereits fertig sein. Noch weiß man nicht, dass sie nur 37 Jahre bestehen wird, da sie Ende des 2. Weltkrieges zerstört werden wird – aber danach in gleicher Bauweise wieder neu errichtet.


Bauen in Neuendorf und Nowawes:

Der Neubau der Gemeindeschule in der Priesterstraße wird in Betrieb genommen.

Der Schulpalast (später Schule 30 / 31) in der Scharnhorststraße nimmt seinen Schulbetrieb auf.

Die Ortschaften Neuendorf und Nowawes werden am 01. April verwaltungstechnisch zur Gemeinde „Nowawes“ zusammen gelegt.


Wirtschaft:

Deutschland steckt in diesen Jahren (vorerst bis 1909 … 1910) in einer Wirtschaftskrise.

Der Teltowkanal, zwischen Berlin und Potsdam, der sich seit 1900 im Bau befindet, wird eröffnet.

September: Erste elektrische Straßenbahn in Potsdam.

Ettore Bugatti gründet als Autokonstrukteur eine Fabrikationsstätte im elsässischen Molsheim. Dort entstehen Luxuslimousinen – optische und technische Meisterwerke und auch Rennwagen.


Malerei:

Der Spanier Pablo Picasso wendet sich dem Kubismus zu.


Musik:

Erste öffentliche Konzerte des jungen Wilhelm Kempff jun. in Potsdams Palast Barberini, im Hotel Königsberg, am Markt und im Konzerthaus in der Kaiser-Wilhelm-Allee. W. Kempff wurde 1895 in Jüterbog geboren, wird lange in Potsdam leben und 1991 in Positano (Italien) sterben. Er wird als einer der bedeutendsten Pianisten und Organisten des Jahrhunderts an der Potsdamer Nikolaikirche gelten, an dem bereits sein Vater als Organist tätig ist. Familie Kempff wohnt in der Kiezstraße 11 und später Am Neuen Garten 51 (die heutige Bezeichnung), also in einem der Einfamilien-Häuser der Siedlung, die Otto v. Estorff gebaut hatte.


Theater:

Bei Max Reinhardt werden „Romeo und Julia“ und „Was ihr wollt“ aufgeführt.


Filmkunst:

Kurze Texte zwischen den Szenenbildern lösen den Erklärer, der sonst vor der Leinwand stand, ab.


Erziehung:

Rosa Luxemburg wird Lehrerin. Die italienische Ärztin und Pädagogin Maria Montessori (1870 – 1952) eröffnet ihr erstes Kinderhaus. Sie erstrebt eine frühe kindliche Selbständigkeit durch Spiel und Beschäftigung.


Alltag:

Am 14. 08 wird in Potsdam der Männergesangverein „Postalia“ gegründet.

Der Tierpark Hagenbeck wird in Hamburg eröffnet.

Joseph Friedrich Schmidt erdenkt das Würfelspiel „Mensch ärgere dich nicht.“


Ausgewählte Hinweise für das Jahr 1908

Politik:

Die Konjunktur der Anfangsjahre des Jahrhunderts, die einen mäßigen Optimismus verbreitete, ist „ausgelaufen“. Die USA hat eine Überproduktionskrise, die den Weltmarkt empfindlich mit erfasst. Es herrschen Kurzarbeit mit Verdienstausfall oder Normalarbeitszeit mit Lohnkürzung (auf die Hälfte bis zu zwei Dritteln des Einkommens) oder es drohte gar die totale Arbeitslosigkeit. Trotzdem streikten bereits 1907 in Berlin die Herrenschneider, die Arbeiterinnen des Glühlampenwerkes von Siemens, die Bäckergesellen, Kaffeekellner, Bauarbeiter, Holzarbeiter und als die aktivste sozialdemokratische Gruppe: Die Droschkenkutscher.

Das Deutsche Flottengesetz wird verabschiedet. Es wurde von Admiral Alfred von Tirpitz im Auftrage des Kaisers entworfen. Der Kaiser gab den Auftakt: „Die Zukunft Deutschlands liegt auf dem Wasser“. (Woraus der Volksmund angesichts der politischen Entwicklung später machte. „Die Zukunft Deutschlands liegt im Wasser“). Vorerst wird Deutschland aber nach Großbritannien zur zweitstärksten Seemacht der Welt.

Der vormalige Landrat des Kreises Teltow in der Provinz Brandenburg, Herr Stubenrauch, wird Polizeipräsident von Berlin.


Wissenschaft:

E. Rutherford aus Groß Britannien erhält den Nobel-Preis für Chemie für seine Forschungen über die Radioaktivität.

Den Nobelpreis für Medizin erhalten I. Metschnikow aus Russland und Paul Ehrlich für die Forschungen zur Immunität.

George Ellery Hale (geb. 1868, gest. 1938) entdeckt Magnetfelder der Sonnenflecken (siehe Komet Halebob).

Die Gebrüder Ljungström entwickeln die erste Turbolokomotive.

Rudolf Marcks baut das erste sich automatisch aufblasende Rettungsfloß.

In Heidelberg wird der Unterkiefer eines „Alten Menschen“ gefunden. Das Alter wurde auf rund 500.000 Jahre geschätzt. „Sein Name“: Homo sapiens heidelbergiensis.

Telephonie: Nicht mehr alle Gesprächsverbindungen muss das Frollein vom Amt stöpseln: Der erste Fernsprech-Selbstwählautomat, ein Drehwähler für Ortsgespräche, wurde in Hildesheim in Betrieb genommen.


Technik:

Die weltweit erste Lokomotive, mit einem Dieselmotor ausgestattet, geht in Betrieb.

Berlin, 24. Juli. Die Teilnehmer der Autofahrt „Rund um die Erde“ treffen in Berlin ein. Unter ihnen wird in seiner Heimatstadt der Autolenker Oberleutnant Koeppe stürmisch begrüßt.

Auf den deutschen Markt kommt der erste funktionstüchtige Kolben – Füllfederhalter (USA-Patent seit 1884).

Eröffnet wird die Straßenbahnlinie zwischen Potsdam und Nowawes.

Frau Melitta Bentz erfindet die Filtertüte für gebrühten Kaffee.


Bauen im Raum Potsdam:

Bau des Rathauses für die Villenkolonie Neubabelsberg

Gebaut wird in modernem Zopfstil die Staatliche Handels- und Gewerbeschule für Mädchen an der Neuen Königsstraße.

Bereits ein Jahr nach der Einführung der Elektrischen in Potsdam führt nun auch eine Linie durch die Nowaweser Lindenstraße bis zum Endhaltepunkt Plantagenstraße. Eventuelle Wettfahrten mit der Eisenbahn enden also hier.


Wirtschaft:

Die MAN (Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg-AG wird gegründet.

Die Auto-Fabrikation des Amerikaners Henry Ford beginnt mit dem Typ „Tin Lizzy“ / „Blechliesel“. Es ist die erstmalige Massenproduktion von Autos am Fließband, statt der bisher rein handwerklichen Einzelfertigung. Bis 1925 wird die Fabrik 15 Mio. Fahrzeuge liefern.

Johann Schütte ist beteiligt an der Gründung der Schütte-Lanz-Gesellschaft für Luftschiffbau. Er konstruiert sein erstes Starrluftschiff. Die Zeppelin-Luftschiffbau GmbH entsteht aus „Volksspenden“. Zeppelin-Unglück bei Echterdingen.

Mit dem Aviatiker Hans Grade aus Bork beginnt der Deutsche Motorflug.

Edmund Rumpler (1872 – 1940), ein Maschinenbauer, ist Gründer und Direktor der „Rumpler-Flugzeugwerke“.

Das „Diamantenfieber“ bricht hierzulande aus, nachdem angeblich ein Bahnarbeiter in Deutsch-Südwest-Afrika im Kies einen Edelstein gefunden haben soll. Die Börse steht Kopf und jeder will von der vermeintlichen Millionentorte ein Stück abhaben. Das Spekulieren brachte jedoch keinen Gewinn – für viele aber Verarmung.


Kunst:

Die Potsdamer: Maler Heinrich Basedow, Pfarrer Röhrig und Kunsthändler Ditges gründen einen Kunstverein (1945 aufgelöst).


Kultur:

Das Märkische Museum in Berlin wird am 10. Juni der Öffentlichkeit übergeben. Ein Bau, entworfen vom Stadtbaurat Ludwig Hoffmann, errichtet in märkischer Backsteingotik. (Fritz Stahl sagt: „Hoffmanns Bauten sind Geschmacksinseln im wilden Häusermeer Berlins“. Das Museum hat alles: Den Roland am Portal, Backsteinfiligran am Giebel, auch Burgverlies und Kirchenschiff).


Theater:

Bei Max Reinhardt gibt es „König Lear“ zu sehen.


Erziehung:

Die Mädchenschulreform ermöglicht den Frauen jetzt offiziell das Recht, ein akademisches Studium aufnehmen zu dürfen.


Sport:

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft darf zu ihrem ersten Länderspiel antreten. Am 5. April um 3.00 Uhr nachmittags, bei Basel in der Schweiz auf dem Landhof. Die Schweiz siegte mit 5:3. Ein Jahr später in Karlsruhe wird Deutschland gegen die Schweiz mit 1:0 gewinnen


Alltag:

In diesem Jahr wurde am Wannsee zwischen Potsdam und Zehlendorf gelegen, das erste angelegte öffentliche Familienfreibad (ohne Geschlechtertrennung) eröffnet.

Am 26. September stürzt ein Wagen des Hochbahnzuges vom Berliner Gleisdreieck.

In diesem Jahr gibt es erstmals einen Weihnachts- / Adventskalender (mit Türen und Fenstern). Vorher wurden zwar die Tage vom 1. bis zum 24. gezählt – z.B. mit belehrenden Tagessprüchen (Traktätchen) oder auch ganz einfach mit Kreidestrichen, von denen täglich einer fortgewischt wurde – „dreimal werden wir noch wach, heißa, dann ist Weihnachtstag“.


Naturgewalten:

Am 30. Juni 1908 Absturz eines Riesenmeteors von etwa 30 – 60 Metern Durchmesser in Sibirien im Sumpfgebiet an der steinigen Tunguska nahe der Faktorei Wanawara (oder eine Atomexplosion als Folge des Unfalls eines fremden Raumfahrzeuges, so wird gemutmaßt). Eine ungeheure Explosion mit anhaltender Radioaktivität in der Umgebung. Starke Waldverwüstung in 30 km Umkreis. Es war kein senkrechtes Auftreffen, sondern ein schürfender Schrägaufprall auf die Erde. Die Druckwelle läuft deutlich spürbar zweimal um die Erde. In der Nacht wurde der Himmel auch über Europa sehr erhellt. Noch im Umkreis bis zu 1.000 km zerbarsten Fensterscheiben und zerbrach Geschirr, vornehmlich Glas.

Messina wird von einem Erdbeben heimgesucht. Etwa 86.000 menschliche Opfer sind zu beklagen.


Zeitnotizen zum Jahr 1909

Politik:

In dieser Zeit ist Herr Bülow unser Reichskanzler.

Die englische Frauenbewegung (die Suffragetten) fordern das Stimmrecht für Wahlen ein.


Wissenschaft und Technik:

Tönende Funken, dargestellt von M. Wien.

Der Physik-Nobelpreis geht an die Herren Guglielmo Marconi (Italien) und K. F. Braun (Deutschland) für die Entwicklung der drahtlosen Telegraphie.

Von Bakeland wird ein formbares Edelkunstharz (Kunststoff), das „Bakelit“ entwickelt.

Am 06. Januar fand Ernest Henry Shakleton den magnetischen Südpol.

Der Amerikaner Robert Edwin Peary gelangt mit einer Expedition am 06. April 1909 als erster zum Nordpol, nachdem 1906 sein Versuch missglückt war.

Herr Hollweg erforscht die Möglichkeit des autogenen Schweißens unter Wasser.

Paul Ehrlich und Herr Hat entwickeln das Mittel Ehrlich-Hata-606 „Salvarsan“ gegen die Infektionskrankheit Syphilis.

Herr Eichengrün erfindet den unbrennbaren Kunststoff „Zellen“, vor allem für Sicherheitsfilme. Eine ähnliche Entdeckung im gleichen Jahre führt zum Sicherheitsglas: Es war der Chemiker Edouard Bénédict, (der auch Maler, Schriftsteller und Komponist war) – ein Universalgenius), dem ein Glasbehälter zerbrach. Zwar zersprang das Glas, hielt aber die Form des Behälters zusammen. Der Behälter hatte einst flüssiges Zelluloid enthalten, dessen Verdunstungsniederschlag an der inneren Behälterwandung eine Kunststoffhaut gebildet hatte.


Flugverkehr:

Das große Wettfliegen über den Ärmelkanal findet am 25. Juli 09 von Calais nach Dover mit drei französischen Flugzeugen statt. Es starten:

Graf de Lambert mit einem Doppeldecker – hatte zu Beginn einen Maschinenschaden.

Hubert Latham. Sein Eindecker erlitt einen Motorschaden. Die Maschine stürzte ins Wasser und ging verloren aber der Pilot wurde gerettet.

Louis Blériot (1872 – 1936) ein französischer Aviatiker überfliegt die knapp 32 km des Ärmelkanals in 27,5 Minuten und gewinnt den Wettbewerb (1.000 Pfund Sterling, von der Zeitung „Daily Mail“ ausgesetzt) mit seinem selbstkonstruierten Eindecker.

H. Farman fliegt schon bald 234 Kilometer in 4 1/2 Stunden.

Die amerikanischen Brüder Wright sind wieder hier in Potsdam. Sie geben Vorführungen auf den Exercierplätzen Tempelhofer Feld in Berlin und auf dem Bornstedter Feld bei Potsdam. Die Maschine fliegt Vollkreise, steigt wohl über 160 m senkrecht empor – eine noch nie erreichte Höhe, stoppt und wendet jäh, so wie ein dünnes Insekt. Die Luftschiffe „Zeppelin“ und „Parseval“, die in der Nähe kreisen, nehmen sich dagegen aus, wie riesenhafte Hornissen.Auch die Prinzen Sigismund und Karl fliegen.

Latham (aus Frankreich) hatte ein Behördenpech bei seinem ersten Überlandflug auf deutschem Gebiet. Er flog die etwa 10 km vom Exercierplatz „Tempelhofer Feld“ (hier lehrte Turnvater Jahn schon vor Zeiten seine Leibesübungen) nach Johannisthal (hier wird der neue Landeplatz in dem dafür niedergelegten Forst eingeweiht). Für seine fliegerische Leistung erhielt er von dem Berliner Polizisten eine Ordnungsstrafe „wegen groben Unfugs des sich Bewegens in der Luft“ und das im Geiste der 1. Internationalen Luftfahrtausstellung.

Alfred Frey unternimmt im Mai einen Rundflug über Berlin. Sein Aeroplan schoss mit einer Geschwindigkeit von 70 km in der Stunde dahin.

Von diesem Jahr an wird die „Rumpler-Taube“ in Serie hergestellt, ausgestattet mit einem Aeolus-Motor, 8 Zylinder, 35 PS.

Hans Grade aus Bork in der Mark konstruiert das Fluggerät „Libelle“. Es wird für die Postbeförderung eingesetzt, kann statt der alten Säcke auch einen Passagier befördern. Im Herbst gewinnt Hans Grade den Lanz-Preis der Lüfte in Höhe von 40.000 Mark für das Fliegen einer liegenden Acht als vorgegebene Aufgabe. Die Libelle aus Bork wurde in viele Länder aller Erdteile exportiert. Später baut Hans Grade auch Kleinautos, deren Karosse mit einem Flugzeugrumpf durchaus verwandtschaftliche Beziehungen zeigte.

Umjubelt wird in dieser Zeit auch Graf Zeppelin, der aber leider schon 1906 den Spitzenleuten des Kaiserreiches seine Luftschiffe als mögliche Bombenträger empfohlen hatte, (um deren Weiterentwicklung und Bau „durch Finanzspritzen“ zu erleichtern. Am 01. Juni will Graf Zeppelin, der württembergische Offizier, mit seinem 6. Luftschiff (fünf gingen bisher verloren) nach Berlin, auf das Tempelhofer Feld kommen. Dazu reist der Kaiserhof aus Potsdam an. Menschenmassen bevölkern das Feld – aber „der Zepp.“ kommt nicht. Am 29. August ist es dann tatsächlich soweit und das Luftschiff schwebt über Tegel herein.


Bauten in Berlin:

Der Architekt Peter Behrens (Lehrer von Walter Gropius und Le Corbusier) baut in Berlin herrlich helle, großräumige Fabriken mit klarer Formensprache, wie zum Beispiel die Turbinenfabrik für die AEG in Moabit in der Huttenstraße. Viel Stahl, viel Glas, sparsam Beton.


Bauten in Nowawes:

Eröffnung des Ersten Kinos am Ort in der Auguststraße.


Wirtschaft:

Krupp entwickelt ein 42 cm Geschütz. Die Herren Maybach und Graf Zeppelin gründen die „Maybach Motorenbau GmbH“.

Der Schiff-Eisenbahn-Verkehr (Trajekt, Eisenbahnfähre) zwischen Sassnitz und Trelleborg wird aufgenommen.


Kunst:

Der Maler und Zeichner Hugo Höppener, „Fidus“ baut sich in Schönblick bei Woltersdorf „das Fidus-Haus“. Er ist Vegetarier, reformgekleidet, Anhänger der Freikörperkultur, empfindet sich selber „als Keimzelle für ein neues Leben“. Seine Werke zeigen häufig „licht- und naturtrunkene“ Jungfrauen und Jünglinge. Fidus ist „Germane“, sowohl in der Wahl des Stoffes, als auch in dessen Gestaltung. Er fühlt sich als Künder, Diener, Priester und Kämpfer für eine ferne Idealkultur. Er sieht aus, wie ein nach eigenem Entwurf gestalteter Faun. Ging es feierlich zu, so war er der Feierlichste, war das Umfeld und die Situation frech-fröhlich, so riss er die deftigsten Kalauer.


Theater:

Bei Max Reinhardt in Berlin stehen „Hamlet“ und „Faust“ auf dem Spielplan.


Kultur in Potsdam:

Am 20. April wird der Potsdamer Museumsverein gegründet.


Sport:

In diesem Jahr findet erstmals ein Sechstage-Fahrradrennen in Berlin (in der Halle) statt. Hohe sportliche Leistungen und ein großes Volksfest.


Mode:

Üblich ist es für Damen, sich auf 48 cm Taillenumfang schnüren zu lassen. Wenn es geht.


Alltag:

Erlassen wird erstmals ein Gesetz über den Kraftfahrzeugverkehr in Deutschland. (Späteres Straßenverkehrsgesetz pp.).

Haarmode. Die Dauerwelle, das Damenhaar mit heißen Brennscheren geformt, wird in London erfolgreich versucht.

Im Schwarzwald installierte man den ersten Skilift Deutschlands.

Im August wird das Deutsche Jugendherbergswerk gegründet. Dessen Leitgedanke lautet: „Begegnung – Gemeinschaft – Toleranz“. Die erste Jugendherberge wird in Westfalen auf der Burg Altena eröffnet.

In Berlin entstehen Vereine für Freikörperkultur, die sich für „Licht- und Luftbäder“ einsetzen.



Aus der Zeitgeschichte des Jahres 1910

Politik:

Die innenpolitische Lage und auch die außenpolitische Atmosphäre wird immer gewittriger, gekennzeichnet durch verstärkte Ausbeutung der arbeitenden Menschen. Ausschreitungen der Staats- und Polizeigewalt müssen häufiger beobachtet werden.

Die SPD tritt für das Abschaffen der Ungerechtigkeiten zwischen der Anzahl der Wählerstimmen im Gegensatz zur Anzahl der Abgeordnetenstimmen ein. Sie richtet sich gegen das bisherige Dreiklassenwahlrecht. Der „Wahlrechtsspaziergang“ in der Berliner Siegesallee wird von der Polizei blutig beendet.

Der Staat hat seit der Jahrhundertwende jährliche Einnahmezuwächse durch die Höhe der Einfuhrzölle. Für die Bevölkerung sind im gleichen Zeitraum jedoch die Preise gestiegen

- bei Schweinefleisch um 32%, bei Schmalz um 40%, bei Rindfleisch um 72%. Immer länger werden die Menschenschlangen vor den Freibankfleisch-Verkaufsstellen.

Der Kaiser von China schafft die Sklaverei ab. Der Ankauf und Verkauf von Menschen in China wird am 10. März 1910 in China verboten. Mischehen zwischen Chinesen und Ausländern werden zugelassen. Der 13. Dalai Lama flieht vor den Chinesen aus Tibet nach Indien.

Zar Nikolaus II. hält sich in Potsdam auf. Hier wird die Vereinbarung zur Freiheit von feindlichen Bündnissen beschlossen (siehe aber Sarajewo 1914, als einen der Auslöser zum 1. Weltkrieg).


Wissenschaft:

Der Halleysche Komet ist auch über dem Nachthimmel von Deutschland mit unbewaffnetem Auge zu erkennen. Die nächste Wiederkehr wurde für das Jahr 1986 berechnet.

Herr Lieben entwickelt den Lautverstärker. Jetzt braucht man die Nachrichten, vom Kristalldetektor eingefangen, nicht mehr einzeln über Kopfhörer hören (oder zum Verstärken in eine große Blechschüssel legen), sondern vermittels eines so genannten „Lautsprechers“ kommen mehrere Menschen in den Hörgenuss. Aber auch noch später werden sich andere Menschen mit dieser Entwicklung befassen.


Technik:

In diesem Jahr findet die Weltausstellung in Brüssel statt.

Der Aviatiker Hans Grade aus Borkwalde fliegt mit seiner Eigenbaumaschine weiterhin erfolgreich. Claude erfindet das Neon-Glimmlicht.


Wirtschaft und Verkehr:

Die Weltausstellung findet in diesem Jahr in Brüssel statt. Wirtschaftliche Schwierigkeiten gibt es wegen des Ungleichgewichtes auf dem Weltmarkt, für den Zugang zu Rohstoffquellen. Stimmen werden lauter, die eine verbessernde Regulierung „mit dem Schwert“ wünschen.

Bis zu diesem Jahr durfte die Geschwindigkeit von Automobilen innerorts nicht die eines trabenden Pferdes überschreiten. Da „das Publikum“ aber an einer schnelleren Abwicklung der Fahrten interessiert und mit den Gefahren des Verkehrs vertraut scheint, wird (in Berlin) die zugelassene Höchstgeschwindigkeit auf 25 km/h heraufgesetzt. (Exakt gemessen werden kann sie jedoch zur Kontrolle noch von niemandem).

Der Peruanische Aviatiker Geo Chavez überfliegt mit seinem Blériot-Eindecker von Deutschland aus die Alpen, über das Simplon-Massiv und will in Italien landen. Beim Landeanflug stürzt er jedoch ab und kann nur noch tot geborgen werden. H. Farman flog kürzlich 463 km in 81/4 Stunden.


Berliner Bauten:

Im November wird in der Potsdamer Straße der „Sportpalast“ eröffnet. Er besitzt Plätze für 12.000 Zuschauer und ist damit der größte Eispalast des Kontinents. Jedermann kennt zu dieser Zeit den „Sportpalastwalzer“.


Bildung und Erziehung:

10. Oktober – 100ster Tag der Wiederkehr der Gründung der Berliner Universität. Als Hauptredner sprach der Historiker Schäfer. Als Ehrengast redete (leider wie ein Feldwebel auf dem Kasernenhof) der Kaiser. Er wirkte in der festlichen universitären Atmosphäre wie ein primitiver Eindringling.


Literatur:

Ganghofer schreibt das autobiographische Werk „Lebenslauf eines Optimisten“. Bruno Hans Bürgel schreibt „Aus fernen Welten“, ein Buch der volkstümlichen Astronomie.


Kunst:

Käthe Kruse stellt im „Warenhaus Tietz“ am Berliner Dönhoffplatz ihre ersten Puppen aus. Wie eine Revolution – schnell gibt es einen großen Interessentenkreis für diese neuen, ganz „natürlichen“ Puppenkinder.

Der Feinmechaniker und Filmpionier (später Filmunternehmer) Oskar Meßter dreht die ersten deutschen Spielfilme. Es handelt sich natürlich um „stumme Filme“ mit dem Erklärer der Handlung vor der Leinwand, ausgerüstet mit einem Zeigestock, dessen Worte von einem Kinopianisten musikalisch untermalt werden.


Kultur in Potsdam:

Das Potsdamer Stadtmuseum öffnet in der Brauerstraße 8 seine Türen. (Schließung während des Krieges und Wiederöffnung 1920).


Mode:

Nach den Jahrzehnten üppiger weiblicher Formen ist jetzt die schlanke, geradezu knabenhafte Linie mit flacher Vorderpartie im Kommen. Als neue Idealmaße gelten für die Dame: Oberweite 44 cm, Beckenumfang maximal 110 cm.

Der Büstenumfang kann in Grenzen mit dem Schnürkorsett reguliert werden. Die übliche Größenkennzeichnungen: Blaustern (Backfisch): 40 cm Büstenweite, Gelbstern: 44 cm (Ideal), Weißstern, für die leicht füllige Matrone 46 cm, Grünstern (üppig) 48 cm, Rotstern: (behäbig) 50 cm.

Der Rock wird bodenlang oder gar schleppend geschnitten. Die Kleider sind sehr eng, gerade so fußfrei gehalten, sehr enge Wickelkleider sind modern und so genannte „Humpelröcke“, die ein Ausschreiten unmöglich machen. Treppensteigen ist nicht vorgesehen.



Was gab es 1911 Bemerkenswertes?

Politik:

Am 31. Januar stirbt Paul Singer in Berlin, einer der populären sozialdemokratischen Politiker. Fast 1 Million Berliner geben am 6. Februar seinem Sarg das Geleit.

Am 19. März wird zum ersten Mal der Internationale Frauentag begangen, den Clara Zetkin den europäischen sozialistischen Frauenorganisationen vorgeschlagen hatte (später wird dieser Festtag am 8. März begangen). Die zentrale Losung ist der Kampf um die volle politische und soziale Gleichberechtigung der Frau.

Der Zweckverband „Groß-Berlin“ wird gegründet, ein Verbund von Berlin mit den umliegenden Städten und Gemeinden aber ohne gesetzlich fixierte Kompetenzen.

Erstmals werden bei einem deutschen militärischen Manöver auch Flugzeuge eingesetzt.

Bürgerkrieg in Mexiko.

Kolonialbestrebungen: Am 11. Juli erscheint das deutsche Kanonenboot „Panther“ „vorsorglich“ vor der Küste vor der nordafrikanischen Küste bei Agadir. Später folgen die Schiffe „Eber“ und „Berlin“. Agadir bildet den Zugang zum erzreichsten Teil und landwirtschaftlich bestem Gebiet von Marokko, das es zu „schützen“ und auszubeuten gilt. Aber auch der bereits französische Kongo wird als eine willkommene deutsche Kolonie angepeilt.

Krönung in Delhi. Kaiser von Indien wird König Edward von England.

China: Sun Yat Sen, der „Vater der chinesischen Revolution“ wird erster Präsident der chinesischen Republik. Die Kuomintang hat gesiegt. General Tschiang-Kai-Schek wird militärischer Berater.

09. Nov. 1911: August Bebel, Vorsitzender der SPD, hält seine letzte Rede vor dem Reichstag. Er sieht das Ende der gegenwärtigen Staats- und Gesellschaftsordnung. Er sieht einen Krieg und die Zeit danach, sieht Revolution, Massenbankrott, Arbeitslosigkeit und Massenelend. „Zieht eure Lehren – ihr seid gewarnt“, ruft er den Abgeordneten zu.


Wissenschaft:

Die Herren Goldschmidt und Arco von Laue entwickeln den Hochfrequenzdynamo.

Oskar Picht aus Pasewalk entwickelte die Stenographie-Schreibmaschine. Im Jahre 1899 hatte er bereits das System der Blindenschrift von Louis Braille (6 Punkte in 63 Kombinationsmöglichkeiten in Schreibmaschinentypen umgesetzt. Mehrere Jahre war er vorher Blindenlehrer in (Berlin) Steglitz.

Funk und Terucchi finden das Vitamin B gegen die Mangelerkrankung Beriberi.


Wissenschaft / Entdeckungen:

Südamerika: Die kleine Inkastadt Machu Piccu in den Anden wurde von dem Amerikaner Hiram Bingham für die Archäologie wieder entdeckt. Sie liegt auf einem Felsplateau über schwindelerregenden Abgründen und wird von dem Berg Huayona Piccu überragt. Die Stadt kann (wegen des toten Winkels) nicht vom Tal aus gesehen werden. Alle Häuser, das sind Reihenhäuser auf Terrassen unterschiedlicher Höhe, sind aus Granit ohne das Verwenden eines Bindemittels gemauert und sehr gut erhalten – nur die Dächer fehlen. Wahrscheinlich wurde die Stadt im 15. Jahrhundert im Zuge der einsetzenden spanischen Eroberungszüge verlassen.


Am 14. Dezember 1911 erreicht der Norweger Roald Amundsen mit vier Begleitern als erster Mensch den Südpol der Erde. Er ist am 28. Oktober von der Walbucht aus mit 52 Schlittenhunden aufgebrochen und legte 1.100 Kilometer zurück. Sein Wettbewerbsrivale, der Brite Robert Falcon Scott (1868 – 1912) beginnt seine Expedition vier Tage früher, er kommt aber erst am 17. Januar 1912 an den Südpol. Scott lässt seine Schlitten von Ponys ziehen, die aber die Anforderungen nicht aushielten. So ziehen die Männer Schlitten mit dem Nötigsten selber. Er hinterlässt am Pol enttäuscht die Botschaft, dass er in der Weltgeschichte „nur“ Zweiter wurde. Auf dem Rückweg erfroren Scott und seine Begleiter bei tobendem Schneesturm vor Erschöpfung in ihrem Zelt, nur 18 km von ihrem rettenden größeren Depot entfernt. Roald Amundsen wird bei der Rettungsaktion für den italienischen Luftschiff-Führer General Nobile 1928 sterben – d.h. offiziell bleibt er vermisst. Er wurde nie gefunden.


Technik:

Kamerlingh Onnes entdeckt das Verschwinden des elektrischen Widerstandes bei tiefen Temperaturen. Die Bedingungen für die Supraleitung sind damit gefunden.

Pulfrich konstruiert den Stereoautographen zur Geländevermessung bei Nutzung eines photographischen Raumbildes.

Rutherford entwickelt Vorstellungen zu einem Atommodell mit kleinem massenreichen Kern und einer Elektronenhülle.

Im Bau sind die Schwesternschiffe „Olympic“ und „Titanic“, britische Turbinen-Ozeandampfer mit 60.000 t Wasserverdrängung. Sie werden zur White-Star-Line gehören.

Zu den Veranstaltungen „Deutscher Rundflug“ in Berlin Johannisthal kommen durchaus 400.000 Schaulustige. Die Züge sind überfüllt. Zum Teil liegen die Leute unter den Bänken und in den Gepäcknetzen der Bahnen. Die Kapelle fuhr einmal sogar auf der Lokomotive mit. Der Aviatiker Fokker wagte mit seinem Renn-Eindecker sogar Aufstiege mit Passagieren – bis zu etwa 300 m Höhe, stürzte aber beim letzten Landeanflug aus etwa 10 m ab, weil ein Flügel brach. Auch die Aviatiker Marchal, Alig und Rupp hatten Unfälle. Hellmuth Hirth, Chefpilot der Rumpler-Werke (Edmund Rumpler) schafft mit der „Taube“ 2.475 Höhenmeter. Sein Schnurrbart war hart gefroren, Seine Kleidung mit Reif überdeckt. „Es ging gut mit diesem Aeroplan“, bestehend aus ein bisschen Holz, ein bisschen Draht, ein paar Quadratmetern lackierter Leinwand … von einem schweren Motor emporgezogen.

Hirth und Garros absolvierten den Fernflug München – Berlin in einer Rekordhöhe von 3.900 Metern. Auch der Bornstedter Pfarrersohn Werner Alfred Pietschker gewinnt als Ingenieur, Konstrukteur und Luftpionier in diesem Jahr einen Flugwettbewerb in Berlin-Johannisthal, stürzt dort aber am 15. November, erst 24jährigab und erleidet tödliche Verletzungen. Seine Mutter lässt zu seinem Gedenken in der Potsdamer Kaiser-Wilhelm-Straße eine Badeanstalt errichten. Das Werner-Alfred-Bad.

Schütte und Lanz bauen ein stromlinienförmiges Luftschiff. (Johann Schütte und Karl Lanz, beide 1873 geboren).

Im gleichen Zeitraum entsteht bei Potsdam am Templiner See / in der Pirschheide der Luftschiffhafen und die Luftschiffwerft für Zeppelin-Luftschiffe.


Die Berliner Sternwarte zieht wohl bald (1913) von Berlin in das Gebiet zwischen Nowawes und Klein Glienicke. Hier ist es für die Himmelsbeobachtungen noch dunkler.


Wirtschaft:

In verschiedenen Betrieben kommt es wegen der Teuerungen und des Ausschlusses von Lohnzulagen zu Streiks. So erscheinen vom 16.-18. Juni auch keine der sonst zahlreichen Zeitungen des Scherl - Verlages, Blätter mit über 1 Million Lesern bzw. es erscheinen nur Kurzausgaben.

Namhafte Betriebe werden „aufgefressen“ – die Konzerne werden größer und ihrer gibt es immer weniger. Der Siemenskonzern schluckt Unternehmen wie Sigmund Bergmann, Halske, Schuckert. Die AEG kauft Betriebe des Lahmeyer-Konzerns.


Bauten:

Der Stadtbaurat und Architekt Ludwig Hoffmann übergibt am 29. Oktober das neue Berliner Stadthaus am Molkenmarkt.

Unweit des Bahnhofs Friedrichstraße wird der Admiralspalast eröffnet.

Der Elbtunnel in Hamburg wird fertig. 450 m lang, seine Sohle 21 m unter dem Wasserspiegel der Elbe.


Bauten in Potsdam und Umgebung:

Bei dem sommerlichen extremen Niedrigwasser der Havel wurde die Uferbefestigung an der Heiligengeistkirche erneuert. Dabei wurde die Lage des slawischen Burgringwalls (Potztupimi) gefunden, die in der Schenkungsurkunde über den Ort (Otto III.) aus dem Jahre 993 erwähnt ist.

Auf der Insel Hermannswerder bei Potsdam entsteht durch die Hoffbauer-Stiftung ein Krankenhaus und eine Kirche, von A. u. F. Bolle entworfen.

In Nowawes wird in Parknähe die Sternwarte gebaut, die 1913 fertig gestellt sein wird. Dann zieht auch die Maschinentechnik der Berliner Sternwarte hierher.

Das Realgymnasium „Althoffschule“ an der Yorckstraße wird eröffnet.

In diesen Jahren wird für die Bahnverbindung Potsdam – Berlin in der Nowaweser Lindenstraße ein Damm aufgeschüttet, der die Lindenstraße und Retzowstraße erneut schmaler werden lässt. In diesem Zuge bekommen wir in Nowawes auch einen Hoch-Bahnhof, der bis 1914 fertig wird.


Literatur:

Gerhart Hauptmann schreibt „Die Ratten“. F. Dahn veröffentlicht „Die Könige der Germanen“, ein 20bändiges Werk, das er 1861 zu bearbeiten begann.


Musik:

Ur-aufgeführt wird die neoromantische Oper „Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss. Wilhelm Furtwängler beginnt seine Dirigentenlaufbahn an der Lübecker Oper.


Theater:

Am Freitag, den 12. Mai 1911 gibt es im Königlichen Schauspielhaus in Potsdam, Am Kanal zum 24. Mal den „Rigoletto“. In Max Reinhardts Kammerspielen in Berlin wird die Komödie „Die Hose“ aufgeführt.


Filmkunst:

Die Deutsche Bioskop-Gesellschaft zieht nach Nowawes.

Die schwedische Schauspielerin Asta Nielsen wird zum „Ersten Kassenmagneten“ der Stummfilmzeit. Die von der „Union“ herausgebrachten Filme hatten eine Länge von 1.500 – 1.600 m In jedem Monat entstand ein neuer Film dessen Uraufführung stets in Berlin stattfand.


Soziales / Bildung und Erziehung:

In Leipzig eröffnet Henriette Goldschmidt eine Frauenhochschule. Die Staatliche Prüfung für Kindergärtnerinnen wird eingeführt.


Sport:

Die erste deutsche Frau erlangt ein Flugzeugpilotenzeugnis: Die Bildhauerin „Melli“, Amélie Beese ist die erste deutsche Pilotin (Deutscher Pilotenschein Nr. 115).

Werner Alfred Pietschker: Geboren am 14. Januar, Pfarrerssohn aus Bornstedt bei Potsdam, Flugpionier, tödlicher Absturz in Johannisthal bei Berlin am 15. November. Ihm zum Gedenken stiftete die Mutter später in Potsdam das Werner-Alfred-Bad. Bruder Arnold P. geb. 02. Juni 1894, gefallen in Frankreich am 06. Sept. 1914. Deren Vater: Dr. Carl P. Pfarrer in Bornstedt, geb. 05. Juni 1846, gest. 04. Juni 1906. Seine Ehefrau Käthe P. geb. v. Siemens, geb. 23. Sept. 1865, gest. 16. Juni 1949.


Mode:

Der so genannte Hosenrock für die Dame wird vorgestellt. Er findet jedoch bei der Bevölkerung noch wenig Anklang. Die Hüte erhalten weit ausladende kreisrunde Krempen (wagenradgroß über die Schultern reichend), mit Federschmuck „garniert“. Sollte Frau mit der Elektrischen fahren wollen, neigte man den Kopf im Türrahmen kurz zur Seite, so dass der Hut fast senkrecht stand. So passte er unbeschadet durch die Tür.


Alltag:

Die Reichsversicherungsordnung, ein umfängliches Werk mit 1805 Paragraphen, tritt in Kraft und wird im Wesentlichen rund 75 Jahre Bestand haben.


Naturerscheinungen:

Ein sehr heißer Sommer in Mitteleuropa.



Ausgewählte Informationen zum Jahre 1912

Politik:

Im Januar gründen nationale Draufgänger den Deutschen Wehrverein. Sie betreiben chauvinistische Propaganda, Kriegshetze, verlangen Aufrüstung und darüber hinaus einen Rüstungsvorsprung der es ermöglicht, „zu einer kraftvollen Initiative überzugehen“. Die Produktion eines Maschinengewehrs nach amerikanischen Lizenzen wird vorbereitet, das die Bezeichnung MG 08/15 tragen wird. Die deutsche Flotte wird auf Befehl des Kaisers um mehrere Schlachtschiffe verstärkt und das Heer erweitert.

Der Kaiser lässt von Siemens ein Riesenluftschiff für militärische Zwecke bauen, für das in Berlin-Biesdorf eine drehbare Halle errichtet wird.

Der Staat ruft die Bürger zum „Kornblumentag für die nationale Reichsflugspende“ auf. Damit soll die Produktion von Kampfflugzeugen und die Ausbildung von Kampffliegern finanziell gestützt werden.

Der Traum einer Stadt „Groß-Berlin“ wird am 01. April Wirklichkeit. Es ist trotz dieses Datums kein Scherz. 29 Gemeinden setzen an diesem Tag das Wort „Berlin“ vor ihren Ortsnamen.

Reichtagswahl. Für den „Kaiser-Wahlkreis“ Potsdam-Spandau-Osthavelland, kandidiert für die SPD der Reichstagsabgeordnete, Rechtsanwalt Dr. Karl Liebknecht. Die deutsche Sozialdemokratie wird stärkste Fraktion im Reichstag.

Erste Kontakte zwischen Lenin und Stalin.

Thomas Woodrow Wilson wird am 05. November 1912 zum 28. Präsident der USA gewählt. Er betreibt liberale Reformen und fördert die Mittelschicht.

Im Januar tritt New Mexico, das Land of Enchantment, als der 47. Bundesstaat den USA bei. Am 14. Februar tritt Arizona, der Grand Canyon State, als 48. Bundesstaat bei.

Zwangsvölkerwanderung: In den Jahren 1912 und 1913 werden 200.000 Türken aus den Balkanstaaten gegen 200.000 Griechen und Bulgaren aus der Türkei „ausgewechselt“, um eine „ethnische Säuberung“ zu erzielen.

Walter Rathenau stellt für die Entwicklung Deutschlands fest: „Die vergangenen 100 Jahre bedeuteten die Aufteilung der Welt. Wehe uns, dass wir so gut wie nichts genommen und bekommen haben (Kolonien). Wir brauchen Land dieser Erde – bis wir annähernd so wie unsere Nachbarn gesättigt sind.“

Das Kaiserreich China bricht zusammen.


Wissenschaft:

In Berlin-Dahlem werden von der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft verschiedene Institute gegründet, so: Das Institut für Elektrochemie – Fritz Haber, Institut für Chemie – Beckmann und Willstätter sowie Otto Hahn und Lise Meitner, Serologie – v. Wassermann, Experimentalbiologie, Physikalisches Institut – Albert Einstein.

William Küster und Hans Fischer finden die Strukturformel des roten Blutfarbstoffes.

Archäologie: Ludwig Borchardt gräbt in Amarna (Ägypten) die farbige Kalksteinbüste der Nofretete, der Gattin Echnatons aus. Sie ist etwa 3.300 Jahre alt.

Siemens entwickelt einen Schnelltelegraphen für 1.000 Zeichen/min.

In Dresden wird das Deutsche Hygiene-Museum gegründet.


Technik:

Berlin. Großartige Leistungen beim Bau der Untergrund-Bahn. Die Bahnstrecke unter der Spree hindurch. Häuser müssen aufgetrennt und Gleise hindurch geführt werden. Ein Hotelpalast muss bei seinem vollen Betrieb untergraben werden. Die 100jährige Linde am Leipziger Platz war umzusetzen. Am Spittelmarkt, Ecke Wallstraße, kreuzt der Tunnel einen mittelalterlichen Pestfriedhof. Grundwasser war abzusenken.

Eine traurige Nachricht vom Luftsport: Bisher sind in der Geschichte des neuzeitlichen Flugwesens 3 Aviatikerinnen und 155 männliche Flugpioniere beim Fliegen tödlich verunglückt.


Maschinenbau:

Die Preußisch-Hessische Eisenbahn nimmt am 11. Sept. 1912 die weltweit erste Diesellokomotive in Betrieb Die von der Fa. Borsig in Berlin gebaute Maschine hat einen Vierzylinder-Motor mit einer Leistung von 1.000 PS.


Wirtschaft:

Kaplan entwickelt Propeller Turbinen mit regelbaren Leit- und Laufschaufeln.

Forschungen bei Krupp führen zu nicht rostendem Stahl.

Die Woolworth-Gesellschaft wird in New York gegründet.

Am 19. Mai 1912 findet der erste offizielle Postflug zwischen Mannheim und Heidelberg statt.

Erste deutsche große Luftpostroute Frankfurt (M.) – Worms eingerichtet.

Hans Grade betreibt zwischen dem märkischen Heidedorf Bork und dem 10 km entfernten Städtchen Brück eine kleine Postfluglinie. Der Bedarf füllt tatsächlich keine großen Postsäcke. So kann er auch alternativ eine Person (hinter sich) mitnehmen.

Erste hochseetüchtige Motorschiffe werden gebaut.

„Der Berliner Bankkrach“: Viele Bauherren hatten Aufträge ausgelöst, ohne aber die Leistung zu zahlen oder diese bezahlen zu können. So konnten auch die Baubetriebe / Handwerker in der Folge weder Material einkaufen, noch Löhne zahlen. Viele Betriebe gehen bankrott. Die Arbeitslosigkeit breitet sich mehr und mehr aus.


Berliner Bauten:

In Berlin wird das erste deutsche Krematorium eingerichtet.

Am Ku’damm (Kurfürstendamm) entsteht das Hotel Eden. Das beste Hotel aber wird das Adlon am Pariser Platz, unmittelbar am Brandenburger Tor werden, für dessen Baustelle das Schinkelsche „Palais Redern“ weichen muss.

Schmitz baut für den Aschinger-Konzern die Großgaststätte „Rheingold“ für 4.000 Gäste.


Bauen in Potsdam und Umgebung:

In den Jahren 1911 – 1914 wird der Eisenbahngleiskörper von Potsdam nach Berlin von der bisherigen Ebenerdigkeit auf einen hohen Damm verlegt, die Bahnhöfe angepasst (Neubau von Hochbahnhöfen) und erforderliche Brücken gebaut.

Literatur:

Der Nobelpreis geht an Gerhard Hauptmann.

Hofmannsthal schreibt den Operntext „Ariadne auf Naxos“ zur Musik von Richard Strauss.

Shaw schreibt „Pygmalion, eine englische Komödie und K. Tucholsky „Rheinsberg – ein Bilderbuch für Verliebte“. Von Sternheim schreibt das Drama „Bürger Schippel“.


Theater:

Bei Max Reinhardt gibt es „Viel Lärm um nichts“ zu sehen.


Filmkunst:

Unter vielen neuen Filmen ist auch „Jugend und Tollheit“ zu sehen.


Sport:

Olympiade in Stockholm. Zu den Sportarten gehören: Tauziehen bei den Männern und das Seilklettern der Damen.

Erster Fallschirmsprung vom Flugzeug.


Erziehung:

Einrichtung von Lyzeen in Preußen als „höhere Mädchenschulen.“


Kunst / Malerei:

Louis Corinth malt „Florian Geyer”.

Alltag / Mode:

In China verschwindet der Zopf als männliche Haartracht.

Eine Katastrophe: Der größte, völlig neue Passagierdampfer „Titanic“ sinkt nach dem Zusammenstoß mit einem Eisberg in der Nacht vom 14. zum 15. April im Nordatlantik.

Das Strandbad Müggelsee bei oder nun richtiger: in Berlin, eröffnet am 26. Mai 1912. Bereits im Eröffnungsjahr wird es 177.365 Besucher geben.

2. September: Herbstparade am Sedantag (Feier des Sieges über Frankreich vor 42 Jahren). Vorführungen der Luftflottille über dem Tempelhofer Feld zur Kaiserparade mit 6 Eindeckern, 6 Doppeldeckern und 2 Luftschiffen. Viel Militär, Fahnen über Fahnen.

Man kann mit dem Luftschiff „Schwaben“ von Zeppelin für die unglaublich „große Stange Geldes“ von 200 Reichsmark zweistündige Rundflüge über Berlin unternehmen. Mit dem Luftschiff von August v. Parseval (das auch für das Militär entwickelt wurde), ist es bereits für 100,-- Reichsmark möglich.

Leider gehen immer wieder Luftschiffe einschließlich der Passagiere verloren. Schuld daran ist die brandempfindliche Wasserstoff-Füllung. Oft setzt ein Katastrophentourismus zum Unglücksort ein, einschließlich einem dortigen Picknick und „Andenkensammlung“ von Bruchstücken zu deren Verkauf.


Naturgewalten:

In Alaska ist ein extrem starker Ausbruch des Katmai-Vulkans zu verzeichnen. Zum Glück der Menschen ist das Gebiet fast unbesiedelt. In dem dort aufgebrochenen Gebiet hätte die Grundfläche der Stadt Berlin bequem Platz gefunden.



Das Jahr 1913

Politik:

Die 200. Wiederkehr der Geburt von König Friedrich II. wird mit militärischem Pomp begangen. Es rasselte und klirrte selbst in den Festreden sehr stark – zur „Verteidigung vor den verderblichen Anschlägen der Nachbarn“, die aber einen Anlass zur Neuaufteilung der Welt befördern könnten. Im Frühjahr wird Bethmann-Hollweg Reichskanzler: „Es ist unzweifelhaft, dass wir mit der Heeresvorlage (Etaterhöhung zur Aufrüstung) die Spannung in der Welt nicht mildern, sondern verschärfen“, sagt er.

Kanzler und Ministerpräsident Bethmann-Hollweg möchte zurücktreten, “da die Politik ja nun derart ist, dass sie eigentlich keiner mitmachen kann“.

Am 13. August stirbt August Bebel in der Schweiz. „Jedes Wort, das er je gesprochen hat, ist uns (der Arbeiterschaft) recht gewesen“. Friedrich Ebert wird Vorsitzender der SPD.

Im Mai findet der letzte Besuch der Zarenfamilie, der Romanows, bei Deutschen Kaiser statt

Kaiser Wilhelm II bereitet einen Krieg gegen Russland vor. Wir wissen, dass seine „angeschwägerten“ Verwandten (Nikolaus II.) dort die Regierungsgewalt ausüben.


25jähriges Kaiserjubiläum (Regierungszeit seit 1888). Kaiser Wilhelm II. wünscht sich eine „Neuaufteilung der Welt“.

Fast ein Dutzend mal hält sich Lenin zwischen 1900 und 1914 in Berlin auf, trifft sich hier mit Maxim Gorki, Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, den Zetkins, August Bebel, Kautsky, Adoratzki und anderen.

Bürgerkrieg in Mexiko.


Wissenschaft:

Die Herren Einstein und Großmann begründen die Relativitätstheorie. Albert Einstein wird Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik.

Herr A. Meißner stellt den Kathodenröhrensender (für Radiosendungen) vor.

Niels Bohr stellt die neueste Gestalt der Atomtheorie vor.

Vater und Sohn Bragg schreiben über die Kristallstruktur der Mineralien.

Alexander Behm erfindet das Echolot.

Der Ingenieur Christoph Wirth entwickelt die drahtlose Fernzündung und die Funksteuerung für jedwede ferngelenkte Apparate. Die Zeit war reif für viele Entwicklungen auch auf dem Gebiet der Elektrotechnik. Ferdinand Schneider in Fulda hat ebenfalls ein Gerät zur Fernzündung von Minen erfunden. Darüber hinaus knapp 200 Patente technischer Neuerungen. Natürlich hatte auch er oft mit technischen Schwierigkeiten in der Frühzeit der Entwicklungen zu kämpfen, auch seine Not mit dem Finden unterstützender Geldgeber und Patentstreitigkeiten mit „Parallelerfindern“, so dass ihm der große Durchbruch umfassender Anwendung zumeist ausblieb.

Hans Bredow gelingt die verbesserte Musikverstärkung und -übertragung mit Lautsprechern.


Medizin:

Der Arzt und Organist Dr. Albert Schweitzer (1875–1965) arbeitet als evangelischer Missionsarzt (bis zu seinem Tode) im Urwalddorf Lambarene am Ogowe in Französisch-Kongo (ab 01. August 1960 wieder frei und Gabun genannt. Präsident ist dann Leon Mba).

Herr Prowazeck entdeckt den Fleckfiebererreger (Rickettsia prowazecki).


Technik:

Sikorski baut das erste brauchbare Riesenflugzeug mit 28 m Spannweite und 4 Stück 100 PS-Umlauf-Motoren. Am 25. Oktober führt der Franzose Pégond in Johannisthal mit einer Maschine von Blériot waghalsige Loopings, also senkrecht ausgeführte Schleifen vor. Ebenso den Salto mortale, Kurvenflüge mit 90° Steillage, Sturzflüge, Rückenflüge. In weiten Kreisen schraubt er sich bis 1.200 m Höhe empor. Er schlägt „ein neues Kapitel“ in der Geschichte der Flugkunst auf. Als die Maschine wieder auf dem Boden aufsetzt wird Pégond vom Publikum mit frenetischem Jubel empfangen.

Alfred Wegener und J. P. Koch durchqueren Grönland, das sich Ihnen aber gar nicht grün darstellt.

Junkers konstruiert den Zweitakt-Doppelkolben-Dieselmotor.

Herr Geiger stellt ein Zählgerät für energiereiche Strahlungen vor (Geiger-Zählrohr).

Fritz Haber und Karl Bosch bringen die Hochdruck-Ammoniak-Synthese zur Anwendungsreife.

Berlin: Der Untergrundbahnhof „Alexanderplatz“ wird eröffnet.

Auf einer Überfahrt von Antwerpen nach England verschwindet im September 1913 Rudolf Diesel. Man nimmt einen Suizid an. Er gilt als verschollen; wurde nicht aufgefunden. Als Todesdatum gilt der 29. September 1913.



Wirtschaft:

Ein deutscher Turbinen-Ozeandampfer mit 52.100 BRT läuft vom Stapel und wird auf den Namen „Imperator“ getauft.

Der Oder-Havel-Schiff-Fahrts-Weg mit der riesigen Schleusentreppe bei Niederfinow wird eröffnet.

Die Sternwarte in Nowawes erhält ein Fernrohr mit 650 mm Durchmesser und 10 m Brennweite.

Das Aquarium im Berliner Zoologischen Garten eröffnet seine Tore.

Bei Husum nimmt ein Flutkraftwerk seinen Probebetrieb auf.

Der Niederländer Anthony Fokker gründet ein Flugzeugwerk in Deutschland.

Die bisherige Einzelstück-Handarbeit im Automobilbau tritt in eine völlig neue Technologie ein. Henry Ford baut in Detroit (USA) die „Blechliesel“, Autos auf dem Montage-Fließband. Er wird der erste Produzent sein, der im Jahr 1921 mehr als 1 Million Fahrzeuge von seinen Fließbändern rollen lässt.

In den Betrieben nimmt der Arbeitsdruck weiter zu. Immer mehr Industrielle erproben das aus den USA importierte Taylor-System zur Steigerung der Leistungen der Lohnarbeiter (Normzeitfestlegung nach dem Messen der einzelnen Handgriffe des Rekordarbeiters mit der Stoppuhr).

Gründung der Seidenspinnerei Michels und Cie. in Nowawes.


Bauten:

Das Völkerschlachtdenkmal, seit 1895 im Bau, wird fertig. Es erinnert an die Befreiungskriege 1812 / 13. Errichtet wurde es nahe dem Schlachtfeld Probstheida bei Leipzig.


Potsdamer Bauten:

Am Ufer des Jungfernsees, am Rande des „Neuen Gartens“, wird der Bau des Schlosses Cecilienhof begonnen, der im englischen, spätgotischen Landhausstil gehalten sein wird. Architekt ist Schultze-Naumburg. Die Bauzeit wird 1917 beendet sein. Hier soll Kronprinz Friedrich Wilhelm mit seiner Ehefrau Cecilie einziehen.


Musik/Theater:

In der Jahrhunderthalle zu Breslau findet die Weihe der Orgel statt. Mit 15.133 Pfeifen ist sie das größte Musikinstrument ihrer Zeit.

Walter Kollo komponiert die Berliner Operette „Wie einst im Mai“.


Filmkunst:

Charlie Chaplin wechselt vom Varieté zum (Stumm-) Film. In Deutschland werden unter vielen weiteren Filmen „Die Sufragette“ und „Engelein“ gedreht, wie auch „Der Totentanz“ (Kamera Guido Seeber). In den Neubabelsberger Ateliers entsteht der Film „Der Student von Prag“, der erste deutsche Spielfilm, der ausländische Beachtung fand.


Literatur:

Der Nobelpreis geht an den Inder Rabindranath Tagore.

In Leipzig wird die Deutsche Bücherei ihrer Bestimmung übergeben.

Bernhard Kellermann veröffentlicht seinen Roman „Der Tunnel“ (zwischen Europa und Amerika).


Sport:

In Nordamerika wird offenbar zum ersten Mal der 6.187 m hohe Mont Mc. Kinley (durch Stuck) bestiegen.


Alltag:

Die Einwohnerzahl der Stadt Berlin beträgt knapp 4 Millionen Menschen.

Kreuzworträtsel. Zu Weihnachten erscheint in einer Zeitung erstmals ein Kreuzworträtsel. Allerdings nicht in Deutschland, sondern in der „New York World“. Es wurde von dem, aus Liverpool stammenden Engländer Arthur Wyne zusammengestellt.



1914 – 1918 Die Zeit des ersten Weltkrieges

1914

Politik:

In Deutschland wird es verboten sich zu duellieren (Gründe: Streit / Ehrverletzung, studentische sich schlagende Verbindungen).

Am 28. Juni in Sarajewo: Auf den österreichisch-ungarischen Erbfolger Erzherzog Franz Ferdinand wird von einem Serben eine Handgranate geworfen. Wenig später erfolgt ein 2. Attentat durch einen Pistolenschützen. Der Erzherzog und seine Gemahlin erliegen den schwersten Verletzungen. Politische Gegner sehen es als Befreiungstat gegen die Unterdrückung Serbiens durch Österreich an. Nun will Kaiser Franz Joseph Krieg gegen Serbien und der deutsche Kaiser Wilhelm II steht zu ihm, durch eine Bündnisverpflichtung gefesselt. (Eine Strafaktion gegen Serbien wird vorbereitet aber Wien einigt sich vorerst mit der Regierung in Sarajevo auf Frieden).

24. Juli. Ein Ultimatum Österreichs an Serbien verstreicht. Militärische Mobilmachung in Serbien.

28. Juli: Es kommt zur österreichischen Kriegserklärung an Serbien.

29. Juli Mobilmachung in Russland.

31. Juli: Mobilmachung in Österreich.

01. August: Die Entscheidung für einen Krieg ist gefallen. Militärische Mobilmachung Deutschlands. Der Deutsche Kaiser Wilhelm II. und der russische Zar Nikolaus II. sind zwar verschwägert, trotzdem ergeht am 01. August von Deutschland eine Kriegserklärung an Russland. Wilhelm II. Er ist sowohl oberster Kriegsherr, gilt aber auch als oberster Bischof der protestantischen Kirche. Er ist erfüllt von sich selbst in einer „von Gott gegebenen“ Selbstdarstellung. Er repräsentierte mehr, als er regierte, ist sozusagen der oberste Staatsschauspieler.

02. August: Bündnisvertrag Deutschlands mit der Türkei.

03. August: Kriegserklärung von Deutschland an Frankreich. „In 42 Tagen von Berlin nach Paris“ sagt der Kaiser und ähnliche Kaisersprüche machen die Runde. Wilhelm der Redekaiser, der Plötzliche aber auch Wilhelm der Zögerliche, was diplomatische Risiken in sich birgt, der Reisekaiser (Bahnhof Wildpark nahe des Neuen Palais), neun Monate des Jahres auf Reisen, zum Regieren keine Zeit.

Es finden sich vorerst viele Freiwillige für einen erfolgreichen, schnellen Krieg. Bisher galten die Deutschen als Kulturvolk, ab 1914 nur noch als Barbaren, als Angreifer. Die Freiwilligen stellten sich einen kurzen siegreichen Krieg vor – unter dem Motto: Jeder Schuss ein Russ, jeder Stoß ein Franzos’. Dass die kriegerischen Handlungen in den fremden Ländern stattfänden und diese sich zu verteidigen wüssten, daran dachte man wohl weniger.

04. August: Der Kaiser spricht zu den Vertretern aller Parteien des Reichstages. Er schwört sie in dieser schweren Stunde auf die Einheit ein. In die Hand müssen sie ihm versprechen, mit ihm durch dick und dünn, durch Not und Tod zu gehen. Theatralisch verkündet er „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“.

04. August: England erklärt Deutschland den Krieg.

04. August: Deutschlands Einmarsch in das neutrale Belgien. Kriegserklärung Belgiens an Deutschland.


Später verteilt Kaiser Wilhelm II im Koblenzer Hauptquartier Orden. Er, der sich so gerne in Uniform sah (bis zu sechsmal täglich wechselte er seine Uniformen), ist nun kein Militär – nur seine Generäle führen den Krieg. Der Kaiser wolle lediglich einen kleinen Russlandfeldzug. Die Generäle streben aber nach Siegen in Frankreich. So beginnt ein Zwei-Fronten-Krieg, der die Kräfte wesentlich schmälert.

Der Erste Weltkrieg beginnt. Es geht um die Vorherrschaft auf dem europäischen Kontinent, um die Zukunft, „die auf dem Wasser liegt“ für den Flotten-Kaiser (Deutschland soll endlich Seemacht werden – Admiral Tirpitz soll es richten), die Neuaufteilung der Welt, um den Platz an der Sonne (z. B. Deutsch-Südwest-Afrika als Kolonie).“Wir Deutschen fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt“ „Wir ziehen in den Krieg – für Kaiser, Volk und Vaterland“, „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“, ruft der Kaiser.

23. August: Japan erklärt Deutschland den Krieg.

27. August: Mobilmachung des Deutschen Landsturms.

Noch im August schlagen die Deutschen die Russen bei Tannenberg, die im vorigen großen Krieg gegen Napoleon vor 100 Jahren Waffenbrüder waren. 50.000 Russen fallen. 96.000 geraten in deutsche Gefangenschaft. Wie viele Deutsche, das wurde im Siegestaumel nicht erwähnt „Gottes Krieg gegen den Satan“, so der Kaiser.

Polnische Legionen kämpfen unter Pilsudski auf österreichischer Seite gegen Russland.

Der jüngste Sohn des Kaisers, Prinz Joachim Franz Humbert wird im Krieg (leicht) verwundet. Vorausschauend werden ab September in der Heimat Lazarette eingerichtet, so z.B. auch in der Orangerie im Potsdamer Park von Sanssouci. In Berlin werden als Lazarette vorbereitet: Die große chirurgische Universitätsklinik, die Happoldsche Brauerei, ein großes Gebäude an der Hasenheide, die Klink am Mariannenufer - nahe Bethanien, die zahnärztliche Klinik für Kiefernschussverletzte in der Invalidenstraße, das Jüdische Krankenhaus usw.

Eine kurze Vorschau:

In vielen Ortschaften Preußens kommt es zu Antikriegsdemonstrationen. Deutschland wird den Krieg einfach verlieren müssen, weiß man, denn „die Hälfte der Welt“ liefert an die Verbündeten (die Entente) militärischen Nachschub.

05.-09. September: Schlacht an der Marne.

09. Sept.: Die Deutsche Regierung stellt ein Programm der Kriegsziele auf. Antwerpen fällt im Krieg

Oktober / November: Schlacht an der Ypernfront.

28. Oktober: Die Türkei tritt in den Krieg ein.

02. Dezember: Karl Liebknecht stimmt im Reichstag als einziger Abgeordneter gegen die Kriegskredite.


Wissenschaft:

Prof. Albert Einstein wird an die Preußische Akademie der Wissenschaften berufen.

Debes arbeitet seit 1896 an einer wissenschaftlichen Mondkarte nach photographischen Aufnahmen.

Periodensystem der chemischen Elemente: Mit der systematischen Gliederung erkennt man, dass auf der Erde 92 natürliche Elemente vorhanden sein müssten. Bisher sind 86 bekannt. Daher müssen in dem alten System „noch Plätze freigehalten“ werden – für theoretisch vorhandene Elemente, die aber erst noch entdeckt werden müssen. (Siehe 1870: Mendelejew und Meyer haben zeitgleich und unabhängig voreinander ein System der chemischen Elemente aufgestellt).


Technik / Bauwesen:

Walter Gropius schreibt ein Architekturwerk über den modernen Fabrikbau.

In England entwickelt (G. Burstyn) den Panzerkampfwagen „Tank“.

Die Fa. Schütte / Lanz baut das Luftschiff SL 2, „tauglich“ für den Kriegseinsatz.

Von den Anfängen des Fluges bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges sind allein in Berlin-Johannisthal bei Abstürzen 24 Aviatiker tödlich verletzt worden.


Wirtschaft:

Die neue Sechs-Rollen-Rotationsdruckmaschine von „König und Bauer“ druckt stündlich 200.000 achtseitige Zeitungen.

In Dienst wird gestellt ein neuer gewaltiger Turmdrehkran für 250 t Tragkraft, bis 96 m hoch reichend, gebaut von Demag, für Blohm und Voss. Desgleichen einen Schwimmkran gleicher Tragfähigkeit.

Aufhebung der „hemmenden Arbeitsschutzvorschriften“ in den kriegsführenden Ländern.

Nach 30 Jahren Bauzeit (davon die wesentliche Strecke in acht Jahren) wird der Panama-Kanal am 15. August 1914 eröffnet. Er ist 81,6 km lang und mit sechs Doppelschleusen ausgestattet. Dadurch wird das Umfahren von Südamerika mit dem stürmischen Kap Hoorn unnötig. (Die engste Landstrecke zwischen Pazifik und Karibik beträgt 55 km).


Soziales:

Elsa Brandström (1888 – 1948) wird Abgesandte des Schwedischen Roten Kreuzes in Russland, als „Der Engel Sibiriens“.

Es stirbt Bertha von Suttner (geb. Gräfin v. Kinsky), österr. Pazifistin, Friedensnobelpreis 1905.


Literatur:

Ricarda Huch schreibt: „Der große Krieg in Deutschland“, ein Geschichtsbild über den 30jährigen Krieg.

Hermann Löns (geboren 1866), Schriftsteller zahlreicher Tier- und Jagdgeschichten, fällt als Soldat am 26. Sept.14.

Heinrich Mann veröffentlicht mit seinem „Der Untertan“ ein Spiegelbild der Kaiserzeit.

Mit dem Titel „Verfall und Triumph“ erscheint Lyrik und Prosa von Johannes R. Becher


Film:

Die Italiener drehen den Film „Die Zerstörung Karthagos“, bei uns wird „Engeleins Hochzeit“ aufgeführt. Asta Nielsen und Henny Porten arbeiten mit dem Filmpionier Oskar Meßter zusammen. Auch andere bewährte Theaterschauspieler erproben das Agieren nur vor der Kamera „als Zuschauer“, darunter Albert Bassermann, Paul Wegener, Emil Jannings, Fritzi Massari und andere.


Musik:

Enrico Caruso (eigentlich Nardini) singt in Berlin den José in „Carmen“.

Strawinsky vertont „Die Nachtigall“, russische Oper nach dem Märchen von Chr. Andersen.

In den USA hält Jazz in der Tanzmusik Einzug.

Schlager: Puppchen, du bist mein Augenstern, Puppchen ich hab dich ja so gern,...


Alltag:

Miederwaren: Vom 15. bis zum 20. Jahrhundert waren für die Damen Korsetts, mit Fischbein, später mit Stahlgeflechtgerten der schönen Körperform zuliebe üblich – oft so eng geschnürt (zusammengezerrt), dass es zu Ohnmachten wegen Luftmangels kam, zu Quetschungen der Organe, zu Rippenbrüchen und Lungenverletzungen. Das ist ja nun aus der Mode. Neu gibt es jetzt, sozusagen als Befreiung Büstenhalter und Hüftgürtel mit Strumpfbändern und für Kinder so genannte „Leibchen“. Eine Befreiung!


Natur:

Ein Komet (der Delavanschek) taucht auf. Er kehrt wahrscheinlich wegen seiner Bahngestaltung erst wieder in 24 Millionen Jahren „zu uns“, also in die Nähe unserer Sonne zurück. Der Halleysche Komet dagegen ist für uns recht oft, alle 76 Jahre erneut sichtbar.



Aus dem Jahre 1915

Politik:

Die Hohenzollern-Dynastie feiert ihr 500jähriges Bestehen.

Aus dem Kriege:

Seegefecht zwischen deutschen und britischen Schlachtschiffen vor der Doggerbank bei Helgoland. Dabei wird der deutsche Panzerkreuzer „Blücher“ am 24. Januar 1915 versenkt. Die Helgoländer werden nach Hamburg evakuiert und die Insel wird zur Marinefestung.

Februar: Winterschlacht in Ostpreußen. Polnische Winterschlacht in den Masuren.

Rosa Luxemburg wird verhaftet und vorerst ein Jahr im Berliner Frauengefängnis Barnimstraße inhaftiert.

Februar / März: Winterschlacht in der Champagne. Einführung der Brotkarte in Deutschland.

Kampf um Verdun von Februar bis Dezember. Auf deutscher Seite auch die Truppen des General Falkenhayn. In den Stellungskrieg wird von deutscher Seite „Bewegung gebracht“ mit Flammenwerfern und Giftgas. Die anhaltende Schlacht forderte hier etwa 1 Mio. Tote und Verwundete. Am Ende werden die Fronten etwa wie am Beginn sein.

Wie schon in den Jahren 1895 / 96 so auch jetzt in einer zweiten Welle (1914 / 15) metzeln türkische Moslems etwa eine Million armenischer Christen nieder, weil diese andersgläubig bzw. damit als gottlos gelten.

Im Herbst werden den deutschen Kriegsgefangenen nach Russland über Schweden erstmals etwa 100.000 Rot-Kreuz-Hilfspakete gesandt.

Inzwischen ist Bethmann-Hollweg deutscher Reichskanzler.


Wissenschaft:

Albert Einstein stellt in Berlin seine Erkenntnisse über die Gravitation zusammen.

Alfred Wegener erarbeitet in Potsdam die Theorie der Kontinentalverschiebung.


Technik:

Das erste Ganzmetallflugzeug der Welt „Der Blechesel“ wird in Deutschland gebaut. Das erste Flugzeug, das ohne die bisher notwendigen Verstrebungen bzw. Drahtverspannungen für die Tragflächen auskommt. Es ist die „J 1“, von Prof. Hugo Junkers (Ingenieur und Unternehmer) konstruiert. Das Flugzeug erreicht die unglaubliche Geschwindigkeit von 170 km/h. Junkers erarbeitete ca. 180 patentwürdige Erfindungen und Entwicklungen.

Rumpler und Caudron entwickeln zweimotorige Kampfflugzeuge.

Der schlauchlose Taucheranzug (für eine freie Bewegung) wird entwickelt.


Baukunst:

Architekten (des Bauhauses) wie Bruno Taut, Behrens, Poelzig, Mendelssohn, Walter Gropius, Ernst May, Mies van der Rohe beginnen das Bauen und die Formgestaltung radikal zu reformieren.


Wirtschaft:

Patent in den USA (Eastman-Kodak) über einen Volks - Fotoapparat aus Pappe und etwas Holz, mit 6x9 cm Rollfilm.


Bildung und Erziehung:

Im deutschsprachigen Raum wird seit etwa dem 15. Jahrhundert die „Deutsche Schrift“ verwendet. Diese tritt in verschiedenen Erscheinungsformen auf. Sehr bekannt ist die „Fraktur“. In den Jahren 1915 bis 1941 lernen die Schulkinder eine vereinfachte Einheitsschreibform, die „Sütterlin-Schrift“. 1941 wurde Sütterlin von den Nationalsozialisten untersagt. Seither wird das Alphabet mit den „Lateinischen Buchstaben“ gelehrt und angewendet.


Literatur:

Den Literatur-Nobelpreis erhält Romain Rolland aus Frankreich.


Musik:

Emmerich Kalman (1882 – 1953) komponiert die ungarische Operette „Die Csardasfürstin“.

Die Blüte des New-Orleans-Jazz wandelt sich, durch weiße Musiker stark beeinflusst, zum Dixieland.



Notizen zur Geschichte – das Jahr 1916

Politik und Krieg:

In diesem Jahr tritt auch Rumänien in den Krieg ein und Deutschland erklärt Portugal den Krieg.

Juni 1916: Seeschlacht vor dem Skagerrak unter Admiral Scheer. Tausende Marine-Soldaten sterben sowohl auf britischer, als auch auf deutscher Seite. Erneut unsägliches Leid.

August: Hindenburg und Ludendorff übernehmen die Macht – als „Ersatzkaiser“.

Für das deutsche Heer werden als Neuerungen die Gasmaske und der Stahlhelm eingeführt.

Im Westen (Frankreich) Stellungskrieg. Hunderttausende stehen in den Schützengräben auf beiden Seiten. Dieser wird durch das eingesetzte Chlorgas (von Fritz Haber entwickelt) in Bewegung gebracht.

Bald folgt als Kampfmittel auch Senfgas (Kennzeichnung: Gelbkreuz).

1916 Frankreich, allein 700.000 getötete deutsche und französische Soldaten in den sinnlosen Schlachten um Verdun. Die deutsche Heeresleitung bricht am 15. Dezember den Angriff auf das Gebiet um die französische Festung Verdun ab, nachdem alle Geländegewinne wieder verlorengegangen sind, die Operationen im Stellungskrieg erstarrt sind. Der deutsche Angriff hatte am 21. Februar begonnen, der französische Gegenschlag erfolgte am 24. Juni.

Rosa Luxemburg verfasst Kampfschriften gegen den Krieg. Karl Liebknecht erhält wegen seiner öffentlichen Stellungnahme gegen den Krieg zwei Jahre Zuchthaus.

Für alle Männer zwischen 17 und 60 Jahren Lebensalter besteht die Arbeitsdienstpflicht.

Es stirbt der Kaiser der Österreicher, Franz Joseph (Ehemann von Kaiserin Elisabeth / Sisi).


Wirtschaft:

Auf der Weltausstellung im Londoner Hyde-Park wird ein deutsches „Handels-U-Boot“ ausgestellt. Viele neue Gegenstände gibt es aus Gummi von den Nachkommen von Charles Goodyear. Jener scheint ein bedeutender Erfinder aber ein schlechter Geschäftsmann gewesen zu sein.

William Edward Boeing, geb. am 1. Okt 1881 in Detroit gründet als Flugzeugkonstrukteur eine eigene Flugzeugfabrik. Bald entwickelt er sich zum weltgrößten Hersteller ziviler Flugzeuge, später der Düsenflugzeuge.

In diesem Jahr wird der Leipziger Hauptbahnhof vollendet, der unter der Leitung des Konstrukteurs W. Lossow sich seit 1905 im Bauzustand befindet.

Das Ammoniakwerk in Merseburg (Leuna) entsteht.


Soziales:

Der „Sonntagsbund“ zur Förderung und Gewährleistung der Sonntagsruhe wird gegründet.

Die Altersruhestandgrenze, der Eintritt vom Berufsleben in den Ruhestand, wird mit 65 Lebensjahren festgeschrieben.

Nach der Brotkarte wird nun die Fleischkarte eingeführt. Zur Abholung können wöchentlich pro Nase 250 Gramm gekauft werden.

Hungersnot in Deutschland. Der sogenannte Kohlrübenwinter 1916 / 1917 beginnt.


Film:

In verschiedenen Abenteuerfilmen ist Harry Piehl zu sehen und in „Die Ehe der Luise Rohrbach“ als Hauptdarsteller Henny Porten und Emil Jannings.


Naturgewalten:

Am 03. April stürzt in Treysa bei Marburg in Hessen ein 63 kg schwerer Eisenklotz aus dem All auf die Erde.



Das Kriegsjahr 1917

Politik/Krieg:

Die Rechtsparteien proklamieren als Kriegsziel den „Siegfrieden“.

Eine neue Giftgassorte wird entwickelt. U-Boote werden für den Krieg verstärkt eingesetzt. Der Abgeordnete Philipp Scheidemann fordert die Beendung dieses unseligen, verlustreichen Krieges. Auch Österreich als Verbündeter verlangt das Kriegsende.

Die linke Mehrheit des Reichstages beschließt die Verabschiedung einer Friedensresolution – im Gegensatz zur Heeresleitung.

Matrosen der Marine widersetzen sich dem Krieg, wollen einen Beitrag leisten, um diesen zu beenden. Als Rädelsführer werden die beiden jungen Maate Max Reichpietsch (aus Neukölln) und Albin Köbis (aus Reinickendorf) hingerichtet.

Die USA erklären Deutschland den Krieg.

Lenin und Trotzki kehren aus ihren Exilländern Schweiz und USA nach Russland zurück und bereiten die Revolution vor.

In Russland Februarrevolution (Bürgerrevolution gegen die zaristische Monarchie, mit bürgerlicher Regierung unter Alexander Kerenski als Folge).

Abdankung des Zaren.

Lenin sagt bürgerlicher Regierung den Kampf an. Der Staatsstreich missglückt. Lenin flieht nach Finnland.

07. November (26. Oktober nach russischem Kalender): Beginn der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution in Russland. Nach den ersten Schüssen des Panzerkreuzers Aurora unter der Führung der Kronstädter Matrosen, Sturm auf das Winterpalais, dem Sitz der jungen bürgerlichen Regierung unter Kerenski. Bolschewiki unter Führung des Jurastudenten Lenin, Trotzki, Sinowjew und anderen stürzen den Zaren, putschen sich gegen die bürgerliche Kerenski-Regierung an die Macht. Politische Ziele sind: Enteignung der privaten Betriebe, Verteilung von Grund und Boden, Bildung der „Rote Armee“.

In Deutschland wird Dr. Michaelis der neue Reichskanzler.

Friedensvertrag in Brest-Litowsk durch die Bolschewiki für die Front des Ostens.

Die Tänzerin Mata Hari (Margarete Zelle) wird in Paris als deutsche Spionin erschossen.


Wissenschaft:

Den Physik-Nobelpreis erhält Max Planck für die Entdeckung des Wirkungsquantums. Den Chemienobelpreis erhält Fritz Haber für das Erforschen der Ammoniaksynthese.

Otto Hahn und Lise Meitner entdecken das radioaktive Element Protactinium.

Shapley untersucht die Ausdehnung des Sternennebels „Milchstraße“ und kommt auf einen Durchmesser von ungefähr 100.000 Lichtjahren.

Wilhelm Ostwald stellt seine Farbenlehre und den „Farbenatlas“ vor.


Technik:

Junkers meldet ein Tiefdecker-Flugzeug zum Patent an. Ludwig Prandtl begründet seine Tragflächentheorie.


Literatur:

Heinrich Mann schreibt den Roman „Der Untertan“, ein Roman über / gegen den deutschen Untertanengeist.


Film:

In den USA startet der Film „Der Fleischerjunge“ (natürlich Stummfilm). Die Hauptrolle spielt, egal wie komisch die Situationen auch waren, der Mann, der nie lachte: Buster Keaton.

Die Universum Film Aktiengesellschaft (Ufa) wird in Neubabelsberg gegründet und richtet gleich eine Kultur- und Lehrfilmabteilung ein.


Musik:

Auch der Potsdamer Musiker Wilhelm Kempff jun. wird als Landsturmmann eingezogen. Er war aber äußerst ungeschickt mit dem Gewehr und durfte als Musiker Diplomatie betreiben. Er wird 1919 bei Nathan Söderblom in Uppsala und in Stockholm beim Königspaar Gustav Adolph und der geb. deutschen Königin Viktoria weilen. 1921 wird er bei Dr. Axel Munthe auf Capri sein.

Thomaskantor in Leipzig wird jetzt Günther Ramin (geb. 1898).


Alltag:

Nachrichten aus Potsdam: Am 12. Februar wird das städtische Säuglingsheim gegründet.

Im Volk wird hoffnungsvoll gemunkelt, dass es anlässlich des Weihnachtsfestes einen Waffenstillstand mit Russland geben soll.



1918 Das Ende des Ersten Weltkrieges.

Politik und Krieg:

900.000 Amerikaner unterstützen Frankreich im Kampf.

Deutsche Arbeiter wollen Frieden und Demokratie, brauchen keinen Kaiser und sehen auf das Beispiel von Russland.

17. Juli: Ermordung der Zarenfamilie Romanow (Zar Nikolaus II, seine Gemahlin, vormals Prinzessin Alix von Hessen, sowie deren Kinder) in Jekaterinenburg.

Hindenburg und Ludendorff lassen um Waffenstillstand bitten.

Der Erste Weltkrieg ergab 15 Millionen Tote. (Ein Deutsches Ferngeschütz mit 128 km Reichweite beschießt Paris? Wann?). Während des Krieges gingen 52 deutsche Luftschiffe verloren.

Der Kaiser gibt eine tragikkomische Figur ab. Einen großen Krieg (ohne vorteilige Ergebnisse) – „Das habe ich nicht gewollt“, meint er dazu.

Im Schloss in Spa finden Abdankungsverhandlungen zur deutschen Monarchie statt.

Im frühen Herbst fungiert Hertling als Reichskanzler – der aber bereits im September zurücktritt. Prinz Max v. Baden wird sein Nachfolger im Amt.

Am 09. November verkündet Prinz Maximilian von Baden unautorisiert die Abdankung des Deutschen Kaisers. Dieser wurde nicht gefragt – nicht er selbst hat auf den Thron verzichtet, bereitet jedoch seine Flucht nach Holland vor.

Max v. Baden übergibt die Regierungsmacht sofort an den Vorsitzenden der SPD, Friedrich Ebert dem Älteren. Philipp Scheidemann verkündet am 09. November die Republik. Etwas später tut es am selben Tage Karl Liebknecht noch einmal. Vom Balkon über dem Schlossplatz ruft er allerdings die „Freie Sozialistische Republik“, eine Räterepublik aus.

09. Nov. 1918: Beginn der Novemberrevolution in Deutschland. Im Zuge der Revolution gibt es im Berliner Stadtschloss umfangreiche Verwüstungen.

Kaiser Wilhelm II flieht am 10. November per Auto bis zur Grenze und dann weiter per Zug ins Asyl in die Niederlande. Aber viele Güterwagen seines Berliner und Potsdamer Hausstandes folgen ihm nach.

Kaiserin Auguste Viktoria zieht Anfang November vom Neuen Palais in die Villa Ingenheim zu Prinz Eitel-Friedrich – aber nur übergangsweise Am Abend des 27. November reist die Kaiserin vom Bahnhof Wildpark aus in die Niederlande, vorerst nach Amerongen. Ihre Kinder und deren Familien bleiben in der Potsdamer Heimat.

In Potsdam residiert der Soldatenrat.


Bauten in Potsdam:

Das Gebiet an der Stadtheide (stadtauswärts Richtung Pirschheide) wird als Siedlungsraum erschlossen.


Kunst und Kultur:

Das „lebendigste“ der Berliner Theaterblätter, die „Schaubühne“ wird in „Weltbühne“ umbenannt.


Alltag:

Potsdam hat jetzt etwa 60.000 Einwohner.



1919 – 1933 Die Weimarer Republik (neues 2. Deutsches Reich)

Zeit des „Bauhauses“


1919

Politik / Krieg:

Nach dem Ende des Weltkrieges herrschen Gewalt, Umsturzversuche, Revolten und Mord.

Am 11. Januar die letzte große Massendemonstration der Nowaweser und Potsdamer im Zuge der Novemberrevolution und vor der Wahl zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung am 19. Januar im Potsdamer Lustgarten. In Nowawes treten die Belegschaften nahezu aller und in Potsdam einiger wichtiger Betriebe in den Streik.

Am 15. Januar werden von reaktionären Offizieren die sozialistischen Politiker Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin ermordet und in den Landwehrkanal geworfen.

Aufstand des Kommunistischen Spartakusbundes und dessen Niederschlagung durch die Reichswehr unter der Führung von Gustav Noske.

Der Versailler Friedensvertrag (ohne Deutschlands Beteiligung) vom 18. 01. 19 enthält 440 Artikel als Diktat, von einem neuen Deutschland einzuhalten. Ein Siebtel der Fläche des Reiches ist fort. Darunter Elsass-Lothringen, das Saargebiet, Posen, Teile von Schlesien, Westpreußen und das Memelgebiet, Nordschleswig und Südtirol. Die deutschen Kolonien werden aufgelöst. Die deutsche Armee wird auf eine Höchststärke von 100.000 Mann begrenzt. Es wird nur eine kleine unmilitärische Flotte gestattet. Die Luftfahrt wird für Deutschland stark eingeschränkt.

Reparationsleistungen werden auferlegt, die mehrere Generationen abzuarbeiten hätten. Bis zum Jahre 1984, so der geplante Wille der Alliierten, sind Zahlungen an Kriegsreparationen zu leisten, verkündet am 28. Juni. Die Bedingungen des Friedensvertrages von Versailles drücken das deutsche Land jahrelang wirtschaftlich zu Boden. (Aber dieser „Knebelvertrag wird mit der Zeit gelockert, Zwangsverpflichtungen aufgehoben).

Die Übergangsregierung der Volksbeauftragten übergibt die Macht an die in Weimar am 19. Januar 1919 neu gewählte Nationalversammlung (Weimarer Republik). Friedrich Ebert (SPD) wird am 11. Februar Reichspräsident (bis 1925, seinem Todesjahr) und Philipp Scheidemann wird Reichsministerpräsident.

Die Reichsflagge wird schwarz – rot – gold, die Handels- und Kriegsflagge hingegen schwarz – weiß - rot mit schwarz – rot - goldener Gösch.

Am 20. Juni wird von der Nationalversammlung in Weimar der Friedensvertrag unterzeichnet.

Am 31. Juli wird die Nationalversammlung nach Weimar einberufen. Sie bestätigt die bereits zweimal ausgerufene Republik.

Den Entwurf einer neuen Verfassung erarbeitet Hugo Preuß. Die neue Verfassung wird am 13. August beschlossen: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“

Hindenburg wird Reichskanzler. Wilhelm II möchte gern wieder zurück auf den deutschen Thron, der nicht mehr steht. Die Holländer widerstehen der Auslieferungsforderung der Alliierten.

In Deutschland wird erstmals das Frauenwahlrecht eingeführt. Die Zeit war überreif.

Der Achtstunden-Arbeitstag wird gesetzlich eingeführt.

Gründung der Deutschen Arbeiterpartei, deren Mitglied ein gewisser Adolf Hitler wird.

Die Kommunistische Internationale (Komintern) wird gegründet.

In Potsdam wird das Reichsarchiv eingerichtet, das aus dem Heeresarchiv wächst.


Wissenschaft:

Rutherford veröffentlicht seine Arbeit über die Möglichkeit des Spaltens von Atomkernen.

Erste Versuche mit der Kurzwelle.


Wissenschaft / Medizin:

Huldschinsky entdeckt die antirachitische Wirkung der Sonneneinstrahlung (Pro-Vitamin-D-Bildung).


Technik / Maschinenbau:

Flugtechnik: Erste Atlantiküberquerung der Menschheit mit einem Flugzeug von West nach Ost des Briten John Alcock mit dem Amerikaner Arthur Witten Brown von Neufundland nach Irland.

H. Klemm konstruiert ein Leichtflugzeug und Krupp den ersten Motorroller.

Das erste Passagierflugzeug der Welt ist die Junkers F 13 „Anneliese“, ein Tiefdecker. In der erstmals geschlossenen Kabine (Ganzmetall) finden Pilot, Co-Pilot und vier Passagiere Platz. Es erreicht 170 km / h. Stabilitätszuwachs durch Wellblecheinsatz. Dieses Flugzeug wird in viele Länder der Erde exportiert werden, so auch nach Afrika, in die USA und in die Sowjetunion.

Mit dem Vorhaben „Tonfilm“ beginnen in Berlin Entwicklungsarbeiten durch den Physiker Dr. Joseph Engl, den Techniker Hans Vogt und den Mechaniker Joseph Masolle. 1921 wird es soweit sein. Der erste Tonfilm kann einem erstaunten Publikum vorgestellt werden.


Bautechnik:

Gründung der Bauhaus-Schule am 01. April 19 in Weimar durch Gropius, Feininger, Itten und Marcks. Zu den Lehrern gehören auch Kandinsky und Paul Klee. Dort war sie bis zum 01. April 1925 angesiedelt; dann erfolgte die Verlegung nach Dessau.


Wirtschaft:

Gründung des Glühlampenwerkes „Osram“ in Berlin.

In Potsdam werden nach dem Ende der Monarchie vor dem Marstall die Kaiserlich-Königlichen Pferde versteigert.


Verkehr:

Der erste regelmäßige Linienflugverkehr in Deutschland wird zwischen Berlin und Weimar eingerichtet. Damit auch der Beginn der regelmäßigen Luftpost zwischen Berlin und Weimar.


Gesundheit:

Eine weltweite Grippeepidemie fordert allein in Deutschland 196.000 Menschenleben.


Erziehung / Soziales:

Dr. Otto Perl (geb. 1882, Orthopädie) gründet den Selbsthilfebund der Körperbehinderten (siehe Perlsches Gerät zum Entspannen der Wirbelsäule).

Deutsche Kindergärten übernehmen die italienische Montessori – Methode.

Erste freie Waldorfschule in Stuttgart. Deren Leiter ist der Anthroposoph Rudolf Steiner.

Gründung der „Technischen Nothilfe“. Die „Arbeiterwohlfahrt“ wird gegründet.


Literatur:

Richard Dehmel veröffentlicht sein Kriegstagebuch „Zwischen Volk und Menschheit“. Heinrich Mann schreibt „Macht und Menschen“.

Bruno Hans Bürgel schreibt seine Autobiographie „Vom Arbeiter zum Astronom“.


Musik:

Sergej Rachmaninow, seit 1912 Kapellmeister in St. Petersburg, siedelt in die USA über.


Filmkunst:

A. Hugenberg gründet die Universum-Film-Aktiengesellschaft und errichtet Ateliers auf einer Fläche zwischen Nowawes und Drewitz.


Sport:

Gründung von Boxerverbänden / -Vereinen.


Alltag:

Erster Nacktbadeklub „Die Sonnenfreunde“ in Motzen, am Motzener See gegründet, was vorerst zu einem großen Skandal führt.



1920

Politik:

Fridtjof Nansen leitet als Oberkommissar des Völkerbundes zahlreiche Hilfsaktionen für Gefangene und Vertriebene des 1. Weltkrieges.

Es stirbt Joachim, Prinz von Preußen (1890 – 1920), Sohn des letzten Kaiserpaares durch einen Versuch der Selbsttötung im Potsdamer St. Josephs-Krankenhaus.

Der Gesamtrussische Sowjetkongress nimmt den GOELRO-Plan zur Elektrifizierung des gesamten Landes an.

Putsch von reaktionären Kräften unter der Führung von Kapp.

Das ehemalige Deutsche Kaiserpaar, Wilhelm und Auguste Viktoria ziehen in das im Herbst des Vorjahres angekaufte „Huis te Doorn“ im holländischen Exil.

Ab Dezember wird der „Völkische Beobachter“ als Wochenzeitung herausgegeben.



Wissenschaft und Technik:

Es wird die Sendeantennenanlage der Großstation Nauen gebaut, mit einer 150 m – Antenne für den innereuropäischen Funkverkehr und einer 250 m – Antenne für den Überseeverkehr nach Amerika. Des Weiteren besteht die Hauptfunkstelle in Königs Wusterhausen.

Erste Rundfunksendungen in Berlin und Umgebung. Jetzt wird der Text nicht mehr in Morsezeichen verschlüsselt, sondern man kann erstmals Sprache und Musik senden und empfangen. Dazu bedient man sich trotzdem noch der Kopfhörer und eines Kristalldetektors. Weihnachten 1920 wird das erste Konzert aus Deutschland weltweit übertragen, gesendet von der Postsendestation in Königswusterhausen. Ausgestrahlt wird zuerst das Lied „Stille Nacht, Heilige Nacht“ in der Instrumentalbesetzung: Violine, Akkordeon, Klarinette.

Der erste erfolgreiche Tonfilmversuch, noch nicht im Kino aber „im Labor“, im Studio. Erfinder sind der Physiker Dr. Joseph Engl, der Techniker Hans Vogt und der Mechaniker Joseph Masolle. Diese Fleißigen wurden jedoch von ihrer Erfindung nicht reich, wie hingegen später andere Leute. Die erste öffentliche Tonfilmvorführung gibt es zwei Jahre später in Berlin.


Wirtschaft:

Die Königliche Eisenbahn-Hauptwerkstätte (Alte Königstraße) wird in „Reichsbahnausbesserungswerk“ umbenannt. Derzeitig 2.000 Mann Belegschaft (vergleiche 1838).


Kultur:

... in der Vorweihnachtszeit: Als Vorläufer des Adventskalenders gab es 24 an der Wand aufzuhängende Heiligenbilder. Auch eine Himmelsleiter war bekannt, auf der ein Kind (oder eine Putte) täglich eine Sprosse emporsteigen durfte. Erst seit etwa 1920 gibt es den Adventskalender mit 24 Fenstern und Türen, hinter denen nach dem Öffnen ein farbiges Bild (z.B. Spielzeug) sichtbar wird. Ungefähr in der Zeit um 1980 werden dann Adventskalender aufkommen, die mit Süßigkeiten gefüllt sind.

Das Rezept für Marzipan stammt wohl aus Arabien und diese Leckerei kam wohl über Spanien und Italien nach Mitteleuropa.


Sport:

Am 26. Juni: Erste Große Potsdamer Ruderregatta am Regattahaus am Luftschiffhafen.


1921

Politik:

Am 10. April stirbt die ehemalige Kaiserin Auguste Viktoria im niederländischen Exil im Hause Doorn. Die letzte Fahrt der letzten Deutschen Kaiserin führt durch Elten, Emmerich, Oberhausen, Dortmund, Hamm, Bielefeld, Hannover, Braunschweig, Magdeburg bis Potsdam-Wildpark.

Am 19. April wird die verstorbene Kaiserin Auguste Viktoria im Antikentempel des Potsdamer Schlossparks zu Sanssouci beigesetzt. Der frühere Kaiser kann der Beisetzung nicht beiwohnen.

Die drei Hofdamen des Kaiserpaares leben zu dieser Zeit noch im Hofdamenhaus des Neuen Gartens zu Potsdam. Später, zu ihrer Zeit, werden sie eine gemeinsame Ruhestätte auf dem Bornstedter Friedhof finden.


Technik:

1921 ist es soweit. Der erste Tonfilm kann einem erstaunten Publikum vorgestellt werden.


Bauten in Potsdam:

In den Ravensbergen entsteht der Einstein-Turm, den Mendelssohn konstruierte.


Wirtschaftspolitik:

Die Städte beginnen eigene Notgeldscheine zu drucken (bis 1923).

Die erste Autobahn Deutschlands. Bei Berlin im Grunewald wird die Automobilverkehrs- und Übungsstraße (AVUS) am 19. Sept. 1921 eröffnet. Hier finden nun auch Autorennen statt.

21. September: Schwerer Unfall auf dem Gelände der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik bei Ludwigshafen. Ein Silo mit Ammonsulfatsalpeter explodiert. 600 Tote, 2.500 Verletzte.



1922

Politik und Krieg:

In Italien gelangen unter Mussolini die Faschisten an die Macht.

Am 24. Juni wird der Reichsaußenminister Walther Rathenau von Vertretern der „Organisation Consul“, die zur Schwarzen Reichswehr gehört, ermordet.

Reichspräsident Friedrich Ebert erklärt „das Lied der Deutschen“ zur Nationalhymne.


Wissenschaft:

Seit 1894 grub der britische selbsternannte Archäologe (eigentlich Maler und Zeichner) Howard Carter im Tal der Könige bei Luxor in Ägypten. Immer wieder sind alle Geldmittel verbraucht. Zwar wurden 60 ausgeraubte Grabanlagen freigelegt aber Carter sucht das Grab des Kindkönigs „Tutanchamun / Tut-ench-Amun“. Am 26. Nov.1922 entdeckt er eine Grabstätte, von der er überzeugt ist, dass er hier am Ziel ist. Erst zwei Wochen später, nachdem sein Geldgeber aus England eintrifft, wird die Anlage geöffnet und am 17. Febr. 1923 die Hauptkammer geöffnet. Mit seiner Hoffnung und Vermutung hatte er Recht. Dieses einzige, unversehrte Grab enthielt unermessliche Schätze. Objekte, die mehr als 3.000 Jahre lang in der Verborgenheit geruht haben. Das Bergen und die Auswertung der Kunstschätze dauern bis 1927. Reichtum und Pracht der Grabbeigaben des jugendlichen Königs, eines eben eher unbedeutenden Pharaos der 18. Dynastie. Was wohl mögen erst die anderen Herrscher-Gräber als Beigaben enthalten haben, wären sie nicht bereits in der Antike geplündert worden. Wo mögen die Schätze geblieben sein?


Technik

Die junge amerikanische Flugpionierin Amelia Earhart (geb. 1897) macht mit spektakulären Alleinflügen auf sich aufmerksam. Siehe auch 1928 und 1937.

1. August: Eine erste Sportreportage wird im Rundfunk übertragen. Es handelt sich um den Kommentar zu einem Autorennen in den USA (Brooksland)


Baukunst in Potsdam:

Die Potsdamer Nikolaikirche erhält zwei neue Stahlglocken. Die Festrede zur Weihe hält Herr Generalsuperintendent Dibelius. Kantor der Kirche ist der Musikdirektor Wilhelm Kempff, sen. (1866 – 1938).


Alltag:

Nachrichten aus Potsdam: Am 07. Mai wird die „Siedlung Eigenheim“ zum Bezug freigegeben.


Aus „Politik wird Alltag“:

Wilhelm II heiratet wieder. Erst zwingt man ihn zum Abdanken, dann wird er Witwer. Doch bald findet er ein neues Glück. Am 5. Nov. 1922 heiratet der 63jährige im niederländischen Exil die 28 Jahre jüngere aber ebenfalls verwitwete Prinzessin Hermine von Schönaich-Carolath aus dem Hause Reuß, ältere Linie. Sie überlebt ihren Mann um sechs Jahre. 1947 wird sie in einem sowjetischen Internierungslager sterben.



Das Jahr 1923

Politik:

Seit dem 8. Februar erscheint der Völkischer Beobachter“ täglich als Zeitung.

Franzosen und Belgier besetzen das Ruhrgebiet, weil Deutschland nicht die Kriegsreparationen bezahlen kann.

Am 9. November: Ein Putsch von „rechts“. Hitler und Ludendorff versuchen die Münchener Feldherrenhalle zu erobern. Hitler will mit diesem Versuch an die Macht kommen. Dabei werden etwa 16 Putschisten, vier Polizisten und ein Unbeteiligter getötet. Hitler und Ludendorff werden als Rädelsführer verhaftet.

Erste staatliche Schulen ohne Religionsunterricht.

Zum ersten Mal wird (am zweiten Sonntag im Mai) der Muttertag begangen.

1922 / 23. Der griechisch-türkische Krieg vertrieb 1,2 Millionen Griechen aus der Türkei und 400.000 Türken aus Griechenland. Ferner galten den Türken 3 Mio. Armenier als „unerwünscht“. Sehr viele wurden ermordet.


Wissenschaft und Technik:

Der Deutsche Rundfunk beginnt mit regelmäßigen Sendungen für die Bevölkerung. Vorher gab es für das Volk keine Rundfunksendungen. Am 29. Oktober wird aus dem Berliner Vox-Haus die erste Rundfunk-Musiksendung für die vorerst 400 Berliner Rundfunkteilnehmer ausgestrahlt.


Wirtschaftspolitik:

Ständig werden durch den Zwang der Inflation neue Geldscheine und auch Briefmarken gedruckt, alte überdruckt, da die Werte zum Schluss bis in die Milliardenwerte ansteigen.

Nach der Inflation mit dem Zusammenbruch des Währungssystems, wird am 01. Dezember 1923 die „Rentenmark“ eingeführt. Die Goldmark, die Reichsmark. Große Teile der Bevölkerung gelten als völlig verarmt.


Verkehr:

Claude Dornier ist Mitarbeiter des Luftschiffkonstrukteurs Ferdinand Graf v. Zeppelin. Dornier entwickelte das Wasserflugzeug „Do J Wal“. Von diesem Jahr an werden davon 300 Stück gebaut.

Im innerstädtischen Großstadtverkehr kommt es zu Fahrzeugstauungen. Daher wurde es ab 1. März gestattet, die Kraftwagengeschwindigkeit innerhalb der Ortschaften von 15 auf 30 km pro Stunde zu verdoppeln.


Literatur:

Im März kam das Buch „Bambi, eine Lebensgeschichte aus dem Walde“ vom Österreicher Felix Salter auf den Markt (siehe 1942).

Hermann Oberth (1894 - 1989) veröffentlicht sein Buch „Die Rakete zu den Planetenräumen“.


Musik:

Nach dem Motto „sich irgendwie über Wasser halten“, kommt der Schlager auf: „Wir verkaufen unser Oma ihr klein Häuschen“.


Kultur in Potsdam:

Eröffnung eines Garnisonsmuseums am 19. Mai im Marstall. Hier findet auch die Städtische Gemäldesammlung Platz


Soziales:

Etwa jedes zweite Kind im Deutschen Reich ist unterernährt. Besondere Not herrscht im französisch besetzten Westen.


Alltag:

Bei der Gesellschaftsschicht, der es besser ging – gibt es Tanzvergnügen. Der Charleston hat Hochkonjunktur, viel Glamour. Damen tragen jetzt gerne den „Bubikopf“. Einerseits Not, andererseits überschäumende Lebensfreude. Neue Arbeitszeitregelungen gestatten Sonntagsfreizeit. Zelten und Wandern werden modern (selbst mit dem aufziehbaren Grammophon im Gepäck oder im Auto). Aber auch jetzt noch gilt der Badeanzug für Männer als Pflicht. Andererseits entsteht die Bewegung der Freikörperkultur. Der Sport mit dem Rhönrad wird entdeckt. Die ersten Vereine frönen dem Fußballsport.


Natur:

Am 05. Mai hatten wir in Potsdam rund 30°C. Eine ungewöhnlich hohe Temperatur.

Ein schweres Erd-/Seebeben in der Sagamibucht in Japan. Ungefähr 100.000 Menschen überleben das Beben nicht.



1924

Politik:

Am 21. Januar stirbt der Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion Wladimir Iljitsch Uljanow (genannt Lenin). Sein Nachfolger wird Josef W. Stalin (der Stählerne).

1. April: Prozess gegen Hitler wegen seines blutigen Putsch-Versuches in München. Er erhält als Urteil fünf Jahre Haft und eine Geldstrafe in Höhe von 200 Goldmark. Im Gefängnis schreibt er „Mein Kampf“, d. h. wegen der kurzen Haftzeit beginnt er vorerst damit. Mitte des Jahres 1925 wird das Buch veröffentlicht. Von seiner Haftstrafe braucht er nur wenig absitzen, denn am 20. Dezember 1924 erreicht ihn eine Amnestie – wegen sehr guter Führung.

Die Gemeinde Nowawes erhält das Stadtrecht.


Wissenschaft und Technik:

Eine Arbeitsgruppe um Dr. Esau entwickelt (wie auch andere zu seiner Zeit) einen Kurzwellen-Radiosender. In diesem Jahr gibt es die erste Radiosendung der Menschheitsgeschichte. Sie wird vom Pariser Eiffel-Turm ausgestrahlt.

12. Oktober: Ein Zeppelin-Luftschiff überquert von Friedrichshafen aus zum ersten Mal den Atlantik. Am 15. Oktober landete das 200 m lange Luftschiff ZR 3 (LZ 126) unter der Leitung von Dr. Hugo Eckener nach einer Flugdauer von 71 Stunden und 17 Minuten in Lakehurst bei New York. Das Luftschiff galt als Reparationsleistung für Schäden des Ersten Weltkrieges. Dr. Eckener wird Ehrenbürger der Stadt New York. Die ZR 3 besitzt fünf Motoren mit je 400 PS und erreichte eine Geschwindigkeit von 120 km je Stunde.

Die Berliner Vorortbahnen fahren ab 1924 als S-Bahn (Stadtbahn) elektrisch.

Der Produktionsbetrieb für leichte Lokomotiven „Orenstein und Koppel“ in Drewitz/Neuendorf bei Potsdam hat die 10.000ste Lokomotive ausgeliefert.

Die Kunstseide ist entwickelt.


Literatur:

Thomas Mann veröffentlicht seinen Roman „Der Zauberberg“.


Musik:

Der Jazz hält seinen Einzug in Deutschland. Susan Baker ist die derzeitig umschwärmte Sängerin.

Schlager: „Mit dir, mit dir, möchte ich am Sonntag angeln geh’n“.


Soziales / Kriminalität:

Der Fleischer Fritz Hamann wird zum Tode verurteilt, weil er 27 Männer zu Fleisch verarbeitete und verkauft hat. Die Mordserie wurde wohl aufgedeckt, so wird erzählt, als ein Stück Ehering in einer Wurst gefunden wurde. Der „Buschfunk“ spricht davon, dass die Opfer durch eine Falltür des Verkaufsraumes in den im Keller aufgestellten Brühkessel stürzten.



Nachrichten aus dem Jahre 1925

Politik:

Die Konferenz von Locarno legt fest, dass im Zuge der Gebietsausgleiche nach dem Weltkrieg Elsass und Lothringen endgültig an Frankreich fallen.



Wissenschaft:

In der Cheops-Pyramide im Tal der Könige, etwa 10 km südlich von Kairo legen Archäologen das Grab der Königin Hetep-Heres, der Mutter Cheops frei. Es ist offenbar unangetastet, von Grabräubern nicht gefunden. Der gesamte Raum mit seiner Einrichtung gilt als ein prunkvoller Schatz, der im Kairoer Museum ausgestellt ist.

Graböffnung in Luxor in Ägypten. Vergoldetes Holz strahlt den Archäologen am 25. Januar 25 entgegen, als sie In Ägypten das über 3.000 Jahre alte Grab des kindlichen – Pharaos Tutanchamun öffnen. Bereits 1922 hatte der britische Forscher Howard Carter die Stelle nahezu unversehrt entdeckt. (Datenangaben umstritten – vergleiche mit 1922).

Der Polarforscher Roald Amundsen wählt für seine neueste Nordpol-Expedition das Flugboot „Do J“ aus der Werft Dornier am Bodensee.


Technik:

In diesen Jahren gibt es zahlreiche Versuche, um Fernsehbilder zu erzeugen. Gute Erfolge sind beim Schotten John Logie Baird zu verzeichnen, bei dem auch Manfred v. Ardenne zum Erfahrungsaustausch zu Gast ist.


Wirtschaft und Verkehr:

Der momentan verkehrsreichste Platz der Welt soll der Potsdamer Platz in Berlin sein. Hier wurde kürzlich die erste Verkehrsampel Europas aufgestellt.


Bautechnik:

Vom ersten April 1925 an, besteht das neue Bauhaus-Gebäude in Dessau, entworfen von Walter Gropius. Vorher war es in Weimar beheimatet.


Beitrag zur Weltverständigung:

Dr. Hugo Junkers regt den Zusammenschluss von vorerst 12 europäischen Staaten an, die „Europa-Union. Am 07. September findet die Gründung in Dresden statt.


Literatur:

Sehr gerne werden Bücher von Karl May und Hedwig Courths-Mahler gelesen.

Im November erscheint das erste Kreuzworträtsel. Es wird in der „Berliner Illustrierte“ veröffentlicht


Kultur / Film:

In der Stummfilmzeit werden auch in Deutschland die Amerikaner Charlie Chaplin, Buster Keaton sowie Pat und Patterchon Publikumslieblinge.


Soziales:

Die Berufstätigkeit der Frauen, zumindest bis zur Hochzeit, beginnt sich durchzusetzen, fördernd beeinflusst wohl auch von dem kriegsbedingten Männermangel.


Sport:

Rekordzeit im Ärmel-Kanal-Schwimmen: 14 1/2 Stunden.



1926

Politik:

Viele Gebäude die früher „Der Krone“ gehörten, fallen an den Staat. So wird auch das Stadt-Schloss (bis 1945) Sitz des Magistrats, da das Rathaus am Alten Markt viel zu klein ist.

Briand und Stresemann erhalten den Friedens-Nobelpreis.

Am 24. April schließen Deutschland und Russland einen Freundschafts- und Neutralitätsvertrag.

08. September: Deutschland wird in den Völkerbund aufgenommen, wird nicht mehr als Kriegstreiber geächtet. Damit wird das Land auch frei von französischer, belgischer und englischer Militär-Besetzung (bis auf das Rheinland). Dr. Konrad Adenauer ist Oberbürgermeister von Köln.

Am 10. Dezember erhält der deutsche Außenminister Gustav Stresemann gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Aristide Briand den Friedensnobelpreis


Wissenschaft:

Seit 1926 bis heute (2008) werden in Peru (Nazca) und Bolivien die rätselhaften schnurgeraden, oft kilometerlangen Linien (aber auch Tierdarstellungen im Gelände auf ihre Bedeutung untersucht, ohne dass sie bis heute restlos geklärt erscheinen. Die Linien werden etwa 100 vor Chr. bis etwa 500 n.Chr. angelegt worden sein und könnten sowohl astronomische, als auch kultische oder religiöse Bedeutung haben.


Wirtschaft:

Nach dem Ende der Inflation und dem Einströmen amerikanischer Kredite verbessern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland.


Technik:

In den USA baute Robert Goddard die erste Flüssigkeitsrakete (der Neuzeit). Diese war 330 cm lang, flog 54 m weit bei einer Steighöhe von 27 m (siehe auch 1935).


Wirtschaft:

In diesem Jahr wird die Lufthansa gegründet.

In Berlin-Tempelhof wird auf dem ehemaligen Exerzierplatz der weltweit erste Flughafen für den Linienverkehr eingerichtet (April).

In Nowawes etabliert sich die Schallplattenfirma „Electrola“.


Literatur / Film:

Fritz Lang dreht in den Filmstudios von Neu-Babelsberg den Film „Metropolis“ über versklavte Massen in einer Zukunftsstadt.


Kultur in Potsdam:

Die kulturhistorische Abteilung des Museum befindet sich im Hause Am Neuen Markt 6.


Soziales:

In Düsseldorf gibt es die größte Messe über moderne Wohnverhältnisse, Kindergärten und Schulen, Die GESOLE (Gesundheit – Soziales - Leben). In dem dazugehörenden Vergnügungspark gibt es zum ersten Mal „Autoscooter“.


Alltag, Nachrichten aus der Stadt Potsdam:

03. 10. Reichsmeisterinnentag der Jungdeutschen Schwesternschaften.

17. 10. Erstes Potsdamer Hundeturnier im Potsdamer Luftschiffhafen.

10. 11. Feier: 200 Jahre des Bestehens der Heiligengeistkirche.

24. 11. Stadtmuseum am Neuen Markt eröffnet.

02. 12. Typhusepidemie in Potsdam. // In der Havel wurde ein 22pfündiger Hecht gefangen.

05. 12. Fest des Landesverbandes des Bundes der Radfahrer.



Zeitgeschichtliches im Jahre 1927

Politik:

Eine Pflichtversicherung für den Fall von Arbeitslosigkeit wird am 16. Juli eingeführt. Im Sept. tritt Deutschland dem internationalen Schiedsgerichtshof in Den Haag bei.

Der Franzose Buisson und der deutsche Historiker Ludwig Quidde teilen sich den diesjährigen Friedensnobelpreis.


Wissenschaft:

Der Brite (Sir) Alexander Fleming entdeckt (aus Versehen) das Penicillin und seine antibakteriellen Eigenschaften. Es handelt sich um den Schimmelpilz „Penicillium notatum“, den er zuerst gegen Staphylokokken einsetzt. Anwendung im Tierversuch im Jahre 1940. Die Großanwendung wird aber erst im nächsten Weltkrieg einsetzen. Bisher schwört man noch auf die Anwendung der Sulfonamide (Schwefelpräparate des Deutschen Domagk).


Maschinenbau:

Die Fa. Opel testet ein Raketenauto auf der Berliner AVUS. Es beschleunigt sich in 8 Sekunden von 0 bis 100 km/h.

Flugtechnik: 20. /21. Mai 27. Nordatlantikflug (1. Alleinflug) von West nach Ost durch den Postflieger Charles Lindbergh in 33,5 Stunden von New York nach Paris. Sein Flugzeug „Spirit of St. Louis“ist „ein fliegender Benzintank“. Eine Vorschau: Später hatte er mehrere Familien, gefördert durch seine vielen Reisen während der Tätigkeit für den USA-Militär-Geheimdienst im „Dritten Reich“ und danach. Es sollen mindestens drei Familien mit mehr als zehn Kindern gewesen sein. Die jeweiligen Frauen wussten von den anderen Frauen / Familien nichts. Dazu gehörte natürlich seine Frau in den USA, mit der er sechs Kinder hatte. Für die anderen war nur Zeit für Kurzbesuche. Geld, um sie zu versorgen, hatte er wohl. So hatte er z. B. allein in München Frau Hessheimer drei Kinder von ihm. 1974 starb er mit 72 Jahren. 2001 stirbt Frau Lindbergh in den USA. Erst nach dem Tod der Frau Hessheimer (2004 / 2005) erfahren ihre Kinder, wer ihr unbekannter Vater war.

Mit einem Flugboot „Do J“ von den Dornier-Werken, gelingt dem Portugiesen Sarmento de Beires ebenfalls eine Nachtüberquerung des Atlantischen Ozeans.


Wirtschaft:

Der Nürburgring, eine Auto- und Motorrad-Rennstrecke in der Eifel, wird nach dreijähriger Bauzeit am 18. Juni 1927 fertig gestellt. Der Kurs ist 22,8 Km lang und wurde auf Grund einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der Reichsregierung für das wirtschaftliche Notstandsgebiet entwickelt.

Zwischen Berlin und Hamburg verkehren ab 1. Juli Züge mit einem Salonwagen. Der Wagen enthält sieben Abteile mit je zwei Plätzen. in den Abteilen befinden sich kleine Schreibtische, wie auch ein Waschtisch.


Bauen in Potsdam:

Die Straße „Am Brauhausberg“ wird als Umgehungsstraße (Entlastung der Leipziger Straße) ausgebaut und mit Straßenbahngleisen versehen. Die neue Linie zum späteren Neubau des Schützenhauses soll in drei Jahren fertig sein.


Musik:

Sechs Musiker gründen in Berlin die Gruppe „Comedian Harmonists“. Es handelt sich um fünf Sänger und einen Pianisten. Drei von ihnen sind jüdischer Abstammung, was erklären soll, dass die Gruppe im „Dritten Reich aufgelöst wurde. Zu den bekanntesten Liedern gehören: „Veronika, der Lenz ist da“, „Der kleine grüne Kaktus“, „Irgendwo auf der Welt“, „Amalie geht mit dem Gummikavalier ins Bad“.


Film: In den USA dreht Walt Disney den ersten der Micky Mouse Zeichentrick-Filme.

In Nowawes, Lindenstraße öffnet das „Thalia-Kino“.


Soziales:

Das Diakonissenfeierabendheim des Oberlinvereins in Nowawes an der Ecke Wilhelmstraße / Lindenstraße wird eingeweiht. Pfarrer Theodor Hoppe (1846 – 1934), Leiter des Oberlinhauses, wird der Einzige Ehrenbürger von Nowawes sein.


Alltag:

Am 01. Juni eröffnet Reichspräsident v. Hindenburg den nach ihm benannten Eisenbahndamm zwischen der Nordseeinsel Sylt und dem schleswig-holsteinischem Festland. 300.000 t Steine wurden für den 12 km langen Damm aufgeschüttet, der an der Basis 50 m und an der Dammkrone 10 m breit ist.


Nachrichten aus der Stadt Potsdam:

01. Januar: Die Potsdamer Havel führt mit 1,70 m über Normal „mittleres Hochwasser“.

06. 01. Die Grippeepidemie nimmt zu. Das DRK stellt zusätzliche Krankenbaracken auf dem Krankenhausgelände auf.

03. 02. Das Havelhochwasser beträgt jetzt 1,95 m.

25. 02. Der Bote des Städtischen Gaswerkes Bernhard Hammermeister wird am Ruinenberg überfallen, ermordet und beraubt. Der oder die Täter sind flüchtig.

31. 03. 100-Jahr-Feier zum Bestehen der Kolonie Alexandrowka in der Newski-Kapelle

30. 04. Schon wieder ist eine Brandstiftung im Amtsgericht Kaiser-Wilhelm-Straße entdeckt worden.

15.05. Enthüllung des Weihesteins im Luftschiffhafen für die 1.700 im Weltkriege gefallenen Söhne der Stadt.

21. 05. Beginn der Allgemeinen Wassersportausstellung (AWA).

29. 05. Jubelfeier. 100 Jahre Schornsteinfegerzwangsinnung.

01. 06. Ausreise des Potsdamer Meteorologischen Observatoriums zur Lappland-Expedition.

11. 06. Der amerikanische Flieger Chamberlin und sein Begleiter Levine werden im Luftschiffhafen vom Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung begrüßt. // Fernwettfahrt der Wanderboote auf dem Kurs: Rund um Potsdam.

30. 06. Stadtgeschichtliche Entdeckung. Die Ansicht des Vorgängerbaus der heutigen Garnisonkirche in der Breiten Straße ist in einem Gesangbuch von 1740 entdeckt worden.

03. 07. In der „Siedlung Eigenheim“ ist die Damaschke-Bank eingeweiht worden.

19. 07. Fünf Luisenbrautpaare und ein Silber-Luisenbrautpaar werden heute im Andenken an die hochselige Königin Luise in der Garnisonkirche getraut.

23. 07. Es stirbt der Kunstmaler und Stadtrat a. D. Fritz Rumpf.

05. 08. Es stirbt der bekannte Kaufmann Wilhelm Spormann.

20. 08. Eine Gruppe amerikanischer Journalisten besichtigte Potsdam.

26. 08. Amtsrat a. D. Alfred d’ Alton-Rauch, der letzte Enkel des Bildhauers Christian Daniel Rauch, begeht seinen 90sten Geburtstag.

11. 09. Brandenburgisches Provinzial-Missionsfest in Potsdam. // Beginn der 2. Gildewoche der Potsdamer Künstler. Die „Potsdamer Tageszeitung“ (Hayns Erben) wird mit der Gilde-Medaille ausgezeichnet.

16. 09. Die Stadtverordnetenversammlung bewilligt den städtischen Beamten eine finanzielle Beihilfe für diesen Monat.

17. 09. Im Leibreitstall wird die Ausstellung des Kunstvereins eröffnet.

27. 09. Der Brandenburgische Verkehrsverbund wird in Potsdam gegründet.


Mode der Damen:

Viel Knie wird gezeigt aber wenig Taille, auf eine knabenhafte Figur legt man Wert („gotisch - schmal“) und trägt als Frisur gern einen Bubikopf.


Naturgewalten:

Am 30. Dezember fällt in Oesede bei Osnabrück ein 3,6 kg schwerer Eisenerzklotz aus dem All zur Erde nieder.



Anmerkungen zum Jahre 1928

Politik:

Mit dem „Briand-Kellog-Pakt“ wird der Krieg, als Mittel zur Lösung politischer Probleme geächtet. Deutschland tritt diesem Pakt bei.

Im Winter 1928 / 29 treten Anzeichen für eine neue Wirtschaftskrise auf. Die Arbeitslosenzahl wird auf 2 Millionen Menschen geschätzt.


Wissenschaft:

(Sir) Alexander Fleming züchtet im Herbst dieses Jahres aus dem Pinselschimmel Penicillium notatum gezielt das erste Antibiotikum (Penicillin). Es entstand aus seiner Beobachtung, dass die Schimmelpilze Staphylokokken abtöten. Die Massenproduktion und erstmalige Großanwendung wird im 2. Weltkrieg gegen Wundbrand helfen.


Technik:

In der jährlichen Berliner Funkausstellung wird den Besuchern erstmals das Fernsehen vorgestellt: Großer Holzkasten, Bildschirm 3 x 4 cm groß mit schemenhaften Bildern und den groben Zeilen der Nipkow-Scheibe.

Manfred v. Ardenne arbeitet an der Weiterentwicklung der Braunschen Röhre in Zusammenhang mit der Verbesserung von Fernsehbildern.

Erfunden werden in diesem Jahr das Elektrobügeleisen mit Thermostatregelung und die Wäscheschleuder.


Verkehr:

Am 13. / 14. April waren es (ein Jahr nach Charles Lindbergh) europäische Flieger: die Herren Köhl, von Hünefeld und Fitzmaurice, die den Atlantik als erste in umgekehrter Richtung, von Osten nach Westen überflogen. Die Strecke führte sie von Irland nach Kanada. Sie flogen die Junkers-Maschine W 33 „Bremen“ und benötigten für diese Distanz eine Flugzeit von 36 Stunden. Auch ihre Leistung war natürlich in aller Munde. Nach ihrer Rückkehr wurden sie stürmisch auf dem Gelände des Potsdamer Luftschiffhafens an der Pirschheide und dem Templiner See. Die technische Entwicklung geht stürmisch voran (siehe 1939 – das Düsenflugzeug).


Ende Mai stürzt der italienische General Umberto Nobile mit seinem Luftschiff „Italia“ in der Nähe des Nordpols, auf der Rückfahrt ab. Das Luftschiff wird zerrissen. Ein Teil der Besatzung fliegt davon und wird nicht mehr aufgefunden Nobile hingegen stürzt wie verschiedene Leute der Besatzung auf das Eis. Etwa einen Monat verbrachten die Luftschiffer bei klirrender Kälte im Zelt auf dem Eis. Sie werden am 23. Juni von dem norwegischen Flieger Einar Lundberg gerettet. An den Rettungsversuchen waren etwa 1.500 Polarspezialisten mit 16 Schiffen, 21 Flugzeugen und mehreren Schlittengruppen beteiligt. 17 Besatzungsangehörige bzw. Rettungshelfer starben bei der Aktion. Der norwegische Polarforscher Roald Amundsen, der am 18. Juni zu einem Rettungsflug startete, bleibt vermisst. Nobile gilt als überheblich, leichtsinnig und fachlich nicht besonders gut.


Beginn des Baues der Autobahn von Köln nach Bonn. Der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer tut dazu „den ersten Spatenstich“.

Die elektrische S-Bahn (Stadtbahn, Schnellbahn) nimmt zwischen den Endbahnhöfen Potsdam und Berlin – Friedrichstraße den Betrieb auf. Welch ein großer Fortschritt.

Der deutsche Industrielle Fritz von Opel konstruiert einen Rennwagen, der von Feststoffraketen angetrieben wird. Bei den Testfahrten erreicht er eine Geschwindigkeit von 230 km/h.

Im November fährt Dr. Hugo Eckener mit dem Luftschiff „Graf Zeppelin“ nach Amerika.


Literatur / Film:

In Neubabelsberg beginnt man Filme zu drehen bei denen gleichzeitig die Sprache und andere Töne wiedergegeben werden. Der Tonfilm wird Wirklichkeit.



1929

Politik:

Seit dem 11. Februar 1929 ist die Vatikanstadt innerhalb von Rom ein selbständiger Staat. Auf seiner Fläche von etwa 110 Fußballfeldern (0,5 Quadratkilometern) leben etwa 850 Menschen.

Deutschland wird nach dem Dawes-Plan, nun mit dem Young-Plan von Kriegsreparationen weiter entlastet.

In Berlin blutige Demonstrationen – Zusammenstöße mit der Polizei.

Briand und Stresemann legen am 04. September dem Völkerbund den Plan für ein vereintes Europa vor.


Wissenschaft:

Berger entwickelt das Elektroenzephalogramm (EEG).


Technik:

In diesem Jahr fand die erste Non-Stop-Fahrt eines Luftschiffs rund um die Erde statt. Es handelte sich um das Schiff LZ 127 „Graf Zeppelin“, das in 20 Tagen eine Strecke von 24.000 km zurücklegte.

Am 12. Juli startete das große Wasserflugschiff Dornier Do-X zum ersten 40minütigen Rundflug über den Bodensee. 169 Passagiere (Werksangehörige mit Familienmitgliedern, bei Langstecken-Luxus-Flügen nur 66 Passagiere), 12 Motore von je 600 PS Leistung. Maximale Geschwindigkeit 210 km/h.

Am 16. Juli beginnt der Dampfer „Bremen“ seine Jungfernfahrt nach New York. Er fährt mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 28 Knoten und benötigte für die Wertungsstrecke für „den Kampf um das Blaue Band“ von Nordfrankreich bis New York, 4 Tage, 17 Stunden und 42 Minuten und gewinnt damit als schnellstes Schiff das Blaue Band.

Auf den Markt gebracht wurde der erste Elektrokühlschrank.

Die Berliner S-Bahn fährt mit Wagen 2. und 3. Klasse für 20 Pf. Die Dritte Klasse ist ausgestattet mit geknüpften Netzen zur Gepäckablage, Messingaschenbechern, Holzsitzen und Textilvorhängen. Die Zweite Klasse hat auf den Holzsitzen Polsterbezüge.


Bauen in Potsdam und Umgebung:

In Neubabelsberg, in der Nähe des Bahnhofs Drewitz, wird von der Ufa das erste Tonfilmgroßatelier, wegen seines Grundrisses das „Tonkreuz“ genannt, gebaut.


Wirtschaft:

Die USA im Aktienfieber. Ein Aufschwung ohne Ende? Eine Überproduktion besteht. Die Kaufkraft wächst nicht gleichermaßen mit. Der 25. Oktober 1929 ist „der schwarze Freitag“ an der Wallstreet, mit dem großen Börsenkrach und großem Kurssturz. Beginn der Weltwirtschaftskrise, die bis nach 1933 wirksam bleibt. Das Ende der „Goldenen Zwanziger“.

Weltausstellung in Barcelona. Deutscher Pavillon gestaltet von Mies van der Rohe, einem namhaften Vertreter des Bauhauses.


Literatur:

Thomas Mann (1875 – 1955) erhält den Nobelpreis für Literatur.

Soziales:

Viele Menschen sind arbeitslos. Demonstrationen in Berliner Arbeitervierteln.

Der Tagessatz der Unterstützung für Erwerbslose beträgt 10 Pf (Pfennige). Das ist soviel wie ½ Fahrkarte für die S-Bahn.


Naturerscheinungen:

In der Nacht vom 2. zum 3. Februar haben wir nachts -23°C Frost.



Notizen zum Jahr 1930

Politik:

Mit Reichskanzler Hermann Müller (SPD) stürzt am 27. März die letzte parlamentarische Regierung der Weimarer Republik. Am 30. März wird Heinrich Brüning (Zentrumspartei) Reichskanzler. Die Weltwirtschaftskrise wirkt sich verheerend auf Deutschland aus. Als eine Gegenmaßnahme wird die Annullierung des Versailler Vertrages versucht. In der Konferenz von Lausanne wird es 1932 tatsächlich zum Streichen der Reparationsforderungen kommen. 4,4 Mio. arbeitslose Menschen. Bei den Reichstagswahlen erhält die NSDAP 18% und 107 Sitze, sie ist nach der SPD die zweitstärkste Partei, die Deutsch-Nationalen 41 Sitze, die Kommunisten 77 Sitze (eine neue Macht soll das Ruder herumreißen).

Nun rücken die letzten französischen Besatzungstruppen aus dem Rheinland ab.

In Indien ruft Mahatma Gandhi zum gewaltfreien Widerstand gegen die britische Kolonialherrschaft auf. Dazu gehört der „Salzmarsch für Freiheit“, um die hohe britische Salzsteuer zu brechen. 90.000 Menschen nehmen daran teil. Die Engländer hingegen antworten darauf mit Gewalt.


Wissenschaft und Technik:

Clyde W. Tombaugh vom Lowell-Observatorium in Flagstaff entdeckt den sonnenfernsten Planeten Pluto. Sein Durchmesser beträgt nur 2.300 km. Für eine Sonnenumrundung benötigt der Planet auf seiner Bahn etwa 250 Jahre.

Der Raketenspezialist Max Valier (1895 - 1930) verunglückt bei der Explosion eines Versuchstriebwerks tödlich.

Herr Professor Albert Einstein eröffnet die Funkausstellung in Berlin.


Bauen in Potsdam:

Am 05. Juni wird die Straßenbahnlinie vom Leipziger Dreieck durch die Straße „Am Brauhausberg“ zum neu erbauten Schützenhaus in der Michendorfer Chaussee in Betrieb genommen. Architekt des neuen Schützenhauses ist Heinrich Ludwig Dietz. Die Weiterführung der Strecke bis nach Caputh ist vorgesehen. Wegen der Steigung am Brauhausberg werden die besonders leistungsstarken Hecht-Zugwagen eingesetzt.


Film:

In diesem Jahr beginnt die „Oscar-Verleihung“ für Filmwerke und Schauspieler.

Die UFA dreht in Neubabelsberg „Der Blaue Engel“ mit Marlene Dietrich als Lola.

Der Film „Im Westen nichts Neues“ nach dem Buch von Erich Maria Remarques Buch über den Ersten Weltkrieg kommt zum Jahresende in die Kinos.


Sport:

Max Schmeling wird Boxweltmeister. Er wohnt in Saarow am Scharmützelsee.


Alltag:

In den Vereinigten Staaten von Nordamerika erfindet der Filmproduzent und Zeichner Walt Disney die Entenfiguren Donald Duck, Dagobert und die Kinderenten Tick, Trick und Track.

Unter dem Namen „Tempo“ werden erstmals Papiertaschentücher produziert.


Naturgewalten:

Am 30. September gehen in Beverbruch (Oldenburg) zwei Meteoriten von 11,7 kg bzw. 4,8 kg auf die Erde nieder.



1931, Verschiedenes aus diesen zwölf Monaten

Politik:

Arbeitslosigkeit im Januar: 4,77 Millionen, im Dezember werden es 5,66 Mio. sein.

Albert Einstein unterstützt die „Internationale der Kriegsdienstverweigerer“.


Wissenschaft und Technik:

Die Amerikanerin Amelia Earhart, geb. 1897, flog alleine über den Atlantik. Siehe auch 1922 und 1937.

Auf der jährlichen Berliner Funkausstellung wird ein neues Fernsehsystem vorgestellt – ohne Nipkowscheibe, sondern mit einem Elektronenabtaststrahl der Braunschen Röhre. Mit dieser Entwicklung (Manfred v. Ardenne) gelingt das Übertragen von Kinofilmen mit der Fernsehtechnik. Das elektronische Fernsehen beginnt.

Am 15. Januar gelingt dem Sender in Nauen erstmals ein drahtloser Funkkontakt mit der US-Funkstation auf Long Island bei New York. Die 5.200 km-Verbindung ermöglichten Hochfrequenzmaschinen beider Stationen.

Der Wissenschaftler Jansky entdeckt, dass Sterne = Sonnen natürliche Radiowellen ausstrahlen (siehe 1937 und 1946).

„Sirama“, so heißt der erste elektrische Rasierapparat. Siemens bringt ihn auf den Markt.

Das erste Haushaltwaschmittel aus synthetischen Stoffen wurde entwickelt. „FEWA“heißt es. Werbemarke: Runder Kopf mit rundem Dutt.

Am 18. Oktober stirbt Thomas Alva Edison mit 84 Jahren. Es gibt in New York eine Stromabschaltung für eine Gedenkminute. Edison war es, der der Welt das elektrische Licht beschert hatte.


Bauten in der Welt:

Am 01. Mai 31 weiht US-Präsident Herbert Hoover das Empire State Building ein. Das Bürogebäude hat 102 Etagen und ist 391 m hoch. Der verantwortliche Konstrukteur ist William F. Lamb. Für vier Jahrzehnte, bis 1973, wird es das höchste Gebäude der Erde sein. Bei San Francisco wird die Golden-Gate-Brücke gebaut.


Bauen in Berlin:

Der Architekt Heinrich Tessenow baut die „Neue Wache“ in Berlin, ein Schinkel-Bau, zum Ehrenmal für Gefallene um.

Zwischen Berlin und Potsdam wird der Verkehr mit elektrischen Bahnen eingerichtet. (S-Bahn // Stadtbahn / Schnell-Bahn).

Bauen in Nowawes:

Eröffnung der Lehrwerkstätten für Behinderte und einer Klinik auf dem Oberlingelände in Nowawes.


Literatur:

Es erscheint „Schloss Gripsholm“ von Kurt Tucholsky. Ebenfalls „Der Hauptmann von Köpenick von Carl Zuckmayer (nach wahrer Begebenheit). Bert Brechts „Dreigroschenoper“ wurde verfilmt.


Kultur in Potsdam:

Das Museum zeigt Sonderausstellungen in der „Gloriette“ auf dem Bassinplatz. Die naturgeschichtliche Abteilung ist im Stadtschloss untergebracht, die prähistorische Abteilung im Turmzimmer des Alten Rathauses Am Alten Markt.


Kultur in der Weihnachtszeit:

Das Weihnachtslied „Oh Tannenbaum“ stammt im Prinzip von einem Potsdamer Lehrer, wurde jedoch als Liebesschmerzlied im Sommer geschrieben ... in der Erstfassung: „Oh Mägdelein, oh Mägdlein ...“ Die Treue kam aber auch darin bereits vor.

Der Weihnachtsmann durchlebte bis heute sehr verschiedene figürliche Darstellungsarten. Er erschien mal in der Gestalt, die man auch einem Landstreicher zugemutet hätte oder selbst als Kobold. Und es galt ohnehin: Andere Länder – andere Sitten. 1931 gab aber der amerikanische Limonadenhersteller einem Künstler den Auftrag einen „guten Weihnachtsmann“ zu gestalten und seither verkauft jener Coca Cola dort und beschenkt auch die Menschen, in seiner Gestalt mit leichter Körperfülle, im roten Mantel steckend, gutmütig rundes Gesicht, gerötete Wangen und mit weißem Bart ausgestattet. So war dieses Jahr seine Geburtsstunde, in die er schon als ein längst Erwachsener trat.


Alltag, Nachrichten aus Potsdam:

22. 11. Große Fleischereiausstellung der Potsdamer Schlächtermeister.

Ein (erster) elektrischer Rasierapparat wird in den Geschäften ab März angeboten.



Einige Notizen zum Jahre 1932

Politik:

In Deutschland gibt es knapp 7 Mio. Arbeitslose. Wahl zum Reichspräsidenten am 10. April: Der 85jährige Paul von Hindenburg erhält 53 % der Stimmen, Adolf Hitler (NSDAP) 37% und Ernst Thälmann (KPD) 10 %. Das Kabinett Brüning wird (von rechts) gestürzt, von Papen und anschließend General Schleicher können nur kurzlebige Kabinette bilden, da die Nationalsozialisten, Deutschnationale und Kommunisten (gemeinsam) die Mehrheit stellen, die jede ordentliche demokratische Regierung verhindern. Somit ist die demokratische Weimarer Republik am Ende ihres Bestehens.

25. Februar: Dem noch in Österreich lebenden aber inzwischen (auf eigenen Wunsch) staatenlosen Adolf Hitler gelingt es die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen.

In den USA wird Roosevelt neuer Präsident. Die USA kann ihre Krise nicht in gute Bahnen lenken. Es ist die Überproduktion von Lebensmitteln. Um die Preise zu halten, werden Unmengen, beispielsweise von Kaffee und Weizen ins Meer geschüttet, obwohl es in der Weltbevölkerung, wie auch in der eigenen ärmeren Bevölkerung Hunger gibt.


Wissenschaft:

G. Domagk entwickelte die Sulfonamide als chemische Heilmittel. Er wird dafür 1939 den Nobelpreis erhalten.

Prof. Werner Heisenberg erhält den Nobelpreis für Physik.

Der amerikanische Zoologe William Beebe (1877 – 1962) beginnt die Tiefsee-Erforschung in einer Tauchkugel bis zu einer Tiefe von 750 m.


Kunst und Kultur:

Die UFA in Neubabelsberg (Universum-Film-Aktiengesellschaft) gehört A. Hugenberg, wird aber 1933 staatlich und später dem Reichspropagandaministerium (für „Volksaufklärung“) unterstellt.


Alltag, Nachrichten aus Potsdam:

01. 02. Der Organist Wilhelm Kempff wird als ordentliches Mitglied der Abteilung für Musik in die Akademie der Künste gewählt.

27. 02. der eintausendste Deutsche Blindenführhund wird seinem Herrn übergeben. // Oberbürgermeister Rauscher wird Vorsitzender der Brandenburgischen Provinzialregierung mit ihrem Sitz in der Nauener Straße 32 / 33.

01. 03. Direktor Fritz Jesinghaus ist 25 Jahre im Städtischen Elektrizitätswerk tätig.

03. 03. Der Hauptobservator am Astrophysikalischen Observatorium, Herr Prof. Dr. Wilhelm Westphal wird 50 Jahre alt.

22. 03. Bierpreissenkung!

14. 04. Goldenes Militärjubiläum des Generalleutnants a. D. Bernhard Graf Finck zu Finckenstein.

28. 04. Das erste Frühlingsgewitter des Jahres über Potsdam.

08. 05. Die Wohnung der Königin Luise wurde (im Stadtschloss) im alten Stil wieder eingerichtet.

13. 05. Georg Fritsch wird Stadtbaurat in Potsdam.

19. 05. Der Wünschelrutengänger Schuldt veranstaltet Versuche zur Verbesserung der Akustik in der Nikolaikirche (mit zweifelhaftem Erfolg).

07. 06. Richtfest in der Stadtrandsiedlung (Kriegsopfersiedlung, Saarlandanger).

19. 06. Internationale Motoryacht - Wettfahrten auf dem Templiner See.

01. 07. Heinkel-Wasserflugzeuge veranstalten Luftrennen über den Templiner See.

Ab 07. 07. wird „Die Alte Fahrt“ an der Burgstraße ausgebaggert.

26. 07. Das Schulschiff „Niobe“ kenterte. Drei junge Leute aus Potsdam starben dabei.

31. 07. 200-Jahr-Feier der Garnisonkirche.

07. 08. 70 Jahre alt wird Oberst a. D. Alfred Keller, Leiter der Numismatischen Abteilung des Städtischen Museums. // Einweihung der Kolonie „Sternschanze“.

02. 09. Feier zum 25jährigen Bestehen der Potsdamer „Elektrischen“ (Straßenbahn).

27. 09. Die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes ist beendet.


Sport:

Die Olympischen Spiele finden in diesem Jahr in Los Angeles statt.



Die Zeit 1933 – 1945 – die Zeit des „Nationalsozialismus“ und des Zweiten Weltkrieges


1933

Am 30. Januar ernennt der Reichspräsident Paul v. Hindenburg den A. Hitler zum Reichskanzler.

05. März Reichstagswahl. Die NSDAP bleibt mit 43,9% unter der absoluten Mehrheit; geht aber mit den Deutschnationalen zusammen. SPD: 18,3%, KPD: 12,3%, Zentrumspartei 11,2% und Deutsch Nationale Volkspartei: 8%. Somit hat diese „Zweckbündnis“ über 50% erlangt.

21. März 33. Eröffnung der Reichstagssitzung (für den neugewählten Berliner Reichstag) in der Potsdamer Garnisonkirche als Versammlungsraum. Grund: Das Berliner Reichstagsgebäude war ab 27. Februar wegen Brandstiftung nicht nutzbar. Angeschuldigt werden der bulgarische Kommunist Georgi Dimitroff und der Niederländer van der Lubbe). Machtübergabe an Adolf Hitler aus den Händen des greisen Generalfeldmarschalls v. Hindenburg. „Der Tag von Potsdam“ gilt als der Beginn der Zeit des Nationalsozialismus, des neuen 3. Deutschen Reiches, der faschistischen Herrschaft in Deutschland.

Hitler erlässt die „Reichstagsbrandverordnung“, um die Demokratie vollends abzuschaffen. Joseph Goebbels kann seine Propaganda ungehemmt verbreiten.

Bereits ab 01. April wird der Boykott von Ärzten, Geschäften Rechtsanwälten jüdischen Glaubens bzw. jüdischer Herkunft betrieben.

Verbot der KPD, Verbot der SPD, Verbot aller Parteien außer der NSDAP.

Am 02. Mai bereits verbietet Hitler alle freie Gewerkschaften in Deutschland.

„Gleichschaltung aller Organisationen in die nationalsozialistische Richtung.

Ab 10. Mai zahlreiche Bücherverbrennungen (Werke von Marx, Mann, Kästner, Freud, Remarque, Kerr, Kurt Tucholsky, Carl v. Ossietzky und vielen anderen) an deutschen Universitäten und anderen Orten.

Das „Dritte Reich“, nach dem Kaiserreich des Mittelalters und dem Kaiserreich ab 1871, hat begonnen, ebenso die Emigration vieler Geistesschaffender. So verlässt auch Albert Einstein das Land und flieht im Herbst in die USA. Deutschland tritt aus dem Völkerbund aus, stellt sich außenpolitisch ins Abseits.


Technik:

Die Gorch Fock I wird am 3. Mai als Segelschulschiff in den Dienst gestellt. (1945 wird sie gesprengt, versenkt, später wieder gehoben, restauriert und fährt im Dienst der russischen Marine. Ab 2003 wird sie als Museumsschiff in Stralsund liegen).


Verkehr:

Ab Mai 1933 verkehrt der dieselelektrische Schnelltriebwagenzug „Der fliegende Hamburger“ mit einer Reisegeschwindigkeit von 125 km/h; Höchstgeschwindigkeit 160 km/h.

In der UdSSR ist der Weißmeerkanal eröffnet worden. Er verbindet das weiße Meer mit dem Onegasee. Er ist 227 km lang, 5 m tief und hat 19 Schleusen zum Höhenausgleich.

Am 29. Oktober 1933 wird die erste Verkehrsampel in Berlin, am Potsdamer Platz, aufgestellt.


Bauen in Potsdam:

Die Jungenschule in der Neuendorfer Schulstraße 9 erhält zur Erweiterung einen Anbau von dem Architekten F. Kuhnert.


Unterhaltungskultur:

In den USA , in Camden, New Jersey, eröffnet das erste Autokino der Welt. (In der Bundesrepublik Deutschland wird es im Jahre 1960 das erste deutsche Autokino geben).



1934

Politik:

Deutschland schließt einen „Nichtangriffspakt“ mit dem polnischen Nachbarn.

Der Reichspräsident Paul von Hindenburg stirbt Anfang des Monats August. Sein Posten wird nicht neu besetzt. Der Reichskanzler Hitler übt nun (lieber) beide Funktionen in Personalunion aus.

Chinas Kommunisten gehen unter der Führung von Mao Tse Tung „Auf den langen Marsch“ (der 14 Monate andauern wird). Mao ist von Beruf Hilfsbibliothekar. Er hat die Vision eines unter dem Kommunismus geeinten Chinas.


Bauen in Nowawes:

Die neue katholische St. Antonius-Kirche wird am 15. April geweiht.


Kriminelles:

Adolf Hitler hat Angst vor Nebenbuhlern. Unter dem Vorwand des so genannten „Röhmputsches“ lässt er SA-Führungskräfte ermorden und Intellektuelle oder stärkere Charaktere, die er für gefährliche Gegner in den eigenen Reihen hält. Es handelt sich um eine Liste von mindestens 83 Personen, die über das Land verstreut, hingerichtet werden. Unter den Ermordeten befinden sich auch der frühere Kanzler Schleicher und dessen Ehefrau, Gregor Strasser Organisationsleiter in der NSDAP, Erich Klausener (Katholische Aktion), Edgar Jung, ein Mitarbeiter von Vizekanzler v. Papen und Gustav v. Kahr, bayerischer Generalstaatskommissiar.


Technik:

Die Reichspost eröffnet in Berlin den ersten deutschen Fernsehsender mit dem Namen „Paul Nipkow“. Das Ganzmetallflugzeug „Ju 52“ aus den Junkers-Werken, verspricht ein sehr robustes, leistungsfähiges Großraumflugzeug zu sein. Es ist wieder mit einer Wellblechkarosse zur Stabilitätserhöhung bekleidet. Später wird man es liebevoll „Tante Ju“ nennen.


Alltag:

Erste Ferienreisen mit der neu gegründeten Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) werden vergeben.



1935

Politik:

Saarland – eine Volksabstimmung am 13. Januar ermöglicht die Rückgliederung des Saarlandes nach Deutschland. Wählen konnten die Einwohner unter


16. März – Einführung der Wehrpflicht. Offene Wiederaufrüstung (was der Versailler Vertrag weitgehend ausgeschlossen hatte).

Am 15. September werden die „Nürnberger Gesetze“ verabschiedet. Sie ermöglichen offiziell eine Abkehr von der Demokratie, geben den Nationalsozialisten freie Hand auch zur Unterdrückung anders denkender Menschen im eigenen Land, Menschen anderer Religionen oder fremdländischer Herkunft. Dazu gehört auch das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ und die daraus entstehenden Verordnungen, die das Leben bestimmter Bürgergruppen reglementieren, stark einengen und bedrohen.Von diesem Jahr an müssen weibliche jüdische Mitbürger als zweiten Vornamen „Sahra“ im Pass führen, Männer den Zweitnamen „Israel“. Der Ausweis wird zudem mit einem großen „ J “ markiert.

Carl v. Ossietzky wird wie viele andere verhaftet und in ein Konzentrationslager geschafft. Den ihm verliehenen Friedensnobelpreis darf er nicht annehmen. 1938 wird er an den Folgen dieser Inhaftierung (nach seiner Freilassung) sterben.


Wissenschaft und Technik:

Wegen seines hohen Gewichts wird erst jetzt ein Dieselmotor in einen Lkw eingebaut. Es handelt sich bei dem Fahrzeug um einen Mercedes-Benz 260 D, mit 45 PS, v max. 90 km/h.

Die ersten Farbfilme sind in den Kinos zu bewundern.

Manfred von Ardenne stellt das erste Fernsehgerät vor. Damit schafft er die Grundlagen des Fernsehens. Genutzt wurde ein Kathodenstrahlrohr. Bis dieses „Pantoffelkino“ aber Einzug in die Haushalte findet, vergeht noch eine Weile, so kommt man in „Fernsehstuben“ zusammen. Gesendet wird dreimal pro Woche für 2 1/2 Stunden und samstags am Abend. Der offizielle Sendebeginn ist der 22. März 1935 (siehe auch 1939).

Anschließend wird Manfred von Ardenne für Hitler an der Entwicklung der Atombombe forschen.

Erste Tonbandgeräte sind entwickelt worden.

In den USA baut Robert Goddard eine weitere Flüssigkeitsrakete (siehe auch 1926). Das neue Modell ist 450 cm lang und erreicht eine Steighöhe von 2.285 m.


Alltag:

Die Firma „Alete“ bringt bereits vorbereitete Babynahrung auf den Markt. Werbeslogan: „Alete kocht für’s Kind“.

In Berlin am Funkturm findet zum ersten Mal „Die grüne Woche“, eine internationale Landwirtschaftsausstellung statt.

Robert Wadlow (1918 – 1940) ist mit einer Körpergröße von 2,72 m derzeitig der größte bekannt gewordene Mensch auf unserer Erde.


Literatur:

Erich Kästner schreibt: „Das fliegende Klassenzimmer“.



Aus dem Jahre 1936

Politik:

17. Juli 1936. Ein Putsch in Spanisch-Marokko. General Franco unternimmt von Las Palmas (einer Insel der Kanaren) aus, den Militärputsch, der zum Bürgerkrieg führt. Er beginnt die rechtsgerichtete Militäroffensive mit dem Ziel, die erst im Februar gewählte linksdemokratische Volksfrontregierung in Madrid zu stürzen. In den folgenden drei Jahren erschüttert ein Bürgerkrieg das Land, in dem über eine halbe Million Menschen sterben. Einbezogen sind darin nicht nur das spanische „Mutterland“, sondern auch die früher kolonialisierten Mittelmeerinseln der Balearen und die Atlantikinseln der Kanaren, wie auch das afrikanische Marokko. Unter den Kämpfern nicht nur Einheimische sondern auch unterstützende Kräfte aus anderen Ländern (Internationale Brigaden, siehe Thälmann-Kolonne, „Spaniens Himmel breitet seine Sterne …“). Francisco Franco y Bahamonde, Führer der faschistischen Falange–Partei wird zum General und Staatschef auf Lebenszeit ausgerufen. Mussolini und Hitler bieten Franco ihre Hilfe an und schicken Soldaten. Noch während der Zeit der Olympischen Sommerspiele greift Hitlers „Legion Condor“ in den spanischen Bürgerkrieg ein. Deutsche Soldaten ohne deutsche Uniformen auf der Seite von Franco. Die Diktatur in Spanien wird erst 1975 mit Francos Tod enden. Nachfolger wird König Juan Carlos.

Das Konzentrationslager Sachsenhausen wird eingerichtet.


Technik:

Zur Olympiade gab es erstmals „Fernsehen“ – allerdings nicht in den Haushalten der Bürger. Der bekannte Hersteller von Filmmaterial „Agfa“ (Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrikationen) bringt den ersten Farb-Rollfilm (vorerst für berufliche Spezialisten) auf den Markt.


Erster Hubschrauberflug der Welt: Der FW 61 von Henrich Focke startete am 26. Juli 1936 auf dem Flugplatz bei Bremen.


Die schnellste (deutsche) Dampflokomotive der Welt aus der Baureihe 05 verkehrt zwischen Berlin und Hamburg mit rund 200 km/h. Auf den Testfahrten zwischen Nauen und Neustadt (Dosse) wurden 200,4 km / h erreicht. Die Maschine ist 27 m lang, voll stromlinienförmig verkleidet und fährt mit einer Anhängemasse von 197 t. Ihr wird Kohlestaub in den Feuerungskessel geblasen.


Archäologie / Geologie:

Im November werden bei Peking, nahe den Drachenbergen, etwa 40 Skelette freigegraben. Die Altersbestimmung ergibt 500.000 Jahre. Diese Altersgruppe der Menschheitsgeschichte wird nach dem Fundort „Der Pekingmensch“ benannt.


Bauen in Potsdam:

Der „Burgturm“ des Reichsarchivs am Brauhausberg wird von 64 m Höhe auf 50 m reduziert und modernisiert. Weitere „sachliche“ Klinkerbauten werden angefügt (1934 – 1937).

In den Jahren 1936 – 1938 wird „die Landzunge“, der Kiewitt mit der Friedrichstadt-Siedlung bebaut (Friedrich ist der Name des Potsdamer Oberbürgermeisters). Es entstehen dort in jener Zeit mehr als 500 neue Wohnungen.


Visionen für Großprojekte:

Wird in fernerer Zukunft das Mittelmeer verlanden, in den Atlantik abfließen? Der Pazifist Sörgel schlägt vor, zwischen Europa und Afrika an der Meeresenge von Gibraltar einen Damm zu errichten und ein „Atlant-Europa“ zu schaffen. Hitler und Speer bekunden dafür aber bereits aus politischer Sichtweise kein Interesse – bevor der fachliche Inhalt geprüft ist. Die Idee stirbt und ihr geistiger Vater ebenfalls 1952 bei einem Verkehrsunfall.


Musik:

Premiere der Sinfonischen Erzählung für Kinder „Peter und der Wolf“, von Sergej Prokowjew, am 02. Mai 1936 in Moskau uraufgeführt. Sie entstand nach einem Märchen der Brüder Grimm. Jede Figur: Peter, der Großvater, die Ente und der Wolf, werden durch ein ihnen zugeordnetes Instrument und eine Erkennungsmelodie gekennzeichnet.


Sport:

Die Olympischen Winterspiele beginnen am 06. Februar in Garmisch-Partenkirchen.

Am 19. Juni gewinnt Max Schmeling den Boxkampf gegen den USA-Sportler Joe Louis mit K. o. nach 12 Runden.

„Vom Winde verweht“. Margaret Mitchells Buch über die Zeit des amerikanischen Bürgerkrieg erscheint im Juni. Hauptfigur: Scarlett O'Hara.

Ab 01. August:In Berlin und Umgebung finden die Olympischen Sommerspiele statt. Hier erhält das offizielle Deutschland noch einmal seine Anerkennung und die Reichsregierung gibt sich (in diesen Tagen) auch weitgehend offen und liberal. Zwei Wochen also tolerante Tyrannen.

Jesse Owen (ein USA-Athlet ursprünglich afrikanischer Abstammung) erringt beim 100 m-Lauf die Goldmedaille. Der beste Hochspringer ist der dunkelhäutige Johnson. Im Weitsprung werden 8,06 m erreicht.

Hitler war über diese Medaillensiege verstimmt, wollte er doch die Überlegenheit der weißen Rasse bestätigt sehen. Zum Abschluss der Spiele „wird ein Lichtdom errichtet“, der von Flugzeugabwehrscheinwerfern realisiert wird.



Zur Zeitgeschichte 1937

Politik und Krieg:

Hitler „hilft“ General Franco im Spanischen Bürgerkrieg. Einer der vielen Einsatzorte ist die Stadt Guernica im spanischen Baskenland. Hier probt die junge unerfahrene Luftwaffe den Luft-Boden-Krieg. Bomber der „Legion Condor“ unter Freiherr von Richthofen zerbomben diese Stadt total in etwa 3 1/2 Stunden. Der Künstler Pablo Picasso erhielt den Auftrag, dieses Grauen im Bild „Guernica“ festzuhalten.

Japan überfällt China und besetzt Nordchina.

Stalin „säubert“ die Sowjetunion – mit Terror gegen das eigene Volk, zuerst gegen Leninanhänger, bisherige Helden der Sowjetunion. Stalins Frau erschoss sich bereits 1932 selber, weil sie ihren Ehemann nicht von diesem Vernichtungsfeldzug abbringen konnte. Stalin lässt Kirow hinrichten und viele Anhänger Trotzkis. Ungezählte Menschen, unter ihnen auch Offiziere und viele Intellektuelle werden zwangsumgesiedelt, vor allem auch in Zwangsarbeitslager (GULAG) nach Sibirien in den Fernen Osten deportiert.


Wissenschaft:

Der Russe Iwan Dmitriewitsch Paparin driftet 1937 / 1938 auf einer großen Eisscholle durch das Polarmeer.

Der US-Amerikaner Reber baute das erste Radioteleskop, um von den Sternen Radiowellensignale aufnehmen zu können (siehe 1931).

Es wird der erste Computer der Welt vorgestellt.


Technik und Verkehr:

Das Luftschiff LZ 129 „Hindenburg“ verbrennt im Mai in Lakehurst bei dem Landemanöver während eines Gewitters mit 97 Menschen an Bord, weil die Wasserstoff-Füllung sofort in Flammen stand. Nur wenige Menschen entkamen dem Flammenmeer.

Dieser schreckliche Unfall bedeutete das Ende der Fahrt mit Luftschiffen für die kommenden Jahrzehnte.

Die Billets für eine Atlantiküberquerung (Deutschland – USA) kosten 1.000 Reichsmark.

Amelia Earhart (1897 – 1937) begibt sich in diesem Jahr allein auf eine Flug-Erdumrundung (ab 21. Mai in Miami). Nachdem ¾ der Strecke geschafft waren, wollte sie noch einmal auf Howland Island im Pazifik zwischenlanden und ist auf diesem Wege verschollen. Eines der Suchflugzeuge entdeckte auf einer sonst unbewohnten Insel ein Biwak, konnte aber dort nicht landen und diese Sichtung wurde nicht ernst genommen. Erst Jahrzehnte später wurde dort tatsächlich ein weibliches Skelett und Reste von Bekleidungsstücken gefunden. Siehe auch 1922, 1931: Erste Flugüberquerung des Atlantischen Ozeans von einer Frau.

Fertig gestellt wird die Golden-Gate-Hängebrücke in San Francisco, mit einer größten Stützweite von 1.280 m, Gesamtlänge 2.740 m, mehr als 70 m hoch. Der Baubeginn war 1933, der Konstrukteur: Morrow Strauss (1870 – 1938).


Potsdamer Bauten:

Die Bauten des Potsdamer Reichsarchivs (frühere Kriegsschule auf dem Brauhausberg) werden zum Heeresarchiv umgewandelt.


Kunst:

Die Nationalsozialisten befinden über „entartete Kunst“.


Sport:

Favoriten im Autorennsport sind BMW und Autounion. Beliebt sind die „Silberpfeile“ mit Manfred von Brauchitsch und Bernd Rosenmeyer. Um diese Zeit (bis zum Kriegsbeginn) wurden auf der AVUS in Berlin und auf dem Nürburgring Geschwindigkeiten bis über 400 km/h erreicht.


Soziales:

Papst Pius der II. tritt gegen Hitler auf.


Alltag, Nachrichten aus Potsdam:

21. / 22. 08. „Potsdamer Tageszeitung“: Neue Militärbadeanstalt Große Fischer Straße. Dieses o. g. kostbare Havelgrundstück gehört der alten Potsdamer Fischerinnung und ist von jetzt an, dem Militärfiskus für den Schwimmbetrieb verpachtet.

Die Schwimmausbildung der Rekruten beginnt mit einer vorbereitenden Übung, bestehend aus gymnastischem Unterricht als „Trockenübung“. Darauf folgen Wassergewöhnungsübungen, bis die Rekruten sich selbst über Wasser halten können. Nur noch wenigen müssen dann die Schwimmtempi an der Angel beigebracht werden.

Allerdings kann der größte Hundertsatz der Rekruten bereits beim Eintritt in den Heeresdienst schwimmen. Die Oberaufsicht über den gesamten Schwimmbetrieb ist dem Oberleutnant v. Caprivi vom Infanterie-Regiment Nr. 9 übertragen worden. Staatlich geprüfter Regimentsschwimmlehrer ist Unteroffizier Hainz.



Gedanken zur Geschichte des Jahres 1938

Politik:

Der Präsident der USA, Franklin D. Roosevelt, unterzeichnet am 25. Juni ein Gesetz, den „Fair Labor Standard Acts“, der Kinderarbeit als illegal bezeichnet. Es werden ferner Mindestlöhne festgelegt sowie auch eine maximale Wochenarbeitszeit von 44 Stunden.

Bürgerkrieg in Spanien. Der deutsche Kommunist Arthur Becker fällt als Mitkämpfer der Internationalen Brigaden.

Die Potsdamer Garnison zählt gegenwärtig 10.000 Soldaten.

Die Stadt Nowawes wird am 01. April mit der Villenkolonie Neu-Babelsberg zu Babelsberg zusammengelegt. Der Name des „roten“ und zusätzlich slawischen Ortes soll damit verschwinden.

01. März: Tag der Luftwaffe. Großes Schaufliegen über Berlin. Noch nicht gezeigt werden Kriegsschiffe, U-Boote und Panzer.

Der Führer Adolf Hitler holt im März seine eigene österreichische Heimat, die Ostmark, „Heim ins Reich“.

In der Nacht vom 09. zum 10. November kommt es zur „Reichsprogromnacht“ / zur „Reichskristallnacht“ gegen jüdische Mitbürger, Geschäfte und Synagogen, wie auch Friedhöfe. Gebäude werden gebranntschatzt, Schaufenster gehen zu Bruch, Laden- und Fabrikinhalte werden geplündert. Tafeln oder Hauswandbeschriftungen fordern auf „Kauft nicht beim Juden“. Jüdische Menschen werden misshandelt und getötet, nur wegen ihres Glaubens, oft auch nur wegen ihrer Abstammung. Das Datum steht für den öffentlich bekannten Beginn der Existenzvernichtung und Lebensbedrohung der jüdischen Mitbürger.


Wissenschaft:

Paul Schlack (Laborleiter bei der IG Farben) entdeckt die Polymerisation des Caprolactams. Damit war quasi der Kunststoff „geboren“, der den Namen „Perlon“ erhielt. Etwa zeitgleich wird in den USA die Kunstfaser „Nylon“ entwickelt.

Die erste Atomkernspaltung erfolgt durch die Wissenschaftler Otto Hahn und Strassmann.


Technik:

Der „Volkswagen“, VW 1200, „Der Käfer“ läuft vom Band. L: 4.050, B:1.540, H: 1.500. Er soll 999,-- RM (Reichsmark) kosten.

Ein neues Schreibgerät ist erfunden worden: Der Kugelschreiber. Der ungarische Bürger Biró ließ das Gerät patentieren.

In diesem Jahr erreicht auch England (wie Deutschland 1936) mit der Dampflokomotive („Mallard“ / Wildente) reichlich 200 km mit 250 t Anhängelast.

Am 01. Mai 38 eröffnet die Lufthansa ihre Fluglinie Berlin – Kabul.


Bauwesen:

Berlin. Die ersten Pläne von Albert Speer zum Umbau Berlins zur Welthauptstadt „Germania“ sind gemäß Führerbefehl bestätigt. Die neuen Magistralen benötigen viel Platz. Zahlreiche Häuser müssen in der Planung weichen und selbst Friedhöfe. Mit 35.000 geplanten Umbettungen einschließlich ihrer Denkmäler zum Südwestfriedhof Stahnsdorf wird begonnen.

In Niedersachsen wird ein Autowerk zur Produktion des KdF-Wagens (Kraft durch Freude) errichtet und gleich dazu eine Arbeiterstadt, die den Namen „Wolfsburg“ erhält.

Sparverträge für solch ein Fahrzeug können schon bald abgeschlossen werden. Der Kaufpreis soll 999,00 Reichsmark betragen.


Alltag:

In diesem Jahr werden für Papiere in Deutschland die DIN-Formate (Deutsche Industrie Norm, so das Format DIN A 4) eingeführt.

1939 – 1945 Die Zeit des Zweiten Weltkrieges

1939

Politik und Krieg:

März: Werbewoche der HJ (Hitlerjugend) für die Aufnahme von Pimpfen (Jungvolkjungen) und Jungmädeln (ab 10 Jahren). Aufrufe zur Ehrenpflicht der Teilnahme am „ersten Appell“.


Am 15. März werden Böhmen und Mähren seitens der Wehrmacht besetzt und unter die Hoheit Großdeutschlands gestellt. Die Wehrmacht marschiert in Prag ein. Es wird nun endgültig der Kriegswille Deutschlands klar.

Am 23. August kommt es in Moskau zum Hitler-Stalin-Nichtangriffspakt. Im „Frieden von Brest-Litowsk holt sich Stalin seine Stillhalte-Belohnung“ von Deutschland: Die Geheime Abmachung zur erneuten Aufteilung Polens. Stalin besetzt Ostpolen schon mal und vertreibt die Polen westwärts. Außerdem stimmt Hitler zu, dass Stalin die baltischen Staaten und Bessarabien (ohne Gegenmaßnahmen von deutscher Seite) annektieren kann. Die Stadt Lemberg wird zum russischen Lwow. Dieser Nichtangriffspakt blieb jedoch nicht wirksam.

Später liquidiert die Rote Armee einen Teil der polnischen Offiziersschicht bei Katyn.

Am 01. September Überfall deutscher Truppen auf Polen, nach einem fingierten polnischen Angriff auf den deutschen Sender in Gleiwitz. So wird der Polenfeldzug als „Vergeltung“ begründet. Das Schiff „Schleswig-Holstein“ schießt in die Stadt Danzig hinein. (Von jetzt an wird „zurück“ geschossen). Die Polnische Armee wehrt sich mit ihrer vornehmen Kavallerie gegen deutsche Panzer und Flugzeuge - vergeblich. Daraufhin erklären zwar England am 03. September (Bündnispflicht) und Frankreich an Deutschland den Krieg, eilen Polen jedoch nicht zu Hilfe. In Warschau wird ein Stadtteil als „Ghetto“ für Juden eingerichtet, das bis 1943 Bestand haben wird. Polnische Juden und die polnische Intelligenz werden erschossen, teilweise auch zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. In vier Wochen ist Polen erobert. Lodz wird in Litzmannstadt umbenannt. In „geleerte“ polnische Wohnungen ziehen Deutsche ein. 400 deutsche Bomber legen auch Warschau in kurzer Zeit in Schutt und Asche.

Das Deutsche Kriegsschiff „Graf Spee“ unter Kapitän Hans Langsdorf macht von sich Reden, obwohl es noch niemand kennt. Als ein „Geisterschiff“ taucht es im Südatlantik und im indischen Ozean immer wieder auf, getarnt mit wechselnden Farbanstrichen und unterschiedlichen Aufbauten (mal mit 2. Befehlsturm, mal mit einem weiteren Schornstein – aus Sperrholz und Latten, um die Silhouette des Schiffes zu variieren. Es versenkt zahlreiche feindliche Kriegsschiffe, auch „feindliche“ Handelsschiffe, nimmt aber weitmöglichst deren Besatzungen auf, um Menschenleben zu schonen. Der Erfolg wird auch begünstigt von der möglichen großen Angriffsdistanz – die neuen Schiffskanonen haben eine Reichweite bis zu 30 km. Das geht solange „gut“ bis das Schiff von den Alliierten doch eingekreist und versenkt wird.

November: Der Hilfsarbeiter Georg Elsner (geb. 04.01.1903) wollte mit einem Attentat auf Hitler den 2. Weltkrieg verhindern. Er baute eine mittels Uhrwerk zu zündende Bombe in eine Säule des Bürgerbräukellers in München ein. Die Bombe explodierte planmäßig in der Nähe des Rednerpultes. Hitler hatte seine Rede jedoch gekürzt und einige Minuten vor der Explosion den Saal verlassen. Georg Elsner wollte noch in die Schweiz fliehen, wurde aber gefasst und noch kurz vor Kriegsende am 09. April 1945 im Konzentrationslager Dachau erschossen. Auf Hitler wurden bis 1945 etwa 40 Attentate verübt, die alle fehlschlugen. Hitler machte daraus kein Hehl und sprach von „göttlicher Vorsehung“.

Der Zweite Weltkrieg wird vom 01. September 1939 bis zum 08. Mai 1945 währen.


Kommunalpolitik in Potsdam:

Am 01. April erhält die Stadt Potsdam den Status einer Großstadt; mit der Eingemeindung von Fahrland, Geltow, Golm, Grube, Krampnitz, Nattwerder, Sacrow, Babelsberg, Drewitz und Bergholz-Rehbrücke. Die Stadt hat somit derzeitig 127.000 Einwohner. Nach dem Zweiten Weltkrieg werden diese Zuordnungen zur Stadt aufgehoben aber in der Gemeindegebietsreform des Jahres 2003 zum Teil erneut vorgenommen.


Wissenschaft:

In Berlin gelingt den Wissenschaftlern Hahn und Strassmann die Atomspaltung, d Deutschland wird damit theoretisch der Weg zur Atombombe geöffnet, was als eventuell kriegsbeeinflussend angesehen werden kann. Nur in „Norsk Hydro“, einem Wasserkraftwerk in Norwegen, ist die Produktion von D2O (Schweres Wasser, welches die Kettenreaktion verlangsamt) bekannt. Deutschland und Frankreich interessieren sich dafür und wollen jeweils getrennt, die gesamte Produktion kaufen. Dieser Umfang (183 kg D2O) wird jedoch in die USA verbracht.


Technik:

In diesem Jahr wird der erste Flug eines Düsenflugzeuges bekannt. Der deutsche Flugkapitän Warsitz steuert eine „Heinkel 178“ (siehe auch 1947 – Überschallflugzeug).

Auf der Berliner Funkausstellung wird am 28. Juli 39 nunmehr der Einheitsfernseher „E 1“ vorgestellt. (Seit 1935 gibt es Fernsehsendungen). Jeder Besitzer kann damit Sendungen aus Berlin-Witzleben empfangen. Weitere Sender werden geplant, um den Empfang im gesamten Reich zu ermöglichen. Ein Fernseh-Volksempfänger kostet derzeitig 650 Reichsmark. Aber die Bevölkerung hat davon noch nicht viel – und mit dem Beginn des Krieges wird die Produktion auch schon wieder eingestellt.


Wirtschaft:

In diesem Jahr findet die Weltausstellung in New York statt. Ein Chemiegigant stellt dort die Faser „Nylon“ aus der organischen Chemie vor. Erzeugnisse aus dieser Substanz heißen in Deutschland (spätere Bundesrepublik) weiterhin Perlon aber in der Deutschen Demokratischen Republik: Dederon.


Musik:

Der Organist und Glocknerist der Potsdamer Garnisonkirche, Herr Professor Otto Becker, gibt am Sonntag, Palmarum am 02. April 1939 um 20.00 Uhr sein Abschiedskonzert vom Berufsleben. Er wird Werke von Bach und Händel zu Gehör bringen.

Am 29. April erhält die Garnisonkirche schwingende Glocken.

Von diesem Jahr an laufen im Radio die Wunschkonzerte – vor allem natürlich für die Soldaten. Im „Paradies der Junggesellen“ singen Siebert, Brausewetter und Rühmann das Lied, das noch über viele Jahre bekannt sein wird: „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern, keine Angst Ros’marie.“ Ilse Werner pfeift die Melodie: „Sing’ ein Lied, wenn du mal traurig bist. Fred Bertelmann singt „Heimat deine Sterne in dem Film: Quacks, der Bruchpilot mit Heinz Rühmann. Evelyn Künneke: „Sing, Nachtigall, sing, ein Lied aus alten Zeiten“ – „So wird’s nie wieder sein“.


Filme:

Wie bereits erwähnt: „Quacks, der Bruchpilot“, „Kitty und die Weltkonferenz“.


Alltag:

Potsdam zählt in diesem Jahr 135.900 Einwohner.

Die Stadt Babelsberg wird am 01. April nach Potsdam eingemeindet und heißt nunmehr „Potsdam-Babelsberg“.



Erinnerungen an das Jahr 1940

Politik und Krieg:

Churchill wird englischer Premierminister.

In Blitzkriegsabsicht besetzt die Deutsche Wehrmacht ab 05. Juni Frankreich, Belgien, die Niederlande, Dänemark und Norwegen.

Frankreich: Fünf Tage nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens mit Deutschland beschließt die französische Regierung am 27. Juni 1940 von Paris in die nicht besetzte Stadt Vichy umzuziehen. Die mit den Deutschen kooperierende Regierung wird später zum Angriffsziel der Widerstandsbewegung (Resistance) unter Führung von Charles de Gaulle (dem späteren Staatspräsidenten General de Gaulle).

Am 14. Juni marschiert die Wehrmacht in Paris ein.

Die „Deutsche Wochenschau“ lässt die Frontberichterstatter schwärmend zu Wort und Bild über die Siege in Belgien, Holland und Frankreich kommen.

Die ersten Bomben des 2. Weltkrieges fallen auf Potsdam, Berlin und Umgebung. Der Krieg beginnt, langsam zu seinem Ausgangspunkt zurückzukehren. So wird in der Nacht vom 21. zum 22. Juni die Babelsberger Post in der Eisenbahnstraße bei dem Angriff zwischen 1.42 und 1.59 getroffen.


Technik:

Deutsche Techniker und Ingenieure entwickeln in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde auf Usedom Großraketen mit Flüssigkeitsantrieb. Es sind wohl die ersten der Neuzeit, die direkt als Waffe, als “Vergeltungswaffe“ V1 und V2 entwickelt, gebaut und in Serie produziert werden. Die wissenschaftlich-technische Leitung obliegt den Herren Hermann Oberth und Wernher von Braun.

Das erste elektrische Grammophon kommt in die Geschäfte. Nun braucht man nicht mehr „das Uhrwerk“ mit der Feder mit dem Kurbelapparat aufzuziehen, wenn man eine Schallplatte hören möchte.


Bauen in Potsdam:

Das Kino „Bergtheater“ mit 700 Sitzplätzen ist in der Leipziger Straße 73/74 am Brauhausberg fertiggestellt worden und soll am 05. Dezember eröffnet werden. Architekt ist Heinrich Ludwig Dietz. Es weiß heute noch niemand, dass dieses Kino nicht einmal 5 Jahre bestehen wird, denn bei dem großen Fliegerbombenangriff am 14. April 1945, kurz vor Mitternacht, wird auch dieser Bau zerstört werden.


Film –Musik:

Das deutsche Volk ist vom Krieg abzulenken. Für Stunden Hochstimmung zu verbreiten, ist die Devise. Heinz Rühmann hat zu singen: „Mir geht’s gut, ich bin froh und ich sag dir auch wieso.“ Marika Rökk dagegen seufzt: „Für eine Nacht voller Seligkeit, da gäb’ ich alles hin oder „Er heißt Waldemar und hat schwarzes Haar“. Claire Waldoff singt: „Hermann heeßt er“.


Alltag:

Für die Beleuchtung in der Kriegs- und der späteren Nachkriegszeit waren Glühlampen in der Leistungsaufnahme von 15 Watt genehmigt. Das hatte die Vorteile sowohl bei der Energieeinsparung, als auch zur leichteren Verdunkelung zum Schutz vor feindlichen Flugzeugaufklärern bzw. nachfolgenden Bombern.



Nachrichten aus dem Jahre 1941

Politik:

Am 4. Juni stirbt im Hause Doorn der ehemaliger letzte deutsche Kaiser Wilhelm II von Hohenzollern im Alter von 82 Jahren, der 30 Jahre lang König von Preußen und Kaiser von Deutschland war und anschließend 22 Jahre verbittert im holländischen Exil gelebt hatte, die letzten Jahre im Schloss unter der Bewachung von deutschen SS-Mannschaften.

Am 22. Juni beginnt trotz des bestehenden Hitler-Stalin-Paktes der deutsche Angriff auf die Sowjetunion, die darauf nicht vorbereitet ist. Unternehmen „Barbarossa“: Es besteht eine 1.600 km lange Angriffsfrontlinie Der Beginn des Angriffs richtet sich gegen die Festung Brest. Im Winter 41 aber bleiben die Angriffe vor den Toren Moskaus stehen.

Vom 19. September 41 an, müssen im Deutschen Reich alle jüdischen Menschen gut sichtbar den gelben Davidstern tragen. Außerdem wird ihnen untersagt, ihren Wohnsitz ohne Genehmigung zu verlassen.

Hitler erklärt den USA den Krieg. Messerschmidt baut in Augsburg Bomber, die die USA erreichen sollen, werden aber zugunsten der Tragfähigkeit für diese lange Flugstrecke (hin und zurück) für Treibstoffvorrat und für die Bombenlast zu leicht gebaut, müssen umkonstruiert werden.

Dornberger und v. Braun bauen in Peenemünde an der V2. Reichweite etwa 4.500 km.

Am 18. Oktober beginnend, fahren vom Bahnhof Berlin-Grunewald Züge mit Menschen in die KZ-Vernichtungslager.

Deutschlands Grenzen werden dicht. Ab Oktober wird den jüdischen Mitbürgern eine Flucht oder „Die Auswanderung“ unmöglich gemacht.

Am 07. Dezember greift Japan die USA auf deren Flottenstützpunkt Pearl Habour (Hawaii) im Pazifik an. Die Flugzeit von Japan aus betrug etwa 1,5 Stunden. Knapp 2.500 Menschen starben. Die USA-Regierung erteilt den Physikern ihres Landes den Auftrag die Atombombe (als Abschreckungs- und Vergeltungswaffe) zu entwickeln.


Wissenschaft und Technik:

Konrad Zuse stellt in Berlin-Kreuzberg den ersten nutzbaren Computer vor. Als Lochstreifen dienten ihm Filmrollen. Die Patentanmeldung im Jahre 1967 wurde abgelehnt.


Wirtschaft:

Am 01. August kommt die erste Briefmarke mit dem Porträt A. Hitlers heraus. Leider vorerst als Dauerserie.


Bauen in Potsdam und dessen Gegenteil:

In der Nacht vom 07.-08. Juni (andere Quellen nennen die Nacht vom 07.-08. August 1941), wird die Bethlehemkirche auf dem Neuendorfer Anger in Potsdam-Babelsberg von einer Bombe getroffen.


Kunst – Musik – Film in den Kriegsjahren:

In diesem Jahr kommt aus den USA eine neue musikalisch-theatralische Form – das Musical. Allerdings bitte vorerst nicht nach Deutschland.

Die Sendungen sollten vom Alltag ablenken, eine optimistische Stimmung verbreiten.

„Glocken der Heimat“ und „Heimat deine Sterne gehörten nun zum Liedgut.

Lale Andersen und Marlene Dietrich singen „Lili Marlen“. Vor der Kaserne... dieser „Schlager“ wurde zur Erkennungsmelodie des Senders Radio Belgrad – täglich um 22.00 Uhr. Das Lied wurde bereits 1915, im vorigen Weltkrieg gedichtet. Die UFA stellt vor:

„Angelika“, „Artisten“ (mit Harry Piel) „Die goldene Maske“, „Die Kellnerin Anna“, „Immer nur Du“, „Jakko“, „Oh, diese Männer“ (mit Grete Weiser und Paul Hörbiger), „Walzer einer Nacht“, „Wie der Hase läuft“, „Auf Wiedersehen Franziska“ mit Marianne Hoppe und Hans Söhnker.

Paul Lincke, derOperettenkomponist und Konzertmeister wird zu seinem 75. Geburtstag Ehrenbürger von Berlin



Einige Notizen zur Zeitgeschichte des Jahres 1942

Politik und Krieg:

Im August 1942 zerstören deutsche Bomber die Stadt Stalingrad. Anschließend soll die Stadt von der 6. Armee unter General Paulus eingenommen werden. Das aber gelingt nicht so, wie vorgesehen. Bis zum 19. November werden die deutschen Truppen, die nicht für einen Winteraufenthalt ausgerüstet sind, von sibirischen Truppen eingekesselt. Zur Weihnachtszeit bestehen dort -40°C. Viele Soldaten erfrieren und verhungern. Trotzdem dürfen sie nicht kapitulieren. Erst sehr spät kommt es dazu.

Der Wüstenkrieg von Rommel wird gestoppt.

Zur Massenvernichtung von Menschen werden „Konzentrationslager“ eingerichtet wie z. B. Auschwitz-Birkenau, Buchenwald, Sachsenhausen, Dachau, Treblinka, Lublin und viele weitere. Der Unternehmer Oskar Schindler (1908 – 1974) rettet in einem eigenen Arbeitslager knapp 1.100 Jüdischen Menschen das Leben. Alle Konzentrationslager werden von jüdischen Menschen „bereinigt“ und jene nach Auschwitz, Treblinka oder Lublin verbracht.


Wissenschaft und Technik:

Das Mobiltelefon (im Format eines Aktenkoffers, mit traditionellem Telefonhörer) wurde zum Patent angemeldet und in später immer kleiner werdender Form, seit 1983 in Serie produziert.

Herr Enrico Fermi entwickelt den ersten funktionierenden atomaren Versuchsreaktor der Welt, der auch in Betrieb genommen wird. Erfolgreiche Kernkettenreaktion zum Ende des Jahres 1942 in einer Sporthalle in Chikago, gegenüber seinem Institut für nukleare Studien. Aber auch bei Heisenberg in Leipzig werden Versuche zur Kernreaktion mit 700 kg Uran und 150 kg D2O (schweres Wasser) unternommen, deren Zusammenbringen zur Explosion mit anschließendem Brand führte. D2O, das „schwere Wasser“, verlangsamt die Kettenreaktion des atomaren Zerfalls. Dessen Produktion ist sehr stromaufwendig. Die Deutschen wollen sich mit größeren benötigten Mengen von D2O in die Lage versetzen, eine Atombombe als Wunderwaffe zu bauen, die die Kriegswende bewirken soll.

Engländer und Norweger wollten das norwegisches Wasserkraftwerk sprengen, welches D2O produziert, damit es nicht den Deutschen in die Hände fällt, was aber fehlschlug, da es bereits unter deutscher Kontrolle stand.

Beginn der Entwicklung des Flugkörpers Fieseler Fi 103 (V 1) und der Großrakete „Aggregat 4“, später Vergeltungswaffe „V 2“ genannt, die in größerer Zahl gegen die Zivilbevölkerung hauptsächlich englischer und niederländischer Städte eingesetzt wurden.


Alltag:

Die Bevölkerung hilft sich gegenseitig mit Tauschgeschäften und Verkaufsaktionen. So werden Kartoffelschalen (zur Schweinefütterung) gesammelt und dafür ein Eimer Brennholz entgegengenommen. Sachwerte werden gegen Lebensmittel veräußert – so lagen bei Landwirten oft mehrere Teppiche übereinander, die als Bezahlung für Naturalien dienten.


Literatur:

In den USA verfilmt Walt Disney das Buch „Bambi“ von Felix Salter aus dem Jahre 1923. Damit wurde das kleine Reh zum Weltstar.


Musik:

Ilse Werner sang und pfiff: „Wir machen Musik“, Zarah Leander sang durchaus nicht unpolitisch mit hoffnungsvollem Ausdruck: „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“ und einige Monate später verwegen: „Davon geht die Welt nicht unter“. Bald folgten. „Kauf ‚ dir einen bunten Luftballon“ so wie “Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei“. Als es immer schlimmer wurde mit dem Krieg wurde „Sing und tanz mit mir“ auf den Markt gebracht und auch das Lied „Haben Sie schon mal im Dunkeln geküsst –Bezug nehmend auf die strenge Luftschutzverdunkelung der Wohnungsfenster.


Filmkunst der UFA:

Zu den Filmen, die im Kriegsjahr 1942 gedreht wurden, gehören:

Altes Herz wird wieder jung

Andreas Schlüter (mit Heinrich George)

Das Hochzeitshotel

Der große Preis

Der große Schatten (mit Heinrich George)

Der Seniorchef (mit Otto Wernicke)

Die Entlassung (mit Emil Jannings

Die goldene Stadt (mit Kristina Söderbaum und Eugen Klöpfer)

Die große Liebe (mit Zarah Leander)

Einmal der liebe Herrgott sein

Man rede mir nicht von Liebe

Meine Freundin Josefine (mit H. Krahl

Romanze in Moll

Stimme des Herzens



Nachrichten über das Jahr 1943

Politik und Krieg:

Im Januar wird für die Kinder der Reichshauptstadt die „Kinderlandverschickung“ in die Alpen und das Riesengebirge eingerichtet – wegen der zunehmenden Flug-Bombardierung von Berlin.

Am 22. Februar werden Sophie und Hans Scholl, Mitglieder der Münchener Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ hingerichtet. Vor ihrem Tode wurde Sophie von dem Gestapo-Mann Robert Mohr, drei Tage lang intensiv verhört. Die Verhör-Protokolle tauchen erst nach der politischen Wende 1989 / 1990 aus den dann geöffneten Archiven der Staatssicherheit der DDR wieder auf.

Das Warschauer Ghetto (1939 eingerichtet) wird aufgelöst – das bedeutet - ihre Einwohner deportiert.

Der Propagandaminister Joseph Goebbels schreit die rhetorische Frage durch den Berliner Sportpalast: „Wollt ihr den totalen Krieg?“ … und sehr viele der etwa 5.000 Zuhörer brüllen begeistert „Jaa“, wie der Film-Wochenschau und der Radioübertragung sowie den Zeitungen zu entnehmen war.


Kriegswirtschaft:

Am 18. August wird die V2 – Produktionsanlage in Peenemünde bombardiert und daher nach Österreich verlagert. Dazu mussten in Ebensee Zwangsarbeiter Stollen in die Felsen des Gebirges treiben, was den Tod von ca. 8.000 Arbeitern forderte.

In diesem Jahr wird ein Partisanenanschlag auf das norwegische Kraftwerk am Tinnsee mit begrenztem Erfolg stattfinden – aber die Schäden sind auf Befehl der Deutschen in wenigen Wochen repariert. Später werfen Engländer Flugzeugbomben, die wesentliche Teile des Kraftwerks zerstören. Die D2O –Anlage bleibt jedoch erhalten. (siehe Hinweise 1939, 1942 – 1944).

Die Fa. Focke-Wulff soll einen neuen Bomber (Condor) bauen, der es in die USA und zurück schafft (oder nur hin: Lasteinsparung für geringere Treibstoffmenge, das Aufgeben des Lebens des Piloten einkalkuliert. Das Entwicklungsergebnis zeigt sich als zu langsam gegenüber den amerikanischen Bombern, die den Vorteil haben, in England zwischenlanden und tanken zu können.

Der Betrieb des Dr. Fritz Lallinger entwickelt nunmehr Düsentriebwerke für neuartige Flugzeuge – und deutsche Kamikazepiloten.


Film – Musik:

Johannes Heesters singt im „Karneval der Liebe“ –„Das Karussell fährt immer rundherum“. Margot Hielscher singt: „Frauen sind keine Engel“. „Romanze in Moll“ mit Marianne Hoppe und Paul Dahlke. Die Universum-Film-AG (UFA) dreht 1943 / 1944 den Film „Große Freiheit Nr. 7“ mit Hans Albers in der Hauptrolle. Wegen der Flugzeugangriffe wird der Film nicht am eigentlichen Handlungsort in Hamburg, sondern in Prag gedreht. Eine Aufführungserlaubnis wird aber erst nach Kriegsende erteilt



Aus der Zeitgeschichte 1944

Politik / Krieg:

Im Februar gelingt den Deutschen das Verladen von 50 Fässern mit D2O aus dem norwegischen Kraftwerk, um diese nach Deutschland zu transportieren. Norwegische Widerstandskämpfer wollen die Fähre „Hydro“ mit diesem Material in Abstimmung mit dem englischen Militär bei der Fahrt über den Tinnsee versenken. Tatsächlich wird die Fähre zur Explosion gebracht. Es sterben 18 Menschen. Nicht alle Fässer gingen entzwei, sondern sanken unter Wasser auf den Boden des Gewässers (im Jahre 2004 werden diese aus 430 m Tiefe gehoben, siehe auch 1939, 1942, 1943). Damit war der Bau einer deutschen Atombombe unter Heisenberg (Leipzig) oder Hahn / Strassmann (Berlin) vorerst vereitelt.

Das 1. Düsenflugzeug der Welt, die „Messerschmidt ME 262“ wird als weitere Wunderwaffe vorgestellt. Das Flugzeug wird jedoch keine Bedeutung für den weiteren Kriegsverlauf erlangen.

Goebbels ist Stadtpräsident und Gauleiter von Berlin sowie Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda.

Am 06. Juni 44 landen in der von Deutschland besetzten Normandie Frankreichs, unter großen Verlusten Kanadier, Briten und US-Soldaten zur Befreiung Europas von den Hitler-Truppen.

10. Juni: Die 2. SS-Panzerdivision richtet in Frankreich ein Massaker unter der Zivilbevölkerung an. In dem Dorf Oradur sur Lane werden die etwa 100 Männer zusammengetrieben und erschossen. Mehr als 500 Frauen und Kinder werden in die Dorfkirche gesperrt und dort verbrannt. Nach dem Krieg wird der Ort im Zustand des grausamen Überfalls als Mahnmal erhalten bleiben.

Auf Hitler sind viele Attentate vorbereitet und ausgeübt worden. Keines traf jedoch Hitler.

20. Juli: Im Führerhauptquartier Wolfsschanze in den Masuren wird durch den Offizier Graf v. Stauffenberg ein Attentat versucht. Während der Lagebesprechung in einer Baracke am Kartentisch soll der Sprengsatz, der in einer Aktentasche gelagert war, explodieren. Dieser explodierte auch planmäßig aber Hitler wurde nicht getroffen. Die lange Vorbereitung dieser „Operation Walküre“ mit mehreren Attentatsversuchen hatte dem „Kreisauer Kreis“ oblegen. Aus diesem Kreis wurden die entdeckten Offiziere als Verschwörer, im Auftrage Hitlers wegen Hochverrats ermordet:

Adolf Reichwein, Wilhelm Leuschner, Ulrich von Hassel, Carl Friedrich Goerdeler,

Henning von Tresckow, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim, Julius Leber, Friedrich Olbricht,

Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Werner von Haeften, Adam von Trott zu Solms, Erwin von Witzleben, Peter Graf Yorck von Wartenburg, Ludwig Beck, Alfred Delp,

Helmuth James Graf von Moltke und viele andere mithelfende Menschen.

Ihnen wurde für die Versuche, das deutsche Volk zu befreien und den 2. Weltkrieg zu beenden das Leben genommen. Ihr Andenken soll auch hier geehrt werden.

Der Arbeiterführer und Kommunist Ernst Thälmann wird am 18. August im Konzentrationslager Buchenwald auf dem Ettersberg bei Weimar von den Faschisten ermordet.

Der französische Dichter und Flieger Antoine de Saint Exupéry wurde in diesem Jahr abgeschossen und verunglückte tödlich.

04. August 1944: Das Versteck der jüdischen Familie Frank wird an diesem Tage in Amsterdam entdeckt, die Familie verhaftet und in Konzentrationslager gebracht. Das Mädchen Anne Frank, geboren am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main, gestorben im Konzentrationslager Bergen-Belsen im März 1945, hatte über diese Zeit ein Tagebuch geschrieben, das erstmals 1947 in Amsterdam gedruckt wurde. Seit dieser Zeit ist das Tagebuch in viele Sprachen übersetzt worden.

Ab 01. September 1944 spielen die Berliner Theater nicht mehr aber die Kinos sind voll.

Am 19. Oktober lässt Adolf Hitler den „Volkssturm“ aufstellen: „Ich befehle: Es ist in den Gauen des Großdeutschen Reiches aus allen waffenfähigen Männern von 16 – 60 Jahren der Deutsche Volkssturm zu bilden“.


Wissenschaft:

Oswald T. Avery zeigt, dass die DNA Träger des Erbmaterials ist (siehe auch 1869).


Technik:

Ab Juni steht die Entwicklung (seit 1942) der düsengetriebenen „Wunderwaffe Vergeltungswaffe“ V 1 in Peenemünde vor dem Test (Typenbezeichnung Fieseler Fi 103, ein „langsamer „Marschflugkörper“). Sie wird von einer leicht ansteigenden Rampe aus „erprobungshalber“ von der Ostseeküste nach England geschickt. Sie fliegt mit einer Geschwindigkeit von 650 km/h. Sie gilt als der erste Marschflugkörper.

Ab September startet das „Aggregat 4“, auch genannt V 2 als erste echte Groß-Rakete mit über 5.000 km/h. Sie ist das erste von Menschen gebaute Objekt, das bis in das Weltall vordringen konnte. Es werden davon ca.1.100 Stück nach England geschossen. Konstrukteur der Flugkörper ist Wernher von Braun, zu dessen Mitarbeiterstab auch die Raketenspezialisten Max Valier und Arthur Rudolph gehören. In den USA entwickelt er später deren Mondraketen.


Wirtschaft:

Die normale Arbeitszeit beträgt in den USA wöchentlich 60 Stunden und der landesweit festgesetzte Mindestlohn 20 Dollar in der Woche (ungefähr 60 Deutsche Mark).


Kultur in Potsdam:

Die Museumsbestände sind aus den Ausstellungsräumen entfernt und dezentralisiert auf viele Gebäude in der Stadt aufgeteilt worden, so auch eingelagert im Palast Barberini, im Pomonatempel, in der Scharrnstraße aber auch in anderen Städten. Diese Maßnahme verhindert nicht, dass bei dem Angriff auf das Stadtzentrum am 14. April 1945 viele Ausstellungsstücke und einmalige Dokumente zur Stadtgeschichte verbrennen.


Unterhaltung /Filmkunst:

„Baron Münchhausen“ (Drehbeginn 1943) mit Hans Albers in der Hauptrolle (Jubiläumsfilm 25 Jahre UFA) nach dem Stoff von Erich Kästner. Dessen Autorenschaft wurde aber verschwiegen, weil er „ein verbotener Schriftsteller“ war. Er konnte unter dem Pseudonym „Berthold Bürger“ schreiben. “Es leuchten die Sterne“, „Der Mann meiner Träume“ mit Marika Rökk. „Die Frau meiner Träume“, „Die Feuerzangenbowle“ mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle als Schüler Hans Pfeiffer.



1945 – 1990

Die unmittelbare Nachkriegszeit, ihr folgte die „Zeit des Kalten Krieges“ und im Westteil Deutschland „Das Wirtschaftswunder“, der Mauerbau 1961 … bis zum Fall der deutschen Teilung 1989.


1945

Politik:

Ab Januar 1945 ist der von Deutschland ausgehende „Totale Krieg“ in „seine Heimat“ zurückgekehrt.

Am Nachmittag des 27. Januar: Das Konzentrationslager in Auschwitz – Birkenau wird von der 1. Ukrainischen Armee aufgelöst. Die SS-Schergen hatten die Stätte bereits verlassen, so dass es nicht mehr zu Kämpfen kommen musste. Während des Dritten Reiches wurden allein im Rahmen der „Endlösung der Judenfrage“ etwa 6 Mio. „missliebige“ Menschen vernichtet, davon über eine Mio. im KZ Auschwitz (im Süden des heutigen Polen). Eine „industriemäßige Vernichtung von Menschen“ seitens der SS („Schutzstaffel“). Im Januar ist Ostpreußen von der roten Armee eingekesselt. Daher ist nur noch die Flucht über die Ostsee möglich. Eine Haffüberquerung, um nach Pillau zu gelangen, bedeutete einen Gang von 25 bis 30 km. Das Eis war in diesem Januar relativ dünn. Es gab immer wieder Einbrüche durch Überlastung oder Bombenabwürfe bei denen Mensch und Tier, Hab und Gut in den eisigen Fluten versank. Über 700 Schiffe holten ostpreußische Flüchtlinge vom Hafen Pillau ab.

Am 30. Januar wird das bisherige Urlauber-Schiff der Organisation „Kraft durch Freude“, die „Wilhelm Gustloff“ von 3 sowjetischen Torpedos getroffen. 10.000 Menschen, vor allem Frauen und Kinder sowie Greise ertrinken in der Ostsee. Etwa 1.200 können von anderen Schiffen aufgenommen und gerettet werden. Vermutet wird, dass auch die in Kisten verpackte Ausstattung des Bernsteinzimmers (letzte Station: Keller des Königsberger Schlosses) untergegangen sein könnte. Später wird zumindest das Wrack in 42 m Tiefe aufgefunden. Außer den Torpedolöchern soll die Wand gesprengt und das Schiff ausgeraubt worden sein. Das Schiff „General von Steuben“ verließ am 09. Februar den Hafen von Pillau. Etwa 16 Seemeilen vor Stolp sank es in der Nacht zum 10. Februar mit 4.000 Menschen an Bord nach sowjetischem Torpedobeschuss. 630 Menschen konnten gerettet werden. Das Wrack liegt in der Nähe der „Gustloff“ („2002 und 2004 geortet). Das Schiff „Goya“, ebenso ein Lazarett- und Flüchtlingsschiff wurde noch im April 45 versenkt.

Es bestand der Befehl des Führers, Königsberg als Festung zu halten. Daraufhin wird Königsberg von der Roten Armee total zerschossen. Erst Ende April kapitulieren die letzten Verteidiger der Stadt.

Am Ende des zweiten Weltkrieges werden es rund 2,5 Mio. Menschen sein, die mit 1.100 Schiffsfahrten aus den damaligen deutschen Ostgebieten über die Ostsee flüchteten. 73 Schiffe liegen zerschossen auf dem Grund der Ostsee.

Am 07. Februar wird Berlin 1 1/2 Stunden lang mit Schwerpunkt des Gebietes zwischen dem Potsdamer Platz und dem Leipziger Platz zerbombt. Von dem Gebiet bleibt eine Trümmerwüste. Unter den vielen Toten befindet sich auch der vorsitzende Richter des „Volksgerichtshofes“, Herr Freisler, der viele Widerstandskämpfer verhöhnt und zum Tode verurteilt hatte. Innerhalb der Volksopfersammlung wird aufgerufen, Kleidung zu sammeln, für Wehrmacht und Volkssturm.

Lebensmittel: Diese sind natürlich rationiert. Es gibt Lebensmittelkarten mit Abschnitten für Brot, Fleisch, Fett, Zucker / Eier, Nährmittel / Milch. Nicht zu vergessen die Karten mit den Reisemarken für jene, die unterwegs sein müssen sowie eine Karte für Kleidung und Seife. Für Schwer- und Schwerstarbeiter gab es Zusatzkarten.

In der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 wir die Stadt Dresden von den Westalliierten als Vergeltungsschlag für das Bombardement auf die englische Stadt Coventry bombardiert. Das alte Dresden ist zerstört (in 60 Jahren wird man die wieder aufgebaute Frauenkirche betreten können). Am 15. Februar wird Cottbus bombardiert.

1. März: Nach den Großangriffen der Sowjetarmee mit dem Vorstoß auf die deutsche Hauptstadt, gibt das Oberkommando der Wehrmacht bekannt: An der Oderfront gelang es dem Feind, seine kleinen Brückenköpfe südlich von Küstrin geringfügig zu erweitern.

15. / 16. März: Schwerste Bombardierung der Stadt Oranienburg (Nach 60 Jahren werden bei Bauarbeiten immer noch gefährliche Blindgänger gefunden und entschärft; in Potsdam ebenfalls).

Die Entwicklungsanstalt für Raketen in Peenemünde wird im März gänzlich verlassen (nach Süden zur amerikanischen Besatzung verlagert. Auch diese schaffen alles weiter fort, bevor sie bestimmte Landstriche als Besatzungsgebiete an die sowjetischen Militärs übergeben, Restanlagen werden vor der herannahenden Roten Armee zerstört). Die sowjetischen Truppen fanden, als sie am 2. Mai dort eintrafen, nichts wesentlich interessantes mehr vor, kein Personal, keine Technik.

Im Harz bei Nordhausen, in Bleicherode allerdings, sind jetzt noch Zwangsarbeiter / Häftlinge unter Tage mit der Montage der V 2-Rakete beschäftigt.

Im April zieht die sowjetische Armee in die ostpreußische Ruinenstadt Königsberg ein.

Potsdam war bisher von Bombardements weitgehend verschont geblieben. Meist überflogen die Bomber nur die Stadt, um ihre todbringende Fracht über Berlin abzuladen.


In der Nacht vom 14. zum 15. April 1945, in der kurzen Zeit zwischen 22.40 und 23.00 Uhr wurde das Potsdamer Stadtzentrum von den Briten in zwei Angriffswellen mit fast 500 Flugzeugen in Schutt und Asche gebombt. Ein rund 65 km langer Bomberstrom, bestehend aus 488 viermotorigen Lancaster-Bombern und zwei Mosquitos.

Die Lancaster hat 31.09 m Spannweite und eine Länge von 21,18 m. Die Höhe des Daches der Kabine beträgt 6.10 m über dem Erdboden. Die Geschwindigkeit beträgt bis zu 462 km/h bei einer Reichweite von 2.670 km und einer Steighöhe von maximal 7.470 m.

Etwa 1.752 t Sprengmittel wurden abgeworfen, etwa 1.593 Menschen starben, davon blieben viele unidentifiziert. Drei Minuten vor Mitternacht explodiert ein Munitionszug im Bahnhof. Auch das Häuserviertel zwischen Leipziger Straße und Reichsarchiv gleicht einer Trümmerlandschaft. Das Kino „Berg-Theater“ am Brauhausberg wurde während der Filmvorstellung getroffen. Auch in den überdeckten Splitterschutzgräben waren alle Menschen tot.

Von den Bomben der Luftangriffe wurden beeinträchtigt:

16. April: Beginn des letzten großen Gefechts mit dem Sturm in Richtung Reichshauptstadt Berlin. Allein die dreitägigen Kämpfe bei den Seelower Höhen kosteten etwa 30.000 sowjetischen Menschen, 12.000 Deutschen und 5.000 Polnischen Soldaten das Leben.

Am 16. April wurden die Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen von der Roten Armee befreit, am 17. April die des KZ Ravensbrück (gegenüber Fürstenberg – dazwischen nur der Schwedter See) und anschließend die Außenlager für die Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie.

Pfarrer Dietrich Bonhoeffer wird im KZ Flossenbrück kurz vor der Befreiung durch die Alliierten ermordet. Er gehörte zu dem Vorbereitungskreis des Attentats vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler.

Zwischen dem 24. April und 30. April toben in Potsdam die Kämpfe gegen die vordringende sowjetische „Rote Armee“. Was vorher nicht durch Bomben (50 – 60%) getroffen war, wird jetzt von der Artillerie erfasst und zerstört (40 – 50%)

Bei den Kämpfen zwischen dem 24. und dem 30. April 1945 wurden schwer beschädigt:


Am 30. April übernimmt in Berlin und im Osten Deutschlands die sowjetische „Rote Armee“ das Kommando. Nikolai Erastowitsch Bersarin ist sowjetischer Stadtkommandant.

Am 01. Mai 45 erschießt sich Hitler in der Berliner Reichskanzlei.

Bersarin setzt am 2. Mai Friedrich Bestehorn als Potsdamer Bürgermeister ein. Der jedoch wird nach 11 Tagen abgesetzt und verhaftet.

08.Mai: Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht Deutschlands.

Ab 19. Mai residiert Heinz Zahn als Bürgermeister, der erst nach zwei Monaten abgesetzt wird. Vom 21. Juli an wird der amtierende Bürgermeister von Babelsberg, Walter Paul, Bürgermeister von Potsdam.

Schon im Mai 45 schreibt Dr. Manfred von Ardenne an Stalin und bietet ihm seine Mitarbeit an (vorher hatte er in Berlin-Lichterfelde für Hitler in der Atomphysik gearbeitet). Manfred von Ardenne bekommt in Suchumi am Schwarzen Meer ein Sanatorium als Forschungsstätte zur Verfügung gestellt.

Am 03. Juli wird der Deutsche Kulturbund, die Gesellschaft zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, gegründet. Die im Jahre 1926 gegründete Lufthansa wird von den Alliierten aufgelöst.

Die Spitzenkräfte der Flugzeug- und Raketenforschung haben sich im Wesentlichen bei den amerikanischen Siegern angebiedert, dorthin wichtige, bisher geheime Unterlagen mitgenommen. Etwa 500 Spitzenwissenschaftler, so auch die Physiker Hahn und Heisenberg, gingen in die USA. Die Arbeitsgruppe um Werner von Braun, ließ sich von den US-Militärs in Garmisch freiwillig internieren. Später wurden sie in die USA ausgeflogen und dort erneut in Ungewissheit und ohne Arbeitsaufgaben in Lagern mit Militärbaracken interniert (Friedensgefangene im Wartestand ohne konkrete Aussichten), bis 1947 eine Zustimmung der US-Regierung auf Arbeitserlaubnis kommen wird. Die Charta der Vereinten Nationen (UNO) wird am 26. Juni im Kriegsveteranengebäude in San Francisco gegründet.

Am 16. Juli 1945 zündeten die USA eine Test-Atombombe im Testgelände Trinity bei Alamagordo in der Wüste von New Mexico. Bei der Explosion wurde ein etwa 800m großer Krater eröffnet und der Wüstensand schmolz zu grünlichen Glasklumpen. Abschreckungsverheißung und Verhängnis wurden erkennbar. Beobachtet wurde die Explosion aus einem 10 km entfernten unterirdischen Bunker. Entwickelt wurde die Bombe von einer Spezialistengruppe um Robert Oppenheimer.

Vom 17. Juli bis zum 02. August werden im Potsdamer Schloss Cecilienhof die Verhandlungen der Alliierten über Regelungen für die Nachkriegszeit und über die Zukunft Deutschlands geführt.

02. August 1945: Unterzeichnung des Potsdamer Abkommens durch die UdSSR, USA und Großbritannien zur Beendung des 2. Weltkrieges und der Neuordnung für Deutschlands Zukunft.

Wenige Wochen später, wird am 06. August um 8.15 eine Atombombe über Hiroshima und am 09. August über Nagasaki abgeworfen, die unendliches Grauen und Leid verursachten. Die über Nagasaki abgeworfene Bombe trug eine Plutoniummenge etwa von der Größe einer Walnuss in sich. Daraufhin kapituliert Japan und der 2. Weltkrieg geht zu Ende.

Der US-Präsident Roosevelt stirbt. Truman wird sein Nachfolger.


Im östlichen Teil Deutschlands, bleibt die „zweite Garnitur“ der deutschen Raketenentwicklung zurück, die aber doch ebenfalls große Spezialisten darstellen.

Sept. 45 – Sept. 46: Die sowjetische Militäradministration konzentriert sich auf jene verbliebene Spezialisten und lässt sie bei guten Arbeitsbedingungen nun in ihrer ostdeutschen Besatzungszone für sich arbeiten, weiterforschen und entwickeln – (etwa 5.000 Personen) für ein Jahr, bis zum Herbst 1946.


Ab Oktober beginnt in Nürnberg der Prozess gegen die Nazis, gegen Kriegsverbrecher und Völkermord. 12 Todesurteile, 7 Gefängnisstrafen und 3 Freisprüche – aber weitere Prozesse werden folgen.


Bauen in Potsdam:

Hier wird auch der „Rückbau“ erfasst. Deutsche Truppen der Wehrmacht sprengen die Lange Brücke über die Havel am 24. April, die Nedlitzer Brücke am 25. April, die Glienicker Brücke am 30. April und am gleichen Tage die Baumgartenbrücke bei Geltow.

Die Gloriette auf dem Bassinplatz, 1739 von J. Boumann d. Ä. errichtet, wurde noch 1945 abgerissen.


Musik:

Glenn Miller komponierte und spielte mit seiner Band, in erster Linie auch für die Soldaten. “In the mood“ („in Stimmung“), bevor er seit einem Flug als verschollen gilt.

Am 17. August öffnet der Friedrichstadt-Palst an der Weidendammer Brücke in Berlin wieder mit einem neuen Varitéprogramm.


Filmkunst.

„Es fing so harmlos an“, mit Theo Lingen und Johannes Heesters.

Hilde Hildebrand und Hans Albers singen in dem Film „Große Freiheit Nr. 7“ „Beim ersten Mal, da tut’s noch weh.“ Es handelt sich um einen Kriegsfilm, in Prag gedreht, der aber erst nach dem Kriege gezeigt werden durfte. „Meine Herren Söhne“.


Naturereignisse:

- Die Winter 1945 / 46 und 1946 zu 47 zeigten anhaltend strenge Fröste.



Aus der Zeitgeschichte des Jahres 1946

Politik:

Am 5. März beginnt in der Deutschen Zone der USA die Entnazifizierung.

Zwischen den Siegermächten Ost und West, kommt es zu ersten Spannungen.

Im Nürnberger Prozess werden 22 ehemalige Politiker und Offiziere als Hauptkriegsverbrecher angeklagt. 11 Monate lang dauerten die Anhörungen. Am 1. Oktober werden die Urteile verkündet; dabei werden 12 Urteile „Tod durch den Strang“ verhängt. Göring entzieht sich dem durch Selbstmord. Die anderen erhalten Freiheitsstrafen von 10 Jahren bis lebenslänglich. Bis 1949 erfolgen weitere Prozesse gegen Ärzte, Juristen, Konzernbosse und Angehörige des Oberkommandos der Wehrmacht vor USA-Militärgerichten.

1. Juli: Auf das Bikiniatoll (Hawaii) ist die erste amerikanische Nachkriegsbombe gefallen. Für den 25. Juli ist eine weitere Unterwasserexplosion geplant. Das Atoll (der Name wegen seiner geografischen Form) ist seither unbewohnbar. Große Schlachtschiffe / Flugzeugträger und viele kleinere Schiffe, die sich dort in der Nähe aufhielten wurden dabei derart radioaktiv verseucht, dass die Radioaktivität mindestens 10 Jahre „abklingen“ musste, um sie dann nur noch verschrotten zu können. Auf die Menschen des paradiesischen Atolls, vorher umgesiedelt aber doch noch von der Radioaktivität erreicht, hatten durch die Versuche lebensbedrohende und erbgutschädigende Wirkungen.

Die Sowjetunion evakuiert in einer geheimen Militäraktion auf Befehl von Stalin, in den Nachtstunden des 22. Oktober 46 etwa 5.000 Wissenschaftler und ihre Familien mit deren sämtlichen Mobiliar aus der sowjetischen Besatzungszone (z. B. aus Dessau, Jena, Berlin, Bleicherode) zur sofortigen Umsiedlung in die Sowjetunion. Es handelt sich um Kräfte, die „in der zweiten Reihe“ an der Flugzeug- und Raketenentwicklung in der Nazizeit (an den Wunderwaffen) gearbeitet hatten. Pro Haushalt wurden 80-100 Kisten bereitgestellt, von Soldaten gepackt und mit Lkw und dann Güterwagen noch in der gleichen Nacht Richtung Sowjetunion mit unbekanntem Ziel gebracht. Das waren etwa 20 Güterzüge geistigen Potenzials an Kriegsbeute, die ihre Ladung z. B. in Kuibyschew an der Wolga „ausluden“. Bald darauf trafen auch die demontierten deutschen Maschinen als Grundlage der Weiterentwicklungen ein, bis hin zu den Schreibtischen der Wissenschaftler und Ingenieure mit all ihren Inhalten. In der Folgezeit hatten die Deutschen die Aufgabe, die sowjetischen Ingenieure mit dem Entwicklungsstand der deutschen Kriegstechnik vertraut zu machen.

Der Radio-Sender „RIAS“ (Radio im Amerikanischen Sektor) in West-Berlin nimmt seine Tätigkeit auf. Er versteht sich als „eine freie Stimme der freien Welt“. Später wird er von der DDR aus mit einem Störsignal überlagert aber trotzdem gehört.


Am 21. / 22. April wird die Sozialistische Einheitspartei (SED), hervorgegangen aus SPD und KPD, gegründet. Es wird von einer Zwangsvereinigung auf Betreiben der weitaus kleineren KPD mit sowjetischer Unterstützung gesprochen, um den wesentlichen Regierungseinfluss ohne freie Wahlen gewinnen zu können.

Seit dieser Zeit, (von 1946 – 1954) regieren Wilhelm Pieck (aus der KPD) und Otto Grotewohl (aus der SPD) gemeinsam das Land. W. Pieck wurde allerdings 1949 zum Staatspräsident der DDR erhöht. Er lebte von 1876 – 1960. Beide Familien leben in Berlin-Niederschönhausen im Majakowskiring, unweit der Pankower „Breiten Straße“, in einem abgeschirmten Regierungsviertel.

In der sowjetischen Besatzungszone gibt es willkürliche Verhaftungen, Terror, Weiternutzung von Konzentrationslagern aus der Hitlerzeit (wie Buchenwald, Sachsenhausen) auch gegen Linke, also so genannte Fortschrittliche Kräfte. Die übrigen Parteien (CDU, LDPD und NDPD, wie auch der DPD werden der führenden Rolle der SED nachgeordnet und angepasst). In der sowjetischen Besatzungszone beginnen die materiellen Reparationsleistungen an die Sowjetunion trotz Ermangelung einer verwertbaren Währung. Materiell bedeutet z. B.: Eisenbahngleise wurden herausgerissen und in die Sowjetunion verbracht, ebenso komplette Fabrikanlagen, egal, ob diese tausende Kilometer weiter jemals wieder sinnvoll eingesetzt werden konnten, bis hin zur Beschlagnahmung der Autos und Fahrräder – es sei denn, man verfügte über eine zweisprachige Bescheinigung als Erlaubnis, das Fahrrad behalten zu dürfen, um damit wirtschaftwichtige Verrichtungen zu beflügeln.

Am 2. Dezember wird der Zusammenschluss von britischer und amerikanischer Zone (Bi-Zone) von den Alliierten vereinbart. Später wird das Gebiet der Franzosen hinzugenommen und die Tri-Zone gebildet.

Im nordvietnamesischen Hanoi hatte 1945 der Kommunist Ho Chi Minh die unabhängige Demokratische Republik Vietnam ausgerufen. Die Kolonialmacht Frankreich, die nur noch im Süden präsent ist, will nunmehr den Norden zurück erobern. Mit ihrer Bombardierung der Stadt Haiphong am 23. Nov. 1946 beginnt der Vietnamkrieg. (1954 werden die Franzosen die entscheidende militärische Niederlage erleiden, worauf die USA 10 Jahre später frisch als Weltmacht in den Krieg einsteigt aber nach weiteren 11 Jahren 1975 das Land ebenfalls geschlagen verlassen muss.

In China ringen bis 1949 Tschiang Kai-schek und Mao Tse-tung um die Macht.


Wissenschaft:

Es entwickelt sich die Radioastronomie (mit Radioteleskopen).

Im Juni 1946 wird in Potsdam das Institut für Ernährungsforschung gegründet.


Technik:

Waschmaschine - In Deutschland ist der erste Vollwaschautomat ausgereift.


Wirtschaft:

Das Volkswagenwerk in Wolfsburg beginnt mit bescheidener Serienproduktion des „Käfer“, des ehemaligen KdF-Wagens. (Kraft durch Freude).


Soziales:

In Italien kommt der erste Vespa-Motorroller auf den Markt. Entwickelt wurde das Fahrzeug von Corradino d’ Ascanio.

Amerikanische Hilfsorganisationen unterstützen die Menschen in ihren Zonen durch Care Pakete mit Lebensmitteln und Kleidung.


Alltag:

Die Wohnraumsituation ist äußerst angespannt. Oftmals leben mehrere fremde Personen in einer gemeinsamen Wohnung. Hatte man zum Gewinn zusätzlichen Wohnraumes nach dem 1. Weltkrieg noch in Ruhe Rabitzwände (Zaungeflecht, beiderseits mit Putz beschichtet, statisch nicht belastbar, etwa 40 mm dick) als Teilung einbauen können, zwang die fehlende Zeit, das fehlende Material dazu, nur einfach bestimmte Türen zu verschließen, um geteilten, kleineren aber „mehr“ Wohnraum zu schaffen. Anfangs diente auch mitunter eine Wäscheleine mit übergehängtem Tuch als Trennung.


Musik:

Friedrich Holländer schreibt für Marlene Dietrich englischsprachige Schlager.

Buly Buhlan besingt den Schwarzmarkt mit: „Ich tausch so gern um“.

Optimistisch zwischen Ruinen hervor blickend, sang Po Werner: „Nach Regen scheint Sonne“, eine lustige Weise aber doch auch auf den zurückliegenden Krieg bezogen.

Am 03. September stirbt der Operettenkomponist Paul Lincke (07. November 1866 in Berlin geboren) in Clausthal-Zellerfeld


Literatur:

Am 06. Juni stirbt der Schriftsteller Gerhart Hauptmann.


Filmkunst:

Es wird der Film „Schwarzwaldmädel“ gedreht, mit Sonja Ziemann in der Hauptrolle.

Am 15. Oktober wird der erste DEFA-Film „Die Mörder sind unter uns“ uraufgeführt. In der Hauptrolle Hildegard Knef. Hans Albers spielt in dem Film: „Und über uns der Himmel“.



Das Jahr 1947

Politik:

In der Wüste von New Mexico können deutsche Wissenschaftler um Werner von Braun wieder arbeiten und die mitgebrachten Bauteile erneut zum Aggregat 4 (V 2)-Rakete zusammensetzen und weiterentwickeln.

Im Oktober 47 fliegt eine neue „Aggregat 4-Rakete“ auch in der Sowjetunion, von Deutschen dort gebaut. Für eine Prämie von 15.000 Rubel wurde der Typ von Bleicherode dort jetzt nachgebaut. Nachdem das wesentliche Wissen als abgeschöpft galt, kam der Regierungsbeschluss der SU, nun in der Raketenentwicklung alles selber zu machen. Die Weiterführung sollte nun auch vor den Deutschen geheim bleiben. Tatenlos befanden sich die Deutschen in einer „Abkühlungsphase zum Vergessen im Urlaub“. 1950 durften die ersten Forscher nach Deutschland zurück. So haben USA und UdSSR beide als Siegermächte über Deutschland 1947 etwa den gleichen Stand der früheren deutschen Kriegstechnik im Raketenbau und nutzen dieses Wissen für die gegenseitige Abschreckungsbedrohung, im Aufrüstungswettbewerb des „Kalten Krieges“.


In der sowjetischen Besatzungszone wird die „Gesellschaft zum Studium der Kultur der Sowjetunion“ gegründet. Diese wird dann vom 01. Juli 1949 an, „Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ heißen.


Nach dem Beschluss des Kontrollrates der Alliierten (Gesetz Nr. 46) wird der Staat Preußen aufgelöst.

Im August erreicht Indien auf gewaltlosem Weg die Loslösung von der britischen Krone, als deren bisherige Kolonie. England hatte allerdings religiöse und soziale Spannungen bisher unterdrückt, die sich jetzt in einem blutigen Bürgerkrieg zwischen Hindus und Moslems entladen. Die Moslems haben mit britischer Hilfe Pakistan von Indien abgespalten. Eine Völkerwanderung beginnt daraufhin. So fliehen etwa sechs Millionen Hindus in die Indische Union und ebenfalls etwa sechs Mio. Moslems fliehen nach Pakistan. Trotzdem verblieben noch ungefähr weitere 40 Mio. Moslems in Indien. Es kommt zu schlimmen Ausschreitungen gegen die Minderheiten.

Am 20. Nov. 1947 wird im Saarland die französische Währung eingeführt. Zum Jahresende erfolgt die Trennung von Deutschland. Siehe auch 1955 und 1957.

Viele jüdische Überlebende wollen nach Palästina, „nach Hause“, ins „gelobte Land“ als Traumziel. Briten beschießen Flüchtlingsschiffe, versuchen diese zu entern und jüdische Menschen wieder nach Europa zurückzuschicken.

Am 29. Nov. 1947 beschließt die UNO die Gründung des Staates Israel. Mit der Geburtsstunde Israels wird Palästina geteilt. Ein Staat Palästina für die Araber, ein Staat Israel für die Juden.

In Ost-Berlin finden die ersten Weltfestspiele statt. Die offiziellen Hauptthemen in den Reden und Diskussionen bilden der Antifaschismus und die Erhaltung des Friedens.

Wissenschaft:

Im April tritt der Norweger Thor Heyerdahl mit dem Balsaholz-Segelfloß „Kon Tiki“ eine Forschungs-Seereise von Peru über 7000 km nach Tahiti (Polynesien) an und kommt dort nach etwa 100 Tagen an.


Technik:

Das erste Überschallflugzeug der Welt wird von der amerikanischen Luftwaffe geflogen. Die „Bell X – 1“ erreicht eine maximale Geschwindigkeit von 1078 Km/h. was 1,015 Mach entspricht. Siehe auch 1949.


Wirtschaft:

Starke Lebensmittelknappheit. Schwarzmarktpreise: 1 Ei: 12 RM (Reichsmark), 1kg Kaffee: 1.200 RM, 20 amerikanische Zigaretten: 150 RM, 1 Schachtel Streichhölzer 5 RM.

Im August die erste Nachkriegs-Exportmesse in Hannover: Die Nylonfaser und Erzeugnisse daraus werden vorgestellt, die Volkswagenwerke präsentieren den verbesserten KdF-Wagen, den erwachsen gewordenen Käfer.


Musik:

Man will wieder mehr Zeit für das Schöne haben: Davon singt der Schlager: „Hallo kleines Fräulein, haben Sie heute Zeit?“ Rudi Schuricke komponiert die „Caprifischer“ und Theo Lingen ist im Sprechgesang der Reporter über das Fußballspiel, bei dem der Theodor der Torwart ist. „Der Theodor, der Theodor, der steht bei uns im Fußballtor …“.

In der sowjetischen Besatzungszone wird die staatliche Unterhaltungs-Schallplattenfirma „Amiga“ gegründet.

Am 28. August gibt Wilhelm Kempff jun. ein Konzert in Potsdam, dessen Erlös dem Wiederaufbau der Nikolaikirche dienen soll.


Literatur:

Am 04. Februar stirbt der Schriftsteller Hans Fallada in Berlin.


Naturereignisse:

Die Winter 1945 / 46 und 46 zu 47 waren anhaltend, mit strengen Frösten.



Zeitgeschichte im Jahr 1948

Politik in Deutschland:

Am 27.4. wird in der 1. Tagung des Verfassungsausschusses des Volksrates in der Ostzone die Ausarbeitung einer Verfassung für eine Deutsche Demokratische Republik beschlossen.

In der sowjetischen Besatzungszone werden die staatlichen Läden der HO (Handelsorganisation) eingerichtet, die neben den Verkaufsstellen des KONSUM und der „Privatkrauter“ bestehen. Der erste HO-Laden im Spätherbst in Dresden.




Währungsreform am 18. Juni in den drei Westzonen Deutschlands. Die Reichsmark wird abgelöst. Jetzt gibt es in den Westzonen die „Deutsche Mark“ Jeder Bürger erhält 40,-- DM, im August nochmals 20,-- DM umgetauscht. Was darüber hinaus an Reichsmark vorhanden war (der Kapitalüberhang) ist verloren, wenn ein Guthaben nicht vorher bereits in Sachwerten angelegt (und vielleicht anschließend in die neue Währung zurückverwandelt) wurde. So waren an diesem Tage aus Sicht des Staates alle Reichen gleich arm und alle Armen vergleichbar reich – eine relative Gerechtigkeit. Mit der Währungsunion füllen sich im Westen die Geschäfte schlagartig. Der Nachkriegsaufschwung, das “Wirtschaftswunder“ beginnt. Die Sowjetunion kappt durch ihre Militäradministration sofort (ab 24. Juli) alle Straßen- und Bahnverbindungen und damit auch jeglichen Personen- und Güterverkehr zwischen den deutschen Westzonen und Berlin. Sie stoppt die Energielieferungen. Die Stadt wird damit in Ost- und Westberlin gespalten. Die Berlin-Blockade beginnt. West-Berlin soll der sowjetischen Besatzungszone einverleibt werden. Sofort beginnen ab 24 Juli die West-Alliierten, also Engländer und Amerikaner, Westberlin mit Flugzeugen mit allen Artikeln des täglichen Bedarf, von Mehl über Eipulver, Kartoffeln bis zu Kohlen zu versorgen (Luftbrücke Flugplatz Tempelhof). Starts und Landungen im Minutentakt. Die zweimotorigen „Dakota“, werden im Berliner Volksmund schnell „Rosinenbomber“ genannt. Notwendiges Lande-Licht für die Piloten wurde vorerst außer mit Kerzen, auch mittels der Lampen aufgebockter Fahrräder erzeugt.

Am 19. Juni gibt es auch in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) neues Geld. Die Reichsmark hat ausgedient. Aber es ist anderes Geld, als in den Westzonen.

Im August 1948 wird in Berlin die Sektorengrenze über den Potsdamer Platz in Berlin mit weißen Farbstreifen markiert. Diese Grenze trennt auch Grundstücke „zerschneidet“ in ihrem Verlauf auch Häuser in Ost- und West-Berlin.

Der Regierende Bürgermeister des Westteils von Berlin bittet am 09. September die Welt um Hilfe: “Ihr Völker der Erde! Schaut auf diese Stadt“, wird zum Höhepunkt der Rede Ernst Reuters zur belagerten Stadt. Volkstreffen vor dem Reichstag. 11 Monate wird die Blockade anhalten, bis die Sowjetunion diese am 12. Mai 1949 aufgibt. In dieser Zeit sind für etwa 2,2 Millionen Einwohner 2,3 Millionen t Güter in die Stadt geflogen worden. Eine Anzahl von Maschinen stürzte dabei aber ab und fast ebenso viele Piloten verlieren dabei ihr Leben.

Auch in der sowjetischen Besatzungszone zwischen Elbe und Oder findet der erste Nachkriegsgeldumtausch statt. Noch tragen die Münzen die Aufschrift „Deutschland“.

Am 13. Dezember in der SBZ: Gründung der Pionierorganisation.

Politik im Ausland:

Am 31. Januar wird in Indien der große Friedensgelehrte Mahatma Gandhi von einem fanatischen Hindu ermordet.

In Südafrika wird die Apartheid, die strikte Rassentrennung, als Unterdrückungsmaßnahme gegen die schwarze Bevölkerung eingeführt.


Im Mai verlassen die Briten Palästina. Israel und die Palästinensischen Nachbarn geraten bald in Konflikte. Am 14. Mai verliest der israelische Minister David Ben Gurion in Tel Aviv die Unabhängigkeitserklärung. Der Staat Israel hat sich geboren und lädt alle Juden der Welt ein, hier Wohnsitz zu nehmen.



Wissenschaft:

Auguste Piccard erreicht mit einem Tauchboot im Meer 1.380 m Tiefe, der bisherige Tiefenrekord (siehe auch 1953).

Der Desktop-Computer wird in diesem Jahr in den Bell-Laboratories entwickelt. (Zu uns, in das Gebiet der DDR kommen erste Geräte im Jahr 1990 in die Betriebe).


Medizin:

Gründung der Weltgesundheitsorganisation am 7. April.


Wirtschaft:

Mit der Währungsumstellung gibt es auch keine gesamtdeutschen Briefmarken mehr.


Bildung:

Im Berliner Westen wird die Freie Universität gegründet. In Ost-Berlin besteht die Humboldt-Universität.


Soziales:

Kriegshinterbliebene erhalten in Westdeutschland ab Frühjahr 1948 monatlich 27 Mark Rente.


Musik:

Bertold Brecht dichtet das „Aufbau-Lied“. „Bau auf (4x), Freie deutsche Jugend bau auf. Für eine bess’re Zukunft richten wir die Heimat auf.“

Der RIAS beginnt mit der satirischen Hörspiel-Musik-Serie über Berlin: “Der Insulaner verliert die Ruhe nicht. Der Insulaner liebt keen Jetue nich. Der Insulaner hofft unbeirrt, dass seine Insel wieder schönes Festland wird – ach wär’ das schön“, nachdem Westberlin nach Einführung der neuen Währung von der Sowjetunion abgeriegelt wurde. Ernst Hilbich fragt mahnend in seinem Lied: „Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt? Wer hat soviel Pinke, Pinke, wer hat soviel Geld...? Viele Leute leben aus Lebenslust–Nachholebedarf über ihre Verhältnisse.


Kriminalität:

Am 30. Januar wurde der indische Politiker und Staatspräsident Mahatma Gandhi von einem fanatischen Hindu ermordet. Er war etwa 1870 geboren worden und hatte stets Gewaltlosigkeit gepredigt und sich für den Frieden eingesetzt

Mahatma = Die große Seele..



1949 – 1990

Die Trennung – 40 Jahre lang wird es zwei deutsche Staaten geben: (Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik) – Diese Trennungszeit endet mit der Wiedervereinigung durch Beitritt der DDR zur BRD nach der wirtschaftlichen Schwäche und dem politischen Zusammenbruch der DDR.


Das Jahr 1949

Politik:

31. Januar: Die chinesische Rote Armee nimmt Peking ein.

23. April: Tschiang Kai check siedelt (als Rückzug) nach Kanton über.

Am 23. Mai 1949 wird die Bundesrepublik Deutschland gebildet.

Durch die Arbeiten des Manfred von Ardenne erhält Ende August 1949 die Sowjetunion in Semipalatinsk die erste eigene Atombombe. Seither wird Ardenne „Der rote Baron“ genannt.

1955 wird er nach Deutschland, in den Ostteil, zurückkehren.

21. September: Der Volksrat proklamiert die Volksrepublik China. Peking bekommt „Den Platz des himmlischen Friedens“ und die Landreform.

07. Oktober: Die Deutsche Demokratische Republik wird gegründet.



Dezember: In China erobert Mao Tse - Tung (die Laute auch mit De sung oder Dse Dong umschrieben) während des Bürgerkrieges die Macht. Es entstehen die Volksrepublik China und auf der Insel Formosa (später Taiwan) ein Nationalchina unter Tschian Kai - Tschek.

Die alte chinesische Nationalregierung unter Tschiang Kai check flieht auf die Insel Formosa (später Taiwan / Tai huan).

Während dieser Zeit des Machtwechsels sind innerhalb von China etwa 40 Mio. Menschen auf der Flucht – schon wieder eine katastrophale „Völkerwanderung“ der Neuzeit.

Am 01. Mai wird in der DDR der Ort Neuhardenberg (am Rande der Märkischen Schweiz gelegen) umbenannt. Für viele ist das nicht nachvollziehbar, weil der Name der Hardenbergs in der Deutschen Geschichte sehr positiv belegt ist und auch der letzte Gutsbesitzer als Antifaschist galt. Nach Diskussionen um einen neuen Namen wie Thälmannberg oder Engelsdorf, entschied man sich für Marxwalde (nach der deutschen Wiedervereinigung in Neuhardenberg zurück benannt).


Am 08.Mai, dem „Tag der Befreiung Deutschlands vom Hitler-Faschismus“ wird in Berlin-Treptow das Ehren-Denkmal für die gefallenen Sowjetsoldaten eingeweiht.


Die NATO wird durch 12 Länder als Nordatlantisches militärisches Schutzbündnis gegründet.

Am 12. Mai ist die Berlin-Blockade seitens der Sowjetunion vorbei. Die Land- und Wasserwege sind wieder frei. Mit dem Durchsetzen des Überlebens von West-Berlin behaupten die Alliierten ihre Stärke und ermöglichen letztendlich die Gründung der BRD. Die drei Deutschen Westzonen bilden mit Zustimmung der Westalliierten in Bonn am 23. Mai die Bundesrepublik Deutschland. Bundeskanzler wird der bisherige Kölner Bürgermeister Konrad Adenauer (CDU). Bereits im Jahre 1947 hatten die Westalliierten ohne deutsche Verhandlungsbeteiligung die Gründung eines Weststaates beschlossen. Das Grundgesetz der BRD, tritt am 24. Mai 1949 in Kraft .Das daneben gültige Besatzungsstatut ermöglicht den Westmächten Eingriffsmöglichkeiten. Deutschland besteht nunmehr aus der Bundesrepublik und der Sowjetischen Besatzungszone. Die Reaktion der Letzteren auf die Abspaltung durch Bildung eines gesonderten Staates, besteht daroin, dass in Berlin der 3. Deutsche Volkskongress in der Staatsoper am 30. Mai die Verfassung einer zukünftigen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) an, die sich am Inhalt der Verfassung der Weimarer Republik orientiert.

Erste Nachkriegswahl in den Westzonen am 14. August 49. Es erhalten die CDU 31% der Stimmen, die SPD 29,2, die FDP 11,9%. Im Wahlkampf spielt die Abwägung der Künftigen Wirtschaftsform (Marktwirtschaft oder Planwirtschaft) eine wichtige Rolle.

Nach Aufhebung der Berlin-Blockade im September 1949 sind im Westteil Berlins die Geschäfte sehr schnell wieder gefüllt. Ein Schlaraffenland tut sich auf. Ost-Besucher haben dafür allerdings das falsche Geld. Pech gehabt.

Am 15. September wird der frühere Oberbürgermeister von Köln, Dr. Konrad Adenauer der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschlands – mit einer Stimme Mehrheit – seiner eigenen. Er fordert die Wirtschaftsordnung der Marktwirtschaft, - die schnelle Rückführung der Kriegsgefangenen nach Deutschland und er will „vergangenes vergangen sein lassen, was viele frühere Nazileute freut und beruhigt. Die Aufarbeitung der Vergangenheit soll fortfallen.

12. September: Die neue Bundesregierung stellt sich in Bonn auf dem Petersberg der Hohen Kommission der Alliierten vor.

Am 07. Oktober wird aus der sowjetischen Besatzungszone, der zweite deutsche Staat, die Deutsche Demokratische Republik gebildet. Staatspräsident ist von der früheren KPD Wilhelm Pieck, sein Stellvertreter von der früheren SPD ist Otto Grotewohl. Der mächtige KPD-Einfluss (zahlenmäßig gering) kam nur durch den von der Sowjetunion befohlenen Zusammenschluss zur SED zustande. Der bisherige zweite Deutsche Volksrat erklärt sich zur provisorischen Volkskammer. Der bisherige Entwurf der Verfassung der DDR wird zu geltendem Recht. Die DDR betrachtet sich nach der Gründung der BRD gezwungenermaßen als ein Übergangskonstrukt, denn sie strebt die deutsche Einheit an.Die junge DDR hat alle Kriegs-Reparationsleistungen für ganz Deutschland gegenüber der Sowjetunion aufzubringen.

Für die DDR wurde als Nationalhymne das Werk: „Auferstanden aus Ruinen“ mit einem guten Text neu geschaffen. Diese Hymne wird erstmals am 06. November in der Staatsoper, die wegen der Bauschäden zurzeit im Admiralspalast zu Hause ist, gespielt. Offizieller Anlass ist der Festakt zum 32. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution im damaligen Russland. Die Texte und Melodien der Hymnen von der BRD- und der DDR-Nationalhymne lassen sich nach der Kaiserhymne im Wesentlichen austauschen. Es passt.


Wissenschaft:

Für das Palomar Observatorium in Kalifornien wurde von 1928 – 1949 das derzeitig größte Teleskop (Hale-Teleskop), „das große Auge“ gebaut. Es ist sieben Stockwerke hoch und verfügt über einen Spiegel von 5 m Durchmesser mit einer Oberfläche aus Borsilikat. Allein die Spiegelherstellung (gießen, schleifen, polieren) dauerte 14 Jahre. Benannt wurde es nach seinem Erbauer George Ellery Hale.


Technik:

Die Engländer bauen „De Havilland Comet“, das erste Düsenpassagierflugzeug der Weltgeschichte.


Wirtschaft:

Die Produktion in der BRD erreicht etwa wieder den Stand von 1936.

Von der UdSSR, CSR, Polen, Ungarn, Rumänien und Bulgarien wird der „Rat der gegenseitigen Wirtschaftshilfe“ gegründet.


Soziales:

In der BRD wird die Bewegung „SOS-Kinderdörfer“ ins Leben gerufen.


Musik / Unterhaltung:

Am 01. Januar erscheint der Kinofilm „Otto Normalverbraucher“ in der BRD.

Bert Brecht dichtet im Osten die Kinderhymne „Häuser sollen nicht brennen…“


Sport:

In München findet wieder ein Sechstage-Radrennen statt. Zum ersten Mal seit 1933 wieder mit internationaler Beteiligung.


Neues aus Potsdam:

In das frühere Reichsarchiv am Brauhausberg zieht jetzt die Landesparteileitung der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) des Landes Brandenburg. 1952 werden die Länder in der DDR abgeschafft. Dann wird dort die SED-Kreis- und Bezirksleitung Potsdam sitzen – bis 1990.

Zwischen Potsdam-Babelsberg und dem Dorf Drewitz, richtet die Stadtverwaltung einen Busverkehr mit elektrischen Oberleitungsbussen (O-Bus) ein.



Einige Hinweise zum Jahr 1950

Politik:

Deutsche wurden 1945 aus Polen und der Tschechoslowakei vertrieb und ab 1946 „planmäßig“ nach Deutschland ausgesiedelt, wenn sie die polnische oder tschechische Staatsbürgerschaft nicht annehmen wollten. (Wir wissen: Das Staatsgebiet Polens wurde von Stalin gewaltsam ein Stück nach Westen, bis zur Oder, verschoben, um das Gebiet Russlands zu vergrößern. So wurden viele Polen vertrieben, zwangsweise gen Westen „umgesiedelt“). In diesem Jahr aber erfolgt eine weitere Umsiedlungswelle – diesmal auf Antrag der Bundesrepublik, unter dem Aspekt der humanitären Verwandtenzusammenführung in Deutschland. In einem Jahr kommen 17.000 deutschstämmige Menschen aus den nun tschechischen Sudeten und 44.000 deutsche Menschen aus Polen in die BRD.

Auf dem III. Parteitag der SED wird der erste 5-Jahr-Plan für die Wirtschaft der DDR beschlossen. Partei und Regierung beschließen den Aufbau des Sozialismus in der DDR.

Es werden noch immer 1,5 Millionen Deutsche vermisst. Im Radio werden vom DRK stets die Suchmeldungen durchgegeben. Am 5. Mai erklärt die SU (UdSSR) die Rückführung deutscher Kriegsgefangener als abgeschlossen, obgleich noch Tausende lebend vermutet werden. Deshalb tritt der Bundeskanzler Konrad Adenauer eine Fahrt nach Moskau an, in deren Ergebnis viele weitere Kriegsgefangene freigelassen werden.

02. Februar: Die erste Briefmarke der DDR wird herausgegeben.

08. Februar: In der DDR wird das Ministerium für Staatssicherheit gegründet.

Ab 15. April gibt es für die Schüler der DDR eine warme Mittagsmahlzeit in den Schulen.

Am 17. Mai wird in der DDR das Alter der Volljährigkeit von 21 auf das Lebensalter von 18 Jahren herabgesetzt.

27. bis 31. Mai: Pfingsttreffen der „Freien Deutschen Jugend“, Jugendorganisation der SED, in Berlin. Auf dem Programm stehen Vorträge, Sport, Kultur, Diskussionen. Zu den Hauptthemen gehören die Deutsche Einheit und der Friedenserhalt. Ein Demonstrationszug von 350.000 FDJ-Mitgliedern im Blauhemd zieht in 71/2 Stunden vor der Staatsführung der DDR und deren Gästen vorbei.

30. Mai: Die DDR-Führung bezichtigt die USA, von Flugzeugen aus, Unmengen von Kartoffelkäfern vom Typ „Colorado“ über der DDR abgeworfen zu haben, um die Landwirtschaft zu schwächen. Hiermit wird eine Begründungsmöglichkeit für die mangelnde Versorgung der Bevölkerung „gestaltet“. Die Westmächte werten derartige verbale Angriffe als falsch und albern. Schüler werden aber eingesetzt, um die Landarbeiter und Bauern beim Einsammern der fliegenden Störer zu unterstützen.

Am 06. Juni wird von der DDR die Oder-Neiße-Grenze als endgültige Grenze gegenüber Polen anerkannt, was auf heftige Einsprüche aus der BRD führt.

Im Juni tritt die Bundesrepublik dem Europarat bei.


23. Juli: In der DDR wird auf dem 3. Parteitag der SED von Walter Ulbricht der 1. Fünfjahrplan der Volkswirtschaft verkündet, der am 01. Januar 1951 in Kraft treten wird. De Sozialistische Einheitspartei Deutschlands soll „zu einer Kampforganisation“ umgeformt werden.. Der Parteivorstand der Partei wird zu einem „Zentralkomitee“ umgebildet.

Prachtvolle Hochzeit des Schahs von Persien Mohammad Reza Pahlavi mit Prinzessin Soraya (und nach ca. 7 Jahren Trennung wegen Kinderlosigkeit).

In den USA werden nach Anklage der Spionage und Verurteilung (wobei es sich jedoch um einen Justizirrtum handelt) die Wissenschaftler Ethel und Julius Rosenberg hingerichtet.

130 ehemalige deutsche Spezialisten für Flug- und Raketentechnik wurden US-Bürger.

Beginn der Jagd um die politische und militärische Vorherrschaft zwischen den Großmächten. Der „kalte Krieg“ bricht aus.

In West-Berlin („Eine freie Stadt der freien Welt“) werden Nachrichten auf großformatigen Leuchtbändern abgespielt, die auch gut aus dem Osten (und besonders für die Ostbevölkerung gedacht) lesbar sind. Es wirbt auch: „Westberliner, kauft bei der HO“. Das ist die staatliche Handelsorganisation der DDR, die es nur im Ostteil Berlins gibt.

Juni 1950: Beginn des Korea-Krieges. Nur fünf Jahre nach dem 2. Weltkrieg spürt man, dass leicht ein neuer Weltbrand ausbrechen kann. Das kommunistisch regierte Nordkorea marschiert am 25. Juni 50 in das Südkorea kapitalistischer Prägung ein, um eine Wiedervereinigung unter kommunistischer Herrschaft zu erzwingen. Im November des gleichen Jahres greift die Volksrepublik China in diesen Konflikt ein. China unterstützt Nordkorea, womit die Gefahr eines möglichen neuen Weltkrieges verstärkt wird, denn die USA unterstützen Südkorea. Letztendlich werden die nordkoreanischen Truppen aufgehalten und zurückgeschlagen.

06. August: Heimatvertriebene Deutsche aus dem heutigen Polen und der CSR sammeln sich vor den Ruinen des Schlosses in Stuttgart und fordern: „Gebt uns unsere Heimat wieder“. In der DDR wäre solch eine Veranstaltung nicht möglich gewesen.


Wissenschaft:

Der Schweizer Geologe Toni Hagen darf als erster Europäer acht Jahre lang das Königreich Nepal besuchen / erforschen (ein verbotenes Land). Er wird ein Freund des Königs und des Dalai Lamas. Hagen setzt sich u. a. auch für das Ansiedlungsrecht von Flüchtlingen ein, denn als Tibet von der Volksrepublik China erobert wird, versuchen viele Tibeter nach Nepal zu fliehen.


Wissenschaft – Medizin:

Die erste bekannte Nierentransplantation! Die 49jährige USA-Bürgerin Ruth Tucker ist der erste Mensch, dem erfolgreich eine Spenderniere eingepflanzt wird. Am 17. Juni 1950 gelingt dem Chirurgen Richard H. Lawler in Chikago die erste Nierentransplantation in der Geschichte der Medizin.

Der britische Bakteriologe Alexander Fleming entwickelte das erste Antibiotikum aus dem Schimmelpilz „Penicillium notatum“. (Erst) 1950 wird er u.a. dafür mit dem Nobelpreis geehrt.


Technik:

Jetzt gibt es Langspielplatten aus Kunststoff („unzerbrechlich“), statt wie bisher aus Schellack.

Es wurden Patronenfüllfederhalter entwickelt, die wahrscheinlich zum Teil den bisherigen Kolbenfüller ablösen werden. Der austauschbare Tintentank, von einer Kugel verschlossen, hat die Form einer „Patrone“.


Wirtschafts-Wissenschaft:

In Westdeutschland laufen erste Fernseh-Versuchsprogramme.


Wirtschaft:

Die Bundesregierung entscheidet sich für den Weg der „Sozialen Marktwirtschaft“ und hebt schrittweise die Zwangswirtschaft auf. Auch für die letzten Artikel, Zucker und Fleisch, die Lebensmittelrationierung kann aufgehoben werden. In der DDR werden die Lebensmittelkarten bis 1958 bestehen bleiben und Bezugsscheine für Kartoffeln und Kohle bis 1966. Für Butter gibt es die Pflicht der Eintragung in einer „Stammverkaufsstelle“. Hier wird der Butter-Verbrauch jeden Bürgers bis zum Limit namentlich erfasst.

Die Kartoffelernte in der DDR ist nicht ausreichend, um die Bevölkerung ausreichend zu versorgen. Kartoffelkäfer werden auf den Feldern gefunden und als „Amikäfer“, als biologische Kriegsführung der Amerikaner, als Sabotage und biologische Waffe „entlarvt.

Am 03. Juli öffnet in West-Berlin das „KaDeWe“, das Kaufhaus des Westens wieder nach dem Krieg. Ein Massenandrang an Kunden ist zu verzeichnen, von denen viele nur zum gucken kommen, da die Preise nicht für jeden Bürger erschwinglich sind.

In der DDR entsteht die „Erste Sozialistische Stadt „Stalinstadt“ bei Fürstenberg, nach 1953, nach Stalins Tod in „Eisenhüttenstadt“ umbenannt, eine Wohnsiedlung für das Erzverhüttungs-, Stahl- und Walzwerk, das ebenfalls im Entstehen ist.

Am 20. Juli produziert das Stahl- und Walzwerk Brandenburg den ersten Stahl am Standort des früheren Flick-Konzerns.

28. September: Die DDR tritt dem „Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe“ bei.



Film – Musik:

In diesem Jahr wurde der Film „Schwarzwaldmädel“ gedreht (Mädle aus dem Schwarzenwalde sind net leicht zu habe – nur ein Schwabe hat die Gabe...“). In der folgenden Zeit sehen 16 Mill. Zuschauer der BRD diesen Film.

Es wird der Film „Die Sünderin“ mit Hildegard Knef und Fröhlich als Maler gedreht. Ein Sturm der Empörung. Die erste (kaum als solche erkennbare) Nacktszene - für den Maler - im deutschen Kino. Gerhard Wendtland singt zu den ersten Nylonstrümpfen für 15,-- DM: „Das machen nur die Beine von Dolores“. Conny Froboess singt ganz toll: „Pack die Badehose ein“. Nach Erich Kästner wird der Film: “Das fliegende Klassenzimmer“ gedreht.

Ab Juli und in der Folgezeit werden in der DDR Zeitkinos eingeführt: Berlin Friedrichstraße, am Alexanderplatz, im Hauptbahnhof Leipzig, ...


Literatur:

Am 12. März stirbt der Schriftsteller Heinrich Mann in Santa Monica (USA).


Sport:

Am 04. Juni fliehen 11 Fußballspieler der Sportgemeinschaft Dresden-Friedrichstadt nach Westberlin. Schon im gleichen Jahr werden sie in Berlin bei Hertha BSC eingesetzt.

Am 22. Oktober nimmt in Leipzig die „Deutsche Hochschule für Körperkultur“ (DHfK) den Studienbetrieb auf.


Alltag:

Am 21. Juni – Wiedereröffnung des ersten Zoos nach dem Krieg in Magdeburg.

Am 28. Juli finden die Gebeine von Johann Sebastian Bach ihre letztendliche Ruhe in der Thomaskirche zu Leipzig.

07. September: In Ostberlin wird die Ruine des Kaiserlich-königlichen Schlosses der Hohenzollern auf Befehl von Walter Ulbricht gesprengt. Der „Schlossplatz“ heißt jetzt „Marx-Engels-Platz“ - eine öde Fläche. 25 Jahre später wird dort der „Palast der Republik“ stehen, dem nur eine Lebensdauer von 2 Jahrzehnten zugemessen sein wird. Dann wird „aus politischen Gründen“ auch mit dessen Abbruch begonnen.

In Australien beginnen die Schafzüchter einen energischen Kampf gegen verwilderte Haushunde, die in ihren Herden wildern.


Unterhaltung:

Es darf in der DDR die „Deutsche Veranstaltungsdienst GmbH“ gegründet werden. Diese wird 1952 in die „Konzert- und Gastspieldirektion“ umgewandelt.

Es beginnt die Zeichentrickserie „Asterix und Obelix“.

Die Schwimmhilfen „Schwimmflügel“ für Kinderoberarme wurden erfunden.

02. September: In der BRD findet wieder eine Miss-Germany-Wahl statt (Seit 1927 wieder das erste Mal in Deutschland). Als „das schönste Fräulein des Landes“ wird Susanne Erichsen aus Berlin ausgewählt. Na ja, solch ein „Frolleinwunder“ aber auch. Vertreter unterschiedlicher Geschmacksrichtungen hätten auch gerne vielen anderen einen Vorzug als Siegerin gegeben.



Zur Zeitgeschichte im Jahre 1951

Politik:

Der 01. Januar 51 ist der Starttermin für den ersten Fünf-Jahr-Plan der DDR-Wirtschaft (1951 – 1955). Bei Fürstenberg an der Oder word der erste Hochofen der DDR in Betrieb genommen. Zeitgleich entsteht eine Arbeiterwohnstadt (die von 1953 – 1961 den Namen Stalinstadt tragen wird und anschließend in Eisenhüttenstadt umbenannt wird). Ziel der DDR: Unabhängigkeit von Importen aus dem Ruhrgebiet, Nutzung von Kohlen aus Polen und Erzen aus der ruhmreichen Sowjetunion. Am 19. September wird planmäßig dsymbolisch das Anblasen des Hochofens demonstriert; im November das erste Roheisen erschmolzen. 23. Februar: Die Rationierung von Textilien wird in der DDR aufgehoben.

18. April: Die erste Stufe für ein zu einigendes West-Europa: Die Bildung der Montanunion (Bergbau, Hüttenwesen, Stahlproduktion). Frankreich und West-Deutschland arbeiten sehr eng zusammen. Zur Union gehören des Weiteren die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Italien.

26. Juni: Die BRD verbietet in ihrem Land die FDJ – Freie Deutsche Jugend, wegen erkannter Verfassungswidrigkeit – in der DDR wird sie besonders gefördert (als Kader- und Kampfreserve der SED). Erich Honecker ist Vorsitzender der FDJ.

Am 09. Juli erklären die westlichen Besatzungsmächte den Kriegszustand mit Deutschland für beendet. Ein Festtag für Westdeutschland. Das hat jedoch für die DDR keinerlei Bedeutung. Die Sowjetunion erkennt in diesem für sie greifbaren Teil Deutschlands den Nachfolger des Deutschen Reiches, der für Kriegsreparationen aufzukommen hat. Für die Bevölkerung wird jedoch ausschließlich die völkerverbindende „unverbrüchliche“ Freundschaft zwischen der DDR und der Sowjetunion“ zur Schau gestellt.

12. Juli: In der DDR werden die Arbeitsämter abgeschafft. Es besteht sowohl das Recht, als auch die Pflicht zur Arbeit. Arbeit ist genug für alle da. Ein Arbeitsamt ist überflüssig.


05.-19. August 51: In der DDR, in Ost-Berlin finden, die III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten statt. Der Weltbund der demokratischen Jugend lädt ein. Die meisten Teilnehmer kommen aus der DDR, 26.000 aus 104 Ländern, mehrere Tausend aus der BRD – die westdeutschen Behörden versuchen die Ausreise ihrer Teilnahmewilligen nach Ost-Berlin zu verhindern. Der Westberliner Bürgermeister Ernst Reuter lädt die Teilnehmer wegen der Versorgungsschwierigkeiten in der DDR ein, in den West-Berliner Suppenküchen zu speisen. Erich Honecker, der Dachdeckerhelfer, jetzt FDJ-Sekretär sucht das zu verhindern., was zu Tumulten führt.„Jugend aller Nationen uns vereint gleicher Sinn, gleicher Mut Wo auch immer wir wohnen, unser Glück auf dem Frieden beruht In den düst'ren Jahren haben wir es erfahren: Arm war das Leben, wir aber geben Hoffnung der neuen Welt. Unser Lied die Ländergrenzen überfliegt, Freundschaft siegt, Freundschaft siegt. Über Klüfte, die des Krieges Hader schuf, springt der Ruf, springt der Ruf: Freund reih' dich ein, dass vom Grauen wir die Welt befrei'n.…“

BRD: Bildung des Bundesgrenzschutzes.

China fällt in Tibet ein. Der 16jährige Dalai Lama, das religiöse Oberhaupt der Tibetaner flieht mit einer Menschengruppe über das Hochgebirge nach Indien.

23. Oktober: Der Wohnungsbau im Ruhrgebiet wird forciert zur Kompensation der extrem starken Kriegszerstörungen und zur Aufnahme von Vertriebenen aus den Gebieten östlich der Oder. Die amtliche Wohnraumzuteilung kann in der BRD 1960 aufgehoben werden, in der DDR wird sie bis 1989, bis zum Ende Bestand haben.


22. Dezember: Das „Nationale Aufbauwerk“ der DDR, bildet das „Nationale Komitee für den Neuaufbau Berlins“ (gemeint ist hier Ost-Berlin).


Wissenschaft:

Die „Pille“ zur Schwangerschaftsverhütung wurde entwickelt. Sie wird ab 1961 in der BRD nur vom Arzt auf Rezept und nur an verheiratete Frauen verschrieben.

J. André-Thomas entwickelt die Herz-Lungen-Maschine, die nun längere Operationen am offenen Herzen ermöglicht.

William Brigdeman erreicht mit seiner Rakete, die er von einem fliegenden Flugzeug aus startete, die 1,88fache Schallgeschwindigkeit und eine Höhe von 24.080m.


Wirtschaft:

Am 18. April reist Bundeskanzler Adenauer zur Unterzeichnung des Abkommens über die Montanunion nach Paris.

Es erscheint in der Bundesrepublik die erste Nachkriegs Dauerserien-Briefmarke: Der Posthornsatz in 16 verschienenen Werten.

20. September: Der erste von acht Hochöfen wird in Eisenhüttenstadt (DDR) angeblasen.

08. Oktober: Lebensmittelmarken werden zum Teil abgeschafft. Diese sind jetzt nur noch für Fleisch, Fett /Butter und Zucker erforderlich.


Kultur / Musik / Film:

Im Januar kommt der Film „Die Sünderin“ mit Hildegard Knef in die Kinos und sorgt für einen Skandal. In einer sehr kurzen Szene ist die ansehnliche Hauptdarstellerin, weiter entfernt im Bild, für einen kurzen Moment nackt zu sehen. Pfui Deibel aber auch.

Am. 14. April schreibt Herbert Roth in Thüringen das „Rennsteig-Lied“.

  1. August: Premiere des DEFA-Film „Der Untertan“.

Sport

Am 08. Februar starten erstmals wieder seit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges deutsche Fahrzeuge bei Autorennen. Dabei sind die Silberpfeile von Mercedes, so genannt wegen ihrer unlackierten Aluminiumkarosse. Gefahren wird der W154 aus dem Jahre 1938.

22. April: Das Nationale Olympische Komitee der DDR wird gebildet.





Beiträge zur Zeitgeschichte des Jahres 1952

Politik:


Deutsche Demokratische Republik:

Am 02. Januar beginnen die „Aufbau-Sonntag“ in Berlin, An der Weberwiese/Strausberger Platz.

01. März: Als Tageszeitung erscheint die „Junge Welt“

Die DDR führt am 01. Juli Personalausweise ein.

29. April: Das erste Hochseehandels-Schiff ist fertig.

01 .bis 13. Mai: Erstmals führt das Radrennen „Die Friedensfahrt“ auch ein Stück durch die DDR.

Am 27. Mai beginnt in Leipzig das IV. Parlament der FDJ.

Die DDR reagiert auf den „Deutschlandvertrag“ der Westmächte mit der BRD, sofort mit der „Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zu Westdeutschland. Das bedeutet: Die bisherige Zonengrenze wird DDR-Staatsgrenze mit 5km breiter Sperrzone im Landesinneren der DDR. An der Grenze zur BRD werden 180 Straßenverbindungen, 32 Eisenbahnlinien und 3 Autobahnen unterbrochen, unpassierbar gemacht. „Unzuverlässige Personen“ werden aus dem grenznahen Bereich ausgesiedelt. Von den 190 Straßenübergängen zwischen den Zonen innerhalb von Berlin, werden etwa die Hälfte geschlossen. Einführung der Passierscheinpflicht für Westdeutsche.

Am 8. Juni wird die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) gegründet – in dem Ort Marxleben bei Bad Langensalza in Thüringen. Das ist der Beginn der teilweisen Zwangs-Kollektivierung der Landwirtschaft mit der „Förderung der LPGen“, der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften. Die Grenzsteine der Bodenreform aus der Anfangszeit der DDR werden entfernt. In einem Jahr werden etwa 800 Genossenschaften gegründet aber es gibt auch viele Landwirte, die den Hof im Stich lassen und in den Westen flüchten.

Aus der DDR fliehen, insbesondere seit der Ost-West-Staatenbildung, immer mehr Menschen in den Westen. Aus politischem oder wirtschaftlichem Druck. Allein im August werden 16.000 Menschen gezählt

Am 06. Juli eröffnet im Alten Zeughaus in Berlin, am Bebelplatz, das „Museum für Deutsche Geschichte“ seine Dauerausstellung.

09. Juli: Der Aufbau des Sozialismus wird Staatsziel in der DDR, verkündet von Walter Ulbricht auf der 2. Parteikonferenz der SED. ) Die Westpresse nennt ihn gerne den Spitzbart – er trug diesen aber in Wirklichkeit stets gerundet geschnitten). Teilziele auf diesem Wege sind die Kollektivierung der Landwirtschaft, das Zurückdrängen der Einflüsse der Kirchen und die Verstärkung der Grenzbefestigungen „gegen die Machenschaften der Bonner Ultras, ja?“ (Zitat W. U:)

Westberlin bleibt das Ausreise-Fluchtloch für die DDR-Bürger – zumindest bis zum 13. August 1961, bis zum Bau der Mauer um West-Berlin.

Ab 1952 verhängt die DDR ein Einreiseverbot für Westberliner Bürger.


Bundesrepublik Deutschland:

Theodor Heuss ist Bundespräsident. Er erklärt das Deutschlandlied zur Nationalhymne, wobei zu offiziellen Anlässen, wegen des Textes, nur die dritte Strophe zu singen ist. I

Die Briten geben Helgoland am 01. März an Westdeutschland zurück. Ab 1945 diente die Felseninsel als britischer Marinestützpunkt (vorher von der deutschen Bevölkeerung zwangsevakuiert. Ab 1947 war das Eiöland ein Bombenabwurfplatz für Übungszwecke. Anfang 51 bat die Bundesregierung um die Rückgabe der (zerstörten) Insel. Ab März 52 beginnt der Wiederaufbau und schon im Sommer kommen die ersten Touristen.

Stalin bietet am 10. März einen Friedensvertrag und die Wiedervereinigung eines neutralen Deutschland an. Die westmächte fordern als Voraussetzubg freie Wahlen. Der Gedankenaustausch zwischen der UdSSR und den Westmächten bricht ab.

Am 25. April schließen sich die Bundesländer Württemberg-Hohenzollern und Württemberg-Baden nach einem Volksentscheid zu dem neuen Bundesland „Baden-Württemberg“ zusammen.

Der 21jährige Schlosser Philipp Müller aus Essen wird bei einer nicht genehmigten Demonstration gegen die Wiederaufrüstung der BRD, von der Polizei erschossen. (Mehr als 2/3 der westdeutschen Bevölkerung, Kirchen, Gewerkschaften, ... sind gegen die Wiederbewaffnung).

26. Mai 1952: Deutschlandvertrag. Die Westmächte USA, Großbritannien und Frankreich und die BRD unterzeichnen ein Abkommen über die Einbindung Westdeutschlands in das Westbündnis. Dieser Vertrag ist jedoch gekoppelt mit der Bindung der BRD an die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVP). Somit erhält die BRD ihre Souveränität

Der Deutschlandvertrag, in dem die Bundesrepublik von einigen zeitweiligen Vorbehalten abgesehen die Souveränität zurückerhält, wird unterzeichnet – tritt aber erst am 5. Mai 1955 in Kraft.

Am gleichen Tage erhält das Ministerium für Staatssicherheit der DDR den Befehl, die Demarkationslinie zwischen der DDR und der BRD zu verstärken und zu bewachen. Das Land durchzieht in der Folge auf der DDR-Seite eine 5 km breite Sperrzone von 1.378 km Länge. Politisch „unzuverlässige Menschen“ werden im Zuge der „Aktion Ungeziefer“ aus diesem Grenzstreifen ausgesiedelt. Für die Verbleibenden tritt die Passierscheinpflicht ein. Das Empfangen von Besuchen ist kaum noch möglich.

In der BRD wird am 27. Mai das Gesetz über die Sorge für die Kriegsgräber erlassen.


Berlin-West: Der RIAS (Radio im amerikanischen Sektor) bringt täglich die Meldung der Flüchtlingszahlen aus der DDR in die BRD. Das wirkt auch ermunternd auf andere – ein Sog.


Die DDR-Regierung stellt das nationale Aufbauprogramm vor. Nationales Aufbauwerk (NAW). Es bezieht sich auf freiwillige, gemeinnützige, unentgeltliche Arbeit. Der 1. Schwerpunkt betrifft die Beseitigung von Kriegsschäden. Als Quittung für die geleisteten Stunden gibt es Klebemarken für die Einsatzkarte.

Juli 1952: Bildung der Kasernierten Volkspolizei in der DDR.

23. Juli :Auflösung der 5 Länder in der DDR, Bildung von 16 Bezirken, um alte Strukturen zu zerschlagen. Das frühere Land Brandenburg sind nun die Bezirke Magdeburg, Potsdam, Frankfurt und Cottbus.

Der Grenzpolizist Philipp Müller wird während seines Dienstes von Grenzverletzern erschossen.


Am 7. August wird die „Gesellschaft für Sport und Technik“ (vormilitärische Ausbildung) gebildet.

23. August. Die Pionierorganisation erhält den Ehrennamen „Ernst Thälmann“.

23. Oktober: Es wird das „Deutsche Rote Kreuz in der DDR“ gegründet. Das Generalsekretariat erhält seinen Sitz in Dresden.

Etwa ab Herbst 1952 wuchsen die Versorgungsprobleme für die Bevölkerung an. Zu den Gründen gehörten hauptsächlich das verstärkte geldschluckende Rüstungsbestreben einschließlich der Rekrutierung, die starre zentralisierte Planwirtschaft, die überstarke Förderung der Schwerindustrie zu Lasten der anderen Volkswirtschaftsbereiche, die Kriegs-Reparationszahlungen an die Sowjetunion, der Beginn der Kollektivierung der Landwirtschaft mit den Anfängen der Republikflucht vieler Bauern, Repressalien gegen private Unternehmer und selbständige Gewerbetreibende, die „Gleichschaltung“ von Parteien, Kultur und religiös tradierten Bestrebungen“. Alle diese Vorhaben überstiegen sowohl das Leistungsvermögen der DDR und forderten zum Widerspruch heraus, bauten einen Druck in der Bevölkerung auf.

Am 1. Oktober wird für die Deutsche Fahne in der DDR das Emblem eingeführt mit Hammer (Für die Arbeiterschaft), Zirkel (Für die Intelligenz) und den Ährenkranz (für die Bauernschaft).


Sonstige Nachrichten

In Südafrika entbrennen Aufstände gegen die Apartheid.

Tod des britischen Königs Georg VI. Seine Tochter – Elisabeth II. wird Königin.

Prof. Dr. Albert Schweitzer (1875 – 1965), Urwaldarzt in Lambarene, erhält den Friedensnobelpreis.

Die USA zünden die erste Wasserstoffbombe.

Im November wird nach Roosevelt, Dwight Eisenhower Präsident der USA und John Fitzgerald Kennedy Senator von Massachusetts.

Technik:

Der Amerikaner Harold Egerton entwickelte in diesem Jahr das elektronische Blitzlicht.


Wirtschaft und Verkehr:

Das „Blaue Band“ für die schnellste Atlantiküberquerung gewinnt in diesem Jahr das Schiff „United States“. Mit einer Geschwindigkeit von 66 km/h benötigte das Schiff drei Tage und zehn Stunden.

Der neue Wolga-Don-Kanal verbindet das Schwarze Meer mit der Kaspi-See. Er ist 100 km lang und benötigt wegen des Gefälles 13 Schleusen.

Der erste Fernseher aus DDR-Produktion kommt Mitte des Monats November auf den Markt. Die riesige „Truhe“ hat eine Bilddiagonale von reichlich 30 cm und trägt den schönen Namen „Leningrad“.


Bauwesen:

03. Februar: Beginn des Baus der Stalinallee, der Ostberliner Prachtstraße, die „erste sozialistische Straße“ im „Zuckerbäckerstil“, mit Wohnungen, die komfortabel, groß und günstig im Mietpreis liegen.Es entsteht das erste Hochhaus der DDR auf der Weberwiese. In Leipzig wird der Rossplatz, wie die Berliner Stalinallee im „Zuckerbäckerstil“ nach den 16 Grundsätzen des sowjetischen Städtebaus gestaltet – denn „von Freunden lernen, heißt siegen lernen“.

Aus dem Ort Fürstenberg entsteht die neue Stadt Stalinstadt (später in Eisenhüttenstadt umbenannt).


Bauen in Potsdam:

Das „Berliner Tor, erbaut 1752 von Jan Boumann dem Älteren, wird 1952 abgerissen, um mehr Platz für den wachsenden Verkehr zu haben. Die Ruine der Bethlehemkirche auf dem Neuendorfer Anger wird gesprengt. Sie hatte gerade ein halbes Jahrhundert bestanden. Die benachbarte ältere und kleinere achteckige Kirche verkommt zu einem Materiallager.


Soziales:

In der BRD, Hotel Luisenhof in Hannover, wird die Katholische „Johanniter-Unfallhilfe“ gegründet.


Sport:

Februar: Bei den Olympischen Winterspielen in Oslo tritt nur die westdeutsche Mannschaft an.


Alltag:

Die „Cola“ und die „Jeans“ gehören zu den USA-Segnungen, die in der Bundesrepublik Einzug gehalten haben.

Am 21. Dezember 52 wird in der DDR das Fernsehen eingeführt. Es gibt jetzt in bescheidenen Stückzahlen die Fernsehtruhe „Leningrad“ zu kaufen. Ein großer Kasten mit kleiner Bildröhre (33 cm in der Diagonale) für 3.500 Mark der DDR. Nicht viele haben so viel Geld.

Weitere Fernsehgeräte gibt es aber noch nicht im Handel für die Bevölkerung, sondern vorerst in den Dienstgebäuden des Staatsapparates. Es handelt sich um 75 Importgeräte, aus der SU gekauft, ebenfalls des vorgenannten Typs. Der erste Nachrichtensprecher war Herbert Köfer. Aus dem Studio in Berlin-Adlershof wird stundenweise gesendet. Die Reichweite des Senders reicht für die Stadt Berlin.

Zu Weihnachten, am 25. Dezember 1952 beginnt in Westdeutschland die Ära des Fernsehens. Eine der ersten Polit-Sendungen ist „Der Internationale Frühschoppen“, eine Journalisten-Diskussionsrunde von und mit Werner Höfer. Die Themen sind oft von Problemen des „Kalten Krieges“ geprägt. Das tägliche Programm beginnt in der Woche ab 20.00 Uhr und dauert zwei Stunden. Danach wird es von Musik bzw. dem „ornamentalen Testbild“ abgelöst.



Das Jahr 1953

Außenpolitische Ereignisse: Der sowjetische Staatschef Stalin erleidet einen Schlaganfall, von dem er sich nicht wieder erholt. Der sowjetische Staatspräsident Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili (seit 1912 nennt er sich Stalin – „der Stählerne“), stirbt in Moskau am 05. März mit 73 Jahren. Am 09. März wird er im Moskauer Lenin-Mausoleum beigesetzt. Die DDR-Zeitung „Neues Deutschland (SED), rühmt ihn (den grausamen Diktator – seine Untaten werden im Einzelnen erst später bekannt) als „den größten Menschen der Epoche“. Auch im eigenen Land ist das volle Ausmaß seiner Grausamkeit bei der Vernichtung Intellektueller und politisch anders Denkender noch nicht bekannt. Nach dem Tod Stalins regiert übergangsweise die Trojka: Ministerpräsident Malenko, Außenminister Molotow und der Erste Sekretär der KPdSU des Gebietes Moskau, Nikita Sergejewitsch Chruschtschow die Sowjetunion. Sicherheitsminister ist Berija, der schon Ende Juni wieder gestürzt wird. Die Minister der sowjetischen Regierung ermahnten Walter Ulbricht, den Aufbau des Sozialismus langsamer, verträglicher zu gestalten, als von ihm und dem verblichenen SU-Führer vorgesehen.


14. Mai: Es stirbt der tschechische Staatspräsident Klement Gottwald mit 56 Jahren.

Die 27 jährige Elisabeth II besteigt nach der Krönung in der Westminster Abbey am 02. Juni den britischen Thron. Die erste Krönung der Menschheitsgeschichte, die im Fernsehen übertragen wird.

1949 – 1953: Der Koreakrieg. Er wurde durch den Waffenstillstand von Panmunjon –ohne einen Friedensvertrag – beendet.


Politik in der DDR:

Der Schwerpunkt in der industriellen Entwicklung der DDR soll der Schwerindustrie eingeräumt werden. Das geht zu Lasten der Verbrauchsgüterindustrie, der Leichtindustrie – die Versorgung der Bevölkerung wird zunehmend schlechter. Die Kriegseparationszahlungen der DDR an die Sowjetunion für ganz Deutschland, hemmen den Aufschwung. Die militärische Wiederaufrüstung bindet Geld und Produktionskapazitäten. Folgen: Preise steigen, die Arbeitsnormen steigen, die Verkaufsstellen werden leerer – diese Entwicklung führt zum Aufbegehren des Volkes.

In der DDR regiert inzwischen nicht mehr Wilhelm Pieck, sondern Walter Ulbricht an der Leine der UdSSR (Union der sozialistischen Sowjetrepubliken).

Im Januar werden die Straßenbahngleise auf dem Potsdamer Platz in Berlin, die Ost und West noch verbinden, getrennt.

28. Februar 1953: Die SED veranstaltet einen Bauernkongress in Leipzig zur Intensivierung der Bildung von LPGen auf freiwilliger Basis, mit vorerst sanftem Druck. Das hatte trotzdem allein zwischen Januar und April 1953 zur Folge, dass monatlich etwa 2.000 Bauern ihre Gehöfte und das Land verließen.

Bereits in den Monaten April, Mai und Anfang Juni gab es in einer Anzahl von Betrieben in der DDR Arbeitsniederlegungen.


10. Mai: In der DDR wird die sächsische Industriestadt Chemnitz in den etwas sperrigen aber ehrenvollen Namen „Karl-Marx-Stadt“ umbenannt. Anlass ist der 135. Geburtstag des ehrenvollen Namensträgers. So wird sie für etwas weniger als 50 Jahre heißen und wegen der ortsüblichen Aussprache als die Stadt mit den drei „O“ in die Geschichte der DDR eingehen.


Am 9. Juni verkündet das Politbüro der SED den „Neuen Kurs“, der aus der anhaltenden Versorgungskrise hinausführen und die Republikflucht in die BRD Einhalt verschaffen sollte. Ein höherer Lebensstandard wird bei freierem Handel versprochen.


Am 17. Juni formieren sich verschiedene Protestmärsche sternförmig in Richtung Berlin. Die SED versperrt die Zufahrtstraßen zur Stadt und stellt den S-Bahn-Verkehr ein. Aber auch in anderen Landesteilen finden regionale Proteste statt, so dass man durchaus von einem „Flächenbrand“ sprechen kann.

Die Demonstranten lassen sich von den Abriegelungsmaßnahmen der kasernierten Volkspolizei nicht aufhalten. Dazu bedarf es erst des Auffahrens sowjetischer Panzer. Drei sowjetische Divisionen mit etwa 600 Panzern und 20.000 Soldaten halten sich allein in Berlin auf. Von der sowjetischen Militäradministration wurde über etwa 80% des DDR-Territoriums das Kriegsrecht verhängt und damit der drohende Zusammenbruch der DDR verhindert, eine eventuelle Wiedervereinigung als Folge, unmöglich gemacht.

Die Geschehnisse aus einer anderen Zusammenfassung:

16./17./18. Juni: Aufstand in der DDR gegen die SED-Staatsführung, beginnend mit einem Streik der Bauarbeiter in der DDR wegen höherer Arbeits-Normen für das gleiche Geld, quasi eine Lohnsenkung. Stalinallee in Ostberlin. Forderungen nach Rücktritt der Regierung, gesamtdeutschen geheimen Wahlen, Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Auflösung der LPG, die Gegen den Willen der Mitglieder gebildet wurden, Straffreiheit für Streikende, Abzug der sowjetischen Besatzungstruppen wurden laut. Am 17. Juni, 13 Uhr verkündet der sowjetische Stadtkommandant von Ost-Berlin den Ausnahmezustand. Der Aufstand wird militärisch erstickt (Volkspolizei und sowjetischen Truppen). Sowjetische Führung schickt Panzer gegen die Aufständischen. Zu den Opfern zählen wahrscheinlich etwa 80 beim Aufstand Getötete, Hunderte Verletzte und unter den circa 10.000 Verhafteten, auch etwa 20 Standrechtliche Erschießungen von Demonstranten. Etwa 2000 Menschen erhielten zum Teil langjährige Haftstrafen. Besonders gedacht wird auch den (nur die bekannt gewordene 40 Erschießungen russischer Soldaten, die sich geweigert hatten auf das Volk der DDR , Arbeiter auf Arbeiter, Brüder auf Brüder ,zu schießen. Etwa 10.000 Regimegegner werden verhaftet. Die Vorgänge wurden auch vom Westfernsehen und vom RIAS (Radio im amerikanischen Sektor – von West-Berlin-) übertragen. Forderungen nach der Deutschen Einheit sind hörbar – verlaufen aber im Sande. Die Flüchtlingswelle nimmt weiter zu.

In den Folgetagen gab es eine Ausgangssperre zwischen 20.00 und 06.00 Uhr, um Zusammenrottungen in der Dunkelheit auszuschließen. So fuhr auch die Potsdamer Straßenbahn nicht. In Berlin wurde der kriegsrechtliche Ausnahmezustand vom 17. Juni bis zum 11. Juli aufrecht gehalten. Auch die S-Bahn fuhr während dieser Zeit nicht.

Die Ursachen zu den Protestmärschen lagen in der schlechten Versorgungssituation und in neuen, strengeren Arbeitsnormen, bei gleichem Lohn. Die Normerhöhung bedeutete damit eine relative Lohnsenkung. Sie war auch faktisch nicht durchsetzbar, da Materialengpässe, stockende Zulieferungen und Maschinendefekte es unmöglich machten, die Leistungen zu steigern. Die Regierung wollte aber den Arbeitern quasi das Kompensieren der vorhandenen Schwierigkeiten aufbürden. Der 17. Juni 1953 wurde von der DDR-Führung als ein von außen gesteuerter Aktionstag bezeichnet, der es der BRD ermöglichen sollte, die DDR in einem „Blitzkrieg“ zu beseitigen, durch einen neofaschistischen Putsch. Bei den eigenen protestierenden Menschen habe es sich um Irregeleitete und Saboteure gehandelt.

II. Parteikonferenz der SED vom 09.-12. Juli 1952. Die DDR-Regierung verkündet zum Abschluss „den planmäßigen Aufbau des Sozialismus in der DDR“ („Ja?“ Typisches Ulbricht-Anhängsel) gemäß Stalins Vorstellungen.

Vom 27. Juli an, bis zum 15. August und dann nochmals vom 28. August bis zum 3. Oktober, gaben die USA Lebensmittelpakete in West-Berlin für DDR-Bürger aus. Selbstverständlich sollten diese Spenden von den DDR-Bürgern nicht angenommen werden. Bei Kontrollen der Transportpolizei / Grenzpolizei und Arbeiterkontrolleuren an der Grenze, wurden ihnen diese abgenommen. Ich entsinne mich eines Berichtes, wie ein Maurer im Mörtel-Rückentragebehälter (Tuppe) mit künstlichem doppelten Boden, Schmalzfleischdosen herüber bringen wollte und auf dem Grenzbahnhof Griebnitzsee alles ausschütten musste. Angeblich sollen diese konfiszierten Spenden auch in staatlichen DDR-Läden (HO) verkauft worden sein. Für die S-Bahn gab es eine Einschränkung des Fahrkartenverkaufs. Nur die Personen, die gemäß Personalausweis im S-Bahn-Bereich wohnten und arbeiteten, durften S-Bahnfahrkarten kaufen, um mit dieser Einschränkung anderen Personen, die von weiter her anreisten, das Abholen der Lebensmittelgeschenke zu vereiteln.


Politik in der BRD:

Adenauer tritt seine zweite Amtszeit als Bundeskanzler am 06. September an. Die politische Entwicklung hat ihm offenbar einen beträchtlichen Stimmenzuwachs gebracht.

Konrad Adenauer weilt zu Gesprächen zur aktuellen politischen Lage.in den USA bei Präsident Eisenhower und Vicepräsident Richard Nixon.

Die Kaffeesteuer wird gesenkt. Kostete den Bürger 1949 das Kilogramm Kaffee 54 Deutsche Mark, so beträgt der Preis jetzt 13,- DM.


Wissenschaft:

Ein starres Radioteleskop von 305 Metern Durchmesser wurde in Puerto Rico in Betrieb genommen. Einen Durchmesser von 100 m hat das Radioteleskop in Effelsberg in der Eifel. Es besitzt den Vorteil frei schwenkbar zu sein. Die Reichweite beträgt bis zu 15 Milliarden Lichtjahren.

Molekulare Genetik – die Struktur der DNA wird von James Watson und Fracis Crick beschrieben und als eine Doppelhelix bezeichnet (siehe auch 1869 und 1944).

Der Schweizer Wissenschaftler Auguste Piccard (1884 – 1962) taucht mit einem gekapselten Boot, der frei beweglichen „Trieste“, vorerst bis auf -3.150 m, später im Pazifik (im Marianengraben) mit der Tauchkugel bis auf -10.912 m tief, bei gewaltigen Druckverhältnissen. Hounot und Willm erreichen eine Meerestauchtiefe von 2.100 m.

Julius Fromm erfindet das Kondom aus Naturgummi.


Technik:

Mercedes-Benz baut 1953 bis 1957 den MB 180, 126 km/h, 52 PS (38 KW), 4 Zyl., 1767 ccm, Länge: 4490 mm.Ab 1948 wurden bis zum 03. Juli 53 in der BRD 500.000 Volkswagen-Käfer gebaut. 1955 werden es eine Million sein. (Im Jahre 1938 wurde Wolfsburg als Stadt des KdF-Wagens gegründet. Anm.: KdF = Kraft durch Freude, „Organisierte, gleichgeschaltete Erholungsorganisation“ während der Nazizeit).


Adi Dassler erfindet den Schraubstollen für Fußballschuhe.


Wirtschaft:

In der BRD werden in der BRD 10.000 Fernsehapparate gezählt, in West-Berlin sind es aber allein schon 2.000 Geräte.

In der DDR werden die Stromsperren (Elektrizitätsabschaltungen und -zusammenbrüche) seltener.


Bauen in Potsdam:

Abriss des Belvederes auf dem Brauhausberg, ein Geschenk von König Friedrich Wilhelm III für seine Gemahlin Luise (1803). Der Baumeister Andreas Ludwig Krüger hatte es im neogotischen Stil entworfen.


Bauwirtschaft:

Am 31. Mai wird in Dresden der Grundstein für ein neues Stadtzentrum im Sinne des Wiederaufbaus gelegt.


Kunst und Kultur:

Am 20. April stirbt der Schriftsteller Erich Weinert mit 63 Jahren.

Am 01. Mai wird die DEFA-Produktionsgruppe „Das Stacheltier“ gegründet. Das Symbol ist natürlich der Igel.

In der DDR gibt es die großen Zirkusse Busch, Aeros, Barley (später in Berolina umbenannt) und weitere kleinere, wie Sarani. Aus diesen wird jetzt der „VEB Zentralzirkus“ gebildet. Vorteile: Staatliche Ausbildung der Artisten, soziale Absicherung, eigener Kindergarten, eigene Schule, zentrale Essensversorgung, Bibliothek, Rentenanspruch.

Eine Woche nach dem Volksaufstand, am 25. Juni, erscheint die erste Ausgabe der „Frösi“, der Kinderzeitschrift „Fröhlich sein und singen“.

Am 02. Oktober gibt es die erste Aufführung des Berliner Kabaretts „Distel“.



Sport:

Seit 1924 gab es dramatische Versuche den Mount Everest zu besteigen, die jedoch sämtlich scheiterten. Am 29. Mai gelingt Sir Edmund Hillary (Neuseeland) und der Scherpe Tensing Norgay die Erstbesteigung des etwa 8.888 m hohen Riesen (siehe auch 1979). Dazu waren Sauerstoffgeräte erforderlich. Am 03. Juli wird auch der Nanga Parbat (8.125 m hoch) bezwungen.

Eine Amerikanerin schwimmt von Gibraltar nach Afrika.

In der DDR wird Gustav Adolf Schur (genannt „Täve“) als Radrennfahrer der Sportler des Jahres.



Alltag:

In der BRD existieren zurzeit 4.000 Fernsehapparate – in Dienststellen, Gaststätten, Geschäfte-Schaufenstern und in Wohnungen. Das Pantoffelkino. Viele Bekannte und Nachbarn finden sich interessiert vor der großen Kiste mit dem kleinen Bildschirm (max. 35 cm) ein. In der BRD läuft u. a. der Film „Die letzte Brücke“, mit Maria Schell.

In der DEFA-Filmfabrik in Babelsberg wird unter Wolfgang Staudte der Märchenfilm „Der kleine Muck“ gedreht, nach der Geschichte von Wilhelm Hauff aus dem Zyklus „Die Karawane“).


Juni: Verlobung des US-Senators John Fitzgerald Kennedy mit Miss Jaqueline Bouvier.

Am 12. Sept. heiratet der amerikanische Senator John F. Kennedy (36 J.) und Jaqueline Bouvier (24 J.)

Schah Mohammad Reza Pahlavi von Persien (Iran): Seine erste Frau war Fausia, Prinzessin aus Ägypten. Scheidung, weil kein männlicher Thronfolger geboren wurde, sondern nur Töchter. Seine nunmehrige zweite Frau wird Soraya, schön, schüchtern, zurückhaltend. Tochter einer Deutschen und des iranischen Botschafters in Berlin. Sie bekommt kurz vor der Hochzeit Typhus. Aufstand gegen den Schah während dieser Ehe, weil England mit Einverständnis des Schahs persische Ölquellen ausbeutet. Flucht der Kaiserfamilie nach Rom ins Exil. Scheidung im Jahre 1958, weil kein Kind geboren wird.

Juni: Krönung der (mit Marilyn Monroe gleichaltrigen) Queen Elisabeth II von England.


Das Jahr 1954

Politik in der DDR:

Zum Jahresbeginn werden die 33 in der DDR noch bestehenden sowjetischen Aktiengesellschaften an die DDR zurückgegeben. Ursprünglich waren es 300 große Betriebe, die der Kriegsreparation dienten. Eine Ausnahme bildet die Wismut AG, deren Uranlieferungen für das sowjetische Atomprogramm unerlässlich sind

In den Pariser Verträgen vereinbaren die USA und Großbritannien mit der Bundesrepublik die Wiederbewaffnung.

Die „Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse“ wird gegründet.

In der DDR zieht man mit der Luftschutzaufklärung nach. (später heißt es umfassender und gleichzeitig defensiv: „Zivilverteidigung“ und noch später, um den militärischen Ernstfall nicht so vordergründig herausschauen zu lassen: „Medizinischer Schutz der Bevölkerung“.

Auf einer Konferenz in Genf wurde Vietnam geteilt. Das wird als ein Keim des folgenden Krieges angesehen.

Pfingsttreffen der Jugend in Ost-Berlin.

06. August: Die DDR darf ein wenig selbständiger werden. Die z.T. etwas überalterten Befehle der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) , zwischen 1945 und 1953 erlassen, werden aufgehoben.


Politik in der BRD:

Bundeskanzler Adenauer erreicht bei seinen Verhandlungen im September in Moskau bei dem sowjetischen Ministerpräsidenten Bulganin und Staatschef Nikita Sergejewitsch Chruschtschow die Aufnahme diplomatischer Beziehungen und die Freilassung der letzten überlebenden deutschen Kriegsgefangenen. (Entlassungsreihenfolge schrittweise nach dem Alphabet). Es handelt sich um etwa 9.600 Spätheimkehrer, die bisher als tot oder vermisst galten. Das DRK verfügt in der Kartei noch immer über 1.245.000 vermisste Angehörige der Wehrmacht. Der DRK-Suchdienst versucht auch immer noch, so auch mit Suchmeldungen über das Radio, seit dem Kriege auseinander gerissenen Familien bei der Wieder-Zusammenführung zu helfen. In Westdeutschland gilt die Nachkriegszeit als abgeschlossen.

Von 1954 – 1962 wird Algerien von Unruhen erschüttert. Das Unabhängigkeitsbestreben vom „Mutterland Frankreich“ wird unüberhörbar laut.


Politik im Ausland:

Die USA zündet für einen Waffentest die Wasserstoffbombe über dem Bikiniatoll am 01. März, mit einer 600fachen Leistung der Hiroshima-Bombe. (Mehr als 100 Mio. t TNT. Eine weitere Bombe hat die 1000fache Wirkung. Die Waffen wurden in Los Alamos entwickelt. Vorher wurden die Bewohner dieser paradiesischen Pazifikinsel von den USA zwangsumgesiedelt aber noch auf 200 km entfernten Inseln werden Menschen geschädigt.. Der Erfinder der H-Bombe ist Edward Teller. Oppenheimer, der Entwickler der Atombombe, bekommt Skrupel angesichts dieser Entwicklung. Die Anti-Atom-Bewegung beginnt.

Der Einsatz angenommener Atomwaffen der Alliierten wird in Manövern auf westdeutschem Boden geübt. Zivile Luftschutzübungen zeigen in ihrer Lächerlichkeit, wie schutzarm die Bevölkerung einem atomaren Angriff ausgesetzt wäre


Wissenschaft:

An der Südseite der Cheopspyramide in Ägypten finden und öffnen Archäologen eine große Grube, die ein großes, zerlegtes Schiff enthält. Das Schiff, wieder zusammengesetzt, misst 43 m in der Länge, knapp 6 m in der Breite. Man kann es segeln, es ist aber auch mit 10 Ruderplätzen ausgestattet. Das Schiff ruht dort etwa seit 2.500 v.u. Z.


Wirtschaft:

Die Filterzigarette wird erfunden.

Die erste Autoparkuhr Deutschlands wird in Duisburg aufgestellt. 1 Stunde Parken kostet 10 Pfennige Gebühr. Die deutschen Autobahnen sind in jenen Jahren noch ziemlich leer.

Ab 01. Juni wird im Westen die Deutsche Lufthansa“ gegründet, im Osten wird es 1958 die „Interflug“ sein.


Maschinenbau:

Der Mercedes 300 Sl Sport wird vorgestellt. L: 4520 mm.


Bauwesen:

Für neue Bauten werden in der BRD neuerdings wieder Luftschutzkeller vorgeschrieben. Die aus dem Zweiten Weltkrieg noch vorhandenen Bunker werden reaktiviert.


Kultur:

Zum Jahresbeginn erscheint in der DDR der „Filmspiegel“. Eine Illustrierte, alle 14 Tage erhältlich.

Am 07. Januar wird das DDR-Ministerium für Kultur gegründet. Minister wird Johannes R. Becher.

19. März: Das „Berliner Ensemble“ zieht in den Theaterbau am Schiffbauer Damm.

Am 21. April eröffnet die „Volksbühne“ am Rosa-Luxemburg-Platz ihre erste Spielsaison.


Musik:

Marylin Monroe (1926 - 1962) tritt als Sängerin vor den amerikanische GI’s in Südkorea auf.

Bill Haley leitet in den USA eine neue Musik-Ära mit dem Rock’n Roll ein und löst mit dieser Musikrevolution vor allem für viele junge Leute damit den eher volksliedhaften Schlager ab.

Nat King Coole und Frank Sinatra werden in Deutschland bekannt.


Filme:

„Fanfan der Husar“ mit Gerarde Philipe (der sich gerade mit Gina Lollobridgida zusammen tat), “Der Graf von Monte Christo“.


Sport:

Am 19. Februar wird die 18jährige Gundi Busch aus Köln in Oslo die erste deutsche Weltmeisterin im Eiskunstlauf. Noch ahnt man nicht, dass es zu einer Eisläuferinnen Weltmeister-Serie kommen wird, gebildet von Gabriele Seyfert, Christine Errath, Anett Pötzsch und Katharina Witt, alle trainiert von der Eismutter Jutta Müller, alle aus der DDR stammend.

In diesem Jahr findet die Fußballweltmeisterschaft in der Schweiz statt. Deutschland wird am 04. Juli Fußballweltmeister. „Das Wunder von Bern“. Deutschland gegen Ungarn 3:2.

Sportler des DDR-Sportjahres wird erneut Täve Schur.


Naturgewalten;

Verletzt wurde die US-Amerikanerin Ann Hodges von einem etwa 4 Kilogramm schweren, außerirdischen Gesteinsbrocken (einem Meteoriten) / einer „Sternschnuppe), die zuvor das Dach ihres Hauses in Alabama durchschlagen hatte. Jährlich erreichen ungefähr 150 Meteoriten die Erdoberfläche, ohne vorher zu verglühen.


Alltag:

Die Wegwerfwindel hält in den USA Einzug. Mitte der 60er Jahre wird es die Marke „Pampers“ geben, mit hochwirksamem Nässeschutz. Ein „Superabsorber“ wird das Wasser halten. Der englische Begriff „Pamper“ bedeutet: umsorgen.

In der üblichen Eheschließungsformel der USA haben die Frauen zu geloben, ihren Ehemann zu lieben, zu achten und ihm zu gehorchen.

In diesem Sommer findet der erste Evangelische Kirchentag in Leipzig statt.


Zeitgeschichte – Verschiedenes aus dem Jahr 1955

Politik in der DDR:

Die Sowjetunion erklärt am 25. Januar den Kriegszustand mit Deutschland für beendet und die eventuelle Wiedervereinigung (theoretisch) als eine Sache der Deutschen. Einen Friedensvertrag gibt es aber nicht. Die Besetzung der DDR (nunmehr mit militärischen Freunden aus der Sowjetunion) bleibt mit ca. 38.000 Soldaten (bis 1994) bestehen, die aber in ihren Kasernengebieten eher wie in selbstgewählten Ghettos leben. Ein engerer Kontakt, eine Vermischung mit der DDR-Bevölkerung ist von sowjetischer Seite aus undenkbar und wird unterbunden. Nicht übersehen werden darf dabei: „Der kalte Krieg“ bleibt bestehen. In Deutschland liegt die Grenze der Einflusssphären der Supermächte. Der wackelige Frieden hält eher durch die gegenseitige Atom-Abschreckung, als durch Vernunft.

Dr. Manfred von Ardenne (1907 – 1997) kehrt aus der Sowjetunion zurück. Er erhielt vom sowjetischen Staat (vor 1953) den Stalinpreis 2. Klasse. „Der rote Baron“ erhält von der DDR-Regierung sofort Institutsbauten in Dresden „Weißer Hirsch“ zur Verfügung gestellt. Hier hat er das einzige private Forschungsinstitut der DDR mit 7.500 Mitarbeitern. Seine Anpassung an drei verschiedene Diktaturen gelang ihm vorzüglich. Er wird Volkskammerabgeordneter (des höchsten Parlaments der DDR) und vertritt dort den Kulturbund. Seine Söhne Thomas und Alexander werden später ebenfalls Physiker. Manfred von Ardenne wird u. a. an der Entwicklung des Elektronenmikroskops arbeiten und die Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie begründen. Auch in der Krebsforschung ist er mit der Wärmebehandlung (41 – 42°C) aktiv. Ein Leben voller wissenschaftlich hervorragender Ergebnisse.

Vom Januar diese Jahres an müssen alle Westberliner jetzt in der DDR 1:1 bezahlen, also für den DDR-Preis von 1 Mark, eine Westmark hinlegen. Der Umrechnungskurs fällt fort.

In diesem Jahr wird (ab 27. März) in der DDR für die Jugendlichen mit 14 Jahren / 8. Schuljahr die Jugendweihe angeboten, die Teilnahme gilt später fast als obligatorisch.

Als Reaktion auf den NATO-Beitritt der BRD, wird am 19. Mai der Warschauer Pakt gegründet.

In der DDR wird, beginnend seit etwa 1952, die Kollektivierung der Landwirtschaft betrieben. Es werden Staatsgüter (Volkseigene Güter) und LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften) gebildet. Dabei werden unterschieden:

LPG Typ I: Zusammenlegen der Nutzflächen (Auch inoffiziell „Schein - LPG“ genannt. „LPG Typ eins – jeder macht Seins“).

LPG Typ II: Zusammenlegen aller Bodenflächen, deren gemeinsame Bearbeitung und gemeinsamer Maschinenpark (MAS: Maschinenausleihstation, MTS: Maschinen- und Traktorenstation.

LPG Typ III: Gemeinsamer Feldbau und gemeinsame Viehwirtschaft.

Die Genossenschaften erhielten staatliche Unterstützung.

Ziel war: Das vollgenossenschaftliche Dorf. Die Errichtung sozialistischer Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft. Der Zusammenschluss war anfangs freiwillig – „vom ich zum wir“, später, da die Kollektivierung nur zögerlich voranschritt, mit immer stärker werdendem Druck durch SED und Regierung. Alle Bauern, die mehr als 35 ha besaßen, wurden vorher bereits, im Zuge der Bodenreform, als Ausbeuter benannt und enteignet. Weil die Produktivität der LPG trotz staatlicher Stützung noch unter der der Einzelbauern liegt, traten 1953 / 54 etwa 33.000 Bauern aus den Genossenschaften wieder aus. Die Regierung setzt dagegen: „Industriearbeiter auf’s Land“, um die Ernährung zu sichern. Das bedeutet, politikgeschulte Kräfte ohne landwirtschaftliche Kenntnisse werden in landwirtschaftliche Führungspositionen eingesetzt, was die Ergebnisse durchaus nicht verbessert. Man schätzt, dass die Arbeitsmoral gesunken sei, durch den Übergang vom freien Bauern zum Lohnarbeiter, vom eigenverantwortlichen kenntnisreichen Landwirt zum Empfänger von Anordnungen der Politniks, die wesentlich weniger Kenntnisse haben, als sie, die ausführenden Bauern.

Schüler und Jugendliche müssen beispielsweise als Erntehelfer aufs Land, als Ersatz für die republikflüchtigen Bauern. Die Kollektivierung steht unter solchen Aufrufen, wie „Von der Sowjetunion lernen – heißt siegen lernen“.

Der Warschauer Vertrag wird geschlossen – ein „Freundschafts- und Beistandspakt“ der Bruderländer, die den Sozialismus aufbauen (von der BRD „der Ostblock“ genannt).

Zur Kontrolle der Liebesgaben, Westpakete für DDR-Bürger, zumeist mit Lebensmitteln, setzt die DDR (Zoll und Staatssicherheit) erstmals Röntgengeräte ein. Für bestimmte Geschenkwaren gab es Mengenbegrenzungen: 250 Gramm Kaffee, 300g Schokolade, so die DDR-Gesetzgebung. Ein Paket durfte höchstens 7 (andere Quelle 10 kg) wiegen. Mehr als 12 Pakete im Jahr an einen Empfänger waren nicht zulässig. Trotzdem war auch die Offizielle Seite nicht unfroh über die Pakete, trug sie doch zur Versorgung der Bevölkerung, zur Zufriedenheit bei. In die Gegenrichtung, also von ost nach West „fließen“ kaum Lebensmittel, sondern als Dankesartikel eher Bücher, Briefpapier, kunsthandwerkliche Erzeugnisse wie Weihnachtspyramiden , Räuchermännchen oder dergleichen, hauptsächlich aus dem sächsischen Erzgebirge.

01. November: Das neue Staatswappen der DDR (Hammer, Zirkel und Ährenkranz), gestaltet von dem Zeichner und Karikaturisten Heinz Behling, tritt in Kraft.



Politik in der BRD:

Die BRD tritt der NATO bei und gründet am 05. Mai die Bundeswehr. Die Wiederbewaffnung spaltet die westdeutsche Gesellschaft – die doch vor der Bedrohung aus dem Osten geschützt werden soll.

Nach den Bemühungen von Konrad Adenauer im Vorjahr nach der Entlassung von noch verbliebenen Kriegsgefangenen, erklärt die SU nach zahlreichen weiteren Entlassungen, dass sich keine Deutschen Kriegsgefangenen mehr in der UdSSR aufhalten.

Die saarländische Bevölkerung erklärt sich hinsichtlich der Zugehörigkeit nach Frankreich oder Deutschland, mehrheitlich für ein deutsches Saarland. (1957 wird es zum Bundesland der Bundesrepublik).

Die Kaiserlichen Majestäten Schah des Iran Reza Pahlewi und Ehefrau Soraya besuchen Deutschland (Hamburg)

Besuch der Soraya, Ehefrau des Schah von Persien in West-Berlin bei ihren Eltern. Ihre Mutter ist Deutsche. Sie wurde in Berlin von der Bevölkerung stürmisch umjubelnd empfangen. Im Jahre 1958 wird sie wegen Kinderlosigkeit vom Schah geschieden.

Am 09. September reist Konrad Adenauer mit großem Gefolge nach Moskau. Die Verhandlungen mit dem Regierungschef Nikita Sergejewitsch Chruschtschow gestalten sich schwierig, da die Erinnerungen an rund 20 Millionen sowjetische Opfer noch frisch sind und Adenauer ist kein demütiger, sondern ein selbstbewusst fordernder, offensiv auftretender Verhandlungspartner. Adenauer verlangt die Freilassung der restlichen, knapp 10.000 Kriegsgefangenen und 20.000 Zivilinternierten aus den Arbeitsstraflagern. Am 07. Oktober beginnt dann tatsächlich die Rückführung der Spätheimkehrer.


Am 12. November überreicht der erste/neue Verteidigungsminister die ersten 101 Ernennungsurkunden an Soldaten der entstehenden Bundeswehr. Es gibt noch keine neuen deutschen Uniformen, daher werden die jungen Soldaten in amerikanische Uniformenn eingekleidet.


Wissenschaft und Forschung:

Der US-Präsident Dwight D. Eisenhower kündigt (der Sowjetunion) den „Wettlauf ins All“ an.

Arthur Fischer aus Schwaben erfindet den Spreizdübel aus Kunststoff.

Östlich von Mossul, nahe der persischen Grenze entdeckten Geologen und Archäologen eine kleine prähistorische Dauersiedlung, die vor etwa 5.000 Jahren bewohnt war. Sicheln als Arbeitsgerät waren offenbar unbekannt. Es gab auch keine Bruchstücke von Tongefäßen zu finden, obwohl die Bewohner Tonfiguren formten. Feuersteinwerkzeuge, Steinmörser mit Stößel, Reibsteine und Äxte wurden geborgen.

Das 101. Element des Periodensystems der Chemischen Elemente ist gefunden. Es erhielt die Bezeichnung „Mendelevium“.

In diesem Jahr beginnt eine Antarktis-Expedition, die bis 1958 andauern wird. Zur Leitung gehören Vivian Ernest Fuchs und Edmund Hillary. Es geht um eine erste Durchquerung des Süd-Kontinents auf dem Landwege.


Wirtschaft /Maschinenbau:

Nach nur sieben Jahren rollt der 1 Millionste „VW-Käfer“ in Wolfsburg vom Band.

In den Bayerischen Motorenwerken (BMW) wird am 05. März mit der Produktion des Kabinenrollers „Isetta 250“ begonnen (Die Knutschkugel), der Zweisitzer, Vordereinstieg und Dachnotausstieg mit 12 PS kostet 2.590 DM.. 1956 – 1962 baut BMW dann auch „Isetta 300“, mit 13 PS (9,5 kW), 1 Zylinder, 300 ccm, 85 Km/h, Länge 2340 mm. Des Weiteren gibt es Kleinwagen von Messerschmidt (auch ein 2-Personen-Kabinenroller oder das Goggomobil.

In Zwickau, in der DDR wird die Produktion des Kunststoffautos „Trabant P 50“ aufgenommen, der den „P 70“ ablöst. Beide waren Kunststoffkarossen, die aus harzgetränkter Baumwolle bestanden. Der Volksmund macht wegen des Karossen-Materials daraus schnell „Papp 70“.

In Eisenach wird die Produktion der „Wartburg-Limusine“ aufgenommen.

Die Lufthansa war 1926 gegründet worden. 1945 wurde sie von den Alliierten aufgelöst (da sie in der Kriegszeit im Wesentlichen an Waffentransporten beteiligt war). Nun wird sie 1955 in Westdeutschland wieder zugelassen. Sie beginnt mit fünf Propellerflugzeugen, die in der Anfangszeit von amerikanischen oder britischen Kapitänen gelenkt werden. Am 01. April geht der erste Flug von München nach Hamburg. Im Jahre 2004 wird der Flugpark 400 Maschinen umfassen und in jenem Jahr werden 50 Mio. Passagiere transportiert werden. Auch in der DDR fliegt ab 1955 die Lufthansa, die man im Jahre 1963 in „Interflug“ umbenennt, um sich abzugrenzen.


Bauwesen:


Wirtschaft, sonstiges:

Als Gegenstück zu Nivea (in der BRD) wird in der DDR „Florena“ als Kosmetikhersteller gegründet. Der Betrieb wird sehr gute Produkte auf den Markt bringen.

Die Stadt Hoyerswerda zählt 8.000 Einwohner. Nun werden hier das Braunkohleveredlungswerk und das Kraftwerk „Schwarze Pumpe“ mit verschiedenen Folgeeinrichtungen gebaut. In wenigen Jahren wird die Einwohnerzahl deshalb auf 65.000 Bürger ansteigen.


Film:

Das Fernsehen der DDR beginnt Ausschnitte aus alten Filmwerken zu zeigen. Die Sendefolgen, an jedem Montag, heißen „Willy Schwabes Rumpelkammer“ (Dachboden) auf dem auch Requisiten, passend zu den Filmausschnitten, gezeigt werden. Diese Serie läuft als die längste überhaupt, 35 Jahre lang. Solange die DDR noch bestehen wird. In der Endphase ist Willy Schwabe auch schon recht betagt.



Es wird in der BRD der Film über die junge österreichische Kaiserin Elisabeth (genannt Sisi – im Film aber Sissi) mit der jungen, wunderschönen Romy Schneider in der Titelrolle gedreht.

Musik: Conny Froboess und Peter Kraus singen Schlager, auch im Duett, Cliff Richard erscheint am Schlagerhimmel und Bill Haley macht nach den USA auch Westdeutschland verrückt mit „Rock around the clock“ – eine revoltierende Absage an den Sound der Vierziger oder das Heimatvolkstümeln des ersten Nachkriegsjahrzehnts. Gegen derartige „dekadenten Strömungen“ wird in der DDR der naturreine, anständige Tanz des „Lipsi-Schritts“ aus der Taufe gehoben.


Literatur:

Das Buch „Der Herr der Ringe“ wird geschrieben.

Ab Dezember 55 erscheint in der DDR „Das Mosaik“, eine Bildgeschichte mit Dig, Dag und Digedag (später sind es die Abrafaxe). Im Westen dagegen begeistern Comics wie die „Mickey Mouses“.


Kultur, sonstige:

Viele gerettete, gesicherte Kunstschätze, darunter auch die „Sixtinische Madonna“, werden von der UdSSR an die DDR zurück gegeben.


Sport:

Ein schwerer Unfall beim Autorennen in Le Mans. Ein Mercedes 300 SLR rast mit ca. 240 km/h unverschuldet in die Zuschauermenge. 84 Zuschauer sterben. Mehr als 100 werden verletzt. Mercedes zieht sich bis 1988 aus dem Rennsport zurück.

Zum Sportler des Jahres in der DDR wird erneut der Radrennfahrer „Täve“ Schur gewählt.


Sonstiges aus dem Alltag:

Am 02. Juli Eröffnet der 1. Berliner Tierpark in Berlin-Friedrichsfelde

Das bisherige Versuchsprogramm des Fernsehens (seit 1952) gilt in der DDR als abgeschlossen, denn mit dem Beginn des Jahres 1956 soll auch die Bevölkerung ein „offizielles Programm“ empfangen können. Die Reichweite des Senders ist über „die Kinderschuhe“ (Berlin und Umgebung) hinaus gewachsen. In der DDR erscheinen die Fernsehgeräte „Rembrandt“ und „Rubens“ in den Geschäften. Große dunkle Holzkästen mit Bildschirmdiagonale von 33 cm,

Nordafrika wird von einer Heuschreckenplage heimgesucht. Der Schwarm ist etwa 250 km lang und 20 km breit. Die sich vorwärtsfressenden Wander-Ungeheuer nehmen somit eine Fläche von 5.000 qkm ein (siehe auch 1727 und 1899).


Abschiede von diesem Leben:

Es sterben die Nobelpreisträger Sir Alexander Fleming, Medizin (Penicillin), Thomas Mann, Literatur und Albert Einstein, Physik.


Das Jahr 1956

Politik in der DDR:


Am 18. Januar beschließt die Volkskammer den Aufbau einer 120.000 Soldaten starken Nationalen Volksarmee. Sie wird am 01. März gegründet. Nationale Streitkräfte gibt es aber bereits. Die Kasernierte Volkspolizei (und die Kampfgruppen in den Betrieben). So ist die Sollstärke schnell erreicht. Der Auftrag der NVA: Schutz der Arbeiter- und Bauernmacht.

Außerdem steht die Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte mit etwa 500.000 Soldaten in der DDR.



Politik in der BRD:

Das Innenministerium der BRD gibt bekannt, dass außer den vermissten Wehrmachtsangehörigen und verschollenen 100.000 Kriegsgefangenen das Schicksal von 3,2 Mio. Zivilpersonen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und 800.000 Zivil-Verschleppten bisher ungeklärt sei. 16.000 - 17.000 Eltern suchen ihre Kinder und umgekehrt.


In der Bundesrepublik wird die allgemeine Wehrpflicht eingeführt aber erst 1965 erreicht man die volle Stärke von 495.000 Mann.

Dank des Wirtschaftswunders(Wirkung des Mashall-Planes und dem Zustrom qualifizierter Flüchtlinge aus der DDR) kann die wöchentliche Arbeitszeit von durchschnittlich 56 Stunden auf 45 Stunden reduziert werden. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 4,4%


Politik im Ausland:

Israel führt Krieg gegen Ägypten, bekannt unter der Bezeichnung: Sinai – Suez – Krise. Die Intervention Englands und Frankreichs am Suez-Kanal erregt die Weltöffentlichkeit.

Seit dem 23. August: Aufstand in Ungarn gegen die sozialistische Diktatur mit sowjetischer Vorherrschaft. Ungarische Polizei und Armee stehen auf der Seite des Volkes. „Wir Ungarn wollen in eigener Heimat frei leben“, so ihr Wahlspruch. Vom 04. November an, schlagen sowjetische Truppen mit Panzern und Flugzeugen den Volksaufstand in Ungarn blutig nieder. Der Westen protestiert, kann sich aber wie 1953 in der DDR aus Sorge vor einem erneuten Weltbrand, nicht zum Eingreifen durchringen. Am 16. November kapitulieren die Aufständischen vor der militärischen Übermacht der „sowjetischen Bruderarmee“.




Wissenschaft:

Am 11. August 1956 geht in dem kleinen hessischen Ort Breitscheid im Dillkreis, 36 km der Universitätsstadt Gießen entfernt, ein Meteorit nieder. Ein kleiner (etwa 1 kg schwerer) äußerlich schwarzer, heißer Stein. Prof. Dr. F. A. Paneth vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz untersucht diesen. Er stellt fest, dass das Gestein vor etwa 3.000 Mio. Jahren erstarrte und von einem Stück stammt, das vor 50 Mio. Jahren zerbarst.


Wirtschaft:

Ein Kabel verbindet die Kontinente: Am 25. September 1956 wird das erste transatlantische Untersee-Telefonkabel zwischen Europa und Nordamerika in Betrieb genommen. Erstmals kann man miteinander telefonieren.

Im Iran brach eine Ölquelle aus. Drei Monate lang schoss das Öl als 50 m hohe Fontäne aus dem Bohrloch, bis man die Öffnung „fassen“ konnte, um einen geregelte Entnahme zu gewährleisten.



Bauen in Potsdam:

Der Eisenbahndamm mit Brücke über den Templiner See wird gebaut, eine Maßnahme für den „Außenring“ um West-Berlin.


Literatur / Film:

Jaques –Yves Cousteau befindet sich mit dem Forschungsschiff 1955 und 56 auf einer Reise, bei der der Unterwasser-Film „Die schweigende Welt“ gedreht wird. Mit diesem Streifen gewinnt er „Die goldene Palme“ von Cannes. Es entsteht der Film „Der Hauptmann von Köpenick, mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle, nach einer wahren Begebenheit (Berlin und Potsdam), die Carl Zuckmayer bearbeitet hatte. In der BRD entsteht das Filmwerk „Des Teufels General“ mit Curd Jürgens in der Hauptrolle.


Soziales:

In Berlin wird die anonyme Telefonseelsorge eingerichtet.

Bis zum Jahresende haben in der BRD 681.000 Haushalte einen Fernsehapparat, Radios dagegen in über 14 Millionen Haushalten.


Sport:

Bei den Olympischen Spielen in Cortina d' Ampezzo und Melbourne erscheint wieder eine gesamtdeutsche Mannschaft. Der Ski-Springer Harry Glaß aus der DDR erringt eine Bronze-Medaille und in Melbourne der Boxer Wolfgang Behrendt eine Goldmedaille. DDR-Sportler des Jahres wird trotzdem wieder zum 3.mal in Folge: Gustav Adolf Schur..


Mode:

In Verbindung mit dem Rock 'n Roll kommt der Petticoat als Damenunterbekleidung in Mode.


Naturerscheinungen:

31. Januar: Eisige Kälte in Mittel- und Westeuropa. Die größte Temperaturabsenkung seit 1928 oder auch 1946/47. Bei -34°C wird am 11. Februar die Rheinschiffahrt eingestellt.



Zur Zeitgeschichte des Jahres 1957


Politik in der DDR (Ostdeutschland):

Mit dem Beginn des Monat März gibt es ein Staatssekretariat für Kirchenfragen.

Am 13. Oktober gibt es in der DDR die zweite Währungsreform.

Am 01. November wird Erich Mielke Minister für Staatssicherheit und wird diesen Posten bis zum Ende der DDR 1989/90 bekleiden.


Politik: in der BRD (Westdeutschland):

Das Saarland geht am 01. Januar von Frankreich fort und wird friedlich der BRD eingegliedert. Es hatte bei der Unterstellung unter Frankreich seit 1945 aber eine eigene Verfassung, eine eigene Regierung und eigenes Geld (Saar-Franken). Es kommt nach den Zeiten verschiedener Kriege nun zum vierten Mal nach Deutschland. Den Ausschlag dazu gab eine Volksbefragung vom 23. Oktober 1955. (Ab 06. Juli 59 wird das Saarland sich dann auch vom französischen Geld verabschieden und dann die Währung der BRD übernehmen, dann fallen auch erst die Zollschranken zwischen dem Saarland und der Bundesrepublik).

Am 25. März tritt die BRD der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) bei

Die ersten 10.000 Wehrpflichtigen ziehen am 1. April in die Kasernen der BRD ein. Der Bundestag stimmt am 05. Juli dem Beitritt zur Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) zu.

Bundestagswahl am 15. September. Einmalig erreichen die CDU/CSU das Spitzenergebnis von 50,2% der Stimmen. . Die SPD 31, 8%. Der Bundeskanzler Konrad Adeneuer ist etzt 81 Jahre alt. Ein Wahlspruch für seine konservative Politik lautet: „Keine Experimente!“. Er übt öfter scharfzüngige Polemik mit solchen markigen, an Starrsinnigkeit erinnernden Sätzen, wie: „ Wir glauben, dass mit einem Sieg der PD der Untergang Deutschlands verknüft ist (Anm. „wäre“).


Politik im Ausland:

Mao Tse Tung ( im Westen Mao dse Dong geschrieben) führt in China einen harten Kampf gegen Intellektuelle („Abweichler“).


Wissenschaft:

Erdumflug: Drei USA-Düsenflugzeugen vom Typ „B 52“ gelingt es am 18. Januar 57 erstmals, die Erde ohne Zwischenlandung zu umrunden. Für die über 40.000 Kilometer lange Strecke benötigen die Flugzeuge 45 Stunden und 19 Minuten.

Der Sputnik benötigt für die wesentlich längere Strecke im Kosmos 90 Minuten. Doch wer oder was ist „Sputnik“?

04. Oktober 57. Beginn des Zeitalters der Raumfahrt. Die Sowjetunion startet mit einer Trägerrakete das erste künstliche Objekt der Menschheit, das den Raum des Weltalls erreicht: Einen Satelliten (was bitte bedeutet dieses neue Wort?). Er ist als Sputnik 1 (Begleiter, Trabant) benannt, ist aus einer Aluminiumlegierung hergestellt, von Kugelgestalt mit einem Durchmesser von 58 cm, Er besitzt eine Masse von knapp 84 kg und verfügt über vier Antennen mit denen er Funksignale aussendet. Der Sputnik 1 (vom sowjetischen Weltraumgelände Baikonur gestartet, wird die Erde drei Monate lang (92 Tage) mit einer Geschwindigkeit von 30.000 km pro Stunde in etwa 900 km Höhe über der Erde umkreisen. Er ist somit 40x schwerer und in viel größerer Höhe von einer mächtigen Trägerrakete ausgesetzt, als es für den im Bau befindlichen USA-Satelliten geplant war. Ein Schock für die amerikanischen Wissenschaftler und Militärs beim Kampf um Erstentwicklungen für das Weltall. Wir nehmen die Erstmaligkeit für das Weltall an – wissen aber nicht, ob es wirklich erstmalig ist, denn in uralten Schriften der Sumerer und auch im Alten Testament der Bibel (Hesekiel) werden ja bereits technische Fluggeräte erwähnt, die man der Luftfahrt oder sogar Raumfahrt zuordnen könnte, wüsste man mehr.

Am 03. November folgt Sputnik 2 mit der Hündin „Laika“. Die freundliche Laika schlief in ihrer Weltraumkapsel friedlich bei Sauerstoffmangel ein. Zum Aufholen in der technischen Entwicklung wird in den USA die „NASA“ gegründet.

Im Wettlauf ziehen die USA nach und schießen einen Schimpansen ins Weltall.

Am 12. April richten 12 bekannte Wissenschaftler der BRD einen Appell gegen die Atomrüstung an die Öffentlichkeit.

Als in den USA die „Überproduktion von Weizen und anderen Lebensmitteln in das Meer geschüttet wird, um die Preise stabil zu halten, tat man das in Südafrika auch – und hier wie dort hungerte gleichzeitig die Bevölkerung.


Wissenschaft / Archäologie:

Bei Ausgrabungen im Norden des Irak wurde die untergegangene Stadt Zawi Chemi Shanidar wiederentdeckt. Sie soll vor etwa 11.000 Jahren gegründet worden sein und gilt daher als die älteste bekannte Stadt der Erde. Ortschaften ähnlichen Alters werden später in der Türkei entdeckt.


Technik:

Felix Wankel stellt am 22. April erstmals einen Kreiskolben-Motor vor, der später nach ihm „Wankel-Motor“ genannt wird. Dieser überträgt die Energie ohne die Verluste der Hin- und Her- Bewegung des Kolbens direkt auf einen etwa dreieckigen flachen Drehkolben. der in einem ovalen Gehäuse rotiert. Die Besondere Schwierigkeit besteht in Gas-Abdichtungsproblemen für die Kompression. 1964 werden die ersten Serienautos mit Wankel-Motor vom Band laufen.

Im September Internationale Autoausstellung (IAA) in Frankfurt (am Main). 628 Firmen sind hier vertreten. U.A wird hier das Auto NSU Prinz gezeigt: 500 kg Masse, 20 PS, 3.749 DM.


In der DDR rollt ab dem 07. November der erste Kleinkraftwagen vom Typ „Trabant 500“ / P 50 vom Band, im Werk Sachsenring Zwickau. (Er ist der Nachfolger des „P 70“). Verbrauch 6,8 l, 600 ccm, 18 PS, V max. 90 km/h4 Plätze, 4 Vorwärtsgänge, 1 Rückwärtsgang. Mit Duroplast-Karosseaus Baumwolle und Phenolharz. L: 3361, B: 1493, H: 1460. Je nach Ausführung etwa 8.000 Mark der DDR. Die Produktion der Trabant-Serie wird bis zum April 1991 laufen. Dann wird sie im Zuge des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik eingestellt.

Am 16. Dezember geht der Lehr- und Versuchs-Kernreaktor in Dresden-Rossendorf in Betrieb.


Bau

In West-Berlin findet die Internationale Bauausstellung statt. Sie wird am 06. Juli eröffnet. Eine der neuen Attraktionen ist das Hansa-Viertel im Tiergarten. Sehr bekannte Architekten sind daran beteiligt wie Alvaro Alto, Walther Gropius, Max Taut und Oscar Niemeyer.

Im September wird in West_berlin die neue Kongresshalle eröffnet. Sie ist ein Geschenk der USA an Berlin. Schnell gibt ihr der Berliner Volksmund den Namen: Die schwangere Auster. 1980 wird das Dach des Gebäudes zum Teil einstürzen.


In der DDR entsteht das erste (und letzte – aber das weiß noch niemand) sozialistische Musterdorf der DDR in Mestlin, Kreis Parchim.

Zwischen Potsdam und Berlin wird der Reichsbahn-Außenring zur Umgehung der Fahrt durch West-Berlin gebaut. Dazu müssen auch im Templiner See in 40 m Tiefe Brückenpfeiler gegründet werden, die durch die dicke Schlammschicht des Seebodens hindurchreichen. Es entstehen die Bahnhöfe Potsdam-Pirschheide, eine Erweiterung des Bahnhofs Bergholz-Rehbrücke, Saarmund, Genshagener Heide und die Erweiterung des Bahnhofs Berlin-Schönefeld.


Wirtschaft:

DDR:

Der V. Parteitag der SED setzt sich in diesem Jahre das Ziel, bis zum Jahr 1961 die Produktivität der landwirtschaftlichen Produktion der Bundesrepublik Deutschland überholt zu haben. Bisher sind 37% der Bauern den LPG beigetreten. Die bisherigen Maschinen-Ausleih-Stationen (MAS) werden zu Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) umbenannt.

Das Kino erobert das Dorf. Der fahrende Landfilm ist da.

Der Maisanbau wird in der DDR gefördert. „Der Mais das ist die Wurst am Stängel“ – ein Werbeslogan (in dieser Zeit aber „Stengel“ geschrieben).

Der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht proklamiert: „Jedermann an jedem Ort – einmal in der Woche Sport“ (zur Gesundheitsförderung der Bevölkerung).

Aufhebung der Lebensmittelkarten in der DDR am 28. Mai. Jetzt braucht man nur noch in der „Stammverkaufsstelle“ mit Namen und Adresse anschreiben und abhaken lassen, z. B. für Butter. Für die Verkäuferinnen recht mühsam und zeitaufwändig.


BRD:

Am 25. März 57 werden die Römischen Verträge zur Bildung einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) geschlossen. Die Initiative dazu geht vom belgischen Außenminister Paul- Henri Spaak aus. Damit, so meint er, wird einerseits Deutschland integriert sichert die Nachbarn aber auch gegen „gewisse Versuche und neue Abenteuer“. Zu den Mitgliedländern zählen: Frankreich, Italien, die Benelux-Staaten und Deutschland.Ein erster Anlauf zur Einigung Europas Der Bundestag beschließt am 5. Juli den Beitritt zur EWG. Später wird daraus die Europäische Gemeinschaft und dann die Europäische Union.


Der Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard wird 60 Jahre alt (Februar).

Mehr Rente für Westdeutsche. Die neuen Rentenzahlungen ab 21. Januar richten sich nicht mehr allein nach den eingezahlten Beiträgen, da inzwischen Löhne und Gehälter schnell angestiegen sind und zu einem sozialen Ungleichgewicht führen. Daher orientieren sich die neuen Zahlungen am gegenwärtigen Durchschnittseinkommen der Arbeitnehmer.



Gesundheit:

Die asiatische Virus-Grippe vom Stamm „A 2, Asia“ geht um die ganze Welt und erreicht nun auch Deutschland.


Musik: - Unterhaltung

Beim staatlichen Rundfunkkomitee der DDR wird ein Nachwuchsstudio für Schlagergesang eingerichtet. In der DDR bereitet Heinz Quermann Freude, wenn auch etwas „hölzern“. der Sendung „Da lacht der Bär“, die jetzt begann, versucht er „Deutsche an einen Tisch“ zu bringen. 1965 wird die Sendefolge eingestellt.

In der BRD bestehen bereits 1 Million Fernsehgeräte. In Gaststätten und Clubs werden Plattenspieltruhen, die Music-Boxen aufgestellt. Mit Münzbetrieb. Peter Kraus singt: „Wenn Teenager träumen“. In der Unterhaltung sind allgemein bekannt: Lu van Burg, Kuhlenkampf, Peter Frankenfeld, Robert Lembke, Heinz Erhardt, Willi Millowitsch in Köln, Heidi Kabel in Hamburg und viele andere.

Am 06. Juli treffen sich zwei junge Männer bei dem Fest der Kirchengemeinde St. Peter im englischen Liverpool, mehr zufällig. Sie heißen John Lennon (17 Jahre alt) und Paul McCartney (15 Jahre alt) – und hier liegt der Beginn der Geschichte der späteren Musikgruppe „The Beatles“.

„Weck up little Susie Everly Brothers

Heinz Erhardt wird zu einem der beliebtesten Komiker der BRD.


Sport:

1957 / 58 ist Bubi Scholz Europameister im Mittelschwergewicht.

In der DDR wird am 28. April der „Deutscher Turn- und Sportbund“ gegründet

DDR-sportler des Jahres wird wieder der Radrennfahrer „Täve“ Schur.


Alltag:

Häufig wird in jener Zeit Federball gespielt. Junge Mädchen tragen gern den Petticoat.


Naturgewalten:

Vulkanausbruch vor der Insel Faial (Azoren im Atlantik), der die Insel erheblich vergrößerte aber auch Dörfer verschüttete.

Am 06. Dezember beobachtet man in der Sternwarte Sonneberg (Thüringen) um 12.00 mittags eine rote Feuerkugel und ein silberhelles, bläulich-weißes Wolkengebilde und hört einen mächtigen Knall mit nachfolgendem Donnergrollen. Es wird der Absturz eines „Himmelskörpers“ in der Nähe von Oberhof vermutet. Reste oder die Aufschlag- / Einschlagstelle wurden jedoch nie gefunden.

Untergang eines Schiffes am 21. September 57. Die westdeutsche Viermastbark „Pamir“ ein Handelsfrachter als Segelschulschiff (1905 bei Blohm und Voss in Hamburg gebaut, Heimathafen Lübeck) ist im Atlantik bei den Azoren gesunken. Das Schiff hat eine Länge von über 100 m bei einer Wasserverdrängung von mehr als 3.000 Brutto-Register-Tonnen. Es handelte sich um ein Schiff mit 86 Mann Besatzung, darunter 16 Kadetten, die ihre erste Fahrt der Ausbildung zu späteren Offizieren der Handelsmarine absolvierten. Sie befand sich auf der Rückfahrt von Buenos Aires (Argentinien) und hatte Getreide geladen. Die Hafenarbeiter in Buenos Aires streikten gerade und so wurde das Schiff von argentinischer Armee und der Schiffsbesatzung beladen. Das Schiff kenterte wegen Verrutschens der Ladung im Hurrikan „Carry“, da selbst die Ballastwassertanks, die der Schiffsstabilisierung dienen, widerrechtlich aus Profitgründen mit Getreide gefüllt wurden. Der Erste Offizier und der Bootsmann wollten den Kapitän zum teilweisen Entladung bewegen, wurden vom Kapitän jedoch mit Waffengewalt zum Stillschweigen gezwungen, bzw. wären wegen Meuterei verklagt worden. Es hätte auch durchaus die Möglichkeit gegeben, nach den Orkanwarnungen dem Hurrikan auszuweichen aber der Kapitän setzte aus Geld- und damit aus Zeitgründen im Sinne des Reeders die Route und somit den Kollisionskurs mit dem Hurrikan fort. Das Schiff erlitt durch das verrutschende Getreide immer mehr an Schräglage, bis es vollends umschlug und sank. Den SOS-Ruf des sinkenden Seglers hörten mehrere Schiffe. Diese waren aber zu weit entfernt, um noch rechtzeitig die verunglückte Besatzung aufnehmen zu können. An der Suche nach Überlebenden waren etwa 60 Schiffe und 20 Flugzeuge beteiligt. Am neunten Tag nach dem Unglück wurde die Suche nach weiteren Überlebenden eingestellt. Auch das zweite Rettungsboot wurde nie gefunden.

Nur sechs Überlebende gab es (Ein Seemann, der auf hoher See operiert war und bereits in Buenos Aires ins Krankenhaus gekommen war, der Bootsmann und vier Kadetten, die sich in ein stark beschädigtes, voll Wasser stehendes Rettungsboot retten konnten). Vier Tage trieben sie in der rauen See ohne Versorgung bis sie gefunden wurden. Ursprünglich waren es drei Gerettete mehr, von denen einer jedoch im Rettungsboot starb, zwei weitere das Rettungsboot geistesverwirrt unter Halluzinationen mit dem Sprung in die See verließen.Die meisten der Besatzungsmitglieder waren 16 – 18jährige Seekadetten. 80 Besatzungsmitglieder ertrinken nur 6 wurden gerettet. In einer Hamburger Kirche erinnert eine Gedenktafel an die Gestorbenen.

(Die DDR besitzt zu dieser Zeit das kleinere Segelschulschiff „Wilhelm Pieck“).


Das Jahr 1958


Politik in der DDR:

Geldumtausch in der DDR. Es gibt nach 10 Jahren wieder eine neue Währung.

Auf dem V. Parteitag der SED (10. – 16. Juli 58), in der Berliner Werner-Seelenbinder-Halle gibt Walter Ulbricht persönlich die neue Losung „Der Sozialismus siegt“ bekannt. Kritiker und Witzbolde machen daraus schnell „Der Sozialismus siecht“, obwohl W.U. das trotz sächsicher Mundart strikt vermieden hatte, so darzustellen. Er verkündet als M.-Apostel„Die zehn Gebote der sozialistischen Moral und Ethik“.

Zu diesem Parteitag kommt auch der Regierungschef nikita Sergejewitsch Chruschtschow in die DDR und wirbt für mehr Anbau von Mais, als „die Wurst am Stängel“, um Engpässe in der Getreideversorgung (wie in der Sowjetunion zu überwinden. Er meint: „Wir werden den Kapitalismus ohne Krieg – mit unserer friedlichen Arbeit – besiegen.

Es setzt eine stärkere Werbung zu den LPG- Beitritten ein. Derzeitig noch mit dem Versuch des Argumentierens zu den Vorteilen wie Kinderkrippennutzung, Versorgung mit Kindergartenplatz, keine 80-Stunden-Woche wie bisher für die Einzelbauern, Fort vom Familienbetrieb (nur der Vater verdiente – alle anderen waren abhängige Mitarbeiter mit Taschengeld), also künftige soziale Unabhängigkeit. 1958 waren etwa 1/3 der landwirtschaftlichen Betriebe in den Genossenschaften vertreten.

Am angenehmsten wäre es Ulbricht, gäbe es nur noch eine staatlich gelenkte Landwirtschaft (Volkseigene Güter), da die Entwicklung der Bildung von LPG en nicht zufriedenstellend ist., um die Überlegenheit der sozialistischen Gesellschaftsordnung zu beweisen. Er stellt das Ziel bis 1961 die Pro-Kopf-Produktion an landwirtschaftlichen Gütern so zu erhöhen, das bis 1961 die Produktion der BRD überflügelt wird („Überholen – ohne einzuholen)“. Zurzeit werden noch 62% der landwirtschaftlichen Flächen von Einzelbauern bewirtschaftet. Widerspenstigen Bauern werden agitiert, bedroht und auch mit Gefängnis bestraft. Immer mehr fliehen in den Westen – die Produktion sinkt – die Situation der Versorgung wird schlechter

Ab September werden aus Grundschule (8. Schuljahre), Mittelschule (10 Schuljahre) und Oberschule (12 Schuljahre) die ZAPO und die EOS geworden. (SED = Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, ZAPO = Zehnklassige Allgemeinbildende Polytechnische Oberschule, EOS = Erweiterte Oberschule).

Das neue Mutterschutzgesetz legt fest, dass die einmaligen Kindergeldzahlungen für das 1. Kind = 500 Mark betragen, für das 2. = 600, das 3. = 700, das 4. 850 und das 6. = 1.000 Mark betragen.


Politik in der BRD:

„Flensburg wird eingerichtet“. Hier hat ab dem 02. Januar das Kraftfahrtbundesamt mit dem Verkehrszentralregister, der „Verkehrssünderkartei“, seinen Sitz


Am 07. März bilden Oppositionelle, Gerwerkschafter, Theologen und Wissenschaftler den „Arbeitsausschuss „Kampf dem Atomtod“ Sie rufen das Volk auf sich der Atomaufrüstung Deutschlands zu widersetzen und eine friedliche Entwicklung fördern zu helfen. Die CDU/CSU stellen diese Bewegung als kommunistisch gesteuert“ dar. Der Kern dieser Gruppe arbeitet jahrzehntelang weiter, als die sehr bekannte Ostermarschbewegung.

Erster Ostermarsch der Kernwaffengegner in Aldermaston.


Am 25. März stimmt der Bundestag mit der Mehrheit von CDU/CSU und der Deutschen Partei jedoch für die Atombewaffnung. Flugzeuge, Geschütze und Raketen sollen atomare Sprengköpfe tragen und befördern können – zur gegenseitigen Bedrohung und Abschreckung mit Blick auf die Sowjetunion. Über einen möglichen Einsatz dieser Waffen entscheidet jedoch nicht die Bundesregierung, sondern der Präsident der USA (was sich in der späteren Geschichte als nicht unbedingt sicherer darstellt). Helmut Schmidt (SPD) bezeichnet diese Aufrüstung als deutschnationalen Größenwahn und stellt die wachsende Gefahr eines potenziellen Atomkrieges auf deutschem Boden dar. Er zieht den Vergleich mit den Folgen des „Ermächtigungsgesetzes“ von 1933.


Nikita Chruschtschow nimmt im November einen neuen Anlauf zur Veränderung der politischen Kräfteverhältnisse und der Ordnung in Deutschland. Er führt aus, dass der Status von Berlin-West absurd sei.. Die SU kündigt den Vier-Mächte-Status der geteilten Stadt Berlin auf..Er fordert den Abzug der Westalliierten. Die SU würde ihrerseits ihre Rechte in Ost_Berlin an die Führung der DDR übergeben. Westberlin sollte entmilitarisiert und eine selbständige politische Einheit werden. (Das würde nebenbei auch das Ziel „Berlin-West“ für Flüchtlinge aus der DDR aufheben). Die Westalliierten lehnen den Vorschlag ab, zeigen sich aber gesprächsbereit. Das sowjetische Ultimatum verstreicht.


Am 14. September wird die Anlage des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald auf dem Ettersberg bei Weimar als nationale Mahn- und Gedenkstätte eingeweiht.

Am 04. Oktober findet in Leipzig die erste „Zentrale Messe der Meister von Morgen“ (Z-MMM) statt.


In der BRD wird ab 1. Juli die gesetzliche Gleichstellung von Mann und Frau (gegen Widerstände) beschlossen. Die Frau ist zumindest aus Sicht des Gesetzes gleichberechtigt. Jetzt darf Frau sich in ihrem Westen sogar ein Bankkonto einrichten oder sich auch für den Autofahrschulbesuch anmelden, ohne die schriftliche Erlaubnis des Ehemannes vorlegen zu müssen. Jetzt soll auch die Unterbezahlung der Frau, dem Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ weichen.Eine große Neuerung – in der DDR seit einem Jahrzehnt normaler, selbstverständlicher Alltag.


Politik im Ausland:

Kriegshandlungen im Nahen Osten – die Libanon-Krise.

Im französischen Straßburg konstituiert sich das Europäische Parlament.

Charles de Gaulle wird Präsident der Französischen Republik (bis 1969).

Das iranische Kaiserpaar Reza Pahlavi und Soraya trennen sich, weil kein Kind geboren wird, er aber einen männlichen Thronfolger braucht. Für ihn wird aber bereits Ausschau nach der dritten Frau gehalten. Der Schah ist 37 Jahre alt, seine künftige Frau Farah Diba, eine Muslimin, Architekturstudentin in Paris, aus Persien stammend, ist 19 Jahre jung. (weiter 1959).

Mao verkündet (befiehlt) in China „Den großen Sprung nach vorn“, den Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus.




Wissenschaft:

Der Schwede Arne Larsson (1916 - 2002, 86 J.) erhält mit 43 Jahren wegen lebensbedrohlicher Herzschwäche den ersten Herzschrittmacher der Welt.

Am 01. Februar bringt die USA eine Rakete mit dem Mess-Satelliten „Explorer 1“ in den Weltraum. Sie umfliegt die Erde in 106,7 Minuten auf einer elliptischen Bahn mit Erdabständen zwischen min. 348 km und max. 1.170 km.

10. Februar: Es gelang der erste Funkkontakt mit dem Planeten Venus, der zurzeit von der Erde 45 Mio. km entfernt ist. Für den Hin- und Rückweg benötigt das Signal elektromagnetischer Wellen fünf Minuten. Bei der Versuchswiederholung am 12. Februar betrug die Entfernung bereits 46,1 Mio. km und die „Reisezeit der Funkwellen dauerte 7,5, Sekunden länger. Sowjetische Funkmessungen ergaben, dass sich die Venus in etwa 10 Erdentagen einmal um ihre eigene Achse dreht. Ein Venustag = fünf Erdentage. Gemessen wurde daraus folgend auch die Entfernung zwischen Sonne und Erde mit 149.457.000 km, für die ein Lichtstrahl acht Minuten benötigt.

Die Entfernung Erdmond – Erde beträgt dagegen nur 384.393 km. Eine Kometenkugel würde eine Reisezeit von reichlich zwei Wochen benötigen. Ein rüstiger Wanderer würde eine solche Strecke theoretisch in 27 Jahren bewältigen. Das Licht durcheilt diese Strecke aber in einer reichlichen Sekunde. (Erdumfang 40.000 km, Erddurchmesser 12.740 km).

Im März bringen die USA den Forschungssatellit Vanguard 1 ins Weltall.

Hundegebell im Weltall: Wohlbehalten und mit wedelnden Schwänzen kommen drei sowjetische Hunde, die mit einer Versuchsrakete 90 km hoch ins All geschossen wurden, auf die Erde zurück. So geschehen am 18. Juni.

Am 01. August unternehmen die USA eine Atombombenversuchsexplosion hoch über der Johnston-Insel.


Maschinenbau / Technik:

Im Juli erreicht eine Bohrung nach Erdöl in Texas die Tiefe von 7.300 m. Eine Höchstleistung.

Am 7. August wird in Hamburg der Großsegler „Gorch Fock II“ fertig gestellt und am 17. Dezember beginnt sein Diensteinsatz. Das Schiff ist 90 m lang und seine Masten haben eine Höhe von 45 m. „Gorch Fock“ ist der Künstlername / das Pseudonym des niederdeutschen Schriftstellers Johann Kinau.


Wirtschaft:

In der DDR:

Die Wellrad-Waschmaschine aus dem VEB dkk Scharfenstein (deutsche Kühl- und Kraftmaschinen) kommt auf den Markt und aus dem gleichen Werk der „Kristall“-Kühlschrank.

Am 29. Mai endet die Zeit der Nachkriegs-Lebensmittelkarten in der DDR prinzipiell. Ausgenommen aber sind Kartoffeln, Kohle und Butter. Diese sind weiterhin rationiert. Der staatlich festgesetzte Butterpreis sinkt von 9,60 Mark auf 4,80 Mark je Kilogramm. Eine Bockwurst kostet 0,80 Mark (80 Pfennige), das Brötchen 0,05 Mark (5 Pfennige). Diese staatlich festgesetzten Preise werden bis zum Ende der DDR (1989) gelten, auch wenn Löhne und Gehälter ja im Laufe der Zeit wesentlich angestiegen sind. Briefporto (20g) beträgt 20 Pfennige. Andere Preise steigen jedoch. Das Anstehen in der Schlange nach bestimmten Lebensmitteln ist nach wie vor üblich. Mieten und Energiekosten liegen jedoch günstig niedrig.


In der BRD:

Ein Industriearbeiter verdient im Durchschnitt 115,- DM(Deutsche Mark) Wochenlohn.


Religion:

Papst Pius XII, der Pontifex Maximus = Oberster geistlicher Würdenträger, stirbt in Rom. Nachfolger wird Johannes der XXIII, der bis 1963 Papst sein wird.


Musik:

Gleich zum Jahresbeginn führt die DDR die „Rechtsverordnung für Musik- und Tanzveranstaltungen“ ein. Es gilt hier nun die 60:40 Quote und damit die Bruchrechnung: Wollten die Musikgruppen 4 Westschlager spielen, mussten „als Ausgleich“ mindestens 6 Titel aus dem DDR-Liedgut zu Gehör gebracht werden.

Am 20. Oktober gibt es „Die Schlagerrevue“ mit Heinz Quermann im Radio.

Elvis Presley (The King of Rock’n Roll, Nachkomme der in die USA ausgewanderten Thüringer Familie Pressler) leistet seinen Wehrdienst in der BRD ab und wird schon in Bremerhaven bei der Ankunft stürmisch begrüßt.

Mit der Einführung des Hüftschwung-Hula-Hoop-Reifens kommen auch gleich neue Schlager in die Ohren: Peter Kraus singt „Hula-Baby“: Auf der Insel Hella-Lella. Oder ein anderes Lied: Hula Hoop, alle Leute tanzen Hula Hoop.

Peter Kraus singt: Baby mach dich schön. Ein Häuschen mit Garten ist ein weiteres Lied

Erziehung:

In der Bundesrepublik bestehen so genannte „Bräuteschulen“. Hier werden junge Mädchen, die nach dem Schulabschluss keinen Beruf erlernen werden (sollen / wollen) bei Internats-Unterbringung und in Schuluniform auf das Leben als Hausfrau vorbereitet. Sie lernen Kleintiere schlachten, kochen, nähen, weben, die Hausreinigung und manch anderes. Vor dem Krieg gab es in Potsdam auch so eine Haushaltsschule (Berliner- Ecke Rembrandtstr.) und in Berlin unterhielt der Lette-Verein derartige Ausbildungsstätten.


Alltag :

Aus den USA kommt der Hula-Hoop-Reifen in die BRD und ist auch schon bald in der DDR ein beliebtes Gymnastik- und Sportgerät. Hula Hoop ist ein Kunstwort aus dem hawaiianischen Tanz „Hula“ und dem engl. Begriff für „Fassreifen“ gebildet.

Elvis Presley, Schlagerstar, u.a. des Rock 'n Roll, wird als Wehrpflichtiger Soldat. Seine Vorfahren, die Familie Pressler, stammen aus Thüringen. Er leistet seinen Wehrdinst in Friedberg nahe Bad Nauheim a und dient dort bis März 1960in einem Panzerbartaillon. Hier lernt er auch seine spätere Ehefrau Priscilla kennen. Ansonsten sind aber Kontakte zur deutschen Bevölkerung eher rar, wenn auch Zeitungen (Bravo) über jeden seiner Schritte berichten. Viele haben ja aber (in Westdeutschland) seine Platten im Schrank.

In der BRD wächst die Italiensehnsucht, ist aber finanziell nicht für jeden erreichbar. Trotzdem sind es schon 3 Mio. Bundesbürger, die dort den Urlaub genießen.Oft sind die Ferienziele Kufstein, der Teutoburger Wald, Ruhpolding u.a. Der westdeutsche Arbeiter hat dafür 12 Tage im Jahr Urlaubsanspruch.

In der DDR sind für die Gewerkschaftsmitglieder FDGB-Ferienschecks (Urlaubsplatz zu geringem Preis oder Freizeit auf einem Campingplatz) für viele üblich, die nicht zu Hause bleiben wollen.

An neuen Autos gibt es in der DDR: Den „Sachsenring-Horch“, den sowjetischen „Pob(j)eda“ (Sieg) und schon kommt der „IFA F9“ (später auch mit Wartburg-Motor) aus der DDR-Produktion.

Wohnen Herren möbeliert auswärts, so ist in der Wohnung der Wirtin Damenbesuch nicht üblich. Zum üblichen Ausstattungsstandard des Zimmers für den Untermieter gehören: Waschkommode mit Marmorplatte, Waschschüssel und Wasserkanne aus Porzellan oder Steingut.


Naturgewalten:

Der USA-Bundesstaat Texas wurde von einem Tornado betroffen. Bei Witchia Falls erreichte er eine Geschwindigkeit von 450 km pro Stunde und hinterließ große Verwüstungen.

Am 26. Juli stürzt in Ramsdorf bei Münster (BRD) ein Meteorit von 4,7 kg Masse auf die Erde.

Am 18. Oktober kommt in Zentralschweden ein Meteorit von acht kg Masse hernieder.


Zeitgeschichte 1959

Politik in der DDR:

Kulturkonferenz am 24. / 25. April. Das Ergebnis ist bekannt geworden als „Der Bitterfelder Weg“. Die Arbeiter werden aufgerufen über ihr Leben zu schreiben und als das nicht so recht Allgemeingut wurde, vom Volk als „der bittere Feldweg“ bezeichnet. Führend, leitend und unterstützend setzten sich, von der Regierung beauftragt,beispielsweise Willi Bredel, Hans Marchwitza und Ingeborg Dachmann ein. Es gab für die Aufrufe verschiedene Ausdrucksweisen, wie zum Beispiel


Im Juni finden in den Bezirken die ersten Arbeiterfestspiele (des FDGB?) statt. Auch Potsdam wird dazu aufgehübscht. Zwar steht an einem der Festplätze, am Alten Markt noch die Ruine des Stadtschlosses als Kulisse aber auf der gegenüber liegenden Platzes (Brauerstraße) hat man zumindest die letzten Kriegsruinen der Bürgerhäuser mit weißer Kalkfarbe angespritzt (so meine Erinnerung). Saubere, festliche Ruinen.




Am 07. Oktober: Die DDR schmückt ihre schwarz-rot-goldene Tricolore mit dem Emblem, bestehend aus Hammer, Zirkel und Ährenkranz. Dieses Emblem deutet auf die Verbindung zwischen Arbeitern, der Intelligenz und dem Bauerntum hin.

1959 und 1960 wird das kriegsbeschädigte Potsdamer Stadtschloss, am Alten Markt, auf Beschluss der SED und Staatsführung abgerissen, nachdem FDJ-Kolonnen ihren Auftrag ausführten, das preußische Denkmal weitgehend abrissreif zu demolieren.

Bisher hatten beide deutsche Staaten die schwarz-rot-goldne Flagge. In diesem Jahr fügt die DDR ihr Emblem hinzu, das zum Zeichen des Staates der Arbeiter, der Bauern und der Technischen Intelligenz aus dem Ährenkranz mit Hammer und Zirkel besteht.

Dezember: Ein neues „Gesetz zur sozialistischen Entwicklung des Schulwesens“ wird verabschiedet, das die Verbindung zwischen Produktion und Schule zum Inhalt hat. Als Folge davon, wird im kommenden Jahr der Polytechnische Unterricht eingeführt.


Politik in der BRD:

Heinrich Lübke, der bisherige Landwirtschaftsminister wird als neuer Bundespräsident der BRD gewählt. Später wird er von der DDR als KZ-Baumeister entlarvt.

Parteitag der SPD in Bonn - Bad Godesberg: Die SPD will den Schritt von der Arbeiterpartei zur Volkspartei tun, um weitere Anhänger zu gewinnen. (Ausspruch Herbert Wehner). Ollenhauer (SPD) ist Oppositionsführer. Willi Eichler ist derzeitig Parteivorsitzender

Zu Weihnachten Schändung der Kölner Synagoge. 700 weitere entdeckte Schmierereien.

Politik im Ausland:

„Volks-China“ erobert Tibet (seit 1950) in einem grausamen Feldzug, vor allem gegen die Klöster und ihre Bewohner. Die tibetische Sprache verschwindet, eigene Sitten und Bräuche werden untersagt. Ein kultureller Völkermord. In den Städten werden zu etwa 2/3 Chinesen angesiedelt. Der 14. Dalai Lama (1935 geboren), derzeitig als 24jähriges geistiges und geistliches Oberhaupt flieht mit seinem Orakelpriester aus dem Netchungkloster, dem Potala (der Palastburg), von Khamba-Kriegern geleitet, in das indische Dharmsala. Ein 15 Jahre währender Guerillakrieg der tibetanischen Kämpfer im eigenen Land folgt, aber die Chinesen gewinnen wegen ihrer Überzahl. (Im Jahre 2005 feiert der Dalai Lama, Friedensnobelpreisträger seinen 70. Geburtstag).

Kuba: Fidel Castro zieht nach einem Staatsstreich gegen die Batista-Regierung in Havanna ein (vom Revolutionär zum Staatschef), wird Präsident und verspricht der Bevölkerung Freiheit. Sein Bruder Raoul Castro und Che Guevara erhalten als revolutionäre Kommunisten Staatsämter. (Der Diktatur von rechts, ist die Diktatur von links gefolgt). Die neue Regierung ist nicht weniger grausam als die alte es war.) Die USA schicken Mörder, um das System wieder zu stürzen, doch die Regierung, geübt im militärischen Guerillakampf ist „auf der Hut“. Castro sucht politische und wirtschaftliche Hilfe bei Moskau. Moskau ist an einem militärischen Gebiet auf Kuba, vor Amerika, sehr interessiert – die Kubaner sollen aber ihren Sozialismus ansonsten alleine aufbauen.

Nikita Sergejewitsch Chrustschow wiederholt sein Berlin – Ultimatum für eine entmilitarisierte freie Stadt. bei seinem Aufenthalt in Ost-Berlin.

Im August besucht der Präsident der USA Eisenhower West – Berlin.

In diesem Jahr heiraten der Schah von Persien und Farah Diba. (Die vorige Ehe mit Soraya wurde geschieden, weil sie vom Schah kein Kind bekam) Nun wird 10 Monate nach der Eheschließung ein Sohn als Thronfolger geboren (weiter siehe 1967).

Als 49. Bundesstaat tritt Alaska (das aleutische Wort: “Alyeska“ = das große Land) am 03. Januar den USA bei und am 21. August die Hawaii-Inseln, als 50. Bundesstaat.


Wissenschaft und Technik:

Absturz des Testmodells einer DDR Passagier-Düsenmaschine aus dem, VEB Flugzeugwerk Dresden, am 04. März, wenige Minuten nach dem Start. Die Treibstoffzuführung war nicht ausreichend. Der Aufbau einer eigenen Flugzeugindustrie wird aufgegeben.

Am 26. Mai wird das Planetarium in Berlin-Treptow eröffnet.

Im Juli meldet das Mount-Palomar-Observatorium, dass eine der etwa 1 Mio. erkannten Sonnen des kosmischen Spiralnebels NGC 7331 ihre Helligkeit um das Hunderttausendfache gesteigert habe. Ein neuer Stern ist durch das Zusammenballen kosmischen Materials entstanden (Supernova). Man erkannte bei der Betrachtung des Nebels: Dieses nächste „Milchstraßensystem“ ist von der Erde 750.000 Lichtjahre entfernt. Was wir heute beobachten können, geschah dort also vor 750.000 Jahren. Bereits 1572 beobachtete Tycho Brahe in Prag und 1604 auch Johannes Kepler einen Stern sehr hell aufleuchten, der dann, nach einigen Monaten, wieder dunkler wurde.

12. September: Die sowjetische Sonde Luna 2 „landet hart“ auf dem Mond und die Kapsel mit den wissenschaftlichen Instrumenten zerschellt (vergleiche 1966).

Vom Mond ist von der Erde aus immer nur eine Seite, stets die gleiche, sichtbar. Am 04. Oktober 59 machte man mit den Kameras der sowjetischen automatischen interplanetarischen Station „Luna 3“, nach zwei Tagen Flugzeit zwischen der Erde und der Umlaufbahn um den Mond, Bilder mit zwei Kameras von der Rückseite des Mondes, die bisher noch kein Mensch sehen konnte, weil die Sonde den Mond als der erste künstliche Flugkörper umrundete und übermittelte diese zur Erde. In 40 min. wurden einige Hundert Bilder des Mondes an die Erde übermittelt. Die Station arbeitete bis März 1960.

Im türkischen Anatolien, in der Nähe des 5060 m hohen Ararats vermutet man vom Flugzeug aus die Konturen der Überreste der Arche Noah’ zu sehen. Die Ausdehnung „des Schiffes“ beträgt etwa 150x25x15 m. Bei späteren Expeditionen bestätigt sich diese Vermutung aber nicht. Es handelt sich um eine Gesteinsformation, die an die Form eines Schiffskörpers erinnert.

Die theoretischen Grundlagen für die LASER-Technik werden gelegt (Light Amplifikation by stimulated Emission of Radiation) – siehe auch 1985.


Wissenschaft / Naturforschung:

Bei Torca de Carlista (Nordspanien) wurde eine ca. 500 m lange Höhle entdeckt, die etwa 300 m hoch ist.

Jaques-Yves Cousteau erhält für sein Forschungsschiff „Calypso“ ein Mini-U-Boot von 3,5 t Masse, das 350 m tief tauchen kann. Mit der automatischen Kamera, montiert auf dem „Fotoschlitten“ und ausgestattet mit dem elektronischen Blitzlicht, sind Aufnahmen bereits bis zu 8.000 m Tiefe möglich. Es entstehen Fotos von Lebewesen, die noch kein Mensch sah.



Ab - Bauen in Potsdam:

Das Stadtschloss, Ruine, (letzter Umbau 1744 – 1752 v. Knobelsdorff mit dem Fortunaportal des Jean de Bodt aus dem Jahre 1701) wird in den Jahren 1959-1960 abgerissen.


Bauen in Berlin – West:

Der Grundstein für die neue Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, unweit des Bahnhofs Zoologischer Garten, wird gelegt.


Literatur:

Die Regierung der DDR ruft die werktätige Bevölkerung zur Literaturarbeit auf, unter dem Motto: „Greif zur Feder, Kumpel – die sozialistische Nationalkultur braucht dich! Es wird zur Bildung von „Klubs / Zirkel schreibender Arbeiter“ aufgerufen – zur Darstellung eines schönen Sozialismus. Der „Bitterfelder Weg“ hat zum Inhalt „die Höhen der Kultur zu erstürmen“. Laienensembles und -Theater entstehen. Kunst und Kultur soll der Arbeiterklasse passiv und aktiv zu eigen gemacht werden.


Kunst / Unterhaltung:

Aus Leipzig kommt als vollendetes Auftragswerk der „Lipsi“, ein neuer Gesellschaftstanz, als kulturvolle Antwort auf den wilden Rock 'n Roll. Er wird sich nicht durchsetzenIn West-Berlin hat der Anti-Kriegs-Film „Die Brücke“ von Bernhard Wicki, Premiere. Er zeigt den Krieg, wie er war, als er kurz vor dem Ende nach Deutschland kam.: Sinnlos und grausam.

In den USA wird mit Marylin Monroe der Film „Blondinen bevorzugt“ gedreht. Ebenso „Manche mögen’s heiß, mit Marylin Monroe und Toni Curtis. In der Film- und Musikszene sind zu sehen und zu hören: Anita Egbert, Sophia Loren, Brigitte Bardot, Liselotte Pulver, Gina Lollobridgida und andere.


Ivo Robic singt „Morgen ... lacht uns wieder das Glück und

Bill Ramsey besingt die Souvenirs, Souvenirs“.

Peter Kraus singt „Tutti Frutti“ von Little Richard nach.


Sport in der DDR:

Radrennfahrt – Die Friedensfahrt. Gustav Adolf Schur (genannt „Täve“) gewinnt im Mai die Radrennfernfahrt Berlin – Prag – Warschau.

Am 13. August: Das 3. Deutsche Turn- und Sportfest im Leipziger Zentralstadion und vor dem Völkerschlachtdenkmal.

„Jedermann an jedem Ort, einmal in der Woche Sport“, sagt Walter Ulbricht.


Sport in der BRD:

Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler beginnen ihre gemeinsame Eiskunstlauf-Karriere.


Sport, gesamtdeutsch:

Bei der Olympiade gibt es eine gesmtdeutsche Mannschaft. Die fahne trägt auf dem roten Streifen die fünf olympischen Ringe.


Alltag:

In der DDR kommt der Staubsauger „Purimix“ auf den Markt. Seine Besonderheit: Umgerüstet mit einigen Handgriffen kann er sowohl als Kaffemühle oder auch als Teigknetmaschine eingesetzt werden. - Hat sich wohl aber wegen der erforderlichen Umbauten und der Ansprüche an die Hygiene nicht so recht durchgesetzt.


Das Sandmännchen erscheint erstmals und dann täglich gegen 19.00 „Das Sandmännchen“. im Fernsehen der DDR seine Tätigkeit auf. Noch sieht er ein bisschen weniger schön aus, als später in seinen Hauptaktionsjahren. In diesem Jahr beginnt auch die Förderungsserie für junge Talente im DDR-Fernsehen: „Herzklopfen kostenlos“.


Im Westen wird die erste „Barbie-Puppe“ hergestellt. In der BRD sind etwa 16.000 tödliche Verkehrsunfälle im Jahr zu beklagen. Nun werden ab 15. Februar von der Polizei auf der Straße Blitzgeräte (Radarkontrolle) zur Geschwindigkeitsüberwachung ausprobiert und dann erfolgreich eingesetzt.

Am 21. Dezember 1959: Der Schah (siehe Schachspiel) Mohammad Reza Pahlavi von Persien (später Iran), heiratet zum dritten Mal. Diesmal ist es die Studentin Farah Diba.

Die erste Ehe mit der ägyptischen Prinzessin Fawzia / Fausia wurde 1949 geschieden und die zweite Ehe mit der deutschstämmigen Soraya 1958.


Naturgewalten:

Bei dem anhaltenden Schneesturm in Kalifornien fallen zwischen dem 13. und dem 19. Februar auf den Mont Shasta 4,8 m Schnee.



Zur Zeitgeschichte im Jahr 1960

Politik in der DDR:

Zu den Osterfeiertagen flüchten etwa 4.000 DDR-Bürger nach West-Berlin.

Das Schiff „Völkerfreundschaft“ tritt zu seiner ersten Reise als Urlauberschiff der FDGB an. (Es wurde 1944 in Schweden gebaut). Sein Einsatz dient der Erholung ausgewählter verdienter Werktätiger und Parteiarbeiter.


Am 22. Juli wird das Solidaritätskomitee der DDR gegründet.

Am 07. September stirbt Wilhelm Pieck (geboren 1876), der erste und letzte Präsident (KPD, dann SED) der DDR. Das Präsidentenamt wird abgeschafft.

Am 12. September beschließt die Volkskammer der DDR auf ihrer 14. Tagung das „Gesetz über die Bildung des Staatsrates der DDR“ Das enthält aber keinen Katalog von Bildungsmaßnahmen, sondern legt fest, welche Amtspersonen sich zur Führung des Staates zusammentun. Der Vorsitzende dieses Rates wird Walter Ulbricht und außerdem 1. Sekretär der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland, wie auch Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates. Bei Nachrichten, bei denen sein Name erwähnt wurde gehörte auch das Nennen zumindest der ersten beiden Funktionen stets dazu. Das war immer etwas überlang und sperrig aber schien wohl unerlässlich.

W. Ulbricht führt aus, dass die Bauern in der DDR durch die (Zwangs-) Kollektivierung befreit worden sind. Er meint damit: Erstmals werden die Bauern nicht mehr vom Feudalherrn / Großgrundbesitzer / Junker unterdrückt uns ausgesaugt. Die Menschen haben erstmals eine geregelte Arbeitszeit, Anspruch auf Urlaub, erstmals gibt es eine staatlich organisierte Kinderbetreuung und die Sozialversorgung, die Möglichkeit der gemeinsamen Maschinennutzung, die der Einzelne sich meist finanziell nicht leisten konnte, also auch gewaltige Arbeitserleichterungen. Unverständlich scheint ihm dass / warum so viele Landwirte der DDR den Rücken kehren, das Land fluchtartig verlassen. W. Ulbricht erklärt die Kollektivierung im April 1960 als abgeschlossen.


Ab dem 15. September dürfen Bürger aus der BRD nur noch mit einer auf die Person ausgestellten Einreisegenehmigung in die DDR einreisen. Westberliner Pässe werden nicht mehr anerkannt.


In diesem Jahr werden knapp 200.000 DDR-Bürger ihre Heimat verlassen haben.


Politik in der BRD:

Schnellgerichte werden tätig, um auf die vielen antisemitischen Schmierereien zu reagieren.

Bundeskanzler Adenauer trifft am 14. März den israelischen Präsidenten Ben Gurion in New York. Es geht um die Weiterzahlung von finanziellen Leistungen als „Wiedergutmachung“, die Aufarbeitung der jüngsten antijüdischen Vorkommnisse und vor allem um die Lieferung militärischen Geräts.

Der Vertriebenenminister Theodor Oberländer tritt zurück. Er war in der DDR – in Abwesenheit – wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine und im Kaukasus und der Vorbereitung der Übernahme und Nutzung landwirtschaftlicher Flächen durch Deutschland zu lebenslanger Zuchthausstrafe verurteilt worden.


Politik im Ausland:

Der Bürgerrechtler Nelson Mandela wird in Südafrika wegen seiner Gesinnung und wegen des friedlichen Auflehnens gegen die Apartheid für 27 Jahre eingekerkert. Erst am 12. Februar 1990 wird er wieder frei kommen.

Bürgerkrieg im Kongo (1960 – 1963). Die UNO greift ein, um dem Krieg ein Ende zu bereiten. Am 1. August wurde Französisch-Kongo frei und erhielt den Namen Republik Gabun. Ihre Unabhängigkeit erhalten in diesem Jahr 14 afrikanische Länder, die bisher (auf Zeit) Kolonien europäischer Staaten waren.

Am 08. November gewinnt In den USA John Fitzgerald Kennedy (mit Unterstützung des Texaners Lyndon Baines Johnson, Vizepräsident, Demokrat) hauchdünn die Präsidentschaftswahlen gegen Nixon (Republikaner). Kennedy wurde der 35. Präsident der USA. In den USA herrscht eine Aufbruchstimmung, die von dem jungen Präsidenten John Fitzgerald Kennedy ausgeht. Ein Hoffnungsträger für eine neue, gerechte Politik. Am 19. Mai wird er 43 Jahre alt.

Die Schauspielerin Grace Kelly wird durch Heirat mit Fürst Rainier II (Grimaldi), Fürstin Gracia Patricia von Monaco.

Der Kriegsverbrecher Adolf Eichmann, einer der Hauptverantwortlichen für die Judenvernichtung, wird vom israelischen Geheimdienst in Argentinien nach 15 Jahren der Flucht und des Versteckens, trotz des Annehmens einer neuen Identität aufgespürt und nach Israel entführt. In Jerusalem wird er 1961 zum Tode verurteilt und hingerichtet.


In den Jahren 1959 – 1961 verordnet China seiner Wirtschaft „den großen Sprung nach vorne“. Jedes Dorf wird zwangskollektiviert, der Agrarstaat soll weitgehend industrialisiert werden – was wohl aber in der Folge nicht so recht gelingt.


Wissenschaft:

Der schweizerische Tiefseeforscher Jaques Picard und der US-Marineleutnant Don Walsh dringen am 23. Januar 1960 mit dem Tauchboot „Trieste“ zum Grund des Marianengrabens im Pazifik vor. Sie erreichen mit - 10.916 m den tiefsten bisher erkannten Punkt der Weltmeere. Diese Expedition bringt auch aufsehenerregende Erkenntnisse über die Strömungsverläufe im Stillen Ozean und die geophysikalische Beschaffenheit des Meeresbodens.

Die sowjetische Weltraumkapsel „Sputnik 5“ brachte ihre Test-Tiere wohlbehalten zur Erde zurück.


Medizin in der DDR:

Im April erfolgreiche Impfaktion gegen Kinderlähmung (Polio, Polimyelitis). Der Impfstoff wurde von Albert Sabin in den USA entwickelt. Die DDR bezieht den Impfstoff aus der UdSSR. Die Impfaktion führt zu einem durchschlagenden Erfolg. Es sind später nur noch vier Neuerkrankungen im gesamten Lande. Polio gilt als ausgerottet.


Medizin in der BRD:

In der BRD gibt es im Jahre 1961 mehr als 5.600 Neuerkrankungen an Polio. Auch in der BRD wird die Sabin-Impfung, mit zeitlicher Verzögerung, 1962 eingeführt.

Nach der Einnahme des Schlafmittels „Contergan“ gibt es in der BRD Missbildungen an Neugeborenen, die jene das ganze Leben lang behindern. Das Mittel, obwohl bald verdächtigt, wird erst viel zu spät vom Markt genommen. Erst nach jahrelangem Kampf wird es für die Betroffenen zu einer „Entschädigung“ kommen.


Wirtschaft in der DDR:

Schwedt an der Oder wird am 11. November zur „Chemiestadt“ erhoben. Hier endet die Erdölpipeline aus der Sowjetunion. Gebrauchsartikel aus Kunststoff sind begehrt. „Chemie gibt Brot, Wohlstand und Schönheit“, ist die Devise.

Am 22. Februar gibt es im Steinkohlebergbau bei Zwickau ein Grubenunglück. 49 von 172 Kumpel können gerettet werden.



Wirtschaft in der BRD:

Es gibt im Lande mehr als 5.250.000 Fahrzeuge, das sind fünfmal soviel wie 1950.



Bauen in Berlin:

Die neue Gedächtniskirche für Berlin-West (vom Volksmund „Lippenstift und Puderdose“ genannt, ist im Bau, (Bauzeit 1957 – 63), Architekt Egon Eiermann 1904 – 1970, einer der bedeutendsten Architekten Deutschlands im 20. Jahrhundert. Geb. 1904 in Neuendorf bei Potsdam (heute Potsdam-Babelsberg). Er schuf u. a. das Abgeordnetenhaus in Bonn (1966 – 69). Dozent an der Technischen Hochschule Karlsruhe, gest. 1970 in Baden-Baden.


Ab-Bauen in Potsdam:

Am 09. Januar: Sprengung des Fortunaportals des Stadtschlosses. Abriss der Stadtschlossruine auf dem Alten Markt. Einarbeitung ihres Bauschutts und dem von Bürgerhäusern mit vielen wertvollen Architektur- und Ausstattungsdetails in die Sandwälle des Ovals der Besuchersitzreihen des Ernst-Thälmann-Stadions im ehemaligen Kaiserlich-Königlichem Lustgarten (dem Exerzierplatz).


Kultur / Unterhaltung in der DDR:

In unserem Fernsehprogramm fördert Heinz Quermann junge Talente in der Sendereihe „Herzklopfen kostenlos“. Es erscheint das DDR-Sandmännchen jetzt ansprechender gestaltet. Wunderschön anzusehen, mit guter Vor- und Abspannmusik und guten Inhalten – davon kann sich der komische Westsandmann eine dicke Scheibe abschneiden. Meister Nadelöhr und Professor Flimmerich erfreuen die Kinder ebenfalls; etwa so wie Flax und Krümel mit Struppi beim Maler Taddeusz Punkt.

Als Antiunterhalter nimmt am 21. März Karl Eduard von Schnitzler (im Volksmund bald Sudel-Ede genannt) die Polit-Sendung „Der schwarze Kanal“ auf, in der ausschließlich gegen die BRD kommentiert, polemisiert und gehetzt wird. 30 Jahre werden die mehr als 1.500 Sendefolgen anhalten – bald bis zum Ende der DDR, obwohl die Einschaltquoten sehr niedrig liegen.


Unterhaltung in der BRD:

Am 23. März: Filmvorführung im ersten Autokino Deutschlands

Besuchsweise kehrt Marlene Dietrich (als US-Staatsbürgerin) aus den USA nach Deutschland, in die BRD zurück. Sie erfährt sowohl Jubel, als auch Ablehnung (Eier- und Tomatenwürfe). 15 Jahre sind es seit ihrem vorigen Besuch her – damals, 1945 kam sie als singende Truppenbetreuerin der US-Streitkräfte in amerikanischer Uniform. M. Dietrich schämt sich für das Unwesen Deutschlands im 2. Weltkrieg und hält immer noch Distanz zum offiziellen Deutschland. Nach ihrem Tode im Jahr 1992 wird sie trotzdem in Berlin bestattet werden.


Unterhaltung, weltweit:

Die Beatles aus dem britischen Liverpool treten auf der Bildfläche (in Hamburg) auf.

Ein Schiff wird kommen, Ich bin ein Mädchen von Piräus---

Bist du einsam heut Nacht, fragt Elvis Presley in englisch – bald darauf tut es Peter Alexander auf deutsch. Geisterreiter = Ghostrider erwärmen die Gemüter.


Sport:

Olympische Winterspiele in Squaw Valley mit einer gesamtdeutschen Mannschaft. Hartmut Recknagel aus der DDR erringt bei Skispringen mit 85 m Weite eine Goldmedaille.

In Rom finden die Olympischen Sommerspiele statt. Eine gemeinsame deutsche Mannschaft trägt die Wettkämpfe aus. Noch verhinderte das Nationale Olympische Komitee (BRD), dass zwei einzelne deutsche Mannschaften auftreten. Es werden keine unterschiedlichen deutschen Nationalhymnen gespielt, sondern Beethovens „Ode an die Freude“, aus der 9. Sinfonie. Die schwarz-rot-goldene Fahne zeigt auf dem roten Mittelstreifen die fünf olympischen Ringe. Die vier Kanuten (zwei Ost, zwei West) erringen die Goldmedaille. Armin Harry läuft den Olympiarekord über 100 m. Ingrid Krämer ( Zweimal Gold für das Kunstspringen vom Turm)) und Gustav Adolf (Täve) Schur (Radrennen) werden als große Stars gefeiert.


Bildung:

Zum September 1960 werden für die Schulen der DDR die Bezeichnungen der Zensurenskala verändert:


„Note“

1

2

3

4

5

bisher:

sehr gut

gut

genügend

mangelhaft

ungenügend

Neu:

sehr gut

gut

befriedigend

genügend

ungenügend


Alltag:

Im Zwickauer Steinkohlenbergbau ereignet sich am 22. Februar ein Methangasunglück. Wegen des ausbrechenden Feuers sterben 123 Bergleute.Im Jahre 1960 wirbt die Post in der DDR vorbereitend bezüglich der Einführung von Hausbriefkästen (kompakte Postzustellanlagen), um eine beschleunigte Zustellung ermöglichen zu können. Bisher mussten die Briefträger treppauf, treppab bis zu jeder Wohnungstür laufen. Ähnliches wird später auch mit größeren Metallboxen als Paketzustellanlage eingeführt, die alle paar Straßenzüge zur Selbstbedienung aufgestellt waren. Diese verschwanden jedoch einige Jahre später wieder aus dem Straßenbild.

BRD: Vom 1. März an wird im Anschluss an die Tagesschau des Fernsehens jetzt auch der Wetterbericht an einer Wetterkarte erläutert.

Der US-Amerikanische Schauspieler Clark Gable (Vom Winde verweht) stirbt im Alter von 59 Jahren im November 1960 an einer Herzattacke (Starkraucher). Seine fünfte Ehefrau erwartet gerade wieder ein Kind von ihm.

Der Tanz namens „Twist“ kommt auf.

Im Westen gibt es „Kofferradios“, bei uns die kleinen „Schachtelradios“ namens „Sternchen“, vom VEB Sternradio.

Die Erdbevölkerung beträgt derzeitig bereits über 3 Milliarden Menschen. 1800 schätzte man diese auf 800 Millionen.


Naturgewalten / Unglücksfälle:

Der 3.236 m, hohe Ätna ist auf Sizilien ausgebrochen.

Tiefentemperatur: Im Forschungsstützpunkt Wostok in der Antarktis wurde im August der Kälterekord von - 88,3°C gemessen.

In diesem Jahr wurde die Ursache des „Vredefort-Ringes nahe Johannesburg (Südafrika) erforscht. Der Kraterdurchmesser des „Ringes“ beträgt fast 220 km. Ergebnis: Die Ursache war ein Meteoreinschlag vor etwa 250.000 Jahren. Der Meteor wird einen Durchmesser von 1,5 bis 2,0 km gehabt haben. Wahrscheinlich wurde beim Einschlag ein sehr starkes Erdbeben ausgelöst.

Ebenfalls in diesem Jahr wurde erneut der „Barringer-Krater“ in Arizona untersucht, der von einem Meteor-Absturz vor etwa 25.000 Jahren herrühren soll. Dr. E. M. Shoemaker vom Geologischen Bundesamt Washington ermittelte einen Einschlagkessel von 1,2 km Durchmesser und einer Tiefe von 174 m. Am Kraterboden wurden viele Metallbrocken gefunden. Der Sandstein des Kraters ist glasartig geschmolzen. Hier tritt auch das Mineral „Coesit“ auf, das bei jedem Meteoreinschlag gebildet wird.

Dr. Shoemaker untersuchte auch das „Nördlinger Ries“, nördlich der Donau, zwischen Ulm und Ingolstadt. Die Senke des Ries’ teilt die Höhenzüge der schwäbischen Alb von denen der fränkischen Alb. Der Kessel hat einen Durchmesser von 25 km und besteht aus einem Feld von Granittrümmern aus den Zeiten Jura und Trias, die teilweise glasüberzogen sind. Auch hier wurde Coesit vorgefunden. Es wird geschätzt, dass hier ein Meteoreinschlag vor 15 – 20 Millionen Jahren stattgefunden hat.


15. Mai 1960. DDR. Wegen einer falsch gestellten Weiche kollidieren gegen 20.20 Uhr die Züge Halle – Leipzig und Halberstadt – Bad Schandau miteinander. 54 Menschen verlieren ihr Leben, eine große Anzahl ist verletzt.


Zeitgeschehen im Jahre 1961

Politik der DDR:

Die DDR setzt mit dem Schiff „Fritz Heckert“ ein zweites Urlauberschiff ein. Wegen verschiedentlichen Abspringen von Urlauberns während der Fahrt ("auswärtige Republikflucht"), führen die Routen nicht mehr vorzugsweise nach Spanien oder die Türkei, sondern eher nach Murmansk und in Richtung Kuba.

Im Juli verkündet das zentrale Presseorgan „Neues Deutschland“ (Zeitung) der SED, dass der Sozialismus in der DDR zwischen 1961 und 1980 aufgebaut werden soll. Dazu werden Teilziele und Arbeitsinhalte bekannt gegeben.

Die Massenflucht der DDR-Bevölkerung nimmt unwahrscheinliche Ausmaße an. Das Land blutet aus, dem Staat laufen seine Bürger davon. Täglich fliehen etwa 1.000 Bürger in Richtung West-Berlin, Notaufnahmelager Marienfelde – das ist eine Existenzbedrohung für die DDR. Zwischen Weihnachten und Neujahr wurden 2.800 Flüchtlinge gezählt, 5.000 zu Ostern. Allein im Juli über 30.400 Flüchtlinge. Auch viele ausgezeichnete Fachkräfte gehen. Es wird angenommen, dass aus der sowjetischen Besatzungszone / aus der DDR insgesamt etwa 2 Millionen Einwohner in den Westen geflohen sind. Eine innenpolitische Katastrophe droht. Der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht sagt: „Jeder, der die DDR verlässt, übt Verrat an der Sache des Friedens und unterstützt die Bundesrepublik, die einen Atomkrieg vorbereitet“.

Wirtschaftliche Probleme treten verstärkt auf, die Versorgungslage für die Bevölkerung ist als kritisch anzusehen. Lebensmittel werden wieder rationiert. Bei den Engpässen der Versorgung mit Fleisch, Milch und Butter, mahnt Walter Ulbricht beispielsweise: Nach den Erkenntnissen der Wissenschaft – ja? - sollte man nicht zu viel Butter essen. Das fördert die Arteriosklerose“. Widerstände ruft auch die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft hervor, die doch noch nicht abgeschlossen zu sein scheint, wie verkündet. Die einseitige Art von Reisefreiheit, die nicht bestehende Meinungsfreiheit, das Fehlen freier geheimer Wahlen tragen zu dieser Situation bei.

Die Regierung bittet Moskau um Duldung und Unterstützung, die DDR mit militärischer Macht abriegeln zu dürfen. Eine Einverleibung von Westberlin in das Gebiet der DDR droht. Im Juni fragt eine westdeutsche Journalistin (Frau Donath von der Frankfurter Rundschau) die DDR-Regierung, ob es stimme, dass die DDR ihre Grenze befestigen wolle. Walter Ulbricht antwortet darauf. „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“ ("Niemand", das ist die bisherige Haltung der Sowjetunion) ansonsten aber gilt sein Spruch bekannter Maßen als dicke fette Lüge – denn am Sonntag den 13. August ist es dann doch schon soweit: „Aktion Rose“. Ost- und West-Berlin werden durch Zäune und eine 155 km lange Mauer getrennt, die hundert Jahre bestand haben soll aber 28 Jahre Bestand haben wird. „Die Volks-Abstimmung mit den (forteilenden) Füßen hat ein jähes Ende. Der stark belebte Potsdamer Platz beispielsweise wird ein völlig kahles Niemandsland zwischen Ost und West. Westberlin ruft zum Boykott der S-Bahn auf, die zur DDR gehört. Auf Westberliner Gebiet entstehen Geister-Bahnhöfe. Westberliner Züge durchfahren den Ostteil Berlins ohne Halt. (Potsdamer Platz, Unter den Linden). Gleis A des Bahnhofs Friedrichstraße liegt im Westen, Gleis B im Osten, voneinander getrennt mit einer Stahlwand. Eine Verbindung besteht nur über „eine Schlaufe“ durch den „Tränenpalast“ (Glashalle zur Pass- und Personenkontrolle und zum Abschied).

Auch die innerdeutsche Grenze wird mit Mauern, Stacheldrahtzäunen, Wachtürmen, Selbstschussanlagen und Minenstreifen, befahrbaren Kontrollstreifen (für Autos aber auch Hundelaufstreifen) „befestigt. Die BRD nennt diese Grenzbefestigung „Der eiserne Vorhang / „die Mauer“/ „der Todesstreifen“, die DDR-Führung spricht vom „Antifaschistischen Schutzwall zur Sicherung der Staatsgrenze“, einer Grenze gegen „die Bonner Ultras“, einer Grenze, die sich allerdings in Wirklichkeit hauptsächlich gegen die Flucht der eigenen Bevölkerung richtet. Die Westmächte protestieren, greifen aber nicht ein, um wegen der eingesperrten 17 Millionen Ostdeutschen nicht einen dritten Weltkrieg zu riskieren. Damit ist der Strom der bisher geflüchteten 2,76 Millionen DDR-Bürger fast abrupt gestoppt. Nur noch 12.316 Personen gelingt die Flucht im Zeitraum der geschlossenen Grenze zwischen 1961 und 1989. Dem weiteren Aufbau des Sozialismus und Kommunismus kann nun relativ ungestört nachgegangen werden. Die Grenzbefestigungen haben allein um West-Berlin eine Länge von etwa 43 km.

Mitglieder der FDJ erhalten den Auftrag, an Wohnungstüren zu horchen, welcher Radio- und Fernsehsender genutzt wird. Auch werden die Empfangsantennen auf ihre Stellung geprüft, mitunter auch gen Osten umgedreht, mitunter abgebrochen.

Nachdem man die Nationalhymne der DDR „Auferstanden aus Ruinen … lass’ es dir zum Guten dienen, Deutschland, einig Vaterland“, nur noch ohne Text, instrumental vorgetragen hört, spielt man auch solche Lieder nicht mehr wie :“Wir sind jung, die Welt ist offen“, obwohl, wenn der Urlaub lange genug währt, man doch eine Fahrkarte bis nach Wladiwostok kaufen könnte.

In der DDR fehlen viele Arbeitskräfte – allein in Ostberlin 40.000 bis 50.000.

Am 07. September wird Ost-Berlin (wegen des Viermächte-Abkommens bisher immer mit Sonderstatus) nun offiziell die Hauptstadt der DDR und gleichzeitig der 15. Bezirk der DDR.


Politik in der BRD:

19. August: Der US- Vicepräsident Lyndon B. Johnson und General Lucius D. Clay (der 1948 / 49 die Luftbrücke für Westberlin organisiert hatte), besuchen Westberlin und beide werden begeistert begrüßt.

Bundestagswahl am 17. September. Die CDU / CSU erreichen 45,3%, die SPD 36,2 und die FDP erringt 12,8% der Wählerstimmen. Lemmer ist Bundesminister für Gesamtdeutsche Fragen. Handel, Wirtschaft, Wohlstand gelten als Eckpfeiler. Franz Josef Strauß wird Vorsitzender der CSU. Zum ersten Mal gibt es in der BRD nun einen weiblichen Minister, eine Ministerin für das neu gegründete Gesundheitsministerium: Dr. Elisabeth Schwarzhaupt. Adenauer wird zum vierten Mal Bundeskanzler.

Die BRD erlässt ein Sozialhilfegesetz. Die Arbeitslosenquote beträgt 0,8 %.


Politik im Ausland:

... oder doch noch in Deutschland: In der Berliner Friedrichstraße stehen sich am Check Point Charlie sowjetische und amerikanische Panzer bedrohlich gegenüber, weil den West-Alliierten der Zugang nach Ost-Berlin verweigert wurde. Eine starke Drohgebärde des „Kalten Krieges“, die zum Glück nicht zu einer weitergehenden militärischen Auseinandersetzung führt.

Den Friedensnobelpreis erhält der Generalsekretär der UNO: der Schwede Dag Hammerskjöld.

In Jerusalem wird Adolf Eichmann, einer der Hauptverantwortlichen für die Judenvernichtung im Zweiten Weltkrieg, vor das Gericht gestellt. Zur Nazizeit war er Obersturmbannführer bei der berüchtigten SS („Schutzstaffel“) und Leiter des Referats IV B4 (Judenangelegenheiten). Im Jahre 1960 hatte man ihn in seinem argentinischen Versteck aufgespürt und nach Israel verbracht. Der Prozess dauerte sechs Monate. Am 15. Dezember zum Tode verurteilt und im Sommer 1962 gehängt. Seine Asche wurde ins Meer gestreut.

Der Bürgerrechtler und kongolanische Präsident Patrice Lumumba wird ermordet.

Zu den Politischen Größen dieser Zeit gehören Molotow, Malenko, Nikita Sergejewitsch Chruschtschow (SU), Indira Gandhi (Indien), Habib Burgiba (tunesischer Präsident), McNamara, Henry Kissinger, Generalstaatsanwalt Robert (Bobby) Kennedy, US-Außenminister Dean Rusk, De Gaulle (Frankreich) Kaiser Haile Selassi v. Äthiopien und andere.

Auf Kuba schlägt der Versuch Fidel Castro zu stürzen fehl.


Medizin:

Pharmazeutische Industrie:

Das „harmlose“ Schlafmittel „Contergan“ führt zu erheblichen vorgeburtlichen Missbildungen. Es ist rezeptfrei, weil unschädlich, wie Zuckerplätzchen. Etwa 10.000 Kinder werden geschädigt, davon etwa die Hälfte in Westdeutschland. Es wird lange dauern, bis den Betroffenen eine gewisse Art von Gerechtigkeit widerfährt. 1970 wird der Gerichtsprozess gegen den Hersteller die Pharmazeutische Chemie Grünenthal GmbH eingestellt, da der Hersteller bereit ist, für lebenslange Renten der Geschädigten aufzukommen.



Wissenschaft und Technik:

Und schon wieder ein neuer Schock für die USA. Nach dem Sputnik 1 und dem Start der Hündin „Laika“, schießt nun die UdSSR am 12. April den ersten Menschen in einer ballistischen Flugbahn durch das Weltall, den Fliegerkosmonauten, Major Juri Alexejewitsch Gagarin, Sohn eines russischen Bauern aus dem Rayon Smolensk.

Der Start erfolgt in Baikonur (Kasachstan). Nach 10 Minuten Flug erreicht er den Erdabstand für die Umlaufbahn. Er bleibt circa 108 Minuten in der Schwerelosigkeit, umkreist dabei die Erde und kommt dann wohlbehalten zurück. Er erlebt als erster Mensch den Blick auf den Heimatplaneten aus der Ferne. Die Landung erfolgt planmäßig in Südrussland nahe der Stadt Engels.

Der Astronaut der NASA Alan B. Shepard hüpft im Mai dagegen nur einmal kurz zum Weltall.

Westdeutschland erhält seinen ersten Atomstrom vom Versuchskraftwerk Kahl bei Aschaffenburg.

In Texas stieß bei einer Erdölbohrung der Bohrer in einer Tiefe von 500 m auf Eisen. Eisenvorkommen sind hier jedoch erdgeologisch ausschließbar. Man hatte einen Meteoriten erbohrt, der 500 m tief in der Erdkruste steckt. Er besteht zu 82% aus Eisen, 10% Nickel und Spuren weiterer Elemente.

Am 13. Oktober wird in der DDR zusätzlich zu den Lichtfarben der Verkehrsampeln „das Ampelmännchen“ eingeführt.



Es kann erstmals eine Stereo-Sendung empfangen werden, wenn man die technische Einrichtung schon zu Hause hat.

Maschinenbau:

Die westdeutsche Autofirma Borgward, die seit 1954 die schöne „Isabella“ gebaut hatte, geht in Konkurs.

In der DDR wird die Produktion des Kleintransporters „Barkas B 1000“ aufgenommen. Ein formschönes Fahrzeug mit dem Motor des Pkw „Wartburg“.


Wissenschaft und Technik, Medizin:

In Westdeutschland kommt am 01. Juni die Anti-Baby-Pille auf den Markt – nach ärztlicher Verschreibung und anfangs nur an verheiratete Frauen. Ein Aufschrei, besonders aus den Reihen der katholischen Kirche geht um die Welt . „Die Pille automatisiert die Liebe und versaut die Moral“ aber die große Mehrheit der Frauen ist damit zufrieden.



Bauen in Potsdam:

Die kriegsbeschädigte Nikolaikirche trägt wieder ein Gerüst zur späteren Aufnahme der Kuppelbeplankung.


Wirtschaft:

In der DDR werden die bis dahin noch selbständigen kleinen bäuerlichen Betriebe (z.T. den Menschen mit der Bodenreform übergeben) mit staatlichem Druck weiterhin kollektiviert. Das Flüchten in den Westen ist ja nun nicht mehr möglich, so dass die Zusammenschlüsse erfolgreicher verlaufen, sofern nicht verschiedenen Bauern den Ausweg im Selbstmord suchen. Daneben bestehen noch die Volkseigenen (d. h. Staats-)Güter.

Die Wartezeit für einen Personenkraftwagen vom Typ „Trabant“ beträgt jetzt etwa sieben Jahre.

Mit Elektro-Loks bis zum Baikal. Am 10. Oktober ist die Elektrifizierung des 5.500 km langen Teilstücks der Transsibirischen Eisenbahn zwischen Moskau und dem Baikalsee beendet. Die Bahnlinie, die von Moskau bis Wladiwostok am Pazifik führt, ist die Hauptverkehrsader Sibiriens.



Es beginnt das Großvorhaben: „Die Kinder von Golzow“. Das Leben in der DDR in Golzow an der Oder wird begonnen biographisch über einen sehr langen Zeitraum zu verfolgen ... und das wird über 1989 hinausgehen.

Der Tanz „Twist“ hält in der BRD Einzug. Orthopäden warnen vor der ungewohnten Belastung der Knie, andere schimpfen den Tanz „ein Sexualtrauma“. Die DDR-Führung gibt als sozialistisches Gegengewicht einen „anständigen Tanz“ in Auftrag. „Alles tanzt im Lipsi-Schritt“. Der Lipsi aus Leipzig kann sich aber nicht durchsetzen. Der Twist wird von der Jugend geliebt.


Alltag:

Die Stalinallee in Ost-Berlin wird „geteilt“ und in Karl-Marx-Allee und Frankfurter Allee umbenannt, nachdem der frühere sowjetische Staatschef Josef W. Stalin wegen seiner Untaten bei der jetzigen Moskauer Regierung posthum in Ungnade gefallen ist.

In der DDR besitzt derzeitig schon etwa jede vierte Familie einen Fernsehapparat.


Alltag:

Ab 29. Juli erhalten berufstätige Frauen in der DDR pro Monat einen freien und bezahlten Haushaltstag.

Zu den weltbekannten Persönlichkeiten der Gegenwart werden gezählt:

Sängerin Maria Callas, Geliebte des griechischen Milliardärs Aristoteles Onassis (Ari)., Marilyn Monroe, Greta Garbo (Die Göttliche) Christiaan Banard, Herzchirurg in Südafrika, Frank Sinatra und viele andere.


Naturgewalten:

Januar: Ein recht strenger Winter. Im Januar bis - 21°C.

In Hamburg gibt es ein schreckliches Hochwasser. Viele Menschen werden obdachlos.

Im Fernsehen läuft die Dauerserie „Familie Hesselbach“.

Im Alter von nur 36 Jahren stirbt Marylin Monroe in New York unter bisher nicht völlig aufgeklärten Umständen.


Einige Informationen aus dem Jahre 1962


Politik in der DDR:

Am 24. Januar tritt das „Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht in Kraft“.

Die Chruschtschow-Rede am 25. Februar weckt in der Bevölkerung Forderungen nach Reformen. Zitat aus der Rede: „Stalin war ein Diktator“. Solche Äußerungen werden bereits als Zeichen eines beginnenden „Tauwetters“ gedeutet. Die DDR beginnt eine Ent-Stalinisierung. Forderungen nach weitergehender Demokratisierung werden hörbar. Wolfgang Harich und Walter Janka werden verhaftet, wegen angegebener Vorbereitung eines „revolutionären Umsturzes“.

Auf die Initiative der Kirche werden in der DDR „Bausoldaten“ zugelassen, die den Dienst mit der Waffe aus „Glaubensgewissensgründen“ verweigern. Wer sich gegenüber der Wehrpflicht jedoch als Totalverweigerer bekennt, wandert auch jetzt noch ins Gefängnis. Zwei Jahre beträgt dafür die Normzeit – immerhin länger, als der Dienst mit dem Spaten.

Am 22. April wird bekannt gegeben, dass sowjetische Fermeldetechniker in Altglienicke (Berlin-Treptow) einen 450 m langen Spionagetunnel entdeckt hätten, von dem 11 Monate lang die Telefonverbindung Zossen/Wünsdorf nach Moskau abgehört werden konnte. Der Tunnel sei vom amerikanischen/britischen Geheimdienst gegraben und ausgestattet worden.


Die DDR-Bürger Helmut Kulbeik und sein Freund, der 18jährige Baufacharbeiter Peter Fechter versuchen die DDR-Grenzanlagen an der Berliner Zimmerstraße nahe dem Checkpoint Charlie zu überwinden. Kulbeik gelingt die Flucht, Fechter bleibt angeschossen im Stacheldraht hängen und verblutet dort. Erst nach einer Dreiviertelstunde wird er in ein Ostberliner Krankenhaus gebracht. Weder das anwesende amerikanische Militär, noch die West-Berliner Polizei kann / will helfend eingreifen.

Im November erhält Premnitz das Stadtrecht. Die junge Stadt zählt 10.000 Einwohner.


Politik in der BRD:

Der Besuch des französischen Staatschefs Charles de Gaulle bildet den Beginn einer engeren französisch-deutschen Zusammenarbeit (Ein Freundschaftsvertrag wird vorbereitet).

Hanns Peter Herz moderiert im RIAS die Sendung „Aus der Zone, für die Zone“, politische Kommentare zur Situation, mit der besonders die DDR-Bürger angesprochen werden sollen.

Die BRD benötigt Arbeiter aus Italien. Gastarbeiter auf Zeit, die so lang ist wie der Bedarf, sind gefragt. Prompt singt Conny Froboes über das Heimweh von zwei kleinen Italienern. Die BRD-Bürger packt hingegen eher das Fernweh. Immer mehr BRD-Menschen verbringen ihren Urlaub südlich der Alpen – eben in Italien.



Politik im Ausland:

Ein unbemanntes Spionageflugzeug vom Typ U 2 entdeckt im Oktober den Bau von Raketen-Hangars auf Kuba und erste Raketen sowjetischer Bauart. (Kuba überlebt durch Versorgung seitens der SU, daher ist das Stationieren nicht gut ausschlagbar). Das Stationieren sowjetischer Atomraketen auf Kuba führt zur Kuba-Krise bei der die Welt erzittert. Steht die Erde am Rande des 3. Weltkrieges – diesmal eines atomaren? Die USA befürchtet eine Invasion seitens der SU von Kuba aus. Daher veranlasst der Präsident der USA eine Seeblockade Kubas gegenüber den Militärschiffen der SU und droht mit einer Invasion Kubas. Das Militär der USA und das der Warschauer-Pakt-Staaten stehen in Alarmbereitschaft. Nach dieser gefährlichen Situation drehen letztendlich die mit Raketen bestückten Schiffe der UdSSR den Rückweg an. Der vorbereitete sowjetische Stützpunkt „vor der Haustür der USA“ wird aufgegeben. Der persönliche Kontakt zwischen Nikita Sergejewitsch Chruschtschow und John Fitzgerald Kennedy erbrachte diesen Ausweg aus der Krise. Kuba soll seinen Sozialismus alleine weiter aufbauen. Und die USA, das war eine Voraussetzung für den Abzug, nehmen ihre Raketen aus der Türkei, die dort schon seit 1959 und auch „vor der Haustür der Sowjetunion“ stationiert sind, ebenfalls zurück.


Zwischen den sozialistischen Bruderländern UdSSR und der Volksrepublik China gibt es einen ernsten kriegerischen Konflikt um die Zugehörigkeit bestimmter Inseln. Hungersnot in China. Es werden die Opfer auf 30 Millionen Menschen geschätzt


Nach sechsjährigen Kämpfen erzwingen die Algerier die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Frankreich.


Am 23. Oktober Aufstand der Reformer in Ungarn für Freiheit und Demokratie. Ungarn tritt aus dem östlichen Militärbündnis „Warschauer Pakt“ aus. Ab 04. November schlägt die Armee der Sowjetunion den Aufstand nieder. Die Kämpfe enden am 11. November. Knapp 1.000 Menschen sterben Tausende Verhaftungen und hunderte Hinrichtungen folgen. Etwa 200.000 Ungarn fliehen in den Westen.



Wissenschaft:

Das Schlafmittel Contergan, das wie seit Herbst 1961, so sehr viel Leid durch Missbildungen bei Neugeborenen erzeugte ist noch immer nicht vom Markt genommen.

Ab 19. Februar werden nun auch in der BRD, in Bayern beginnend, die Kinder mit dem Impfstoff nach Sabin gegen die Kinderlähmung / Poliomyelitis versorgt, was zu ausgezeichneten Erfolgen führt.

Im Mai hält Herr Dr. Dr. Heinz Dombrowski vom Institut für Physikalische Medizin in Bad Nauheim Aufsehen erregende Vorträge, so z. B. vor der New Yorker Akademie der Wissenschaften: In einer Salzprobe aus Irkutsk hatte er Mikrobenarten gefunden, bei denen die einzelnen Individuen 650 Mio. Jahre alt sind. Die Bakterienkulturen wurden 1.400 m tief unter der Erdoberfläche lebens- und keimfähig, eingeschlossen in den festen Kristallkörpern des „Zechsteinmeeres“ aufgefunden. Sie gelten derzeit als älteste Lebewesen – also tatsächlich nicht die Bakterienart, sondern das einzelne Lebewesen. Auch in einem kanadischen Salzstock fanden sich in 1.000 m Tiefe Bakterien, die lebensfähig sind. Das Salz wurde nach seiner geologischen Schichtung auf ein Alter von 380 Mio. Jahre geschätzt.

Forschungen von Jaques Yves Cousteau mit dem Forschungsschiff „Calypso“: Im Atlantik werden in Nord-Süd-Richtung verlaufende Unterwassergebirge, eine ungeheure unterseeische Gebirgskette mit aktiven Vulkanen geortet. Während der Aktion Précontinent I vom 14. – 21. September wird das Unterwasserhaus „Diogène“ erfolgreich erprobt.


Technik:

Die sowjetischen Raumschiffe Woschod 3 und 4 ermöglichen erstmals Gruppenflüge von Menschen.

Ein Satellit der NASA ermöglicht es Fernsehsendungen und Telefonate zwischen Europa und den USA jetzt statt des alten Seekabels, von jetzt an über den Satelliten TELESTAR zu leiten.

In der BRD erscheint die erste elektrische Schreibmaschine auf dem Markt.

In Japan kommen Filzstifte auf den Markt – in Deutschland erheblich später.

In Zwickau beginnt die Produktion des Pkw „Trabant P 60“, als Nachfolger des „P 70“, des ersten mit einer (nach dem Zweiten Weltkrieg gefertigten) Kunststoffkarosserie versehenden Fahrzeugs. Die Kombi-Variante wird wohl in Halle gebaut.


Wirtschaft:

Kartoffelkrise ab Juli. Zu den Ursachen zählt man die verfehlte Landwirtschaftspolitik (Flucht der Bauern) eine unausgereifte Wirtschaftsplanung, zu kleine Anbauflächen im Verhältnis zum Bedarf der Bevölkerung, die Last der Kriegsreparationen, die allein die DDR für Deutschland an die SU zu zahlen hat. Kartoffeln werden auf Bezugsschein ausgegeben. Funktionäre werden aufs Land geschickt wo sie "es richten" sollen. Die Bevölkerung soll auf andere Gerichte ausweichen – warum denn auch so oft Kartoffeln, Fleisch, Eier und Butter auf dem Tisch? – und das alles auch in diesem Jahr, da doch die DDR nach wissenschaftlicher Prognose jetzt die BRD im Pro-Kopf-Angebot überholen sollte.

VMI wird ins Leben gerufen – die Volkswirtschaftliche Masseninitiative. War es in den 1950-ern das Ziel mit dem Nationalen Aufbauwerk (NAW) Kriegsschäden zu beseitigen, so geht es jetzt um kostenlose freiwillige und gemeinnützige Arbeit zu Verschönerung von Grünanlagen, Spielplätzen, Aufräumaktionen und auch Hilfe beim staatlich organisierten Wohnungsbau. Wieder gibt es Einsatzkarten mit Klebemarken. Wer sich also eine eigene Wohnung wünscht, möge hier seine Beteiligung fleißig nachweisen. Betriebe führen auch gemeinsame Arbeitseinsätze am freien Sonnabend durch. Dann werden sie nach sowjetischem Vorbild gern Subbotnik genannt. (Subbota = Samstag).

Premnitz ist ein Standort der Chemiefaserproduktion. Zur Produktionspalette gehören: „DEDERON“, (DDRon) eine Modifikation des früher gesamtdeutschen „Perlon“ bzw. des amerikanischen „Nylon“. „Wolpryla“, (Wolfen-Premnitz-Polyacrylnitrit), „GRISUTEN“ eine Polyesterfaser. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg wurden dort „VISTRA“ und „TRAVIS“ (Kunstfaser+Seide) hergestellt.

In der DDR werden Intershops eingerichtet. Das sind Läden für „exquisite Artikel", die man nur mit Geld der BRD kaufen kann. Es soll somit „harte Währung“, die eventuell westdeutsche Verwandte ihren Ost-Verwandten mitbrachte, abgeschöpft werden.


Bauen bei Berlin

Beim Dörfchen Schönefeld wird nach 3-jähriger Bauzeit der „Zentralflughafen Berlin-Schönefeld“ eröffnet.


Bauen in Potsdam:

Im April wird das Reiterstandbild Friedrich des Großen im Hippodrom des Parks von Sanssouci aufgestellt. Dort wird es bis 1980 verweilen und wird dann wieder in Berlin „Unter den Linden“ aufgestellt.


Religion:

Papst Johannes XXIII. will die katholische Kirche reformieren.


Musik:

In Ost-Berlin ist Hanns Eisler gestorben.


Unterhaltung:

In diesem Jahr beginnen die Dreharbeiten zu der Filmserie James Bond – Agent 007 mit dem Film „James Bond jagt Dr. No“. Brigitte Bardot wird als Filmschauspielerin zum Sex-Idol.

Im Fernsehen läuft die Krimi-Serie „Stahlnetz“ in Westdeutschland und „Blaulicht“ in der DDR. Aber es erscheinen auch regelmäßig der Fernsehkoch Kurt Drummer und der Fischkoch Kroboth aus Rostock.

In der Musik kam aus den USA der Twist als Tanzschrittfolge nach Deutschland. In der BRD zwei Filme: „Twist ... das die Röcke fliegen“ und „Außer Rand und Band mit Twist“ mit dem Schlager von Chubby Checker „Let's twist again“.

Cornelia Froboess (in Wriezen im Oderland geboren aber in West-Berlin lebend) singt: „Zwei kleine Italiener.“

Am 23. Juli gibt es für knapp zwei Stunden erstmals Fernsehen aus den USA – übertragen von dem Telekommunikationssatelliten „Telestar“.


Alltag:

05. August 62: Angeblicher Selbstmord von Marilyn Monroe (Norma Jean). Nach den von zwei Ärzten verordneten aber miteinander unverträglichen Schlaf- und Beruhigungsmitteln stirbt sie des Nachts im Schlaf im Alter von nur 36 Jahren.

In der BRD kommt der glasklare Klebeband „Tesa-Film“ auf. In der DDR gibt es vergleichbar „Prena-Band“ und „Nadir-Band“.

Am 26. Dezember durchbricht bei Dreilinden (Kleinmachnow) ein mit Panzerplatten geschützter Bus die DDR Grenzanlagen nach West-Berlin. Die Flüchtlinge sind 2 Familien

(8 Personen) aus Sachsen. Das Fahrzeug weist acht Einschüsse auf. In diesem Jahr überwanden 5.761 Personen die Mauer von Ost nach West und 10.980 flohen über Drittländer aus der DDR.


Mode:

Von England aus „geht der Minirock“ um die Welt“.


Schule:

Mit dem Herbst des Vorjahres beginnend, bietet sich die Möglichkeit einer Berufsausbildung mit Abitur und dem Abitur mit Berufsausbildung. Die Schwerpunkte sind etwas unterschiedlich angelegt aber die Abschlüsse gelten als gleichwertig.


Sport:

Sportler des Jahres wird der Skispringer Helmut Recknagel.


Naturgewalten: / Unglücksfälle

Schwere Stürme vor Island. Das Containerfrachtschiff „Irina“ sinkt. Andere Schiffe ebenso, auch die Bohrinsel „Frieda“ muss in der Nordsee aufgegeben werden.

Bei einer schweren Sturmkatastrophe am 15., 16., und 17. Januar an der deutschen Nordseeküste sterben 395 Menschen und etwa 100.000 werden obdachlos.

Am 16. und 17. Februar muss Hamburg die große Sturmflut erleben. Der Orkan drückt die Wassermassen in die Elbmündung (Sturm von 120 km/h, am Abend des 16. Februar brechen in Hamburg die Deiche). Das Wasser steigt auf 5,70 m über Normalnull. Es ist die größte Flut, die seit 1825 auftrat ( 5,27 m). Ein Sechstel der Stadt Hamburg steht unter Wasser. 20.000 Menschen mussten evakuiert werden. Viele starben. Besonders stark betroffen ist der Stadtteil Hamburg-Wilhelmsburg. Allein hier wurden 15.000 Personen von den Wassermassen eingeschlossen. Viele Nachkriegs-Behelfsheime, die in Laubenkolonien stehen, sind besonders stark betroffen. 6.000 Gebäude werden zerstört. Die Verwaltung war unvorbereitet und noch am ersten Tag ziemlich hilflos – wie gelähmt. Es bestand keine Katastrophenvorsorge, niemand hatte mit solch einem Ereignis gerechnet.

Helmut Schmidt, Innensenator in Hamburg, leitet die Katastropheneinsätze. Er bringt die Bundeswehr und den NATO-Oberbefehlshaber in Paris dazu, militärische Hilfe zu schicken (Hubschrauber, Lkw, Zelte, Decken). Am 26. Februar findet auf dem Hamburger Rathausplatz die Trauerfeier für die 318 Gestorbenen statt.


1. März 1962

DDR, Bezirk Potsdam. Ein Eisenbahnzug des sowjetischen Militärs fährt aus Richtung Jüterbog in Richtung Berlin. Auf dem Nachbargleis begegnet ihm bei Trebbin der D-Zug Berlin – Leipzig. Kurz vor dem Begegnen schwenkt eine versehentlich ungesicherte Panzerkanone herum und reißt drei Reisezugwagen der Länge nach auf. Der Panzer stürzt dabei vom Güterzug und der Militärzug entgleist. Insgesamt verlieren etwa 80 Menschen ihr Leben. Hunderte Verletzte sind zu beklagen.


Einige Informationen aus dem Jahre 1963


Politik in der DDR:

Ab 01. Februar darf die Zeitung „Sportecho“ erscheinen.

Auf dem VI. Parteitag der SED verkündet Walter Ulbricht, dass in der DDR nun das Zeitalter des Sozialismus begonnen habe. Es wird das „NÖSPL“ eingeführt, das Neue Ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft. Nun ist die stärkere Mitgestaltung des Lebens durch Arbeiter, Bauern, Ingenieure und Wissenschaftler gefragt.


Mit Wirkung vom 14. Mai 1963 gibt es eine „Arbeiter- und Bauern-Inspektion“ (ABI) als gesellschaftliches Kontrollorgan, in der hauptsächlich „Werktätige“ ehrenamtlich tätig sind, auf die Einhaltung des geltenden Rechts achten und auch an der Bearbeitung von Eingaben der Bürger mitwirken.

Am 14. November wird Margot Honecker Ministerin für Volksbildung (bis 1989, bis zum Ende der DDR.)


Ab 12. Dezember 1963 gibt es die erste Passierschein-Regelung, das bedeutet, nach dem Errichten des antifaschistischen Schutzwalls dürfen Westberliner Bürger nach Antrag / schriftlicher Einladung und Genehmigung durch die DDR-Behörden, über Weihnachten (19. Dezember bis 05. Januar) Verwandte im Osten Berlins besuchen. Die Besucher haben sich sofort nach der Ankunft bei den Besuchten, in das jeweilige Hausbuch einzutragen. Das Hausbuch – die stille Auskunftei – eine „schwarze Kladde“ in einem hellgrünen Heftklammereinband auf dem das Staatswappen der DDR prangt. Hat der DDR-Bürger aber in Ostberlin keine eigene Wohnung, so verbringt man die Besuchszeit gemeinsam auf der Straße, im Tierpark oder in einer Gaststätte. 700.000 West-Berliner nutzen diese Zeit zu 1,2 Millionen Besuchen.


Politik in der BRD:

Konrad Adenauer und sein französischer Amtskollege Charles de Gaulle unterzeichnen am 22. Januar den (Elysée-) Vertrag zur deutsch-französischen Zusammenarbeit. Die Vergangenheit: 5 Kriege in 200 Jahren gegeneinander – diese Erbfeindschaft soll für immer beendet sein.

Vier Wochen nach seinem 46. Geburtstag, am 26. Juni 63, übt John Fitzgerald Kennedy bei einem achtstündigen Kurzbesuch Besuch (in West-Berlin) Solidarität mit den Bewohnern der geteilten Stadt. Er versichert der Bevölkerung, an "der Mauer" stehend, dass die USA, sie stärkend, hinter ihnen steht. Zum Schluss seiner kurzen ergreifenden Rede fasst er seine Verbundenheit (zwischen Konrad Adenauer und Willy Brandt stehend) in deutsche Sprache: „Ich bin ein Berliner“, womit er einen stürmischen Jubel auslöste. Er gilt als Symbolfigur der Freiheit und wurde begeistert empfangen.


Besuchte Kennedy West-Berlin, kommt nach Berlin, Teil DDR-Hauptstadt das sowjetische Staatsoberhaupt N. S. Chrustschow zu Besuch.

Am 15. Oktober, nach 14 Jahren der Regierungszeit als Bundeskanzler tritt Konrad Adenauer mit 87 Jahren, wenn auch ungern, zurück. Sein Nachfolger, der bisherige Wirtschaftsminister Prof. Ludwig Erhard ist 66 Jahre alt.


Politik im Ausland:

Am 22. November wird der 35. USA-Präsident John Fitzgerald Kennedy, der sich für die Bürgerrechte einsetzte, für die Gleichberechtigung der Menschen afrikanischer und lateinamerikanischer Herkunft und sich damit den Hass von Südstaatlern zuzog, in Dallas / Texas bei einer Autofahrt durch die Stadt um 13.30 von weitem aus einem Fensterspalt der 5. Etage eines Schulbuchverlages erschossen. Mehrere Täter (?) lauerten ihm planmäßig auf. Zwei Schüsse trafen JFK, ein Schuss den Gouverneur von Texas John Conally. Der Mord wurde nie aufgeklärt. Nachfolge-Präsident wird Lyndon B. Johnson, der bisherige Vize-Präsident.

Am 24. November wurde der vermutliche Täter, Lee Harvey Oswald, als Gefangener zwischen zwei Polizisten gehend, erschossen, von Jack Ruby, der ebenfalls festgenommen wurde. Waren Auftraggeber vielleicht dem CIA zuzurechnen, dem FBI, der Mafia oder sollten es wirklich nur ein, zwei verrückte Einzelgänger ohne Auftraggeber gewesen sein? Kaum denkbar. JFK wurde auf dem Arlington-National-Friedhof beerdigt.


Wissenschaft / Raumfahrt:

16. Juni: Die erste Frau im Weltall ist die 26-jährige Sowjetbürgerin Walentina Nikolajewna Tereschkowa, „Walja“. Sie blieb fast einen ganzen Tag allein im Weltall und umrundete unsere Erde 49 mal. Wohlbehalten kam sie wieder zur Erde zurück.

Im Monat Juli sind sie und Juri Gagarin in der DDR zu Gast.

Die Forscher um Jaques Cousteau erproben erfolgreich Précontinent II, ein kleines „Unterwasserdorf“, errichtet im Roten Meer an einem unterseeischen Abhang in 11 bis 28 m Tiefe. Zwischen Haien, Seeschlangen, Barracudas und vielen anderen Tieren wird hier der Film „Welt ohne Sonne“ gedreht.


Wirtschaft:

In verschiedenen Branchen wird in der DDR ab September das 3-Schicht-System eingeführt.

Beginn der Produktion des „Trabant P 601“.


Bautechnik:

Der Dresdener Zwinger, der am 13. Februar 1945 zerbombt wurde, ist jetzt im August, wieder vollständig aufgebaut und erstrahlt in altem Glanz. Nebenan, die ehemalige Frauenkirche, bildet als Trümmerhaufen ein bleibendes Mahnmal: „Nie wieder Krieg, – wie oft haben das „die kleinen Leute“ schon gesagt.

Am 15. Oktober 63 wird in West-Berlin die neue Philharmonie, mit einem Dach, wie ein Zelt, eingeweiht. Der Architekt ist Hans Scharoun. Die Eröffnung geschieht mit einem festlichen Konzert, das Herbert v. Karajan dirigiert. (Die alte Philharmonie war 1944 zerbombt worden).


Religion:

Es stirbt im Juni in Rom Papst Johannes XXIII. Als sein Nachfolger wird Papst Paul VI. gewählt, der das Amt bis zu seinem Tode im Jahre 1978 ausüben wird.


Sport:

Die DDR spielt Eishockey gegen die BRD und gewinnt relativ 2:4.

Im Mai gewinnt der DDR-Radrennfahrer Klaus Ampler die Friedensfahrt, das größte Amateurradrennen der Welt, durch die Länder DDR, Polen, CSR. Er wird auch als Sportler des Jahres gekürt und ebenso Ingrid Krämer als Turmspringerin.

24. August: Eine neue Fußball-Bundesliga wird geboren. Die BRD konnte mit ihren Amateuren bei den Berufsfußballspielern der Nachbarländer nicht mehr mithalten. Nun hat die BRD ebenfalls eine Profimannschaft und die Erfolge geben dieser Entscheidung recht. 200,- Mark im Monat, zuzüglich einer Siegprämie darf ein Fußballspieler verdienen.


Unterhaltung:

Am 01. April nimmt ein zweiter Fernsehkanal Westdeutschlands, das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) den Sendebetrieb auf. Und alles kann aus einem Kasten kommen. Nacheinander.

Ein neues amerikanisches Musical heißt „Ånnie get your gun“.

Im April kommt der Film „Nackt unter Wölfen“ von Frank Beyer, nach dem Buch von Bruno Apitz in die Kinos. Er zeigt Ausschnitte aus dem Leben im Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar (kommunistischer Widerstand), wenn auch die Darstellung nicht in allen Punkten als realitätsnah angesehen wird.

Der neue Film „Beschreibung eines Sommers“ zeigt das Leben in einem Jugendobjekt der DDR.

Von Rolf Hochhut gibt es „Der Stellvertreter“.

Gitte Haenning, ein bildhübsches Mädchen aus Dänemark, singt mit 16 Jahren am 15. Juni in Baden-Baden: „Ich will 'nen Cowboy als Mann“.

Das 11. Plenum des Zentralkomitee der SED zieht „Sicherheit und Ordnung“ stärker an: Bereits gedrehte DEFA-Filme wie „Die Sprengung“, „Die Spur der Steine“, mit Manfred Krug oder „Das Kaninchen bin ich“, mit Angelika Waller, werden verboten, kommen nach ihrer Fertigstellung nicht in die Kinos.

Dagegen startet die Überraschungsserie „Mit dem Herzen dabei“, moderiert von Hans-Jürgen Ponesky (wenn auch recht hölzern) im Fernsehen der DDR. Hier läuft im Sommer zurzeit der Mehrteiler „Das grüne Ungeheuer“ über die Machenschaften der United Fruit Compagny in Guatemala mit Kathi Szekeli und Jürgen Frohriep.

In der DDR werden neue Tänze eingeführt: Der „Patschula“, der aus Ungarn kommt und der „Letkiss“, von einem finnisches Volkstanz abgeleitet. Das DDR-Fernsehen beginnt mit der Sendefolge „Prisma“ in denen Eingaben / Beschwerdegründe aus der Bevölkerung diskutiert und der Rechtsweg, sowie Ergebnisse aufgezeigt werden.


Alltag:

In der DDR haben wir den gefriergetrockneten Mocca „Presto“, portionsweise in Aluminiumtütchen luftdicht abgefüllt im Handel.

Es erscheint die Frauenzeitschrift „Für Dich“.


Naturgewalten: Der Monat Januar 1963 ist bei uns sehr kalt.

Vor der Küste Islands bricht ein Vulkan aus, der eine neue Insel erschafft, die „Surtsey“ genannt wird.

Im westdeutschen Erz-Bergbaugebiet in Lengede (Niedersachsen) sterben Bergleute. Es brach ein Klärteich in den Untergrund und flutete die Grube „Mathilde“. 129 Arbeiter werden verschüttet. 79 können sich retten. Bis zum 01. November werden fast täglich weitere Bergleute gerettet und zwei Wochen nach dem Unglück nochmals 11 Überlebende – auf Initiative und hartnäckiges Drängen der Bergleute – "das Wunder von Lengede“.



Neues aus dem Jahre 1964


Politik in der DDR:

Ab 02. Januar gibt es pflichtgemäß neue Personalausweise (blaue Heftchen). Beim Abholen sind dafür 2,00 Mark zu entrichten.

Am 12. Juni wird ein Vertrag über Freundschaft, gegenseitigen Beistand und Zusammenarbeit zwischen der Sowjetunion und der DDR unterzeichnet, in dem unter anderem die Existenz zweier deutscher souveräner Staaten erwähnt und West-Berlin als selbständige politische Einheit bezeichnet werden.

Der sowjetische Staats- und Parteichef Nikita Sergejewitsch Chruschtschow wird von seinem „Brudergenossen“ und Nachfolger Leonid Breshnew entmachtet.

Pfingsttreffen der Jugend in Ost-Berlin: Deutschlandtreffen. Es wurde der Jugendsender DT 64 in Berlin, Hauptstadt der DDR, gegründet.

DDR - BRD: Nach dem 01. November 1964 dürfen (seit dem 13. August 1961) Rentner der DDR (aber eben nur diese), erstmals wieder auf zu prüfendem Antrag und dessen Genehmigung, Besuchsreisen in die BRD unternehmen. Vielleicht gefällt das einem Teil der Rentenempfänger und sie bleiben für immer dort am Ziel ihrer Wünsche? Eine Belastung weniger für die DDR.

Im September 64 gibt es einen Staatsratserlass des Staatsrates der DDR. Er hat die Amnestie für alle die Republikflüchtigen zum Inhalt, die die DDR vor dem 13. August 1961 ohne Staatlicher Erlaubnis verlassen haben. Für jene öffnen sich die Zuchthaustore.

Der nunmehr als Regimekritiker bekannte Prof. Robert Havemann war bis 1963 Mitglied der Volkskammer. 1964 wurde er aus der SED, wegen geäußerter eigener Gedanken, ausgeschlossen und auch als Hochschul-Dozent entfernt.

Das Chemiezentrum „Leuna – Buna“ wird ausgebaut.

Im September wird für die Armee das Bausoldatentum eingeführt. Wenn nachvollziehbar, glaubhafte Gewissensgründe vorliege,n darf der Wehrpflichtige seinen Wehrdienst ohne Waffe leisten.

Am 21. September stirbt Otto Grotewohl (SPD, SED), der frühere Stellvertretende Präsident.

Ab 02. Dezember gilt für einreisende Besucher die Mindestumtauschpflicht von 5,00 DM im Kurs 1:1, d. h. sie bekommen für eine West-Mark eine Ostmark, damit sie während des Besuches weder verhungern müssen oder gar den Händler in der DDR mit BRD-DM entlohnen.



Gesamtdeutsches:

Am 03. Oktober wird in Berlin ein Fluchttunnel fertig. Er führt von der Bernauer Straße (West), 145 m lang zur Strelitzer Straße (Ost) In zwei Nächten fliehen 57 Menschen durch diesen Tunnel. Bei der 3. Fluchtaktion am 05. Oktober kommen Grenzsoldaten der DDR dazu. Es kommt zum Schusswechsel. Der 21jährige Unteroffizier der DDR Egon Schultz wird getötet. Die DDR-Führung stellt das als feigen Mord eines Westagenten und Menschenhändlers dar. Erst nach 1989, nach Öffnung der Archive der Staatssicherheit der DDR tritt zutage, dass die tödlichen Schüsse in der Dunkelheit von DDR Soldaten abgegeben wurden.


Politik in der BRD:

Willy Brandt, der Regierende Bürgermeister von West-Berlin wird ab 16. Februar als Nachfolger von Erich Ollenhauer, Vorsitzender der SPD. Der behält diese Aufgabe 23 Jahre lang, dann wird er den Vorsitz an Hans-Jochen Vogel abgeben.

BRD: Die Arbeitslosenquote in der Bundesrepublik beträgt 0,6%. In Westdeutschland werden Gastarbeiter aus Süd- und Osteuropa angeworben, weil die Arbeitskräfte nicht ausreichen, vor allem auch für die Tätigkeiten, die nicht so sehr beliebt sind.


Politik im Ausland:

Nachdem Frankreich 1946 den Vietnamkrieg begann und eine Niederlage erlitt, übernehmen jetzt die USA diesen unsinnigen Krieg gegen das nordvietnamesische Volk, der bis 1975 andauern wird – bis auch die USA dieses zerstörte, vergiftete, verbrannte Land fluchtartig verlassen. Es ist ein Krieg der unterschiedlichen Ideologien von Ost und West, der hier in diesem unschuldigen Land ohne Kriegserklärung, ohne einen erkennbaren Grund, mit allen militärischen Mitteln geführt wird.

Papst Paul VI. richtet am 26. August einen eindringlichen Friedensappell an die Völker der Welt und erinnert dabei an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 50 Jahren und an den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges vor 25 Jahren.


Medizin:

In der Bundesrepublik wird das Schlafmittel „Contergan“ endlich vom Markt genommen, von dem vermutet wird, dass es die Ursache Tausender missgebildeter Säuglinge ist. Der Gerichtsprozess wird sich bis 1970 hinschleppen und zur Aufhebung wegen kaum schuldhaften Verhaltens führen. Für die Opfer wird eine (relativ geringe) Summe gezahlt.


Wissenschaft / Raumfahrt:

Am 12. Oktober umkreisten zum ersten Mal mehrere Menschen in einem Raumschiff die Erde. Es sind die sowjetischen Kosmonauten Komarow, Feokisto und Jegorow an Bord der Raumkapsel Woschod 1.


Technik:

Das Fahrzeug- und Gerätewerk in Suhl bringt das verbesserte Moped / den Stadtroller „SR 2 E“ auf den Markt. Ab 01. Februar wird auch das KR 51, die legendäre „Schwalbe“ hergestellt.

Ab 01. März läuft in der DDR der „Trabant 601" vom Band. Er bleibt in Form und wesentlicher Ausstattung „der Klassiker“, weil die DDR-Führung aus Kostengründen Weiterentwicklungen verhindert.

Das historische Baudenkmal (Weltkulturerbe) des Tempels von Abu Simel (Ägypten) wird in mehrjähriger Arbeit vor den Fluten des Nils gerettet.

In Betrieb genommen werden kann die Verrazano-Hängebrücke in New York, mit größter Stützweite von 1.298 m.


Wirtschaft:

In der BRD wird der 1 Millionste Gastarbeiter begrüßt. Es ist ein 38 jähriger Zimmermann aus Portugal. Er bekommt Blumen, eine Urkunde und ein Moped.

Am 01. August werden in der DDR wieder neue Geldscheine ausgegeben.

Am 01. Oktober werden in der DDR Postleitzahlen eingeführt.


Bau:

In Berlin wird das Haus des Lehrers mit der Mosaikbauchbinde in der Nähe des Alexanderplatzes sowie auch die Kongresshalle übergeben. Am 15. Juli wird der Grundstein für das Neubaugebiet Halle-Neustadt gelegt, das im Volksmund bald „Hanoi“ (Ha-Neu“) genannt wird.

Am 03. Oktober ist das Staatsratsgebäude mit dem „Liebknecht-Balkon“ des früheren Berliner Schlosses fertig gestellt. Diese Schaufassade zeigt zum Marx-Engels-Platz, einer großen kahlen Fläche, die nur zu Großdemonstrationen belebt wird. Früher war das der Schlossplatz.


Bildung:

Misere in der BRD: Kritisiert werden inhaltlich völlig veraltete Schulbücher. Ebenso wird die Klassenstärke in den Grundschulen von durchaus 40 Kindern im Raum, beanstandet. Auch die Studienprogramme an Universitäten und Hochschulen seien rückständig.



Kultur/Unterhaltung:


Im Januar kommt der erste eigene Western in die West-Kinos: „Der Schatz im Silbersee“ nach Karl May.

Im Januar moderiert die neue Sendereihe „Einer wird gewinnen“ (EWG). Diese erfolgreiche Reihe wird mit 82 Folgen bis November 1987 laufen.

„Lausbubengeschichten“ mit Hansi Kraus, geht in der BRD in die Kinos.

Vom 16. Mai bis zum 18. Mai findet das verkürzte und letzte Deutschlandtreffen dieser Art der Jugend statt. Dafür wird der Radio-Sender „Jugendstudio DT 64“ gegründet.


Am 26. Juni sind die „Beatles“ zum ersten Mal im BRD-Fernsehen zu sehen. Sie singen „Please, please me“ und „She loves you“.

Anlässlich des Deutschlandtreffens der Jugend in Ost-Berlin, der Hauptstadt der DDR, gibt es in Ostberlin die begleitenden Jugendsendungen DT 64. 500.000 Jugendliche verleben hier frohe, inhaltsreiche Tage. Bald wird aus den Sendungen das Jugendstudio DT 64 erwachsen und später ein eigener Jugendsender.


Die Sendung mit Heinz Quermann „Da lacht der Bär“ (deutsche Verständigung in Berlin) wird eingestellt.

Frank Schöbel singt „Party –Twist“ und „Mädchen, du bist schön“ (Er darf erstmals in den staatlich verpönten Bluejeans auf der Bühne stehen).

Die Liverpooler Musikgruppe „The Beatles“ hat Hochkonjunktur und die Gruppe Rolling Stones formiert sich.


Mode:

Der Minirock erobert sich die Damenwelt jüngerer Generation. Mitunter wird er als ein breiter Gürtel bezeichnet.


Sport:

Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler werden am 26. Februar zum 2. Mal Weltmeister im Amateur Eiskunstlauf. Anschließend wechseln sie zu den Profis.

Der Boxer Cassius Clay („Ich bin der Größte“) legt mit 22 Jahren seinen wie er sagt: Den amerikanischen Sklavennamen ab, tritt zum Islam über und nennt sich künftig Muhammed Ali. Für den Vietnam-Krieg verweigert er den Kriegsdienst als Soldat.

Am 24. August wird der 1.Fußballclub Köln Meister im Profi-Fußball.


Religion:

Am 01. Juli predigt der farbige US-amerikanische Bürgerrechtler Dr. Martin Luther King in der Berliner Sophienkirche.


Natur:

Im Mai wird bei uns im Raum Berlin die ungewöhnliche Temperatur von etwa 30°C erreicht. Nach dem langjährigen Mittel wären etwa 17°C als normal anzusehen.


Naturkatastrophen:

In diesem Jahr häufen sich die Erdbeben. Sie traten auf in Italien, in der UdSSR, in China, in der Türkei, in Indonesien, auf den Philippinen und in Guatemala auf.



Gedächtnissplitter“ zum Jahr 1965

Politik in der DDR:

Beim Zentralkomitee (ZK) der SED wird zum Jahresbeginn ein „Institut für Meinungsforschung“ gebildet. (Oh, ha, da scheint ja der Dienstweg für die Aufträge zum Ministerium für Staatssicherheit ein besonders kurzer zu sein).

Ägypten: Gamal abt el Nasser) empfängt Walter Ulbricht. Das sozialistische Lager steht an der Seite der arabischen Staaten, während die USA und die BRD Israel unterstützen. Als Antwort auf diesen Besuch streicht die BRD die Wirtschaftshilfe für Ägypten.


Ein riesiges Grußtransplakat der DDR vermittelt den West-Berlinern die Aufschrift:

„DDR – das ist die Zukunft Deutschlands“... nun wissen sie es endlich.

Der Bundestag (BRD) tagt in der Kongresshalle West-Berlin. Das stört die DDR-Regierung und sie lassen Kampfflugzeuge über diesem Gebiet kreisen mit Lärm und den „Schallmauer-Knallen“. Selbstverständlich belastet das auch die DDR-Bürger – aber es ist doch für einen guten Zweck.



Politik in der BRD:

Bundestagsdebatte am 10. März zu Verjährung von Mord und Völkermord. Hintergrund dazu ist der Auschwitz-Prozess (der 20 Monate dauert) und Enthüllungen aus der DDR über Nazi-Karrieren von BRD-Politikern. Eine Entscheidung über Verjährungsfragen wird hinausgeschoben. (Erst 1979 wird man die Verjährung gänzlich abschaffen).

Eine Sitzung des bundesdeutschen Parlaments wird am 07. April nach West-Berlin einberufen (sonst stets nach Bonn). Die DDR-Führung empfindet das bei dem Sonderstatus von West-Berlin, als eine Provokation und stört die Sitzung mit dem Tieffluglärm von Düsenflugzeugen. Außerdem sperrt sie für einige Tage die Transitstrecken zwischen Berlin und der BRD zu Wasser und zu Lande.

Der Bundestag beschließt, keine Waffen mehr in Konfliktgebiete zu liefern.

Die BRD nimmt am 12. Mai diplomatische Beziehungen zu Israel auf. Fünf arabische Staaten ziehen ihre Botschafter daraufhin aus der BRD ab.



Politik im Ausland:

Portugal ist die letzte europäische Kolonialmacht. Deren Regierung unterstützt den Kampf gegen die Freiheitsbewegungen in Mocambique und Angola.

Somalische und äthiopische Soldaten kämpfen gegeneinander. Dabei werden auch Waffen aus der BRD eingesetzt. Auch im Kongo tauchen bundesdeutsche Waffen auf.

Der sinnlose Krieg der Amerikaner (nun nach den Franzosen als Kriegsherren) in Vietnam breitet sich immer mehr aus. Die Zivilbevölkerung, die den Amerikanern noch nie etwas antat, hat unter den Bombenangriffen sehr zu leiden. Napalm, Gifte, Entlaubungsmittel „für bessere Sicht“ bei den Bombardements. Der Vietnam-Krieg wird von 1965 bis 1973 dauern.

Es entsteht zwischen Indien und Pakistan der Kaschmir-Konflikt.

Der Führer der Schwarzen in den USA: Martin Luther King, nannte er sich, wird ermordet. Er hatte sich sehr für die Gleichberechtigung der farbigen Menschen eingesetzt.

In vielen Ländern Afrikas finden in den Jahren 1965–67 Militärputsche statt.

Die BRD und Israel nehmen diplomatische Beziehungen auf.

Der britische Ministerpräsident Churchill stirbt.

Der „Politische Erdball“ ist derzeitig in 144 Staaten gegliedert.


Wissenschaft:

Der sowjetische Kosmonaut Leonow ist der erste Mensch im freien Weltraum. Er verlässt am 18. März das Raumschiff Woschod 2 für 10 Minuten – so auch später, am 03. Juni 65 der Astronaut E. H. White aus den USA.

Die weiche Augenkontaktlinse wurde entwickelt.

Der Forscher Jaques Cousteau und seine Mannen errichten im Ozean, in 100 m Tiefe, die Anlage Précontinent III auf dem Unterwasserfestlandsockel des Meeres. Einen Monat lang halten sie sich ununterbrochen in dieser Meerestiefe auf.


Technik:

Erstmals in der Geschichte der Bundesbahn erreicht am 26. Juni 65 ein fahrplanmäßiger Schnellzug auf der Strecke von Augsburg nach München die Geschwindigkeit von 200 km/h.

Im Pionierpark in der Ost-Berliner Wuhlheide (Karlshorst) wird eine Pioniereisenbahn in Betrieb genommen, die von Jugendlichen und Kindern betrieben wird. Sie dient der sinnvollen Freizeitgestaltung und hat vielen eine Berufsorientierung gegeben. Spurweite: 600 mm. Dampf- und Diesellokomotiven. Im Jahr 1979 wird die Betriebsführung an die Deutsche Reichsbahn (DR) übergehen. 1993 wird die gesamte Anlage restauriert (auch Bahnhöfe und Nebeneinrichtungen) sowie die Spurweite auf 700 mm vergrößert. Ihr Name ist dann: „Parkeisenbahn“.


Wirtschaft:


Am 18. Juli 65 verlässt der erste 5-t-Lkw („W 50“) das Montageband in Ludwigsfelde. Er wird fast gleich aussehend, später als „L 60“ wohl bis 1990 produziert. Vorher wurden im IWL, Industriewerk Ludwigsfelde, die Motorroller „Pitty“, dann „Wiesel“, später „Berlin“ und „Troll“, der Tourenroller sowie der Einradanhänger „Campi“gebaut.


Im Herbst öffnet die Leipziger Messe zum 800-sten mal ihre Pforten.


Bauen:

Im Sommer, am 05. August wird mit dem Bau des rund 360 m hohen Fernsehturmes in Ost-Berlin am Alexanderplatz begonnen. Vorerst liegt noch keine Baugenehmigung vor, noch ist die Finanzierung dieses gigantischen Baues unklar aber auf Befehl Walter Ulbrichts wird das Pestige-Objekt eben begonnen. Vier Jahre wird die Bauzeit betragen.

Der Wiederaufbau des Leipziger Hauptbahnhofs ist abgeschlossen. Er ist der größte Kopfbahnhof Europas.

In West-Berlin wird das Europa-Center eröffnet


Medizin:

In der DDR wird ein Schutzimpfungsprogramm gegen Virusgrippe mittels Nasalspray (Parfumzerstäuber / Glasbehälter mit Gummiballpumpe und Verbindungsschlauch) eingeführt.

VEB Jenapharm bringt eine ganz besondere Tablette auf den Markt. Es ist nicht wie in der BRD die „Anti-Baby-Pille“, sondern die „Wunschkindpille“. Sie ist streng verschreibungspflichtig.

Unterhaltung:

Hans Rosenthal beginnt in West-Berlin die Sendereihe „Das klingende Sonntagsrätsel“.

Im Fernsehen der DDR begann vor geraumer Zeit die Sendereihe „Mit dem Herzen dabei“ von Hans-Joachim Ponesky. Mit vielen kostenaufwendigen Überraschungen aber wie üblich etwas sehr hölzern, steif das Ganze.

Der Musik-Film „Reise ins Ehebett“ mit Anna Prucnal, Eva-Maria Hagen, Günther Simon und Frank Schöbel als Schiffs-Stewart wird gedreht (1966 gezeigt).

Der Liedertexter und Sänger Wolf Biermann erhält sein erstes Auftrittsverbot.

Bei uns läuft der Film Honeymoon 65.


Musik:

Februar 65: Zur diesjährigen Mustermesse in Leipzig sind auch eine Reihe von Unterhaltungskünstlern aus dem Westen eingeladen und angereist, so Mr. Acker Bilk, Wolfgang Sauer, Gus Backus. Auch Fips Fleischer und Gerti Möller sind anwesend.

Louis Armstrong hält sich zu Besuch in Berlin auf.

Die Rolling Stones spielen in der West-Berliner Waldbühne. Die Anlage ist danach von fanatischen Anhängern zertrümmert, sieht aus wie ein Schlachtfeld. Der Begriff „Konzert“ weckt bei uns andere Vorstellungen.

Der Schlager „Marmor, Stein und Eisen bricht", gesungen von Drafi Deutscher ist aktuell. Deutschlehrer meinen aber, dass Marmor, Stein und Eisen stets brechen.


Die zweite große revolutionierende Musikwelle nach dem Krieg: Die Musikgruppe „Beatles“ (Pilzköpfe) aus Liverpool kommt nach Deutschland. Von den Jugendlichen heiß umjubelt. „Sie liebt dich, yeah, yeah, yeah – und da solltest du dich freu'n“. Die Staatsführung der DDR vertritt zur Freude eine etwas andere Auffassung. Die Folge: Musikverbote.

Am 18. Dezember sagt der doch schon betagte Staatsratsvorsitzende und Generalsekretär der SED, Walter Ulbricht, auf dem 11. Plenum des Zentralkomitees der Partei: „Ich bin der Meinung, Genossen, mit der Monotonie dieses Je, Je, Je und wie das alles heißt, sollte man doch Schluss machen“. Dieser Satz galt gleichsam als Befehl, eine Eiszeit gegenüber westlicher Musik einzuläuten. Walter Ulbricht hätte diesen Liedtext vielleicht lieber in russischer Sprache nicht verstanden. Obwohl: er hat ja während des Zweiten Weltkrieges eine Zeit in der ruhmreichen Sowjetunion gelebt. Seine größeren Vordenker Karl Marx und Friedrich Engels waren da wahrscheinlich im Geiste freier. Diese hätten gewiss von den Liverpooler Jungen nicht verlangt, ihre Jugendlieder eher in der sächsischen Sprache darzubieten, obschon wir sie doch auch zu den Angelsachsen zählen dürfen. Anmerkung: Walter Ulbricht stammte aus Leipzig.

Kunst:

Der alte, erneuerte Dresdener Zwinger eröffnet im Oktober die „Galerie Neue Meister – viele alte Gemälde sind zu sehen.


Naturereignisse:

Ich kann es nicht mehr zeitlich genau einordnen – es wird zwischen 65 und 67 gewesen sein: Bei Ketzin (Raum Potsdam) wurde unterirdisch in die Gesteinsformationen Erdgas eingespeichert. Unter der 350-Seelen-Gemeinde Knoblauch kam es zu einer unterirdischen Gaseruption, so dass auch in den Häusern eine explosible bis lebensgefährdende Gaskonzentration zu verzeichnen war. Die Bewohner kamen in Notunterkünfte, später wurde für sie ein Neubaublock in Ketzin errichtet. Das alte Dorf Knoblauch wurde abgerissen.


Alltag:

Babysan! Das liebe Babygesicht auf der Verpackung. Etwa 30 Jahre lang wird (neben Milasan und Citrosan) das hauptsächliche Trockenmilchprodukt das „Babysan“ aus dem VEB Dauermilchwerke Stendal sein und das Baby schaut solange aus jedem Ladenregal der DDR freundlich die Käufer an. Das Gesichtchen gehört zu Susan Wanke – die aber kein Säugling blieb, sondern später Lehrerin wurde.


Sport:

Sportler des Jahres gibt es eine ganze Menge. Es sind: Die Leichtathletin Hannelore Supp, der Leichtathlet Jürgen May und die DDR-National-Fußballmannschaft.


1966 – Notizen zum Schließen von Gedächtnislücken

Politik in der DDR:

Im Januar findet eine Um-Taufe statt. Die 1954 gegründete „Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse“ erhält den neuen nicht so sperrigen Namen „Urania“.

Neue sozialpolitische Maßnahmen: Ab April ist das neue Familiengesetzbuch in Kraft. Darin werden unter anderem eheliche und uneheliche Kinder gleichgestellt.

Der 9. April ist der erste arbeitsfreie Samstag/Sonnabend. Damit wird die 48-Stunden-Woche abgelöst und die 45-Stunden-Woche eingeführt. Das sei nur möglich, weil wegen der Errichtung des „Antifaschistischen Schutzwalls“ (Mauer), die Wirtschaftskraft der DDR wesentlich zugenommen habe. (Ob wir uns das leisten können?)

Die „Mauer“, Staatsgrenze der DDR erhält auf der zur DDR zugewandten Seite ein längs geschlitztes Beton-Rohr mit etwa 35 cm- Durchmesser aufgesetzt, was ein Überwinden von Flüchtenden fast unmöglich macht

In der DDR wird der 20. Jahrestag der Gründung der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) begangen


Politik in der BRD:

Enorme Wirtschaftsschwierigkeiten in der BRD. Anstieg der Arbeitslosigkeit. Der Bundeshaushalt hat 10 Milliarden Mark Defizit. Bundeskanzler Erhardt tritt zurück. Sein Nachfolger: Kurt Georg Kiesinger. Willy Brandt (SPD) wird Vizekanzler und Außenminister.


Politik im Ausland:

Präsident von Südafrika wird der konservative Calvinist Balthazar Johannes Vorster. Unter seiner Präsidentschaft werden ca. 3 Millionen Schwarzafrikaner deportiert, in unfruchtbaren „Homelands“ eingepfercht, in Reservaten, nach dem Beispiel, wie man mit den Prärieindianern in Nordamerika umgegangen war.

Die USA befinden sich seit dem Vorjahr im Krieg gegen Vietnam, das ihnen noch nie etwas zuleide getan hat. Hoffentlich hört dieser bald wieder auf. (Es werden noch viele Jahre vergehen bis er endet.) In West-Berlin Demonstrationen gegen den Vietnam-Krieg


18. Mai 66. Beginn der so genannten Kulturrevolution in China. Weitere Verfolgung der Intelligenz. durch die Roten Garden. Ziel bis 1976: Die klassenlose sozialistische chinesische Gesellschaft. Beharren auf einfacher, uniformer Kleidung für Alle. Zugelassen ist nur die Arbeiter-Klassenkampf-Kultur. Hungersnot nach Rückgang der landwirtschaftlichen Erträge. Geschätzt: 20 – 30 Millionen Tote.


Wissenschaft:

Am 09. Mai nimmt das Lehr- und Versuchskraftwerk Rheinsberg bei Menz, am Stechlin-See, gelegen, seinen Betrieb auf.

Die USA lassen einen bemannten Ballon aufsteigen. Er erreicht die Rekordhöhe von 37.735 Metern.

Luna 9 landete weich auf dem Mond und sandte zahlreiche Bilder von der Mondoberfläche zur Erde (siehe auch 1959).

05. November: Der Astronaut E. Aldrin schwebt 5 Stunden im All; natürlich mit dem Raumschiff verbunden.


Technik:

Am 09. Mai 1966 findet die Inbetriebnahme des Lehr- und Versuchskraftwerks Rheinsberg (Mark) bei Menz statt. Es ist das 1. Kernkraftwerk Deutschlands und ging etwa 3 Monate früher als das erste Atomkraftwerk der BRD ans Netz.

Die Produktion des Pkw „Wartburg 353“ (Pontonform) wird aufgenommen und dieses Fahrzeug bis 1989 hergestellt.

Waschmaschine - In der DDR wird das Wellrad-Modell WM 66 (die Generation nach der WM 60) auf den Markt gebracht. Man konnte mit dem Gerät selbstverständlich Wäsche waschen, aber auch Würstchen erhitzen, Obst und Gemüse in Gläsern konservieren (einwecken) oder manch andere Arbeiten verrichten lassen.

Das erste Faximile-(Fax) Gerät kommt auf den westdeutschen Markt. Mit diesem ist es möglich, eine A4-Seite in 7 Minuten zu drucken und anschließend unter Umgehung des langen Postweges, zu versenden.

In West-Berlin wird die Straßenbahn abgeschafft. Dafür werden Busse, meist Doppelstockbusse eingesetzt und auch die U-Bahn bringt die Menschen zu ihren Zielen


Potsdamer und sonstige Bauten:

Das Schauspielhaus (volkstümlich „Die Kanaloper“) erbaut im Jahre 1795 von Jan Boumann dem Älteren, wird als Kriegsruine am 28. Mai 1966 gesprengt.

Die DDR baut ihre Grenzbefestigungsanlagen weiter aus.


West-Berliner Bauten:

Das Hochhaus des Axel-Springer-Zeitungsverlages an der Friedrichstraße/Kochstraße nimmt seinen Betrieb auf.


Film / Literatur / Unterhaltung:

Das Cousteau-Team dreht den Film „Die Unterwasser-Odyssee der Mannschaft Cousteaus“. Fürst Rainier III (Grimaldi) und seine Gattin Fürstin Gracia Patricia von Monaco (die frühere Schauspielerin Grace Kelly) verabschieden die Mannschaft der „Calypso“ am Beginn ihrer Fahrt.Der Film „Dr. Schiwago“ kommt in die Lichtspieltheater.

Die DEFA zeigt den Film: „Die Söhne der großen Bärin“ über das Leben der Sioux vom Stamme der Dakota-Indianer. Dagegen wird der Film „Spur der Steine“ (Manfred Krug in der Hauptrolle), der gerade frisch in die Kinos gekommen ist, auf Geheiß des Politbüros der SED auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen. Einige Kopien überlebten. Ich sah den Film dann nach 1990.

Im Dezember wird in Berlin die „Komische Oper“ wiedereröffnet.



Sport:

Olympische Spiele in Mexiko. Die DDR-Mannschft verlässt am 15. Oktober vorzeitig die Spiel. Der Grund: Die Athleten sollen nicht mehr als Mannschaft der DDR (sondern angesichts hoher Leistungen, für die sich niemand schämen braucht) von jetzt an unter westdeutscher Fahne kämpfen. Ein merkwürdiges Politikum, das nicht gut geht. So macht auch der „Kalte Krieg“ auch vor dem friedlichen Sport nicht halt.

In der DDR findet die erste Kinder- und Jugendspartakiade statt.


Alltag:

Die niederländische Prinzessin Beatrix heiratet.

In Berlin-West wird das erste Auto-Kino eröffnet. Es läuft darin der Film „Dr. Schiwago“.

Die Filmschauspielerin Brigitte Bardot und der Playboy Gunter Sachs heiraten.

Gretchen und Rudi Dutschke (APO – außerparlamentarische Opposition) heiraten in West-Berlin.

Die englische Musikgruppe „The Beatles“ aus Liverpool treten im Münchener Zirkus Krone auf. Begeisterungs-Ohnmachtsanfälle junger Mädchen sind zu verzeichnen.

Im Straßenverkehr wird für Fußgängerüberwege versuchsweise der „Zebrastreifen“ eingeführt.

Hitlers Baumeister Albert Speer kommt jetzt im Alter von 61 Jahren aus dem Gefängnis Berlin-Spandau frei.

Modern sind für Herren jetzt extrem dünne Lederkrawatten am Schlüpfergummiband. Sie sehen eher aus wie ein junger Aal.



Das Jahr 1967

DDR-Politik:

Neue sozialpolitische Maßnahmen: Die Regierung beschliesst die 43,5 Stunden Arbeitswoche, die nun in Kraft tritt.

15. November: Wegen des chronisch zu knappen Wohnraums wird die „Verordnung zur Lenkung des Wohnraums“ erlassen.

Zum Jahresende gibt es eine neue Geldbezeichnung. Wir „verlieren“ die bisherige MDN = Mark der Deutschen Notenbank und bekommen neu die Mark – der DDR.


Politik in der BRD und in Berlin (West)

Der frühere und 1. Bundeskanzler der BRD, Konrad Adenauer, stirbt am 19. April im Alter von 91 Jahren.

Gewaltsame Demonstrationen linker Studenten gegen den Besuch des Schah (Kaisers) Pahlavi (Persien / Iran) in Berlin. Der Schah kommt mit seiner dritten Ehefrau Farah Diba nach West-Berlin (weiter siehe 1972). Am 2. Juni gibt es Anti-Schah-Demonstrationen. „Freiheit für Persien“ rufen die Studenten, laufen mit Papiertüten mit dem Konterfei des Herrscherpaares über den Kopf gezogen. Der Demonstrant Benno Ohnesorg, Student der Germanistik, Gedichteschreiber, seit fünf Wochen verheiratet, wird unweit der Deutschen Oper von dem Polizisten Kriminalobermeister Karl-Heinz Kurras, aus 1,5 m Entfernung in den Hinterkopf geschossen. Zurzeit ist Erich Duensing, der „Knüppel Erich“ Polizeipräsident von Berlin. Um 20.07 Uhr, der Schah ist längst in der Oper, gibt Duensing das Signal, die Demonstranten von berittener Polizei zu „knüppeln“.

Sitzstreik der Berliner Studenten auf dem Ku'damm.

Lange Haare werden zunehmend üblich - als Zeichen der Auflehnung gegen das Spießbürgertum.

Die APO (Außerparlamentarische Opposition), die von Rudi Dutschke ausgerufen wurde, erhält großen Zulauf. Eine Serie von Studentenunruhen (1967/68) in den deutschen Universitätsstädten beginnt. Alles wurde plötzlich üblich und bekannt: Frauenbewegung, Kinderläden, die Dritte Welt, die antiautoritäre Erziehung der Kinder, die erwachsenen „Blumenkinder“ – Verstärkung der Hippie-Bewegung, Anti-Vietnamkriegs-Demonstrationen.

Entspannungsbemühungen Willy Brandts (Neue Ostpolitik) mit der DDR, auch mit der Tschechoslowakei und Rumänien.

Bei den Wahlen in Bremen erhält die NPD großen Zulauf (8% der Wahlbeteiligten).

In West-Berlin wird Klaus Schütz Regierender Bürgermeister und behält diese Funktion bis 1977.


Politik im Ausland:

Juden erhalten in der geteilten Stadt Jerusalem nach der Eroberung des Tempel-Bezirks (Ölberg) nach 1.600 Jahren wieder Zugang zur Klagemauer.

Der ägyptische Präsident Gamal Abd el Nasser stützt die palästinensischen Araber gegen Israel. Israel greift Ägypten und dessen arabische Verbündete überraschend mit 200 Flugzeugen an. Nach diesem 6 Tage - Krieg, am 5. Juni beginnend, unter der Führung des Verteidigungsministers Moshe Dayan (der Mann mit der Augenklappe) ist Israel dreimal so groß als vorher. 3x so groß, als sein 1848 von der UNO zuerkanntes Staatsgebiet. Es erbeutet von Palästina den Gaza-Streifen und die Sinai-Halbinsel, das Westjordanland, die Golan-Höhen und Ost-Jerusalem, das von Jordanien besetzt war. Der Suez-Kanal wird für jeglichen Schiffsverkehr gesperrt.

Ernesto (Che) Guevara geht nach Bolivien, um die unterdrückten Indios in ihrem Guerilla-Freiheitskampf zu unterstützen und wird dort als Guerillero erschossen. 1929 geboren, als argentinischer Revolutionär mehrjährig Kampfgefährte von Fidel Castro auf Kuba und eine zeitlang (aus Versehen) dessen Finanzminister.

In Griechenland putschen rechtgerichtete Militärs unter Papadopulos und übernehmen am 21. April die Macht. Der Umsturz beendet die königliche Demokratie. König Konstantin II geht ins Exil. Der bekannte Komponist Mikis Theodorakis wird im Zuge dieses Militärputsches verhaftet.

in Peking stirbt Pu Yi. Wer war dieser? In Peking wurde 1906 der Junge geboren, der der letzte Kaiser von China werden sollte nach einer zweitausendjährigen Tradition des Kaiserreiches. Sein Vater nahm noch die Regentschaft wahr, als die Revolution 1912 beide absetzte. Bis 1924 darf er noch im Kaiserpalast wohnen. Von 1945 bis 1959 ist er erst in sowjetischer, dann in chinesischer Haft. Danach arbeitete Pu Yi bis zu seinem Tod als Gärtner und Historiker. Am 09. September stirbt ebenfalls Mao tse tung, der rote Staatschef. Sein Nachfolger wird Deng xiao Peng (auch hier nach der Phonetik unterschiedliche Schreibweisen). Er proklamiert, die „Grundlage des Regierens wird die Realität sein“. Er will die Wirtschaft umkrempeln, bis 1984 eine „sozialistische Marktwirtschaft“ anstelle der starren zentralistischen Planung setzen.

In Nordamerika beginnt die Bewegung der Blumenkinder „Flower Power“, die Hippie- Bewegung für ein freundliches Zusammenleben ohne militärische Gewalt und soziale Spannungen.


Bauen in Berlin:

Der Alexanderplatz wird neu gestaltet und die große Kugel des künftigen Fernsehturms ist in Arbeit. Auch der Strasberger Platz wird neu gestaltet, mit einem Brunnen von Prof. Fritz Kühn.


Wissenschaft und Technik:

Am 27. Januar Raumfahrtkatastrophe in den USA mit „Apollo 1“. Brand der Sauerstoff-Füllung (wahrscheinlich wegen eines elektrischen Fehlers) auf der Startrampe bei einer Startübung. Die Astronauten Vigil Grissom, Edward White und Roger Chaffee sterben.

Der Engländer Donald Campbell will mit einem Rennboot seinen eigenen bisherigen Geschwindigkeitsrekord überbieten. Bei 500 km/h zerbricht das Fahrzeug in der Luft. Sein Erbauer, der Pilot, stirbt.

Die erste Herzübertragung von Mensch zu Mensch in der Geschichte der Medizin, ausgeführt von dem südafrikanischen Chirurgen Christiaan Banard gelingt.


Unterhaltung:

Es kommt der Film „Ein Lord am Alexanderplatz“ mit Erwin Geschonnek in die Kinos.

Der Kanadier Perry Friedman gründet in Ost-Berlin den Hootenanny-Club. Er legt damit den Grundstein für „spontanes Volkslieder-/Folklore-Singen“. Das geht aber nicht lange so. Es wird daraus erst der „Oktoberclub“ und dieser erhält später eine „ amtlich-fachliche Beratungskraft“ zugewiesen.

In diesem Jahr nimmt das Fernsehen der DDR die Sendung „Du und Dein Garten“ in das Programm auf und ebenso TTT „Tausend Tele Tips“ für Warenwerbung. Diese wird Jahre später wieder eingestellt, um nicht unstillbare Wünsche zu wecken.

In der BRD beginnt mit der Eröffnung der 15. Funkausstellung das Farbfernsehen.

Im Fernsehen der DDR läuft ständig eine Sendereihe zur Verkehrserziehung (den Straßenverkehr betreffend).

Im BRD-Fernsehen stellt Prof. Grzimek oft exotische Tiere vor und bringt uns deren Lebensraum nahe. Robert Lembke führt als Spielleiter durch das Frage- und Antwort-Spiel (Möchten Se 'n rosa oder 'n blaues Schweinchen? (Sparschwein für die richtigen Antworten - je 5 D-Mark.

Kuhlenkampff leitet die Sendereihe „Einer wird gewinnen“ (Quiz) die er von Lou van Burg übernommen hat. Jener musste zurücktreten, da er als Unparteiischer einem vormals ostdeutschen Mädchen, einer Kandidatin, einige richtige Anworten „vorgesagt“ hatte, worauf diese gewann. Eine unerhörte Sensation.

Butler Martin hilft am Ende der Sendung dem Kuhlenkampff in den Mantel, nicht ohne sarkastische Bemerkungen über die Sendung. So vermeidet er derartige Zuschauerzuschriften.

Soziales:

In der DDR wird die Fünf-Tage-Arbeitswoche eingeführt. Erst alle 14 Tage ein freier Sonnabend, später wurde jeder Sonnabend gänzlich frei.

In Westdeutschland macht das Model „Twiggy“ Furore, als superschlankes Mannequin Vorbild für viele Mädchen. Sie stirbt später nach Mangelerscheinungen an Unterernährung.

Sport Die Sportler des Jahres sind die Turnerin Karin Janz und der Schwimmer Roland Matthes.


Alltag / Unglücksfälle:

Ende des Monats Februar tobt ein Orkan durch Berlin und richtet größere Schäden an.

6. Juli. Für das Wochenende ist das Zentrale Sportfest der Eisenbahner in Halberstadt in Vorbereitung. Zu dieser Zeit geschieht ein großes Unglück am Bahnübergang Langenweddingen südlich von Magdeburg. Ein Schrankenbaum, der die Straße bei Zugdurchfahrt sperren sollte, verfing sich in einem provisorisch gespannten Kabel (wohl eine Telefonleitung) und konnte deshalb nicht herabgelassen werden. Ein Minol-Tanklastwagen mit etwa 15.000 Liter Benzin näherte sich zeitgleich mit dem Doppelstock-Personenzug dem Bahnübergang und fuhr mit ihm zusammen. Beide Fahrzeuge gingen sofort in Flammen auf. 94 Menschen starben, davon 44 Kinder, von denen die meisten wohl ins Ferienlager in den Harz fahren wollten. Viele Verletzte wurden in den umliegenden Krankenhäusern behandelt, viele auch in der Uni-Klinik Jena.


In der Gewitternacht vom 13. zum 14. Juli fällt in New York der elektrische Strom total aus. In dieser Nacht gibt es viele Raubüberfälle, Einbrüche, ein allgemeines Verkehrschaos und reichlich neun Monate später einen Babygeburtenboom.

Ab 25. Aug. 67 hält das Farbfernsehen in der BRD (Nach dem PAL-System) seinen Einzug; eröffnet mit der Sendung „Galaabend der Schallplatte“ u.a. mit Hildegard Knef. Für die DDR dauert es mit der Farbe noch eine Weile. Hier wird später das französische Secam-System eingeführt, so dass man in der DDR sowieso den Westen nicht in Farbe wird sehen können.

In West-Berlin werden die Straßenbahnen eingestellt und durch Busse ersetzt. In Ost-Berlin fahren sie aber weiter.

Die Bevölkerungsmithilfeserie in Kriminalfällen „Xy ungelöst“, beginnt im BRD-Fernsehen von und mit Eduard Zimmermann. Neun Jahre später wird er „den weißen Ring“ gründen.

In West-Berlin gründen Studenten die Kommune 1, die erste größere Wohngemeinschaft.

In diesem Jahr ist der frühere Bundeskanzler Konrad Adenauer gestorben.

Der Sommer 1967 war der heißeste seit 1959


Mode:

Hochtoupierte Damenfrisuren werden üblich. Der Minirock erobert sich die Damenwelt; auch der Miniwickelrock. Modelle aus Wildlederimitat sind gefragt.

Vliesett kommt auf den Markt „ein textiles Flächengebilde aus Wirrfaservlies, mit Latex gebunden“. Vliesettkleidchen können sich die Damen kaufen. Es gibt auch „Papierkleider“ für 9,50 DDR-Mark. Sie lassen sich bedenkenlos einfach in der Länge zuschneiden oder abschneiden


Das Jahr 1968

Politik in der DDR:

Meldung: „Die Bevölkerung der DDR nimmt die neue sozialistische Verfassung der DDR durch Volksentscheid mit überwältigender Mehrheit an“, so dass sie am 09. April in Kraft tritt.

Die DDR erlässt ein neues Strafgesetzbuch.

Pfingsttreffen der Jugend in Karl-Marx-Stadt. Lied: Was machen wir zu Pfingsten, wenn die Wiesenblumen blüh'n? Wir fahren nach Karl-Marx-Stadt, über Autobahn und Schien'.

20. Juni Der Mindestumtausch für Einreisende in die DDR wird von 5 DM auf 10 DM erhöht und wird im Verhältnis 1 DM : 1 DDR-Mark „umgerechnet“. Besucher sollen es doch besser haben und die DDR benötigt Valuta.

01. Juli: Die Freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) tritt in Kraft. Es handelt sich um eine monatliche Abführung von Lohn/Gehalt, als Eigenbeitrag zur gesicherten Rentenversorgung.



Politik in der BRD und in Berlin (West):

Am 27.10.68 wird in der BRD die Deutsche Kommunistische Partei gegründet, nachdem die KPD 1956 verboten wurde.

Kurt Georg Kiesinger wird Bundeskanzler der BRD. Am 07. 11. ohrfeigt ihn die 29jährige Studentin Beate Klarsfeld als Ausdruck der Empörung der jungen Generation über heutige hohe Würdenträger mit Nazivergangenheit in der heutigen BRD-Regierung. Der SPD-Mann Gustav Heinemann wird neuer Bundespräsident. Er löst Lübke ab, der von der DDR wegen seiner Tätigkeit in der Zeit des Nationalsozialismus als KZ-Baumeister bezeichnet wird. Joseph Strauß von der CSU ist Bundesfinanzminister und Schiller Wirtschaftsminister. Die FDP wurde bisher von Erich Mende geführt, von diesem Jahr an ist Walter Scheel der Vorsitzende.

„Studenten“, so wird gesagt, „haben in diesem Jahr viel gemacht aber wenig studiert“. Der Vietnamkrieg der USA gilt als Auslöser der Studentenunruhen. Die Studenten protestieren:


Heftige Zusammenstöße, ja Straßenschlachten mit der Polizei bei Studentenunruhen gegen das kapitalistische Staats- und Wirtschaftswesen in vielen westdeutschen Städten (Apo) Außerparlamentarische Opposition.. Die Demonstranten lassen den nordvietnamesischen Staatschef Ho chi Minh hochleben, mit Rufen wie: „Ho, Ho, Ho Chi Minh“.

Rudi Dutschke, einer der führenden Köpfe des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) und der außerparlamentarischen Opposition (APO) wird am Gründonnerstag, den 11. April in West-Berlin schwer verletzt. Der junge Hilfsarbeiter Josef Bachmann gab drei Schüsse auf ihn ab. Bachmann nimmt sich nach zwei Jahren während der Haft das Leben. Rudi Dutschke stirbt 1979 an den Folgen des Attentats.

Die Neuen Linken äußern sich in radikalen Gewalttaten. Zwei Kaufhäuser in Frankfurt am Main brennen. Als Brandstifter werden Andreas Bader und R. Ensslin (später führende RAF- Köpfe ermittelt. Aus diesen entsteht die RAF (Rote-Armee-Fraktion).


Vorlagen für Notstandsgesetze werden in der BRD-Regierung debattiert.und am 30. Mai abgeschlossen und mit Mehrheit angenommen, obwohl von vielen Menschen die mögliche (willkürliche, da außerparlamentarische) Einschränkung der Grundrechte befürchtet wird.


Eine ständige Buslinie zwischen der BRD und West-Berlin wird mit Doppelstockbussen eingerichtet.


Politik im Ausland:

Die UNO ruft das Jahr 1968 zum Jahr der Internationalen Menschenrechte aus.

Der Staatschef der Tschechoslowakei Alexander Dubec und der Großteil seiner Regierung und erst recht der Bevölkerung möchte einen Sozialismus, der „ein menschliches Gesicht zeigt“, der fröhlicher und „lockerer“ ist, als in der Sowjetunion oder der DDR. Der „Prager Frühling“ gibt Anlass zu Hoffnungen der Demokratisierung. Man hofft auch in der DDR auf Verbesserungen im gesellschaftlichen Leben, denkt aber auch an den Ausgang der Reformbemühungen in Ungarn 1956

In der Nacht vom 20. zum 21. August beenden militärische Verbände der Sowjetunion und anderer Staaten des Warschauer Vertrages (die sich seit Juli bereits in der CSSR zu einem Manöver aufhielten) in der Tschechoslowakei mit Panzer-Gewalt die Reformpolitik des „Prager Frühlings“ unter Alexander Dubec. Die UdSSR fürchtete ein „schlechtes Beispiel“ im sozialistischen Lager unter den „Bruderländern“. Am 12. November kehren die in Potsdam stationierten Truppen der Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte aus der CSSR in ihre Potsdamer Kasernen zurück. Walter Ulbricht hätte auch sehr gerne die Nationale Volksarmee der DDR in das Bruderland geschickt, was jedoch von sowjetischer Seite untersagt wurde. Die Erinnerungen an den 2. Weltkrieg und die Rolle der Deutschen waren wohl noch zu frisch. Alexander Dubec und sein gesamtes Politbüro wird verhaftet und nach Moskau verbracht. „Das ist der wahre Kommunismus“ eine weitere Diktatur.

Im Osten sind die Rebellionen bekämpft – im Westen gehen die Demonstrationen weiter.


April: Der amerikanische farbige Bürgerrechtler Dr. Martin Luther King wird während einer Ansprache in Memphis / Tennessie am 04. April von einem weißen Attentäter erschossen.

04. Juni: Es wird Senator Robert (Bobby) Kennedy in Los Angeles (Kalifornien) durch den Palästinenser Sirhan Sirhan ermordet. Er war Präsidentschaftskandidat für die Demokraten zur Wahl 1968. Beerdigung am 08. Juni auf dem Nationalfriedhof Arlington.


Wissenschaft und Technik:

Auch unsere Region wird von einer Influenza-Pandemie des Typs A heimgesucht.

Im Dezember 68 startet die amerikanische Rakete „Apollo 8“ mit 3 Astronauten an Bord zum Mond und kehrt nach 10 Mondumkreisungen planmäßig zur Erde zurück.

Live-Übertragung aus dem Weltall: Am 21. Dezember wird die erste Sendung aus dem Weltall auf die Erde übertragen. Die Astronauten der Apollo-8-Mission Frank Borman, James Lovell und William Anders beantworten aus 220.000 km Entfernung von der Erde, eine Viertelstunde lang Reporterfragen.

Durch die neue Möglichkeit von Satellitenfotos sehen die Menschen zum ersten Mal wie wunderschön blau/weiß und erst beim Näherkommen auch grün und gelb unser Heimatplanet aus dem Weltall aussieht. Wir DDR-Bürger sehen das im Fernsehen vorerst in schwarz/weiß, so wie es in der Tageszeitung zu sehen ist, haben aber unsere lebhafte Phantasie. Der erste Mensch, der das Weltall besucht hat, der sowjetische Fliegerkosmonaut Juri A. Gagarin ist bei einem Testflug mit einem Flugzeug tödlich verunglückt.

Dr. Paolo Matthiae von der Uni Rom grub ab 1968 aus großen Ruinenhügeln in Syrien, südlich von Aleppo die Stadt Ebla aus, die um 3.000 v. Chr. bewohnt war. Dort wurde auch eine Tontafelbibliothek ausgegraben. Mehr als 15.000 Stück. Die hier gefundene Keilschrift war aber eine für die heutige Wissenschaft neue, nicht mit der bereits bekannten sumerischen identisch. Es fanden sich aber als „Schlüssel-Werk“ 100 Tafeln mit zweisprachiger Keilschrift als Wörterbuch: Sumerisch / Eblaisch. Mit deren Hilfe konnte geklärt werden, dass dieses Land vor 4.500 Jahren ein mächtiges Reich zwischen Mesopotamien und Ägypten war.

Am 02. Sept. entdeckt Dr. Manson Valentine etwa 15 m unter der Meeresoberfläche die „Straße von Bimini“ der Bahamas, eventuell ein mächtiges Stück Mauer. Die Bahama-Bank etwa von der Größe Großbritanniens habe vor der letzten Eiszeit als Insel aus dem Atlantik geschaut.


Bautechnik:

In West-Berlin wird das Hochhäuser-Neubaugebiet „Gropiusstadt“ eingeweiht.


„Bauen in Potsdam“:

In Potsdam wird auf das Betreiben der SED die Garnisonkirche an der Plantage in der Breiten Straße gesprengt, die 1730 – 1735 von Gerlach errichtet und 1735 eingeweiht wurde, da sie der SED als Symbol des preußischen / deutschen Militarismus bedeutet. Die ehemalige Garnisonkirche, die in der Nacht vom 14. zum 15 April 1945 vom Brand beschädigt wurde, sollte nicht für einen späteren Aufbau gesichert werden, um die Erinnerung an den preußischen Militarismus auszulöschen. Hier fand die Übergabe des Deutschen Reiches von dem greisen Generalfeldmarschall v. Hindenburg an den Reichskanzler Adolf Hitler am 21. März 1933 statt und man hatte Sorge, dass der preußische Militarismus noch in diesem Gebäude hockt. Den Befehl zur Sprengung gab im Juni 68 Walter Ulbricht. Stadtarchitekt Werner Berg und der Leiter der staatlichen Bauaufsicht, Herr Rönn, gaben befehlsgemäß ihre Zustimmung. Brunhilde Hanke ist zurzeit Oberbürgermeisterin. Viele Stimmen erhoben Einspruch gegen den Abriss. Bis zum Abriss fanden im Turm noch kirchliche Handlungen statt. Mit der Sanierung des Turms war unter der Leitung der Kirche bereits begonnen worden.

Es wurde dann beginnend am 19. Juni, in mehreren Etappen gesprengt, weil das Bauwerk / der Turm äußerst solide ausgeführt war. (( m dicke Mauern im Erdgeschoss. Am Brauhausberg wird eine Ziegelbrecheranlage errichtet, die auch die Garnisonkirche zerbröselt.

Des Weiteren werden bis 1974 zahllose Bürgerhäuser gesprengt (Breite Straße = Wilhelm-Külz-Straße) und auch der historische Stadtkanal wurde in jenen Jahren Stück für Stück zugeschüttet und in Autoparkplätze verwandelt.


Wirtschaft:

08. Juli: In Rostock-Warnemünde öffnet die Gaststätte „Teepott“, ein erster Gruß, neben dem Leuchtturm, für ankommende Schiffe. Das Dach erinnert an die Kongresshalle in Berlin-West (das aber einen Zusammenbruch erlebt). Zu den vielen Spezialitäten des „Teepott“ gehört auch die beliebte „Schwanentorte“.

22. August: Eröffnung des Warenhauses „Konsument“ in Leipzig. Das ist derzeit die größte Einkaufsstätte in der DDR. Dieser Bau wird von der Bevölkerung bald „Brotbüchse“ genannt – wegen seiner geschwungenen Aluminium-Außenhaut.

Ab Dezember gibt es ein neues Waschmittel „Spee“ aus Genthin.


Soziales:

Papst Paul VI. lehnt die Anti-Baby-Pille ab. (Er wird aber auch nicht angehalten, diese zu nehmen).

Am 01. Februar kommt der erste Aufklärungsfilm in die westdeutschen Kinos. Der Journalist Oswalt Kolle produzierte das Filmwerk „Das Wunder der Liebe“. Aufschreie von Lust und Empörung hallen ob dieser sexuellen Revolution durch den Teil der verklemmten, prüden, scheinsauberen Bevölkerung der BRD.


Alltag:

In der BRD und in West-Berlin beginnt, wohl vor allem in Studentenkreisen in neuen privat organisierten „Kinderläden“ und im häuslichen Bereich die antiautoritäre Erziehung der Kinder. Kinder sollen selbständig ihre Erfahrungen sammeln, das bisherige Leiten und Setzen von Grenzen ist verpönt. Die Erkenntnisse von Fröbel, Makarenkow und vielen anderen Pädagogen werden als verstaubt eingestuft. Die Zukunft wird zeigen, dass sich dieses Erziehungsmodell nicht bewährt.


Sport:

Olympische Sommerspiele in Mexico Stadt: Bob Beamon erreicht im Weitsprung 8,90 m – die größte bisher erreichte Weite.


Unterhaltung:

Die DEFA zeigt den Film: „Ich war 19“.

Bei uns in der DDR läuft der DEFA-Musikfilm „Heißer Sommer“ mit Chris Doerk und Frank Schöbel. 11 Leipziger Oberschülerinnen treffen an der Autobahn auf 10 Jungen aus Karl-Marx-Stadt. Beide Gruppen wollen zur Ostsee und verleben dort gemeinsame Ferientage.

Erika Krause leitet die Fernseh-Beratungsreihe „Du und Dein Garten“.

Preil und Herricht machen ihre Sketsch-Spiele.

“Das Verkehrsmagazin“ trägt zu Aufklärung und Erziehung bei.


Alltag:

Der griechische Milliardär Aristoteles Onassis (Ari) (62) heiratet am 20. Okt. 68 auf Skorpios die 39jährige Witwe Jaqueline Kennedy. (1972 wird diese Ehe als endgültig gescheitert gelten. 1975 stirbt er).


Naturereignisse:

Ein Wirbelsturm jagt durch das westdeutsche Pforzheim und richtet große Schäden an.

Explosion im VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld. Das Leben von 41 Menschen muss beklagt werden. Es gibt darüber hinaus etwa 260 Verletzte.


Zeitgeschehen im Jahre 1969

Politik: Beide deutsche Staaten begehen ihr 20jährges Bestehen.


Politik in der DDR:

Als erste nichtsozialistische Länder erkennen Kambodscha (Kampuchea) am 08. Mai, danach Syrien, Sudan und Ägypten die DDR an.

01. August: Die DDR „gebiert“ eine neue Münze. Es gibt nun ein 20 Pf-Stück, ähnlich dem 50 Pf-Stück der 50er Jahre.

25. September: Schon wieder ein neues Geldstück – die 5 Mark-Münze kommt in die Geldbörsen.


Politik in der BRD:

Gustav Heinemann (SPD) wird am 05. Mai neuer Deutscher Bundespräsident.

28. September: Bundestagswahl.

Am 21. Oktober 69 wird Willy Brandt von der SPD der 4. Bundeskanzler der BRD. Er ist der erste, der keine Nazi-Vergangenheit hat. In der Kriegszeit befand er sich in schwedischem Exil. Sein Leitsatz in der Regierungserklärung: „Wir wollen mehr Demokratie wagen“, (als die vorangegangenen CDU-geführten Regierungen). Es entsteht eine sozial-liberale Koalition Den Vorsitz über die FDP hat Walter Scheel inne. Dieser ist gleichzeitig Vizekanzler und Außenminister.

Neuer Präsident der USA wird Richard Nixon. Später wird er wegen der „Watergate-Affäre“ vorzeitig aus dem Amt scheiden müssen. In diesem Jahr aber besucht er West-Berlin.

Im November tritt die Bundesrepublik dem Atomwaffensperrvertrag bei.


Politik im Ausland:

Der französische Staatschef Charles de Gaulle tritt zurück. Sein Nachfolger wird George Pompidou (ihm folgen später als Präsidenten: Valeri Giscard d’ Estaind, dann Jaques Mitterand und Jaques Giraq).


Wissenschaft:

Das Raumschiff Apollo 10 tauchte bei seiner Rückkehr zur Erde mit einer Geschwindigkeit von 39.897 km pro Stunde in die Atmosphäre ein. Es ist die höchste Geschwindigkeit, die ein Mensch je erlebt hat.

20. Juli. Erster bemannter Flug der Menschheit zum Mond mit der Apollo 11 Raumkapsel, die Werner von Braun baute, der bis in den 2. Weltkrieg hinein an der Ostsee bei Peenemünde an Raketen und anderen Flugkörpern gearbeitet hatte. Eine 8-Tage-Mission.

Astronauten: Neil Armstrong, Edwin Buzz Aldrin, John Glanon, Michael Collins. Am 21. Juli 69 betritt Neil Armstrong um 21.18 MEZ (03.56 Ortszeit) als erster Mensch den Mond. Mit ihm in der Mondfähre „Eagle“ (Adler, dem „fliegenden Bettgestell“) war Aldrin, während Collins mit dem Raumschiff „Columbia“ in „Warterunden“ den Mond umkreiste. „Es ist für mich als Mensch ein kleiner Schritt auf dem Mond, doch ein großer Sprung für die Menschheit“, so der Funkspruch von Armstrong. Armstrong und Aldrin blieben 21 Stunden auf dem Mond. Sie hinterlassen eine Tafel mit der Aufschrift: „Hier setzten Menschen vom Planeten Erde erstmals ihren Fuß auf den Mond. Wir kamen in Frieden (stellvertretend) für die gesamte Menschheit“.



Die Wissenschaft beginnt mit der Erforschung der Erbsubstanz, des Gen-Materials des Menschen. DNS wird zu einem neuen Begriff: Desoxyribinucleinsäure.


Zwischen 1969 und 1972 wurden 6 erfolgreiche Mondflüge unternommen. 12 Menschen hatten den Mond besucht und verrichteten wissenschaftliche Arbeiten. Einige fuhren mit dem Mondauto. Fast 400 kg mitgebrachten Mondgesteins befinden sich seither auf der Erde.


Technik:

Das Fernsehen (der DDR, Deutscher Fernsehfunk – DFF) beginnt in diesem Jahr ab Oktober, mit dem 2. Programm und mit Sendungen in Farbe auszustrahlen. Natürlich braucht man für den Empfang ein neues Fernsehgerät. Es ist nach dem französischen SECAM-System konstruiert, westdeutsche Apparate, mit dem PAL-System, können die Sendungen nur in schwarz/weiß empfangen und umgekehrt auch.

In West-Berlin und wahrscheinlich auch in der BRD fahren jetzt Autos des Typs FIAT 500 mit Elektroantrieb.


Bauen:

In Ost-Berlin (Berlin, Hauptstadt der DDR) wird am Alexanderplatz seit vier Jahren der Fernsehturm gebaut und ist nun fertig. Am 3. Oktober, vier Tage vor dem 20. Jahrestag der DDR, wird er durch den Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht eröffnet. Bald hat er seine Spitznamen weg: Erst Telespargel, dann Sankt Walter (W. Ulbricht), da sich auf der waffelstrukturierten Oberfläche der Restaurant-Kugel bei Sonnenschein ein Kreuz abbildet. Er ist mit der Antenne 365 m hoch – einen Meter für jeden Tag des Jahres. Für Jahrzehnte ist der Turm das höchste Bauwerk Deutschlands. Das Café in der Turmkugel rotiert stündlich einmal um seine eigene Achse. Eine Weltneuheit.

Am 02. Januar wird die neue Markthalle in der Nähe des Alexanderplatzes eröffnet. Sie wurde in neun Monaten gebaut.

02. Oktober: Am Berliner Alexanderplatz ist die „Weltzeituhr“ aufgestellt worden. Ein wahres Kunstwerk. Sie wird am 7. Oktober, zum Tag der Republik, eingeweiht. Die DDR feiert ihr 20jähriges Bestehen am 7. Oktober. Auch das Centrum-Warenhaus am Alex wird mit 12.000 qm Verkaufsfläche fertig gestellt.

In West-Berlin wird die Nationalgalerie eingeweiht, gestaltet von dem Architekten Mies van der Rohe. In den Jahren 1969 bis 1974 wird der Flughafel Tegel-Süd gebaut.


1969 – 1971: Bau der Schwimmhalle am Brauhausberg in Potsdam. Diese wird bis etwa 2016 Bestand haben.

Zum 07. Oktober wird am Dresdener Altmarkt der Kulturpalast eröffnet.


Sport:

Olympische Sommerspiele in Mexiko.

Turnerinnen der DDR werden von der BRD nach Mainz eingeladen und zeigen dort ihre Kunst. Als man die DDR-Fahne hisst, wird diese vom BRD-Verfassungsschutz wegen Verfassungsfeindlichkeit (wegen des Emblems mit Hammer, Zirkel und Ährenkranz) eingeholt, was einen Tumult auslöst. Der Wettkampf wird abgebrochen. Die DDR-Turnerinnen werden trotzdem von ihren westdeutschen Sportskolleginnen und den BRD-Zuschauern geehrt, ihre Leistungen gewürdigt.


Unterhaltungskultur/Literatur:

In der BRD beginnt am 18. Januar die ZDF-Hitparade mit Dieter Thomas Heck. Karel Gott singt zur Eröffnung das Lied: „Weißt du wohin die Träume abends gehen?“, aus dem Film

Dr. Schiwago. Roy Black: „Ich denk' an dich und Rex Gildow: „Dondolo“.

Michael Holm singt „Mendocino“.. Heintje Smitt spielt die Kinder-Star-Rolle in dem Film: „Ein Herz geht auf Reisen“.

In West-Berlin finden die Internationalen Filmfestspiele statt. Der Film „Pippi Langstrumpf”, nach Astrid Lindgren, erscheint im Westen.

In der DDR erscheint der Musik-Film „Heißer Sommer“.

Am 30. Januar in London das letzte Konzert der Beatles auf dem Dach der Apple-Studios.

Es erscheint das Buch: Nachdenken über Christa T.

Premiere des Stückes „Anatewka“ = „Der Fiedler auf dem Dach“: Wenn ich einmal reich wär'.


Alltag:

In Westdeutschland erscheinen Möbel aus Plastic-Folie (Sessel) in den Geschäften und die Fa. Henkel (Persil) bringt Klebestifte („Pritt“) auf den Markt. Wir arbeiten fleißig weiter mit Büroleim in der Flasche und Pinsel. Ebenfalls im Westen gibt es erstmals Plastic-Flaschen für Getränke. Für die Milchverpackung wird in der DDR der Plasteschlauch erfunden (abgeschnitten und zugeschmolzen als 1Liter-Kissen).

Ab September kann man im Westfernsehen die öffentliche Zieheung der Lottozahlen verfolgen.

Gegen den Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei demonstrieren zahlreiche Jugendliche in der DDR. Eine größere Anzahl wird daraufhin verhaftet. Es wird bekannt, dass für Jugendliche, deren Eltern SED-Genossen sind, die Untersuchungshaft bis zu einer Woche beträgt, alle anderen werden zu Haftstrafen von 1 bis 5 Jahren verurteilt.



Naturereignisse:

Im Dezember, so wird festgestellt, soll es die tiefsten Temperaturen seit 1893 gegeben haben. (Leider habe ich nicht mitgemessen, so dass hier die spektakuläre Zahl noch fehlt).




Das Jahr 1970

Politik der DDR:

Der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht gibt bekannt, dass er mit der DDR nicht in allem dem Westen hinterher eilen will. Daher lautet die neue Devise: „Überholen (der BRD) ohne einzuholen!

Im März treffen der Bundeskanzler der BRD Willy Brandt und der Vorsitzende des Ministerrates der DDR Willi Stoph in Erfurt zusammen, um über künftige verbesserte Beziehungen beider deutscher Staaten zu beraten. Im Mai werden die Gespräche in Kassel fortgesetzt.

Brandt wird von der Thüringer Bevölkerung als Hoffnungsträger stürmisch begrüßt. Man erwartet künftig Erleichterungen zwischen Ost und West. Die „Protokollstrecke“ wurde renoviert. Dazu gehörte auch der Anstrich der Betonmasten entlang der Erfurter Bahnlinie. Wegen Zeit- und Geldknappheit wurden die Masten aber nur einseitig gestrichen, auf der Seite, die dem durchfahrenden Zug zugewandt ist.

Im April wird in Berlin-Friedrichshain das riesige Lenin-Denkmal aufgestellt. Selbstverständlich aus rotem Gestein.

Ab Juli tragen die Exportartikel der DDR nicht mehr den Aufdruck „Made in Germany“, sondern „Made in GDR“.

Am 12. August unterzeichnen W. Brandt und Ministerpräsident Alexej Kossygin in Moskau den Vertrag über Gewaltverzicht und Anerkennung der Grenzen in Europa.

Der Terrorist der „Rote Armee-Fraktion“ Andreas Bader wird von Gleichgesinnten gewaltsam aus dem Gefängnis befreit.

Der Contergan Prozess beginnt. Nach der Einnahme dieses Medikamentes durch Frauen traten viele schwerste Missbildungen bei Neugeborenen auf. Schon vor rund einem Jahrzehnt.

Willy Brandt besucht am 7. Dezember Polen. Am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus im ehemaligen Warschauer Ghetto kniet er nieder und bittet um Vergebung für die Untaten der Deutschen während der Nazidiktatur, um Verständigung und für Versöhnung. Diese Geste findet große Beachtung, wird von rechtsgerichteten deutschen Kräften aber nicht als gut geheißen, zumal sie auch mit den Themen Gewaltverzicht und Anerkennung der Grenzen von 1945 im engen Zusammenhang steht.


Das aktive Wahlalter wird in der BRD dem in der DDR angeglichen, vom 21. auf das 18. Lebensjahr herab gesetzt.

Der amerikanische Präsident Richard Nixon lässt den Vietnamkrieg nach Kambodscha / Kampuchea ausweiten.


Wissenschaft: / Raumfahrt:

Die automatische sowjetische Weltraumstation „Luna 16“, ein unbemanntes Labor, wird in Baikonur (Sibirien) gestartet. Es landet weich auf dem Mond, schürft dort Mondgestein. Nach vier Tagen ist die Arbeit beendet. Die Rückkehrkapsel bringt es zur Erde. Die Landung der Kapsel erfolgt in Kasachstan.

Im November wurde von der sowjetischen Mondsonde „Luna 17“ ein unbemanntes „Auto“ auf dem Mond abgesetzt. Man gab ihm den Namen „Lunochod I“. Es kann von der Erde aus gesteuert werden. Im Jahr 1971 wird es 11 Monate lang die Oberfläche des Kraters „Regenmeer“ erkunden und dabei 80.000 qm kartieren. Das Fahrzeug wird nach Abschluss der Arbeiten einsam auf dem Mond bleiben. Wir denken, dass es später noch einmal Besuch bekommen könnte (siehe 1971).


Wissenschaft und Technik:

Ein Querdenker meint, in 30 Jahren würde es kleine Telefone geben, vielleicht so groß wie ein Brillenetui mit dem man völlig ohne Elektroleitungen von Deutschland selbst nach Amerika oder Australien telefonieren könne. Er wurde als etwas verrückt erklärt.

Der norwegische Zoologe und Geograph Thor Heyerdahl überquert den Atlantik im Mai / Juni mit seinem Papyrusschiff Ra II in 57 Tagen von Safi nach Barbados. Der erste Versuch im vergangenen Jahr mit Ra I musste aufgegeben werden.

Ein neuer Geschwindigkeitsrekord am 08. Oktober auf einem trockenen Salzsee in Utah. Der Amerikaner Gary Gabelich erreichte mit seinem dreirädrigen Raketenauto „Blue Flame“ eine Geschwindigkeit von 1.002 km/h.


Bauen:

Zum Geburtstag der Republik wird im Harz die Thale-Seilbahn zum Hexentanzplatz in Betrieb genommen.


Wirtschaft:

Die Firma Boeing aus Washington läutet mit dem Bau der „Boeing 747“ (70,5 Meter lang, 500 Passagiere, Reichweite 8.000 Kilometer) die Ära der „Jumbo-Jets“ ein.

Am 25. November geht das „Centrum-Warenhaus“ am Berliner Alexanderplatz in Betrieb. Dieses ist nun das größte der Republik.


Musik:

Im Februar findet das 1. Festival des Politischen Liedes in Berlin statt.

Frank Schöbel „Der Mädchenchor“, Britt Kersten singt „Heut ist Hochzeit“. Eine Schweizer Gruppe kreiert „Ja grüezi wohl Frau Stirnima“. Wencke Myhre aus Schweden singt: „Er hat ein knallrotes Gummiboot“. Ein weiterer Schlager: „In the Summertime“. Der Komponist Robert Stolz wird 90 Jahre alt.


Mode:

Maxi löst leider Mini ab – von vielen Menschen bedauert.


Das Jahr 1971

Politik der DDR:

Im Februar wird der im Jahre 1952 unterbrochene Telefonverkehr zwischen Ost- und westberlin wieder aufgenommen.

Am 3. Mai tritt in der DDR Walter Ulbricht vom Amt des 1. Sekretärs des Zentralkomitees der SED zurück. Das heißt, er wird durch Ziehsohn und Nachfolger dringend zum Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen genötigt. „Jetzt sollen die Jungen ran“. Doch auch Erich Honecker, der Nachfolger, ist bereits über 60 Jahre alt.

Vom 15. bis 19. Juni findet der VIII. Parteitag der SED statt.

Ein Umtaufakt: Am 15. November erhält der „Deutschlandsender“ den neuen Namen „Stimme der DDR“


Politik der BRD:

Willy Brandt, Bundeskanzler (SPD) erhält am 10. Dez. in Oslo für seine Ostpolitik den Friedensnobelpreis.


Politik des Auslandes:

Im März nimmt Chile diplomatische Beziehungen zur DDR auf.

Am 3. September wird das Vier-Mächte-Abkommen über West-Berlin unterzeichnet.


Wissenschaft:

5. Februar: Die Mondfähre „Antares“, von einer Apollo – 14 – Rakete befördert, landet mit den Astronauten Alan Shepard und Edgar Mitchell nahe des Kraters F. Mauro. 33,5 Stunden brachten die Astronauten auf dem Mond zu, d. h. bei zwei Ausstiegen aus der Kapsel erkundeten sie ihn insgesamt neun Stunden lang. Sie sammelten für irdische Untersuchungen Mondgestein ein, den sie in einem gummibereiften Handkarren zur Raumkapsel transportierten. Letzterer blieb auf dem Mond zurück.

Der dritte Astronaut, Stuart Roosa, absolvierte im Orbiter, der inzwischen den Mond mit einem Abstand von 110 km umkreiste, ein anderes Forschungsprogramm. Menschen und Technik müssen gegen die extremen Temperaturwerte ausreichend geschützt werden. Die Mondoberfläche hat im Sonnenschein auf der Tagseite eine Temperatur von +100°C aber auf der sonnenabgewandten Nachtseite eine Temperatur von -273,15°C.

Apollo – 15-Mission. Die Crew der Astronauten: David R. Scott, Alfred M. Worden und James B. Irwin, nahmen ein Auto namens „Moon Rover“ am 30. Juli 71 mit auf den Mond, das „Lunar Roving Vehicle“. 66 Stunden, 54 Minuten und 53 sec. dauerte deren Mondaufenthalt. 18 Stunden lang sammelten die Astronauten mit dem Mondauto Gesteinsproben ein – und kamen mit den Proben gut zur Erde zurück. (Bereits im Vorjahr kurvte das sowjetische automatische Mondfahrzeug „Lunochod“ über unseren Begleitplaneten.)

Das Modell einer Magnetschwebebahn wird gebaut.

„Calypso“, das Forschungsschiff von Jaques-Yves Cousteau, befindet sich auf einer weiteren Forschungsfahrt. Diesmal gilt es die Laut-Kommunikation und das Verhalten der Delphine zu studieren.


Bauwesen:

Am 04. Juni wird das Hotel Neptun in Warnemünde fertig. Es will sich nicht so recht in die Landschaft einfügen. Wegen der Preise erhält es von der Bevölkerung bald den Namen „Nepptum“. Aus Gründen der Preisgestaltung ist es auch bei weitem nicht voll belegt, so dass der FDGB in diesem Hause vorerst ein Kontingent an günstigen Ferienplätzen erhält.

1971 wird der riesige Staudamm an der Schlucht bei Assuan (Ägypten) am Nil fertig gestellt. Die Staumauer ist 121 m hoch und 4 km lang. Sie staut einen See von 510x12, 5 km an. Mit ihm werden die früher jährlich auftretenden Nilüberschwemmungen in Ägypten und dem Sudan vermieden.


Soziales:

In der BRD halten nach Haschisch und Marihuana zunehmend harte Drogen wie Heroin und LSD Einzug. Rauschgift-Tote sind zunehmend zu beklagen.


Alltag:

In der BRD werden erste Videorecorder verkauft (2.000 Deutsche Mark).

Im Oktober wird in Karl-Marx-Stadt der monumentale Steikopf von Karl Marx, anlässlich seines 135. Geburtstages, aufgestellt. Schnell gibt das Volk Denkmal den sächsisch-mundartlich gefärbten Namen: „Der Nischel“.


Mode:

Sehr kurze, enge Damenhosen kommen auf den Markt (Hot Pants / Heiße Höschen).

Die BRD führt als zivile aber uniformierte Ordnungshüter im Straßenverkehr „Politessen“ ein.

Im Westen gibt es erste Selbstbedienungs-Geldautomaten.


Unterhaltung:

Daniel Gerard singt „Butterfly“. Die „Neue Deutsche Welle“ bringt mehrere Titel heraus.

Im ARD-Fernsehen beginnt am 13. Mai Hans Rosenthal mit der Unterhaltungs-Serie „Dalli Dalli“ und auch die Kinderserie „Sesamstraße“ beginnt.

Ende Mai darf in Dresden das 1. Dixieland-Fest stattfinden. Vom 25. Juni bis zum 11. Juli finden die ersten Kinder-Sommerfilmtage statt. Am 27. Juni erscheint der erste Film „Polizeiruf 110“ im Fernsehen. Diese Serie wird ungezählte Folgen haben.


Film:

Die DEFA dreht den Film „Zeit der Störche“.


Naturgewalten:

Ausbruch eines Vulkans auf der kanarischen Insel La Palma – sehr gefährlich, da die Insel auf einem vulkanischen Schlot ruht. Bricht dieser „lange Hals“ bei einer Eruption auf, wird die Insel verschwinden und dabei eine unglaublich starke Flutwelle erzeugen.



Das Jahr 1972


Politik in der DDR:

Am 15. Januar vereinbaren DDR und CSSR den Pass- und visafreien Reiseverkehr, der mit Polen bereits besteht, aber später wieder eingegrenzt/aufgehoben wird. Momentan reicht aber der Personalausweis bei der Grenzkontrolle. Taschenkontrolle bleibt aber üblich.

Der Grundlagenvertrag zwischen BRD und DDR zur Normalisierung der innerdeutschen Beziehungen wird geschlossen. (Was gilt hier als normal?).

Ab Ende des Monats Juli kann man von Westberlin aus erstmals in einem sogenannten Telefonselbstwählverkehr in die DDR telefonieren. Sofort sind die Netze überlastet.

Im September besucht die US-Amerikanische Bürgerrechtlerin Angela Davis die DDR.

Eine Amnestie: Die DDR-Führung beschließt, Bürger die vor 1972 das Land illegal verließen nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen, ihnen dagegen jedoch die Staatsbürgerschaft abzuerkennen.

Im November wird die DDR in die UNESCO aufgenommen.

Von diesem Jahr an wird die Nationalhymne der DDR in den Schulen nicht mehr auswendig gelernt, nicht mehr gesungen, sondern nur noch instrumental gespielt Schuld daran ist der Begriff „Deutschland“ statt DDR, „Deutschland, einig Vaterland“. Das geht doch bitte nicht. Andere Werke wurden einfach umgeschrieben aber hier – nein.


Politik in der BRD:

Bundeskanzler Willy Brandt beginnt seine 2. Amtsperiode.Die überlebenden palästinensischen Attentäter der Olympiade in München werden gegen die Passagiere einer entführten Lufthansa-Maschine ausgetauscht.


Politik im Ausland:

Amerikanische Entlaubungsgifte und Napalmbomben fallen auf Vietnam. Die USA-Kriegsmaschinerie gegen Reisbauern – ein sinnloser Krieg, eigentlich ohne Feind, ohne Aussicht auf einen Sieg.

Nixon wird durch die „Watergate – Affäre“ gestürzt. (Einbruch und Abhörmanöver im Wahlkampf mit unlauteren / kriminellen Mitteln im Watergate-Hotel.


Wissenschaft:

Das französische Forschungsschiff „Calypso“ beteiligt sich an wissenschaftlichen Arbeiten auf dem 6. Kontinent, der Antarktis, die mit etwa 13 Millionen Quadratkilometer Eisfläche bedeckt ist. Auf dieser Reise werden die Filme gedreht: „Die Fahrt ans Ende der Welt“ und „Blizzard in der Esperanzabucht“. Erstmals überhaupt forscht eine Mannschaft mit einem Tauchboot im antarktischen Ozean. Lebewesen werden dort gefilmt, die bisher noch nie eines Menschen Auge hat sehen können. Auf dem Wege dorthin sind im Golf von San José Glattwale zu sehen (16 – 18 m lang, 50 – 70 t schwer, riesige gutmütige Tiere, sanft, langsam, friedlich – ebenso Schwertwale und Weddellrobben, mit Sonar ausgestattet. Sie tauchen bis 800 m und können eine ¾ Stunde unter der Wasseroberfläche bleiben, ohne Luft holen zu müssen.

Die über 40 t schweren Pottwalbullen tauchen durchaus 1,5 Stunden und bis zu 3.000 m tief. In den Tiefen kommt es auch zu Kämpfen mit Riesenkalmaren, von denen sie sich ernähren.

Auch in den Tiefen der Meeresenge Juan de Fuca (vor dem Bundesstaat Washington) werden Großkraken entdeckt, mit einer geschätzten Masse von 200 kg und Tentakellängen von 4 m. Riesenschildkröten werden gesichtet, die vielleicht schon 140 Jahre alt sind, Mantas mit mehr als 4 m Spannweite und viele andere Tiere mehr.


Technik:

Der erste Airbus A 300 mit 250 Sitzplätzen wird gebaut. Beteiligt sind Frankreich und Deutschland nach dem „Airbus-Vertrag“ von 1969.



Bauwesen:

West-Berlin: Die Ruinen des Vox-Hauses werden gesprengt, das „Haus Vaterland“ (Kempinski) abgerissen.

Pünktlich zum Jahrestag der Republik wird in Jena das neue zylindrische Hochhaus der Universität fertig. Die Einwohner geben ihm bald den Namen „Penis jenensis“.


Wirtschaft:

In diesem Jahr läuft der 15 Millionste VW „Käfer vom Band und überschreitet damit die magische Zahl des Ford (Tin Lizzy), von dem in den zwanziger Jahren etwas mehr als 15 Mio. Stück hergestellt hatte, als man die Produktion jenes Typs einstellte.


Soziales:

In der DDR wird es erlaubt, Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12. Woche eines Embryos zu unternehmen.


Sport:

In München findet die Olympiade (Sommerspiele) statt. Dort, im olympischen Dorf, dringen Palästinenser mit Handgranaten in das Quartier der israelischen Sportlergruppe ein. Bei der Befreiungsaktion durch eine Spezialtruppe der Bundeswehr sterben die fünf palästinensischen Terroristen aber auch alle neun israelischen Geiseln und ein Polizist. Die Spiele gehen weiter.

Der schwedische Kronprinz Gustav Adolph verliebt sich am Rande der Olympiade in eine Hostess der olympischen Spiele: Sylvia Sommerlatt. In einigen Jahren wird sie schwedische Königin sein.

Die olympischen Winterspiele werden in Sapporo ausgetragen.


Kultur / Unterhaltung:

In der DDR hat man begonnen, das Fernsehen in Farbe auszustrahlen. Die Systeme der DDR und der BRD (Secam und PAL) sind verschieden und lassen sich nicht mit dem gleichen Apparat empfangen. Ein Farb-Fernsehapparat kostet in der DDR vorerst 6.000 Mark.

Der Deutsche Fernsehfunk (DFF) wird in „Fernsehen der DDR“ umbenannt

Die Fernsehserie „Außenseiter – Spitzenreiter“ über außergewöhnliche Hobbys, manche auch skurrilen Liebhabereien beginnt, ebenso die Sendereihe „Ein Kessel Buntes“ aus dem Friedrichstadt-Palast.

Das Buch „Das Impressum“ von Hermann Kant erscheint.


Alltag:

Der Ehemann von Soraya (frühere Frau des Schah von Persien), ein italienischer Regisseur, stirbt bei einem Flugzeugabsturz.


Katastrophenmeldungen:

Am 14. August stürzt eine “Iljuschin 62“ der DDR-Interflug bei Königswusterhausen ab. Es gab keine Überlebenden. 148 Fluggäste und 8 Besatzungsmitglieder kommen ums Leben.

Als Absturzgrund wird eine konstruktive Unzulänglichkeit der sowjetischen Maschine ermittelt. Die sojetische Führung spricht dagegen von menschlichem Vesagen des DDR-Piloten, baut aber ihre Maschinen (heimlich) nach dem Unfallermittlungsergebnis der DDR Techniker um.

Am 13. Oktober stürzte das Flugzeug der Rugby-Mannschaft „Old Christians“ (röm.-kath.) aus Uruguay auf dem Weg nach Santiago de Chile in den verschneiten Anden ab. 16 Sportler sind sofort tot, 29 Überleben den Absturz vorerst. Bald aber sterben in einer Lawine acht weitere Menschen. Sie leben 72 Tage in Kälte, Eis und Schnee und ohne Nahrung in den hochalpinen Bergen gefangen. Um überleben zu können, müssen sie die gefrorenen Leichen der Kameraden verzehren. Einige versuchen den gefährlichen Abstieg und den Fußmarsch nach Chile. Der Großteil der Überlebenden wird nach der wochenlangen Suche am 22. Dezember von einem Rettungshubschrauber gefunden.




1973! Mal sehen, was dieses Jahr bringt.

Politik der DDR:

Die Grenztruppen der DDR werden eigene Einheiten, können unabhängig von der Armmee operieren. Ähnlich war es in den Anfangsjahren, als diese als Grenzpolizei eingesetzt waren.

Am 01. Juni gibt es schon wieder neue Geldscheine.

In Berlin stirbt am 01. August 73 um 12.55 Uhr, (während der Weltfestspiele in Berlin) der ehemalige DDR-Staatratsvorsitzende Walter Ulbricht. Nach Abschluss der Weltfestspiele wird er im Sarg „zum Abschied nehmen seitens der Bevölkerung“ hinter einem Lkw W 50, auf einer Kanonenlafette sehr zügig durch die Karl-Marx-Allee gerollt.

Im September werden die BRD und die DDR in die Vereinten Nationen aufgenommen. Die UNO umfasst somit 133 Staaten.

Am Geburtstag der Pionierorganisation, dem 13. Dezember, gibt es eine Neuerung. Nur noch die kleinen Jungpioniere erhalten ein blaues Halstuch. Mit der Schul-Mittelstufe erhalten die Jungen und Mädchen (Thälmann-Pioniere) dann rote Halstücher, wie es in der Sowjetunion üblich ist. Die ganz Großen (Pionierleiter, das sind meist Unterstufenlehrer) haben blau/rote Halstücher.

DDR-Bürger dürfen von jetzt an auch in den Intershops Westwaren einkaufen – mit West-DM, die auf irgendwelchen Wegen in ihre Hände gelangten. Diese Geschäfte haben ihren ganz arteigenen Geruch. – man kann sie also schon der Nase nachgehend aufsuchen.

Der Mindestumtausch für Einreisende wird von 10 DM auf 20 West-DM erhöht. Dafür gibt es gute Gründe und gute 20,-- DDR-Mark. So wird vermieden, dass ein Westdeutscher, am Imbiss-Stand vielleicht noch nicht ausreichend gesättigt, in finanzielle Not geraten könnte.


Die DDR wird als Mitglied der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgenommen.

Politik der BRD:

Politik im Ausland:

Die USA stellen endlich den Krieg gegen Nord-Vietnam ein, das bedeutet: Sie fliehen aus diesem Land. Die Wunden des Landes aber werden noch Jahrzehnte zu sehen sein.

Der chilenische Diktator General Pinochet verwandelt das Land in eine Militärdiktatur, nachdem die fortschrittliche Zivilführung unter Salvatore Allende abgesetzt und viele Regierungsmitglieder ermordet wurden. Bekannt wurde unter Allende auch im Ausland der Dichter Pablo Neruda. In der Folge kommen eine Reihe chilenischer Flüchtlingsfamilien in die DDR und sie erhalten hier Wohnungen und Arbeit.



Wissenschaft und Technik:

Im Januar bringt die Mondmission „Luna 21“ das automatische Mondauto „Lunochod 2“ auf den Erdtrabanten. Es rollt auf acht Rädern auf dem Mond spazieren“. Es arbeitet 137 Tage, fährt dabei 37 km weit und funkte ca. 80.000 Bilder zur Erde.


Bauen in der Welt:

In diesem Jahr wird das Opernhaus von Sydney eröffnet. 7 Jahre lang wurde an der Bauhülle gearbeitet, 7 Jahre währte der Innenausbau. Die Zukunft wird wissen, dass dieser „Muschelschalenbau“ im Jahre 2007 in die Weltkulturerbeliste aufgenommen werden wird.


Bauen in Berlin (DDR):

Der Grundstein für den Palast der Republik wird am Marx-Engels-Platz (früherer Schlossplatz) gelegt.


Bauen in Potsdam:

An der Friedrich-Ebert-Straße wird ein Bildungszentrum mit Bibliothek und Fachschule gebaut.


Wirtschaft:

Saudi-Arabien drosselt die Ölfördermengen. Der Treibstoff wird im Westen teurer.

Wegen der Ölkrise (ausgelöst vom Jom-Kippur-Krieg) wird in der BRD ein Sonntagsfahrverbot und bestimmte Geschwindigkeitsbegrenzungen eingerichtet. Drei autofreie Sonntage führen zu Volksfesten auf sonst viel befahrenden Straßen.

In der DDR kommt „AUBI“ auf den Markt. Das alkoholfreie Autofahrerbier. Eine feine Sache, denn der Alkohol ist nun fort. Der akzeptable Geschmack ebenso.


Unterhaltung/Kultur:

28. Juli bis 06. August In Ost-Berlin, Hauptstadt der DDR, finden die X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten statt. Teilnehmen aus 140 Ländern.

Zur Begleitung der „Weltfestspiele der Jugend und Studenten“ in Ost-Berlin, wird die Fernsehsendung „Rund“ ins Leben gerufen. Sie berichtet 216 Stunden lang über die neun Tage dauernden Festspiele. Reinhold Andert singt links-politische Lieder. Frank Schöbel und Aurora Lacasa singen.

In die Kinos der DDR kommt der der DEFA-Film „Die Legende von Paul und Paula“. Bei der Uraufführung mit geladenen Staatsgästen durchgefallen, bei der Bevölkerung ein Kassenschlager ein riesiger Erfolg. Durch die Filmlieder wird die Musikgruppe „Pudhys“ bekannt.


Es beginnt die Serie „Ein Kessel Buntes“ am 29. Januar 1973 im Friedrichstadtpalast.

…und im Westen? Cindy und Bert singen „Immer wieder sonntags“. Gitte Haenning aus Dänemark singt „Junger Tag“, Elfi Graf dagegen: „Herzen haben keine Fenster“. Julio Iglesias „Wenn ein Schiff vorüberfährt“ und Dennis Rossous, der Grieche: „Good bye my Love, good bye“. Vaclav Neckar besingt das „Krokodil Theophil“. Roy Black und Anita singen, Daliah Lavi singt. Auch die Les Humphreys Singers. Der ostfriesische ehemalige Lehrer, jetzt Komödiant, Otto Walkes zeigt seine Einmann „Otto-Show“.

Die Sesamstraße beginnt als Kinderfernsehserie.


Sport:

Christine Errath wird im Februar Europameisterin im Eiskunstlauf.

13. Mai: Es findet in Thüringen der erste offizielle Rennsteiglauf statt.

Sportler des Jahres werden die Schwimmerin Kornelia Ender und der Schwimmer Roland Matthes.


Alltag:

In diesem Jahr stirbt der spanische Maler Pablo Picasso.

Die spanische Mittelmeerinsel Mallorca erlebt einen touristischen Aufschwung durch westdeutsche Reisende, da ihnen Italien immer teurer wird. Wir können dort nicht hin.

In West-Berlin öffnet der erste Berliner Flohmarkt.


Mode:

Im Westen halten hochhackige „Plateauschuhe“ für Männer und Frauen Einzug. Unten sehr weite „Schlaghosen“ sind bei beiden Geschlechtern modern.



Zeitgeschichtliches aus dem Jahr 1974

Politik der DDR:

Mit dem Beginn des Jahres brauchen die DDR Autos, die ins Ausland wollen, neue Nationalitätenkennzeichen. Es gilt nun nicht mehr das schwarze „D“ , schwarz umrandes aud weißem oval. Das neue Kennzeichen heißt „DDR“.

Der Genosse und Freund der Jugend Erich Krenz wird Vorsitzender der FDJ (Freie Deutsche Jugend).

Im September nehmen die USA als letzte der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, diplomatische Beziehungen mit der DDR auf.

Als neue sozialpolitische Maßnahme wird der Grundurlaub von 15 auf 18 Tage erhöht, für Schichtarbeiter auf 21 Tage.

Im Oktober wird der Mindestumtauschsatz für Einreisende von 20 DM auf 13 DM gesenkt.

Das Müllabkommen“Westberliner Abfälle in die DDR“ wird in der DDR zu Gold-Devisen.


Politik der BRD:

Bonn und Ost-Berlin (für die DDR) etablieren ab 02. Mai „Ständige Vertreter“, so die Bezeichnung. Man wählt nicht den Begriff „Botschafter“, was ja eine de facto-Anerkennung der DDR bedeutet hätte. Der Vertreter der BRD Günter Gaus sitzt nun in Ost-Berlin (Hauptstadt der DDR, Hannoversche Straße Ecke Chausseestraße und Michael Kohl vertritt in Bonn die DDR

Nachdem der Verfassungsschutz ihm auf den Fersen ist und es für ihn keinen Ausweg mehr gibt, gibt sich Ende April der Persönliche Referent des Bundeskanzlers Willy Brandt als Spion /Agent der DDR zu erkennen: „Ich bin Bürger der DDR und Offizier. Bitte akzeptieren Sie das“.

Der westdeutsche Bundeskanzler, Willy Brandt, SPD, tritt deshalb am 06. Mai 74 zurück. Er war der 3. Kanzler der BRD nach Konrad Adenauer und Ludwig Erhard. Er bleibt aber Vorsitzender der SPD. Wegen der Affäre um den DDR-Spion Günter Gulliaume, der im Bundeskanzleramt als Persönlicher Referent W. Brandt berät und der als Ost-Spion Geheimunterlagen der BRD-Regierung an die DDR weitergibt. (General Markus Wolf von der DDR Staatssicherheit ist sein Auftraggeber). Brandts Nachfolger aus der SPD wird Helmut Schmidt als neuer Bundeskanzler. Der bisherige Innenminister Genscher (SPD) wird Außenminister. Am 15. Mai wird in der BRD Walter Scheel als Bundespräsident gewählt.

Günter Gauss (+ 2004) wird ständiger Vertreter der BRD in der DDR, in Berlin, Hauptstadt der DDR. Die DDR feiert am 07. Oktober das Fest ihres 25jährigen Bestehens.

1974 beginnt im Libanon der Bürgerkrieg, quasi Jeder gegen Jeden – bis zur Besetzung durch Syrien für die Jahre 1990 – 2005.



Politik im Ausland:

Im April findet in Portugal eine Revolution mit dem Sturz der bisherigen Regierung statt. Die neue Regierung will die portugiesischen Kolonien in die Unabhängigkeit entlassen.

Japan: Hiro Onoda, früherer Leutnant der Kaiserlich-japanischen Armee wurde aus dem Dschungel einer philippinischen Insel befreit, auf die er 1944 zur Bewachung abgesetzt wurde und die er befehlsgemäß für Japan zu verteidigen hatte. 29 Jahren nach Kriegsende wurde er durch einen Suchtrupp gefunden und der frühere Befehl durch seinen früheren Kommandeur aufgehoben. Somit ging der 2. Weltkrieg nun auch für ihn zu Ende.


Am 13. September gehen RAF-Terroristen (um Holger Mainz) in den Hungerstreik. Andreas Bader und die Pfarrerstochter Ulrike Meinhoff kommen wegen Mordes ins Gefängnis Der französische Philosoph Jean Paul Satre besucht Bader im Gefängnis Schon wird Tätern mehr Beachtung geschenkt, als den Opfern.

Politik im Ausland:

Wegen der Watergate-Affäre muss der USA-Präsident Richard Nixon zurücktreten.

Am 12. Februar wird der russischen Schriftsteller und Regimekritiker Alexander Solchenyzin aus der Sowjetunion ausgewiesen. Er findet in der BRD eine Aufnahme. Er schrieb u.a. Das kraftwerk (Bau-Zwangsarbeit im hohen Norden und „Archipel Gulag“, über eines der Straflager zur Stalinzeit.


Archäologie:

Im Jahre 1974 wird die unterirdische Grabanlage des chinesischen Kaisers Qin Shihuang Di wiederentdeckt. Dieser begann im Jahre 220 v. d. Z. mit dem Bau der Großen Chinesischen Mauer, als Schutzwall gegen die Mongolen. Als diese Mauer 210 v. u. Z. bereits etwa 6.250 km lang ist, stirbt der Herrscher. Die unterirdische Grabanlage für ihn wurde vermutlich von etwa 700.000 Arbeitern geschaffen. Über lange Zeiträume gilt sie als vergessen. Zufällig stieß man bei Grabungen in der Erde auf lebensgroße Tonfiguren. Bis zur Jahrtausendwende wird man mehr als 8.000 Ton-Soldaten dieser Terrakotta-Armee ausgraben. Sie alle zeigen fein geschnittene Gesichtszüge. Wiederholungen beim Aussehen sind nicht zu bemerken. Auch Streitwagen und Pferde aus der Zeit vor der Zeitenwende wurden ausgegraben aber die Ausgrabungsarbeiten werden vermutlich bis in das nächste Jahrtausend andauern.


Medizin:

In der BRD wird der 5 218 Bestrafung oder Recht auf Schwangerschaftsabbruch diskutiert. Es kommt zur sog. „Fristenlösung“, die den Abbruch bis zur 12. Woche legalisiert.


Technik:

Vor der sowjetischen Ostseeküste wurde ein Leuchtturm errichtet (ohne Leuchtturmwärter, von Land aus bedient), dessen Energie von einem kleinen Kernreaktor stammt.

In der BRD kommen Taschenrechner auf.

In der BRD löst ab 12. Juni der GOLF I den VW-Käfer ab. Der neue ist mit 50 PS ausgestattet und wird in Deutschland bis 1983 vom Band laufen.


Wirtschaft:

Die Ölkrise wirkt nach. Ab 02. Februar wird in der BRD erstmals der Tütengroschen für ie bunten Plastikeinkaufstüten erhoben, die ja auch aus Erdöl hergestellt werden. Bisher gab es diese umsonst. In der DDR ist das kein Thema. Einkaufen geht man mit dem „oft wiederverwendbaren“ eigenem Einkaufsnetz oder dem gummierten Seidenbeutel oder einem Einkaufskorb aus Bast oder Rohrgeflecht.Die Arbeitslosigkeit nimmt zu


Ab-Bauen in Potsdam:

Die Heiligengeistkirche, 1725 – 1728 von Gayette und Grael errichtet wird 1974 auf Befehl von Staats- und Parteiführung als Kriegsruine gesprengt. Sprengung des Turmes am 20. April. Natürlich gab die Potsdamer Bauaufsicht ihre Zustimmung.



Auf-Bauen in Berlin:

Auf dem früheren Schlossplatz (seit Jahren Marx-Engels-Platz) in Ost-Berlin wird der Palast der Republik errichtet 180m x 85 m x 25 m hoch, aus weißem Marmor und einer Glasfassade. Die Bauzeit wird rund zwei Jahre betragen und von hervorragenden technischen Einrichtungen in ausgezeichneter Qualität sein.


Sport:

Am 10. März wird Jan Hoffmann Weltmeister im Eiskunstlauf.

Hamburg, 22. Juni. Die DDR spielt in der Weltmeister – Vorrunde gegen die BRD. Jürgen Sparwasser (DDR) erreicht in der 79. Minute das 1:0. 1.300 besonders ausgewählte, „zuverlässige“ DDR-Besucher jubeln, 60.000 BRD-Zuschauer sind pikiert bis betreten.

In der Endrunde am 07. Juli, BRD gegen die Niederland, wird Deutschland Fußball-Weltmeister., mit Sepp Maier, Franz Beckenbauer und Berti Vogts.


Alltag:

Der Flughafen Berlin-Tegel in Berlin West, wird in Betrieb genommen.


Unterhaltung:

Im Dezember können ARD und ZDF Büros in Ost-Berlin eröffnen. Eine eingeschränkte Berichterstattung wird möglich.Die in Deutschland bisher unbekannte schwedische Musikgruppe „ABBA“ gewinnt den internationalen Chanson-Wettbewerb mit „Waterloo“ und erlebt einen ungeahnten Aufschwung, eine große Beliebtheit.

Nach amerikanischem Muster tauchen in der BRD so genannte Talk-Shows auf.

Es beginnt die Familien-Fernseh-Serie „Ein Herz und eine Seele“, mit dem Ekel Alfred Tetzlaff als Familienvater und die Kinder-Fernseh-Rate-Serie „Die Montagsmaler“ mit Frank Elsner. Rudi Carell moderiert die Unterhaltungssendung „Am Laufenden Band“, eine Sendung für Merker. In der BRD wird das „Kinderüberraschungsei“ auf den Markt gebracht.

Vicky Leandros singt: „Theo, wir fahr’n nach Lodz. Die Rubbets: „Sucre Baby, love“., Tina Hagen: “Du hast den Farbfilm Vergessen” und Michael Holm “Tränen lügen nicht.”


Film und Literatur:

Von der DEFA wird „Orpheus in der Unterwelt“ produziert. Ein Karl-May-Film entsteht. Das Buch „Franziska Linkerhand“ von Brigitte Reimann erscheint.


Naturgewalten:

Zu Weihnachten verwüstet der Wirbelsturm „Tracy“ in Australien die Stadt Darwin und die Umgebung.



Neues aus dem Jahre 1975

Politik in der DDR:

Die Sonntagsausgaben der Zeitungen werden wegen Papierknappheit eingestellt.

In der DDR erhält die regimekritische Musikband „Renft-Combo“ Auftrittsverbot. Klaus Renft geht nach West-Berlin.

Die Jugendtourist-Büros (Reiseverkaufsstellen mit günstigen Angeboten für junge Leute) werden eingerichtet

Kinder von Republikflüchtlingen können vom Staat an „linientreue“ Genossen zur Adoption freigegeben werden.


Politik in der BRD:

Ab 01. Januar werden junge Menschen mit dem vollendeten 18. Lebensjahr volljährig (so wie in der DDR üblich). Bisher wurde die Volljährigkeit in der BRD erst am 21. Geburtstag erreicht. In diesem „Ausnahmejahr“ werden also die Jugendlichen der vier Geburtsjahrgänge 1954 – 1957 volljährig.

In die Armee der BRD, dem „Bund“ dürfen von diesem Jahr an auch Frauen eintreten.Peter Lorenz, der Spitzenkandidat und Vorsitzende der Berliner CDU wird am 27. Februar, kurze Zeit vor der Wahl von RAF-Terroristen entführt. Die Forderung der Entführer: Sechs RAF-Häftlinge sind freizulassen. und ein Flugzeug wird zur Ausreise gefordert. Die bundesregierung gibt nach. Fünf von sechs Häftlingen reisen in den Jemen aus. Am 05. März wird Peter Lorenz wieder frei gelassen.. Die Entführer werden nicht gefasst. Sieben Wochen später: Ein neues Ultimatum von RAF-Terroristen: Am 24. April in der deutschen Botschaft in Stockholm neue Forderungen zur Freilassung von 26 Mitgliedern der RAF, darunter Andreas Baader und Ulrike Meinhof. Diesmal geht die Bundesregierung nicht auf die Forderungen der Terroristen ein. Im Ergebnis werden von der RAF die Botschaftsangehörigen Andreas von Mirbach und Heinz Hillegaart erschossen. Einige Zeit darauf bringen die Terroristen einen Sprengsatz in der Botschaft zur Explosion. Das Gebäude brennt.

Der Prozess gegen die RAF-Mitglieder Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Ensslin und Raspe wegen vier Morden und 54 Mordversuchen verzögert sich. Er wird erst 1977 enden.

In der DDR denken viele: Bloß gut, dass es so etwas bei uns nicht gibt.


Politik im Ausland:

Spaniens Diktator General Franco ist tot. Er starb am 20. November 75 in Madrid. Endlich. Staatsoberhaupt wird der 37jährige Kronprinz und baldige König Juan Carlos.

In Angola bricht der Bürgerkrieg aus.

30. April: Der Vietnam-Krieg wird beendet. Letzte Amerikaner flüchten vor den nordvietnamesischen Armee und den Partisanen aus Saigon, was südvietnamesischen Mitarbeitern der Amerikaner verwehrt bleibt. Damit bricht auch die südvietnamesische Regierung zusammen. Die bisherige südvietnamesische Hauptstadt Saigon wird sofort in Ho-Chi-Minh-Stadt umbenannt. Nachtklubs und Bordelle werden von der neuen sozialistischen Regierung sofort aufgelöst.Der Krieg, 1946 von den Franzosen begonnen, von den USA weiter geführt, ist nach 29 Jahren beendet. Nordvietnam siegt im eigenen Land über die USA. Eine unvergleichliche Materialschlacht.

Der nach dem israelisch-ägyptischen 6-Tage-Krieg vom Juni 1967 geschlossene Suez-Kanal wird vom ägyptischen Präsident Anwar el Sadat wieder eröffnet.


In Helsinki wird am 01. August die Schlussakkte der KSZE unterzeichnet.


Wissenschaft:

Europa startet ins All – vorerst theoretisch. Die ESA (European Space Agency) wird gegründet und bald die erste europäische Trägerrakete Ariane entwickelt.

Erstmals werden am 17. Juli zwei Raumfahrzeuge zusammengekoppelt. 225 km über dem Nordatlantik docken ein USA-Apollo-Raumschiff und eine SU-Sojus-Raumkapsel aneinander. In der Verbindungsschleuse kommt es zum Händedruck zwischen Thomas Stafford und Alexej Leonow. Eine Intensivierung / Fortführung der Zusammenarbeit gibt es aber nicht, weil der „Kalte krieg“ die „politische Großwetterlasge“ wieder verschlechtert.

Sowjetische Kosmonauten und US-amerikanische Astronauten treffen sich erstmals im Weltall. (Rakete und Raumstation).

Jaques-Yves Cousteau und seine Mannschaft begeben sich für zwei Jahre mit der „Calypso“ auf eine archäologische Forschungsreise. Vor Griechenland werden aus einem Schiffswrack Schätze (Bronzeskulpturen) gehoben. Vor Kreta werden bei Heraklion und Dia, einem Inselchen vor Knossos, verschiedene Wracks untersucht. Im antiken Hafen der Insel Psira sind verankerte Schiffe auf Grund gesetzt worden – wahrscheinlich von der mächtigen Tsunami-Welle während eines Vulkanausbruchs auf Santorin (etwa 1.500 Jahre v.u.Z.). Viele Keramiken (minoische Kultur) werden dort gefunden und geborgen.


Technik:

Die DDR bemüht sich um den Bezug von Energie aus der Sowjetunion. Ab 01. Oktober beginnen die Bauarbeiten an der Erdgasleitung, genannt Druschba-Trasse „Leitung der Freundschaft“. Sie führt von Orenburg am Ural 2.750 km bis nach Uschgorod an der sowjetisch – tschechischen Grenze. Bis zu 10.000 Jugendliche der DDR, aus allen möglichen Berufen, arbeiten an diesem 550 km langen DDR-Abschnitt, der bei Krementschug in der Ukraine beginnt.



Soziales:

Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Abtreibung ungeborenen Lebens, als mit der Verfassung nicht vereinbar. Die Fristenregelung des § 218 wird umgestoßen. Die Abtreibung bleibt illegal. Es wird jedoch eine Straffreiheit geben, wenn bestimmte, abzuwägende Notsituationen für eine Abtreibung glaubhaft gemacht werden können.

In der DDR besteht seit 1972 die Fristenregelung.


Unterhaltung:

Im Fernsehen der DDR beginnt eine rührende, teilweise sozialkritische Serie „Mit Herz und Schnauze“ mit Agnes Kraus in der Hauptrolle als Gemeindeschwester, die mit ihrem KR 50 –Moped durch die Gegend zu ihren Patienten reist.

Die DEFA dreht den Film „Till Eulenspiegel“. Jakob der Lügner von Jurek Becker wird von der DEFA verfilmt.


Alltag:

Die Anti-Atomkraft-Bewegung formiert sich in der BRD am 18. Februar mit Protesten gegen die Kraftwerksbaustelle in Wyhl (Baden).

In der BRD gründet sich der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland, kurz „BUND“.

Am 15. März stirbt der griechische Milliardär Aristoteles Onassis kurz vor der Scheidung von Jaqueline Kennedy an Myasthenie (einer seltenen Muskelschwäche) und Bronchial-pneumonie, nach dem Verlust einer Niere. Blieb ihm also Weiteres erspart.



Zeitgeschichte im Jahr 1976

Politik in der DDR:

Das neue Zivilgesetzbuch erscheint.

Zum 01. Juni wird die 42-Stunden-Woche für Schichtarbeiter eingeführt.

Vom 18. bis 22. Mai tagt der IX. Parteitag der SED in Berlin. Erich Honecker, Dachdeckerhelfer, früherer FDJ-Vorsitzender und Staatsratsvorsitzender, wird nun zusätzlich Generalsekretär der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands in der DDR.


Der evangelische Pfarrer Oskar Brüsewitz aus Rippicha übergießt sich am 18. August auf dem Marktplatz von Zeitz (Bezirk Halle) vor der Michaeliskirche mit Benzin und zündet sich an. Schnell wird die Kleidung gelöscht aber nach vier Tagen stirbt er im Krankenhaus an den Verbrennungen. Ein familiärer Kontakt wird ihm und seinen Angehörigen nicht gewährt. Er verstand seine Selbsttötung als Protest gegen die relative Unterdrückung der Kirche. „Die Kirche in der DDR klagt den Kommunismus an. Kein Kind, das den Religionsunterricht besuche dürfe die zum Abitur führende Schule besuchen.“

Einige Zeit vorher hatte er das Kreuz auf dem Turm seiner Kirche mittels eines Scheinwerfers beleuchtet, was ihm jedoch untersagt wurde. Pfarrer Brüsewitz fühlte sich von der um Ausgleich bemühten Kirche im Stich gelassen. Vertreter des Staates stellten ihn als einen Verbohrten, als schwierigen Sonderling, als einen Querulanten dar.

Die Bevölkerung der DDR wurde über diesen Vorfall vom ARD-Fernsehen durch einen Beitrag von Lothar Loewe informiert, der (bis zu seiner Ausweisung zu Weihnachten) in der DDR arbeitet.

Volkskammerwahlen am 17. Oktober. Wie üblich werden die Stimmzettel ausgezählt auf denen es keine Namen oder Parteien anzukreuzen gibt. Der Stimmzettelinhalt wird möglicher Weise öffentlich zur Kenntnis genommen und dann öffentlich in die Urne gesteckt. Auf diesem Wege stimmen 99,86 % der DDR-Bürger für die Kandidaten der Nationalen Front

Der kritische Sänger und Liedermacher Wolf Biermann wird während seiner Abwesenheit im November ausgebürgert, ihm wird die Staatsbürgerschaft der DDR aberkannt und er kann nicht in die DDR zurück. Letzter Anlass waren seine Kommentare bei seinem Konzert in Köln am 13. November, mit denen er ironisch-satirisch Verhältnisse in der DDR kritisierte..Mehr als 100 Künstler wenden sich gegen die Ausbürgerung. Jene erhalten zum Teil Auftrittsverbote, einigen wird die Ausreise in die BRD nahegelegt, andere werden von der Staatssicherheit überwacht. Ein Protestbrief von 13 Künstlern, verfasst von Stephan Hermlin und Stephan Heym, in dem sie um die Rücknahme der Ausbürgerung bitten, bleibt wirkungslos. Manfred Krug, Jurek Becker, Eva Maria Hagen und ihre Tochter Nina, gehen in den Westen. Prof. Havemann, Grünheide, Burgwallstraße, wird unter polizeilichen Hausarrest gestellt.

Reiner Kunze, ein Schriftsteller der DDR siedelt in den Westen über, nachdem sein Buch in der Heimat nicht veröffentlicht werden durfte.


Das Zivilgesetzbuch der DDR tritt in Kraft.


Der Korrespondent der ARD, Lothar Loewe wird am 22. Dezember aus der DDR ausgewiesen, wegen „Beleidigung von Staat und Volk der DDR“. Er hatte über den Schießbefehl für die DDR-Grenztruppen auf Flüchtlinge kritisch berichtet.


Politik in der BRD:

Es beginnt in der BRD die zweite Amtszeit des Bundeskanzlers Helmut Schmidt.

In der BRD (Brockdorf) wird gegen den Bau eines weiteren Atomkraftwerkes demonstriert.

Nach langen Verhandlungen werden zwischen der BRD und Volkspolen Vereinbarungen getroffen. Gegen Zahlung von 1 Milliarde DM, lässt Polen 125 Deutschstämmige in die BRD ausreisen.

Streik der Drucker in der BRD Ende des Monats April gegen höhere Löhne. Tagelang gibt es keine Zeitungen oder aber nur Notausgaben.

Die Pfarrerstochter Ulrike Meinhof, Angehörige der RAF (Rote Armee Fraktion), erhängt sich im Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart - Stammheim in ihrer Zelle. Es war erkennbar, dass sie innerhalb der Haftgruppe eine Position am Rande eingenommen hatte. Später mutmaßte man, dass sie vielleicht – wahrscheinlich aus der RAF hätte aussteigen wollen, was die Justiz mit ihrem subtilen Feingefühl nicht erkannt habe. Sie wird in Berlin beerdigt. Anschließend gibt es Straßenschlachten zwischen RAF-Sympatisanten und der Polizei.

Bundestagswahl am 03. Oktober. Die CDU / CSU erreicht 48,6 % der Wählerstimmen. Helmut Schmidt (SPD) bleibt Bundeskanzler und regiert in der Koalition mit der FDP. Helmut Kohl wird vorsitzender der CDU / cSU. Sein Slogan: „Freiheit statt Sozialismus“.


„Die Schlacht von Brockdorf“, in der BRD. Es kämpfen Atomkraftgegner und die Polizei gegeneinander


Politik im Ausland:

Am 16. Juni beginnt in Kambodscha die langjährige blutige Diktatur der Roten Khmer unter Generals Pol Pot, der in seiner Schreckensherrschaft einen Vernichtungskrieg gegen das eigene Volk führt.

Ebenfalls am 16. Juni: In Johannesburg / Soweto, Südafrika, findet Aufruhr der schwarzen Afrikaner gegen die weiße, sie unterdrückende Herrschaft, den Africaandern statt. Schwarze Schüler und Studenten gehen auf die Straße, um gegen die Unterdrückung zu protestieren. Die Demonstration endet in einem Massaker. Proteste auch gegen die zwangsweise Sprache „Africaans“ und der Verbildung zu Untertanen. Weiße kämpfen gegen Schwarze aber auch gegen Weiße (Briten). Schwarze kämpfen gegen Weiße aber auch gegen Schwarze (Stammesfehden, die jahrhunderte alte Tradition der Blutrache zersplittert eine mögliche und sinnvolle Einheit). Blutige Polizeieinsätze auch gegen dunkelhäutige Schüler. Etwa 700 Schwarze kommen dabei ums Leben. Eine größere Anzahl von ihnen auch bei der Polizei zu Tode gefoltert.

Die Bürger der USA feiern die 200jährige Wiederkehr der Staatsgründung. Die Indianer feiern größtenteils nicht mit.

09. September 1976. Mao Tse Tung, der Führer der chinesischen Volksrepublik stirbt. Damit geht auch die grausame Diktatur der „Kulturrevolution“ zu Ende. Den Dsiao Ping (es gibt unterschiedliche Schreibweisen) wird der Nachfolger, der den sozialistischen Weg beibehält, sich über Jahrzehnte ganz vorsichtig der Marktwirtschaft öffnet und dabei wachsende Erfolge erzielt. Er vertritt den wissenschaftlichen Fortschritt, statt (wie vorher) den anhaltenden Klassenkampf (gegen wen? Einige „Abweichler“?). Die unter Zwang kollektivierte Landwirtschaft wurde bereits in den 80er Jahren re-kollektiviert. (siehe um 2005: 10% jährliches Wirtschaftswachstum ist jetzt schon zu verzeichnen. Die Bundesrepublik Deutschland bringt es im Vergleich hier auf 1,6 %).

Die deutsche Sylvia Sommerlatt heiratet den schwedischen Kronprinzen Gustav Adolf. Sie werden das künftige Königspaar sein. 1972 hatten sie sich auf der Olympiade in München kennen gelernt, wo sie als Hostess gearbeitet hatte.


Technik:

Ab 01. Januar wird der Anschnallgurt für Menschen im Auto in der BRD Pflicht. In der BRD waren 1970 knapp 20.000 Menschen bei Verkehrsunfällen getötet worden. Aber auch dagegen gibt es wider Proteste, z.B. wegen „Freiheitsberaubung“.Als die materielle Grundlage dafür geschaffen ist, wird die Anschnallpflicht 1980 auch in der DDR eingeführt.

Nach dem 15. September wird die Multispektralkamera „MKF 6“ aus den Optischen Werken „Carl Zeiss“, in Jena, in der Raumkapsel Sojus 22 zur Erdfotografie eingesetzt.

In der BRD kommen Digitaluhren auf den Markt. Hier sind auch die ersten Tastentelefone zu sehen, die die Wählscheibenapparatur ablösen.


Bauen:

Am 25. April wird nach 32 Monaten Bauzeit auf dem Grundstück des alten, ehemaligen Berliner Stadtschlosses am heutigen Marx-Engels-Platz der Palast der Republik eröffnet. Der Kabarettist Heinz Draehn (Kuddeldaddeldu aus Rostock) ist einer der Festredner. Bald erhält das Gebäude die volkstümlichen Namen „Palazzo Protzi“ oder „Erichs Lampenladen“, weil das Honecker-Haus eben mit sehr vielen Kugellampen bestückt ist. 13 Restaurants, der große Saal für 5.000 Personen, Theater, Studios, Gemäldegalerie, Bowlingbahn usw. - hoch subventioniert – alles ist für die Bürger preisgünstig, so wird das Haus bald zum „Ballast“ der Republik.

Im Mai tagt hier der 9. Parteitag der SED und auch die Volkskammer, das Parlament, findet sich hier künftig zweimal im Jahr zusammen.

Noch konnte niemand ahnen, dass dieses aufwändige, mit modernster Technik ausgestattete aber auch mit viel Spritzasbest gestaltete Prunkgebäude bereits 20 Jahre später, nach der politischen „Wende“, auf der Abrissliste steht.

Im November gilt die Wiederherstellung des „Bauhaus“ in 4500 Dessau als abgeschlossen.



Soziales:

Die DDR-Regierung und die Gewerkschaften beschließen am 27. Mai die Senkung der wöchentlichen Arbeitszeit von 6x8 = 48 Stunden auf 43 ¾ Stunden. Am 30. Juli werden die Mindestlöhne von 350 auf 400 Mark pro Monat angehoben.

In der BRD treten ein neues Scheidungs- und auch Namensrecht in Kraft. Es wird jetzt nicht mehr nach dem Schuldprinzip, sondern so wie in der DDR nach der Zerrüttung einer Ehe geschieden. Bei der Hochzeit kann von jetzt an das Ehepaar konservativ den Namen des Mannes führen aber auch als Neuerung, den Namen der Frau oder auch Beide Familiennamen mit Bindestrich.

Es entsteht in Berlin das erste Frauen(zufluchts)haus das im ersten Monat bereits einen Zulauf von 200 Westberliner Frauen hat, die hauptsächlich wegen der Brutalität dem Eheleben entfliehen.


Sport:

Auf der Autorennstrecke Hockenheimring verunglückt Nicki Lauda und wird schwerverletzt aus dem brennenden Fahrzeug befreit.

Die Olympischen Sommer-Spiele finden in diesem Jahr in Montreal statt. Die DDR-Sportler erringen 40 Goldmedaillen und 25 Silber- und Bronzemedaillen.


Naturkatastrophen:

Ein schweres Erdbeben tritt in China auf. Etwa 300.000 Tote sind zu beklagen. Die Anzahl der Obdachlosen ist noch unbekannt.


Und eine weitere Katastrophe:

In Seveso bei Mailand tritt eine „kleine Wolke“ hochgiftigen Dioxins nach dem Bedienungsfehler in einer Chemiefabrik aus. Der Zwischenfall wird voerst geheim gehalten, bis gehäuft auftretenden Erkrankungen das nicht mehr ermöglichen. Erst nach über einer Woche nach dem Zwischenfall, werden umliegende Dörfer evakuiert. Die Aufräum- und reinigungsarbeiten werden sich bis in die achtziger Jahre hineinschleppen. Die genaue Anzahl der erkrankten, die detaillierten medizinischen Auswirkungen wurden nie offiziell erfasst.


Unterhaltungsmusik:


Im September wird im Fernsehen der Zeichentrickfilm „Biene Maja“ ein Riesenerfolg. 104 Folgen werden sich anschließen. Karel Gott singt die Titelmelodie.


Alltag:

Die Möbelfirma IKEA baut in Deutschland Verkaufsstellen auf.



1977

Politik in der Bundesrepublik:

07. April: In Karlsruhe ermorden „linksgerichtete“ Terroristen der „Rote Armee Fraktion“ (RAF) den Generalbundesanwalt Buback und seinen Fahrer, wie auch später am 30. Juli Bankchef Jürgen Pronto und deren jeweilige Begleiter. Das ist die zweite „Terroristengeneration“. Die gefassten der Täter werden für die Morde 3mal lebenslänglich plus einige Jahre Gefängnis bekommen. Das bedeutet wohl aber nach der bundesdeutschen Rechtsprechung, dass sie aber tatsächlich spätestens nach etwa 25 Jahren wieder freikommen werden. Sie werden sich nicht zu den Morden äußern, werden nichts zu einer Aufklärung beitragen oder Reue zeigen noch Mitleid mit den Angehörigen bekunden.

Auf dem afrikanischen Flugplatz Mogadischu werden nach der Entführung des Flugzeugs „Landshut“ durch vier Palästinenser, am 13. Oktober, nach Tagen der Angst und mehreren Zwischenaufenthalten, 86 Geiseln befreit. Der Pilot, Jürgen Schumann wurde allerdings vorher vom Anführer der Terroristen erschossen, nachdem er versucht hatte, mit den Behörden Kontakt aufzunehmen.Die Flugzeugentführung sollte dazu dienen, mit den Geiseln die in dem Gefängnis Stuttgart-Stammheim inhaftierten RAF-Terroristen freizupressen. Die Nachricht, dass dieser Versuch ohne Erfolg blieb, (das Flugzeug wurde von einer deutschen Spezialeinheit gestürmt) erreicht auch schnell die Gefängnisinsassen. So begehen Terroristen der ersten Generation im Gefängnis Stuttgart Stammheim Selbstmord.

Als „Antwort“ darauf, ermordet die RAF den Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer. Es sind sehr traurige Lebensläufe von jungen Menschen, die ursprünglich wohl davon ausgingen, dass es (mit ihrem Dazutun) in der Welt künftig besser und gerechter zugehen müsse.

In den USA ist derzeitig noch Jimmy Carter (Geoffrey) Präsident.


Wissenschaft:

Der Norweger Thor Heyerdahl (Zoologe und Geograph) baut das Boot Tigris aus Papyrus-Binsen, ein Frachtschiff nach alten mesopotamischen Darstellungen aus einer Zeit von ca. 2.300 v.Chr. Es ist seetüchtig, selbst bei Stürmen im indischen Ozean. Er segelt vom Irak über Bahrein bis zum Horn von Afrika.


Medizin:

Auch unsere Region wird von einer Influenza-Pandemie des Typs B heimgesucht, ähnlich wie bereits vor acht Jahren.


Musik:

Elvis Presley, der King of Rock’n Roll, stirbt im Alter von nur 42 Jahren.

Thomas Gottschalk beginnt seine Fernsehlaufbahn mit einer Unterhaltungsshow.


Bauen:

Inbetriebnahme des Terrassencafé „Minsk“ am Brauhausberg in Potsdam, neben der Schwimmhalle. Seit 1971 wurde es erbaut. Es findet eine Generalinstandsetzung der Fassaden in der Klement-Gottwald-Straße statt (Brandenburger Straße). Die Straße wird dabei als Fußgängerzone gestaltet.

Der Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Dresdener Semper-Oper beginnt.


Sport:

Annett Pötsch wird Europameisterin im Eiskunstlauf.

Literatur:

Von Maxie Wander erscheint „Guten Morgen, du Schöne“.


Alltag:

In der DDR kommt der fertig gemahlene Kaffe „Mocca fix“, verpackt in dünnwandigen Folienbeuteln in den Handel. (125 g.(?) = 8, 75 Mark). Aber auch: Es gibt wegen der Kaffeeknappheit in der DDR den „Kaffee-Mix“ dessen Nicht-Kaffee-Zutaten die Kaffeemaschinen verstopfen und zur Explosion bringen. Zufall, Versehen? Sabotage? Die Wunderrezeptur wird schnell zurück genommen. (Oder war das in einem anderen Jahr?)

Naturereignisse/Unglücksfälle:

In der Nacht vom 13. zum 14. Juli gibt es in New York einen totalen Stromausfall nach einem Blitzeinschlag. Die gesamte städtische Infrastruktur bricht zusammen. Zu verzeichnen sind eine große Anzahl von Geschäfts- und Wohnungseinbrüchen, Raubüberfällen die im Schutze der Dunkelheit verübt werden. Neun Monate später wird man einen Baby-Boom feststellen. Man hatte mal wieder Zeit und weniger Ablenkungen.

27. Juli: Bei Lebus kmmt es wegen einer falsch gestellten Weiche zu einem Zugunglück. 29 Menschen sterben bei der Zugentgleisung. Viele werden verletzt.



Was geschah unter anderem im Jahr 1978?

Politik in der DDR:

Mit dem Jahresbeginn tritt das neue Arbeitsgesetzbuch in Kraft.

In den Schulen der DDR wird das Unterrichtsfach „Wehrkunde“ eingerichtet. Bisher gab es die freiwillige außerschulische Teilnahme in der GST (Gesellschaft für Sport und Technik), die ebenfalls als „wehrlastig“ gilt.



Politik in der BRD:

Im Mai hält sich der Staats- und Parteichef der UdSSR Leonid Breshnew in Bonn auf. Die Ost-West-Entspannung soll neu belebt werden.


Politik im Ausland:

Für die Förderung des Friedens im Nahen Osten zwischen Israel und den arabischen Staaten, erhalten Menachem Begin und Anwar El Sadat gemeinsam den Friedensnobelpreis (Die Unruhen toben aber weiter und Begin wird später ermordet).


Wissenschaft:

Sigmund Jähn (etwa Jahrgang 1937), aufgewachsen in dem kleinen vogtländischen Ort Morgenröthe-Rautenkranz, fliegt als Offizier der Nationalen Volksarmee und erster Kosmonaut der DDR am 26. August 1978 mit der Rakete „Sojus 31“ zur sowjetischen Raumstation „Salut“ und hält sich dort etwa eine Woche auf. Rückkehr am 03. September.

In diesem Jahr begannen intensive Untersuchungen am „Turiner Grabtuch“, einem 4m langen und 1m breiten Tuch mit dem Abdruck eines vorher Gekreuzigten. Das Tuch ist etwa 2.000 Jahre alt und enthält Blutspuren. Es wurde festgestellt, dass es aus Palästina des 1. Jahrhundert u. Z. stammt, weil die Webart jener Zeit und auch der Gegend entspricht. Das Material besteht aus Baumwollfäden. Das Tuch enthält Pflanzenpollen aus dem vorderen Orient. Das Grabtuch wird in der Sindone-Kapelle der Kathedrale zu Turin (Italien) aufbewahrt.

Auf der Insel Martinique brach am 08. Mai 1902 der Vulkan Montagne Pelée aus. Alle Bewohner von St. Pierre, das waren etwa 30.000 Menschen, erstickten. Die Glutwolke verbrannte / versenkte 18 Schiffe, die in der Bucht vor St. Pierre auf Reede lagen. Eines der Wracks wird in diesem Jahr 1978 von Tauchern des Forschungsschiffes „Calypso“ unter der Führung von Jaques-Yves Cousteau untersucht.


Interessant und rätselhaft sind die die “Maoi“, um 1100 bis 1600 auf der 180 qkm kleinen Osterinsel im Südpazifik (später zu Chile gehörend) errichtet. Auf diesem Eiland stehen 638 Steinfiguren, viele bis 10 m hoch mit etwa 80 t Masse, einzelne Exemplare aber auch bis 21 m Länge. Das Material für diese Kolossalstatuen ist Tuffstein, der von der Insel stammt. Zu ihren Aufstellorten, teilweise auf Platten gestellt, wurden sie offenbar mit menschlicher Muskelkraft, Seilen, Hebeln und Rollen transportiert. Sie weisen die gleiche Grundgestaltung auf, tragen sich ähnelnde Gesichtszüge und blicken mit geschlossenen Mündern alle in die gleiche Richtung. 1978 entdeckt man, dass einem Teil der Figuren Augäpfel eingesetzt waren, die zwar im Steinschutt, jedoch an den Figuren nicht mehr zu finden sind. Es wurden auch uralte hölzerne Schrifttafeln gefunden, die das Geheimnis der Figuren eventuell lüften könnten, doch es gelang nicht, die unbekannten Schriftzeichen zu entziffern. Diese ähneln weder polynesischen, noch südamerikanischen Schriften.

Unklar ist, warum „man“ sich auf diesem kargen Felseneiland einer derartigen Mühe unterzog, derartige Steinkolosse zu fertigen - von wem? weshalb, zu welchem Zweck, zu wessen Nutzen oder Ehren dieser hohe Aufwand?


Medizin:

Das erste im Reagenzglas gezeugte „Retortenbaby“ der Menschheitsgeschichte ist Louise Brown aus Großbritannien. Sie wird, das wissen wir später, eine stattliche junge Frau sein.


Wirtschaft; Am 16. Juli findet der Weltwirtschaftsgipfel in Bonn statt.

Ölpest an der französischen Küste nach der Havarie des Tankers „Amoco Cadiz“.

In Berlin-Marzahn stellt die DDR die einmillionste Neubauwohnung zur Verfügung.


Wirtschaft:

Das Hochhaus „Internationale Handelszentrum“ am Berliner Bahnhof Friedrichstraße, von Japan erbaut, wird im September eröffnet.



Religion:

Das Drei-Päpste-Jahr: Papst Johannes Paul VI. stirbt, sein gewählter Nachfolger Johannes Paul I., wird bereits am 28. September, nach 33 Tagen der Zeit im Amt von höherer Stelle vom Erdendasein abberufen und stirbt in Rom.

Ein neuer Papst wird gewählt. Es ist zum ersten Mal seit Hadrian VI. (1522 – 1523) kein Italiener, sondern der Erzbischof von Krakau, Karol Kardinal Wojtyla, der zum Papst Johannes Paul II wird. Er ist Mordanschlägen ausgesetzt, lebt aber bis zum April 2005, wird 26,5 Jahre des Pontifikalamtes durchleben.


Naturgewalten:

In der Schwäbischen Alb tritt ein Erdbeben mit geringen Schäden auf.

Weihnachten 1978 herrschen +10°C. Auf Rügen, in Prora, setzt am 28. Dezember Kälte mit starkem Schneefall ein (von + 10°C auf - 20°C. Binnen weniger Stunden hüfthoch. In der Kreisstadt Bergen werden Soldaten auf Skiern als Helfer eingesetzt. Nur die Verkehrsschilder gucken noch aus dem Schnee heraus. Der Rügendamm ist unpassierbar. Züge bleiben in den inzwischen bis zu 3m hohen Schneeverwehungen stecken, die Reisenden bleiben zwei, drei Tage in den Zügen und die Wagen müssen von der Armee freigeschaufelt werden. Verschiedene Orte sind von der Erreichbarkeit völlig abgeschnitten. Die Notversorgung wird mit Bergepanzern versuchsweise gesichert. Im Raum Berlin noch vorfrühlingshaft. Erst am 29. 12. 78 ein Temperaturabfall auf 0°C. Regen setzt ein.

Am 31. 12. 78 Schneesturm auch im Leipziger Raum an. Schneehöhe 25 – 30 cm.

Die Lage der Energieversorgung ist angespannt. Der Abbau der Braunkohle in den Tagebauen gestaltet sich extrem schwierig / bricht zusammen, weil alles zusammen friert. Es kommt zu Stromausfällen, da keine Kohle für die Kraftwerke geliefert werden kann. Der folgende Winter ist sehr schneereich. Das freut besonders die Kinder. Für die Wirtschaft dagegen eine unglaubliche Belastung.




Hinweise zur Zeitgeschichte des Jahres 1979

Politik in der DDR:

Die DDR ist Willens und bereit gegen Valuta ab Februar auch Müll bundesdeutscher Herkunft zur endgültigen Ablagerung entgegenzunehmen.

Spektakuläre Flucht eines DDR-Bürgers im Fesselballon in die BRD. Es gab eine ganze Reihe wagemutiger, teils skurriler Konstruktionen für verzweifelte Unternehmungen (U-Boot, künstlicher Schwan. Gepanzertes Auto, verschiedene unterirdische Gräben, Paddelboot mit Elektromotor) und anderes mehr.

Ab April dürfen die DDR-Bürger nicht mehr in den Intershops mit DM einkaufen, sondern sie müssen diese vorher in „Forum-Schecks“ umtauschen. So belastet sie kein West-Rückgeld und sie brauchen ihre Westgeld-Ersparnisse nicht zu Hause horten, sondern können diese baldmöglich zu besserer Verwendung in den Geldkreislauf einspeisen. Lassen.

Am 23. Mai wird Prof. Dr. Karl Carstens neuer Bundespräsident.

Friedensvertrag im US Camp David zwischen Israel und Ägypten.

Proteste gegen den Schah mit seinen Fortschrittsgedanken. Der Ayatolla Khomeini predigt in seinem französischen Exil den Iranern ein Leben in Armut. Sturz des Schah Mohammad Reza Pahlavi im Iran. Der Iran wird ein „Islamischer Gottesstaat“ unter dem Ayatolla Khomeini, der aus dem Exil aus Paris zurückkehrte. Der Iran fordert von den USA die Auslieferung des krebskranken Schahs, der im Zuge einer Odyssee dorthin geflohen war und letztendlich Asyl in Ägypten fand. Er wird jedoch nicht ausgeliefert, sondern stirbt 1980 in Ägypten an seinem Krebsleiden.

Seine erste Frau war Fausia (Fawzia), Prinzessin aus Ägypten. Scheidung, weil kein männlicher Thronfolger, sondern Töchter geboren wurden. Die zweite, Soraya, schön, schüchtern, zurückhaltend, Tochter einer Deutschen und des iranischen Botschafters in Berlin. Flucht der Kaiserfamilie nach Rom ins Exil. Scheidung, weil kein Kind geboren wird. (Soraya wird am 25. Oktober 2001 in Paris sterben). Die dritte Frau Farah Diba gebar einen Sohn. Er sollte eigentlich der nächste Schah werden, doch dazu kommt es nicht, wie wir wissen.

Am 26. Dezember marschieren sowjetische Truppen in Afghanistan ein. Der Widerstand der Rebellen wird zum erbitterten Partisanenkrieg. Erst viele Jahre, über 20 Jahre später, wird die Rote Armee unter schrecklichen Verlusten dieses Land verlassen, etwa so, wie es die Amerikaner in Vietnam taten. Die Zukunft wird wissen, dass diese Kämpfe noch weit in das 21. Jahrhundert reichen werden.

Krieg in Südafrika. Weiß gegen Schwarz. Schwarz gegen weiß. Buren, ursprünglich aus Holland, gegen die Eingeborenen Xhosa wegen des Besitzes von Vieh und Weidegründen. 1795 hatten die Briten dieses südafrikanische Gebiet annektiert. Krieg der Buren aber auch gegen andere Weiße. Anmerkung: Die Sprache „Africaans“ gilt ein abgeschliffenes, richtiger: verschlissenes, holländisch. Besonders aggressiv verhalten sich die calvinistischen Apartheidsfanatiker, die konservativen Broederbonders (Mitglieder des Bruderbundes), was etwa bis 1980 anhalten wird.

Margret Thatcher wird Großbritanniens neue Premier-Ministerin.

In den Intershops der DDR kann der DDR-Bürger nicht mehr überteuerte Westwaren mit DDR-Geld einkaufen. Er benötigt dafür von Westverwandten BRD-Geld, dass er beim Staat vorerst in die Geld-Schecks der DDR Handelorganisation „Forum“ in „Forum-Schecks“ eintauschen kann. Die DDR-Führung benötigt dringend Westgeld. Später werden „Delikat-Läden“, vorwiegend mit Lebensmitteln für gehobene Ansprüche eingerichtet, in denen man mit DDR-Mark einkaufen kann.

In der BRD formiert sich die Bürgerrechtsbewegung „Die Grünen“, in Westberlin „die Alternative Liste“ genannt. Anlass für den Zusammenschluss sind die Proteste um das Endlager für radioaktive Abfälle in Gorleben.


Technik:

Im Juli kommen in der BRD die ersten „Walkmans“ auf den Markt. Das sind batteriebetriebene Kassettenrecorder (Mini-Tonbandgeräte) mit Kopfhörern.


Sport:

Es gelingt den beiden Südtirolern Peter Habeler und Reinhold Messner den Mount Everest ohne Sauerstoffgeräte zu ersteigen (siehe 1953). Ein Jahr später wird Messner das im Alleingang wiederholen.

Scott Olson möchte auch im Sommer für seinen Eishockey-Sport trainieren. Er baut sich dazu die traditionellen Rollschuhe (seit 1760 gibt es diese) um, indem er die vier Rollen hintereinander anordnet. Somit war der Inline-Skater moderner Bauart entwickelt.


Alltag:

In der Havelstadt Werder wird zum 100sten Male das Baumblütenfest begangen.


Kultur/Unterhaltungsmusik:

Die Gruppe Tschingis Khan gewinnt mit gleichnamigen Lied den internationalen Chansonwettbewerb.

In der Ostberliner Wuhlheide, im Stadtbezirk Lichtenberg, wird der Pionierpark „Ernst Thälmann“ , mit dem Pionierpalast der Öffentlichkeit übergeben.


Literatur:

Von Dieter Noll erscheint das Buch „Kippenberg“.



Einige Hinweise zum Jahr 1980

Politik:

Die DDR erhöht das Eintrittsgeld, den Zwangsumtausch, „damit die BRD-Bürger bei ihren DDR-Verwandten nicht betteln brauchen“ von 13 DM auf 25 DM pro Tag (gegen DDR-Geld gleicher Höhe). Der DDR-Regierung bekommt dieser Tauschhandel sehr gut.

Das über lange Zeit verbannte Reiterstandbild König Friedrich II. wird in winterlicher Aktion aus dem „Versteck“, dem Hippodrom des Potsdamer Schlossparks Sanssouci hervorgeholt, wieder nach Berlin zurück gebracht und dort „Unter den Linden“ auf dem Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen wieder aufgestellt. Dieser Transportprozess geht leider nicht ohne Schäden ab, weil schwere Technik und geeignete Materialen, wie auch ausreichend geschulte behutsame Kräfte nicht zur Verfügung stehen. Aber der Umzug ist geschafft. Hatte denn hier mal irgend jemand etwas gegen preußisch-militaristische Aristokraten?

Im November besucht Erich Ho. die Republik Österreich. Er darf also zum ersten Mal 'raus.


Politik in der BRD und Berlin (West)

Im September 1980 wird die Berliner S-Bahn, die zur Deutschen Reichsbahn der DDR zählt, auf Westberliner Gebiet stark reduziert (frei machen von der Abhängigkeit) und der U-Bahn und Bus-Verkehr parallel zu jenen Strecken ausgebaut. 10 Jahre später, ab September 1990 wird die S-Bahn in Berlin-West wiederbelebt und sehr schnell ausgebaut.

In Karlsruhe wird eine neue Partei gegründet „Die Grünen“ (oft strickend) im Bundestag.

Die politische Landschaft der BRD wird noch farbiger. Neben der blassen Parteienlandschaft der DDR mit der SED und ihrer führenden Rolle und den nachgeordneten Blockparteien CDU, NDPD, LDPD und DBD in der Klammer der Nationalen Font des demokratischen Deutschlands.

In den USA wird der Schauspieler Ronald Reagan, nach Jimmy Carter, der 40. Präsident.

Prinzessin Beatrix wird Königin der Niederlande.

In Jugoslawien stirbt Josip Brosz Tito, der den Vielvölkerstaat mit fester Hand zusammengeklammert hatte und relativ frei von der Sowjetunion einen eigenen Weg zum Sozialismus beschritt.

Aufgrund eines Regierungsabkommens zwischen der DDR und Nordvietnam, siedeln sich in der DDR viele „Vertragsarbeiter“ an.

Der erste Golf-Krieg zwischen Iran und Irak beginnt.

14. August. In der polnischen Lenin-Werft in Gdansk streiken die Arbeiter und gründen eine eigene staatsunabhängige Gewerkschaft „Solidarität“ (Solidarnosc) und fordern höhere Löhne und die Absetzung des kommunistischen Parteichefs und Ministerpräsidenten. Ein Werft-Elektriker, Lech Wale(n)sa, wird deren Vorsitzender. (Später auch Staatschef). Wenn das man gut geht. Der „Prager Frühling“ liegt 12 Jahre zurück.


Wissenschaft:

Der Ungar Erno Rubik hat einen Zauberwürfel entwickelt. Viele unterschiedliche Farbquadrate auf der Oberfläche lassen sich aufwendig / kompliziert durch das Drehen einzelner Segmente sortieren.


Wissenschaft / Geologie:

Im Muln-Nationalpark auf Borneo wurde eine riesige Höhle entdeckt. Sie hat die ungefähren Ausmaße von 1 km x 2 km und ist bis zu 200m hoch.


Wirtschaft:

Im April 1980 wurde für uns (seit dem 2. Weltkrieg) „erstmals“, also wieder, die Sommerzeit eingeführt. Nun ist es abends länger hell. Im „3. Reich“ gab es auch schon einmal die Sommerzeit, bei der die Uhr sogar zwei Stunden vorgestellt wurde.

Die DDR importiert aus der ruhmreichen Sowjetunion Busse mit Automatikgetriebe, die beim Schalten noch ganz schön ruckeln und sich mit superweicher Federung bedenklich aus der Kurve legen.


Bau:

In Ost-Berlin wird der alte Friedrichstadt-Palast an der Weidendammer Brücke (Kroll-Oper) geschlossen und abgerissen.

In West-Berlin stürzt das Dach der Kongresshalle (Schwangere Auster) zum Teil ein. Der Bau wurde 1957 in Betrieb genommen - ein Geschenk der USA an die Stadt West-Berlin.


Kultur:

Am 29. Januar schließt nach letzter Vorstellung der Friedrichstadtpalast, Am Zirkus 1, nahe der Weidendammer Brücke für immer seine Türen.

... in der Vorweihnachtszeit: Als Vorläufer des Adventskalenders gab es 24 an der Wand aufzuhängende Heiligenbilder. Auch eine Himmelsleiter war bekannt, auf der ein Kind (oder eine Putte) täglich eine Sprosse emporsteigen durfte. Erst seit etwa 1920 gibt es den Adventskalender mit 24 Fenstern und Türen, hinter denen nach dem Öffnen ein farbiges Bild (z.B. Spielzeug) sichtbar wird. Ungefähr in der Zeit um 1980 werden dann Adventskalender aufkommen, die mit Süßigkeiten gefüllt sind.

Das Rezept für Marzipan (mit Rosenwasser) soll etwa 600 Jahre alt sein. Es stammt wohl aus Arabien und kam über die Iberische Halbinsel und Italien nach Mitteleuropa.


Sport:

Olympiade in Moskau. Die Eröffnung nicht überwältigend. 40 Nationen hatten ihre Teilnahme wegen des Einmarsches der sowjetischen Truppen in Afghanistan abgesagt. 3 Geschwister Beyer aus Potsdam nehmen teil (Udo Beyer als Kugelstoßer).

Die Winterspiele finden in Lake Placid statt. Die DDR-Mannschaft belegt den 1. Rang.


Der scheidende USA-Präsident Jimmy Carter lässt es sich nicht nehmen, den 650 USA Kandidaten der Spiele für ihre heldenhafte Vorbereitung schon mal Inner-Landes-Goldmedaillen zu überreichen.

Cassius Clay, inzwischen zum Islam als Muhammed Ali konvertiert, der farbige Boxer aus den USA, steigt zum letzten Mal in den Ring „Ich bin der Größte“, ruft er.


Soziales:

Mit Rolf-Dietrich Wühn, einem wild - bärtigem Zeitgenossen, hat die DDR den ersten männlichen Krippenerzieher.


Unterhaltung:

BRD: Hans Rosenthal wirkt als Quis - Moderator in „Dalli, Dalli“, Politkritisches 1-Mann-Kabarett „Scheibenwischer“ von Hildebrandt. Heinz Schenk ist der Wirt zum blauen Bock. Joachim Fuchsberger: Auf los geht’s los. Die neun Geschworenen. Wim Toelke: Der große Preis. Hans –Joachim Kuhlenkampff: EWG – Einer wird gewinnen (als Nachfolger von Lou van Burg).

CSSR: Die Tschechen Hurvinek und Spebl haben mit dem Puppentheater ungebrochene Erfolge.


Musik:

Das Mitglied der „Beatles“ John Lennon stirbt bei einem Attentat in Manhattan durch die Hand des Geistesgestörten Mark Chapman im Alter von nur 40 Jahren am 08. Dezember.

Es beginnt der Sprechgesang („Hipp-Hopp“ und das „Reppen“). Mike Krüger singt: „Sie müssen doch nur den Nippel durch die Lasche zieh’n“.

Katja Ebstein singt „Theater, Theater“ und siegt damit beim Grande Prix de Eurovision. Aber auch: „Es müssen keine Rosen sein“ und „Abschied ist ein bisschen wie sterben“. Shaky Stevens singt: „Marie, Marie“ und die Scorpions „Wind of Change“. Gitte warnt: „Freu dich bloß nicht zu früh“, Milva: „Ich mag dich, weil du klug und zärtlich bist“. Jürgen Hart: „Sing mei’ Sachse, sing“. Die englische Kelly-Family beginnt mit Gesangsauftritten.


Naturgewalten:

In den USA bricht der Vulkan St. Helens aus.

In der algerischen Stadt Agadir fordert ein Erdbeben viele Opfer an Menschenleben.



Was war denn so los im Jahre 1981? Hier einige Auszüge

Politik in der DDR:

Vom 11.- 16. April 81 findet der X. Parteitag der SED statt. Als Ergebnisse fürs Volk hat man ja stets einige Bonbons bereitgelegt. Andere Stimmen werden später sagen: „Von nun an ging's bergab“.

Zum Jahresende wird der Berliner Teltowkanal durchlässig. Zumindest für Schiffe. Der Eiserne Vorhang kann dort aus Gründen der Wirtschaftlichkeit mal angehoben werden.


Politik im Ausland:

Polen: Das Militär unter General Woiciech Jaruzelski (der Herr mit der dunklen Sonnenbrille) übernimmt als Staats- und Parteichef die Macht. Er verhängt über Polen den Ausnahmezustand, in anderen Ländern „das Kriegsrecht“ genannt. Die freie Gewerkschaft „Solidarität“wird verboten und Lech Walesa inhaftiert.

Am 06. Juni besetzt Israel den Libanon, in dem ein langzeitiger Bürgerkrieg besteht.

In England heiratet am 29. Juli in der St. Pauls Cathedrale, Prinz Charles Winston die 20jährige Kindergärtnerin Lady Diana aus dem Hause Spencer. Sie rückt somit auf, als potenzielle Nachfolgerin von Elisabeth II. ,als Königin.

US-Präsident Ronald Reagan wird bei einem Attentat verletzt.

Auch der Papst Johannes Paul II wird bei einem Anschlag (am 18. Mai) von mehreren Schüssen schwer verletzt, wogegen auch die Schweizer Garde nichts (vorbeugend) ausrichten konnte. Der ägyptische Präsident Anwar el Sadat ist während einer Militärparade am 6. Oktober von radikalen Moslems erschossen worden. 1978 wurde er mit dem Friedensnobelpreis für seine Versöhnungspolitik geehrt worden. Wegen dieser Politik des Ausgleichens galt er in der arabischen Welt als Verräter.

USA: Der Republikaner Ronald Reagan gewinnt die Präsidentschaftswahl gegen Jimmy Carter von der Demokratischen Partei. Der ehemalige Schauspieler Reagan ist ab Januar der 40. Präsident der USA. Vizepräsident ist George Bush. Im April beschließt die USA-Regierung den Bau einer Neutronenbombe, bei deren Einsatz Gebäude, Fabrikanlagen usw. erhalten bleiben und „nur“ das organische Leben zerstört wird.


Wissenschaft:

Den Amerikanern gelingt der erste Flug der Raumfähre Columbia mit dem wiederverwendbaren Raumgleiter (Space Shuttle). Start der Rakete „Ariane“ am 19. Juni in Kouru (französisch Guyana). An Bord ist auch der Wettersatellit „Meteosat 2“.

Das erste, ausschließlich mit Sonnenenergie (Solarenergie) betriebene Leichtflugzeug überquert den Ärmelkanal. Flugstrecke 262 km in einer Geschwindigkeit von 50 km/h in 3.000m Flughöhe.

In Europa beginnt das Zeitalter der Hochgeschwindigkeitseisenbahnen. In Frankreich fährt der TGV zwischen Paris und Lyon mit zugelassenen 260 km/h. Bei Probefahrten ohne Reisende wurden jedoch 515 km/h erreicht.

In Japan wird mehr als 300 km/h schnell gefahren, ebenso wie in Deutschland mit dem ICE vorerst zwischen Würzburg und Hannover.


Bauen:

Die Terrassenanlage vor dem Potsdamer Schloss Sanssouci wird restauriert.

In Caputh bei Potsdam wird der Sommerwohnsitz Albert Einsteins (1931 – 1933), wohl das erste vorgefertigte Holzhaus, als Einstein-Museum eingerichtet.Zu Herrn Schinkels Geburtstag werden die Skulpturen der Marx-Engels-Brücke (zu Schinkels Zeiten: Schlossbrücke) von West nach Ost-Berlin, also zum heimatlichen Standort bugsiert.

Diesmal basteln unter der Erde: Im Juni wird die alte Salzbergwerksanlage Grube Bartensleben bei Morsleben im Bezirk Magdeburg als Endlagerstätte für radioaktive Abfälle erkoren.

Zum Geburtstag der Republik öffnet das neue Leipziger Gewandhaus (also in Wirklichkeit eine Konzerthalle) die Saaltüren. Dauer - und Hausdirigent ist Prof. Kurt Masur.





Auch das Jahr 1982 war wieder ein besonderes Jahr

Politik in der DDR:

In diesem Jahr gibt es ein neues Wehrdienstgesetz und ein neues Grenzgesetz.


Die Kirchen in der DDR werben für den Berliner Appell – „Frieden schaffen ohne Waffen“. Der Aufruf fordert ein atomwaffenfreies Europa, den Abzug ausländischer Truppen aus Deutschland und das Abschaffen des Wehrkundeunterrichts in den Schulen der DDR.


Politik in der BRD:

Helmut Schmidt (SPD) wird gestürzt – durch ein Misstrauensvotum. Das hat er nicht verdient.

Helmut Kohl (CDU) wird dadurch sechster Kanzler der BRD.

Argentinier wollen die Bewohner der Falkland-Inseln von der englischen Krone befreien, weil sie das Land zu Argentienien gehörend sehen aber sie begreifen nicht, dass dort Engländer wohnen, die sich wohl fühlen. Die argentinische Armee besetzt die Inseln am 2. April. Die britische Regierung unter Margaret Thatcher (die eiserne Lady) schickt Kriegsschiffen ans andere Ende der Welt um den Konflikt „zu befrieden“. Am 15. Juni kapitulieren die argentinischen Truppen. Hohe Verluste auf beiden Seiten, mehr Soldaten sterben auf beiden Seiten, als die Anzahl der Einwohner beträgt, um die es ging. Es bleibt alles wie bisher.


Wissenschaft :

Der BRD-Bürger Ulf Merbold ist der erste BRD-Astronaut. Er stammt wie Sigmund Jähn und die US-Astronautin Ann Fisher aus dem Vogtland.

Jaques-Yves Cousteau bricht mit seiner Mannschaft zu einer Zweijahresfahrt nach Südamerika auf. Der Amazonas soll von der Mündung bis zur Quelle erforscht werden. Das ist eine Strecke von etwa 7.000 km. Allein das Mündungsdelta ist 300 km breit. Der Amazonas hat ungefähr 1.000 größere Zuflüsse, von denen 30 mehr als 1.000 Kilometer lang sind. In diesem Gebiet leben neben vielem anderen Getier, Piranhas und Kaimane, Wasserschweine, die Boa constrictor, die Anaconda, Fransenschildkröten, Ottern und Stechrochen. Das Gebiet ist von überdimensionierten Abholzungen bedroht, ferner von Brandrodung und vom Treiben der Goldgräber.

Die Infektion mit dem HI-Virus wurde im Vorjahr entdeckt. Die daraus folgende Krankheit erhält im August die Bezeichnung „AIDS“.


Wirtschaft:

Am 25. Juni wird in Japan der Daishimizu-Eisenbahntunnel eingeweiht, der Omiya und Niigata verbindet. Mit 22,228 km ist er bisher der längste Eisenbahntunnel der Erde.


Bauen:

Im späten Frühjahr wird das Hochhaus der Charité in Berlin bezugsfertig.

Im November wird die Fernverkehrsstraße 5 über Nauen, Kyritz, Perleber, Ludwigslust nach Hamburg (F 5) sehr entlastet, denn die 265 km lange Autobahn Berlin – Hamburg wird in Betrieb genommen.


Unterhaltung:

Im Fernsehen der DDR gibt es jetzt zur Weihnachtszeit die Vormittagssendung „Zwischen Frühstück und Gänsebraten“ von Margot Ebert und Heinz Quermann.

Beim Grand Prix gewinnt Nicole mit „Ein bisschen Frieden“ in drei Sprachen gesungen. Komponist Ralph Siegel (37 Jahre alt).

Am 09. Mai starb die bekannte, beliebte Schauspielerin Romy Schneider. Es stirbt in Monaco die Fürstin Gracia Patricia von Monaco (Grimaldi, die frühere Schauspielerin Grace Kelly), wegen eines Hirnschlags während einer Autofahrt, die dann an einer Mauer endet.



1983

Politik:

Der Staatsratsvorsitzende empfängt den Regierenden Bürgermeister von Berlin (West), Richard v. Weizsäcker

Erich Honecker kündigt im Oktober unter internationalem Druck autonom den Abbau der Selbstschussanlagen an der Grenze an.

Es tauchen „Hitler-Tagebücher“ auf, die viel Aufsehen und Wirbel verursachen. Sie stellen sich aber als Fälschungen heraus. Sie wurden von einem Herrn Kujau ziemlich fälschungssicher geschrieben.


Wissenschaft:

28. Nov. 83. Der Stuttgarter Physiker Ulf Merbold fliegt als erster BRD-Bürger (als zweiter Deutscher nach Sigmund Jähn) mit einer amerikanischen Besatzung in das Weltall.


Wirtschaft:

Auf den Markt kommen erste Swatch-Uhren.


Kultur:

In der Berliner Friedrichstraße wird der neue Friedrichstadt-Palast eingeweiht. Der alte wartet auf seinen Abbruch.

Im Februar wird das einzige und größte Filmmuseum Europas im ehemaligen, in vielen Jahren restaurierten Potsdamer Marstall eröffnet. Die Wartburg bei Eisenach wird anlässlich des 500. Geburtstages von Dr. Martin Luther im April wiedereröffnet.


Unterhaltungsmusik:

Nena singt: „99 Luftballons“, Major Tom – „Völlig losgelöst von der Erde –schwebt das Raumschiff“.


Sport:

Im Februar wird Katharina Witt aus Karl-Marx-Stadt wieder Europameisterin im Eiskunstlauf. Bisher ist sie sechsmal Europameisterin, viermal Weltmeisterin und zweimal Olympiasiegerin.


Natur:

Der 27. Juli 83 ist der heißeste seit dem Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen in Deutschland (1.1.1900). In der Oberpfalz wurde der Spitzenwert von 40,3°C im Schatten gemessen.



Das Jahr 1984

Politik der DDR:




Politik der BRD:

Die BRD-Gewerkschaft Druck und Papier ruft zum Streik für eine 35-Stunden-Woche auf. In einigen Branchen und einer Anzahl von Betrieben wird die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich eingeführt.

Neuer Bundespräsident wird Herr Dr. Richard v. Weizsäcker, bisher Regierender Bürgermeister von Berlin-West.


Wissenschaft:

Alec Jeffrys führt „DNA-Fingerabdrücke“ zur Anwendung in der Kriminalistik und Gerichtsmedizin ein (siehe auch 1953).


Technik:

Mit dem Jahresbeginn kommt die Erfindung der Computer-Maus auf den Markt. Zeitgleich wird auch die grafische Benutzeroberfläche eingeführt.


Wirtschaft:

Die Fa. Sharp bringt das erste brauchbar-preiswerte Faxgerät auf den Markt.


Bau:

Der eklektizistische Berliner Dom, die vormals Kaiserliche Hauptkirche, ist nun äußerlich vollständig von den Kriegsschäden saniert.


Abbau:

Im Spätherbst werden auch im Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg die historischen Stadtgas-Behälter und ihre Stahlgitterkonstruktion gesprengt bzw. demontiert.



Soziales:

Der Führer der Schwarzen in Südafrika, Bischof Desmond Tutu, erhält im Dezember 1984 den Friedensnobelpreis.


Alltag:

In der Bundesrepublik Deutschland werden ab 1. Januar 84 private Fernsehsender zugelassen. Am 14. Februar beginnt im ZDF die Sendefolge „Wetten dass ...“. Frank Elstner (geb. 1942) „erfand“ diese Show, ab 1987 von Thomas Gottschalk weitergeführt.

In Westdeutschland wird Aerobic „geboren“, in Ostdeutschland heißt es Pop - Gymnastik. Im Ostberliner Palast der Republik singt am 25. Okt. der westdeutsche Sänger Udo Lindenberg. Er verleiht, nicht bar jeder Ironie, seiner „Hoffnung“ für den möglichen „Beginn einer wunderbaren Freundschaft“ mit Erich Honecker Ausdruck.


Sport:

Die olympischen Spiele finden in Sarajewo statt. Im Januar gewinnt Jens Weißflog die Vierschanzen-Tournee. Im Februar sind die Olympischen Winterspiele in Sarajewo. In der Nationalwertung belegt die DDR den 1. Rang.



Zeitgeschichte 1985

Politik der DDR:

Zehn RAF-Aussteiger, in der BRD steckbrieflich gesucht, werden von der DDR aufgenommen, mit Wohnort, Umschulung, neuer Identität (Lebenslauf, Papiere) versorgt. Es ist kaum nachvollziehbar, dass die BRD-Nachrichtendienste davon nichts wussten. Diese Untergetauchten werden jedoch ab 1990 (nach der Wiedervereinigung) verhaftet.

Am 23. April schaut Erich Honecker mal beim Papst in Rom vorbei und erhält von ihm auch eine Audienz.

Im Juni findet mitten auf der Glienicker Brücke zwischen Berlin und Potsdam filmreif der größte Austausch von Agenten seit dem Zweiten Weltkrieg statt. Dabei wiegen vier besonders wertvolle Ost-Spione 25 Westagenten auf.


Politik der BRD:

Die dritte Generation der RAF ist tätig: Ein Bomben-Anschlag auf das US-Hauptquartier (Air-Base) in Ramstein erfolgt. Waffen und Dokumente werden von der RAF dezentralisiert in Erddepots (in Wäldern) untergebracht.


Politik im Ausland:

März: Nach dem Ableben von Leonid Breshnew ist Michail Gorbatschow der neue sowjetische Staatschef.

Spanien und Portugal treten nach achtjährigen Verhandlungen der Europäischen Gemeinschaft bei.


Wissenschaft und Technik:

Einführung der anwendungsreifen LASER-Technik in den USA (Patent). Die theoretischen Grundlagen wurden bereits 1959 geschaffen.

„Die Wiederentdeckung der Welt“, so die Bezeichnung für eine Expedition. Die „Calypso“ unter dem Kommando von Jaques -Yves Cousteau und ihr jüngeres Schwesternschiff die „Alkyone“ (mit Turbosegeln ausgestattet) fahren in den kommenden fünf Jahren zu einer Forschungsreise im Zickzack-Kurs um die Erde. Kapitän der „Calypso“ und Cheftaucher ist Albert Falco.


Wirtschaft:

In Eisenach wird der Einmillionste Pkw vom Typ „Wartburg“ hergestellt.



Bau und Abbau:

Der frühere Friedrichstadtpalast „Am Zirkus 1“, nahe dem Bahnhof Friedrichstraße wird abgerissen.


Kunst und Kultur:

Im Februar wird in Radebeul (Bezirk Dresden) das Karl-May-Museum eröffnet. Das erste Stück des Spielplans der im Februar Wiedereröffneten Dresdener Semperoper ist der Freischütz. Ein großes Ereignis.



Unterhaltungsmusik:

Die Gruppe Wind siegt beim Grand Prix mit „Für Alle“.


Naturgewalten:

Ein schweres Erdbeben in Mexiko fordert etwa 10.000 Tote.

In der Nacht vom 24. zum 25. Dezember bricht auf Sizilien der Ätna aus, was von Erdstößen begleitet ist.



Das Jahr 1986

Politik:


Politik in der DDR:

17. – 21. April: Denkwürdiger Xi. Parteitag der SED.


Politik in der BRD:

In Bonn wird vor seinem Haus v. Braunmühl durch die RAF ermordet. Er war Mitarbeiter von Außenminister Genscher.



Im Ausland:

Der schwedische Ministerpräsident Olof Palme wird von einem unerkannten Verbrecher ermordet.



Wissenschaft: / Technik / Unglücksfälle

Die US- Raumfähre „Challenger“ explodiert 74 Sekunden nach dem Start, so dass es alle Menschen in Startplatznähe direkt miterleben müssen, es die gesamte Welt an den Fernsehbildschirmen miterlebt. Außer den 7 Astronauten war als Auszeichnung auch eine junge Lehrerin an Bord. Der Start erfolgte trotz Warnungen der Sicherheitsspezialisten wegen versprödenden Materials bei Eisbildung – aus Prestigegründen. Nach diesem Unglück werden vorerst alle geplanten bemannten Raumfahrtunternehmen ausgesetzt.

Der Komet Halley war im März gut über Deutschland zu sehen. Er kehrt etwa alle 76 Jahre wieder – das nächste Mal wird er uns also im Jahre 2061 „besuchen“. Sein Kern hat eine Ausdehnung von ungefähr 15x7x7 km, die Geschwindigkeit beträgt etwa 55 km/h. Es tritt ein Materialverlust von etwa 50 t/sec. Auf.


Wirtschaft:

In Tschernobyl, im Kiewer Gebiet, explodiert am 26. April nach Bedienungsfehlern ein Kernreaktor des Kraftwerkes, das aus vier Blöcken besteht Auch in Schweden wird bald die erhöhte Strahlung gemessen. Erst nach 3 Tagen beginnt die Evakuierung der Stadt. Der kochende und strahlende Reaktor wird mit Beton durch Hubschrauberabwürfe geschlossen („Betonsarkophag“). Viele Menschenleben sind zu beklagen. Zu den ersten Opfern gehören die Feuerwehrleute und Soldaten, die damit beauftragt waren, den Brand des Reaktors zu löschen, was aber nicht gelingen konnte. Die Orte in der Umgebung müssen so verlassen werden wie sie sind – ohne weiteres Hab und Gut mitnehmen zu können.


Bau:

Im April wird die städtische Parkanlage „Marx-Engels-Forum“ mit den Überlebensgroße Figuren der Bevölkerung zur Nutzung übergeben. Zur gleichen Zeit wird Meister Lew Kerbel das Denkmal für Ernst Thälmann, zu seinem 100sten Geburtstag fertigstellen.Mitte November wird „Unter den Linden“ in Berlin die sanierte Staatsoper wiedereröffnet.


Sport:

Die Sportler des Jahres sind Heike Drechsler (Weitsprung) und Olaf Ludwig (Radrennen).



Bald Alltag:

Prinz Andrew Winston heiratet Sarah Ferguson.


Ein schwerer Unfall:

Am 12. Dezember stürzt eine sowjetische Tupolew TU 134 der Gesellschaft Aeroflot beim verfehlten Landeanflug auf den Zentralflughafen Berlin-Schönefeld in ein Waldstück. 70 der 82 Personen sterben dabei.


Naturerscheinungen:

Im März 1986 erscheint der Komet „Halley“ am Nachthimmel. Ein schwarzer staubiger Eisklumpen von der Größe etwa des New Yorker Stadtteils Manhattan und der Form einer Kartoffel mit einem riesenlangen Schweif.

Am 1. Juni 86: Ein Asteroid (ein Apollo-Objekt) saust in einer „geringen“ kosmischen Entfernung von etwa 4 Millionen Kilometern an der Erde vorbei. Es handelte sich damit um einen Fast-Zusammenstoß mit einem Asteroiden, der die Bahnen von Erde, Mars und Jupiter kreuzt. Sein Auftreten ist für uns etwa alle 14 Jahre zu erwarten – demnächst also in den Jahren 2000 und 2014.

Ein Hagelgewitter über Bangladesh hat 92 Menschenleben gekostet. Die „Hagelkörner“ waren Eisklumpen mit einer Masse bis zu einem Gramm, die mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h zur Erde stürzten.





Zeitgeschichte 1987

Politik DDR:

In der DDR wird die Todesstrafe abgeschafft. Staatsratsvorsitzender Erich Honecker besucht die Bundesrepublik und auch seine Verwandten, wie auch sein Elternhaus im Saarland.

Ab Monat Mai wird das Kindergeld erhöht.

Ab Oktober ist es gestattet, Zeitschriften,Medikamente und Tonträger aus der BRD in die DDR einzuführen.

Bei der Durchsuchung der Umweltbibliothek der Zionskirche in Berlin gibt es mehrere Festnahmen von Personen.


Politik BRD:

Der West-Deutsche Jugendliche Matthias Rust fliegt mit einer „Chessna“ unbehelligt durch alle Grenzsicherungen und Flugabwehrsysteme und landet in Moskau „aus Spaß“ auf dem „Nationalheiligtum“, dem Roten Platz. Er will nur freundlich plaudern und sich anstaunen lassen und dann bald den Rückflug antreten, wird aber stattdessen schnell verhaftet. Diplomatische Bemühungen bekommen ihn wohl etwa ein dreiviertel Jahr später wieder frei.

Dr. Hans-Jochen Vogel wird neuer Vorsitzender der SPD. Willy Brandt erhält den Ehrenvorsitz auf Lebenszeit.


Wissenschaft / Astronomie:

Eine neue Galaxie / Galaxis wurde entdeckt und „Malin 1“ benannt. Sie ist die größte der bislang entdeckten Galaxien mit einem Durchmesser von etwa 780.000 Lichtjahren. Damit ist sie etwa achtmal größer als „unsere heimatliche“ Milchstraße.



Wissenschaft / Tiefseeforschung

Das Wrack des im April 1912 im Nordatlantik gesunkene Luxusschiff „Titanic“, wird in knapp 4.000 m Tiefe gefunden.


Wissenschaft / Medizin

Seit einigen Jahren können bereits künstliche Kniegelenke eingesetzt werden. Jetzt wurde erstmals erfolgreich in Philadelphia (USA) ein natürliches Organspender-Knie verpflanzt.


Bauen: in Berlin:

Januar: Das Bodemuseum auf der Berliner Museumsinsel wird nach der Sanierung wiedereröffnet.Im Monat Mai wird das in historischer Anlehnund wiedererrichtete Nikolaiviertel, einschließlich der Nikolaikirche und der Gerichtslaube, fertiggestellt und kann besichtigt werden.


Unterhaltung.

Am 10. Februar stirbt der Radiounterhalter, der Fernsehentertainer und Showmaster Hans Rosenthal.


Heimatgeschichte:

Die Stadt Berlin begeht ihren 750. Geburtstag. Die erste erhaltene urkundliche Erwähnung ist datiert im Jahr 1237. Bei Potsdam reichen die Urkunden bis 993 zurück. In Berlin wird das Schauspielhaus („Am Platz der Akademie“ / früher „Gendarmenmarkt“) am Neujahrstag feierlich wiedereröffnet.


Alltag:

Mitte Januar herrschen um -20°C. Es treten Schwierigkeiten bei der Fernwärme und Elektroerzeugung und-Lieferung auf.


Bevölkerung:

Der Erdball trägt jetzt ungefähr sieben Milliarden Menschen - und die Anzahl steigt ständig.


Die Geschichte unserer Zeit im Jahre 1988

Politik der DDR:

Bei Kundgebungen zum Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verhaftet die DDR-Staatssicherheit in Berlin etwa 120 Menschen. 54 von ihnen werden in die BRD ausgebürgert. Einer der Anlässe zum Einschreiten „der Staatsorgane“ ist ein Transparent mit dem Zitat von Rosa Luxemburg: „Die Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden“.

Ab März dürfen Bürger der Bundesrepublik bei Besuchen in der DDR einmal übernachten.

Im November werden der Import und damit auch der Verkauf des interessanten sowjetischen Heftes „Sputnik (dein Begleiter) eingestellt. Die DDR-Führung wirft dem „Großen Bruder“ vor Geschichtsfälschungen betrieben und darin abgedruckt zu haben.


Politik im Ausland:

Durch Vier-Staaten-Verhandlungen in Genf (USA, Pakistan, SU, Afghanistan) wird ein Ende des Afghanistan - Konflikts vorbereitet.

Michail Gorbatschow und Ronald Reagan vereinbaren den weiteren Raketenabbau.


Technik:

Im April flog der Grieche Kanellos Lenellopoulos mit seinem Muskelkraftflugzeug 119 km weit von Kreta zur Insel Santorin, angetrieben von einem pedalgetriebenen Propeller. Das Fluggerät war 32 kg leicht.


Wirtschaft:

Ein neuer Eisenbahntunnel verbindet die japanischen Inseln Honshu und Hokkaido. Er ist 50 km lang. 25 km davon verlaufen unter dem Meeresboden. Mit dem Bau wurde 1964 begonnen.


Bauen in Berlin:

Beginn des Wiederaufbaus der Synagoge mit der früher vergoldeten Kuppen in der Berliner Oranienburger Straße. Auf dem rechts benachbarten Grundstück residiert der VEB Baureparaturen Berlin-Mitte. Wie günstig.

Ab-Bau in Potsdam:

Die Holländer-Häuser (Pfarrhaus) an der Französischen Kirche in der Wilhelm-Pieck-Straße 79 / 80 werden abgerissen.


Sport:

Die olympischen Spiele werden in Calgary ausgetragen. Katharina Wit wird zum zweiten Mal Olympiasiegerin im Eiskunstlauf.


Alltag:

Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche am 14. März. Anschließender Schweigemarsch von etwa 300 Leuten zur Thomaskirche.


Unglücksfälle/Katastrophen:

Katastrophe bei einer Flugschau in Ramstein. Beim Formationsflug einer italienischen Flugzeugstaffel kollidieren drei Flugzeuge und stürzen brennend in die Zuschauermengen. Über 50 Tote und 340 Verletzte.

Terroranschlag: Terroristen bringen über dem kleinen englischen Ort Lockerby ein Passagierflugzeug mit einer Explosion zum Absturz. Alle Passagiere und mehrere Einwohner des Ortes sterben.


Naturgewalten / Klima:

In diesem Sommer wurden in Jakutien (Ostsibirien), in der Kältekammer der Erde, einmal +38°C gemessen. Im Winter fiel die Temperatur auf -77,8°C. – das ist wohl die größte Temperaturdifferenz auf der Erde. Kälter war es nur in der Antarktis in Wostok: August 1960: -88,3°C.

07. Dez. 88: Schweres Erdbeben im Kaukasus. Am stärksten ist Armenien betroffen. Die zweitgrößte Stadt Leninakan / Kirovakan wird zu 40% zerstört. Insgesamt sterben etwa 60.000 Menschen und 500.000 wurden obdachlos.



Das Jahr 1989


Politik und Bürgerwille in der DDR sowie die Stellung des Auslands dazu:

Januar

Im Januar gibt es einen besonderen Tag: In der DDR gründet sich der Bund der Freidenker.

Februar

Im Februar bildet sich die Dachorganisation vieler Umweltgruppen: „Die grüne Liga“ ohne bei der Obrigkeit eine Genehmigung dafür zu erbitten.

März/April

Im April ein genehmigtes DDR-weites Treffen der DDR-Umweltgruppen in Potsdam

Mai

Der 07. Mai: Bei den Kommunalwahlen in der DDR (es werden die letzten sein), stimmen nach Verlautbarungen wie üblich über 98% der Wähler für die Kandidaten der Nationalen Front (andere gibt es auch nicht). Wahlbeobachter vermuten aber auch in diesem Jahr eine Staatliche Wahlfälschung in der gespannten Lage. Verschiedene Bürger erstatten Anzeige bei der Staatsanwaltschaft.

Gorbatschow warnt Honecker angesichts der politischen Öffnungsbestrebungen in anderen Ländern Mitteleuropas mit den Worten (nur sinngemäß): „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“.

Im Mai: Ungarn ruft eine neue Republik aus und beginnt, vorsichtig die internationalen Reaktionen beobachtend, mit dem Abbau von Stacheldraht-Grenzsicherungen an der Grenze zu Österreich. Ungarn isoliert sich damit im Ostblock (dem Militärbündnis: „Staaten des Warschauer Vertrages“) und verändert mit seiner Öffnung das Gesicht Europas. Rumänien fordert eine Militärinvasion gegen Ungarn. Die DDR unterstützt Ungarn nicht. Die UdSSR schickt keine Soldaten gegen Ungarn.

Juni

In Leipzig finden jeden Montag Kundgebungen und Protestmärsche statt, an denen sich allein dort zu Beginn etwa 70.000 Menschen beteiligen. „Wir sind das Volk“, wird gerufen.

Juli

Im Sommer fliehen DDR-Urlauber von Ungarn spontan über Österreich in den Westen, da sich hier eine relative Duldung des Grenzübertritts anbot. Die größte Massenflucht seit dem Berliner Mauerbau 1961.

August

Im August schließt die „Ständige Vertretung der Bundesrepublik“ in Ost-Berlin wegen ihrer Überfüllung, denn hierher flüchteten etwa 130 DDR-Bewohner, um von hier auszureisen.

September

In Grünheide bei Erkner gründen am 10. September 30 Regimekritiker die Reformbewegung „Neues Forum“. Weitere Gruppen bilden sich wie „Demokratischer Aufbruch“, „Demokratie jetzt“ (12. Sept.)und „Demokratischer Aufbruch“ ….


Ungarn öffnet seine Grenzen ab 11. September, und lässt damit etwa 10.000 durchreisend-flüchtige DDR-Bürger nach Österreich auswandern. Noch in Ungarn (Im Auffang- und Versorgungslager des Malteser Hilfsdienstes) werden für DDR-Bürger bereits bundesdeutsche Pässe ausgestellt.

Die Leipziger Montags-Demonstration am 25. Sept. umfasste nach Schätzungen etwa 5.000 Menschen.

Auch die Bürger der DDR, die in Botschaften in Prag (über 5.000 Bürger) und Warschau Asyl gesucht haben, dürfen ausreisen. Diese Verhandlungsbotschaft überbringt BRD-Außenminister Hans Dietrich Genscher am 30. September in Prag unter machtvollem Beifall.


Oktober

Am 04. Oktober in Dresden einzelne Handgreiflichkeiten zwischen Demonstranten und der Polizei, weil DDR-Bürger mit dem Zug aus Prag in die Bundesrepublik mitfahren wollen.

Am Rande des Feiertages zur DDR-Gründung am 7. Oktober kommt es zu großen Protestkundgebungen. Die Feiern am 7. Oktober „40 Jahre DDR“ finden mit Michail Gorbatschow im Berliner Palast der Republik statt. – Vor der Haustür, auf dem Marx-Engels-Platz (Schlossplatz) finden Tumulte statt.

Am 07. Oktober – das zweite Treffen der Umweltgruppen aus der gesamten DDR in Potsdam.

Am 09. Oktober sollen an der Leipziger Montags-Demo bereits etwa 70.000 Menschen teilgenommen haben. Wir sind das Volk“, “Keine Gewalt“ wird in Sprechchören gerufen.

„Illegale“ Gründung der SDP der DDR in Schwante (wird im Zuge des Beitritts der DDR zur BRD auch wieder SPD).

Am 16. Oktober sind etwa 120.000 Menschen bei den Montagsdemonstrationen. Gab es anfangs Sprechchöre mit „Wir wollen 'raus“, hört man jetzt: „Wir bleiben hier“ und „Gorbi, Gorbi“, wird der sowjetische Hoffnungsträger gerufen.


Am 18. Oktober 1989 tritt Erich Honecker „aus gesundheitlichen Gründen“ zurück.

Ab 23. Oktober beteiligen sich etwa 500.000 Menschen in Leipzig an der Demonstration. Die Rufe lauten inzwischen „Wir sind ein Volk“, um den Wiedervereinigungswillen kundzugeben. Eine angespannte Situation, bei der niemand weiß, ob und wann die Staatssicherheit und die Armee eingreifen. Diesmal griff die Sowjetunion unter der Führung des Michail Gorbatschow nicht ein, ganz anders als in den Jahren 1953 in der DDR, 1956 in Ungarn und 1968. in der Tschechoslowakei.

24. Oktober: Nachfolger für Erich Honecker wird mit allen Ämtern für kurze Zeit Egon Krenz. Am 30. Oktober wird die Sendereihe „Der schwarze Kanal“ von und mit Karl-Eduard von Schnitzler (bekannt als „Sudel-Ede“) aus dem Programm des DDR-Fernsehens genommen. Dort hatte sie 30 Jahre lang ihren Stammplatz.

November

04. November Demonstration auf dem Berliner Alexanderplatz mit ca. 1 Mio. Menschen. Hier überwiegen die Forderungen nach demokratischen Reformen.


Am 07. November tritt die DDR-Führung zurück und formiert sich neu. Hans Modrow, der Ersten Parteisekretär (SED) aus Dresden übernimmt dessen Ämter, nunmehr als Ministerpräsident. Dieser regiert ebenfalls kurze Zeit, bis er von Lothar de Maiziere (CDU), abgelöst wird. Jenem wird es bestimmt sein, die DDR für einen Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland, später an Herrn Bundeskanzler Kohl zu übergeben.


Am 09. November wird in einer vom Fernsehen direkt übertragenen Sitzung dem DDR-Staatsmann Günter Schabowski ein Zettel hingeschoben, den er lesend, mit stockender Stimme etwa so kommentiert: „Ich verstehe diese Nachricht so, dass die Reisebeschränkungen aufgehoben werden, dass Reisefreiheit für die DDR-Bürger besteht. Ja, das gilt ja dann wohl ab sofort. Die Bürger am Fernsehgerät wussten das also weitaus früher, als die Grenzsoldaten, die die geschlossene Grenze zu bewachen hatten und teilten jenen (in Berlin) die Öffnung der Grenzen mit.

Seit 1961 – Wiederöffnung der innerdeutschen Grenzen des in Ost und West geteilten Landes, beginnend am 9. November in Berlin. Überall in Berlin grenzüberschreitende Besuche. Das Brandenburger Tor in Berlin wird noch vor Weihnachten für den Fußgängerverkehr geöffnet, die 28 Jahre trennende Mauer wird von „Mauerspechten“ durchlöchert und abgerissen.

Dezember

Am 03. Dezember tritt das Politbüro der SED (wieder einstimmig) zurück.

Am 06. Dezember legt Egon Krenz die vom Ziehvater Erich H. für kurze Zeit ererbten Ämter nieder. Staatsoberhaupt wird der Vorsitzende der LDPD (liberaldemokratische Partei Deutschlands (in der DDR), Dr. Manfred Gerlach.

Am 09. Dezember ist außerordentlicher Parteitag der SED. Die Partei beschließt eine Umbenennung: Vorerst SED - PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus). Gregor Gysi, Sohn des früheren Kulturministers Klaus Gysi wird deren Vorsitzender.

Am 22. Dezember wird das Brandenburger Tor im Herzen Berlins nach 28 Jahren nach dem Bau des „antifaschistischen Schutzwalls“, oder kurz: der „Mauer“ wieder geöffnet. Ein wahres Weihnachtsgeschenk. Und zum „Schlagwort“ in diesen Wochen wird der Begriff „Mauerspechte“ für Leute, die die Mauer mit Hammer und Meißel durchlöchern.

Ab 24. Dezember werden Visum und Zwangsumtausch abgeschafft. Für den geordneten Grenzübertritt erhalten DDR-Bürger jedes Mal einen grün-roten Stempel in den Ausweis – solange - bis das allen zu viel wird.

Bundeskanzler Kohl verkündet den 10-Punkte-Plan zur Wiedervereinigung Deutschlands.

Mit dem Zusammenbruch der DDR gehen in den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in kürzester Zeit etwa 80% der Arbeitsplätze verloren.

Frank Schöbel singt gerade zu dieser Zeit: „Wir brauchen keine Lügen mehr“


Politik in der BRD und Berlin (West):

November: Der Chef der Deutschen Bank Alfred Herrhausen wird von der RAF erschossen.

Am 28. November stellt Der BRD-Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl sein 10-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas vor. Dieses ist weder mit den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges und auch nicht mit den Vertretern der DDR abgestimmt. Kohl ist der Konstrukteur der Zukunft.


Politik im Ausland:

Studentenunruhen in China. In Peking wird am 04. Juli die Freiheitsdemonstration auf dem Platz des himmlischen Friedens blutig zusammengeschossen. Mehr als 1.000 Menschen sterben dort an diesem Tag. Politische Freiheit oder auch schon kritische Äußerungen zur Politik der Kommunistischen Partei Chinas sind nicht gestattet. Man schätzt, dass jährlich etwa 1.000 Todesurteile vollstreckt werden.

In Prag werden Demonstrationen für mehr Freiheiten von der Polizei gewaltsam aufgelöst.Auch die tschechische Regierung tritt unter den anhaltenden Protesten des Volkes zurück.



Die Nationalitätenprobleme in dem Vielvölkerstaat Jugoslawien eskalieren nach dem Tode Titos. In der jugoslawischen Provinz Kosovo kommt es zu blutigen Unruhen.

Der rumänische Staats- und Parteichef Nicolae Ceausescu, der sich wie ein König ausgestattet hatte, wird am 22. Dezember vom Volksaufstand gestürzt und zusammen mit seiner Frau Elena nach Verhör bei einem Tribunal hingerichtet.

In Polen finden seit dem Zweiten Weltkrieg erstmals wieder Wahlen statt, bei denen Kandidaten der Opposition zugelassen sind. Tadeusz Mazowiecki wird Regierungschef.

Freiheit für den südafrikanischen Bürgerrechtler Nelson Mandela, nach 27 Jahren Haft.



Wirtschaft:

Die erste Fluglinie zwischen Frankfurt (Main, BRD) nach Leipzig (DDR) wird in Betrieb genommen.


Literatur:

Salman Rushdie veröffentlicht seine „Satanischen Verse“ und wird von seinem Heimatland Iran als vogelfrei erklärt, zur Ermordung „freigegeben“.



Naturkatastrophen:

Jahrhundert-Erdbeben in San Francisco.



Einige Hinweise zum Jahr 1990, gleichberechtigte Wiedervereinigung beider deutscher Teilstaaten?

Und von nun an geht alles noch schneller, als bisher.


Im Januar werden von der Bevölkerung die 16 Bezirkszentralen des Ministeriums für Staatssicherheit gestürmt oder besetzt und versuchsweise gesichert. Zahlreiches Material ist aber bereits durch den Reißwolf geschickt worden. Die Aufzeichnungen über die Bürger sind aber so umfangreich, dass vieles erhalten bleibt.

Ende des Monats Januar wird Egon Krenz aus der SED-PDS ausgeschlossen und verliert auch alle Ämter im Staat. Erich Honecker wird im Krankenhaus verhaftet.

Am 05. Februar beschließt die Volkskammer der DDR die Gewährleistung der Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit.

Am 07. Februar schließen sich das „Neue Forum“ mit den anderen Bürgerinitiativen zur Partei „Bündnis 90“ zusammen. Später gibt es eine nochmalige Vereinigung mit den Menschengruppen, die aus der „Grünen Liga“ kommen. So heißt denn die Partei: Bündnis 90/Die Grünen“.


Am 12. März lehnt der aus vielen Bürgerinitiativen gebildete „Zentrale Runde Tisch“ in Berlin die kritiklose, vollständige anerkennende Übernahme des BRD-Grundgesetzes für die DDR ab. Ein wesentlicher Knackpunkt ist dabei der Artikel 23: „Das Grundgesetz ist in anderen Teilen Deutschlands nach deren Beitritt in Kraft zu setzen“. Dadurch ist nicht die Möglichkeit gegeben, das jeweils Beste beider Länder miteinander verschmelzen zu lassen.


18. März: In der DDR finden die letzten Wahlen statt.

12. April: Lothar de Maizière wird Ministerpräsident.

Am 18. Mai wird zwischen der BRD und der DDR der „Staatsvertrag zur Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion geschlossen.

Am 01. Juni wird Karl-Marx-Stadt wieder in Chemnitz zurückbenannt.

Am 12. Juni beschließt die Volkskammer, das bisherige Volkseigentum einer neu gebildeten Treuhandanstalt zur Prüfung auf Bewahrung, zur wirtschaftlich sinnvollen Vermarktung und zum Verkauf zu übergeben. Die Leiter der Treuhandverwaltung sind erst Herr Rohwedder und später Frau Breuel.

Am 13. Juni beginnt der nun offizielle Abbruch der etwa 47 km langen Maueranlagen in Berlin und auch die der Langen Nord

Die knapp 17 Millionen DDR-Bürger erhalten von der BRD ein „Begrüßungsgeld“ in Höhe von 100 DM geschenkt.

Am 01. Juli Währungsunion. Die DDR-Bürger erhalten die D-Mark als einheitliche Deutsche Währung. Die DDR-Mark wird im Verhältnis 2:1 gegen die neue Währung „Deutsche Mark“ getauscht. Willy Brandt sagt: „Nun wächst zusammen, was zusammengehört“.

Am 24. Juli gibt die DDR ihre letze Briefmarke heraus

Die vier Siegermächte des Zweiten Weltkrieges sind mit der Wiedervereinigung Deutschlands einverstanden und treten ihre Rechte ab.

Am 23. August beschließt die Volkskammer der DDR unter der Führung von Lothar de Maizière als Ministerpräsident den Beitritt zur Bundesrepublik.

Am 05. Septemberverabschiedet die Volkskammer das Gesetz über den Verbleib der Akten der Staatssicherheit.

Der DTSB (Deutscher Turn- und Sportbund der DDR wird im September aufgelöst ebenso wie die DDR-Gewerkschaft FDGB.

02. Oktober: Die letzte Sitzung der VolkskammerAnfang Oktober tritt die DDR aus dem Bündnis der Staaten des Warschauer Vertrages aus.

Die Wiedervereinigung wird nach 45 Jahren Trennung am 3. Oktober 1990 durch den Beitritt der DDR zur BRD vollzogen. Seither ist der 3. Oktober, Tag der Deutschen Einheit, der Nationalfeiertag.

Langsam ziehen die Siegermächte ihre Resttruppen aus Deutschland zurück (die sowjetischen Streitkräfte ziehen ihre letzten Soldaten bis 1994 aus dem Gebiet der DDR zurück).

Auf den Saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine wird ein Attentat verübt, ebenso auf Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der seither querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzt.

September 90. Die S-Bahn in Berlin-West (die zur „Deutschen Reichsbahn“ in der DDR gehörte, wird wieder belebt und sehr schnell ausgebaut.

Südafrika: Der Bürgerrechtler Nelson Mandela Führer des ANC, kommt am 12. Februar 1990 aus der Haft. 27 Jahre lang wurde er wegen seiner freiheitlichen Gesinnung eingesperrt. Bald wird er der erste schwarze Präsident Südafrikas werden. Die Apartheit (diskriminierende Art von Rassentrennung wird aufgehoben.


Wissenschaft

und Technik:

Das internationale Kommunikationsnetz „Internet“ geht in Betrieb, nachdem bereits seit Mitte der 60er Jahre dazu Versuche liefen.

Das Telefonbuch erscheint erstmals auf einer CD-ROM. Eine der Folgen: Man kann bald keine gedruckten Telefonbücher mehr auf den Postämtern einsehen aber für den Kunden werden sie noch für den eigenen Telefonbezirk weiterhin ausgeliefert.


Alltag:

Unglaublich ungewohnte Mengen von Verpackungsmüll kommen auf die DDR-Bevölkerung zu. Plastetüten, die für uns jetzt Plastictüten heißen, Getränkeblechdosen usw. Der Einkaufkorb, der Stoffbeutel, das Einkaufsnetz, scheinen ganz plötzlich ausgedient zu haben.



1991 Unter anderem ereignete sich 1991 folgendes:

Politik:

Der erste gesamtdeutsche Bundestag wählt Helmut Kohl erneut zum Bundeskanzler. Er tritt damit seine vierte Amtszeit an.

Am 20. Juni entscheiden sich die Abgeordneten des deutschen Bundestages mit 338 gegen 320 Stimmen dafür, den Regierungssitz der Bundesrepublik von Bonn wieder nach Berlin zu verlegen. Berlin, die alte Reichshauptstadt, die Hauptstadt der DDR, wird jetzt wieder gesamtdeutsche Hauptstadt, mit dem alten Reichstagsgebäude, in dem dann der Bundestag arbeiten soll, als Regierungssitz.

Fast 36 Jahre nach der Gründung löst das osteuropäische Militärbündnis „Warschauer Vertrag“ seine Strukturen auf.

Potsdam: In den Gebäudekomplex der SED-Bezirksleitung (dem “Kreml“) am Brauhausberg (früheres Reichsarchiv / Heeresarchiv), zieht jetzt der Landtag des Landes Brandenburg ein.

Zwei Tage nachdem Kroatien und Slowenien ihre Unabhängigkeit von Jugoslawien erhielten,

kommt es ab März zum Balkan-Bürgerkrieg. Serben überfallen die kroatischen Nachbarn mit Greueltaten. Jene wehren sich und stehen ersteren wohl an Schrecklichem in nichts nach. Hier war es einmal keine Fremdinvasion, sondern ethnische Unterschiede, die Bürger, die bisher friedlich zusammen lebten, durch unsinnige Hetze gegeneinander aufbrachten. Tito hatte diese verschiedenen Völkerstämme mit fester Hand in dem Staatenbündnis „Jugoslawien“ zusammengeklammert, das nun zerfällt.

Die Sowjetunion zerfällt. Im Sommer des Jahres wird die russische Stadt Leningrad in Sankt

Petersburg zurück benannt. Boris Jelzin wird mit knapper Mehrheit russischer

Staatspräsident. Im August übersteht Gorbatschow einen Putschversuch.

Gorbatschow war festgesetzt und isoliert. Panzer gegen das Volk und Gorbatschow.

Litauen erklärt sich als unabhängig von Russland.

Der Sarg mit den Überresten des Friedrich des Großen wird am Schloß Sanssouci in der

Nähe der Gräber seiner Hunde Mitte August beigesetzt und somit seine testamentarische

Festlegung endlich erfüllt.

In verschiedenen deutschen Städten gibt es Übergriffe rechter Gewalt auf ausländische

Menschen.

Bomben auf Bagdad, nachdem der Irak Kuwait besetzte. Die Alliierten unter der Führung der USA besiegen den Irak im zweiten Golfkrieg. Viele Ölquellen brennen.


Kirchenpolitik:

Eugen Drewermann, Pfarrer und Katholischer Kirchenkritiker (geb. 20. Juni 1940 in

Berkamen bei Dortmund) verbindet Theologie und Psychologie, fordert die Abschaffung des

Zölibats und der autoritären Kirchenstrukturen. In diesem Jahr wird ihm wegen seiner Haltung die Lehrbefugnis entzogen.


Wissenschaft:

Zufällig wurde von Spaziergängern am 19. September in den Ötztaler Alpen nahe der italienisch-österreichischen Grenze, am Similaun-Gletscher in 3.210 m Höhe ein Leichnam entdeckt, der aus der Jungsteinzeit / Bronzezeit stammt, also etwa 5.300 Jahre alt ist und bald den Namen „Ötzi“ erhielt. (Weitere Funde an dieser Stelle: Siehe November 2005).


Ab-Bauen in Potsdam:

Der Rohbau des neuen Theaters am Alten Markt in Potsdam, errichtet vom Bau- und Montagekombinat Ost, wird von dem gleichen Betrieb als Geschenk zur Feier „1.000 Jahre Potsdam“ wieder aufwändig abgerissen, um den späteren Stadtschlossaufbau zu ermöglichen.


Fernsehen /Unterhaltung:

Am 31. 12. 1991 grad zu der halben Nacht (war es 23.59 Uhr oder „24.00 Uhr“ oder zu 00.00 Uhr des Folgetages?) stellte der Fernsehfunk der DDR in Adlershof seine Sendungen für immer ein. Die Nachrichtensprecherin verabschiedet sich persönlich von den Zuschauern. Herbert Köfer und Frank Schöbel schalten gemeinsam das Licht aus. Die erste Sendung des DDR-Fernsehens wurde am 21 Dezember 1952 ausgestrahlt. Fortgesetzt werden die Sendungen ab 1992 vom ORB (Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg), der später vom RBB (Radio Berlin-Brandenburg) abgelöst wird.


Naturgewalten:

Eine riesige Flutwelle überschwemmte die Küstenregionen von Bangladesh. Der Tod von 140.000 Menschen ist zu beklagen.



1992

Politik:

In den USA wird Bill Clinton Präsident (Demokrat). In Jugoslawien erfasst der Bürgerkrieg weite Bevölkerungsteile: Serben gegen Kroaten. Konzentrationslager für Bosnische Muslime werden eingerichtet.

Altbundeskanzler und Vorsitzender der SPD, Willy Brand stirbt im Alter von 78 Jahren.

Lichterketten und Gedenkminuten der deutschen Bevölkerung gegen Ausländerhass.

In Bosnien-Herzegowina währt der Krieg 1992-1995.


Technik:

Eine neue Erfindung: Auf den Markt kommen so genannte „Handys“. Das sind mobile Telefonapparate in der Größe eines Brillenetuis oder später auch noch kleiner. Schnurlos. Von und nach überall kann man telefonieren, … sofern sich Sendemasten in erreichbarer Entfernung befinden.


Wirtschaft:

Eröffnung des Main-Donau-Kanals.

Am 01. April wird der S-Bahn-Verkehr zwischen Berlin und Potsdam wieder aufgenommen. Er bestand 33 Jahre von 1928 bis 1961 (wegen der Grenzschließung eingestellt) und ruhte dann 31 Jahre von 1961 bis 1992. Nun rollt sie wieder. Ist das schön!


Unterhaltung / Kultur:

Die deutsche Sängerin Marlene Dietrich, mit USA-Bürgerschaft wird nach ihrem Tode in Amerika nach Berlin überführt und hier bestattet. Sie war 1901 geboren worden.


Kirchenkultur:

Die Katholische Kirche rehabilitiert den Naturwissenschaftler Galileo Galilei (1564– 1642). Darüber wird er erfreut gewesen sein.


Sport:

Zu den Olympischen Spielen geht erstmals wieder eine gesamtdeutsche Mannschaft an den Start.


Alltag:

Naturereignisse:

Starke Stürme bzw. Orkane gab es in Deutschland am 11. und am 26. November.


Das Jahr 1993

Politik:

Staatsstreich in Moskau gegen Reformfeinde. Das Moskauer „Weiße Haus“ brennt. Bürgerkrieg in Somalia. Millionen Menschen sind vom Hunger gezeichnet aber eigene Militärclans kämpfen sinnlos um eine Vormacht-Stellung. Dort will die USA mit Militärflugzeugen Lebensmittel verteilen, werden aber sofort in den Konflikt hineingezogen und verlassen schließlich fluchtartig das Land.

Am 13. Nov. Vertragsabschluss von Maastricht über die Europäische Union.

Der Industrielle Rohwedder wird von der RAF ermordet. Am 27. Juli treffen sich auf dem Bahnhof in Bad Kleinen bei Wismar die untergetauchten / gesuchten Terroristen (Lebensgefährten) Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld. Die Nachrichtendienste wussten das und eine Truppe der GSG 9 steht in Zivil zu deren Festnahme bereit. Ungeplant kommt es zu einem Schusswechsel, bei dem ein Polizist und Grams sterben.


Wirtschaft:

Seit dem 12. Juni (1. Juli) gelten in Deutschland neue fünfstellige Postleitzahlen, die mit der Vereinigung erforderlich wurden.


Sport:

Beim Boxwettkampf im Halbschwergewicht wird der Ostdeutsche Henry Maske Weltmeister.


Alltag:

Potsdam begeht seine 1.000-Jahr-Feier.


Naturereignisse:

Starke Stürme bzw. Orkane gab es über Deutschland an den Tagen 09., 13. und 27. Januar sowie am 09. Dezember 1993.


1994

Politik:

Die letzten russischen Soldaten verlassen im Herbst nach knapp 40 Jahren das Gebiet der ehemaligen DDR.

Der RIAS (Radio im amerikanischen Sektor von West-Berlin) wird aufgelöst und geht im „Deutschlandradio“ auf.

Nelson Mandela wird Präsident Südafrikas und löst damit friedlich Frederic de Clerk ab.


Wissenschaft: / Kosmische Naturgewalten:


Kometen umkreisen auch den Planet Jupiter. Ein Komet, schätzungsweise etwa so groß wie der Mount Everest, wird von der Anziehungskraft des Jupiters eingefangen. Im Sommer schlägt er (der Shoemaker-Levy-Komet) mit einer gewaltigen Detonation auf dem Planeten Jupiter ein. Die beim Einschlag entstehenden Lichtblitze wurden von Teleskopen unserer Erde registriert. Dieser Einschlag war das bisher spektakulärste Ereignis in unserem Sonnensystem, das während der Menschheitsgeschichte beobachtet werden konnte.


Unglücksfälle:

Untergang des estnischen Schiffes „Estonia“ im Sommer 1994.


1995

Politik:

Der israelische Präsident Jitzak Rabin (Friedensnobelpreisträger) wird wegen seiner Friedenshaltung, wegen seines Ausgleichs gegenüber den Palästinensern, ermordet.


Kunst:

Der Designer Christo verpackt in einer Großaktion den Deutschen Reichstag in Berlin in ein silberfarbenes beschichtetes Gewebe.


Wissenschaft:

In der Oberpfalz (Deutschland) besteht mit 14 km das tiefste Bohrloch der Welt. Es hat in Nähe der Erdoberfläche eine Weite von 80 cm und unten (am Ende des Vortriebs) einen Durchmesser von 20 cm. Man studiert an dieser Bohrung den Aufbau des Erdmantels und prüft die Nutzungsmöglichkeiten der Energie aus dem Erdinneren.


Naturgewalten:

Im Januar ist ein starkes Erdbeben in Kobe (Japan) zu verzeichnen. 6.000 Tote.

Der Winter 95 / 96 ist hier bei uns kalt und lang


Geschichtsnotizen zum Jahr 1996

Politik:

Ehe-Scheidung von Kron-Prinz Charles Winston und Lady Diana, geb. Spencer, Prinzessin of Wales.


Wissenschaft und Technik:

Irgendwann in jener Zeit:

- Das Schaf Dolly wird geklont.

- Noch konkretisieren! 96 oder 97 können wir am nächtlichen Winterhimmel den Kometen mit dem Doppelnamen (Benennung nach den Entdeckern) „Hale - Bopp“ sehen.



Aus dem Jahre 1997

Politik:

Der chinesische Staats- und Parteichef Den Xiao Peng stirbt. Den weiteren Weg wird eine neue Wirtschaftspolitik bestimmen aber de eingeschränkten Menschenrechte werden beibehalten. Nach der Privatisierung von Unternehmen geschieht eine ungebremste Wirtschaftsentwicklung mit etwa 10% jährlicher Steigerung.

Am 06. Juni 1997 stirbt die Kronprinzessin Diana, geb. Spencer, bei einem Verkehrsunfall.


Wissenschaft:

Im März beobachteten wir mit bloßem Auge den Riesen-Kometen Hale-Bopp am nächtlichen Himmel (der erstmals am 23. Juli 1995 von Alan Hale in New Mexico und Thomas Bopp in Arizona gesehen wurde. Ein sehr heller Komet mit einem Kern aus Gestein, Eis und Staub. Sein Durchmesser beträgt etwa 70 km, seine Geschwindigkeit ungefähr 44 km/sec. Er zieht einen blauen Gasschweif und einen gelben Staubschweif von mehreren Millionen Kilometern Länge hinter sich her. In jeder Sekunde verliert er viele Tonnen an Material. Die Umlaufzeit wird von Planetenanziehungskräften beeinflusst. Rechnerisch werden „wir“ ihn etwa im Jahre 4380 wieder sehen können

Am 04. Juli setzten die Amerikaner eine Raumsonde „Pathfinder“ mit dem Roboter „Sojourner“ auf dem Mars ab. 80 Tage lang inspizierte er den „Roten Planeten“ bei laufender Kamera. Zum ersten Mal erkundet ein auf der Erde gebautes Fahrzeug ferngesteuert einen anderen Planeten.

Auch in Richtung Saturn wird eine Rakete mit einer Satellitenstation auf den Weg gebracht. Wenn alles gut geht, die Station nicht von den vielen Gesteinsbrocken im All getroffen wird, soll die Station in etwa sieben Jahren in Saturnnähe eintreffen.


Wirtschaft:

Der 1898 geschlossene Pachtvertrag zwischen Großbritannien und China über die Nutzung des Stadtgebietes von Hongkong läuft unwiderruflich ab. Ab 01. Juli 1998 ist Hongkong (wieder) Teil der Volksrepublik China – allerdings, da erheblich wirtschaftlich stärker und mit weitaus höherem Lebensniveau – mit einem Sonderstatus bis zu einer Angleichung.


Naturgewalten:

Große Überschwemmungen im Juli im Oderbruch. Hochwasserhilfe für das Land Brandenburg. Umweltminister ist Matthias Platzeck.


Das Jahr 1998

Politik:

Deutschland: Ein Politikwechsel. Dr. Helmut Kohl (CDU) gibt die Regierung ab. Gerhard Schröder (SPD) wird Bundeskanzler.

Bill Clinton kämpft als Präsident der USA wegen der Sex-Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinski mit Erfolg gegen das Ansinnen seiner Amtsenthebung.

Die RAF (Rote Armee Fraktion, Linksorientierte Terroristen) teilen in einem Fax mit, dass sie sich aufgelöst haben.


Alltag:

Schweres Zugunglück in Eschede. Ein Radreifen von einem ICE-Zug riss quer durch, löst sich vom Radkörper, entrollt sich, dringt mit einem Ende durch den Waggonboden in das Fahrzeug, bleibt mit dem unteren Ende an einer Weiche hängen und bringt den Zug zum Entgleisen, deren Wagen sich quer vor eine Brücke schoben, und eine Brücke zum Einsturz. 101 Tote und zahlreiche Verletzte.

Es entsteht die neueste und bisher teuerste Verfilmung. Des Titanic-Schiffsunglücks von 1912.


Das Jahr 1999

Wirtschaft:

In Potsdam wird das Reichsbahnausbesserungswerk stillgelegt.


Wissenschaft:

„Der Jahrtausendfund“. Viele Jahrtausende hat die Himmelsscheibe nahe der Bergkuppe auf dem Mittelberg bei Nebra, im Land Sachsen-Anhalt, in einem „Kulturdepot“ aus einem „Kasten“ von flachen Steinen, wenig unter der Erdoberfläche gestanden.

Am 04. Juli 1999 gegen 11.00 Uhr wird der Schatz durch Raubgräber mit einem Metallsuchgerät entdeckt. Die Räuber, die den Wert für die Wissenschaft nicht erkennen, verhökerten den Schatz für 16.000 DM (später sind das etwa 8.000 EURO). Bei mehreren Weiterverkäufen steigt der Preis sprunghaft an, bis eine Information die Kriminalpolizei erreicht. Der Hallenser Landeskonservator meldet sich auch als ein angeblicher Kaufinteressent, so dass die Polizei zugreifen und der Schatz in staatliche Sicherheit und Obhut genommen werden kann.

Außer der Himmelsscheibe gehören zum Schatz: 2 Schwerter mit Holzresten, zwei Beile und 1 Meißel sowie ein wenig Goldschmuck. Das Alter wird nach der Radiocarbonmethode am Holz des einen der Schwerter mit 3.600 Jahren ermittelt.

2.300 g Bronze verwendete man für den Grundkörper der Scheibe. Die Legierung besteht aus 97,1% Kupfer (Cu) und 2,9% Zinn (Sn) zur Härtung, bei etwa 1.200 °C miteinander verschmolzen..

Am Orte (Nebra) gibt es aber keine Erzvorkommen. Die Bronze der Scheibe stammt, das verraten die Spuren an Mineralbeimischungen in der Fluoreszensanalyse, aus den österreichischen Alpen (Mühlbach - Hochkönig). Die ältesten Bergwerksstollen in diesem Gebiet, stammen ebenfalls aus der Zeit um 4.000 v. d. Zeitrechnung. Hier auch ein Wort zu den sagen- und märchenhaften Zwergen, die in den Bergen wohnen und werken: Im Bergbau waren tatsächlich in den niedrigen, engen Stollen besonders körperlich kleine Menschen mit dem Erzabbau beschäftigt. Auch die Zipfelmützen sind überliefert, deren Spitze mit Schafwolle als Anstoßschutz für den Kopf ausgestopft sind. Zur Erzgewinnung wird die Feuersprengung (das Ausdehnen des heißen Steins) genutzt. Das Erz klopft man anschließend, um an dass Metall zu gelangen.


Gründliche Untersuchungen belegten die Echtheit der Nebraer Scheibe mit ihren Bestandteilen des Bronzekörpers, der Patina sowie der unterschiedlichen Goldelemente.

Es ist nachgewiesen, dass sich mit der Scheibe, unabhängig von den Witterungsbedingungen, nach dem Stand der Sterne der Kalendarische günstige Zeitpunkt für die Aussaat bestimmen lässt, was mit Beginn der Sesshaftigkeit und dem Ackerbau eine hohe Bedeutung erlangt und einen der „Schlüsseltermine“ des bäuerlichen Jahres darstellte

Von der Sternwarte in Hamburg-Bergedorf wurde entschlüsselt, dass die Darstellung auf der Scheibe sich auf den 4. Tag nach dem Neumond bezieht. Dazu wurde der auf der Scheibe gezeigte Stand der Sterne mit dem charakteristischen Siebengestirn = den Plejarden, bezogen auf die damalige Zeit, im Planetarium nachvollzogen. Es lässt sich auf der Scheibe auch erkennen (und musste berücksichtigt werden), wann ein Schaltmonat „einzuschieben“ war, damit der Scheibenkalender stimmig blieb. Die Scheibe war wohl nicht etwa auf Handelswegen von weither importiert worden, denn das Himmelsbild zeigt die Formationen so, wie sie in Mitteldeutschland damals, vor rund 4.000 Jahren, zu sehen waren – sie mag also durchaus am Fund- und Nutzungsort am Mittelberg geschmiedet worden sein., mit guten astronomischen Kenntnissen, als eine der Grundlagen.


In jener Zeit lebte man in Großfamilienhäusern. Einkornbrei, Kohl, Linsen, Wildsalate, Fisch und auch Fleisch gehörten zum Speiseplan.

Erst viel später nach der Fertigstellung der ursprünglichen Scheibe wurden zwei goldene Horizontbögen aufgebracht (aus Goldblechen in anderer Zusammensetzung) und auch Sterne versetzt.

Wiederum zu einer anderen Zeit wurde aus flachem Goldblech das Himmelsschiff (die Sonnenbarke), wiederum aus anderem Gold, auf die Scheibe gebracht.

Fiel aber die Himmelsscheibe später in die Hände von jemandem, der ihren Sinn nicht kannte? Zumindest wurden noch später viele Randlöcher in die Scheibe eingebracht, vielleicht um sie als wichtiges oder zumindest schmückendes Symbol auf eine Fahne aufnähen zu können?

Es ist anzunehmen, dass diese Himmelsscheibe letztendlich durch die Bearbeitung und Nutzung entgegen ihrer ursprünglichen Bestimmung als entweiht galt und „wie ein Herrscher“ mit den anderen genannten Grabbeigaben um 1.600 v. u. Z. ,auf dem Mittelberg bei Nebra „bestattet“ wurde.


Es ist aus Funden aus der Zeit um 1870 überliefert, dass rund 2000 Jahre v. u. Z. in diesem Gebiet der Fürst von Leubingen (Ortsname) lebte. In dessen Grabbeigaben fand sich das Handwerkszeug eines Schmiedes, Waffen aus Bronze und Gegenstände aus purem Golde.

In jener Zeit wurde man von Adel nicht geboren, sondern Fürst durch besonderes Wissen, durch besondere Fertigkeiten. War er Fürst wegen der Kenntnisse in der Metallverhüttung und der Schmiedekunst, die er beherrschte?

Das Holz der Grabstelle des Fürsten wurde auf eine Verarbeitung im Jahre 1942 v. d. Z. datiert. In seinem Grab fand man des Weiteren das Skelett eines Kindes. Die Bedeutung ist nicht einwandfrei geklärt.

War von Leubingen ein Metallgießer und Schmied mit hohem Wissensstand? Hatte vielleicht auch er an den späteren Veränderungen der Himmelsscheibe von Nebra gearbeitet?


Ebenfalls im Land Sachsen-Anhalt, bei Goseck, wurde eine kreisförmige astronomische Palisadenanlage entdeckt, ein Observatorium, das etwa vor 4.800 Jahren vor unserer Zeitrechnung gestaltet wurde.


Soziales:

Die Stadt Mexiko hat derzeitig etwa 20 Millionen Einwohner.


Naturgewalten:

Ein Erdbeben erschüttert Istanbul. Etwa 15.000 Tote.


2000

Das letzte Jahr dieses vergangenen Jahrhunderts und Jahrtausends.


Wirtschaft:

01. Juli: Die Überquerung des Öresund zwischen Kopenhagen und Malmö ist von jetzt an „auf dem Landwege“ möglich. Ein gewaltiges Vorhaben von 16 km Länge.

In Hannover findet im Sommer die Weltausstellung „Expo 2000“ statt.


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