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Notizen zu Gottlieb Zelm (1) oo Anna Dorothee Henning (1)

in Gardelegen (Altmark) zwischen 1730 und 1850,

einschließlich einiger Ausführungen zum Leben der Tochter:

Anne Dorothee Elisabeth Zelm (1790 – vor 1834).

Der Familienname Zelm ist in den Kirchenbüchern

mitunter auch Zaelm und Zälm geschrieben worden.


Ein Beitrag zur Familienforschung und Heimatgeschichte


Autoren: Dr. Hartwig Schulze und Chris Janecke.

Ergänzungen von Lesern sind gerne gesehen.


E-Mail: christoph@janecke.name Aktualisiert im Februar 2022



Man sieht nur mit dem Herzen gut.

Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.


Antoine de Saint-Exupéry




Weg der Beziehungen zwischen den Personen dieser Niederschrift

und den heute lebenden Menschen dieses „Familienzweiges Janecke“.

Man kann diese Liste auch gern von unten (aus der Gegenwart) nach oben lesen.


Gen.

Namen der Ehepaare in der Zelm-Linie



Namen der Ehepaare in der Janecke-Linie

08

Gottlieb Zelm oo Anna Doroth. Henning

Leben in Gardelegen (Altmark)

Beide sind vor 1809 gestorben, wahrscheinlich in Gardelegen.


Das Ehepaar hatte mindestens eine Tochter:

Anne Dorothea Elisabeth, *1790



Joachim Janeke, (auch mal „Ganeke“ oder „Gernecke“ geschrieben),

Name der Ehefrau unbekannt.

Leben auf dem Rittergut Cahlenberge bei Pollitz.

Lebenszeit: 17xx – vor 1806.


07

Anne Dorothee Elisabeth Zelm.

Geboren wahrsch. in Gardelegen 1790.

Unverheiratet. Ein Sohn: Johann Friedrich 1809,

eine To.: Sophie Elisabeth, gebor. i. Bismarck 1812.

Gestorben vor 1834, Sterbeort unbekannt, eventuell in Kalbe, Bismarck oder Gardelegen oder



Andreas Christoph Janeke aus Cahlenberge bei Pollitz oo Catharina Margaretha Later aus Schönberg.

Gemeinsam: Wohnen in Hoewisch.

Lebenszeit 1778–1849.


06

Johann Friedrich Zelm aus Bismarck (1809–1868) oo Dorothee Elisabeth Molle aus Boergitz, (1808–1869). Gemeinsam in Lotsche, Kloster Neuendorf, Käthen und Osterburg (Orte i. der Altmark). 3 Söhne:

1. Friedrich Zelm oo Dorothee Elisabeth Reisener,

2. Jo. Wilhelm Zelm oo Charlotte Wilhelmine Maaß,

3. Friedr. August Zelm oo Charlotte Jahnke /Janeke



Joachim Heinrich Janeke aus Hoewisch oo

Charlotte Elisabeth Betke aus Meseberg. Gemeinsam: Wohnen in Osterburg.

Lebenszeit: 1807–1887.


Das Ehepaar hat neun Kinder, darunter:

- Charlotte * 1840 und

- Carl Friedrich August * 1842


05

Friedrich August Zelm aus Käthen bei Nahrstedt (1840–1903) oo Charlotte Jahnke / Janeke (1840–1911) aus Osterburg. (Charlotte ist eine Schwester des nebenstehenden Carl Friedrich August J.).

oo Osterburg 1866.

Gemeinsames Leben in Berlin und Rixdorf.

In deren Familie leben zwei angenommene Kinder:

Neffe August Janeke/Janecke * 1869 und Martha.


Carl Friedrich August Jahnke / Janeke (der Ältere) aus Osterburg oo Dorothee Elisabeth Neumann aus Schmersau. (1842 bis 1912).


Gemeinsames Leben in Osterburg, Melkerstraße 10.


Das Ehepaar hat dort drei Kinder:

- Luise * 1868,

<= August * 1869 und - Wilhelm * 1871

04

Karl Friedrich August Janecke (d. ng.) aus Osterburg oo Klara Antonie Pauline Dittwaldt aus Berlin. Gemeinsam: Berlin, Rixdorf, Nowawes, Potsdam-Babelsberg (1869 bis 1950).


August ist der leibliche Sohn von Janecke oo Neumann in Osterburg aber er ist ebenfalls

ein späteres Pflegekind von Zelm oo Janecke in Berlin, die keine eigenen Kinder haben.


03

Alfred Richard Janecke, Rixdorf bei Berlin oo Anne-Marie Sommer aus Nowawes bei Potsdam. Gemeinsame Lebenszeit in Nowawes = Potsdam-Babelsberg. (1900 bis 2003.)


02

Der Autor dieser Niederschrift – Chris Janecke, Potsdam, 1945 bis


01

Die Janecke-Söhne des Autors (zu näheren Angaben besteht ein noch gewünschter Datenschutz).



Für jedes der vorstehend genannten Ehepaare gibt es Kurz-Lebensläufe auf dieser Internetseite.


In der Stadt Gardelegen (Altmark, Provinz Sachsen, heute: Sachsen-Anhalt) finden wir zu jener Zeit zumindest zwei Familien des Namens Zelm, in denen die Ehemänner Brunnenbauer sind:

Letztgenannte werden hier nur kurz erwähnt, weil für deren nähere Angaben ein eigenes Dokument auf dieser Internetseite besteht.

Gottlieb Zelm (1) könnte gut ein Bruder des Martin Zelm (2) sein. Es ist wahrscheinlich, dass ihre beiden Ehefrauen Anna Dorothea Henning und Elisabeth Hennig ebenfalls Schwestern sind. Trifft das zu, so hätten zwei Schwestern – zwei Brüder geheiratet. Das kommt mitunter vor.



Das Ehepaar = Die Eltern (in der Generation 08)

Gottlieb Zelm (1) oo Anna Dorothee Henning (1)




Vater:

Generation: 08 / Ahn:


Mutter:

Generation: 08 / Ahnin:

Name:


Zelm

Henning

Vornamen:


Gottlieb

Anna Dorothee

Deren

Eltern



Väter:




Mütter:



Geboren:


Eventuell in Gardelegen zwischen 1735 und 1745 oder eher später

Eventuell zwischen

1735 und 1745 oder eher später

Taufe:




Beruf / Stand oder Gewerbe:


Brunnenbauer

Hausfrau und Mutter

Wohnanschriften vor der Ehe:


Gardelegen

Gardelegen

Trauung:

(ev.-lutherisch)


vermutlich in Gardelegen vor / um 1790

Wohnanschriften, gemeinsame:


Gardelegen

Lebensende:

Wahrscheinlich in Gardelegen vor 1809.

Wahrscheinlich in Gardelegen vor 1809.





Die Tochter der Eltern

Gottlieb Zelm (1) oo Anna Dorothee Henning (1) ist

Anne Dorothee Elisabeth Zelm (Generation 07).


- Bisher ist uns nur dieses eine Kind des Ehepaares bekannt -


Familienname:


Zelm

Vornamen:


Anne Dorothee Elisabeth

Geboren:

Geboren: wahrscheinlich in Gardelegen um 1790,

(nach eigener Altersangabe bei der Geburt ihres Kindes 19 Jahre alt).


Taufe:

vermutlich in Gardelegen im Jahre 1790.


Beruf / Stand:

bekannt ist bisher nur:

- Bis 1811 Dienstmädchen in Calbe (es ist Kalbe an der Milde),

- Ab Martini 1811 (also dem 11. November), aber nur kurzzeitig,

als Dienstmädchen bei Kaufmann Ehauß in Bismarck.


Quelle: Bericht des Pastors und Personenstandsbeamten in der Geburtsurkunde für die Tochter Sophie Elisabeth Zelm, vom 06. Januar 1812.


Wohn-

anschriften

- Gardelegen in der Altmark

- wahrscheinlich auch in Calbe (Milde)

- vermutlich auch in Bismarck

- es können auch durchaus weitere Orte in Betracht kommen.

Es ist anzunehmen, dass sich Anne Zelm in jenen Orten relativ gut auskennt.


Ehe:

Anne Dorothee Elisabeth blieb möglicher Weise ihr Leben lang unverehelicht.


Kinder:

Sohn: Johann Friedrich Zelm, geboren in Bismarck am 22. October 1809. Die Mutter ist zur Geburt des Sohnes Gast bei Sattler Rosenau, Mühlenstr. 32.


Tochter: Sophie Elisabeth Zelm, geboren in Bismarck am 05. Januar 1812.

Die Mutter ist zur Geburt und Entbindung Gast im Hause des Hirten Henning, vor dem Mühlenthore.


Lebensende:

Über den weiteren Verlauf des Lebens von Anne Dorothee Elisabeth Zelm ist uns noch nichts bekannt. Es erreichte uns lediglich eine magere Kunde vom Zeitpunkt der Heirat ihres Sohnes Johann Friedrich Zelm mit Dorothee Elisabeth Molle. Als Ergebnis des Trau-Gespräches mit dem Bräutigam trägt Prediger Schreck in Lotsche am 01. Januar 1834 u. a. in das Kirchenbuch (No. B 1 / 1834, auf der Doppelseite 6 / 7) ein: Mutter des Bräutigams – unverehelichte Anne Dorothee Elisabeth Zelm. Sterbeort ist unbekannt.



Es ergeben sich beim Leser solche Fragen: Hatten Mutter und Sohn so wenig miteinander zu schaffen, dass der 24-jährige Sohn weder die Zeit noch den Ort des Ablebens seiner Mutter benennen konnte – oder spielt eventuell auch Verdrängen mit Verschweigen eine Rolle? Wir werden es nicht klären.

Was war mit seiner Schwester Sophie Elisabeth, die theoretisch im 22. Lebensjahr stand. Ob sie zu ihrer Mutter hätte mehr sagen können oder wollen? Wie mag das Verhältnis der Geschwister zueinander gewesen sein?



Am 22. Oktober 1809 gebiert die unverehelichte Anne Dorothee Elisabeth Zelm, in Bismarck den Sohn, „Johann Friedrich Zelm“. Zu Mutter und Kind gibt es die ausführliche Abschrift des Eintrages in das Kirchenbuch, zuvor hier jedoch eine tabellarische Zusammenfassung:


Sinngemäße Kurzfassung des Eintrags der Geburt des Kindes

Johann Friedrich Zelm

aus dem Kirchenbuch des Ortes Bismarck in der Altmark


Ort / Jahr / Seite / lfd. Nummer


KB Bismarck / Seite 42 - 43 / Nr. 63,

Scan A JF Zelm 1809-Bism

Familienname und Vornamen des Kindes


Zelm, Johann Friedrich

Ort / Tag und Stunde der Geburt,

ehelich / unehelich


Bismarck, Mühlenstraße 32, im zweiten Hause des Brauers Johann Friedrich Gaede, in der Wohnung seines Mieters: Sattler Joachim Rosenau und dessen Ehefrau Catharin. Elisabeth, am 22. October 1809, um halb 11 Uhr des Nachts.


unehelich

Vater:

Zu- und Vornamen des Vaters, dessen Stand / Beruf / Gewerbe



Der Vater ist uns unbekannt, weil von der Kindsmutter nicht genannt und deshalb ins Kirchenbuch nicht eingetragen.

Mutter:

Zu- und Vornamen der Mutter, auch deren Stand


Anne Dorothee Elisabeth Zelm, unverehelicht.

Sie gibt im October des Jahres auf Befragen des Predigers an,

19 Jahre jung zu sein. Ihre Geburt ist daher als um 1790 anzunehmen. Als Geburtsort ist Gardelegen durchaus möglich.


Hebamme

Luise Trollies, geb. Elert


Name des Pastors und provisorischen Personenstands-Beamten


Johann Ludewig Andrae – Andrae mit seinem Familiennamen.

Er ist der Prediger von Bismarck und während der Zeit der französischen Besetzung auch Personenstands-Beamter.

Ort und Tag der Taufe

Konfession


Diese ist noch nicht erfasst. Das Kirchenbuch gibt in dem Zusammenhang mit der Geburt dazu keine Auskunft.

Taufe vermutlich im Zeitraum zwischen Oktober 1809 und März 1810 und wahrscheinl. evang. Ob in Bismarck ist noch unklar.



Der folgende ausführliche Eintrag im Kirchenbuch:

No. A 63 / 1809, Seite 42 / 43. Die Beurkundung dieser Geburt hat folgenden Wortlaut:

Im achtzehn hundert und neunten Jahr, am drey und zwanzigsten October, um neun Uhr vormittags, erschien vor mir, dem provisorischen Beamten allhier, im Canton-Orte Bismarck, im Stendalschen District des Elbdepartements belegen, die hiesige privilegierte Hebamme Christine Lovyse (Louise), geb. Elert, des hiesigen Miets-Bürgers Georg Trollies Ehefrau und zeigte vorläufig an, daß in abgewichener Nacht, nemlich am zwei und zwanzigsten October um halb eilf Uhr, in dem des Brauer Friedrich Gaede zweiten Hause, in der Mühlenstraße unter Numero 32 belegen, die (mit) neunzehn Jahre(n) (als) minorenn angegebene

Anne Dorothee Elisabeth Zelm,

nachgelassene Tochter des Gottlieb Zelm und (der) Anne Dorothee Hennings zu Gardelegen

niedergekommen und ein Kind männlichen Geschlechts geboren habe. Da sie (die Hebamme) aber dieses Kind zum Vorzeigen nicht mitgebracht hatte, so begab ich mich sofort in Person nach vorgedachtem Hause, und zwar zu dem darin wohnenden Miets-Bürger und Sattler Joachim Rosenau, bei dem sie ihr Unterkommen gesucht und gefunden hatte. Ich fand daselbst in der Wohnstube die genannte Anne Dorothee Elisabeth Zelm hinter dem Ofen, nebst dem Kinde auf Betten liegend. Sie wiederholte die mir durch die Hebamme geschehene Angabe und ließ mir ihr neugeborenes Kind durch die bei ihr gegenwärtige Wirthin, die Ehefrau des Sattlers Joachim Rosenau, dreißig Jahre alt, namens Catharine Elisabeth, geb. Muedt, vorzeigen, und ich fand daßelbe männlichen Geschlechts. Hierbei erklärte die Wöchnerin, daß (es) ihr Wille sey, daß ihr Kind mit den Namen

Johann Friedrich (Zelm)

belegt würde.

Diese Urkunde habe ich, da die beiden Zeugen, Johann Rosenau, alt dreißig Jahre, Riemermeister und Johann Friedrich Gaede, fünfzig Jahre alt, Bürger und Brauer, allhier erschienen, aufgenommen, solche vorgelesen und von ihnen unterschreiben lassen.

(Für) Die Hebamme aber und die Wirthin, Sattler-Frau Rosenau, (wird) die Auslaßung ihrer Unterschriften, durch Urkunde des Schreibers (ersetzt).

So geschehen am fünf und zwanzigsten October Eintausend achthundert und neun, Mittags 4 Uhr.

gez. Johan_ Rosenau

gez. Johann Friedrich Gaede

gez. Ludwig Andrae“ (Prediger und Personenstands-Beamter, als Verfasser dieser Urkunde.)

Der nächste Eintrag No. 64 (zu einer anderen Familie) beginnt auf Seite 43, Mitte ... und so weiter.

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Das zweite Kind der Anne Dorothee Elisabeth Zelm:

Vorrede zur Geburtsurkunde (als Randnotiz an der ausführlichen Bekundung).

KB Bismarck No. A 1 / 1812. Von Anne Dorothea Elisabeth Zelm, einer Tochter des Brunnenmachers Gottlieb Zelm und (der) Anne Dorothee geborene Hennings zu Gardelegen,
am 05. Januar 1812 gebohren, ein uneheliches Kind weiblichen Geschlechts,
nahmens Sophie Elisabeth Zelm. Hier wieder vorerst die tabellarische Kurzfassung:


Sinngemäße Kurzfassung des Eintrags der Geburt des Kindes

Sophie Elisabeth Zelm

aus dem Kirchenbuch des Ortes Bismarck in der Altmark


Ort / Jahr / Seite / lfd. Nummer


KB Bismarck 1812 / Seite 3, No. A 1 / 1812.

Scan: A Zelm 1812-800

Familienname und Vornamen des Kindes


Zelm, Sophie Elisabeth

Ort / Tag und Stunde der Geburt,

ehelich / unehelich


Bismarck, im Hirtenhaus (des Johann Joachim Carl Henning) vor dem Mühlenthore,

am 05. Januar 1812, um 1 Uhr am Morgen.


unehelich

Vater:

Zu- und Vornamen des Vaters, dessen Stand / Beruf / Gewerbe


Der Vater ist uns unbekannt, weil von der Kindsmutter dem Pastor nicht genannt. Daher auch nicht in das Kirchenbuch eingetragen.

Mutter:

Zu- und Vornamen der Mutter, auch deren Stand



Anne Dorothee Elisabeth Zelm, unverehelicht. 21 Jahre alt.


Hebamme in Bismarck

Christiane Wax, geborene Reichenstein.


Name des provisorischen Personenstands-Beamten


Johann Ludewig Andreae

(Er ist auch der Prediger in Bismarck).


Ort und Tag der Taufe / Konfess.


Nur die Geburt ist erwähnt, eine eventuell spätere Taufe wurde nicht im Zusammenhang mit der Geburt im Kirchenbuch notiert.




Ausführlicher Text der Geburtsurkunde:

Anne Dorothea Elisabeth Zelm, des zu Gardelegen verstorbenen Brunnenmachers Gottlieb Zelm und (der) Anne Dorothea Hennings Tochter, 21 Jahr alt, die aus ihrem Dienst zu Calbe um Martini Eintausend achthundert eilf beim hiesigen Kaufmann Ehauss / Ehauß (in Bismarck) in Dienst trat, aber bald darauf denselben verließ, kam in der Nacht zwischen dem vierten und fünften Januar dieses (Jahres) Eintausend achthundert und zwölfe des Nachts um zwölf Uhr von Calbe her,

(hier, innerhalb dieses Satzes, erinnert uns der Prediger und Personenstands-Beamte vorerst an die erste Geburt.)

mit ihrem am zweiundzwanzigsten October Eintausend achthundert und neun alhier unehelich erzeugten und in dem zweiten Hause des Brauers Friedrich Goede, bey deßen Mietsmann, dem Sattler Rosenau geborenen Kinde männlichen Geschlechts, nahmens Johann Friedrich (Zelm), dazu sie aber keinen Vater erklären wollte,

(nun geht es noch im gleichen Satz mit dem zweiten Kind weiter, das aktuell geboren werden möchte),

in dem vorm Mühlenthore erbauten Hirtenhause, woselbst sie äußerst schwach, in großen Schmerzen ankam, über Mütterbeschwerden klagend, und deshalb den Wirth Johann Joachim Carl Hennings, ein Gänsehirte, ersuchte, zur Hebamme zu eilen, um ihr Hülfe zu verschaffen.

Da dieser Mann nun solches willig übernahm, und die privilegierte Hebamme Christiane geborene Reichenstein, verehelicht an den Mauermann Andreas Wax, ohne Verzug holte, die sie acconchirte, und ihr zur glücklichen Geburt eines gesunden Kindes weiblichen Geschlechts sogleich um Ein Uhr verhalf.

Dieses alles meldete eine obgedachte Hebamme (bey mir, dem Pastor) am 6. Januar dieses Jahres um Eilf Uhr, im Beisein des Mauermannes Tobias Bauschards, vierzig Jahr alt und des Schuster Sohnes Gottlieb Claus, wie auch des Bewohners des Hirtenhauses Johann Joachim Carl Hennings, fünfzig Jahr alt, und erklärte, daß die entbundene Wöchnerin, dem neugeborenen Kinde den Nahmen

Sophie Elisabeth (Zelm)

bestimmte, aber dabei keines Vaters gedacht habe.

Diese Urkunde habe ich in Gegenwart bekannter vier Personen aufgesetzet, vorgelesen und unterschreiben lassen, mit Ausnahme des Wirthes Hennings und der Hebamme Christine verehelichte Wax(en), des Alters von vierzig Jahr. So geschehen im Canton-Orte Bismarck am sechsten Januar Achtzehn hundert zwölfe, Mittags um zwölf Uhr, des Stendalschen Districts im Elb-Departement, Anno Achtzehn hundert und zwölfe.

gezeichnet: Tobias Bauschardt, Gottlieb Klauß, Johann Ludewig Andreae (Pastor, Verfasser).

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Anmerkungen:

Die obigen kursiv gedruckten Worte sind Ergänzungen von Chris Janecke.


Zwar wird in der Urkunde vieles notiert, doch wesentliches, was uns eher als wichtig erscheint, ist nicht Gegenstand der Betrachtung und des Berichts.

Wir erfahren als Ausgangsbestand, dass die hochschwangere 21-jährige Anne Dorothea Elisabeth Zelm mit ihrem ersten Sohn aus ihrer Unterkunft in Calbe (heute: Kalbe an der Milde) am
04. Januar 1812 nach Bismarck gelaufen kam.

Der berichtende Inhalt der Geburts-Urkunde regt mich, Chris Janecke, als später Geborenen zu Fragen und Gedanken an, auch wenn wir dazu keine Antworten bekommen, sondern den Spielraum der als möglich erscheinenden Antworten selber füllen müssen. Das darf sein – wir waren ja nicht dabei, um es tatsächlich und genau wissen zu können. Wir wollen aber auch nicht bar jeden Gefühls über die möglichen Gegebenheiten hinwegsehen, sondern uns bemühen in die Historie einzutauchen, diese versuchsweise gedanklich mitzudurchleben – das bedeutet uns nicht viel Aufwand. Wenn man versucht, gewissenhaft die damaligen Verhältnisse zu betrachten, liegen die Gedanken darüber, von den tatsächlichen Gegebenheiten wohl nicht allzu ferne.

Anne Zelm hält sich also in Calbe auf – vielleicht wohnt sie derzeitig dort. Nun verlässt sie, wohl aus gewichtigen Gründen und offenbar sehr plötzlich, die vielleicht mit dem Kindsvater gemeinsam bewohnte Unterkunft und begibt sich am Abend des möglicher Weise frostklirrenden 04. Januar 1812 mit ihrem Söhnchen, einem Kleinstkind, auf die nächtlich-dunkle Straße in Richtung Bismarck. Das lässt uns an eine Flucht (vor dem Kindsvater?) denken. Wahrscheinlich bietet die Unterkunft in Calbe kein gutes sicheres Heim, keinen geeigneten Platz für eine Geburt. Die Länge der sandigen Straße die vor Anne liegt, von Calbe über Neuendorf am Damm, Karritz, Poritz und Döllnitz beträgt reichlich 1,6 preußische Meilen.

(Eine preußische Meile – das sind 2.000 Ruthen oder 23.555 Fuß Länge nach der zeitgenössischen Berechnung und sind somit 7,42 km nach heutiger Ausdrucksweise.)


Annes nächtliche Wegstrecke beträgt aber 1,6 Meilen, also etwa 12 km. Für einen Rüstigen bei günstiger Witterung knapp 3 Stunden Gehdauer. Vor den beiden Nachtwanderern liegt die lange Straße im Dunkeln, die wegen Nutzung durch Pferdewagen streckenweise aus knöcheltief gemahlenem losem Sand besteht, der den Schritt hemmt – oder gibt es vielleicht in diesem Zeitraum Schneeregen bei eisigem Wind, der den aufgeweichten Boden zu harten glatten Spurrinnen gefrieren ließ, die ein sicheres Ausschreiten verhindern? Oder ist das Land derzeitig weit und breit möglicher Weise weiß schneebedeckt, der nächtliche Weg oft nicht erkennbar. Jaaa, an Fernverbindungen hatten die Franzosen Bäume pflanzen lassen. Schattenspender für die Soldaten im Sommer, im Winter Orientierungshilfen – aber hier nicht – auf dem kahlen Lande.


Wir können weiterhin davon ausgehen, dass die Anne, als alleinstehendes Dienstmädchen, die zusätzlich ein kleines Kind zu versorgen hatte, keinen Winterpelz zur Verfügung hatte oder geeignete gefütterte Winterstiefel mit rutschfesten Sohlen. Es ist darüberhinaus fraglich, ob ihr ein warmhaltender Wintermantel bei der vermutlichen Leibesfülle in der Hochschwangerschaft noch gepasst hätte.

Wielange mag Anne unter diesen winterlich-ungünstigen Verhältnissen für diese Strecke gebraucht habenin ihrer sie behindernden Hochschwangerschaft, höchstwahrscheinlich bereits mit Wehen belastet, mit einem Bagagebündel und dem müden Kleinkind, dieses erst 2 Jahre und
2 Monate alt (vielleicht in einem Wägelchen oder gar getragen)? Das erzählt uns niemand.

Das Städteken Bismarck (mit Militär etwa 930 Einwohner) ist ihr Ziel – sie gibt nicht erschöpft und vor Schmerzen in einem der Dörfer am Wege auf. Vermutlich kennt sie dort auch niemanden näher. Gegen Mitternacht erreicht sie den Ort Bismarck und sie schafft es bis zum Haus des Gänse-Hirten vor dem Mühlentor, das von dem (alleinstehenden) fünfzigjährigen Johann Joachim Carl Henning bewohnt ist.

War diese Adresse ihr beabsichtigtes Ziel oder war es ihr egal, weil ihre Kräfte zu Ende gingen? Hätte sie es um Mitternacht lieber noch bis zum Haus der Hebamme geschafft? Oder gern bis zur Wohnung des ihr bekannten Ehepaares Rosenau in der Mühlenstraße 32, wo sie damals ihr erstes Kind, den Johann Friedrich, zur Welt gebracht hatte?

Wir wissen es nicht. Erkennbar aber für uns ist, dass „ihr Anlaufpunkt“ Henning(s) heißt – so auch der Mädchenname ihrer bereits verstorbenen Mutter – vielleicht ist der Gänse-Hirte Henning sogar ein Onkel von ihr, den sie durchaus gut kennt ... ?

Das alles sind nur Fragen und Gedanken des Abschreibenden der Geburts-Urkunde. Es sind lediglich Vermutungen zu Möglichkeiten unter den damaligen Verhältnissen, eben, wie es hätte gewesen sein können.

Der leibliche Vater findet besser keine Erwähnung. Er ist auch nicht an der Wahl des Namens für sein Kind beteiligt. Wir wissen auch nicht, ob diese beiden Kinder den gleichen Erzeuger haben. Wir wissen nicht viel, fast nichts. – Mehr Angaben erfahren wir vom Pastor über Sachverhalte, die für uns eher unbedeutend, nebensächlich sind.

Ob und wie der Anne Zelm in ihrer gegenwärtigen Lage und in der nahen Zukunft geholfen werden konnte – wie es ihr und den Kindern in ihrem Leben weiter erging, darüber haben wir keine Kenntnis erhalten.

Wie lange sie ihre Kinder durch deren Leben begleiten konnte, ist uns unbekannt.

Nach dem Kirchenbucheintrag zur Heirat ihres Sohnes 1834 war sie bereits – irgendwann vorher und unbekannten Orts gestorben.

Wir können nur nachträglich wünschen, dass sich die Zeit für sie ertragbar gestaltet hatte.



- vorläufiges Ende des Dokuments -