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Hinweise zur Zeitgeschichte 1801 bis 1900

Ein kleines Nachlesewerk


Heimatgeschichte. Notizen als Begleitung der Ahnen- und Familienforschung

Bearbeitungsstand: Oktober 2019


E-Mail: christoph@janecke.name


Verwendet wurden als Literaturquellen: Stein: Kulturfahrplan, Autorenkollektiv Dr. Richter: Unsere Welt 1800–2000, D. und R. Glatzer: Berliner Leben 1900–1914, Rezac: Rund um die großen Erfindungen, Lenz: Das Buch der 1000 Rekorde, Altberliner Bilderbogen von Hans Ludwig sowie ungezählte Meldungen in Zeitungen und Zeitschriften, Radio und Fernsehen. Diese Werke enthalten auch wertvolles Bildmaterial zur Zeitgeschichte. Die vorliegende Notizensammlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird daran gearbeitet, diese Beiträge zur Zeitgeschichte in die Zeiträume vor und nach dem hier vorgestellten Jahrhundert auszudehnen und auch die Angaben zum vorliegenden Jahrhundert weiter zu vervollständigen.


Der Zeitraum 1789 bis 1815: Französische Revolution und Befreiungskriege vom französischen Joch.


Das Bürgerliche Zeitalter: Die „Zeit der Romantik“ wird etwa von 1790 bis 1850 angegeben. Sie überschneidet sich mit der „Klassik“ und dem „Biedermeier“.

Die Liebe zu stimmungsvollen Landschaftsbildern, der Rückblick zum Mittelalter, eine Neigung zur Religiosität, die Sehnsucht nach Unendlichkeit und das Entdecken des beschaulich-volkstümlichen, kennzeichnen diese Zeitspanne wesentlich.


In der Kunst dominiert von etwa 1800 bis ungefähr 1840 „das Empire“, „Das Biedermeier“ etwa 1815 bis 1848 ist dessen weiter vereinfachte, bürgerliche Form (hell, leicht, freundlich, geblümt). Der Hochklassizismus (im Bauwesen sind Vertreter Schinkel und Persius) zeigt Einfachheit und Klarheit der Linienführung.


Das 19. Jahrhundert beginnt.

1801. Einige Hinweise zur Zeitgeschichte des Jahres

Politik:

Seit 1797 regiert in Preußen König Friedrich Wilhelm III. und er wird das Regierungsamt bis 1840 innehaben. Seine Frau ist die beliebte Königin Luise (von Mecklenburg – Strelitz).

23. März: Zar Paul I. wird ermordet. sein Nachfolger wird sein Sohn Zar Alexander I. von Russland.

29. Juni: Prinz Karl wird geboren (der spätere Herr auf Schloss Glienicke).

In den USA ist Thomas Jeffersen (bis 1809) Präsident.

Derzeitig gibt es auf der Erde fünf Städte mit über einer Million Einwohnner. Im Jahre 1900 werden es bereits 15 sein und im Jahr 1966 wird man 120 zählen.


Wissenschaft:

Am 22. Februar entdeckte der junge Physiker, Chemiker und Pharmazeut Johann Wilhelm Ritter in Jena, dass es jenseits der violetten Anteils des Sonnenlichtes noch weitere Strahlung kürzerer Frequenzen gibt. Er entdeckte die „Ultraviolette Strahlung“.

G. Piazzi entdeckt den Planetoiden „Ceres“.


Wissenschaft / Medizin:

In Großbritannien sind in den vergangenen fünf Jahren nach den Impfanfängen von Edward Jenner, bereits 100.000 Menschen erfolgreich gegen die Pocken geimpft worden (siehe auch 1796).


Wissenschaft / Landwirtschaft:

Seit ungefähr 800 Jahren herrschte die Dreifelderwirtschaft, mit einer sich ausruhenden Brachfläche. Mit dem Anwachsen der Bevölkerung wird es nun aber erforderlich, die Bodennutzung einschließlich der Bearbeitung intensiver zu gestalten.


Technik:

Der leibeigene Russe Astamanow entwickelt aus Holzbauteilen ein Laufrad (siehe auch 1817) aber seine Herrschaft zeigt keine Interessen an einem Einsatz oder einer Verbreitung.

Die Dampfmaschinenkraft beginnt an einigen ausgewählten Beispielen an die Stelle der bloßen Muskelkraft zu treten.

In England wird der erste Dampfkraftwagen für den Straßenverkehr gebaut.


Bauwesen

Der junge Architekt Karl Friedrich Schinkel aus Berlin, geboren war er in Neuruppin, hat auf dem Potsdamer Eichberg sein erstes Werk, den Pomona-Tempel gestaltet. Nun erhält er den Auftrag, Pläne für den Wiederaufbau des abgebrannten Dorfes Quilitz im Oderbruch zu erarbeiten, das später Neu Hardenberg (zeitweilig auch Marxwalde) genannt werden wird.


Wirtschaft:

Jaquard entwickelt den nach ihm benannten Webstuhl.

Die erste Rübenzuckerfabrik nimmt ihren Betrieb auf.


Malerei:

Es stirbt mit 75 Jahren der deutsche Maler Daniel Chodowiecki, der unter anderem Werke Lessings, Goethes und Schillers illustrierte.


Musik:

Beethoven komponiert "Die Geschöpfe des Prometheus" und Haydn "Die Jahreszeiten".


Erziehung:

Pestalozzi, ein Schweizer Pädagoge, gibt mit dem Buch "Wie Gertrud ihre Kinder lehrt", den Müttern Anleitung, ihre Kinder selbst zu unterrichten.


Aus der Zeitgeschichte - Das Jahr 1802

Politik:

Eine Freundschaft zwischen dem preußischen und russischen Herrscherhaus entsteht. (Treffen in Memel).


Wissenschaft:

Alexander v. Humboldt ersteigt in Ecuador den 6.310 m hohen Berg Chimborazzo.

Erstmals wird der Begriff „Biologie“ für eine neu eingeteilte Wissenschaftssparte eingeführt, von Gottfried Reinhold Treviranus geprägt. Entstanden aus der „Naturphilosophie“.


Wirtschaft:

In England sollen Lehrlinge "nur noch" 11 Stunden täglich arbeiten.

Das Seebad Travemünde wird eröffnet.


Bauen in Potsdam:

Am Jungfernsee wird, an der Glienicker Brücke beginnend, „Die Chaussee zur Schwanenbrücke“ angelegt. Später in „Schwanenallee“ umbenannt. (Anmerkung: Von 1961 bis 1989 verlief hier ein Stück „der Mauer“, der Grenze zwischen West-Berlin und Potsdam, der ein großer Teil der ursprünglichen Bepflanzung zum Opfer fiel).


Das Jahr 1803



Politik:

Am 25. Februar wird Prinzessin Alexandrine geboren.


Wissenschaft:

Der Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika beauftragt Merri Wether Lewis und William Clark zur Suche nach einem natürlichen Wasserweg zwischen Atlantik und Pazifik zur Überwindung des Felsengebirges. Die Suche wird von 1803 bis 1806 dauern. Wir nehmen an, dass sie letztendlich ergebnislos verlaufen sein wird, denn später wird aus gleichem Beweggrund der Panamakanal gegraben.


Technik:

Richard Trevithnick baut in England eine Dampfkutsche für 10 Personen. Der Durchmesser der Antriebsräder beträgt 2.500 mm, der Wagen ist 16 km/h schnell. Das Gefährt kann als Vorläufer sowohl der Lokomotive, als auch des Autos (der Busse) gelten.


Musik:

Ludwig van Beethoven verliert seit 1800 zunehmend an Hörfähigkeit.


Aus der Zeitgeschichte - Das Jahr 1804

Politik:

Stein und Hardenberg verfassen „Demokratische Grundsätze in einer monarchistischen Regierung“ (Reformen statt Revolution).

Freiherr von und zum Stein bereitet ein königliches Edikt vor das, am 9.10.1807 verabschiedet, die Erbuntertänigkeit der Bauern aufheben wird. Persönliche Freiheit wird gewonnen. Der Freikauf von den Diensten auf Junker-Land wird möglich, ebenso Landerwerb für „spannfähige Bauern“ (mit eigenen Zugtieren) – aber den meisten fehlt das Geld dazu – deshalb die generelle Reform erst 1848.

Hardenberg wird preußischer Außenminister (bis 1808). Freiherr von Stein kommt in die preußische Regierung (bis 1808).

Frankreich: Am 18. März wird der Erste Konsul Napoleon Bonaparte zum Kaiser der Franzosen ausgerufen. Napoleon Bonaparte krönt sich am 02. Dezember 1804 und anschließend seine Frau Josephine der Kirche Notre-Dame selbst zum Kaiser Napoleon I. aller Franzosen. Der Papst muss dazu anreisen – als Zuschauer. Napoleon Bonaparte wird für nur 10 Jahre Kaiser der Franzosen sein und ab 1805 König von Italien. Die längste Zeit seiner Regierungsdauer wird er Eroberungskriege (ungerechte Expansionskriege) führen. Diese seine Zeit der Feldzüge endet in einer europäischen Katastrophe. Napoleon I. Bonaparte wird zu einem der berüchtigten Staatsmänner der Geschichte.

Am 13. Dezember wird Prinz Ferdinand geboren.


Technik:

Oliver Evans unternimmt in Philadelphia Probefahrten mit dem von ihm entwickelten Straßendampfwagen.

In England fährt die erste Eisenbahn: Richard Trevithnick baut die erste Schienenlokomotive „Tramwaggon“ (für eine Grubenbahn). Sie soll die Arbeit der Zugpferde ablösen. Die Lok erreicht mit einer Anhängelast von 7 Wagen mit 10 t Erz und 70 Menschen, acht km/h.

Der Engländer Sir George Cayley studiert den Vogelflug, baut und testet Segelflieger und segelt in diesem Jahr gar eine kurze Strecke mit einem Segler von 30qm Tragfläche Er ist ein Vorläufer der späteren Versuche von Otto Lilienthal.


Wirtschaft:

Der Arzt und Landwirtschaftsexperte Albrecht Daniel Thaer kommt vom königlichen Lehrinstitut Celle, folgt dem Ruf des Staatskanzlers v. Hardenberg ins Brandenburger Land, um die landwirtschaftlichen Verhältnisse zu verbessern, weil Stadtbewohner und Heer nicht ausreichend versorgt werden können.

Die Königliche Eisengießerei in Berlin wird gegründet.

Alexander von Humboldt bringt von seinen Auslandsreisen Dahlien mit nach Berlin.

In Halle an der Saale wurde in diesem Jahr die erste Deutsche Schokoladenfabrik gegründet – das Hallorenwerk.


Literatur:

Goethe wird Geheimrat. Schiller schreibt „Wilhelm Tell“. Dorothea Schlegel, Tochter von Moses Mendelssohn, gibt die „Sammlung romantischer Dichtungen des Mittelalters heraus.

Chamisso lernt im Berliner Salon der Henriette Herz u.a. den Philosophen Fichte und den Theologen Schleiermacher kennen.


Musik:

Beethoven komponiert seine 3. Sinfonie, die „Eroica“.


Theater:

Friedrich v. Schiller besucht am 17. Mai das Potsdamer Schauspielhaus.


Aus der Zeitgeschichte - Das Jahr 1805

Politik:

Im Vorfrühling lässt sich Napoleon Bonaparte in Mailand / Milano zum König von Italien krönen (Eigenkrönung wie in Paris). Hier ist es die eiserne Krone der Lombardenkönige.

Der Brite Admiral Nelson siegt am 21. Oktober 1805 in einer Seeschlacht bei Trafalgar über napoleonische Truppen. 11. April: Schaffen eines Bündnisses zwischen England, Österreich und Russland (3. Koalition) gegen Napoleon. Preußen verhält sich zögerlich – neutral.

    03. Oktober: Französische Truppen besetzen den preußischen Ort Ansbach.

02. Dezember 1805: Napoleon Bonaparte bricht in Österreich ein. Schlacht bei Austerlitz in Mähren. Napoleon besiegt die verbündeten Österreicher und Russen. (Dreikaiserschlacht: Franz II, Alexander I u. Napoleon Bonaparte). Hunderte von Toten bedecken das Schlachtfeld.

Anlässlich eines Besuches des befreundeten russischen Zaren Alexander I bei König Friedrich Wilhelm III und Königin Luise, wird der bisherige Ochsenmarkt- und Exerzierplatz in Berlin „Alexanderplatz“ genannt.


Wissenschaft:

A. Setürner entdeckt das Morphium und seine Wirkung.


Technik:

Am 16. September unternimmt als erster Deutscher der Berliner Professor Friedrich Wilhelm Jungius eine erfolgreiche Ballonfahrt mit einem selbstkonstruierten Luftfahrtgerät.

Eine Rundsieb-Papiermaschine für endloses Papier nimmt die Produktion auf.

Chanel stellt Tunkzündhölzer her.

Joseph Marie Jacquard aus Lyon (1752 1834) stellt nach vielen Versuchen einen Webstuhl vor, der, mittels Lochkarten gesteuert, verschiedenste Muster weben kann.


Literatur:

In Leipzig gründet sich der Verlag von Friedrich Arnold Brockhaus.


Alltag:

In London werden für besondere Aufgaben Polizeiagenten eingesetzt (Vorläufer der Kriminalpolizei).


Mode:

Kleinkindermode:

Der offenen Weste wurden ein paar weite Hosen angenestelt, die hinten offen waren. Wie praktisch für mancherlei Geschäfte. Darüber kam ein türkischer Spenzer. So war der Anzug vollendet, der im Sommer, wie im Winter Hals, teilweise die Brust und Arme bloß ließ.


Aus der Zeitgeschichte - Das Jahr 1806

Politik:

15. Februar: Pariser Traktat zwischen Frankreich und Preußen. 27. Februar: Besetzung Hannovers durch Preußen.


Am 12. Juli gründet Napoleon Bonaparte in Paris den Rheinbund. 16 deutsche Fürsten stellten sich unter das Protektorat Frankreichs und damit gegen Österreich und Preußen. Kaiser Franz II. von Österreich gab nach diesem Schachzug die Reste des Deutschen Reiches auf. Er dankt als römisch-deutscher Kaiser ab.

Am 6. August hört das tausendjährige "Heilige Römische Reich Deutscher Nation" auf zu bestehen. Damit wird beispielsweise Vorpommern schwedisch.

Kriegserklärung Napoleons an Friedrich Wilhelm III. Belagerung des neutralen Preußens durch französische Truppen.

Am 14. Oktober: Russisch-preußische Niederlage in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt gegen die Truppen Napoleons. „Das Königshaus“ flieht während des Gemetzels nach Küstrin, dann nach Königsberg in Ostpreußen und letztlich nach Memel. Auf dem letzten Stück dieser Reise begleitete der Berliner Hofarzt Hufeland die schwerkranke Königin. Das Preußische Königshaus hinterlässt „den lieben Berlinern“ die Mahnung: „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“. Es wurden in diesem Jahr „in Ruhe“ mehr Kartoffeln eingekellert als in anderen Jahren.

19. Oktober: Halle / Saale wird von der französischen Grande Armee besetzt. Prinz Louis-Ferdinand (Neffe von Friedrich II)stirbt in einem Gefecht bei Saalfeld. Die Stadt Magdeburg fiel an die Grande Armee ohne Kampfhandlungen. Und die fast als uneinnehmbar geltenden Festungen Stettin, Küstrin und Hameln ergeben sich kampflos „schon angesichts der ersten französisch redenden Pferde“ – eine Schande. Keine teutonische Kampfeswut, sondern kampflose Ergebenheit. Ebenfalls am 19. November rücken 3.000 Mann französischer Besetzung in die Freie Stadt Hamburg ein. Was heißt Franzosen? Deren Fahne ist es – ansonsten marschieren darunter auch viele Italiener, Holländer, Spanier, wie auch Deutsche aus den Rheinbundlanden. Dazu werden als Armeequartiere Häuser geräumt, egal wo deren bisherige Bewohner bleiben – und ihr Hab und Gut. Kirchen werden als Pferdeställe genutzt, das Gestühl wird dazu vorher hinausgeworfen und als Brennholz bezeichnet. So wie es Hamburg ergeht, erleiden zu dieser Zeit viele deutsche Städte und deren Bewohner ein vergleichbares Schicksal.

Am 21. Nov. Verhängt Napoleon auch eine Kontinentalsperre gegenüber England, verbietet also alle bisherigen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, ja selbst jegliche Korrespondenz. Jeder englische Bürger soll Kriegsgefangener werden, so das französische Ziel. Er möchte damit die Briten wirtschaftlich in die Knie zwingen. Die Folge ist jedoch eine bessere Ressourcennutzung und ein Rationalisierungsprozess in der englischen Wirtschaft und Industrie.

Am 24. November zog Napoleon mit seinen Truppen in Berlin, Potsdam und Umgebung ein und bezog hier in Potsdam für zwei Jahre, bis Dezember 1808, Quartier. Dazu gehörte das Hauptkavalleriedepot seiner Armee. Mit der Besetzung begann auch für die Potsdamer Bevölkerung eine harte, entbehrungsreiche Zeit. Zur Verpflegung der Besatzer mussten täglich Tausende Brote gebacken werden. Dazu war der entsprechende Aufstrich zu liefern. 2.500 Flaschen Wein pro Tag beanspruchte das Heerlager und Futter für 15.000 Pferde.

Knapp sieben Jahre bleiben die französischen Truppen in den deutschen Städten, die von den Abgaben, die auch die einzelnen Bürger leisten müssen, in den Ruin getrieben werden.

In den Jahren 1806 –1808 verließen etwa 2.500 Potsdamer ihre Heimatstadt. Im benachbarten Nowawes arbeiteten von vorher 450 Webstühlen nur noch fünf.

Erschossen wurde Johann Friedrich Palm wegen seiner Flugschrift "Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung", gegen die Franzosen gerichtet. Er war 40 Jahre alt.

Die erfolgreiche französische Blockade gegen das mit Österreich und Russland verbündete Großbritannien hielt bis 1813 an. Frankreich errichtet das Königreich Holland.

01. Dezember: Die preußische Armee wird re-organisiert, eine Aufgabe für Scharnhorst.

09. Dezember: Königin Luise erkrankt in Königsberg schwer an Typhus.

Literatur:

Achim v. Arnim schreibt "Des Knaben Wunderhorn". Johann Gottfried Seume verfasst den Bericht aus Russland "Mein Sommer 1805" Er wurde in mehrere Sprachen übersetzt.


Demographie:

1806 hatte Deutschland 29 Millionen Einwohner

1850 wird Deutschland 42,8 Millionen Einwohner haben

1900 56

1930 65


Das Jahr 1807

Politik:


Die typhuskranke Königin Luise flieht am 05. Januar nach Memel.

Schlacht bei Eylau am 7. und 8. Februar.

Gneisenau und Nettelbeck verteidigen die Festung Kolberg gegen die Franzosen bis zum Friedensschluss. Ruhmloser / unehrenhafter Friedensvertrag mit Frankreich, Russland (Zar Alexander I) und Preußen (Friedrich Wilhelm III) in Tilsit am 7. Juli 1807 nach totaler Niederlage Preußens gegen Napoleon. Die unterlegenen Herrscher erkannten damit den Status der Raubzüge von Frankreich an. Auch der persönliche Einsatz der Königin Luise konnte an diesen Ergebnissen des Friedensschlusses nichts ändern Damit schied Preußen aus der Reihe der Großmächte aus und wurde zu einem machtlosen Kleinstaat. Es verlor damit mehr als die Hälfte seines vorherigen Gebietes, darunter alle Ländereien westlich der Elbe und mehr als die Hälfte seiner Einwohner. So wird auch die Preußische Altmark für einige Jahre dem neu gegründeten Königreich Westfalen angegliedert. Es residiert König Jeromé, ein Bruder Napoleons (vom Volk genannt „König Lustik“). Napoleon Bonaparte gründet auch das Herzogtum Warschau. Zar Alexander I. ist es zu danken, dass Preußen nicht komplett aufgelöst wurde. In Preußen herrscht Besetzung mit Abgaben, Unterdrückung, Todesurteilen und Überheblichkeit seitens der französischen Besatzer.

Der preußische König Friedrich Wilhelm III. übertrug Freiherrn vom und zum Stein das Organisieren der Staatsverwaltung für das bürgerliche Leben. (Städteordnung, Recht der weitgehenden Selbstverwaltung, Behördenreform). Zu den Reformen von Stein gehört das Oktoberedikt. Es wurde mit diesem Edikt die Erbuntertänigkeit aufgehoben, macht die Bauern persönlich frei; einhergehend mit einer Erleichterung der Feudallasten auf dem Lande. Adelssonderrechte werden aufgehoben. Allerdings gibt es auf dem Lande seitens der Junker Widerstände gegen die Änderung der alten „gottgewollten Ordnung“. In Buckow z. B. gelingt es dem Schlossherrn Graf von Flemming die Einführung zu verhindern, „weil die armseligen Bürger keine Zeit für die Eigen-Verwaltung hätten“.

Stein wird aus preußischen Diensten entlassen. Nachfolger im Amt ist ab 08. April Freiherr v. Hardenberg als leitender Minister. 26. April: Abschluss eines Bündnisses zwischen Preußen und Russland.

21.Juni: Waffenstillstand zwischen Russland und Frankreich vereinbart.

  1. Juni: Napoleon verhandelt in Tilsit mit Zar Alexander I.

  1. / 7. Juli: Gespräch zwischen Napoleon und Luise.

    09. Juli Friedensvertrag zu Tilsit

  1. Juli: Napoleon erzwingt die Entlassung Hardenbergs.

    04. Oktober: Freiherr vom und zum Stein wird wieder Erster Staatsminister.


  1. Oktober: Erstes Gesetz zur Bauernbefreiung

    Technik:

Der Wiener Uhrmacher Jacob Degen versucht mit einem Flugapparat den Vogelflug nachzuahmen, wozu sich die menschliche Muskelkraft aber als zu schwach erwies.

Robert Fulton baut eine Dampfmaschine als Antrieb in ein Schiff ein.

Humphry Davy entdeckt durch elektrochemische Zerlegung Natrium und Kalium und ein Jahr später Magnesium und Calcium, Strontium und Barium.

Anfänge der Straßenbeleuchtung in London.

Einige britische Kriegsschiffe beschießen die dänische Hauptstadt Kopenhagen mit ca. 25.000 kleinen Brandraketen. Etwa zeitgleich wird die Seenot-Rettungsrakete erfunden, die in der Lage ist ein Rettungsseil von Schiff zu Schiff zu schießen (hinter sich her zu ziehen).



Alltag:

In der Stadt München lässt König Max I: Joseph den Viktualienmarkt (Lebensmittelmarkt) für Agrarerzeugnisse einrichten.


Mode der Frauen:

Es kommen Schürzenkleider auf.


Zeitgeschichte - Das Jahr 1808

Politik:

Im Oktober 1807 befahl Napoleon I Bonaparte, dass die französischen Truppen die gesamte iberische Halbinsel (Portugal und Spanien) besetzen. Der Bruder des Heerführers und Kaisers, Joseph Bonaparte wird als spanischer König eingesetzt. Napoleonische Truppen fallen im März in Madrid ein. Gegen die Fremdherrschaft bricht am 2. Mai ein Volksaufstand los. Die Invasion führte zu den spanischen Befreiungskriegen 1808 – 1813/14. Die Spanier werden Dank der Unterstützung durch britische Truppen und einer neuen Guerilla-Kleinkampforganisation diesen Kampf gewinnen.


Am 6. November wird der 26jährige Bornstedter Bauernsohn Johann Friedrich Michel wegen Widerstandes gegen die Franzosen standrechtlich erschossen.

19. November: Erlass der Königlichen Städteordnung. Einführung einer Selbstverwaltung. Stein und Hardenberg hatten König Friedrich Wilhelm III. von ihrer geplanten Neuordnung überzeugt: „Wie die französische Revolution aber friedlich und von oben gelenkt“. Bildung eines Magistrats und eines Parlaments. Mit der Städtereform erhielt auch Potsdam für seine Bürger in seiner bereits 400 Jahre bestehenden Hohenzollernherrschaft mehr Rechte und Freiheiten. Das Kommandantenhaus in der Potsdamer Lindenstraße erhielt eine neue Funktion: Sitz des ersten Potsdamer Stadtparlaments zur Selbstverwaltung seitens der Bürgerschaft. Sein Vorsitzender – Herr Horvath.

Potsdam hat 13.758 Bürger. Im Parlament sind vertreten: 33 Handwerksmeister, 11 Kaufleute, 5 Beamte, 6 Kleingewerbetreibende, 3 Apotheker, 1 Fabrikant und 1 Chirurg.

Freiherr v. Stein wird erneut entlassen.

Im Dezember ziehen Napoleons Truppen aus Berlin ab.


Wissenschaft:

John Dalton publizierte seine Ansichten über die Atomtheorie.

Kunstzähne aus Keramik werden hergestellt.

Alexander v. Humboldt schreibt „Ansichten der Natur“.

Beginn größerer Ausgrabungen in Pompeji bis 1815. (Pompeji wurde 79 nach Chr. durch den Ausbruch des Vulkan „Vesuv“ zerstört.)


Technik:

Herr König entwickelt eine Schnellpresse zum Druck.


Wirtschaft:

Friedrich Arnold Brockhaus gibt ein Konversationslexikon heraus.


Malerei:

Caspar David Friedrich malt „Das Kreuz im Gebirge“.


Musik:

Beethoven komponiert zwei Sinfonien: Die 5. C-moll, „Schicksalssinfonie“ und die 6. „Pastorale“


Zeitgeschichte – Das Jahr 1809

Politik:

Aufenthalt des preußischen Königspaares bei Zar Alexander I. in St. Petersburg.

Sturz der Preußenherrschaft in Warschau. Die kurmärkische Regierung wird nach Potsdam verlegt. Napoleon I als Sieger in Wien. Napoleon Bonaparte lässt sich von seiner Gemahlin Josephine Beauharnais scheiden, damit er die österreichische Kaisertochter Marie Louise heiraten kann.

Am 09. April erklärt Österreich dem Kaiser der Franzosen den Krieg.

Die kleine Truppe des Major v. Schill beginnt am 28. April den Aufstand gegen Napoleon. Sie wird später in Stralsund aufgerieben Major Schill stirbt dort.

Am 03. August wird in Potsdam der erste Bürgermeister gewählt.

Rückkehr des preußischen Königspaares Wilhelm III .und Luise aus Königsberg (Ostpreußen) nach Berlin am 23. Dezember.– Ein „Gnadenakt“ Napoleons.


Wissenschaft / Medizin:

Das Berliner Hauptkrankenhaus, die „Charité“, wird der Universität angegliedert.

Technik:

v. Soemmering baut den ersten Telegraphen auf elektro-chemischer Grundlage.


Bildung und Erziehung:

Wilhelm v. Humboldt wird für ein Jahr preußischer Unterrichtsminister.


Literatur:

Goethe schreibt die „Wahlverwandtschaften“. Er spiegelt damit seine Liebesperiode (1807-1808) mit Minna Herzlieb wider.

Adalbert v. Chamisso besucht Alexander von Humboldt, der zu jener Zeit in Paris lebt (Gedankenaustausch über Reisen und Botanik, vor Humboldts bevorstehendem „Ausflug“ über Südafrika nach Asien (Indien, Bengalen und Tibet). Humboldt arbeitet in Paris derzeitig an seinem 30bändigen Werk über die zurückliegende Forschungsreise durch Amerika.


Malerei:

Caspar David Friedrich malt „Landschaft mit Regenbogen“ und „Mönch am Meer“.


Musik:

Zelter gründet in Berlin die „Liedertafel“, eine Vereinigung dichtender und komponierender Musikfreunde.


Alltag:

Verheerend wirkt sich ein Zug von Feldmäusen durch das Rhein-Main-Gebiet aus. Es handelt sich um mehrere Millionen Individuen.


Zeitgeschichte – Das Jahr 1810

Politik:

Napoleon Bonaparte heiratet am 11. März die österreichiche Erzherzogin Marie Louise.

Ab dem 10. April wohnt Königin Luise wieder in Potsdam.

Reform des Heeres durch die Generäle Scharnhorst, Gneisenau und Clausewitz.

Es stirbt am 19. Juli mit 34 Jahren Königin Luise von Preußen auf dem elterlichen Schloss in Hohenzieritz am Tollensesee.

Hannover, Königreich Westfalen, Holland und Nordwestdeutschland fallen an Frankreich.

Napoleon I heiratet Marie Louise, eine Tochter von Kaiser Franz I.

Der Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer wird im 44. Lebensjahr zu Mantua erschossen.

Fürst v. Hardenberg wird am 04. Juni preußischer Staatskanzler und führt die Steinschen Reformen fort.

Am 30. Juli: Beisetzungsfeier für Königin Luise im Dom zu Berlin und am 23. Dezember – Überführung zur letzten Ruhestätte in das Mausoleum im Schlosspark Charlottenburg.

Wissenschaft:

Samuel Hahnemann begründet die Homöopathie mit dem Ziel: Heilung mit kleinsten Heilmittelmengen.

Goethe veröffentlicht seine Farbenlehre.


Technik:

Friedrich König entwickelt die Flach-Schnellpresse für den Buchdruck.

Der erste Füllfederhalter kommt auf den Markt. Bisher hatte man zum Schreiben Federn aus Kupfer- oder Bronzeblech und auch bis ins 19. Jahrhundert angespitzte Federkiele von Gänsen genutzt, die man ins Tintenfass tauchte.

Erste Gaslaternen beleuchten ausgewählte Straßen.


Wirtschaft:

Einführung der Gewerbefreiheit.


Bildung und Erziehung:

Die Berliner „Friedrich-Wilhelm-Universität“ wird gegründet. Initiator: Wilhelm von Humboldt. Gründer ist aber natürlich König Friedrich Wilhelm III. Erste Dozenten: Der Dichter Fichte, der Philosoph Hegel, der Theologe Schleiermacher und Herr Thaer, als Professor für Landwirtschaft. Im gleichen Jahr wird auch die Universität zu Breslau gegründet.


Literatur:

Heinrich von Kleist schreibt „Kätchen von Heilbronn“ und „Michael Kohlhaas“.


Musik:

Beethoven komponiert die Musik zu Goethes „Egmont“.


Zeitgeschichte – Das Jahr 1811

Politik:

Nach Schinkels Entwurf wird eine gotische Eisenlaube zum Gedenken an die Königin Luise in Gransee aufgestellt und eingeweiht.

Abschaffung bäuerlicher Frondienste. Abgabe von Land an die Gutsherren „als Entschädigung“.


Wissenschaft:

Avogadro entwickelt die Molekulartheorie der Gase. Er unterscheidet Atome und Moleküle. Herr Gauß veranschaulicht „imaginäre Zahlen.“

Alexander von Humboldt veröffentlicht in Paris die Ergebnisse seiner Amerika - Forschungsreise.

Albrecht Ludwig Berblinger (genannt: Das Brechtle), ein Schneider, unternimmt einen missglückten Segel-Fall-Versuch mittels Flügeln an seinen Armen von einer hohen Mauer nahe am Münster in Ulm in die Donau. Die Armkräfte erwiesen sich für das Flügelschlagen als zu schwach. Ob dabei auch Fische zu Schaden kamen, ist uns nicht überliefert worden.


Technik:

In diesem Jahr erhält der Engländer John Blenkinsop das erste Patent für eine Zahnradbahn. Er will damit stärkere Steigungen (bis zu fast 50%) bei kürzeren Wegen ermöglichen. Zahnräder greifen in eine Zahnstangen-Schiene. Bisher „schraubten“ sich die Fahrzeuge spiralförmig um den Berg nach oben oder benutzten Serpentinen mit engen Kurven.


Wirtschaft:

Die Krupp-Stahl-Werke werden in Essen gegründet.

Der Zunftzwang wird für Handwerker aufgehoben und die Gewerbefreiheit eingeführt


Literatur:

Goethe schreibt an „Dichtung und Wahrheit (bis 1831, autobiographisch).

Heinrich von Kleist sucht und findet mit Henriette Vogel den Freitod am Berliner Wannsee.

v. Arnim heiratet Bettina Brentano.


Malerei:

Casper David Friedrich malt „Morgen im Riesengebirge“ und „Greifswalder Hafen.

Carl Friedrich Schinkel malt viele Theaterkulissen.


Musik:

Carl Maria v. Weber komponiert die Lustige Oper „Abu Hassan“.


Erziehung

Friedrich Ludwig Jahn aus Lanz in der Prignitz (Lehrer, Turnvater) eröffnet in der Hasenheide bei Berlin den ersten Turnplatz Deutschlands. Ziel: Leibesübungen zur Stählung für den Freiheitskampf (gegen die napoleonische besetzende Unterdrückung). Dabei werden auch die neu entwickelten Geräte „Reck“ und „Barren“ eingesetzt.


Zeitgeschichte – Das Jahr 1812

Politik:

England: Der später als ein utopischer Sozialist benannte Engländer Owen erstrebt eine neue Gestalt der Gesellschaft, unter günstigen Umweltbedingungen mit kleineren Gemeinden in einer kommunistischen Gesellschaftsordnung lebend.

Preußen: Anfang des Jahres fordern patriotische Kräfte den Bruch mit dem eroberungswütigem Frankreich und Verbindung mit Russland, doch König Friedrich Wilhelm III unterwarf sich erneut Napoleon. 180.000 Deutsche mussten in der Großen Armee Napoleons als Hilfstruppen im Feldzug gegen Russland teilnehmen, also die Truppen von König Friedrich Wilhelm III gegen die Armee des befreundeten Zaren Alexander. (So wie ein Jahrhundert später die Truppen des Kaisers Wilhelm II gegen die Armee des verwandten / befreundeten Zaren Nikolaus).

1812 – 1815 Die Befreiungskriege gegen das napoleonische Joch.

Am 28. Mai 1812 bricht Napoleon von Dresden zu seinem letzten und übergroßen Feldzug auf. Am 23 und 24. Juni 1812 fallen Napoleons Truppen in Russland ein, indem sie den Grenzfluss nach Osten, die Memel überschreiten. Es wird ein langwieriger, ja zunächst langweiliger Feldzug, denn die Russen ziehen sich vorerst stets vor der französischen übermächtigen Grande Armee immer weiter nach Osten zurück. Erst heißes Sommerwetter, dann wochenlanger Regen in diesem schier endlosen Land. Alles ist diesmal anders als bei den bisherigen kurzen, siegreichen Feldzügen. Die Organisation und Versorgung der großen Streitmacht wird immer schwieriger. „Endlich“ eine Schlacht die alle Kräfte fordert.

Am 5. bis 7. Sept. 1812 siegt Napoleons Armee auf dem Schlachtfeld von Borodino vor Moskau gegen die Truppen von Kutusow. Der Weg in die russische Hauptstadt ist frei aber dieser Erfolg ist teuer erkauft. Am 14. September 1812 ziehen die Franzosen in Moskau ein. Doch Moskau (Holzhäuser) wird von den Russen angezündet. Sie schließen ihre geopferte Hauptstadt samt den Franzmännern ein, um den französischen Truppen Quartier und Ernährung vorzuenthalten. Es bleibt nur noch ein schmachvoller, fluchtartiger Rückzug. Noch ist der Herbst mild aber die Wege sind schlecht – man kommt langsam voran, also zurück.

25. – 29. Nov. In jener Woche gibt es stärkere Nachtfröste. Die Vorräte sind fast aufgezehrt, Nachschub kommt nicht. Beim Stau vor dem Übergang über die Beresina wird ein Großteil der französischen Armee zerschlagen. Die versprengten Reste der Grande Armee fliehen in Richtung Paris – allen voran Napoleon. Das ist ein Signal für die Volkserhebung in Preußen und in anderen Staaten.

Ludwig, Graf York (später von Wartenburg) befehligte eine von den Franzosen gezwungene deutsche Hilfstruppe. Er trifft mit dem zaristisch-russischen Generalmajor Graf von Diebitsch eine Übereinkunft und stellte sich ohne Befehl / Einwilligung seines Königs Friedrich Wilhelm III neutral. Waffenstillstand durch die Konvention von Tauroggen (heute Litauen).

Es ist das erste Mal, dass sich ein General eher nach dem Willen des Volkes, als nach dem des Monarchen richtet. Friedrich Wilhelm III erreicht diese Nachricht in der Orangerie des Neuen Gartens zu Potsdam.

Es ist die Absicht Napoleons nach seiner Flucht aus Russland nach Paris, dort in der Heimat neue Heere zusammenzustellen. Dieses Vorhaben benötigt neun Monate bis zur Realisierung einer frischen, kampfbereiten Armee, die dann ausersehen wird, in die nächsten Großschlachten geschickt zu werden, die im Raum Leipzig stattfinden werden.

Hier erwacht eine Wende des internationalen Kräfteverhältnisses gegen das napoleonische Regime. das zusammenzubrechen beginnt.

Etwa 30.000 „Schutzjuden“ werden nach dem Emanzipationsedikt anerkannte Staatsbürger Preußens.


Wissenschaft:

Laplace vertieft die Wahrscheinlichkeitsrechnung.


Medizin:

Der englische Arzt Parkinson wies auf einen Zusammenhang zwischen Bauchfellentzündung mit Todesfolge und einem entzündeten, vereiterten Wurmfortsatz als deren Ursache hin. (siehe auch 1739, 1885, 1901).


Technik:

Ressel erfindet eine Schiffsschraube.

Davy beschreibt den elektrischen Lichtbogen.

König erfindet das Druckverfahren mit der Schnellpresse.

In London wird die Straßenbeleuchtung mit Leuchtgas eingeführt


Wirtschaft:

Eine Einkommens- und Vermögenssteuer wird von diesem Jahr an erhoben.

Erster Gussstahl auf dem europäischen Kontinent. Maschinenstürmer in der englischen Textilmanufaktur.


Bauwesen:

Baumeister Friedrich Schinkel und Christian Daniel Rauch beginnen ihre Zusammenarbeit.

Schinkel malt den „Brand von Moskau“.


Erziehung:

Potsdam hat sieben Grundschulen. Der Zwang zur Entrichtung von Schulgeld belastet die ärmeren Bürger sehr.


1813

Politik:

3. Februar: Das Volk drängt durch Unruhen den König dazu, freiwillige Kämpfer in Jägercorps zusammenzuschließen, um die napoleonische Besatzung abzuschütteln. Das Volk spendet für die Bekleidung der Soldaten und für die Ausstattung der Befreiungsarmee. So wurden auch goldene Eheringe umgetauscht in einfache Exemplare mit der Inschrift „Gold gab ich für Eisen“ und die bunt zusammengewürfelte Kleidung „uniform“ schwarz gefärbt.

16. März: Preußen erklärt Frankreich den Krieg, nachdem mit Landwehr und Landsturm 271.000 Mann unter Waffen stehen. „Das Volk steht auf – der Sturm bricht los“.

Noch im März befreien russische Truppen Potsdam von den Franzosen.

Am 21. April erschien die Verordnung über den Landsturm. Sie betraf den möglichen Einsatz männlicher Einwohner zwischen 16 und 60 Jahren, soweit diese nicht in offiziellen Linientruppen, der Landwehr oder Freicorps dienten.

Freicorps: Die bekanntesten waren das Lützowsche Freicorps, das Ausländer-Bataillon v. Reuß, das Hellwigsche Freicorps, die Schillschen Husaren und das Jägercorps v. Reiche.

Die Kleidung war uneinheitlich, oft Zivilsachen, die nachträglich schwarz gefärbt wurden, versehen mit roten Aufschlägen und Messingknöpfen.

Major Adolf L. W. Freiherr v. Lützow (1782 – 1834), einstiger Kampfgefährte Ferdinand Schills, führte mit seiner irregulären Truppe im Rücken des Feindes einen Volkskrieg mit seinen "schwarzen Jägern", die aus allen deutschen Staaten in Preußen zum Freicorps, zur Freischar zusammen gezogen wurden. (Später werden sie den regulären Truppen zugeteilt). Bei Lützow kämpfen der Turnvater Jahn mit seinen Studenten, denen er mit Leibesübungen zu größerer Kampfkraft verhalf und auch die Dichter Joseph v. Eichendorff und Theodor Körner (als Adjutant Lützows) mit. Auch unsere Potsdamerin Eleonore Prochaska, 28jährig, verkleidet als Unteroffizier August Renz, ist dabei. Vorher war sie bei der Familie des Baurates Manger in der Brauerstraße 8 als Hausangestellte tätig. (Marie Christiane Eleonore wurde bei der Schlacht bei Dannenberg an der Göhrde am 16. Sept. 1813 von einer französischen Kugel der Oberschenkel zerschmettert. Sie starb am 5. Oktober).

Auch Ernst Moritz Arndt und viele andere kämpften für die Freiheit des Volkes.

Kämpfe bei Lützen am 1. Mai. Am 2. Mai gewinnen die Franzosen die Schlacht bei Großgörschen und drohen nach Berlin und Potsdam zurück zukehren. Auch Blücher und Scharnhorst werden dort verwundet. Scharnhorst stirbt am 28. Juni 1813. Die Flüsschen Nuthe und Notte werden gestaut, die Wiesen weit überflutet, um den französischen Vormarsch zu erschweren. Potsdam wird zunehmend Lazarettstadt. Kämpfe bei Bautzen am 21. /22. Mai. Die Franzosen siegreich. 18. August: Österreich erklärt Frankreich den Krieg. Russland und Schweden unterstützen Österreich. 22. August: Schlacht bei Großbeeren. 23. August: Die Truppen Bülows erreichen eine vernichtende Niederlage der Franzosen des Marschalls Ouindot bei Großbeeren. Letzte Gefechte hier auf dem Mühlberg und dem Kirchhof. Auch die Bevölkerung, sogar Berliner bargen Verwundete vom Schlachtfeld – letztere aus Dankbarkeit, dass die Franzosen hier vom Süden nicht nach Berlin einfallen konnten. 26. August: An diesem Tage fällt der Student und Adjutant des Major von Lützow, Theodor Körner bei Gadebusch im Alter von nur 22 Jahren. Schlacht an der Katzbach mit Sieg Blüchers. 27. August Schlacht bei Hagelberg, ebenfalls mit verlustreichem Sieg Preußens. 26. / 27. August: Schlacht bei Dresden und 29. / 30. August bei Kulm, die beide die Franzosen gewannen. Ende August/ Anfang September: Kämpfe in der Umgebung von Berlin. 3. Oktober Schlacht bei Wartenburg (Kreis Wittenberg). 16., 18. und 19. Oktober (der 17. war ein Sonntag - deshalb Kriegsruhetag befohlen). – Die Völkerschlacht bei Leipzig. Leipzig hatte für 35.500 Einwohner eine Kleinstädtische Ausdehnung. Durchmesser von Nord nach Süd etwa 2 Km, von Ost nach West etwa 1,2 Km. Eine schreckliche Schlacht der Völker bei Probstheida, vor den Toren Leipzigs. Die französischen Truppen unterliegen. An der Schlacht nahmen etwa 500.000 Soldaten teil. Die verbündeten Streitkräfte hatten 54.000 Tote zu beklagen, davon allein 22.600 Russen. Auch die Armeen Napoleons hatten etwa um 50.000 gefallene Soldaten zu beklagen.

Am 20. Okt. 1813 zählten Napoleons Truppen noch höchstens 80.000 Mann. Seine Armee verlässt Deutschland in Gewaltmärschen von Leipzig über Erfurt, Gotha, Eisenach und Fulda.

Im Dezember wird im Theater und auch auf Weihnachtsmärkten die siegreiche Schlacht bei Leipzig in Ausstellungen, insbesondere in Dioramen, dargestellt.

Noch Ende dieses Jahres wurde der seit 1806 bestehende Rheinbund der franzosentreuen Staaten aufgelöst. 31. Dezember: Als Silvestergeschenk an die Preußen jagen die Truppen Blüchers die napoleonischen Soldaten in Richtung Frankreich zurück.

Erst Ende März 1814 wird es gelingen, dass die Truppen der Verbündeten nach einigen blutigen Schlachten in Paris einmarschieren.


Literatur:

Die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm veröffentlichen die „Kinder- und Hausmärchen“.

Theodor Körner schreibt das Trauerspiel „Zriny“.

Ernst Moritz Arndt schreibt „Lieder für Teutsche“.

Rahel Varnhagen eröffnet mit Henriette Herz in Berlin ihren Literatursalon. Rahel, geb. Levin, hatte erst kürzlich Karl. A. Varnhagen von Ense geheiratet.


Malerei:

W. Schadow malt Gabriele von Humboldt.


Bildung und Erziehung:

J. D. Falk gründet in Weimar die erste Anstalt für verwahrloste Kinder.


Alltag:

Der Walzer wird als Gesellschaftstanz eingeführt.

In Berlin sind zwei Brandstifter (ein Mann und eine Frau) nach Gerichtsspruch, am 28. Mai auf dem Scheiterhaufen vor dem Oranienburger Tor, auf dem Acker vom Leben zum Tode gebracht worden. Ein grausiges Schauspiel, das viele Schaulustige anlockte.


Das Jahr 1814

Politik:

30. März 1814: Kapitulation des französischen Kaiserreiches in Paris. Am 1. April ziehen die siegreichen Russen, Preußen und Österreicher in Paris ein. „Pariser Frieden“, Frankreich verlässt seine Eroberungen. Napoleon dankt am 11./ 20. April im Schloss Fontainebleau ab und begibt sich als „souveräner Fürst“ mit ca. 1.100 Bediensteten, vor allem Soldaten und Offiziere, in die „Verbannung“ auf Insel Elba, vor der italienischen Küste. (Im politischen Sprachgebrauch hieß das: man wies dem bisherigen Kaiser die Insel als “persönliches Fürstentum“ an). Napoleons Kaiserzeit und Schreckensherrschaft hatte nur 10 Jahre gedauert. Am 30. Mai. beschließen die Sieger über Napoleon, einen Kongress abzuhalten. Den Wiener Kongress. Er wird vom 18. September 1814 bis zum Juni 1815 andauern. Ziele: Rückgängig machen der politischen und territorialen Änderungen, die während der französischen Revolution und der napoleonischen Herrschaft erfolgten. Ergebnisse: Neuaufteilung Polens zwischen Russland, Preußen und Österreich, Neubesetzung Norditaliens durch Österreich. Schaffen eines gemeinsamen Königreiches von Belgien und den Niederlanden. Im Ergebnis brachte der Kongress nach den Befreiungskriegen keine innere Freiheit, sondern Restauration. Es wurde ein Fürstenbündnis gegen die Revolution – kein echter Völkerbund. Aus den Erfahrungen lernend, wird in Preußen die Wehrpflicht eingeführt.


Technik:

George Stephenson (1781 – 1848) 67 Jahre alt, konstruiert als Ingenieur und Eisenbahnpionier, seine erste Lokomotive für Grubenbahnen. „Locomotion“ (Fortbewegung). Sie kann bis zu 25 km/h schnell sein und mit 38 Wagen Erze oder 450 Personen befördern.

Der Hand-Druck von Einzelabzügen wird von der Schnellpresse verdrängt.


Wirtschaft:

Die Zeitung „Der Rheinische Merkur“ erscheint (und wird 1816 verboten)


Bauwesen:

Friedrich Schinkel baut die Dorfkirche in Neuhardenberg.


Literatur:

Goethe schließt intime Freundschaft mit Marianne v. Willermer (1784-1860, 76) in Frankfurt am Main. Diese spiegelt sich in den Suleika-Liebesliedern des westöstlichen Diwans wider.

Rückert (Pseudonym Freimund Reimar) verfasst „Geharnischte Sonette“ eine Dichtung über die Befreiungskriege.


Musik:

Beethovens Fidelio wird aufgeführt. (1805 ursprünglich unter dem Titel „Leonore“ geschrieben).

Schubert vertont den „Erlkönig“ von Goethe.


1815 - 1848 Die Zeit des Biedermeier.

(Hämisch genannt: Die Zeit des Biedermanns und des Bummelmeiers“ Später zurückblickend „Die gute alte Zeit“ genannt – man will gemütlich und unpolitisch den Tag durchleben.


1815

Politik:

In den Kriegen Frankreichs gegen das übrige Europa sind etwa 3,6 Millionen Soldaten gefallen, davon etwa 1,2 Millionen Franzosen. Napoleon Bonaparte ist 45 Jahre alt. Er kehrt nach einem Jahr, "mit einem Handstreich" vom Verbannungsort Elba mit 1.100 Soldaten und Offizieren nach Paris zurück, um „sein Kaiserreich“ erneut auszurufen. Von Elba war er am 26. Februar bei schwachem Segelwind abgefahren. Bei seinem Marsch nach Paris stoßen königstreue Truppen zu ihm. Bereits in Lyon sind es 15.000 Soldaten. Am 20. März trifft er ohne wesentliche Widerstände in Paris ein. König Ludwig XVIII. flieht nach Belgien. Napoleon residiert dort in Paris erneut 100 Tage. Das wurde möglich, da das Bürgertum mit der Bourbonenregierung nicht einverstanden ist.

Die früheren Alliierten Russland, Preußen und Österreich erklären indessen Napoleon zum Feind der Menschheit, wollen ihm die neue Regierungswürde entreißen, drohen ihm mit einem Vernichtungskrieg, schließen gegen ihn „eine Heilige Allianz“. Andere europäische Staaten treten diesem Bund bei. Wohl in allen Ländern wünschen sich die Menschen Frieden und Freiheit. Dieses Bestreben wird aber in Österreich von Metternich und in Preußen von König Friedrich Wilhelm III gebremst.

1. März. Napoleon Bonaparte ist ohne Erlaubnis aus der Verbannung von der Insel Elba zurück gekehrt.

12. Juni: Napoleon ist 46 Jahre alt. Er zieht mit seiner Armee (122.000 Soldaten) nach Belgien, um dort einem Angriff der englischer Truppen unter Wellington (ebenfalls 46 Jahre alt), und preußischer Truppen mit Blücher (72 Jahre alt), v. Zieten, Graf Bülow von Dennewitz und Gneisenau zuvorzukommen. 17. Juni: Bei dem Dorf Waterloo südöstlich von Brüssel steht Wellington bei anhaltendem Regen mit 68.000 Mann und 180 Geschützen der französischen Armee etwa 1-2 km gegenüber, die mit 72.000 Mann und 246 Geschützen präsent ist. Sonntag, 18. Juni: Die Schlacht bei Waterloo – ein ganztägiges, grauenhaftes Gemetzel. Die Belle Alliance - Armee unter dem englischen Kommando Wellingtons hat etwa 15.000 Tote und Verwundete, Preußen etwa 7.000 Tote, Franzosen etwa 25.000 Tote und 8.000 Gefangene. Nach diesem neuntägigen Feldzug trifft Napoleon am 21. Juni wieder in Paris ein. Am 22. Juni versagt die französische Abgeordnetenkammer Napoleon eine weitere Unterstützung und gibt ihm eine Stunde Zeit zur Abdankung. Die neue 100-tägige Regierungszeit Napoleons ist damit beendet. Der „2. Pariser Friede“ enthält die nunmehrige Verbannung Napoleons nach Sankt Helena. Napoleon Bonaparte I will lieber in den USA um Asyl bitten aber die englische Marine blockiert seine Abfahrt über den Atlantik und bringt ihn auf Befehl des englischen Hofes mit einem englischen Kriegsschiff (ab 15. Juli) zur Insel St. Helena im südlichen Atlantik, diesmal aber mit weitaus weniger Bediensteten. Dort lebt er im Hause „Longwood“. Am 07. Juli 1815 marschieren die Preußen als Zeichen des endgültigen Sieges in Paris ein.

Am 05. Mai 1821 wird Napoleon, erst 51jährig, auf St. Helena an Magenkrebs sterben. Es bestehen auch Gerüchte zu einer Arsenvergiftung.


König Friedrich Wilhelm III teilt Preußen in 10 Provinzen auf.

Auch die militärischen Verhältnisse ändern sich. Bisher wurden in den Bürgerhäusern Zwangsquartiere für die Soldaten genommen. Mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, die den Bau von Kasernen nach sich zog, bedeutete das eine Lockerung für das Bürgertum.

In Jena gründen sich Burschenschaften, die Freiheit fordern.

Der Turnvater Jahn gründet Turnschulen zur Leibesertüchtigung.


Wissenschaft:

Maximilian, Prinz zu Wied-Neuwied, erforscht das brasilianische Küstengebiet.


Technik:

Davy erfindet die Sicherheitsgrubenlampe, Anfänge der Straßenbeleuchtung in Paris.


Bildhauerkunst:

Daniel Rauch gestaltet den Sarkophag für die verstorbene Königin Luise.

Friedrich Schinkel wird Geheimer Oberbaurat.


Musik:

Ludwig van Beethoven schreibt die Bühnenmusik zu Friedrich Dunckers Drama „Leonore Prochaska“.

Schubert komponiert "Wanderers Nachtlied", das "Heideröslein" und verschiedene weitere Lieder nach Texten von Goethe.


Alltag:

In Deutschland beginnt die Epoche des Biedermeier (aus Biedermann und Bummelmeier) eine gemütlich-beschauliche, politisch eher indifferente Zeit, die bis 1848 gerechnet wird.


Naturgewalten:

April: Ein Ausbruch des Vulkans Tambora auf der Insel Sumatra (Sunda-Inseln) hat unglaubliche Mengen von Asche, Schwefel und Staub in die Atmosphäre gespien. Diese umrunden die Erde und schirmen die Sonne ab. Die nächsten Sommer (spürbar bis 1819) fallen deshalb aus. Wenige Sonnentage, Abkühlung des Erdklimas. Viele Früchte reifen nicht Der Ausbruch fordert über 57.000 Tote.


Anmerkungen zur Zeitgeschichte des Jahres 1816

Wissenschaft:

Fresnel gelingt der Spiegelversuch zum Nachweis der Lichtinterferenz. Er weist die Wellennatur des Lichts nach.

Der sächsische Physiker Heinrich Wilhelm Brandes entwirft die erste Wetterkarte.


Bauen und Gartenkunst:

Peter Joseph Lenné (1789 in Bonn bis 1866 in Potsdam) nimmt seine Tätigkeit in Potsdam als Gärtnergeselle auf. Erste Arbeiten: Die Neuanlage des „Neuen Garten“, ein Umgestaltungsplan für den Park von Sanssouci. Bereits 1818 wird er Mitglied der Gartendirektion und 1824 Gartendirektor.


Wirtschaft:

Das Jahr bringt eine Missernte. Zu den Arbeitslosen gesellen sich Kriegswaisen, Kriegsinvaliden, Unruhen unter den Arbeitern kommen auf. Von den etwa 17.000 Potsdamer Einwohnern galten etwa 6.000 als verarmt.

Das erste preußische Dampfschiff (ein Mittelraddampfer), wurde als „Prinzessin Sophie Charlotte von Preußen“ am 14. September in Dienst gestellt. Am 27. Oktober nimmt das Schiff den Liniendienst zwischen Berlin–Tiergarten – Spandau – Potsdam auf Spree und Havel auf. Eine Sensation. Die Dampfmaschine bewegt das Schiff etwa 3 1/2 Meilen (25 km) am Tage. Das Schiff fasst 160 Personen und wird bis 1821 etwa 5.500 km zurücklegen.

In Berlin fährt die erste Lokomotive in Deutschland- aber nur spazieren. Es ist ein Schaubetrieb mit Volksfestcharakter, dem kein künftiger Nutzen zugebilligt wird.

Im Nordseebad Cuxhaven wird die erste deutsche Gasanstalt eröffnet.


Literatur:

Franz Bopp (1791 – 1861) begründet die vergleichende Grammatik der indogermanischen Sprachen.


Musik:

E.T.A. Hoffmann schreibt „Undine“ – eine romantische Oper, Rossini vertont „Der Barbier von Sevilla“ und „Othello“.


Alltag:

In diesem Jahr wird der letzte Sonntag im November erstmals als „Totensonntag“ begangen. Dieser Tag erinnert an die während der französischen Besatzungszeit und insbesondere an die in den Befreiungskriegen Gestorbenen.


1817

Politik:

Wartburgfest der deutschen studentischen Burschenschaften im Oktober. Die erste bürgerliche Nationalkundgebung. Die schwarz-rot-goldene Fahne symbolisiert die Einheit Deutschlands. Sie wird statt der schwarz-weiß-roten Fahne gezeigt.

Der 5. Präsident der USA (1817 – 1825) ist James Monroe.


Wissenschaft:

Belloni entdeckt das Grab Sethos im ägyptischen „Tal der Könige“.

Berzelius entdeckt hingegen Selen und Lithium.


Technik, Maschinenbau:

Freiherr von Drais erfindet in Mannheim die Laufmaschine, „Draisine“ benannt. Das erste „Fahrrad“. Ähnliche Vorläufer gab es bereits (siehe 1801) aber die Konstrukteure hatten wohl voneinander keine Kenntnis.


Bauten in Berlin:

Beginn des Baues der Neuen Wache am Kastanienwäldchen in Berlin.


Wirtschaft:

Die Oberrechnungskammer wurde nach Potsdam verlegt. Dazu erhielt sie ein neues Gebäude, Am Kanal, nahe der Plantage.

Auf dem Knochenhauerschen Grundstück an der Potsdamer Havel wird eine Werft für Dampfschiffe eingerichtet. (Schiffbauergasse).

A. Stieler gibt einen Handatlas heraus.


Soziales:

Wilhelm von Türk (1774 – 1846), ein geborener Thüringer, siedelt nach Potsdam über. Er organisiert das gesamte Schulwesen nach modernen Grundsätzen neu, gründet ein Lehrerseminar, richtet an der Havel eine Schwimmanstalt für den Schulunterricht ein, gründete 1820 das Civil-Waisenhaus, eröffnete eine Kinderbewahranstalt und eine Versorgungsanstalt für Waisen der Befreiungskriege. Auch das Waisenhaus in Klein-Glienicke wurde von ihm ins Leben gerufen. Ebenso eine Suppenverteilküche, vorzugsweise als Winterhilfe für Bedürftige, zählt zu seinen Verdiensten. Soziale Zusammenarbeit mit dem Kaufmann Eisenhart. 1839 wird er Ehrenbürger der Stadt Potsdam.


Religion:

Friedrich Wilhelm III verkündet die Union der Lutheraner und Reformierten für Preußen in der Potsdamer Hof- und Garnisonkirche.


1818

Wissenschaft:

Chemie: Jöns Jacob von Berzelius schafft für die Chemie die Buchstaben-Formelsprache und die Indices. Damit war es möglich die Summenformeln zu schreiben, mit denen man chemische Reaktionen in mathematischen Gleichungen ausdrücken konnte.


Medizin:

Coindet setzt Jod in der Kropftherapie ein.


Technik:

Auf dem Rhein wird erstmals ein Dampfschiff eingesetzt.

Noch im gleichen Jahr fahren Dampfer nach Amerika.


Bauen in Berlin:

Karl Friedrich Schinkel baut das Schauspielhaus am Berliner Gendarmenmarkt bis 1821.

Auch wird nach seinem Entwurf das Denkmal auf dem Berliner Kreuzberg an die Befreiungskriege gegossen.


Bauen in Potsdam und Umgebung:

In der Nowaweser Großbeerenstraße werden die ersten Kolonistenhäuser errichtet.


Malerei:

Caspar David Friedrich malt: „Zwei Männer, den Mond betrachtend“.


Musik:

Der österreichische katholische Dorfgeistliche Joseph Mohr dichtet das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“, vertont von Franz Xaver Gruber. Während einer Messe in einem Dorf bei Salzburg wird es am 25. Dezember 1818 erstmals gesungen.


Alltag:

Stearinkerzen werden auf dem Markt üblich. Wachskerzen gelten nur noch als Luxuslicht.


Das Jahr 1819

Politik:

Karl August Sand ermordet am 23. März Kotzebue.

Die Karlsbader Beschlüsse engen die politische/geistige Freiheit in Deutschland bis 1848 ein. Die Pressezensur wird verstärkt. Die Burschenschaften werden verfolgt und verboten, die Universitäten von revolutionär denkenden Lehrkräften, wie Ernst Moritz Arndt in Bonn, „gesäubert“. Der Turnvater Jahn wird inhaftiert. Das Stählen der Körper von jungen Männern war für die Befreiungskriege wichtig. Jetzt scheint von diesen Zusammenkünften eine mögliche Gefahr auszugehen – das Turnen wird in Preußen verboten.


Wissenschaft:

Medizin:

Das Stethoskop wird von René Theophile Hyacinthe Laennec erfunden und erweitert die Möglichkeiten des Hörrohres für das Abhören des Brustkorbs. Vorher bereits hatte der Franzose Jean Nicolas Corvisat die Methode der Thoraxperkussion (Abklopfen des Brustkorbes) verbreitet, die je nach Zustand von Lunge und Rippenfell eine veränderte Tonhöhe ausweist.

Pelletier und Caventon entdecken das Chinin und seine Wirkung.

Bauen in Potsdam:

Das Blockhaus von Nikolskoe wird gebaut. Es wird ein Geschenk von Friedrich Wilhelm III. an seine Tochter Charlotte (Alexandra Fedorowna) und den Schwiegersohn Zar Nikolaus sein.


Literatur:

Byron schreibt den „Don Juan“.

Jakob Grimm verfasst “Die Deutsche Grammatik“, die in vier Bänden bis 1834 erscheint.

Schopenhauer schreibt: „Die Welt als Wille und Vorstellung“.

Freiherr von und zum Stein gründet die „Gesellschaft für Deutschlands ältere Geschichtskunde“.


Musik:

Schubert komponiert das „Forellenquintett“.


Das Jahr 1820

Politik:

Deutschlands Feind Napoleon ist nun seit langem bekämpft. Daher besteht kein Bedarf an körperlicher Kampfkraft der jungen Männer mehr. So wird das Vaterländische Turnen vom Innenministerium verboten. Die Bürger werden geistig zu selbstbewusst, körperlich zu gewandt und kräftig, was sich ja auch mal „nach innen“ wenden könnte. Unser Turnvater Jahn, der noch vor wenigen Jahren in den Befreiungskriegen mitgekämpft hatte, sitzt wegen Aufwiegelei und Hochverrat in Küstrin in Festungshaft und anschließend in Hausarrest. („Das Gespenst der Arbeitersportbewegung – das Turnen“, ist in Preußen nun verboten). Eine Folge der Karlsbader Beschlüsse. Erst 20 Jahre später wird Jahn durch den Sohn des Königs, Friedrich Wilhelm IV, rehabilitiert und geehrt. Auch Ernst Moritz Arndt, derzeitig Professor für Geschichte in Bonn, wird wegen liberaler Gesinnung vom Amte enthoben (ebenfalls 1840 rehabilitiert). Kotzebue wird ermordet.

Der Sozialist Owen, andere nennen ihn den Utopisten, schreibt in England „Das Buch von der Neuen Welt“.


Wissenschaft:

Physik:

Hans Christian Oerstedt entdeckt und beschreibt den Elektromagnetismus.

André Marie Ampere stellt die Kraftwirkungen zwischen elektrischen Strömen dar.

Psychologie: Karl Gustav Carus prägt den Satz: „Der Schlüssel zur Erkenntnis des bewussten Seelenlebens liegt in der Region des Unterbewusstseins“.

Medizin: Ein Teil ihrer romantischen Seite: Die beliebte Doppelbehandlung - Aderlass mittels Lanzette und das Auffüllen des Flüssigkeitsverlustes mit Wein als stimulierende Medizin, dieses mal aber per Os verabreicht, führte zu der erfreulichen volkstümlichen Ansicht, dass es eines Fässchens des guten Weines bedürfe, um die Menge einer Tasse Blut im Kreislauf wieder aufzufüllen – jedoch stellte sich diese Therapie nicht als unbedingt heilend heraus.

Der Leipziger Arzt Christian Friedrich Hahnemann betrachtet die Gesundheit als Harmonie, die Krankheit als verstimmte Lebenskraft. Er ist ein sehr guter Arzt, mit gründlichen Kenntnissen in auch Physik, Chemie und Botanik. Er hatte bereits 1798 seine Karriere als angesehener Arzt abgebrochen, weil die zeitüblichen Behandlungen mit Brechmitteln, Abführmitteln, Blutegeln, das Schröpfen, das zur Ader lassen, in Wirklichkeit keinen wissenschaftlich-praktischen Wert hatten. So sagte er. Das gilt als eine Kriegserklärung an die Medizin der Epoche. Er begann bereits um 1810 das homöopathische Heilverfahren zu entwickeln, dessen Grundsatz es ist, Ähnliches mit Ähnlichem zu heilen – bei geringster Dosierung. Von der unendlich kleinen Dosis, zur unendlich großen Heilkraft.


In England wurde ein Saurierskelett von ca. 10 Meter Länge gefunden.

Gegenwärtig sind in Europa 46 Chemische Elemente bekannt. (Um 1790 waren es 20 Elemente).


Baukunst:

Friedrich Schinkel wird Professor für Baukunst. Er pflegt Kontakte u. a. mit Tieck, Rauch, Beuth, auch zu Goethe, Brentano Fürst Pückler und den Brüdern Humboldt.

In Berlin baut man die ersten Groß-Häuser mit vielen Mietwohnungen.


Musik:

Gottlieb Heise gründet die erste Potsdamer Orgelbauwerkstatt in der Charlottenstraße. Sein Nachfolger Herr Gesell führt das Handwerk weiter.


Literatur:

Puschkin schreibt: „Ruslan und Ludmilla“


Malerei:

Charles Heath erfindet den Stahlstich.


Sport:

In diesem Jahr wurde die 2.962 m hohe Zugspitze, der höchste Berg Deutschlands erstmals bestiegen. Zumindest ist uns nichts anderes bekannt geworden.


Alltag:

Erst im 19. Jahrhundert entstand in den Häusern ein von den anderen Zimmern getrennter Schlafraum. Diese Räume waren aber meist nur dunkle Kammern ohne Fenster. Bestenfalls erhellte ein Talglicht das Geschehen. Zum leichteren Aufrichten im Bette gab es den „Bett-Zopf“ mit Quaste oder Trottel am Ende. Toiletten-Nachtstühle waren meist als Spind oder Kommode verkleidet, in gehobenen Haushalten auch als Bücherstapel getarnt. So genannte „Nacht-Emmas“ holten (in den Städten) aus den Wohnungen die Nachtfäkalien-Gefäße, entleerten diese und brachten sie gereinigt zurück.

In den Familien lebten, eher wenig sichtbar, Schlafburschen, die keine eigene Wohnung hatten und sich von Morgen bis zum Abend außerhäusig aufhielten. Sie brauchten nur den Strohsack und einen Garderobennagel, vielleicht einen Spind sogar. Für einfaches Gesinde gab es oft „Schlafbänke“ z. B. für zwei Mägde. Die Schlafkammern waren meist nicht heizbar. So waren Beutel üblich, die mit Pflaumen- oder Kirschkernen gefüllt wurden und die Wärme fürs kalte Bett zur Nacht zuvor in der Ofenröhre aufnahmen.


Mode:

In der Frauenmode herrscht ein langer Rock mit kurzer Taille vor, bauschige Ärmel gehören dazu, ein Schutenhut – eben: Biedermeier.

Der Potsdamer August Friedrich Eisenhart (1773-1846): Kaufmännisches Geschick machten ihn, besonders durch Geschäfte in den Befreiungskriegen, zum wohlhabenden Bürger. Seit 1809, also von Anfang an, war er Stadtverordneter. Er unterstützt das Waisenhaus von Herrn Türck, setzt sich für bessere Schulbildung ein, hilft finanziell verarmten Bürgern. Er wohnt in der alten Berliner Straße 3. 1828 wird er Stadtältester. Der Stadt wird er eine ungeheure Summe für soziale Dienste (Bau eines Krankenhauses) und für die Friedhofsgestaltung vererben.


1821

Politik:

Napoleon Bonaparte, Kaiser der Franzosen, stirbt in der Verbannung im Hause Longwood auf der Insel Sankt Helena am 5. Mai. Er wurde 52 Jahre alt. Bei der Autopsie zeigte sich ein stark angegriffener Magen (Magenkrebs) Er hatte keinerlei Körperhaare mehr – typisches Anzeichen einer Arsenvergiftung. Diese könnte vom kupferarsenidhaltigen Pigment der grün-roten Blümchentapete seines Zimmers stammen, die bei feuchter Luft Arsen abgeben kann – und feucht war es in Longwood.


Wissenschaft:

Avogadro und Gay-Lussac arbeiten an einem Elektromagneten. Faraday erforscht die Grundlagen für Elektromotoren. Bessel begründet die Präzisionsastronomie.

Im Potsdamer Hause Wilhelmplatz 14 wird Hermann v. Helmholtz geboren (1821 – 1894). Schon früh betreibt er physikalische Studien und wird später Militärarzt. 1848 geht er nach Berlin und lehrt an der Universität Physik, später nimmt er eine Professur in Königsberg an. Er erfindet unter anderem den Augenspiegel.

Wilhelm von Humboldt schreibt die „Grundzüge der Sprachphilosophie“ nieder.


Wirtschaft:

In Berlin wird der „Verein zur Förderung des Gewerbefleißes“ durch Beuth gegründet.


Baukunst:

Gottfried Schadow schuf für die Stadt Wittenberg das Lutherdenkmal und für Sanssouci die Windspiele Friedrich des Großen sowie eine Goethe-Plastik. Schinkel arbeitet seit 1818 am Berliner Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, das in diesem Jahr eröffnet wird.


Literatur:

Ludwig Tieck veröffentlicht die Werke: „Die Hermannschlacht“ und “Prinz Friedrich von Homburg“ von Kleist.

Jacob Grimm veröffentlicht den 1. Teil von vier Teilen seiner Grammatik. Dieser Band umfasst 1.100 Seiten. Des Weiteren verfasst Jacob Grimm das Buch „Rechtsaltertümer“, aus der Historie zusammengestellt mit dem Wunsch, zu lebensnahen deutschen Rechtsformen zu kommen. Er verglich hierin die gegenwärtigen Rechtsverhältnisse mit denen früherer Jahrhunderte und kam zu einer herben Kritik an den gegenwärtigen Verhältnissen.


Musik:

Carl Maria v. Weber komponierte die Oper „Der Freischütz“. Am 18. Juni findet im Berliner Schauspielhaus die Uraufführung des „Freischütz“ statt. Dieses Stück versetzte ganz Berlin in einen Rausch des Entzückens. So wurde besonders „der Jungfernkranz“ ein Gassenhauer“.

Im Königlichen Hoftheater zu Berlin wird im Januar „Lalla – Rookh“ aufgeführt, ein Stück in dem auch Graf Pückler und Elisa Raziwil Rollen innehaben.


1822

Politik:

Lohnstreik von Arbeitern in Potsdam und anderen Orten.

Nach Jahrhunderten langen Zögerns erkennt die katholische Kirche nun endlich das heliozentrische Weltbild des N. Kopernikus an.


Wissenschaft:

Im Jahre 1822 gelang es dem Franzosen Jean Francois Champollion die Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen, nach dem Auffinden des Dreisprachensteins.

Am 20. September wird in Leipzig die Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte gegründet.


Technik:

Maschinenbau: Church entwickelt die Setzmaschine. Der Spiralbohrer für das Bohren von Metallen wird entwickelt.


Bauwesen:

Schinkel beginnt in Berlin das Alte Museum zu bauen und in Potsdam das Zivil-Kasino.


Wirtschaft:

In diesem Jahr findet die erste Berliner Gewerbeausstellung statt.


Literatur:

Grillparzer schreibt „Das goldene Vlies“, Uhland „Walther von der Vogelweide“, Wilhelm von Humboldt „Über das vergleichende Sprachstudium“.


Malerei:

Caspar David Friedrich malt „Mondaufgang am Meer“.


Alltag:

Simon Kremser, ein Berliner Fuhrunternehmer, bietet Vergnügungsfahrten auf Pferdefuhrwerken an.


1823

Wissenschaft:

Der Chemiker Döbereiner entwickelt ein Wasserstoff-Feuerzeug und Herr Gauß die Ausgleichsrechnung – Methode der kleinsten Quadrate, die Quadratur des Kreises.

Faraday verflüssigt Chlor und andere Gase.

E. A. Geitner schafft die Nickellegierung „Neusilber“.


Technik:

Maschinenbau: Faraday und Barlow arbeiten an der Entwicklung des Elektromotors.


Wirtschaft:

CH. Macintosh entwickelt wasserdichte Gewebe durch verkleben zweier Stoffbahnen mit Gummilösung.

Die Post entschließt sich, Sammelboxen für Briefe öffentlich anzubringen, um der Bevölkerung den Weg zum Postamte für das Aufgeben des Briefes zu sparen. Die Idee dazu hatte Generalpostmeister v. Nagler den Franzosen abgeguckt. In Preußen werden diese z. B. um 1900 und in der Weimarer Republik blau, nach 1933 rot und erst später gelb sein.


Bildhauerei:

Christian Daniel Rauch stellt eine Büste des Königs Friedrich Wilhelm III her.


Literatur:

James F. Cooper (1789 – 1851) beginnt an den „Lederstrumpf-Geschichten“ (über nordamerikanische Indianer) zu schreiben.


Musik:

Beethoven komponiert die 9. Sinfonie mit der Ode an die Freude, obwohl er sie, von Instrumenten gespielt, wegen des Hörverlustes nie hören konnte, sondern die Musik ausschließlich von den Noten her, im Kopf hatte.

Carl Maria v. Weber komponiert “Euryanthe” und Schubert die Musik zu “Rosamunde”, sowie „Die schöne Müllerin“.


Alltag: Erstmals findet ein Rosenmontagsumzug in Köln statt.


1824

Politik:

14 Jahre nach dem Tode unserer Königin Luise heiratet König Friedrich Wilhelm III. noch einmal. Seine nicht standesgemäße Ehefrau und somit in den Königsstand erhoben, wird die Fürstin Auguste Liegnitz, eine geborene Gräfin Harrach.

Die früheren Herzogtümer Jülich, Cleve und Berg werden mit den niederrheinischen Gebieten Preußens (in der Gegend von Koblenz) zur Rheinprovinz vereinigt.


Wissenschaft:

L. A. Seeber begründet die Atomtheorie der Kristalle.


Technik:

Zwischen Darlington und Stockton fährt die erst öffentliche Eisenbahn der Welt, deren Zug von der Lokomotive „Locomotion“ (Fortbewegung) gezogen wird. Gebaut vom Ingenieur und Eisenbahnpionier George Stephenson.


Baukunst in Potsdam:

Prinz Karl, ein Sohn des Königs, lässt den neuen Schlosspark Glienicke (eine wesentliche Erweiterung des bestehenden) anlegen und mit den entsprechenden Wohnbauten vervollständigen. Karl Friedrich Schinkel zeichnet für die Bauentwürfe verantwortlich und Peter Joseph Lenné für die landschaftsgärtnerische Gestaltung.

Schinkel baut in diesem Jahr auch auf der Pfaueninsel das Kavalierhaus im Stile eines gotischen Patrizierhauses.


Gartenkunst:

Peter Joseph Lenne wird Direktor der Königlichen Gärten zu Potsdam und Umgegend.


Wirtschaft:

Aspdin testet erfolgreich den Portlandzement und Hancock entwickelt Kunstleder


Literatur:

Heine schreibt das Werk „Harzreise“.


Alltag:

Prinz Karl (von Hohenzollern) erwirbt von den Erben Hardenbergs bei Potsdam das Schlösschen Klein Glienicke mit Parkanlage.


1825

Politik:

Für Beamte des Staates werden Pensionen für deren Ruhezeit erstmals ausgereicht.

In Russland starb Zar Alexander I. Sein Nachfolger wird (bis 1855) Zar Nikolaus I.

Der 6. Präsident der USA (1825 – 1829) ist John Quincy Adams.

Der Kontinent Australien wird in den Ohren des Volkes sehr berüchtigt, nachdem Brisbane (Queensland) als Strafkolonie gegründet wurde.


Wissenschaft

Louis Braille 1809 – 1852 entwickelt mit 16 Jahren die Blindenpunktschrift und verbessert diese bis 1829.

Cooper erfindet das Schwefelzündholz.

Faraday entdeckt Benzol im Leuchtgas.

Laplace veröffentlicht ein Werk über die „Himmelsmechanik“.


Technik:

Die erste Lokomotive von Stephenson fährt durch Englands Bergwerke.

Roberts entwickelt eine selbsttätige Spinnmaschine.

In den Hauptstraßen der preußischen Residenzen Berlin und Potsdam beleuchten während der Wintermonate schwankende Laternchen mit funzelnen Öllämpchen orientierend das Terrain. Sie hängen an Seilen, die man quer über die Straßen zieht. Zwischen Mai und September hat diese Beleuchtungstechnik Sommerruhe.


Bauwesen:

Der Erie-Kanal zwischen Buffalo und Albany war seit 1817 im Bau. Nun ist seine Länge von 544 km nach nur acht Jahren Bauzeit fertig gestellt.


Baukunst in Potsdam:

Peter Joseph Lenné erhält den Auftrag „das Bassin“ umzugestalten. Der Teich wird auf einen Durchmesser von 60 m verkleinert und die Insel mit Baumschmuck versehen.

In Potsdam entsteht ein Neubau der Langen Brücke über die Havel, die das Wasser auf acht gusseisernen Bögen überspannt. Der Konstrukteur ist Karl Friedrich Schinkel. (Wer sonst?)

Der Umbau der Burganlage Charlottenhof zu einem Schloss beginnt mit der Entwurfsarbeit des Königs Friedrich Wilhelm IV und Schinkel, im dorisch-klassischen Stil. Es wird 1827 eingeweiht. Der russische Zar schenkt seinem Schwiegervater König Friedrich Wilhelm III eine große Spiegelglasscheibe. Es ist der erste Spiegel in der Residenz.


Literatur:

In Leipzig wird der Börsenverein des Deutschen Buchhandels gegründet.

Alexander Puschkin schreibt als erste russische Tragödie: „Boris Godunow.


Soziales:

In den Residenzen Berlin und Potsdam war (bis zur Bürgerrechtsreform 1848) das Rauchen auf offener Straße streng verboten. Zigarren sah man nicht! (Zigaretten gab es noch nicht). Die „kalte Pfeife“ durfte aber oft mitgehen.

Am Sonntag ging es aus den Arbeiterwohnsiedlungen der Großstädte „mit Kind und Kegel“ ins Jrüne, in die dörflichen Nachbarorte, auch in preisgünstige Gaststätten: “Hier können Familien Kaffee kochen“, so ein üblicher Werbeslogan.

In den USA kauft Robert Owen ein Stück Land, das er „New Harmony“ nennt und gründet eine kommunistische Gemeinde, die aber nach kurzer Zeit scheitert. Er wird nachsichtig als ein utopischer Sozialist belächelt.


Alltag:

Kremser führt in Berlin einen Pferdebus-Betrieb ein.


1826

Wissenschaft:

Oersted entdeckt den Elektromagnetismus.


Technik:

Berlin erhält seine erste Gasanstalt. Sie stellt Leuchtgas her, zum Erhellen der Wohnungen. Später in diesem Jahr die Anfänge der Straßenbeleuchtung in Berlin. Am 19. Sept. erste Straßen-Gasbeleuchtung „Unter den Linden“. Wir erinnern uns: Bereits im Jahre 1792 hatte der Erfinder William Murdock (1754 – 1839) die Gaslaterne entwickelt. Es braucht alles so seine Zeit bis es Eingang in den Alltag findet. Bisher war es Pflicht, an den Fassaden der Häuser Öllampen zu halten.


Baukunst in Potsdam:

Am 10. April verfügt der König (Fr. Wilhelm III.). den Bau einer Siedlung im Stile der Blockhäuser russischer Militärdörfer auf der Fläche der Bornstädtischen Amtsäcker. Die Siedlung wird aus 12 Häusern mit Grundstücken für Russen (nur für beweibte, früher Soldaten, inzwischen Sängerchormitglieder, die dem 1. Garderegiment zu Fuß beigegeben sind. Nach dem preußisch-russischen Bündnis von Tauroggen blieben jene in ihrem eigenen Einverständnis und mit Zustimmung des Zaren Alexander I. in Potsdam). Angelegt wird die Siedlung im Norden vor dem Nauener- und Jägerthore und dem nahen Minen-, Eich- oder Judenberg) in der Form eines Andreaskreuzes. Den Auftrag zur Planung und Bauleitung erhielten: Herr Oberst v. Röder vom 1. Garderegiment zu Fuß, Bauplanung: Hauptmann Snetlage von der Garde-Pionier-Abteilung und für die Gartengestaltung: Gartendirektor Peter Joseph Lenné. Für die russisch-orthodoxen Gläubigen wurde 1829 eine russisch-orthodoxe Kapelle auf dem 55 m hohen Hügelchen (Kapellenberg am Rande der Siedlung) fertig.

Ebenfalls in jenem Jahr erhält der Baumeister Karl Friedrich Schinkel den Auftrag, einen Kirchenneubau zu planen, an der am 3. September 1795 abgebrannten barocken Nikolaikirche. Er plant diese nach mehrfacher Abstimmung mit König Fr. Wilhelm III. Die Geldknappheit gibt ihm vor, für den würfelförmigen Bau auf die Kuppel zu verzichten und vorerst ein schlichtes Satteldach vorzusehen. (Die Kuppel wird 18 Jahre nach dem Tode von Schinkel realisiert. Sie fordert als zusätzliche Auflager vier Eckpfeiler. Für die Kuppel wird dann kein schwereres Holzgebälk mehr eingesetzt werden, sondern schlanke Eisenstreben, die die Fa. Borsig aus Berlin liefert).

Schinkel beginnt mit der Planung der Schlösser Charlottenhof und Kleinglienicke.


Literatur:

Uhland und Schwab geben Hölderlins Gedichte heraus.

Fröbel schreibt das Werk „Die Menschenerziehung“.

Heinrich Pertz veröffentlicht die „Monumenta Germaniae historica“, das maßgebliche Quellenwerk deutscher Geschichte.

Jacob Grimm veröffentlicht den 2. Band seiner Grammatik. Wie der erste Teil umfasst dieses Werk auch wieder mehr als 1.000 Seiten.

Seit diesem Jahr lebt Alexander v. Humboldt (wieder) in Potsdam.


Musik:

Mendelssohn – Bartholdy komponiert die Ouvertüre zum „Ein Sommernachtstraum“.

Franz Schubert komponiert „Der Tod und das Mädchen“ und Carl Maria von Weber den „Oberon“.

Die Schauspielerin Henriette Sontag (genannt: die „Jöttliche Jette“) gab am 29. Mai im Königsstädtischen Theater am Alexanderplatz in Berlin ihre Abschiedsvorstellung in der Rossini-Oper „Aschenbrödel“, dann am 30. Mai noch einmal in Potsdam. Sie wurde stürmisch gefeiert.


1827

Wissenschaft:

Brown beschreibt die Wärmebewegung mikroskopisch kleiner Teilchen.

Wöhler stellt Aluminium aus Tonerde her.


Medizin:

In diesem Jahr schreibt der Französische Arzt Meillier über Wurmfortsatzentzündungen (Abszesse in der Blinddarmgegend), weit seiner Zeit vorauseilend, dass man diese einstmals mit dem Messer herausschneiden werde. Doch bis zur Realisierung werden noch über 50 Jahre vergehen (siehe auch 1885 / 1886). Jeder Schnitt in die Bauchhöhle kam in der jetzigen Zeit noch einem Todesurteil gleich, weil die Leute anschließend sterben würden und man die Ursachen nicht kannte – Die Antisepsis, die Desinfektion, die Asepsis, das sterile Arbeiten waren ja noch völlig unbekannt.


Technik:

Das Drahtseil wird in diesem Jahr entwickelt. Ressel entwickelt die Schiffsschraube.

Anton Löhner hat Rollschuhe entwickelt. Der erste dampfgetriebene Kran arbeitet.

Der Franzose Onésiphore Perquer erfindet das Differential-Getriebe (neu).

(Anmerkung: Die Chinesen sollen es bereits Jahrhunderte vorher genutzt haben und auch Leonardo da Vinchi beschrieb eine solche seiner Erfindungen im 15. Jahrhundert.


Baukunst in Potsdam:

Am 10. April Fertigstellung, Abnahme und Bezug der Kolonie Alexandrowka. Völlige Gleichheit in der Ausstattung wurde beachtet (siehe gesonderte Dokumentation).

Karl Friedrich Schinkel und Peter Joseph Lenne gestalten den jüngst angekauften Parkteil Charlottenhof in den Jahren 1826 – 1829.


Wirtschaft:

Karl Baedecker gründet einen Verlag für Reisehandbücher.

John Walker kommt mit Schwefelreibzündhölzern auf den Markt.


Literatur:

P. J. Anselm Feuerbach schreibt „Merckwürdige Verbrechen“.


1828

Wissenschaft:

Friedrich Wöhler gelingt eine erste Synthese eines organischen Stoffes (Harnstoff) aus anorganischen Stoffen.

Am 13. Mai wird in Berlin die Deutsche Gesellschaft für Erdkunde gegründet.


Technik:

Heilmann konstruiert eine Strickmaschine.


Bauen in Berlin:

Das Atelier Daniel Christian Rauch fertigt die große Schale (aus dem rotem Granit der Rauenschen Berge) nach des Schinkels Entwurf. Standort: Im Berliner Lustgarten vor dem Alten Museum. Deren Block fand man bei den „Markgrafensteinen“ in den Rauenschen Bergen bei Fürstenwalde. Unbearbeitet hatte dieser Findling eine Masse von über 150 t. Ab Mai 1827 meißelten 20 Arbeiter am Fundort den Stein grob aus. Zum Umwenden des ausgesprengten Mittelteils benötigte man 100 Arbeitskräfte. Der zu transportierende Rohling hatte dann noch eine Masse von etwa 80 t. Auf einer Bohlenbahn und auf Baumstammwalzen wurde die raue Schale zum Wasser gebracht und auf einem Spezialfloß über den Dämeritz- und Müggelsee zur Spree gebracht, dann weiter auf der Spree bis zum Lustgarten. Am 06. November 1828 kam der Steinblock nach fünftägiger Reise am Bestimmungsort an. Die Arbeiten leitete der Bauinspektor Cantian. An Ort und Stelle wird „die Badewanne“ oder die Suppenschüssel“ wie die Berliner sagen, weiter feiner ausgehauen und dann mit der Kraft einer 10-Ps-Dampfmaschine geschliffen und spiegelblank poliert. diese Arbeiten werden bis 1831 andauern.

Die Schale hat einen Umfang von 21,7 Metern und einen Durchmesser von 6,9 Metern. Der Berliner Maler Johann Erdmann Hummel (1769 – 1852) hat diese Arbeiten auf mehreren Bildern festgehalten.


Bauten in Potsdam:

Schinkel arbeitet am Gärtnerhaus für die Schlossanlage Charlottenhof, dass 1833 beendet wird.


Literatur:

Es erscheint gedruckt der Briefwechsel zwischen Goethe und Schiller.

Anton Philipp Reclam gründet den Reclam-Verlag.

Wilhelm Grimm veröffentlicht das 2. Buch über deutsche Runen.


Musik:

Auber komponiert „Die Stumme von Portici“, eine französische Oper.


Alltag:

Ein einsamer 16 jähriger junger Mann „Kaspar Hauser“ genannt, taucht auf. (1833 wird er mit 21 Jahren an den Folgen eines Mordanschlages sterben).


1829

Politik und Herrscherhaus:

Am 11. Juni heiratet Prinz Wilhelm von Hohenzollern Prinzessin Augusta von Sachsen-Weimar. Ihr späteres Haus wird das Schloss Babelsberg sein.


Wissenschaft:

Döbereiner erkennt Ähnlichkeiten bei verschiedenen chemischen Elementen und gruppiert diese. (Vorläufer des Periodensystems).

Alexander v. Humboldt unternimmt auf Einladung und Wunsch des Zaren eine Forschungsreise durch West- und Ost-Sibirien.

Der 7. Präsident der USA ist Andrew Jackson (1829 – 1837).


Technik:

J. Ressel erprobt den Antrieb eines Schiffes mit Propellerschrauben. Schon die ersten Erfolge lassen eine wesentliche Verbesserung der Leistung gegenüber den Schaufelrädern erwarten.

Stephensons Lokomotive „The Rocket“ gewinnt am 06. Oktober eine Preisfahrt, ein „Wettrennen“ zwischen den fünf Lokomotiven: „Zyklopenfuß“, „Neuheit“, „Unvergleichliche“, „Ausdauer“ und eben „Rocket“ (die Rakete), bei der vier Maschinen ausfielen. Dieser Wettbewerb fand bei Rainhill statt, um die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Maschinen zu ermitteln. Die Ausschreibungskriterien gaben vor: Kosten pro Lok. Maximal 550 Pfund, Erreichbare Geschwindigkeit mindestens 16 km / h, Zugkraft mindestens 20 t. Stephensons Lok. schaffte ohne Zug 56 km / h. eine noch nie erlebte Geschwindigkeit und mit 20 t Anhängelast 46 km/h. Eine noch nie gekannte Leistung.

Thimonnie, konstruiert eine Kettenstichnähmaschine.

Patente werden auf die Erfindungen „Kugellager“ und „Rollenlager“ vergeben.


Baukunst in Potsdam:

Am 11. September wird als letzter Bau der Colonie Alexandrowka die russisch-orthodoxe Kapelle geweiht.

In den Jahren 1829-32 baut Schinkel „Die Römischen Bäder“ im Park Charlottenhof.

Gegenüber der bestehenden Königsbrauerei, Leipziger Straße 7/8, wird die „Potsdamer Stangenbrauerei Adelung und Hoffmann“ eingerichtet. Leipziger Straße 60


Literatur:

Für zwei Jahre wohnt Heinrich Heine (1797 – 1856) in Potsdam, Hoher Weg 12, bei Handschuhmacher Johann Georg Witte, neben „Acht Ecken“ (Heute Fr. – Ebert – Str. 121. Hier arbeitet er am Teil III seiner „Reisebilder“. 1831 wir er nach Paris weiter ziehen.

Honoroe de Balzac beginnt „Die menschliche Komödie“ zu schreiben – ein frz. Sittenroman.

Wilhelm Grimm befasst sich mit der Darstellung der deutschen Heldensage.

Uhland ist bis 1833 Literaturprofessor an der Universität Tübingen.


Musik:

Rossini komponiert die Musik zu „Wilhelm Tell“.


Erziehung und Bildung:

In Berlin wird das erste öffentliche Museum Europas, das ist eine Altertümersammlung,(„Altes Museum“) eingeweiht.


Das Jahr 1830

Politik.

1830 / 31 Aufstand der Polen gegen die verhasste russische Fremdherrschaft. Dieser scheitert jedoch.

Belgien sagt sich von den Niederlanden los und proklamiert am 04. Oktober 1830 eine eigene Übergangsregierung. (Nach 200 jähriger Trennung waren beide Länder 1815 in einer Union zusammengefasst worden. Erst am Ende des Jahrzehnts erkennen die Niederlande die Unabhängigkeit Belgiens an).

Bedeutender Streik Potsdamer Maurer gegen schlechte Arbeitsbedingungen.

Frankreich erobert Algerien. 27. bis 29. Juli: Revolution in Frankreich, Sturz des Königs Karl X v. Bourbon. Beginn des so genannten Bürgerkönigtums unter Louis-Philippe von Orleans.


Wissenschaft:

R. Brown entdeckt den Zellkern.

F. R. Hugy begründet die exakte Gletscherforschung.

Michael Faraday untersucht magnetische und elektrische Kräfte, das elektrische und das magnetische Feld und elektromagnetische Wellen.

Alexander v. Humboldt beginnt im Potsdamer Schloss Charlottenhof sein Buch „Kosmos“ zu schreiben.


Technik:

Mit der Eisenbahnlinie Liverpool – Manchester beginnt das moderne Eisenbahnwesen. Die Spitzengeschwindigkeit beträgt etwa 45 km/h.

Die Engländer Braithwaite und Ericson erfinden die Dampffeuerspritze zur Brandbekämpfung. Perry und Wise bringen die Schreibfeder aus Federstahl auf den Markt.

J. v. Madersperger entwickelt eine verbesserte Nähmaschine.

Die optische Telegraphielinie Berlin – Koblenz wird in Betrieb gesetzt.

Auf Englands Straßen werden Dampfomnibusse eingesetzt, die sehr großen Reisekutschen ähneln aber ohne Zugtiere fahren. Sie bieten etwa 17 Personen Platz. Mit diesen Omnibussen schlägt die Geburtsstunde des Linienverkehrs.

Im Gedenken an die verewigte Königin Luise von Preußen, wird in England das Segelschiff „Royal Louise“ gebaut und als Geschenk des englischen Königs an Friedrich Wilhelm III. übergeben.


Bauwesen:

Der nunmehr ausgebaute St. Gotthard-Pass wird für den Wagenverkehr geöffnet (Die erste Kutsche fuhr bereits 1775 über die gefährlichen Alpen)


Bauten in Potsdam:

Beginn des Neubaus der 1795 ausgebrannten Nikolaikirche, vorerst mit Satteldach (Schinkel), Grundsteinlegung am 3. September, der 35sten Wiederkehr des Brandtages. Bauabschluss und Kirchenweihe: 1837. Karl Friedrich Schinkel wird Geheimer Oberbaudirektor.


Literatur:

Balzac verfasst die „Tolldreisten Geschichten“, amouröse Begebenheiten der Barockzeit.


Bildung:

Gustav Leopold Kühn (1794 – 1868) gibt in Neu-Ruppin zahlreiche Bildgeschichten auf einzelnen Papierbögen heraus und setzt damit die Tradition fort, die sein Vater Johann Bernhard Kühn bereits 1800 begann. Es handelte sich um kolorierte Drucke von Holzschnitten mit Text und gilt als die erste Illustrierte Deutschlands. Im Jahre 1832 wird die Jahresproduktion der Dreier-Bögen mehr als eine Million Exemplare für das In- und Ausland betragen. Bis 1930 werden etwa 22.000 unterschiedliche Motive/Geschichten gedruckt.

Die Potsdamer Literarische Gesellschaft wird gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören etwa 100 Personen, so auch Theodor Storm, Hofrat Ludwig Tieck, Julius Helmholtz, Karl v. Reinhard, Ernst Haeckel, Philipp Karl Lange, Baldwin Möllhausen, Ernst v. Wildenbruch u. v. a. mehr.


Alltag:

Beginn der amtlichen Wetteraufzeichnungen in Berlin.

Die Cholera breitet sich von Indien kommend nach Westen aus. Ungezählte Menschen erliegen dieser Infektionskrankheit. Innerhalb weniger Jahre erfasst die Cholera fast alle europäischen Länder


Aus dem Jahre 1831

Politik:

Gründung der französischen Fremdenlegion für Kämpfe in Nordafrika.

Prinz Leopold von Sachsen-Coburg-Gotha wird König von Belgien. In Nordamerika, am Fluss Little Bighorn, siegt der Sioux-Häuptling Tatanka Yotanka (sitzender Büffel) mit seinen indianischen Kriegern (vorerst) über das 7. Kavallerieregiment General Custers.


Wissenschaft:

Charles Darwin befindet sich als Teilnehmer auf einer Schiffs-Weltreise (bis 1836) und erforscht u.a. Koralleninseln.

Liebig und Subeiran entdecken das Chloroform. Die erste Chloroformnarkose wird es 1858 in London geben.

Faraday entdeckt die elektrische und magnetische Induktion.


Medizin:

Die Infektionskrankheit „Cholera“ sucht Berlin, Potsdam und Umgebung heim. Der Erreger und auch der Übertragungsweg sind ja noch nicht bekannt. Chlorwasserdämpfe und Chlorlösungen werden vorsorglich angewandt. Der Hof hält sich in Sanssouci auf. Um den Park wurde eine dichte Bretterwand gestellt, damit die Cholera nicht zum Schlosse vordringen möge. Erkrankte werden auf Korbtragen, die mit abwaschbarem Wachstuch überzogen sind, zum Krankenhaus getragen. Ein Träger mit Glocke läuft warnend vor dem Transport her. Beerdigt wird nur nachts. Die Bestatter tragen auch Wachstuch-Kutten über der Kleidung. Zu hohen Kosten werden angeboten: Anti-Cholera-Schokolade, Cholera-Liqueure, Cholera-Mäntel und weiterer „hilfreicher“ Kram. Eine Cholera-Zeitung erscheint.


Technik:

Perkins stellt eine verbesserte Warmwasserheizung vor.

Die elektrische Klingel ist erfunden.


Bauten in Potsdam:

Schinkel beginnt mit dem Bau einer Klinker-Steinbrücke zwischen Potsdam und Berlin, der „Glienicker Brücke“, die 1834 beendet sein wird.


Literatur:

Im Januar stirbt Achim von Arnim.

Heinrich Heine lebt in Paris und schreibt die „Reisebilder

Victor Hugo veröffentlicht „Notre Dame de Paris“.

Ein riesiger Theatererfolg „Robert der Teufel“ von Meyerbeer


Alltag:

1830 herrscht in vielen Orten, so auch in Potsdam, eine Choleraepidemie.


Einige Hinweise zur Zeitgeschichte des Jahres 1832

Politik:

Das Hambacher Fest findet auf Schloss Maxburg bei Hambach in der Pfalz statt. Es ist eine „Verballhornungsfeier“, weil das Volk vorgibt, angeblich die erste Jahreswiederkehr der bayerischen Verfassung König Ludwigs (die nur sehr magere Rechte für das Volk enthielt) feiern zu wollen). Am 27. Mai kamen zu diesem Fest etwa 25.000 – 30.000 demokratische, liberale und republikanische Gäste aus ganz Deutschland und führten und hörten frische und freche politische Reden gegen die Monarchie und sangen die Marseillaise, das Lied der Französischen Revolution. Mit Fahnen in Schwarz-Rot-Gold zogen sie von Neustadt an der Weinstraße zum Berg des Hambacher Schlosses. Die Teilnehmer forderten demokratische Reformen und die Bildung eines deutschen Nationalstaates, eines einheitlichen, liberalen Deutschlands (also mehr Freiheits- und Bürgerrechte). Einer der Aufbrüche für Demokratie in Deutschland. Am 5. Juli 1832 verkündet der Bundestag die Abschaffung der Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit. Es ist die staatliche Reaktion auf das Hambacher Fest, die größte Massendemonstration des liberalen Bürgertums jener Jahre.


Wissenschaft und Technik:

Der optische Telegraph (Station Nr. 4) wird auf dem Telegraphenberg bei Potsdam errichtet und noch im gleichen Jahr wird die Telegraphiestrecke Berlin – Koblenz in Betrieb genommen. Bei günstigem Wetter durchlief ein Telegramm die 61 Stationen in etwa 10 Minuten.

Faraday führt die Begriffe „Elektrische und magnetische Kraftlinien“ ein.

Pixii entdeckt das Dynamoprinzip aber noch ohne wirtschaftliche Anwendung. Diese wird durch Siemens eingeführt. Pixii hat somit aber trotzdem den ersten Stromerzeuger konstruiert.

In Frankreich wird der Wechselstromgenerator entwickelt und funktionstüchtig vorgestellt.


Medizin:

In diesem Jahr herrscht in Hamburg und in Bremen eine Pocken-Epidemie (Blattern).


Bauen in Potsdam und Umgebung:

Es beginnen die Planungen für den Schlossbau auf dem Babelsberg (Schinkel und Lenné).


Wirtschaft:

Jenks entwickelt die Ring-Spinnmaschine.


Literatur:

Johann Wolfgang v. Goethe stirbt am 23. März.


Musik:

Donizetti schreibt die italienische Oper „Der Liebestrank“ und Berlioz die „Sinfonie fastantique“

Der Berliner Komponist Zelter, ein Freund Goethes, stirbt am 15. Mai.


Anmerkungen zur Zeitgeschichte auf das Jahr 1833

Politik:

Im britischen Weltreich wird offiziell die Sklaverei aufgehoben, obschon abzusehen war, dass sich das nicht so plötzlich in die Praxis umzusetzen versprach.

Gründung des „Deutschen Zollvereins“ unter preußischer Führung.


Wissenschaft:

Der Mathematiker Carl Friedrich Gauß (1777 – 1855) und der Physiker Wilhelm Eduard Weber entwickeln den ersten elektromagnetischen Nadel – Telegraphen mit Kabelverbindung zwischen Sender und Empfänger. Der Inhalt des ersten Telegramms: „Michelmann kommt! Michelmann war der Name des Kalfaktors, des Boten zwischen Absender und Empfänger, der nicht verstehen konnte, wie sein Besuch bereits angekündigt werden konnte (telegraphisch eben).

Wheatstone erfindet das Spiegel-Stereoskop.


Technik:

Dreyse konstruiert ein Zündnadelgewehr.

Perrot entwickelt eine Bedruckmaschine für Textilien (Zeugdruck).


Bauen in Potsdam:

In den Jahren 1833 – 1836 entstehen nach Schinkels Bauplänen die „Römischen Bäder“ im erweiterten Park von Sanssouci.

Beginn des Baues des Schlosses Babelsberg für Prinz Wilhelm (2. Sohn, späterer Kaiser Wilhelm und Prinzessin Augusta,) das 1835 eingeweiht werden wird.


Landschafts- und Gartenkunst:

Der Generaldirektor der Königlichen Gärten Peter Joseph Lenné und der Baumeister Karl Friedrich Schinkel formulieren ihren romantischen Plan zu einer Potsdamer Kunstlandschaft (Verschönerungsplan der Umgebung von Potsdam). Schon in diesem Jahr wird begonnen, den „Park Babelsberg“ zwischen Potsdam und Nowawes anzulegen. Dieses Gelände war seit der französischen Belagerung völlig verwüstet. (Die grundlegenden Arbeiten geschehen in zwei Zeitabschnitten: 1834 - 1835 und 1844 – 1849.


Wirtschaft:

Preußen gründet den „Deutschen Zollverein“.

In Potsdam nimmt die erste Dampfmaschine mit einer Leistung von 10 PS den Betrieb auf. Sie dient der am Blücherplatzan nahe der „Alten Fahrt“ (des Havelstroms) liegenden Jacobschen Zuckersiederei.

Simon Stampfer stellt kinomategraphische Effekte mit dem „Lebensrad“ vor.


Literatur:

Brentano schreibt „Das bittere Leiden unseres Herrn Jesu Christi“ und Joseph v. Eichendorff das Lustspiel „Die Freier“. Puschkin dichtet „Eugen Onegin“ und „Der eherne Reiter, ein Epos auf Peter den Großen.


Erziehung:

Es stirbt der Direktor des Seminars für die Stadtschulen Berlins, Herr Diesterweg.

Johann Hinrich Wichern gründet in Hamburg-Horn „das Raue Haus“, eine Erziehungsanstalt, als Ersatz der Elternhäuser für Waisen und schwer erziehbare Kinder. Es ist die erste Einrichtung dieser Art.


Hinweise zur Zeitgeschichte im Jahr 1834

Politik:

In Spanien wird die Inquisition aufgehoben.


Technik:

Hun konstruiert eine Schiffchen-Nähmaschine. Den ersten brauchbaren Elektromotor baute der in Russland wirkende Physiker Moritz Hermann Jacobi (siehe auch 1867).


Bauwesen:

Karl Friedrich Schinkel erhielt den Auftrag, ein prinzliches Schloss auf dem Babelsberge bei Nowawes zu entwerfen. In diesem Jahr ist nun Baubeginn. Ein Jahr später wird die Einweihung stattfinden.Darüber hinaus ist er im Laufe der Zeit mit etwa 50 weiteren Baukunstwerken befasst. Ein unglaubliches Arbeitspensum. Peter Joseph Lenné bettet die Schinkelschen Bauwerke in einzigartige Landschaftsparkanlagen ein.

Die ehemalige Preußische Prinzessin Charlotte, inzwischen Zarin Alexander Fedorowna, Ehefrau des Zaren Nikolaus, eröffnet die Glienicker Brücke. Diese besteht aus 10 Bögen roter Hartbrandziegel und ist 173 m lang.


Literatur:

Edward Lytton Bulver (1803 – 1873) schreibt den englischen Roman „Die letzten Tage von Pompeji“, Puschkin: verfasst „Pique Dame“ und Thomas Moore: „Irische Melodien“.

Kunst:

In Potsdam wird der Potsdamer Kunstverein gegründet.


Alltag:

Der als exzentrisch bekannte Hermann Fürst von Pückler-Muskau (Branitz) fliegt mit Heißluftballons, unternimmt Weltreisen, besucht Spielkasinos und fuhr kürzlich in Berlin vor dem Cafe Kranzler in einer Kutsche vor, die von vier weißen Hirschen gezogen wurde. Auch kaufte er neulich auf einem Kairoer Markt einen Afrikaner und eine arabische Prinzessin. So sagt man. 1871 wird er sein märchenhaftes Erdendasein beenden.


Ausgewählte Positionen zur Zeitgeschichte 1835

Politik:

Beginn des Victorianischen Zeitalters.

Verbot der liberalen Bücher des „Jungen Deutschland“.


Wissenschaft:

Faraday findet die Selbstinduktion von Drahtspulen. Der Halleysche Komet erscheint wie vorausberechnet wieder. Zwischen 1835 und 39 erforschen Robert und Richard Schomburgk das Land Britisch-Guayana und den Orinoko. (Hoffentlich denken sie auch dabei an die unvergleichlichen Leistungen des Alexander v. Humboldt).


Technik:

Herr Colt entwickelt den Revolver.

Morse stellt einen elektromagnetischen Schreibtelegraphen vor.

Überall in England werden Bahnen gebaut, die von Maschinen mit Wasser und Dampf geschwind durch die Landschaft gezogen werden – schneller und viel ausdauernder sogar als es die besten Pferde könnten. Die Leute mutmaßen, ob man schwindlig würde, einem die Luft wegbliebe, wenn man sich solchen Wagen anvertraute, da man mit etwa 40 km/h wohl zu schnell führe, als dass es der menschliche Körper aushalten könne. Bei dieser Abwägung liefen selbst ärztliche Meinungen weitgehend auseinander. Dessen ungeachtet wird in diesem Jahr die erste Eisenbahn in Deutschland fahren. Dafür vorbereitet ist die Strecke von Nürnberg nach Fürth – ein 6,5 km kurzer Gleisstrang. Die Lokomotive „Adler“ wird den Zug ziehen, die von der Stephensonschen Fabrik für 24.000 Mark gekauft wurde. Der „Jungfernstart“ wird am 17. Dezember sein.


Bauten in Potsdam:

Für die Söhne des Königs wurden folgende Häuser eingerichtet: Charlottenhof: 1825, Glienicke 1829, Babelsberg 1835. König Fr. Wilhelm III genehmigt endlich den jetzigen Entwurf von Schinkel und Rauch für das Reiterstandbild Friedrich II, des Großen, das später hauptsächlich in Berlin „Unter den Linden“ steht, aber 100 Jahre später für einige Jahrzehnte auch im Hippodrom des Parks von Sanssouci „Urlaub von Berlin“ machte.

Bauten in Potsdam:

Am Luisenplatz entsteht ein roter Backsteinbau von Hampel, als künftige Ulanen-Leibgendarmerie-Kaserne.


Literatur:

Hans Christian Andersen schreibt Märchen und Geschichten (bis 1872).

Bettina v. Arnim veröffentlicht den autobiografischen Roman: „Goethes Briefwechsel mit einem Kinde“.

Georg Büchner schreibt “Dantons Tod“ und flieht in die Schweiz.

Die obrigkeitskritischen Werke Heinrich Heines werden verboten. Er selbst wird im Exil in Paris leben.


Soziales:

V. A. Huber greift das Problem des (oft unwürdigen) Wohnens der Arbeiter in Preußen auf.


1836

Politik:

Das Todesurteil für Fritz Reutter wegen aktiver Mitgliedschaft in einer Burschenschaft wird in Festungshaft umgewandelt (bis 1840).


Wissenschaft:

K. F. Schimper begründet die moderne Eiszeitforschung.

Theodor Schwann entdeckt das eiweißverdauende Pepsin.

Dänische und deutsche Forscher beginnen die wissenschaftliche Vorgeschichtsforschung und unterscheiden dabei Stein-, Bronze- und Eisenzeit.


Technik / Maschinenbau:

Pentzoldt entwickelt die Zentrifuge zum Trennen von Stoffen unterschiedlicher spezifischer Masse, mittels der Rotationsgeschwindigkeit.

M. H. Jacobi entwickelt die Galvanoplastik.

Die zweite deutsche Eisenbahnlinie, diesmal eine Fernstrecke von Leipzig nach Dresden wird mit englischen Lokomotiven und der ersten deutschen Lok „Saxonia“ betrieben. Konstrukteur der Lok ist Herr Prof. Johann Andreas Schubert von der Polytechnischen Schule in Dresden. Die Lokomotive wurde in der Maschinenbauanstalt in Übigau hergestellt und erreicht 45 km/h.


Baukunst in Potsdam:

Der Geograph Carl Heinrich Berghaus zieht nach Potsdam und baut am Brauhausberg in der Schützenstraße seine Geographische Kunstschule, in der Kartographen und Kupferstecher ausgebildet werden sollen. (Leider wir dieses Institut 1848 aus finanzieller Not zusammenbrechen. Er wird 1862 nach Stettin übersiedeln.

Zwischen Potsdam und Glienicke hat die alte Holzbrücke als Verbindung ausgedient. Seit 1831 war die neue steinerne im Bau, die Schinkel konstruiert hatte und die jetzt dem Verkehr übergeben wurde.


Literatur:

Ludwig Tieck schreibt die Novelle „Der junge Tischlermeister“. Arthur Schopenhauer „Über den Willen in der Natur“. Von Wilhelm v. Humboldt erscheint posthum die „Vergleichende Sprachforschung“.


Musik:

Adolphe Adam komponiert den „Postillon von Lonjumeau“, eine französische Oper.

Glinka vertont „Das Leben für den Zaren“, die erste russische Oper.

Richard Wagner heiratet die Schauspielerin Minna Planer (Scheidung 1861).


Alltag:

Frauenmode: Fußfreier Glockenrock, enge Taille, Ärmel oben stark gebauscht und unten sehr eng. Kapott-Hut.


1837

Politik:

Der 8. Präsident der USA (1837 – 1841) ist Martin van Buren.


Wissenschaft:

Der nordamerikanische Historienmaler Samuel Finaly Breese Morse entwickelt eine Methode für die telegraphische Übermittlung von Nachrichten, den ersten brauchbaren Schreibtelegraphen der Welt mit einem vertonten Strich-Punkt-System (kurze und längere Stromimpulse, mit dem zweiseitigen Hebel, der „Morsetaste“ gegeben „di“ und „da“), das auch auf eine Papierrolle geschrieben wird. (Das Morse-Alphabet ersannen allerdings J. Henry und A. Vail, zwei in Mechanik und Elektrik kundige Mitarbeiter von Morse).


Baukunst in Potsdam:

Nahe bei Potsdam, in Richtung Zehlendorf wurde auf der Höhe unweit des Havel-Stromes eine neue Kirche „Nikolskoje“ erbaut.

Die neue Nikolaikirche wird nach knapp 7 Jahren Bauzeit (vorerst mit Satteldach) eingeweiht. Bischof Dr. Neander hielt die Weihepredigt. Bischof Eylert berichtet, dass die Akustik so ungünstig war, dass sich Worte und Töne im Raum verloren, kaum zu verstehen waren. Man hatte die neue Kirche voll andächtiger Erwartung betreten und sie kopfschüttelnd und verdrießlich verlassen. Verärgert soll auch der König die Kirche verlassen und Sabotage gewittert haben. Das änderte sich auch nicht, als nach Schinkels Tod Persius und Stüler die schon geplante Kuppel aufsetzten Für jene bedurfte das Bauwerk zur Stabilisierung die vier Ecktürme, die nachträglich angebaut wurden.


Wirtschaft:

Die zweite deutsche Eisenbahnstrecke Leipzig – Dresden wird eröffnet.

August Borsig (1804 – 1854) gründet in Berlin eine Eisengießerei und Maschinenbauanstalt.


Literatur:

Charles Dickens schreibt „Oliver Twist“. Karl Friedrich Schinkel gab seit 1820 28 Hefte der „Sammlung architektonischer Entwürfe“ heraus.


Musik:

Albert Lortzing komponiert die Oper „Zar und Zimmermann“.


Alltag:

In diesem Jahr gründen die „Berliner Wasserfreunde“ den ersten deutschen Schwimmverein.

Und schon wieder wütet wie vor sechs Jahren eine Cholera-Epidemie in Potsdam.

Der erste private Tierschutzverein wird in Deutschland gegründet.


1838 – Eine Schau durch das Jahr

Wissenschaft:

Bessel gelingt es, eine Fixsternentfernung zu messen. Johann Jacob Tschudi erforscht von 1838 bis 42 das Land Peru

Louis J. M. Daguerre (1789 – 1851) gelingt die photographische Belichtung auf Metallplatten mit lichtempfindlichen Silbersalzen – einer Verbesserung gegenüber den zurückliegenden Versuchen von Niepce.

J. M. Schleiden prägt den Satz, dass alle Pflanzen aus wesensgleichen Zellen bestehen.


Technik:

Januar: Einige Monate vor der Inbetriebnahme der Eisenbahnlinie (Teilabschnitt Potsdam – Zehlendorf) wird eine Eisenbahnwerkstätte auf dem Gelände des Rittergutes Potsdam an der Alten Königstraße (zwischen der heutigen – nach 1945 so benannten – Babelsberger Straße und Friedrich-Engels-Straße) errichtet. Unter der Leitung des Engländers William Turner sind hier auch englische und amerikanische Facharbeiter tätig. Von ihnen werden die ersten Lokomotiven, die zerlegt aus England kamen, montiert und für den Fahrbetrieb instand gehalten. Anfangs werden hier gepflegt und bei Bedarf repariert: 6 Dampflokomotiven (mit je 35 Pferdestärken, die etwa bis zu 40 km je Stunde fahren können). 2 Staatswagen, 42 Personenwagen, 4 Tiertransportwaggons, 8 Bagagekarren. Personal: 2 Schlosser, 1 Schmied und 1 Tischler.

Für die Strecke zwischen Potsdam und Berlin werden in Potsdam, Zehlendorf und Berlin Bahnhöfe gebaut (der in Berlin heißt verständlicher Weise „Potsdamer Bahnhof“. Später wird gegenüber diesem Bahnhof das vornehme „Hotel Esplanade“ errichtet).

Diese erste Eisenbahnstrecke Preußens und damit ihre Stammbahn, zwischen Berlin und

Potsdam geht im Herbst in Betrieb. Vorerst, ab 18. September bis Zehlendorf aber schon einen Monat später, ab 29. Oktober, bis Berlin. Eine rasante Bauzeit die 150 Jahre später mit inzwischen „zeitgenössich modernrer Technik“ kaum möglich wäre.Sie ist die dritte deutsche Linie. Zwar werden anfangs noch englische Lokomotiven der Herren Stephenson and Compagny zu Newcastle on Tyne eingesetzt aber schon vor zwei Jahren baute Johann Andreas Schubert die erste deutsche Lokomotive. Für jede der ersten Fahrten hatte man 300 Billets verkauft. Die Passagiere nahmen in dem Zug mit 16 Wagen Platz, der von den beiden englischen Dampfwagen „Adler“ und „Pegasus“ gezogen wurde. In knapp 22 Minuten war die Strecke Potsdam-Zehlendorf von 3.850 Ruten Länge (14,5 km) zurückgelegt. Die pünktlichen Abgänge der Züge richten sich nach der Uhrzeit der Garnisonkirche zu Potsdam.


Bauen in Potsdam:

In Potsdam an der Großen Fischerstraße, neben der Heiligengeistkirche wird eine Militärschwimmanstalt errichtet.

Der Geo- und Kartograph Heinrich Berghaus richtet in der Potsdamer Schützenstraße (heute: Max-Planck-Straße) seine „Geographische Kunstschule“ ein.


Soziales:

Preußen führt im Jahre 1838 als erster Staat das Kinderarbeitsverbot ein. Das bedeutet Kinder unter 10 Jahren durften nicht offiziell zur vollen Arbeitsleistung herangezogen/vermietet werden.


Literatur:

Beginnend in diesem Jahr, arbeiten die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm an einem allgemeinen, umfassenden Wörterbuch der Deutschen Sprache mit Begriffen aus der Zeit Luthers bis zur Gegenwart (Goethe). Diese Sprachschöpfer haben die deutsche Sprache feurig und lieblich gemacht. Das Gesamtwerk konnten die Schöpfer selbst nicht mehr beenden. Es wurde durch Wissenschaftler-Nachfahren erst 1961(!) mit dem Buchstaben „Z“ geschlossen.

Von Charles Dickens erscheint das Buch David Copperfield


1839

Politik:

Das Arbeiten von Kindern mit einem Alter von unter neun Lebensjahren wird (zumindest für den Einsatz in Fabriken) untersagt.


Wissenschaft:

James Clark Ross unternimmt in den Jahren 1839 bis 42 eine Antarktis-Expedition.

1839 und 1864 unternimmt Franz Wilhelm Junghuhn (1809 – 1864) mehrere Reisen zur und auf der Insel Java.

Goodyear (1800 – 1860) gelingt die Vulkanisierung von Kautschuk zu Hartgummi.

Der Engländer William Henry Fox Talbot (1800 – 1877) unternimmt Versuche des Abbildens von Fotomotiven auf Papier und fordert die Priorität gegenüber Daguerre. Außerdem erfindet er das Negativ-Verfahren, das mehrere Kopien einer Aufnahme ermöglicht.

Schann entdeckt den Kern der tierischen Zelle.


Technik:

Bischof entwickelt die Gasfeuerung.

C. A. Steinheil gelingt es, elektrische Uhren zu produzieren.


Bauen:

Karl Friedrich Schinkel wird zum Oberlandesbaudirektor ernannt.


Malerei:

Ludwig Richter zeichnet den „Bergsee im Riesengebirge und Spitzweg „Der arme Poet“.


1840, verschiedenes aus diesem Jahre

Politik:

Der König Friedrich Wilhelm III. stirbt am 07. Juni 1840 mit 70 Jahren. Fr. Wilhelm III, preußischer König seit 1797 (geb. 1770), der Ehemann von Königin Luise, ist nicht mehr. Nachfolger ist sein ältester Sohn Friedrich Wilhelm IV. (regierender König bis 1858, wegen Erkrankung. Ableben 1861). Dieser interessiert sich jedoch weder fürs Militär noch fürs Regieren. Er ist „Der Künstler auf dem Thron“, der lieber Architekt geworden wäre. Es lebe der König.

Die Arbeiter der Potsdamer Gewehrfabrik streiken gegen die geringen Löhne. In diesem und in den Folgejahren gehen viele Handwerker Bankrott. Nowaweser Weber unterliegen der billigeren ausländischen Konkurrenz.


Wissenschaft:

J. Petzval berechnet und schleift das erste Fotoobjektiv.

Boris Semjonowitsch Jacobi (früher eigentlich Moritz Hermann), geb. am 21.09.1801 in Potsdam, Sohn des jüdischen Kaufmanns Simon Jacobi, entwickelt die Galvanoplastik / Galvanostegie (später Galvanotechnik genannt) in Dorpat (heute Tartu/Estland) zeitgleich aber unabhängig von Thomas Spencer in Liverpool. Jacobi hatte später auch große Erfolge in der Elektrotechnik und Telegraphie. Er hatte in Berlin und Göttingen Architektur studiert, in Potsdam, Königsberg und Dorpat gearbeitet. 1834 baute er einen ersten Elektromotor, der ihm 1835 den Ehrendoktortitel der Universität Königsberg einbrachte. Weitere Stationen: Uni Dorpat, Professor für Architektur. In St. Petersburg 1838 Hofrat, 1852 Wirklicher Staatsrat.1836 Heirat mit Anna Grigorjewna Kochanowskaja, mit der er acht Kinder hatte.

Am 27. Februar 1874 stirbt er.


Medizin:

Dr. Karl Basedow (1799 – 1854) beschreibt die nach ihm benannte Krankheit.


Technik:

In diesem Zeitraum wird der fotomechanische Apparat und damit das Fotografieren von Daguerre erfunden.


Baukunst in Potsdam:

König Friedrich Wilhelm IV. lässt seiner jungen Ehefrau Elisabeth (v. Wittelsbach) an der Moorlake ein Forsthaus in bayerischer Manier errichten, damit sie sich heimischer fühle (das jedoch später in eine Ausflugsgaststätte umgenutzt wird).


Wirtschaft:

Postwesen – am 1. Mai wird die Brieffrankatur mit Briefmarken eingeführt; die erste Briefmarke der Welt, der „Black Penny“ erscheint. (siehe auch 1849)

Die Spielwarenindustrie erlebt ihre erste Blüte


Kunst:

Eine neue Stilepoche von 1840 bis 1860: Der weiterentwickelte Hochklassizismus begründet durch die Schinkelschüler und König Friedrich Wilhelm IV.


Literatur:

Bettina v. Arnim schreibt das biographische Werk „Die Günderode“, Hoffmann v. Fallersleben die „unpolitischen Lieder“.


Malerei:

Der von Statur kleine aber ansonsten große Künstler Adolf Menzel malt Bilder zur Geschichte Friedrich des Großen.

Von diesem Jahr an gestaltet Fürst Hermann v. Pückler die Gartenanlagen um das Schlossgelände nahe dem Babelsberg, bis 1855 der Park als fertig gestaltet gilt.


Musik:

Robert Schumann heiratet Clara Wieck, die als Pianistin seine kompositorischen Werke verbreiten wird.


Erziehung:

Der erste allgemeine Deutsche Kindergarten, den Friedrich Fröbel 1837 in Blankenburg/Thüringen gegründet hatte, wird nach Keilhau verlegt.

Erste Arbeiterbildungsvereine entstehen in Deutschland.


Mode der Dame:

Die Krioline wird als Rock getragen, der sich bis 1860 zum Ungetüm des Reifrock auswächst.


Natur:

In Deutschland werden in diesem Jahr zum ersten Mal Lupinen ausgesät.


Was geschah unter anderem im Jahre 1841?

Politik:

Die Potsdamer Garnison zählt 6.700 Soldaten.


Wissenschaft:

Bessel bestimmt die genauere Erdgestalt. Braid entdeckt die Hypnose.

Kölliker belegt: Samenfäden sind die Träger zur Befruchtung des Eies.

James Clark Ross weist Land jenseits des südlichen Polarkreises nach, was bereits von James Cook vermutet wurde. Das Schweißen mit Gas und Sauerstoff wird eingeführt.

Archäologen entdecken auf der Halbinsel Yucatán (Mexiko) die Ruinenstadt der Maya und Tolketen Uucyabanal (Maya-Sprache) bzw. Chichén Itzá (Tolketen-Sprache).aus dem 10. Jahrhundert. Außer Wohnbauten werden auch Tempel (Pyramidentempel des Gottes „Gefiederte Schlange“) mit einer Grundfläche von 55 x 50 m, 30 m hoch und ein Observatorium freigelegt. (Siehe auch Hinweise zu den Jahren 918 und 987).


Wirtschaft:

Die Borsig-Schwermaschinenfabrik in Berlin liefert die erste Lokomotive am 24. Juni 1841. In Anwesenheit des Königs Friedrich Wilhelm IV. wurde das „Dampfross“ eingeweiht. Beim Leistungswettbewerb der Lokomotiven auf der neuen Bahnstrecke zwischen Berlin und Jüterbog gewinnt die Lokomotive, die August Borsig konstruierte, vor den englischen Modellen.

In England wird die Norm für ein Schraubengewinde nach Witworth eingeführt.


Bauen in Potsdam:

Tod Karl Friedrich Schinkels am 9. Okt. 1841 (geb. 13. März 1781).

Friedrich August Stüler, geb. 1800 in Thüringen, einer der besten Schüler Schinkels, baut die Sacrower Friedenskirche. Er und Friedrich Ludwig Persius, geb. ca. 1803, gest. 1854 mit 42 Jahren, werden von Friedrich Wilhelm IV. als architektonische Doppelbesetzung in der Nachfolge Schinkels benannt, gefolgt von Johann Heinrich Strack (1805 – 1880) als weiterem sehr guten Schinkel-Schüler. Dieser baute u.a. die Berliner Siegessäule.

Persius vollendet die Nikolaikirche, nun mit Kuppel, für die Borsig das Eisengestell lieferte. (4 Jahre Bauzeit).

An der Neustädter Havelbucht wird ein Wasserwerk für Sanssouci gebaut, in der Form einer islamischen Moschee mit Minarett, die im Folgejahr fertig gestellt wird. Versuchsweise und erfolgreich wird mit dieser neuen Pumpenanlage die Großen Fontäne gespeist.

Bau des kleinen weißen Schlosses am Tiefen See nahe dem Babelsberg gelegen.


Literatur:

Joseph v. Eichendorff schreibt die Novelle „Die Glücksritter“ und Hebbel das Schauspiel „Judith“.


Musik:

Herr A. Sax erfindet das Saxophon.


Alltag:

In Berlin wird der Zoologische Garten eingeweiht.


Anmerkungen zur Zeitgeschichte im Jahr 1842

Politik:

König Friedrich Wilhelm IV von Preußen stiftet die Friedensklasse des Pour le mérite -Ordens. Pour le mérite (bedeutet: Für den Verdienst“). Die hier eingerichtete „Friedensklasse“ vergibt den Orden für besondere Leistungen in Wissenschaft und Kunst, als Gegensatz zum gleichnamigen Orden aus der Zeit des preußischen Königs Friedrich II., als dieser Orden ausschließlich für „militärische Heldentaten“ vergeben wurde.


Wissenschaft:

Darwin arbeitet an der Abstammungslehre, Schönbein entdeckt das Ozon.

Charles Goodyear zeigt in Amerika seine Erfindung des vulkanisierten Kautschuks in der Öffentlichkeit. Gummischuhe werden von ihm geplant, später dünne Gummihandschuhe für die Medizin. 1844 erhält er vom Patentamt die Bestätigung, Kautschuk-Latex-Milch über Hitze-Vulkanisation zu haltbarem Gummi zu verarbeiten. Zeltplanen und wasserdichte Kleidung sind seine nächsten Ziele. Die wichtigste Erfindung: Er will diesen mechanisch empfindlichen Kautschuk in haltbare Autoreifen umformen.

Julius Robert Meyer stellt den Satz von der Energieerhaltung auf.


Technik:

Rasmyth entwickelt einen Dampfhammer.

Bauwesen:

Am Kölner Dom soll bis zur Vollendung weiter gebaut werden. Für diesen großen Entschluss wird nochmals ein Grundstein gesetzt.


Bauten in Potsdam:

In den Jahren 1842 –1845 wird der Wildpark bei Sanssouci angelegt. Die knapp 50 Jahre alte Meierei am Jungfernsee wird in den normannischen Stil umgebaut und dient jetzt auch gleichzeitig als Wasserwerk für den Neuen Garten.

Errichtung des Matrosenhauses im Schlosspark Babelsberg, eine Verkleinerung der Schaufassade vom Stendaler Rathaus.


Literatur:

Annette v. Droste-Hülshoff schreibt: „Die Judenbuche“, Gogol „Die toten Seelen“.

Karl Marx ist Chefredakteur der „Rheinischen Zeitung“, die besonders linksliberale bürgerliche Leser bedient.


Musik:

Glinka komponiert: „Russlan und Ludmilla“, eine russische Oper, Albert Lortzing „Der Wildschütz“ und Richard Wagner die Oper “Rienzi“.


Alltag:

Als neuer Gesellschaftstanz kommt die Polka auf.

Am 4. / 5. Mai 1842: Der große Brand in Hamburg.


Hinweise zur Geschichte des Jahres 1843

Wissenschaft:

Der deutsche Arzt Galle entdeckt den Planeten Neptun.


Technik:

Vierzehn Jahre nach Alexander v. Humboldt beginnt Alexander v. Middendorf (1815 – 1894) eine Forschungsreise durch Nord- und Ostsibirien, durch die „ewige Gefrornis“.

Cooke entwickelt das Blocksignalsystem für das Eisenbahnwesen.

Talbot gelingt die erste fotografische Vergrößerung.


Bauten in Potsdam:

In den Jahren 1843 – 1850 erhält die Nikolaikirche die gewaltige Kuppel, wie sie Schinkel und Bramante vorsahen. Um die enormen Kräfte der aufliegenden Last aufnehmen und in den Baugrund weiterleiten zu können, erhält der würfelförmige Bau an den Ecken Glockentürme als Widerlager. Die Höhe der Innenkuppel beträgt 53 m. Die Außenkuppel besteht aus einem Eisengerüst der Fa. Borsig und wurde mit Kupferblech beschichtet.


Literatur:

Heinrich Heine dichtet: „Deutschland, ein Wintermärchen“.


Naturschauspiele:

Am Tages-Himmel ist ein heller großer Komet mit langem Schweif dicht neben der Sonne zu sehen. Später wird man errechnen, dass er, aus Eis Schmutzpartikeln und kondensierten Gasen bestehend, nicht mehr als 1 km im Durchmesser maß. Zu sehen war er eigentlich nur wegen seines Schweifs, dessen Länge auf 330 Millionen Kilometer geschätzt wurde. Das Schauspiel begann am 27. Februar und erreichte seinen Höhepunkt in der Helligkeit am 7. März.


Aus dem Jahre 1844

Wissenschaft:

Der Preuße Friedrich Wilhelm Ludwig Leichhardt geb. 23. Okt. 1813 in Trebatsch bei Beeskow, Philologe und Naturwissenschaftler, will ab 1841 (mit 28 Jahren) den australischen Kontinent erforschen. Mit einer etwa achtköpfigen Truppe (sechs europäische Forscher und zwei Einheimische) sowie einer Anzahl von Tragtieren unternimmt er mehrere kürzere Forschungsreisen. Zu einer großen Tour bricht er im Juni 1844 in Brisbane im Osten auf, um in Küstennähe in den Norden nach Port Essington zu gelangen. Seine Ost-Nord-Route wird 4.500 km lang sein. Der Kompass geht unterwegs entzwei; Umwege müssen in Kauf genommen werden. Unter vielen Entbehrungen, Hunger und Durst, einem Aborigines-Überfall, bei dem ein Forscher getötet wird, die anderen verletzt werden, erreicht die Gruppe im September 1845 Port Essington. Dort erholen sie sich vier Wochen, um dann mit einem Schoner nach Sydney zu segeln.

Bald bereiten sie jedoch die nächste Expedition vor. Die neue Route soll von Brisbane im Osten quer durch den Kontinent nach Westen führen und wird damit etwa doppelt so lang sein, wie die erste Strecke. Die große Simpson-Wüste (halb so groß wie Deutschland) sollte nördlich umgangen werden. Die Strecke war trotzdem sehr beschwerlich. In den ersten Monaten wohl ab Dezember 1847 legte die Forschergruppe bis April 48 etwa 800 km zurück. Leichardt schrieb am 03. April 1848 einen Brief (wie üblich in Englisch, dies war das letzte Lebenszeichen der acht Personen starken Expedition mit vielen Tragtieren). Seither galten sie als verschollen, wurden für tot erklärt, nachdem verschiedene Suchgruppen erfolglos zurückkamen. Erst 1912 wird ein Gewehrbeschlag aus Metall mit seinem eingravierten Namenszug am Rande der Simpson-Wüste gefunden aber der genaue Fundort nicht gekennzeichnet, um das Gelände durch Spezialisten genauer untersuchen zu können. So blieb unbekannt, ob die Forscher vielleicht in der Regenzeit ertranken? Gab es eventuell eine Meuterei, verletzten sie vielleicht unwissend ein Tabu und wurden von Eingeborenen mit einem Massaker bestraft? Kamen Sie durch Wildtiere um? Das alles bleibt offen. In Australien werden seine Forschungen bis ins 21. Jahrhundert sehr beachtet und geehrt werden. Deutschland hat seinen Sohn dagegen fast vergessen. Verschiedene frühere Reiseberichte wurden posthum herausgegeben.


Wirtschaft:

In diesem Jahr 1844 hat ein Dresdener Konditor (Ferdinand Wilhelm Hanke), das Rezept für das „Knusper – Alphabet“ unter dem Namen “Russisch Brot“ gelüftet. Er hatte es mit von der Walz’ aus Sankt Petersburg in Russland mitgebracht – dort geriet es im Laufe der Zeit aus der Mode und in Vergessenheit. In Deutschland aber ist es nach wie vor bekannt. Vorausschau: Im Jahre 2005 wird es Hartmut Quendt, ebenfalls ein Sachse, nach Russland an seinen Ausgangsort zurückbringen. Dort in Russland wird dieses „unbekannte Gebäck“ gern wieder angenommen.

1844 – 1929 besteht das Gasmotorenwerk des Carl Benz in Mannheim.


Soziales:

Aufstand der schlesischen Weber, wegen der Hungersnot, wegen des sozialen Elends.


Kunst / Musik:

In Berlin wird die Oper „Der fliegende Holländer“ von Richard Wagner vom Publikum mäßig aufgenommen.


1845

Wissenschaft:

Starr erregt Aufsehen mit einem elektrischen Glühlicht.


Technik:

Heilmann stellt eine Kämm-Maschine vor.


Bauten in Potsdam:

Die Friedenskirche wird (bis 1848/50) am Eingang von Sanssouci, Am Grünen Gitter, nach Entwürfen von König Friedrich Wilhelm IV und Persius gebaut (100 Jahre nach dem Schloss Sanssouci), mit der Statue des einladenden Christus von Thorwaldsen als dominierender Schmuck. Sie wird zur neuen Hofkirche werden.

Im Bau war seit 1841 die Heilandskirche in Sacrow. Nun ist sie fertig.

In den Jahren 1845 bis 1849 erhält der Palast Barberini „Am Alten Markt“ zwei große Seitenflügel.

Auf dem Ruinenberg wird zusätzlich ein Turm „der Normannische“ errichtet.

Im Park von Sanssouci wird es erstmals Wirklichkeit: Die Große Fontaine steigt 36 m hoch, nachdem das Dampfmaschinenhaus, die Moschee, von 1843 – 45 errichtet und mit einer Dampfmaschine von Borsig ausgestattet wurde..



Das Jahr 1846

Wissenschaft:

Der deutsche Astronom Gottfried Galle findet am 23. September 1842 den zweitäußersten bläulichen Planeten Neptun. Der viertgrößte Planet unseres Sonnensystems ist von der Sonne etwa 4,5 Milliarden km entfernt. Bis er die Sonne einmal umrundet hat, vergehen fast 165 Jahre.

Schönbein erkennt den Nutzen von Schießbaumwolle.

In Berlin wird das Meteorologische Institut gegründet.


Medizin:

Am 16. Oktober 1846 führt in Boston Dr. Morton eine Operation durch, bei der zum ersten Male eine Äthernarkose angewendet wird. Natürlich gab es auch schon Versuche mit Lachgas. Zuvor aber fanden die chirurgischen Eingriffe bei vollem Bewusstsein statt, mitunter etwas durch Alkohol gedämpft oder aber man freute sich oder der Patient war dankbar, wenn er in Ohnmacht fiel.


Technik:

Beginn des Baues der Magdeburg – Wittenbergischen Eisenbahn.


Gartenkunst:

In Berliner Osten entsteht ein großer öffentlicher Park, der „Friedrichshain“, als Gegenstück zum bereits bestehenden „Thiergarten“ im Westen.


1847

Politik:

König Friedrich Wilhelm IV. löst am 26. Juni 1847 den Vereinigten Landtag, das erste gesamtpreußische Parlament auf, weil wichtige Beschlüsse nach seiner Meinung immer wieder verschleppt worden seien. So hatte der Landtag auch die 25.000.000 Taler - Anleihe zum Bau der Ostbahn (Berlin – Königsberg/Ostpreußen) nicht bewilligt.


Wissenschaft:

Die Zwischenzeit von der Entwicklung der Narkose (um 1846) bis zum späteren Siegeszug von Hygiene, Antisepsis und Asepsis hätte nicht drei Jahrzehnte und länger dauern brauchen, denn es gab Menschen, die die Ursache von Wundinfektion und Infektionsübertragung bereits kannten. Zu ihnen gehörte der in Wien lebende Deutsch-Ungare Dr. Ignaz Semmelweis (Gynäkologe), doch auch er wurde mit seinen Theorien zur Sauberkeit (Reinigung / Desinfektion der Hände mit Chlorwasser) genauso von den Professoren der etablierten Lehrauffassung verlacht, wie damals Horace Wells bei Versuchen mit der Lachgasnarkose, um den Menschen bei der Operation Angst und Schmerzen zu nehmen.

Semmelweis hatte sein Medizinexamen 1846 abgelegt und führte 1847 die Chlorwasserwaschungen der Hände ein. Eine generelle vorbeugende Maßnahme gegen sogenannte „Miasmen“, die in der Luft vorhanden seien, sich auf Wunden und auf die Hände des Personals setzen, denn als Erreger sind ja Bakterien noch nicht erkannt, noch nicht sichtbar gemacht. Er kämpft gegen Unsauberkeit. Seife und Handbürste halten zumindest in seiner Klinik Einzug. Und Erfolge bei der Bekämpfung des Kindbettfiebers und anderer Wundinfektionen geben ihm Recht. Allerdings stirbt Semmelweis am 14. August 1865, erst 47jährig, an einer Sepsis nach einer Leichensektion.


Werner Siemens (1816 – 1892) eröffnet gemeinsam mit dem Mechaniker Johann Georg Halske eine kleine Fabrik in Berlin, für mechanische Arbeiten, Umsetzung (eigener) Erfindungen, Elektroentwicklungen, Telegraphenbau.


Wirtschaft:

Die Eisenbahnstrecke Berlin-Potsdam wird mit emsiger Bautätigkeit bis nach Magdeburg weitergeführt.


Zur Zeitgeschichte des Jahres 1848

Politik:

1848/1849: Bürgerlich demokratische Revolution in Deutschland und Österreich mit dem Ziel einer demokratischen Verfassung, der eine erneute Phase der Restaurierung folgte. Es gab in diesem Revolutionsjahr verschiedene politische Unruhen, die sich gegen die Monarchien richteten. So ab 25. Februar in Paris, ab 18. März in Berlin Barrikadenkämpfe (die Märzgefallenen) und anschließend auch in Sachsen, Baden, Bayern und Österreich. Die bürgerliche Revolution erfasst auch Potsdam. Kopf des „Patriotischen Vereins“ ist hier der junge Rechtsreferendar Maximilian Dortu.


Am 21. April die „Kartoffelrevolution“ in Berlin, da die Lebensmittelpreise drastisch anstiegen. Oft wissen die Erwachsenen nicht, wie sie ihre Familien sättigen sollten.

In Köln gründeten Marx, Engels, Wolff, Freiligrath und Weerth die „Neue Rheinische Zeitung“. Es erscheint das „Kommunistische Manifest“ von Marx und Engels.

Bismarck gründet die „Neue preußische Zeitung, ein konservatives Blatt. Das politisch-satirische Witzblatt „Kladderadatsch“ erscheint.

Am 18. Mai tagt die erste Deutsche Nationalversammlung (in der Paulskirche – dem größten Versammlungsraum – zu Frankfurt am Main). Aus dieser Nationalversammlung erarbeiten namhafte Abgeordnete wie Ernst Moritz Arndt, Robert Blum, Jakob Grimm, v. Ketteler, Vischer und andere, einen Verfassungsentwurf aus.

Der Sozialistische Juniaufstand in Paris wird niedergeschlagen.

Joseph Graf von Radetzky (1766 – 1858, 92 J) stellt die österreichische Herrschaft in Oberitalien wieder her.

Am 05. Dezember entmachtet der König Friedrich Wilhelm IV. das Potsdamer Parlament. In der Nationalversammlung wird am 21. Dezember1848 das Gesetz über die Grundrechte des Volkes verabschiedet. Gleichheit aller vor dem Gesetz, Aufhebung der Standesvorrechte und auch die Meinungsfreiheit werden darin verankert.

Max Dortu wird als Major der badischen Armee wegen seiner Revolutionsaktivitäten im Folgejahr zum Tode verurteilt und in Wiehre bei Freiburg im Breisgau erschossen. Auch Robert Blum, ein linker Demokrat, Abgeordneter, wird erschossen (39 Jahre alt).

In Deutschland hat der Arbeitstag (auch für junge Leute) etwa 14 – 16 Stunden. Arbeitervertreter fordern den 12-Stunden-Arbeitstag.


Wissenschaft:

Vom Berliner Meteorologischen Institut (vor zwei Jahren gegründet), wird der erste deutsche Wettervorhersagedienst organisiert.

Die Wissenschaftler Bond und Lassel entdecken den achten Saturnmond.

R. Böttger entwickelt Sicherheitszündhölzer.

Hancock versucht seine erste Blinddarm-/ Wurmfortsatzoperation. Eine Cholera-Epidemie durchzieht Europa.



Technik:

Das mit Spiritus beheizte Bügeleisen kommt auf den Markt.


Bauten in Potsdam:

Der Palast Barberini, der in seiner Straßenfront seit 1771 besteht, erhielt jetzt nach längerer Bauzeit zwei Seitenflügel angesetzt, die hinunter zur „Alten Fahrt“ der Havel führen.

Auf dem Pfingstberg, dem früheren Eich- oder Judenberg, wird bis 1852 ein Belvedere errichtet. Es wird jedoch aus Geldmangel unvollendet bleiben.

Die Mühle des Herrn Rehnitz am Babertsberge brennt ab. Ab 1856 wird an dieser Stelle der Flatow-Turm errichtet.


Erziehungswissenschaften / Religion:

Johann Hinrich Wichern (1808 – 1881) ist Mitbegründer der evangelischen „Inneren Mission“.


Literatur:

Es stirbt im Alter von 51 Jahren Annette von Droste – Hülshoff, die große deutsche Dichterin.

Von Charles Dickens erscheint das Buch „Oliver Twist“.


Malerei:

A. v. Menzel schafft das Gemälde „Aufbahrung der Märzgefallenen“.


Das Jahr 1849

Politik

Die Nationalversammlung möchte in der Frankfurter Paulskirche König Friedrich Wilhelm IV. zum deutschen Kaiser wählen. Er jedoch weist dieses huldvolle Angebot brüsk ab, da das Volk keine Krone zu vergeben habe, sondern König- und Kaisertum als von Gottes Gnaden vererbt werden, sofern man sich nicht selbst die Krone aufs Haupt setzt.

Der Potsdamer Revolutionär und badischer Major Max Dortu wird in Freiburg im Breisgau zum Tode verurteilt und im nahen Wiehre erschossen. Die Revolution der einfachen Bürger auch in Baden und in der Pfalz (eintreten für eine Reichsverfassung) wird niedergeschlagen. Prinz Wilhelm wird wieder als Kartätschenprinz wirksam.

Es tobt der Freiheitskampf nun auch in Ungarn. Dort fällt auch der 26jährige Dichter Alexander Petöfi. Richard Wagner beteiligt sich am Maiaufstand in Dresden, flieht nach Zürich und bleibt dort bis 1858. Der Deutsche Turnerbund wird aufgelöst.


Wissenschaft:

Der junge Arzt Pollender sah unter dem Mikroskop „Stäbchen“ im Blut von Schafen, die an Milzbrand gestorben waren und er vermutete darin eine mögliche Ursache der Krankheit. Er wurde jedoch von der „wissenschaftlichen Lehrmeinung“ nicht ernst genommen. Erst 30 Jahre später wird Robert Koch (1880) die erneute Beweisführung antreten. Das Lichtmikroskop wurde um 1600 erfunden.

Alexander v. Humboldt (1769 – 1859), Mitglied der Akademie der Wissenschaften, gehörte zur Potsdamer Hofgesellschaft, war Kammerherr und Vorleser in der Königlichen Familie. Für wissenschaftliche Arbeiten, seinem Hauptlebensinhalt blieben leider nur die Nachtstunden. Diesen Zustand wird er ändern. A. v. Humboldt wohnte im Stadtschloss Am Alten Markt. 1849 wurde er Ehrenbürger von Potsdam.

Fitzeau misst die Lichtgeschwindigkeit auf einer kurzen Strecke von 8,3 km.


Technik:

Der Amerikaner Hunt erfindet die Sicherheitsnadel. Sie wird sich als enorm wichtig erweisen – ähnlich wie die Büroklammer, die allerdings, in häufiger geänderten Formen, schon bei den Sumerern (3.000 Jahre vor Chr. bekannt war).

Die Telegraphenlinie von Berlin nach Frankfurt (Main) wird in Betrieb genommen.

Die Eisenbahnstrecke zwischen Magdeburg und Seehausen (Altmark) wird am 07. Juli eingeweiht.


Wirtschaft

Die ersten Briefmarken erscheinen ab 01. November in Deutschland. In Bayern: Der schwarze Einser, zu einem Kreuzer, der schwarze Dreier und die Sechsermarke zu 6 Kreuzer.

Am 27. Dezember wird die Gewehrfabrik, die hier seit 1721 bestand, nach Spandau verlegt.


Literatur:

Charles Dickens schreibt: „David Copperfield“.


Musik:

Meyerbeer komponiert die Oper „Der Prophet“.



1850 – 1875: Das Zeitalter der Technik (mit der Nachahmung historischer Stile)

1850 – 1890: Gründerzeit: Es herrschen Pomp und dunkler Plüsch (sichtbar gemachter Neu-Reichtum), schwere Vorhänge, dunkle ornamentale Tapeten, schwere Schnitzereien am Mobiliar, gedrechselte Säulen.


1850

Politik: In diesen Jahren setzt sich der Kapitalismus in den fortgeschrittensten Ländern durch. Preußen gibt sich eine Verfassung – das Staatsgrundgesetz wird in Kraft gesetzt. Das Dreiklassenwahlrecht (ohne Berücksichtigung der Frauen als potenzielle Wählerinnen) wird eingeführt. Es wird in dieser Form bis 1918 Bestand haben.


Wissenschaft und Technik:

Herr Robert Wilhelm Bunsen entwickelt den nach ihm benannten Labor-Gasbrenner.

Rühmkorff baut einen Funkeninduktor. Plücker entdeckt die Kathodenstrahlen.

Die Astrophysik entwickelt sich um 1850 insbesondere der Kenntnis der Spektralanalyse (Kirchhoff und Bunsen).

Das erste Veloziped (Fahrrad) mit Tretkurbeln am großen Vorderrad wird gefertigt.

Heinrich Barth geht auf eine große Sahara- und Sudan-Expedition.

W. Bauer unternimmt Versuche mit einem Tauchboot.

Hermann v. Helmholtz entwickelt den Augenspiegel.

Mc Clure findet eine Nordwestpassage von West nach Ost.


Wirtschaft:

Franz Hermann Schulze-Delitzsch gründet kleingewerbliche Kreditgenossenschaften.

Das erste Telegraphiebüro Berlins wird eröffnet. Hat jemand den Wunsch eine Depesche aufzugeben, muss er sich selbstverständlich mittels seiner Passkarte legitimieren, die Bestätigung zweier Zeugen zum Depeschentext und eine polizeiliche Bestätigung beibringen.

Das erste Seekabel wird durch den Ärmelkanal von Dover nach Calais verlegt.

In Potsdam wird die erste Pferdeomnibusstrecke eingerichtet. Die Linie führt von der Glienicker Brücke durch die Stadt bis zum Bahnhof Wildpark.

August Wichmann, Königlicher Regierungsrat, lässt die Webschule in der Nowaweser Mittelstraße einrichten.

In Sachsen werden erstmals Briefmarken eingeführt (Sachsen Dreier).

Im November beginnt in Preußen „das Zeitalter der Briefmarke“ mit dem Porträt des Königs Friedrich Wilhelm IV.


Bauten in Potsdam:

1850 – 1856 wird „Die neue Orangerie“, eine Königsvilla, als Erinnerung an die Villa der Medici in Rom, auf Befehl Friedrich Wilhelm IV. erbaut (330m lang). Es soll der erste Bau sein, der die Maulbeerallee als Prachtstraße begleitet. Es werden aber keine weiteren Bauten folgen. Ansonsten sind in dieser Zeit Stilwiederholungen üblich; so entsteht beispielsweise die Neogotik.

In Neuendorf wird auf dem Anger vor dem alten Pfarrhaus, von Ziller eine neue Kirche in Form eines Oktogons errichtet. 1852 soll sie fertig sein.


Soziales:

Bei den 23 Millionen Einwohnern der USA werden 3,2 Millionen Sklaven afrikanischer Abstammung gehalten.

Um 1850 galt ein zehnjähriger Junge als volle Arbeitskraft und konnte bis zu 4 Groschen Tageslohn erhalten. Frauen und Mädchen bekamen bis zu 3 Groschen.


Literatur:

Erste Volksbüchereien öffnen in Berlin.


Musik:

Erste Singspielhallen eröffnen für die Darbietungen von Sängern und Artisten

Um 1850 wird die Operette entwickelt. Sie ist die „Kleine Oper“ und gilt anfangs als eine Parodie auf die große Oper. Jaques Offenbach gilt als ihr Begründer.

In Berlin steht zu Ostern „Der Parsifal“ von Richard Wagner auf dem Opernprogramm. Außerdem beendet er den „Lohengrin“. Richard Wagner hält Freundschaft mit Mathilde Wesendonk aus Zürich.


Malerei:

A. Menzel malt das Historiengemälde aus der Zeit Friedrich des Großen: „Tafelrunde in Sanssouci“.


1851

Politik:

Bismarck ist Preußischer Gesandter beim Deutschen Bundestag.


Wissenschaft:

Foucault weist durch Pendelversuche das Rotieren der Erde nach.

Der Physiker Hermann v. Helmholtz erfindet den Augenspiegel. Der geniale Berliner Augenarzt Albrecht v. Graefe arbeitet sehr viel damit.


Wirtschaft:

In Berlin wird die Berufsfeuerwehr gegründet.

Von 1846 bis 1851 entsteht die Göltzschtalbrücke, ein Eisenbahnviadukt bei Reichenbach im Vogtland mit 574 m Länge, aus 26 Millionen Ziegelsteinen errichtet. Der Architekt ist Andreas Schubert.

London richtet die erste Weltausstellung aus. Eine große Sensation ist die riesige Glashalle oder „der Kristallpalast“ von Sir Joseph Paxton gebaut (als Ausstellungshalle und gleichfalls als Exponat). Am 1. Mai wird die Ausstellung von Prinz Albert, dem Ehemann der britischen Königin Viktoria eröffnet. Diese Schau über das Moderne löst international eine Welle des Optimismus und des Fortschrittsglaubens aus. Technisch scheint im Zeitalter der Industrialisierung nun alles möglich.

Das handbetriebene U-Boot von W. Bauers ist im Kieler Hafen gesunken.


Bauen in Potsdam:

In der Schützenstraße am Brauhausberg (heute Max-Planck-Straße) entsteht die Terrassengaststätte „Wackermanns Höhe“.


Kunst:

Das monumentale Reiterstandbild Friedrich II. wird in Berlin „Unter den Linden“ aufgestellt. Die Vorarbeiten hatten 1839 begonnen; verschiedene Vorlagen wurden verworfen, bis die letztgültige Fassung entstand. Der Schöpfer ist Christian Daniel Rauch.

Die italienische Oper „Rigoletto“ von Verdi wird aufgeführt.


Un-Soziales:

Preußen verbietet die Einrichtung von Kindergärten.


Alltag:

Das Baden einiger Städter in Flüssen oder Seen wird als ungewöhnlich empfunden, als etwas, das nur Exentriker täten.


Einige Gedanken zum Jahr 1852

Politik:

Frankreich Louis Bonaparte, ein Neffe Napoleon Bonaparte I, macht sich am 02.12.1852 zum Kaiser Napoleon III (bis Sept. 1870).


Wissenschaft / Geographie:

Der höchste Berg der Erde wurde gemessen, ohne diesen bisher besteigen zu können (siehe 1953). Das Ergebnis: 8848 m hoch ist der Mount Everest an der Grenze zwischen Tibet und Nepal. (Der Berg ist benannt nach dem englischen Generalgouverneur von Indien Sir George Everest, da Indien eine englische Kolonie ist). Auf tibetanisch heißt der Berg Mitiz Gutti Chapu Longua und die Nepalesen nennen ihn Sagarmatha.

Giffard unternimmt Versuche mit einem halbstarren Luftschiff und als Antrieb mit einer 3 PS Dampfmaschine.


Technik:

Der in Potsdamer geborene Herr Jacobi baut einen Elektroantrieb für ein Boot. Er stellt die Gesetzmäßigkeiten für Elektromagnete dar und erfindet einen neuen Telegraphenschreiber.

Sam Fox erfindet das klappbare Metallgestell für einen Regenschirm.


Literatur:

Harriet Beecher-Stowe (1812 – 1896) schreibt als Nordstaaten-USA-Bürgerin den Roman „Onkel Toms Hütte“, gegen die Negersklaverei. Hebbel schreibt das Trauerspiel „Agnes Bernauer“ und Theodor Storm die Novelle „Immensee“. Joseph Meyer gibt das Große Konversationslexikon von 52 Bänden heraus.


Malerei:

Der russische Adel darf am 5. Februar erstmals die Schätze in der Petersburger Eremitage bewundern. Diese wurde nach dem, in den Jahren 1764 – 1767, für Zarin Katharina II (die Große) erbauten kleinem Schloss benannt.


Religion:

Einführung des Kindergottesdienstes in Deutschland.


Mode:

Damen: hellfarbene Kleidung, Reifröcke aus leichten Stoffen, Dekolleté, große flache Hüte mit Sammetbändern und Pleureusen.

Herren: Langes Beinkleid, Gehrock, Zylinder, Frack bei feierlichen Anlässen.


Natur:

Die USA führen Sperlinge aus England ein, um mit deren Hilfe der Raupenplage Herr zu werden.

Die Victoria-regia ist erstmals in Europa (in Hannover) zu sehen. Im Folgejahr wird auch ein Exemplar im Berliner Botanischen Garten zu sehen sein.


Zeitgeschichtliche Rundschau 1853

Politik:

In den Jahren 1853 – 1856 findet Krieg auf der Krim statt. Russische Soldaten kämpfen hier gegen Türken, Franzosen und Briten. Bekannt wird die Schlacht bei Sewastopol. Allerdings kommen noch mehr Soldaten infolge der Cholera um, als bei den Kampfhandlungen.

Ende Dezember trifft der Dichter und Gerichts-Assessor Theodor Storm (1817 – 1888) in Potsdam ein. Storm wohnt nacheinander in der Brandenburger Straße 70, ab 1854 in der Waisenstraße 68 und ab 1856 in der Kreuzstraße15. Ab August 1856 siedelt er nach Heiligenstadt über. Hier in Potsdam schreibt Storm die Novellen „Im Sonnenschein“, „Angelica“ und „Wenn die Äpfel reif sind“. Theodor Storm und Hofrat Ludwig Tieck (1773 – 1853) werden zusammen mit etwa 100 weiteren Personen im Verzeichnis der Potsdamer Literarischen Gesellschaft geführt.

In Preußen wird das Gesetz über die Gewerbeaufsicht erlassen.


Technik:

Krupp entwickelt nahtlose Räder für die Eisenbahn. Pravaz hingegen gestaltet die Injektionsspritze. In London wird jetzt Post (in Kapseln) mit Druckluft durch eine Rohranlage geblasen.


Bauen in Potsdam und Umgebung:

Auf dem Hügel „Babertsberg“ im Schlosspark bei Nowawes, der bisher dem Hofrat Rehnitz gehörte, stand bis 1848 eine Windmühle. In jenem Jahre war sie abgebrannt. Nun veranlasst der König (Friedrich Willhelm IV.), dass hier ein Turm zum Schmuck, zur Aussicht sowie für Arbeit und Erholung errichtet werde. Er erhält die Gestalt des Eschenheimer Tores in Frankfurt (Main). Die Ziegel für diesen Turm werden von weit hergeholt – von dem Gut Flatow-Krojanke in Westpreußen. 1856 wird er fertig gestellt sein.

Weihe der Kirche zu Neuendorf nach ihrer Bauzeit von 1850 – 1852.


Literatur:

In Leipzig erscheint zu Weihnachten die bürgerlich konservative Zeitschrift „Die Gartenlaube“. Sie will sich als Unterhaltungs- und Belehrungsblatt verstanden wissen.


Kunst / Musik:

Die Oper „Lohengrin“ von Richard Wagner wird in Berlin mit mäßigem Beifall bedacht.

Richard Wagner verfasst „Der Ring der Nibelungen“.

Verdi komponiert die Musik zu „La Traviata“ und „Der Troubadour“.


Zum Jahr 1854 verschiedene Hinweise

Politik:

Der Deutsche Bundestag verbietet alle Arbeitervereine.


Wissenschaft:

Heinrich Göbel erfindet in Niedersachsen die Glühlampe, stellt sie auch in New York vor, meldet sie jedoch nicht zum Patent an. (Siehe auch Edison, 1879). Es ist ein Glühfaden in einer Flasche, an den elektrische Spannung gelegt wird. Etwa 155 Jahre wird sie treu dienen, um dann „als Wattfraß“ von neuen Leuchtmitteln abgelöst zu werden.


Medizin:

Inzwischen gibt es die Narkose gegen den Operationsschmerz aber die Wundinfektionen, insbesondere auch bei Kriegsverletzungen, fordern viele Opfer. Der erste Krieg, in dem Soldaten unter Narkose operiert werden können, ist der Krimkrieg. In Skutari und Konstantinopel bestehen in Türkenkasernen englische Hauptlazarette.

Florence Nightingale nahm sich zu dieser Zeit einer verbesserten weiblichen Krankenpflege an, was von der Lehrmeinung allerdings als ein sonderbares Bemühen abgewertet wurde. Bald aber sollte sie ein Pflegerinnenkorps für oben genannten Krieg zusammenstellen. Dort herrschten Wundfieber, Cholera, Typhus, Wundrose und Brand in den vielen schmutzstarrenden Lazarettsälen ohne fließendes Wasser, wo die zerschossenen Soldaten oft nur auf dem Fußboden lagen. Florence N. (1820 – 1910), Tochter eines eher leichtlebigen englischen Aristokraten-Paares, wollte die Stimme Gottes gehört haben, der sie in seine Dienste zur Pflege der Kranken rief. Als Engel der Hospitäler gilt Florence Nightingale, die sich voll und ganz den Verletzten widmet.


Von diesem Jahr an bekämpfte Max Pettenkofer die Cholera durch verbesserte Hygiene, vor allem auch mit der Trinkwasser- und Abwasserhygiene, nachdem er von der bayerischen Regierung dazu den Auftrag erwirken konnte „das Cholera-Rätsel“ zu lösen. Bis jedoch ein Impfstoff da ist, wird es noch rund ein halbes Jahrhundert dauern. Der britische Arzt John Snow entdeckt, dass sich die Cholera über verschmutztes Trinkwasser verbreitet. In London wird nach diesen Erkenntnissen ein neues Abwassererfassungsnetz gebaut. Mit Erfolg!


Technik:

Für das Fahrrad ersann Philipp M. Fischer den Tretkurbelmechanismus.

Sinsteden entwickelte den Blei-Akkumulator als Speicher elektrischer Energie.

Die technische Anwendung des Aluminiums begründet St. Cl. Deville und Werner von Siemens erfindet den Doppel-T-Anker für Motore.


Bauen:

In München wird ein Glaspalast errichtet, (der 1931 abbrennen wird).


Wirtschaft:


Sozialvorschrift:

„Zum Hüten des Viehs dürfen Kinder vor dem zurückgelegten zehnten Lebensjahre und bevor sie fertig lesen können, nicht vermietet werden.“


Literatur:

Die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm nehmen die Arbeit für ein Deutsches Wörterbuch auf. In Berlin lebt in der Bauhofstraße 2, für knapp zwei Jahre ein kleines, also kurzbeiniges Schweizer Männlein: Der Schriftsteller Gottfried Keller. Hier schreibt er das autobiographische Werk „Der grüne Heinrich“ und „Die Leute von Seldwyla“. Freytag schreibt das Lustspiel „Die Journalisten“ und Friedrich Scheffel „Der Trompeter von Säckingen“.


Musik:

Liszt komponiert „Les Preludes“. Robert Schumann fällt bedauerlicher Weise in geistige Umnachtung. Richard Wagner beginnt mit seiner Arbeit an „Das Rheingold“, „Die Walküre“, „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ (beendet 1874).


Naturereignisse:

Während des Krimkrieges ist dort eine Sturmkatastrophe zu verzeichnen.


Aus dem Jahre 1855

Wissenschaft:

Livingstone entdeckt die Victoriafälle bei seiner Afrikadurchquerung.


Technik:

Henry Bessemer (1813 – 1893) erfindet die Erzeugung flüssiger Stahlmasse in der „Bessemer-Birne“. Max Eyth führt in verschiedenen Ländern die Vorzüge des Dampfpfluges der Firma Fowler vor. Garcia erfindet den Kehlkopfspiegel und David Edward Hughes den Drucktelegraphen. Erste Revolverdrehbänke kommen auf den Markt.


Wirtschaft:

Ernst Litfaß in Berlin stützt die Reklame mit Anschlagsäulen (Plakatanklebesäulen).Am 1. Juli erhielt in Berlin Ernst Litfaß vom Generalpolizeiinspektor Hinkeldey die Erlaubnis, vorerst 50, später 100 Reklamesäulen in Berlin aufzustellen.

Wichgraf erhält den Auftrag, das Los der Nowaweser Weber zu verbessern. Er richtet Musterwerkstätten für Weberei (Lehrausbildung und weitere Qualifikation, speziell auch für die Seidenherstellung) ein.

Weltausstellung in Paris. Das erste Warenhaus eröffnet seine Tore anlässlich der Weltausstellung. Selbstverständlich auch in Paris. Hapag setzt ihr erstes Dampfschiff in Dienst.


Bauten in Potsdam und Nowawes:

In Bornstedt wird eine Kirche mit Friedhof gebaut. In Zukunft wird es heißen: Jeder, der in Sanssouci gelebt und gearbeitet hat, wird in Bornstedt beerdigt.

Der Regierungsrat August Wichgraf, auch Commissarius für Nowawes, lässt eine Webschule am Friedrichkirchplatz errichten, zur Schulung und Weiterbildung der Weber, um die katastrophale soziale Situation zu bessern.


Literatur:

Scheffel schreibt das Buch „Ekkehard“. Turgenjew schreibt den Roman „Rudin“.


Musik:

Zur der Anwendung der Rollschuhe: In der Oper „Der Prophet“ des Berliner Komponisten Meyerbeer kommt ein Schlittschuhballett vor. Für die Bühnenaufführung ist es nötig, wohl erstmals im Theater Rollschuhe einzusetzen.


1856

Wissenschaft:

Vormenschlicher Knochenfund (tatsächlich nur das Schädeldach) bei Arbeiten im Kalksteinbruch, in der Feldhofer Grotte im Neandertal zwischen Elberfeld und Düsseldorf entdeckt. Der „Neandertaler“. Man vermutet ein Alter von vielleicht 100.000 Jahren. (Neander ist der Direktor des Düsseldorfer Gymnasiums (*1647), der gerne in jenem Tal weilte und dort dichtete).

Brown-Séquard weist die Wichtigkeit der Nebenniere nach.

Johann Heinrich Jacob Müller gelingt der photographische Nachweis der ultravioletten Strahlen.

Der Deutsche Heinrich Göbel erfindet eine Glühlampe aber noch ohne kommerzielle Verbreitung (siehe auch1873 Lodygin-Lampe aus St. Petersburg und 1877 – die erste Edison-Glühlampe).


Wirtschaft:

Die Berliner Wasserwerke werden gebaut. Berlin zählt derzeitig 600.000 Einwohner. 900 öffentliche Brunnen stehen in den Straßen und spenden Wasser für Mensch und Tier. Auch in etwa 9.000 Höfen von Häusern stehen weitere Pumpen der Brunnenanlagen. Gewiss ist es mühselig, die vollen Eimer bis zu fünf Stockwerke hoch zu tragen und das Schmutzwasser dann auch wieder hinunter. Für „saubere Abwässer“ gab es zwischen Trottoir und Damm (Fußweg und Fahrbahn) den Rinnstein, der meist eine Stinkbrühe beförderte. Ein Kind, so drückt es Bruno Hans Bürgel aus, kann „bequem“ im Rinnstein ertrinken. Bisher werden die Toiletteneimer während der Dunkelheit der Nacht, von den Dienstleistenden, den mit Laternen bewaffneten „Nacht-Emmas“ getauscht, die vollen auf einem Wagen mitgenommen, sofern man nicht über ein Trockenklo mit Auffanggrube verfügt. (Mit dem Bau der Abwasserkanalisation wird man 1873 beginnen).

In der Stadt Berlin beginnt man mit dem Verlegen von Wasserleitungen. Das Kübeltragen von „der Plumpe“ wird Schritt um Schritt weniger. Die Humboldts gehörten zu den ersten in Berlin, die sich im Zuge des Verlegens der Wasserleitungen auch ein Badezimmer einrichten ließen. Wollte dagegen der König Friedrich Wilhelm in seinem Palais mal ein Bad nehmen, so musste er vorerst Bedienstete zum Ausleihen einer zinkenen Wanne in das benachbarte „Hotel de Rome“ schicken, um diese dann im Palast mit Eimern warmen Wassers füllen zu lassen. Außer diesen Zinkwannen, kamen schon Tretbrausen auf. Die Pedale tretend, wurde das Wasser aus der Wanne in den Duschkopf gepumpt und somit im Kreislauf gehalten.

Fertig gestellt wurde in diesem Jahr die Schwarzwaldbahn mit 40 Tunneln.


Bauen in Potsdam:

Bau der Kirche in Bornstedt.


Bauen bei Nowawes:

Am Babertsberg wird der Flatowturm errichtet.


Literatur

Es stirbt Heinrich Heine mit 56 Jahren in seinem Pariser Exil. Seit 1831 war er hier als Journalist tätig. Seine obrigkeitskritischen Werke waren seit 1835 in Deutschland verboten. Raabe schreibt die „Chronik der Sperlingsgasse“ in Berlin. Hermann v. Helmholtz gibt das „Handbuch der physiologischen Optik“ heraus. Die erste Auflage des Ingenieur-Taschenbuchs „Die Hütte“ erscheint.


Kunst / Musik:

Die Oper „Tannhäuser“ wird in Berlin für Richard Wagner ein großer Erfolg. Robert Schumann stirbt, Franz Liszt komponiert die „Ungarische Rhapsodien“.


1857

Wissenschaft:

Chemie: Friedrich Kekulé (1829 – 1896) ist der Begründer der chemischen Strukturformeln.

H. W. Dove stellt „Das Gesetz der Stürme“ auf (mit Winddrehungsgesetz).

Louis Pasteur veröffentlicht Arbeiten über Milchsäure- und Alkoholgärung.


Literatur:

Turgenjew schreibt die Erzählung „Assja“ nieder.


Musik:

Hans v. Bülow (1830 – 1894), ein deutscher Dirigent heiratet Cosima, die Tochter des Franz Liszt.


1858

Politik:

Nach 18jähriger Regierungszeit erkrankte unser König Friedrich Wilhelm IV geistig immer stärker, so dass sein jüngerer Bruder, Prinz Wilhelm (später König Wilhelm I und ab 1871 Kaiser Wilhelm I) nun die Regentschaft übernimmt.


Wissenschaft:

Die Briten Richard Burton und John Hanning Speke sind in Afrika auf der Suche nach den Quellen des Nils unterwegs.

Cannizzaro legt die Atomgewichte der Elemente in ihrer Relation zum Wasserstoff fest.

Plücker entdeckt die Kathodenstrahlen. Virchow begründet die Zellular-Pathologie.


Medizin / Religion:

Das Bauernmädchen Bernadette Soubirous hatte in ihrem südfranzösischen Heimatort Lourdes (am Fuße der Pyrenäen) achtzehnmal eine Marienerscheinung, mit verstehbarer Kommunikation und Auftragserteilungen an das Mädchen. In der Folge wird es zahlreiche Wunderheilungen von Kranken geben, die sich medizinisch nicht erklären lassen.


Technik:

Der Amerikaner Otis baut den ersten Aufzug (Fahrstuhl) mit Dampfbetrieb.

Es wird mit dem Verlegen des ersten Unterwasserkabels durch den Atlantik begonnen, um die Drahttelegraphie zwischen Europa und Amerika zu ermöglichen (Kabellegerschiffe, Cyrus Field). Eine Sohlennähmaschine erleichtert die Arbeit der Schuhmacher.

Pullmann stellt Luxus-Eisenbahnwagen her.


Bauen in Potsdam und Umgebung:

In Nowawes wird am Friedrichkirchplatz die neue Schule errichtet. Die neue achteckige Kirche auf dem Neuendorfer Anger wird geweiht.


Soziales:

Johann Hinrich Wichern (1808 – 1881) gründet in Berlin das Johannesstift, eine caritative Einrichtung.


Literatur:

Ernst Moritz Arndt schreibt „Meine Wanderungen und Wandlungen mit dem Reichsfreiherrn vom Stein“. Diese Schrift bringt ihm eine Gefängnisstrafe ein.

Turgenjew verfasst den Roman „Das Adelsnest“ aber Wilhelm Busch den „Max und Moritz“.


Musik:

Jaques Offenbach komponiert die Pariser Operette „Orpheus in der Unterwelt“.


Verschiedene Notizen aus dem Jahr 1859

Politik:

Kronprinz Friedrich (später König Friedrich III = der 99 Tage – Kaiser) und seine Frau, die britische Prinzessein Victoria (Vicky) erwarten Nachwuchs. Prinz Wilhelm, der spätere Thronfolger Wilhelm (II.), wird geboren. Es gibt eine Geburtskomplikation. Der linke Arm bleibt schwächlich, gelähmt und verkürzt. Das Verhältnis des Kindes - auch später als Mann, bleibt gegenüber seiner Mutter distanziert bis feindselig. Sein Intellekt wird nach strenger Erziehung eingeschätzt: Schnelle Auffassung, mäßig begabt, oberflächlich. Bereits im 15./16. Lebensjahr wird er als kaltherziger Mensch charakterisiert werden. Fortsetzung 1888.

Das Volk demonstriert (wieder einmal) für die nationale Einheit Deutschlands.


Krieg: 24. Juni: Schwere Schlacht in Italien in Solferino am Gardasee. Franzosen gegen Österreicher (Österreich verliert). Der Schweizer Henry Dunant gründet nach diesem Gemetzel, dessen Bilder ihn nicht mehr loslassen, das „Internationale Rote Kreuz“, das sich aus Barmherzigkeit um die Verwundeten künftiger Kriege kümmern soll. „Tutti fratelli“ – alle sind Brüder, heißt seine Losung. Es entstehen daraus die drei Genfer Konventionen: Verbesserung des Loses der Verletzten, Verbesserung des Loses der Kriegsgefangenen und Schutz der Zivilbevölkerung. Die Kriege sollen „humaner“ werden.


Wissenschaft:

Charles Darwin stellt seine Gedanken in dem Werk „Die Entstehung der Arten“ / den Kampf ums Dasein (durch natürliche Auslese) dar. Die Kirche erkennt das Werk nicht an, da seine Ausführungen der Schöpfungslehre des Christentums entgegenstehen.


Bauen in Berlin:

Das neue Berliner Rote Rathaus wird errichtet.


Bauen in Potsdam und Umgebung:

Das erste Postamt für Neuendorf und Nowawes wird errichtet. (Im Jahr 2008 soll das Babelsberger Postamt wieder entfallen – Bevölkerungsproteste für den Erhalt).


Naturereignisse:

Auswanderer aus Europa, die eine neue Existenz in Australien (Victoria) suchten, brachten nach dort Kaninchen mit. Diese wuchsen sich in Australien ohne natürliche Feinde zu einer Landplage aus, die rund 100 Jahre lang anhielt. Künstlich wurden die Kaninchen mit tödlichen Infektionskrankheiten, wie der Myxomatose, bekämpft.


1860

Wissenschaft und Technik:

Es stirbt der „Vater der Vulkanisation des Kautschuk“, Charles Goodyear, 59 Jahre alt, sehr verarmt, krank von den bleihaltigen Chemikalien. Er war ein großer Erfinder und ein schlechter Geschäftsmann.

Zwischen 1860 bis 1872 führt Max Eyth sechsscharige Dampf-Pflüge und ihre Folgegeräte, gezogen von Lokomobilen der englischen Firma von John Fowler ein. Er führt sie vor, zum Muster-Pflügen auf den unterschiedlichsten Böden in Afrika (Ägypten), den USA und Russland, um aus unterschiedlichen wirtschaftlichen Erwägungen die landwirtschaftlichen Flächen rationeller bearbeiten zu können.

Der französische Mechanikermeister Etienne Lenoir konstruiert den ersten Gasmotor.

Philipp Reis (1834 – 1874) baut das erste, noch unvollkommene Telefon. Es wird (außer vom Erfinder) vorerst noch als Spielzeug angesehen. Er selbst aber hat die Vision: Wie viel Hunderte Botengänge kann man täglich einsparen, wenn man in Sekundenschnelle … und dann auch gleich die Antwort erhält (siehe auch 1877).


Potsdamer Bauten:

Im vergangenen Jahr wurde der Bau der Sommervilla für König Fr. Wilhelm IV., das Schlösschen Lindstedt begonnen und jetzt fertig gestellt.


Auf einem deutschen Schloss (nicht in Potsdam) wird erstmals ein WC, ein Wasserclosett eingebaut. In den Bürgerhäusern demzufolge erst viel später, in Potsdam ab etwa 1896/97.


Bildung:

In Potsdam wird die Höhere Lehranstalt für Mädchen eröffnet.


Mode:

Als modern gelten Ungetüme von Reifröcken. für Damen. Seit kurzem stellt ein Fabrikant Männerhüte aus Filz her.


Alltag:

In der Stadt Potsdam gibt es zwei Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigten. Das sind die Zuckersiederei Jacobs in der Burgstraße und die Eisenbahnwerkstätten in der Alten Königstraße.



Zeitgeschichtliche Anmerkungen zum Jahr 1861

Politik:

Unser König ist tot. Friedrich Wilhelm IV. stirbt im Alter von 66 Jahren. Sei jüngerer Bruder wird nun König. Ihm oblag ja bereits knapp zwei Jahre die Regentschaft wegen der Erkrankung seines Bruders.

Der amerikanische Bürgerkrieg der Unionstruppen der modernen freiheitlichen Nordstaaten gegen die sklavenhaltenden Südstaaten beginnt. im April. Der Bruder-Krieg wird bis 1865 anhalten und mit der offiziellen Aufhebung der Sklaverei enden. Allein von den nördlichen, den Unionsangehörigen werden etwa 67.000 Soldaten fallen aber nochmals ebenso viele Verwundete werden in den Hospitälern an Wundinfektionen sterben, für die noch keine Behandlung bekannt ist.


König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (Regierungszeit von 1840 bis 1861) stirbt am 02. Januar im Schloss Sanssouci. Er galt als musikalisch und künstlerisch begabt, was ihm den Beinamen „der Romantiker, der Künstler auf dem Thron“ einbrachte. Wegen seiner Erkrankung übernahm aber sein jüngerer Bruder Wilhelm (1797 – 1888), der „Kartätschenprinz von 1848/49“ und spätere Kaiser Wilhelm I bereits 1858 die Regentschaft. Er wird am 18. Oktober im Dom zu Königsberg als König Wilhelm I. gekrönt und bis zu seinem Lebensende 1888 regieren.


Wissenschaft:

Im ägyptischen Tal der Könige bei Luxor werden in Grabanlagen 40 Mumien entdeckt. Die Grabanlagen aber sind alle ausgeraubt. In den Jahren 1861 bis 65 erforscht Adolf Bastian die ostasiatischen Völker.


Technik:

Der Lehrer Philipp Reis (1834 – 1874) aus Friedrichsdorf im Taunus konstruiert das erste Telefon der Welt. Der gesprochene Versuchstext: „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“.


Wirtschaft:

Mit einem Fallgewicht von 1.000 Zentnern wird „Fritz“, der größte mit Dampfkraft angetriebene Schmiedehammer Deutschlands am 16. September 1861 zum ersten Mal in Essen eingesetzt. Firmenchef Alfred Krupp hatte das Hochleistungswerkzeug selbst konstruiert, das bis zu 50.000 Pfund starke Gussstahlblöcke zum Beispiel zu Schiffswellen verarbeiten kann. Für den Hammer wurde ein eigenes Gebäude errichtet. Dessen 72 m hoher Turm war lange Zeit das höchste Gebäude in Essen.


Alltag:

Potsdam hat 41.800 Einwohner.



Das Jahr 1862

Politik:

Am 22. Sept. treffen sich König Wilhelm I und Otto von Bismarck im Park zu Babelsberg. Der König spricht über politische Schwierigkeiten des Regierens (mehr gegen das Parlament als mit diesem) und äußert Abdankungsabsichten. Bismarck erklärt seine Bereitschaft zur Übernahme des Amtes eines regierenden Ministerpräsidenten. Dieser ist dafür, die großen Fragen der Zeit nicht durch Reden, sondern durch Blut und Eisen zu regeln. König Wilhelm I ernennt ihn zum Ministerpräsidenten, nachdem Bismarck den resignierenden Monarchen „stützt und vom Groben entlastet“. Am 24. September wird dann Bismarck auch preußischer Ministerpräsident. Seine große Blut- und Eisen-Antrittsrede hält er dann am 30. September.

Vergeblicher Versuch Garibaldis, Rom von den Franzosen zu befreien.


Wissenschaft:

Wöhler gewinnt Azetylen aus Calciumcarbid. Es wird aber noch bis 1906 dauern, dass dieses Gas als Brenngas zum Schweißen verwendet wird.


Bauen in Potsdam und Umgebung:

An der Glienicker Brücke wird die Villa Schöning gebaut.

Für die künftige Villenkolonie Neubabelsberg wird eine Eisenbahnstation eingerichtet.


Wirtschaft:

In diesem Jahr findet die Weltausstellung in Paris statt. oder ist es in London?

Der britische Dampfer „Scotia“ gewinnt im Wettbewerb das „Blaue Band“ für die schnellste Atlantiküberquerung in 8 Tagen und 2 Stunden.


Literatur:

Flaubert schreibt „Salambo“, einen französischen Roman über Karthago.

Fontane berichtet schriftlich über seine Wanderungen durch die Mark Brandenburg.

Hebbel verfasst über die Nibelungensage ein Trauerspiel.

Victor Hugo schreibt „Die Elenden“, ein zehnbändiges Romanwerk.


Malerei:

Millet, ein französischer realistischer Maler gestaltet das Werk: „Mann mit Hacke“.


Musik:

Verdi vertont die Oper „Die Macht des Schicksals.


Alltag:

Das Rauchen wurde nach der Besiedlung Amerikas von den Weißen nach dem Vorbild der Ureinwohner eingeführt. Die erste deutsche Zigarettenfabrik entsteht 1862 in Dresden. Im 19. Jahrhundert wird daher die Zigarette zur ernsthaften Konkurrenz zu Zigarre und Tabakspfeife.

Viele neue Turnvereine entstehen in Deutschland.

Statistisches aus dem Berliner Alltag:

In der Stadt leben 620.000 Einwohner in 150.000 Wohnungen. Die Mieten betragen im Durchschnitt 150 Taler im Jahr – das entspricht etwa dem Einkommen von Arbeitern und „kleinen“ Handwerkern.

Es gibt 768 Ärzte und Zahnärzte, 49 Apotheker, 93 Rechtsanwälte, 200 Buchhandlungen, 129 Schreibwarengeschäfte, 4.821 Schneider, 4.238 Schuhmacher, 2.700 Schankwirtschaften, 256 Photographen (keine Amateurphotographen). Es folgen Weber und Zinngießer in der Häufigkeit.

Die sieben Eisenbahnlinien von und nach Berlin enden vor den Toren der Stadt. Es gibt noch keinen Bahnhof in der Stadt. Täglich gehen 46 Züge von Berlin ab. In der Stadt verkehren derzeitig 2.500 Pferdedroschken und einige Pferde-Omnibusse.


Nachrichten aus dem Jahre 1863

Politik:

Die größte Schlacht des amerikanischen Bürgerkrieges der Nordstaaten gegen die Südstaaten, in Gettysburg, endet mit einem Sieg der Unionstruppen.

Lassalle gründet in Leipzig den „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“, mit den Hauptzielen des allgemeinen Wahlrechts (Gerechtigkeit) und der Bildung von Produktionsgenossenschaften.


Wissenschaft:

Der Potsdamer Ernst Haeckel gelangt zu der Erkenntnis: der Mensch stammt von affenähnlichen Säugern ab. Das sorgt für neuen Aufruhr und Rumor.

Der Nobelpreis wird für die „Herstellbarkeit von Nitroglycerin in großen Mengen“ vergeben.

Beginn der Metallographie durch H. C. Sorby’s mikroskopische Untersuchungen des kristallinen Eisenaufbaus.

Der Tempel der Göttin Artemis an der Mittelmeerküste bei Ephesus wurde im Jahre 262(!) von durchziehenden Goten sinnlos verwüstet. Von diesem Jahr 1863 an, werden Ausgrabungs- und Sicherungsarbeiten an den Fundamentresten des Tempels vorgenommen.



Wirtschaft:

Eröffnung der Londoner Untergrundbahn mit Druckluftantrieb. Es handelt sich um die erste U-Bahnstrecke der Welt.


Malerei:

Das Museum Petersburger Eremitage wird für „das breite Publikum“ geöffnet.

Monet malt „Das Frühstück im Garten“.


Musik:

Bizet vertont die französische Oper „Die Perlenfischer“.


Alltag:

Es wird der erste deutsche „Rot-Kreuz-Verein“ gegründet.



Mehrere Hinweise zum Jahr 1864


Politik:

Bismarck veranlasst den Krieg Preußens und Österreichs gegen Dänemark um Schleswig-Holstein. Der Krieg beginnt am 01. Februar und wird von der Allianz gewonnen. Preußen wird um Schleswig und Holstein größer.

Die Genfer Konvention „Zur Verbesserung des Loses der verwundeten Soldaten der Armeen im Felde“, wird von 16 Nationen unterzeichnet.

Gründung der „I. Internationalen Arbeiterassoziation“ in London durch Karl Marx (er ist deren Leiter bis 1872).

Ferdinand Lasalle, ein deutscher Sozialistenführer, geb. 1825, stirbt im Duell mit 39 Jahren.


Wissenschaft:

1839 und 1864 unternimmt Franz Wilhelm Junghuhn (1809 – 1864) mehrere Reisen zur und auf der Insel Java.


Technik:

Svend Foyn entwickelt die Harpunenkanone zum Walfang.

Die Siemens-Martin-Stahlschmelze unter Schrott-Verwendung wird erprobt.

Max Eyth führt in Ägypten das Dampfpflügen mit je zwei Lokomobilen der britischen Firma Fowler ein. Dazu entwickelte er auch die Technik zum geordneten, regelmäßigen Aufspulen der Seile auf die Windentrommeln und betreibt ebenfalls dampfbetriebene Pumpen zur Bewässerung der Felder. Nun können zu jeder Zeit Ströme von Wasser in die erstmals tiefgepflügten Felder rinnen, in die Felder, steinharten Bodens, die seit Jahrtausenden nichts an Bodenbearbeitung kennen gelernt haben, als den altägyptischen Zinken (Einfachpflug, der die Erde aufritzte aber die Scholle nicht wendete). Jener ist auch in den Grabkammern von Memphis und Theben zu sehen.

Den politischen Aufschwung dazu gab der Bürgerkrieg der Südstaaten der USA gegen die Yankees, der den dort zu anderen Zeiten üblichen Baumwolleanbau auf Jahre illusorisch machte und daher der afrikanische Kontinent als Ausgleich gefragt war.


Soziales:

Gründung der Hilfsorganisation „Rotes Kreuz“.


Literatur:

Wilhelm Raabe schreibt den Roman „Der Hungerpastor“ und Jules Verne die „Reise zum Mittelpunkt der Erde“.


Musik:

Jaques Offenbach schreibt die Pariser Operette: „Die schöne Helena“.


Alltag:

In Leipzig wird von E. J. Hauschild die Bildung der Schreber-Gärten-Vereine begründet.


Naturgewalten:

Ein Zyklon im Gebiet von Kalkutta (Indien) löst am 05. Oktober eine Sturmflut mit Wellen von etwa 6 m Höhe aus, die das Land verwüsteten. 48.635 Tote wurden gezählt.


Neues aus dem Jahre 1865

Politik:

In den USA endet der Bürgerkrieg mit dem Sieg der Nordstaaten. Damit wird auch die Sklaverei offiziell abgeschafft, die Schwarzen werden offiziell befreit. Präsident Abraham Lincoln wird als der Sklavenbefreier am 15. April von Rassenfanatikern ermordet. Ein politisch motivierter Meuchelmord nach mehreren vergeblichen Versuchen.,weil er sich für die nationale Einheit und für die rechte der Unterdrückten einsetzte. Sein Sekretär heißt Kennedy und sein Nachfolger ist Andrew Johnson, der bisherige Vize-Präsident. Bildung des Ku-Klux-Klan-Geheimbundes, der Lynchjustiz, die Mord und Hass gegen Farbige und Juden ausübt. 1871 wird er verboten.


Wissenschaft:

Alfred Nobel erfindet das Dynamit als Sprengstoff.

Ermittlung der wahren Molekülgröße durch Loschmidt.

Der Mönch Gregor Mendel stellt bei Kreuzungsversuchen mit Erbsen grundsätzliche Regeln der Vererbung auf, die aber leider erst ab 1900 beachtet werden.


Wirtschaft:

Die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger wird gegründet.


Erste Rohrpostanlage in Berlin. Erste deutsche Pferdestraßenbahn – ebenfalls in Berlin.

Gründung der Badischen Anilin- und Sodafabriken in Ludwigshafen.


Bildung:

In Preußen wird die Schulpflicht eingeführt. Wilhelm Busch dichtet sogleich: „Also, lautet der Beschluss, dass der Mensch was lernen muss?“... (Max und Moritz).

Zwischen den USA und Europa wird ein „Unterwasser – Überseekabel“ verlegt. Dazu wurde die Great Eastern, das damals größte Schiff, nach mehreren Unfällen 1865 als Kabelverleger umgebaut – mit 500 Mann Besatzung. Nach unendlichen Schwierigkeiten und mehrfachen Kabelrissen (wegen der Eigenmasse) wird die Kabelverlegung 1866 vollendet. Das erste Transatlantikkabel der Menschheitsgeschichte, verbindet „die alte“ und „die neue“ Welt.


Sport:

Erstersteigung des Matterhorns durch den 25 jährigen Edward Whymper.

Am 13. Juli stürzen der Bergsteiger Whymper und weiter Begleiter bei dem Versuch der Erstbesteigung des 4.505 m hohen Matterhorns ab.


Das Jahr 1866

Politik:

Preußen rückt in das von Österreich verwaltete Holstein ein. Am 14. Juni beginnt der Krieg gegen Österreich. Am 03. Juli siegt Preußen (mit italienischer Unterstützung) gegen Österreich und den Deutschen Bund in der entsetzlichen Schlacht bei Königgrätz.

Zwischen Preußen und Österreich findet der „Einigungskrieg“ um die Vorherrschaft in Deutschland statt. Schlacht bei Langensalza.

Preußen besetzt auch Hannover, Hessen-Kassel, Frankfurt, Nassau und Sachsen.

Am 18. August wird unter Preußens Führung der Norddeutsche Bund gegründet.


Wissenschaft:

Der Potsdamer Forscher Ernst Haeckel legt das „Biogenetische Grundgesetz“ vor, in dem er ausführt, dass die Ontogenese (Individualentwicklung) eine kurze und schnelle Rekapitulation (Wiederholung) der Phylogenese (Stammesentwicklung) sei. Dieser Lehrsatz sei besonders gut an der Embryonalentwicklung sichtbar.

Der Mönch Gregor Mendel stellt seine drei Regeln der Vererbung auf: Die Uniformitätsregel, die Dominantenregel und die Unabhängigkeitsregel / Neukombinationsregel.


Medizin:

Lord Joseph Lister, Prof. der Chirurgie in Glasgow, setzt die Forschungen der Antisepsis zum vorbeugenden Ausschluss der Wundinfektionen im Geiste von Semmelweis fort. Er wendet dabei insbesondere Kohlenteerpräparate: Phenol- und Karbolsäure an. Die Erfolge: Keine rotglühende Entzündung der Wunde mehr, kein Eiter, kein Gestank mehr. Lister entwickelte auch den Karbolspray und -dampf über dem Operationsfeld, um es gegen „Miasmen“ aus der Luft abzuschirmen. Bisher und bis in die achtziger Jahre hinein waren nach Operationen oder bei offenen Wunden nach Unfällen Fieberkurven bis über 40°C üblich. Eine Wunde ohne Eiterung gab es kaum (Bakterien waren noch nicht bekannt, wenn auch vorhanden). Eine Sauberkeit bei Operationen wurde von den meisten Ärzten noch für unnötig erachtet. Es war also üblich, dass etwa 80% der chirurgisch behandelten Menschen starben.

Der französische Chemiker Louis Pasteur (1822 – 1895) hatte Lister durch seine Arbeiten über die Fäulnis zur Antiseptik angeregt. Pasteur selbst hatte gute Erfolge mit der Hitzebehandlung (um 70°C) „zum Abtöten kleiner unbekannter Lebewesen“, die zum schnellen Faulen des Fleisches beitrugen – aber auch er wurde vorerst verlacht. Die „Pasteurisierung“ war erfunden. In den Folgejahren entwickelt er Impfstoffe gegen die Geflügelcholera, den Milzbrand und die Tollwut (Lyssa, Rabies).


Technik:

Die erste Schreibmaschine kommt auf den Markt. Der Tiroler Bürger Peter Mitterhofer präsentiert am Kaiserhof in Wien am 18. Dez. 1866 die wohl erste funktionsfähige Schreibmaschine. Allerdings wird der Erfinder damit nicht reich. Für das aus Holz und Blech gefertigte Gerät bekommt Mitterhofer von seiner Majestät 200 Gulden als Anerkennung (für diese hübsche Spielerei).


Wirtschaft:

In Südafrika werden Landflächen entdeckt, „auf denen die Diamanten nur so umherliegen“ sollen.


Bauen in Potsdam und Umgebung:

Der Doppelort Neuendorf und Nowawes erhält eine eigene Bahnstation. Bisher hielt der Zug nur für den Einstieg des Königs und den Seinen, an der Holzhalle, an der Wilhelmstraße.


1867

Politik:

Preußen gründet zusammen mit 17 deutschen Kleinstaaten und Hansestädten nördlich des Main, den „Norddeutschen Bund“. Dessen erster Bundeskanzler wird Bismarck.

Der russische Zar verkauft Alaska an die USA „für ein Butterbrot“ von 7,2 Millionen Dollar.

Garibaldi unternimmt den zweiten Versuch, Rom von den Franzosen zu befreien. Aber auch dieser Versuch scheitert.


Wissenschaft:

Der Autodidakt Heinrich Schliemann beginnt seine Ausgrabungen in Mykena und findet Königsgräber.

In Paris findet die internationale „Meter-Konvention“ statt. Künftig wird man demzufolge auch in Deutschland nicht mehr in Zoll und Ruthen rechnen, sondern in Metern und Zentimetern. Es ist aber wohl abzusehen, dass sich nicht alle Regierungen danach richten werden. Dann gibt es „ein ganz schönes Durcheinander“.


Technik:

Werner Siemens und Wheatstone bauen die erste Dynamomaschine, einen Generator zur Umwandlung von mechanischer Energie in elektrischen Strom. Am 17. Januar feiert die Starkstromtechnik ihren Geburtstag. Werner v. Siemens gibt der Akademie der Wissenschaften zu Berlin die Entdeckung bekannt. Nikolaus Otto baut eine Gaskraftmaschine. Nobel erfindet das Dynamit. Sholes, Soulé und Glidden arbeiten an der Entwicklung einer Schreibmaschine. Das Ergebnis dieser Arbeit wird ab 1873 von Remington produziert. Der Eisenbetonbau wird von dem Franzosen Monier begründet.

In Paris findet in diesem Jahr die Weltausstellung statt. Die Bahnlinie durch den Brennertunnel wird eröffnet. Eine erste Zahnradbahn nimmt in den USA bei Philadelphia ihren Betrieb auf.


Geologie:

Die südafrikanischen Diamantenfelder werden entdeckt.


Biologie:

A. Pokorny weist darauf hin, dass die Art der Ausprägung der Jahresringe an Bäumen, auch die klimatischen Ereignisse im Leben des Baumes widerspiegeln.


Potsdamer Bauten:

Es wird mit dem Bau einer Katholischen Kirche am Bassin begonnen, Baumeister Salzenbach. Turm nach dem Vorbild nach San Zeno in Verona. 1870 soll sie fertig sein.

Das Nauener Tor wird umgebaut und eine Kaserne für die Einheit der Dritten Gardeulanen in der Jägerallee im Burgenstil fertiggestellt.


Literatur:

Karl Marx schreibt den ersten Teil „Das Kapital“.Anton Philipp Reclam beginnt mit der Herausgabe einer „Universal-Bibliothek“. Es handelt sich um einfach gebundene kleine Heftchen – für das interessierte Volk bezahlbar.


Musik:

Johann Strauß (der Jüngere) bringt seine Komposition „An der schönen blauen Donau“ erstmals zu Gehör.

Pjotr Tschaikowski vollendet seine Sinfonie Nr. 1 und Verdi komponiert die italienische Oper „Don Carlos“.


Alltag:

In diesem Jahr erfindet ein Luckenwalder Bürger den Pappteller.

Am 06. April wird in Potsdam der Vaterländische Frauenverein gegründet



1868

Wissenschaft / Paläontologie:

Im süddeutschen Sonthofen ist ein Fossil, ein Flugtier ins Gestein eingedrückt, als Urvogel bezeichnet, aufgefunden worden. Er gilt als (ein recht kleiner) Nachfolger der Flugsaurier.

Die erste deutsche Nordpolarexpedition (Spitzbergen) startet mit Kapitän Karl Koldewey auf dem Schiff „Germania“. Auf der zweiten Expedition begleitet sie zusätzlich das Schiff „Hansa“, das jedoch vom Packeis zerquetscht wird. Die Besatzung rettet sich auf Grönland. Bis 1909 wird es jedoch noch an Zeit brauchen bis (soweit uns bekannt), der erste Mensch den Nordpol betritt. In den Jahren von 1868 bis 72 erforscht Ferdinand v. Richthofen (1833 – 1905) das Land China.

Erstbesteigung des Elbrus (5.692 m) im Kaukasus.


Medizin:

Der Chirurg Lord Joseph Lister (ein Quäker) verwendet erstmals mit Karbol desinfizierte Catgutfäden (Katzendarm) als Nahtmaterial, die also im Körper verbleiben können. So brauchen keine Fäden mehr aus der Wunde heraushängen, bis sie ab-eitern. Von den Methoden Listers lernten u.a. der Leipziger Chirurg Prof. Thiersch, Adolf von Badeleben aus der Charité zu Berlin und Richard von Volkmann in Halle sowie Professor Nussbaum aus München. 1875 wird Lister nach Deutschland reisen und hier die triumphalen Erfolge seiner antiseptischen Wundversorgung kennen lernen, denn in England, wurde leider (wie es oft in der Geschichte der Medizin geschah), der Wert seiner Arbeit verkannt (s. 1866).


Naturforschung:

Der Potsdamer Naturforscher Ernst Haeckel schreibt die „Natürliche Schöpfungsgeschichte“. Rohlfs beginnt mit Forschungen in der Libyschen Wüste, die sich über 11 Jahre erstrecken werden. Er findet dabei den prähistorischen Cro-Magnon-Menschen

Wirtschaft:

Am 01. Januar erscheinen die ersten Briefmarken des Norddeutschen Bundes, der territorial deckungsgleich ist mit dem Norddeutschen Postgebiet.




Literatur:


Dostojewski schreibt „Der Idiot“, „Der Spieler“ veröffentlicht er

Wilhelm Raabe schreibt den Roman „Abu Telfan“


Malerei:

Monet malt Emile Zola.


Musik:

Richard Wagner vertont das Opernwerk „Die Meistersinger von Nürnberg“.


Aus dem Jahre 1869

Politik:

August Bebel und Wilhelm Liebknecht gründen im thüringischen Eisenach die Sozialdemokratische Arbeiterpartei und finden damit Anschluss an die „!. Internationale“.


Wissenschaft:

Professor Gustav Simon, Chirurg in Heidelberg, entfernt in diesem Jahr erstmals und erfolgreich eine kranke menschliche Niere nach zahlreichen Versuchen an Hunden und menschlichen Leichen. Dimitri Iwan. Mendelejew (1834 - 1907) stellt das von ihm erdachte „Periodensystem der Chemischen Elemente“ vor.

In den USA wird Zelluloid erfunden, ein Kunststoff, brennbar, leicht biegsam und durchsichtig (siehe auch 1887).

Johann Friedrich Miescher findet das Nuclein, eine schwach saure Substanz, die Phosphat und Sauerstoff enthält. Diese wird später DNA genannt werden.

Die zweite deutsche Nordpolarexpedition führt nach Ostgrönland.


Technik:

Siemens und Halske bauen die riesige Telegraphenlinie von London durch Deutschland, Russland, Persien nach Indien, etwa 10.000 km lang.

Der Franzose Mayer baut erste Fahrräder mit Metallrahmen statt des Holzbalkens und nennt diese Konstruktion „Veloziped“. In diesem Jahr erscheint auch das erste Fahrrad mit einem Hinterrad-Kettenantrieb. Emil, Ritter v. Skoda (1839 - 1900) gründet Industriewerke in Böhmen.


Bauwesen und Wirtschaft:

In den USA am 10. Mai: Die erste Bahnverbindung vom Atlantik bis zum Pazifik, quer durch den Kontinent ist fertig gestellt. Von beiden Endpunkten begonnen, trafen die Schienenstränge in den Bergen von Nebraska zusammen. Die transkontinentale Eisenbahn benötigte sechs Jahre Bauzeit. Etwa eine Million Arbeiter waren beteiligt. Ungefähr 10.000 sind dabei gestorben. Zweihundert Haltestationen wurden vorerst eingerichtet. 10 Tage beträgt die gegenwärtige Fahrzeit.

Der Suezkanal wird eröffnet. Er stellt die Verbindung zwischen dem Mittelländischen und dem Roten Meer dar. Er ist 60 km lang und im Durchschnitt 12,9 m tief. Mit dem Bau begann man im Jahre 1859. Vollendet wurde er nun unter Ferdinand Lesseps (1805 - 1894).


Literatur:

Jules Verne veröffentlicht seinen Roman „Kapitän Nemo“ und arbeitet an „20.000 Meilen unter dem Meere“. Leo Tolstoi beendet den Roman „Krieg und Frieden“. Mit den Arbeiten an diesem Werk begann er im Jahre 1864. Alfred E. Brehm (1829 - 1884) veröffentlicht 6 Bände „Tierleben“.


Musik:

Richard Wagner komponiert „Das Rheingold“.


Alltag:

Damenbekleidung besteht um diese Zeit im Viktorianischen Zeitalter aus einem Korsett, um dem Oberkörper eine (unnatürliche) Form mit sehr schlanker Taille zu geben, den Körper einzuzwängen, die Organe nach oben und unten zu verdrängen (häufige Ohnmachten). Leibchen waren zu knüpfen. Schlüpfer wurden als die „Unaussprechlichen“ bezeichnet. Mehrere Unterröcke wurden übereinander getragen, Mieder mit bis zu 50 Häkchen geschlossen. Rock mit Schleppe und „Puff“ über dem Hinterteil.

Alfred Brehm baut in Berlin, „Unter den Linden Nr. 68“, Ecke Schadowstraße, das erste Schau-Aquarium und -Terrarium mit vielen exotischen Tieren.


Das Jahr 1870

Politik:

Am 19. Juli 1870 erklärt der französische Kaiser Napoleon II, dem Preußischen Staat den Krieg. Auslöser dazu war eine Notiz in der „Emser Depesche“. Der französische Botschafter wollte Wilhelm I. von Preußen, der in Bad Ems zur Kur weilte, wegen des Streits um die Spanische Krone sprechen. König Wilhelm I. wollte ihn aber noch nicht empfangen. Darüber wurde Bismarck informiert. Dieser verfasste eine kurze Zeitungsmeldung, die vermuten ließ, der preußische König wolle generell keine französischen Botschafter mehr empfangen. Diese erschien am 13. Juli. Eine „Ohrfeige – für Frankreich – daher als Reaktion die französische Kriegserklärung. Dafür mussten so viele Menschen sterben. 18. August: Schlacht bei Gravelotte. Am 02. September fällt die französische Stadt Sedan. Frankreich kapituliert. Napoleon III. wird gefangen genommen.

Am 04. September wird Frankreich eine Republik.

Während des Krieges schlossen sich die süddeutschen Staaten dem Norddeutschen Bund an, der mit dem Reichstagsbeschluss vom 10. Dezember 1870 den Namen „Deutsches Reich“ annahm. Die offiziellen Gründungsfeierlichkeiten werden dann im Januar 1871 stattfinden.

Bismarck formte nach dem Sieg („Heil dir, im Siegerkranz“) aus dem lockeren deutschen Staatenbund das Deutsche Reich.

Der Arzt Rudolf Virchow rüstet für den Krieg Eisenbahn-Lazarettzüge aus. Er errichtete auf dem Tempelhofer Feld in Berlin ein Barackenlager für Verwundete.


Wissenschaft:

In Paris beginnen die Verhandlungen über ein neues, für alle gleichartiges Bemessungssystem, das „Metrische System“. Als Vertreter ist dort auch der in Potsdam geborene Wissenschaftler Jacobi vertreten.

Die Wissenschaftler Mendelejew und Lothar Meyer stellen etwa zeitgleich aber unabhängig voneinander eine Systematik vor, in das die chemischen Elemente sinnvoll eingeordnet sind. Diese Periodensysteme enthalten bisher 60 Elemente. Es ist abzusehen, dass aber auf unserer Erde noch mehr zu finden sind.


Technik:

Das erste deutsche Windkraftwerk liefert 9 PS und betreibt im Raum Holstein einen elektrischen Stromgenerator.

In London zwingt der dichter werdende Verkehr von Kutschen und Velozipeds an Straßenkreuzungen erste Verkehrsschilder aufzustellen.


Alltag:

Seit diesem Jahr gibt es im Postverkehr die so genannten Ansichtskarten. Die gezeichnete Bildseite hat einen kleinen Platz für eine kurze Mitteilung. Die Rückseite wird von dem Anschriftenfeld eingenommen; darf nicht für Mitteilungen genutzt werden. Diese Vorschrift wird bis 1905 bestehen bleiben.


Das Deutsche Kaiserreich 1871 – 1919: (Neues 1. Deutsches Reich)


Streiflichter“ aus dem Jahre 1871


Politik:

Am 18. Januar lässt sich König Wilhelm I von Preußen auf Initiative Bismarcks im besiegten Frankreich, im Spiegelsaal des Schloss Versailles als Deutscher Kaiser krönen und ausrufen. Es schließen sich 22 Fürstentümer und drei freie Städte mit Preußen zum Deutschen Kaiserreich, mit Berlin als Hauptstadt, zusammen. Berlin wird dadurch mächtig aufgewertet, mit dem entsprechenden Aufschwung für Wirtschaft und Infrastruktur (Gründerzeit), so dass sich für die Hauptstadt eine starke Zuwanderung ergibt.

Wir haben nun einen deutschen Kaiser, der ebenso König von Preußen ist.

In Paris besteht vom 18. März bis 28. Mai eine proletarische Regierung (Die Pariser Kommune).

Am 10. Mai legt „der Friede von Frankfurt“ fest, dass Frankreich Elsass und Lothringen an Deutschland verliert.


In Deutschland tritt das erste Tierschutzgesetz in Kraft.


Wissenschaft:

Eine archäologische Expedition befasst sich mit Ausgrabungen in Jahrtausenden alten Sahara-Oasen in Ägypten.

Der deutsche Archäologe Karl Maus findet in Simbabwe / Rhodesien im südafrikanischen Busch zahlreiche Ruinen von Steinhäusern. Unter anderem auch einen Tempel mit den Abmessungen 92 x 64 m. Mächtige Umfassungsmauern, die heute z.T. noch stehen, bestanden aus sorgfältig behauenen Granitquadern, die ohne Bindemittel aufeinander gesetzt wurden. Woher stammen diese Bauten? Sollten die Vorfahren der heutigen einfachen Buschmänner, die in schlichten Hütten leben, diese prachtvollen Bauten errichtet haben. Spätere Forschungen um 1929 werden mit der inzwischen entwickelten Radiokarbonmethode belegen, dass die Häuser im 2. bis 3. Jahrhundert nach Chr. entstanden und bis etwa 1.100 genutzt wurden. Die Wissenschaftler vermuten, dass dann im 16. Jahrhundert die Nahrungsmittel- und Holzvorräte erschöpft waren und eventuell in der Kombination von Dürre, Missernten, ausgelaugtem Boden, verheerenden Epidemien, den Menschen das Leben in der Stadt Simbabwe unmöglich wurde.

Charles Darwin veröffentlicht seine Schrift „Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl“.


Technik:

Friedrich Soennecken gründet die „Werkstätte zur Herstellung von Metallteilen für Ordnungsmittel“. (Alles für das Büro), siehe auch 1886 und 1901.

Der englische Arzt R. L. Maddox erfindet die Trockenfotografie (siehe Polaroid).

Siemens und Halske lassen das etwa 3.500 km lange Unterseekabel (Übersee-Unterwasserkabel) zwischen den USA und Großbritannien von Spezialschiffen (Kabelleger) verlegen.


Potsdamer Bauten:

Zwischen 1870 und 1880 entstehen im Potsdamer Norden bedeutende vornehme Wohnviertel.


Wirtschaft:

Die Post gibt mit der Reichsgründung neue Briefmarken heraus, die Brustschild-Ausgabe. Diese sind unterschiedlich gedruckt – für den Norden Deutschlands in Thalern als Geldwert, für Süddeutschland in Gulden-Währung (siehe auch 1875).


Soziales:

Die Einwohnerzahl Deutschlands beträgt 41 Millionen Menschen. (1841 waren es 33 Millionen, 1933 werden es 66 Millionen sein). Zu dieser Zeit erreicht die Stadt Berlin 1 Million Einwohner.

In den „Gründerjahren“ entstehen aus Handwerksbetrieben und kleineren Manufakturen nun größere Industriekomplexe. Für die nun konzentrierten Arbeitskräfte entstanden Mietskasernen mit lichtarmen Hinterhöfen. Es entstand „das Milljöh“, das Heinrich Zille später zu seinem Hauptarbeitsplatz wählte.


Musik:

In dieser Zeit wird das sozialdemokratische Kampflied „Die Internationale“ geschrieben und komponiert ...“Wacht auf, verdammte dieser Erde.../…Völker höret die Signale…“


Alltag:

Die Pferdebahn zuckelt durch die Straßen, die nach und nach Steinpflaster erhalten, vom Sandweg zur „Kunststraße“ werden.

Chikago – Fast alle Gebäude der Industriestadt fallen am 8. Oktober einem Großfeuer zum Opfer, das erst nach sieben Tagen gelöscht werden konnte. 300 Einwohner sterben in den Flammen, 900.000 werden obdachlos. Der Brand offenbart eklatante Mängel im Löschwesen. Erst 1873 wird eine städtische Feuerwehr gegründet.

Am 12. November 1871 wurde in Potsdam der Märkische Gastwirteverein gegründet.


Notizen zum Jahr 1872

Politik:

Bismarck beginnt den Kulturkampf gegen die katholische Kirche.


Wissenschaft:

Nordpolarexpedition mit dem Schiff „Tegethoff“. Leiter ist Julius von Payer, ein österreichischer Polarforscher und Maler. Co-Leiter ist Carl Weyprecht. Sie entdecken das so von ihnen benannte „Franz-Joseph-Land“.


Technik:

Abbé in Jena verbessert das bisherige Mikroskop wesentlich. Grundlage dafür war seine Abhandlung über die Theorie zum Bau leistungsstarker Mikroskope.


Bildung:

In Preußen wird die staatliche Schulaufsicht eingeführt.

Pullmann baut Speisewagen für Eisenbahnzüge.


Soziales:

v. Bodelschwingh gründet in Bethel eine Anstalt für Epileptiker.

Der Arbeits-Achtstundentag wird eingeführt


Literatur:

Gustav Freytag schreibt „Die Ahnen“, einen Roman in sechs Bänden.

Rudolf Mosse (29 Jahre alt) gründet die Zeitung „Berliner Tageblatt“.


Naturereignisse:

Ein Erdbeben geringeren Ausmaßes erschüttert die Stadt Gera in Thüringen.

Die „Krebspest“ vernichtet in Deutschland Flusskrebsbestände.


1873 – einige Ereignisse aus diesem Jahr

Wissenschaft:

Der Deutsche Carl Linde entwickelt den Kühlschrank.

Es beginnt die biologische Erforschung der Weltmeere im Hinblick auf die Seefischerei (England mit Challenger-Expedition).


Technik:

Alexander Lodygin zeigt in St. Petersburg eine von ihm entwickelte elektrische Glühlampe in einer Straßenlaterne.


Wirtschaft:

In Wien findet die diesjährige Weltausstellung statt. Eines der Exponate ist die größte Schiefertafel der Welt, die in Handarbeit gewonnen wurde. Sie hat eine Größe von 308 x 258 x 4 cm und wurde 1870 im Lehestener Staatsbruch, im Thüringer Schiefergebirge geborgen und bearbeitet. Als Gedenktafel sind in ihr die Namen der gefallenen Söhne der Stadt Lehesten eingraviert und in Gold eingelegt, die im Krieg gegen Frankreich 1870 / 71 ihr Leben ließen. Die Tafel wird ihren bleibenden Standort in der Kirche zu Lehesten finden.

Eine Weltwirtschaftskrise beendet die „Gründerjahre“.


Bauen in Potsdam und Umgebung:

Die Villenkolonie „Neubabelsberg“ ist im Entstehen begriffen.


Literatur:

Theodor Storm schreibt die Novelle „Violatricolor“. Leo Tolstoi beginnt die Arbeit an „Anna Karenina“. Jules Verne schreibt „Reise um die Erde in 80 Tagen“.


Alltag:

In Berlin beginnt man, eine zentrale Abwasserkanalisation zu verlegen.


1874

Politik:

Die Zivilehe vor dem Standesamt wird obligatorisch eingeführt (Bismarck).


Wissenschaft / Medizin:

Die Impfgesellschaft des Deutschen Reiches kann verkünden: Pockentodesfälle nehmen in Deutschland rapide ab.


Technik:

Schon wieder eine Weltneuheit. Die erste stählerne Eisenbahnbrücke von 500 m Länge wurde bei St. Louis über den Missisippi gespannt. Diese wurde am 02. Juli getestet. 14 Lokomotiven belasteten dabei den Mittelbogen. Der Konstrukteur ist James Buchanan Eads (1820 – 1887)


Bauen in Potsdam und Umgebung:

In Neuendorf wird auf dem Grundstück Schulstraße 9 eine Knabenschule errichtet. In Nowawes nimmt der Oberlin-Verein seine Tätigkeit auf. Das „Oberlinhaus“ wird gegründet.


Literatur:

Theodor Storm schreibt: „Pole Poppenspäler“, eine Novelle.

Heinrich v. Stephan schreibt: „Weltpost und Luftschiff-Fahrt“.


Malerei:

Die Impressionisten veranstalten in Paris ihre erste Kunstausstellung. Es gehören dazu: Claude Monet, Edouard Manet, Sisley, Pablo Pissaro, Degas, Renoir, Liebermann, Corinth, Slevogt. Max Liebermann fertigt das Gemälde „Die Gänserupferinnen“.


Musik:

Richard Wagner komponiert die „Götterdämmerung“, die letzte Oper aus dem Ring der Nibelungen.



1875

Politik:

In Gotha vereinigen sich die Lasalleaner mit den Marxisten zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands. Parteigründungstagung vom 22. bis 27. Mai


Wissenschaft:

Heinrich Schliemann arbeitet daran, die Stadt Troja auszugraben.

Iwan Mitschurin beginnt mit seinen erfolgreichen Pflanzenzüchtungen.

Louis Pasteur entwickelt einen Impfstoff gegen die Tollwut.


Technik:

Telefon - Im USA-Staat Connecticut wird am 25. Januar 1875 das weltweit erste Fernsprechvermittlungsamt in Betrieb genommen.

In England wird ein Fahrrad mit Freilauf und Rücktritt auf den Markt gebracht.



Bildung:

In Berliner Mädchenschulen wird das Unterrichtsfach „Turnen“ eingeführt.


Literatur:

Peter Rosegger schreibt: „Die Schriften eines Waldschulmeisters“.

Hans Christaian Andersen ist im Alter von 70 Jahren gestorben.

Von Theodor Storm erscheint die Novelle „Pole Poppenspäler“.


Alltag:

Der Berliner Druckereibesitzer Ernst Litfaß erhielt die Urheberurkunde für Säulen aus Eisenblechrohr auf Betonsockel, zum Zwecke des Plakatanschlages, nachdem er diese vor einigen Jahren eingeführt hatte. (Hi, hi, bereits 1824 gab es dazu ein Patent in London).

In diesem Jahr findet zum ersten Male der Wettbewerb des Kanalschwimmens zwischen Dover und Calais statt. Die Distanz beträgt 31 km.

Der erste Schwimmer über den Ärmelkanal ist Kapitän Matthew Webb. Für die Strecke von Dover nach Cap Gris-Nez benötigt er 21 Stunden und 45 Minuten. Im nächsten Jahrhundert wird der Weltrekord bei 7 Stunden und 40 Minuten liegen.


Frauenmode:

Hohe Schnürung und Polsterung der Damenoberbekleidung ist angesagt.



1876

Politik und Krieg:

Durch die nordamerikanische Prärie zieht die Kavallerie des General Custer. Ihr Befehl ist eine Strafexpedition gegen die unterdrückten indianischen Ureinwohner. Diese Armee-Einheit wird von Kriegern der indianischen Stämme Sioux und Cheyenne aufgerieben.


Wissenschaft und Technik:

Weltausstellung in Philadelphia (USA). Der Taubstummen-Lehrer Alexander Graham Bell stellt ein technisch brauchbares Telefon vor; wohl etwas später als Johann Philipp Reis. Der erste telefonisch gesprochene Text (angeblich): „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“. Zu den Vordenkern die schon früher an einem solchen System tüftelten gehören auch der Amerikaner Dr. Page und der französische Forscher Laborde.

Robert Koch entdeckt das Milzbrandbazillus.

Heinrich Schliemann, der autodidaktisch Kenntnisse in der Archäologie erwarb, beginnt Ausgrabungen in Mykene und findet Königsgräber mit reicher Ausstattung. Er hofft das Grab des Agamemnon zu finden.

Franziska Tiburtius ist erster weiblicher Mediziner in Berlin, also Medizinerin. Sie promovierte in Zürich. Das ist in Deutschland wohl noch kaum denkbar.

Die internationale Meterkonvention legte nach Beschluss von 1875 das nun fertig gestellte Urmeter als Metallprisma in Paris ab. Es besitzt Teilungen für100 cm und 1.000 mm.

Astronomie: Von dem sächsischen Forscher Tempel wurde der Komet Tempel entdeckt. In diesen werden die USA im Jahre 2005 ein Geschoss zur Erforschung der Zusammensetzung einbringen. Siehe 2005.

Nikolaus Otto (1832 – 1891) stellt nach mehreren Versuchsmaschinenden den ersten richtigen, von ihm konstruierten atmosphärischen Motor mit Fremdzündung (Viertakt – Ottomotor) vor. Otto und Langen gründen in Köln die Gasmotorenfabrik „Deutz AG“ und beschäftigen zwei besonders befähigte Ingenieure: Gottlieb Daimler als Direktor für Technik und Wilhelm Maybach als Leiter des Konstruktionsbüros.


Medizin:

Antisepsis und Asepsis, die schon vor 30 Jahren von „wachen“ Ärzten wie Ignaz Semmelweis eingeführt hatten (und die lange Zeit darob verlacht wurden), beginnt sich langsam als anerkanntes Gemeingut in der Chirurgie durchzusetzen. Wie viele Todesopfer hat die Nichtbeachtung, die Unsauberkeit gekostet.

Robert Koch findet den Erreger des Milzbrandes.

In Italien wird die erste dortige gelungene Schnittentbindung mit Uterusextirpation am 21. Mai 1876 gewagt. Der Operateur war der Professor für Geburtshilfe Edoardo Porro (1842 – 1902) in Pavia. Noch war ein solcher Eingriff ein Gespenst mit Todesgefahr durch Schock, Blutverlust Bauchfellentzündung, Eiterungen wegen möglicher Unsauberkeit. (Die erste uns bekannte Schnittentbindung fand 1794 in den USA statt).


Technik:

Linde entwickelt eine Ammoniak-Kältemaschine (Kühlschrank).


Wirtschaft:

Für Deutschland findet am 01. Januar 1876 eine Währungsvereinheitlichung statt. Bisher wurde in Norddeutschland mit Thalern und Groschen bezahlt, in Süddeutschland mit Gulden und Kreuzer berechnet. Nun wird die Mark und der Pfennig einheitlich eingeführt (mit Adler und Krone Motiv). Die Mark wird bis Ende 2001, also rund 135 Jahre das übliche Zahlungsmittel in Deutschland sein. Ab 2002 ist es dann der Euro und der Cent.


In Berlin nimmt die Post den öffentlichen Rohrpostverkehr mittels Druckluftversand auf.


Bildung und Erziehung:

In Berlin wird der Museumsbau „Nationalgalerie für deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts“ eröffnet.


Literatur:

Mark Twain schrieb die Jungengeschichte „Tom Sawyers Abenteuer“.


Musik:

Tschaikowski komponiert das Ballett „Schwanensee“. Das Bayreuther Festspielhaus wird mit dem „Der Ring der Nibelungen“ von Richard Wagner (und von ihm persönlich) eröffnet.


Naturgewalten:

Im Mündungsgebiet des indischen Flusses Ganges wütet ein Zyklon mit gewaltiger Zerstörungskraft. 215.000 tote Menschen sind zu beklagen.



1877

Politik und Krieg:

1877 / 78 Russisch – türkischer Krieg. Schlacht am Schipka – Pass.


Wissenschaft:

Ernst Curtis (1814 – 1896) leitet die Ausgrabungen von Olympia in den Jahren 1875 – 1881.

A. Hall entdeckt die Marsmonde und Schiaparelli die Mars-Kanäle.

In Belgien wurde ein Saurierskelett von etwa 10 Metern Länge gefunden.


Technik:

Der erste Viertaktmotor der Welt (aus der Deutz AG, Köln) geht in Betrieb.

Der Amerikaner Graham Bell entwickelt mit Unterstützung der Elisha Gray das erste Telefon mit vortrefflicher Hörqualität.

Thomas Alva Edison erfindet den Phonographen. Im gleichen Jahr stellt er nach vielen Versuchen mit Glühmaterialien die erste „langlebigen“ Glühlampen mit „Glühfaden“ aus verkohltem Papier her.

Die erste Berliner Telefonverbindung gibt es zwischen dem Arbeitszimmer des Generalpostmeisters v. Stephan in der Leipziger Straße, und dem Arbeitszimmer des Direktors des Telegraphenamtes in der Französischen Straße wird eingerichtet.


Wirtschaft:

Hermann Blohm und Ernst Voß gründen eine neue große Schiffswerft in Hamburg.

In den USA wird für die Landwirtschaft der Bindemäher=Mähbinder entwickelt.

Unabsichtlich wird aus Colorado der Kartoffelkäfer nach Europa eingeschleppt.

In Deutschland wird die gesetzliche Pflicht zur Fleischbeschau nach der Tierschlachtung eingeführt.


Literatur:

Gottfried Keller schreibt die Schweizer Novelle „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ und Peter Rosegger das autobiographische Werk „Waldheimat“. Richard Wagner schreibt den Text zu dem Weihespiel „Parsifal“. Emile Zola verfasst den französischen naturalistischen Roman „Die Spelunke“.


Alltag:

Berlin erreichte jetzt die Einwohnerzahl von 1 Million Menschen.

Uns erreicht die Nachricht, dass wohl mit Schiffen aus Nordamerika versehentlich Käfer hier eingeschleppt haben, die gelb-schwarz gestreift sind und die unsere Kartoffelpflanzen befallen.



1878

Politik:

In diesem Jahr erfolgen zwei Attentate auf den Kaiser.11. Mai Attentäter Hödels. Am 02. Juni Attentäter Nobilings. 19. Oktober: Der Reichstag erlässt (auf das Betreiben Bismarcks) das Sozialistengesetz. Dieses Gesetz verbietet sämtliche politischen Aktivitäten, nachdem bereits 75 und 76 die Arbeitervereine „Lassalleaner“ und „Eisenacher“ verboten wurden.


Wissenschaft:

Hughes entwickelt das Kohle-Mikrophon. Thomas und Gilchrist entwickeln den Thomasprozess in der Metallurgie. Nordenskjöld gelingt die Nordost-Passage bei Sibirien. Thomas Alva Edison entwickelt eine Sprechmaschine (den Phonographen).


Technik:

Mannlicher entwickelt das Mehrlader-Gewehr.

Ende des Jahres bestehen in Deutschland 287 Fernsprechstellen.

In den großen Städten wird die Druckluft-Rohrpost eingeführt.


Bauten in Potsdam:

1877 – 1879 wird das Astrophysikalische Observatorium erbaut.


Wirtschaft:

Die diesjährige Weltausstellung findet in Paris statt. In Berlin wird der Weltpostverein gegründet.

Am 10. Dezember wird in der thüringischen Stadt Gotha das erste europäische Krematorium eröffnet. Mediziner befürworten die platzsparende und hygienische Feuerbestattung, die Kirche bekämpft vorerst die Totenverbrennung.


Literatur:

Theodor Fontane schreibt den Roman „Vor dem Sturm“ und Friedrich Engels den „Anti-Dühring“, ein Werk zum dialektischen Materialismus. Der französische Bakteriologe Louis Pasteur schreibt „Die Mikroben“.


Sport:

In Hannover wird der erste deutsche Fußballverein gegründet und in Berlin eine Rollschuh-Hallenbahn eingeweiht.


Aus dem Jahre 1879

Politik:

Bismarck führt die antiliberale Schutzzollpolitik wieder ein.


Wissenschaft und Technik:

Gewerbeausstellung in Berlin.

Werner von Siemens baut mit Halske die erste kleine, mit einem offenen Sitzplatz ausgestattete, elektrische Lokomotive der Welt für die Eisenbahn. Sie dient mit einem angehängten Zug von Wägelchen der Personenbeförderung auf der Berliner Gewerbeausstellung im Treptower Park. Zu dieser Zeit gibt es auch die erste elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin. Leipziger Straße.

Alvar Thomas Edison entwickelt die Kohlenfadenlampe mit Schraubsockel. Er nutzt dazu die Arbeiten von Heinrich Göbel aus den Jahren 1854 / 56 und meldet die Lampe (unter seinem Namen) als Patent an. Erst 1907 wird die moderne Glühlampe mit Wolframfaden erstmals produziert (in den USA). In diesem Jahr zur Weihnachtszeit schmückt Edison außer in seiner Wohnung und der Arbeitsstätte auch den New Yorker Menlo-Park mit vielen Glühlampen. Eine noch nie da gewesene Erscheinung der Lichterfülle. Dazu baut er die „Erste Kraftstation“, eine Dynamomaschine, die von einer Dampfmaschine angetrieben wird. Von einem „Kraftwerk“ wird man aber erst 1882 sprechen können. Aber auch die Stadt Berlin zeigt in der Leipziger Straße schon die erste elektrische Straßenbeleuchtung.

Albert Neisser (1855 – 1916) entdeckt die Gonokokken als Tripper-Erreger.

Eine Katastrophe am 28. Dezember: Einsturz der Firth of Tay Brigde – Dundee, die in Nordschottland über die Ennobucht führt. Konstrukteur der Brücke ist Thomas Bouch. Die Bauzeit betrug sechs Jahre. Mit 3.264 m war sie die längste Brücke der Erde. Am 26. September war die neue Brücke eingeweiht worden. Am 28. Dezember gegen 19.00 Uhr brach bei starkem Sturm das etwa 1 km lange Mittelteil der Brücke. Der Zug war im Dunkeln in die Tiefe des Fjords gestürzt. Alle 75 Personen starben. (Die Folgebrücke wird 1887 fertig gestellt sein – wesentlich massiver gebaut).


Bauten in Potsdam:

Der Gebäudekomplex der früheren Gewehrfabrik (An der Gewehrfabrik und Priesterstraße) wird Kaserne für das 1. Garde-Regiment zu Fuß.


Wirtschaft:

Die erste deutsche Markthalle wird in Frankfurt am Main gebaut.

Literatur

Gottfried Keller schreibt „Der grüne Heinrich“, 2. Fassung, ein autobiographisches Werk.


Musik:

Tschaikowski komponiert „Eugen Onegin“.


Alltag:

Zum ersten Male wird in Werder an der Havel das Fest der Baumblüte begangen.


1880

Politik:

Bismarck verlangt vom Parlament, dem Reichstag, die Bewilligung von Geldern zum Erwerb von Samoa. Deutschlands Regierungsspitze wollte Kolonialreiche und deren Roh- und Naturstoffe (siehe auch 1887).


Wissenschaft:

Eberth, Koch und Gaffky entdecken den Typhus-Erreger. Robert Koch entdeckt erstmals unter dem Mikroskop stab- und kugelförmige Kokken.

Möbius erkennt die Schilddrüsenüberfunktion als Auslöser der Basedowschen Krankheit. Louis Pasteur entdeckt Streptokokken, Staphylokokken und Pneumokokken.

J. P. Pawlow beginnt die Arbeiten über bedingte Reflexe an Hunden.

Der schwedische Polarforscher Nordenskjöld kehrt mit dem Schiff „Vega“ von der erfolgreichen Suche nach der Nordostpassage zurück. (Buch: Die Umsegelung Asiens und Europas auf der Vega).


Technik:

Siemens stellt auch die ersten Bogen – Leuchtenmasten für die elektrische Straßenbeleuchtung am Potsdamer Platz und in der Leipziger Straße in Berlin auf.

Siemens baut auch am nordwestlichen Berliner Stadtrand einen eigenen neuen Stadtteil mit Fabriken und Arbeiter-Wohnanlagen auf „Siemensstadt“.

Versuchsweise sind auch in Berlin noch immer einige Dampfkaleschen unterwegs.

Dieses Jahr gilt in der Fotografie als Beginn „Der Momentaufnahme“ auf Glasplatten. Nun bedarf es beim Fotografen keiner Kopfstützen mehr, um bei halbstündigen Belichtungszeiten verwackelungsfrei Portraits zu fertigen.


Wirtschaft:

Einführung von Fernsprech-Geräten bei der Deutschen Post durch Generalpostmeister v. Stephan.

Gründung der privaten Potsdamer Pferde-Straßenbahn auf Gleisen. Erneuerung der Langen Brücke.

Die Bildung von Konzernen zieht überall neue Arbeitsstätten „auf der grünen Wiese“ nach sich, so werden auch die Vororte der Großstädte industrialisiert. Es setzt eine Landflucht in Richtung der Städte ein aber die Arbeiterunterkünfte sind durchaus nicht immer so komfortabel wie die neuen Industrieanlagen.


Bauten:

Der Kölner Dom wird als fertig erklärt. Die Grundsteinlegung war im Jahre 1248.

Rückblicke in die jüngere Vergangenheit: 1823 -Karl Friedrich Schinkel leitete Restaurierungsarbeiten auf der Dombaustelle, die seit 1560 dem Verfall preisgegeben war.

Goethe setzte sich für den Weiterbau des Doms ein. 1842 -Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. erteilt den Befehl zum Weiterbau des Doms. 1880 - Der Dom wird unter dem preußischen König Wilhelm I (Bruder des Vorgenannten), fertig gestellt.


Um 1880 beginnt man verschiedene Straßen erstmals mit einer Asphaltoberfläche zu versehen (siehe auch 1888, Betonstraßen).


Bauten in Potsdam ud Umgebung:

Baubeginn für das Landgericht am Nauener Tor und das benachbarte Victoria-Gymnasium. Fertigstellung im Jahre 1883. Im westlichen Teil der Stadt werden viele einfache Mietshäuser errichtet.

Die Stadtmauer, die Potsdam umgab, wird bis auf wenige Stücke (zur Veranschaulichung) abgerissen. Die Arbeiten werden sich bis 1900 hinziehen.

In der Nowaweser Auguststraße eröffnet die neue Schule aus roten Klinkern ihre Tore.


Literatur:

Conrad Duden (1829 – 1911) gibt sein „Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache“ heraus.

Leo Tolstoi schreibt „Die Beichte“, „Über eine russische Hinwendung zu einem christlichen Sozialismus“.


Kunst:

Rodin schuf die Bronzestatue „Der Denker“.


Einige Ereignisse des Jahres 1881


Politik:

Am 13. März erliegt Zar Alexander II in Petersburg einem tödlich wirkenden Bombenattentat. Man hatte sich von ihm weitere gute Reformen erhofft.

Die Hauptstadt Berlin wird aus der Provinz ausgegliedert, obwohl territorial in die Mark Brandenburg eingebettet und wird somit kreisfreie Stadt.

Wissenschaft:

Emil Brugsch-Bey findet ein Grab mit vierzig ägyptischen Königs-Mumien im Tal der Könige. G. A. Hansen entdeckt das Leprabazillus und Pasteur die Tollwut-Schutzimpfung. Fehleisen entdeckt die Streptokokken, die den Rotlauf der Schweine hervorrufen. Ein Schüler von Robert Koch, der Japaner Kitasato entdeckt das Clostridium tetanie. Nicolaier entdeckt ebenfalls etwa zeitgleich den Erreger des Wundstarrkrampfes

Robert Koch wird als Regierungsrat im Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin benannt.


Technik:

Weltausstellung in Paris. Natürlich befinden sich Siemens und Halske unter den Ausstellern und Besuchern, genauso wie Emil Rathenau und der Münchener Oscar v. Miller. Die Edison-Company zeigt als Sensation elektrische Glühlampen.

Werner v. Siemens und Halske bauen in Berlin die erste elektrische Straßenbahn der Welt. Die Jungfernfahrt findet am 16. Mai statt. Die Streckenführung beginnt am Bahnhof Lichterfelde-Ost und führt zur Hauptkadettenanstalt. Die Wagenmaße entsprechen denen der Pferdebahn (Wagen 5m lang, 2m breit). Motormasse: 500kg, Leistung 5 PS. Bei der Probefahrt erreichte der Wagen, mit 26 Personen besetzt, 40 km/h. Zugelassen wird für den regulären Betrieb aber nur eine Geschwindigkeit von 20 km/h.

Es beginnt der Bau des Ozeandampfers „City of Rome“ mit 8.150 BRT, 11.900 PS, mit 32(!) km/h.

In Berlin sorgt ein Hochrad-Rennen für großes Aufsehen.


Medizin:

Nowawes bekommt durch das Wirken des Oberlin-Hauses eine so genannte „Poliklinik“. Erstmals ist dadurch hier ein Arzt fest ansässig.


Wirtschaft:

Der St. Gotthard-Tunnel wird vollendet. Er ist 15 km lang. Der Baubeginn war 1872. Die Einweihung wird im kommenden Jahr sein.

Erste Fernsprechnetze werden in Deutschland installiert. In Berlin ab April die erste Fernsprechvermittlungsstelle. Hier erscheint am 14. 7. 1881 das erste Telefonbuch gedruckt – für die ersten 99 Teilnehmer (bekannt geworden unter dem Titel „Das Buch der 99 Namen“.


Literatur:

Johanna Spyri, eine Schweizer Autorin (1827 – 1901), schreibt die Kindergeschichten „Heidis Lehr- und Wanderjahre“ und „Keiner zu klein, Helfer zu sein“.


Musik:

Die Oper „Hoffmanns Erzählungen“ des im Vorjahr verstorbene deutsch-französischen Komponisten Jaques Offenbach wird uraufgeführt.


Alltag:

In der Männermode kommt der Smoking auf. Rege Teilnahme an dem Hochradrennen in Berlin. Maximale Geschwindigkeiten bis 40 km/h wurden erreicht. Leider ging es wie immer nicht ganz ohne Unfälle ab.


Einige Nachrichten aus dem Jahre 1882

Wissenschaft:

Robert Koch entdeckt in seinem Laboratorium in der Berliner Dorotheenstraße den Tuberkelbazillus (am 24. März), „den typischen Vertreter des sozialen Elends“ und auch den Cholerabazillus dank der durch Abbé (Jena) stark verbesserten Mikroskopiertechnik. Er setzt später Tuberkulin, gezüchtet aus abgetöteten Tuberkuloseerregern, als Gegenmittel ein (siehe 1891). Gaffky, einer seiner besten Mitarbeiter, züchtete das Typhusbazillus in Reinkultur und der Mitarbeiter Löffler fand den Diphtheriebazillus.

Ernst von Bergmann (1836 – 1907) als Chirurg tätig in Würzburg, Potsdam (Wohnung in der Alten Königsstraße = Berliner Straße) und Berlin gilt als Vater der aseptischen Chirurgie gegen das tödliche Wundfieber. Er schafft den bisher üblichen schwarzen Operationsfrack ab, der mitunter so lange getragen wurde, bis das Gewebe von Blut und Eiter der Patienten steif war. An dessen Stelle wurden bei ihm weiße Kittel und Schürzen eingeführt. Bergmann führte auch die Äthermasken zur schmerzfreien Operation ein. Bergmann hatte verschiedene Assistenten, die berühmt wurden wie Lange, Schimmelbusch und v. Volkmann sowie Behring. Er gilt als der bedeutendste Berliner Arzt.

Der Mathematiker Ferdinand Lindemann beweist die Unmöglichkeit, ein der Kreisfläche gleiches Quadrat zu konstruieren (Problem der Quadratur des Kreises).

Renard und Krebs unternehmen Fahrten mit einem unstarren Luftschiff mit Elektroantrieb.


Technik:

Die Firma Siemens und Halske stellt in Berlin einen elektrischen gleisunabhängigen / gleislosen Kutschenwagen mit Oberleitungsstromabnehmer vor (O-Bus). Durch Berlin rollt der erste Zug einer Stadtbahn.

Thomas Alvar Edison nimmt in New York das erste Elektrizitäts-Kraftwerk in Betrieb.

Am 12. April wird in Berlin, im großen Keller eines Hauses in der Friedrichstraße, Ecke Unter den Linden, die erste europäische Elektro-Kraftstation in Betrieb genommen. Dazu hatte Emil Rathenau Patentrechte von Thomas Alva Edison gekauft. Das bedeutet, so heißt es, dass es seit diesem Zeitpunkt in vorerst wenigen Berliner Häusern zum ersten Mal in der Neuzeit elektrisches Glühlampenlicht gibt. (Vergleiche aber auch: Antike, Ägypten, Beleuchtung mit elektrischen Lampen, aus Batterien gespeist). Die Leipziger Straße erhält mit diesen elektrischen Laternen eine ungeheure Lichtfülle und erhellt Trottoir und Damm gleichermaßen. Bisher sind wir in den Haushalten die Kerzenlicht oder die Petroleumfunzel gewohnt und in den Straßen ein müde wirkendes Gaslicht. In zwei Jahren wird helles elektrisches Licht auch die Großgaststätte „Kaiserhallen“ erleuchten.


Bauwesen / Verkehr:

Am 01. Juni wurde die Tunnel-Bahnstrecke durch den Sankt Gotthard von Luzern nach Chiasso in Betrieb genommen. Es handelt sich mit 15 km um den bisher längsten Eisenbahntunnel der Welt. Die geologischen Verhältnisse stellten zeitweilig fast unüberwindbare Hindernisse. Bei Arbeitsunfällen starben während der Bauzeit 177 Menschen.


Wirtschaft:

Dieses Jahr findet die Weltausstellung in Moskau statt.

Thomas Alvar Edison nimmt in New York das erste Elektrizitätswerk der Welt in Betrieb.

Abbé und Schott gründen in Jena das Werk für optische Spezialgläser.

In Liebenwerda wird die Firma „REISS“ gegründet. Sie stellt viele Produkte für den Büro- und Konstruktionsbedarf her. Es gehören dazu: Zeichentische (REISS-Bretter), Zeichengeräte (REISSzeuge), Anheftnägel (REISSzwecken), Rechenschieber und vieles andere mehr.

Ein neues Ruhemöbelstück ist erfunden: Frau Elvira Mahlzahn aus Warnemünde wird von rheumatischen Schmerzen geplagt. Sie möchte aber trotzdem nicht auf Ruhestunden in frischer Luft verzichten. So entwickelt sie den vor Wind schützenden „Strandstuhl“ aus Korbgeflecht, später „Strandkorb“ genannt. So wird der erste Strandkorb der Welt am 15. Juli 1882 im Ostseestrand-Sand in Warnemünde ausprobiert, den der Rostocker Hofkorbmachermeister Wilhelm Bartelmacher angefertigt hatte.


Literatur:

Ernst Haeckel, ein Sohn der Stadt Potsdam, schreibt über „Die Naturanschauung von Darwin, Goethe und Lamarck“. Pettenkofer schreibt das „Handbuch der Hygiene“.


Musik:

Millöker komponiert: „Der Bettelstudent“. „Die Berliner Philharmonie“ wird gegründet.


Soziales:

Die erste Sozialversicherung dieser Erde tritt mit dem deutschen Krankenversicherungsgesetz in Kraft.

August Bebel setzt sich in einer programmatischen Schrift für die Gleichberechtigung von Mann und Frau ein.


Hinweise zu Ereignissen des Jahres 1883

Wissenschaft:

USA-Patent des ersten funktionstüchtigen Kolben–Füllfederhalters durch Lewis Edson Waterman. Wirtschaftliche Anwendung in Deutschland ab 1908.

H. A. Lorentz begründet die Elektronentheorie.

Robert Koch gelingt der Nachweis, dass eine noch bessere antibakterielle Wirkung als mit Karbolsäure sich mit strömendem Wasserdampf erzielen lässt (also sowohl Dampfsterilisation aber auch das Auskochen). Nur lassen sich damit die Hände des Chirurgen nicht gut behandeln. Robert Koch (11.12. 1843 – 27.05. 1910) entdeckte unter vielem anderen zu dieser Zeit auch den Erreger der Cholera. Zum Gedenken wird man schreiben: Bereits viermal ist die Cholera im 19. Jahrhundert bei gewaltigen erdumspannenden Infektionszügen auch bis nach Europa vorgedrungen und hat auf ihrem Wege schrecklich gewütet, zahllose Menschenopfer gefordert. Das waren die Zeiten um 1830 -32, 1840 – 62, 1863 -75 und um 1883. Heinrich Heine war als Korrespondent der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ in Paris, als er von dort 1832 einen besonders erschütternden Bericht lieferte. Zu den Erkrankungssymptomen gehören: Reiswasserähnliche Durchfälle, starke Flüssigkeitsverarmung der Gewebe, Erbrechen, Muskelkrämpfe, Bewusstseinstrübung.


Technik:

Im Jahr 1883 ließen sich Gottfried Daimler und Wilhelm Maybach den von ihnen entwickelten und gebauten Viertaktmotor patentieren. Neben Carl Friedrich Benz gehören sie zu den Schöpfern des modernen Automobils. Die ersten Motore bauten sie in Zweiräder und Boote ein. 1901 wird er auch in den ersten „Mercedes“ eingebaut.

In den USA wurde seit 13 Jahren an der Brooklyn-Brigde zwischen Manhattan und Brooklyn in New York gebaut. Nun ist sie fertig. Konstrukteur ist Johann August Röbling aus dem thüringischen Mühlhausen (12. 09. 1806 – 22. 07. 1869). Er war an den Folgen eines Arbeitsunfalls (Tetanusinfektion) gestorben. Sein Sohn Washington Roebling 1837 – 1926) baute dann die Brücke über den East River. Das Bauwerk ist 1,83 km lang. Die größte Spannweite beträgt 486 Meter, die Höhe über dem Wasser 85 m. Sie ist die erste elektrisch beleuchtete Brücke der Welt.


Soziales:

Der Kanzler Bismarck führt so manche gewaltige Änderung ein. Er setzt ein Gesetz durch, dass sich alle beim Staat gegen Krankheitsfolgen versichern lassen und vom Lohn in diese Kasse einzahlen. Genauso gibt es nun eine Unfallversicherungspflicht: Falls es uns mal trifft wird dann die Vorsorge wirksam.


Naturgewalten:

Vulkaninsel Krakatau in Indonesien – Ein Vulkan verändert die Welt:

Im März wurden kleinere Beben im Innern des Vulkans registriert

Am 20. Mai des Jahres 1883 kommt es zu deutlicheren Beben.

Am 26. und 27. August 1883 bricht der Vulkan Krakatau, zwischen den Inseln Java und Sumatra als Insel in der Sundastraße gelegen, aus. Um 01. Uhr mittags am 26. beginnt mit dem Ausbruch ein Inferno, die verheerendste jemals aufgezeichnete Katastrophe. Etwa alle 10 min kommt es zu gewaltigen Eruptionen, flüssiges Gestein, Felsbrocken und Bims werden hoch in die Luft geschleudert, Asche regnet anhaltend herab. Pyroplastische Massen fließen vom Vulkankegel dem Meer zu. Eine Rauchsäule steigt viele Kilometer in die Atmosphäre hinauf, was eine Abkühlung der Luft bewirkt. Gegen 6.44 Uhr abends reißt eine erneute gewaltige Explosion den Kraterberg auseinander (begünstigt wurde diese Explosion vom Vorhandensein zweier unterschiedlicher Magmasorten).

Am 27 August gegen 10 Uhr am Vormittag kommt es zu einer weiteren gewaltigen Explosion mit erneuten Erdbeben, gefolgt von einer Sunami-Welle deren Höhe auf 24 m geschätzt wurde. An Menschen waren in vielen Orten (etwa 165 betroffenen Orte) insgesamt etwa 36.400 Todesopfer zu beklagen. Der Himmel verfärbt sich ins rötliche, selbst lange in anderen Erdteilen zu beobachten.


Nachrichten aus dem Jahre 1884

Politik:

Deutschland tritt in die Reihe der Kolonialmächte ein. Deutschland hisst seine Staatsflagge in Togo, Kamerun, Deutsch-Ost-Afrika und Neuguinea.


Wissenschaft / Maschinenbau:

Parsons entwickelt die Dampfturbine.

Robert Koch entdeckt den Erreger der Cholera.

In diesem Jahr gelingt die Herstellung von Seide auf künstlichem Wege. Kunstseide aus Zellulose. Bald darauf folgen Kupfer- und Viskoseseide, später Acetatseide.

Nipkow, ein Schüler von Helmholtz und Slaby, schafft in diesem Jahr die Grundlage für bewegte Fernsehbilder (Nipkowscheibe), eine Lochscheibe für eine Bildabtastung und -übertragung.

Der Füllfederhalter revolutioniert die Schreibkunst. Lewis E. Waterman stellt in New York den ersten Füller vor Patent im Vorjahr).

Die französischen Offiziere Renard und Krebs konstruieren das erste lenkbare Luftschiff „La France“ und treiben es mit einem Elektromotor an, was ihm eine Geschwindigkeit bis zu 24 km / h verleiht.


Bauen in Berlin:

Am 09. Juni 1884 wird der Grundstein für das Reichstagsgebäude in der Nähe des Berliner „Brandenburger Tores“ gelegt.


Bauen in Potsdam und Umgebung:

In Nowawes wird in der Lutherstraße 1 das 2. Pfarrhaus gebaut.


Das Jahr 1885

Politik:

Die Marshall-Inseln und die Karolinen werden weitere deutsche Kolonien.


Wissenschaft / Medizin:

Erste Versuche von Blinddarmoperationen finden ab etwa 1885 statt. Eine Appendektomie war auch 1902 durchaus noch eine dramatische Operation (siehe auch 1902/03, 1739).

Ernst von Bergmann begründet die keimfreie Chirurgie in Deutschland (Asepsis). Er sagt über seinen Berufsstand voller Ironie: „Ich halte es für die größte Errungenschaft des 19. Jahrhunderts, dass es der Arzt gelernt hat, sich vor seiner Arbeit die Hände gründlich zu waschen.

Weismann findet heraus, dass das Keimplasma unsterblich ist.

Am 15. August bricht der 20jährige schwedische Forscher Sven Hedin zu Pferde zu seiner 1. Asienreise auf. Er reitet durch Kaukasien, Persien und Mesopotamien und später zurück über das Kaspische Meer, das Schwarze Meer nach Konstantinopel, Bulgarien, Ungarn, Preßburg, Wien.


Technik und Verkehr:

In diesem Jahr findet in Leipzig erstmalig die Muster-Messe statt.

Seit 1874 war die Brooklyn-Hängebrücke in New York im Bau. Jetzt konnte sie eingeweiht werden. Ihr Konstrukteur ist Johann August Röbling (1806 – 1869, amerikanisch: John Roebling).

Am 25. Januar 1885 stellte in England John Kemp Starley wohl das erste „vernünftig“ handhabbare Fahrrad mit Hartgummibereifung vor (siehe auch Dunlop).

Carl Friedrich Benz aus Mannheim gelingt es zum ersten Male mit einem selbstkonstruierten und selbst gebauten Dreiradautomobil zu fahren. Das erste Auto der Welt. 265 kg schwer, Einzylinder-Zweitakt-Motor mit 1 PS, Motormasse 110 kg, maximale Geschwindigkeit 16 km/h. Siehe auch 1888.

Der 51jährige Gottlieb Daimler baut den 1. luftgekühlten Einzylinder-Fahrzeugmotor für seinen „Petroleum-Reitwagen“ (das erste Motorrad der Welt, im Wesentlichen aus Eichenholz bestehend). Bald darauf entsteht eine Petroleum-Motor-Kutsche. Gemeinsam mit Wilhelm Maybach gründet er eine Versuchswerkstatt für Automobile.

Der Schwede Gustaf de Laval stellt die erst Dampfturbine vor. Sie erreicht 30.000 U/min.

Nordenfeld stellt ein erfolgversprechendes U-Boot vor. Es gab bereits seit etwa 1850 Versuche mehrerer anderer Erfinder.

K. Auer und von Welsbach setzt Gasglühlicht für Beleuchtungszwecke ein aber gleichzeitig beginnt man auch mit der elektrischen Straßenbeleuchtung.

Das autogene Schweißen wird erfunden (und 1905 verbessert).

In Berlin nimmt das erste Wärmekraftwerk Europas seinen Betrieb auf.

Um jene Zeit können die Eisenbahnkondukteure zwecks Billetkontrolle noch nicht durch die Reihe der (einzelnen) Wagen gehen, sondern liefen während der Fahrt auf den Außentrittbrettern entlang.


Wirtschaft:

H. Bauer erfindet den Druckknopf. Duttenhofer und Vieille entwickeln rauchloses Schießpulver.


Naturereignisse:

Eine Supernova (ein „sterbender“ Stern) hell leuchtend, ist am nächtlichen Himmel zu sehen. Auch unser Stern, die Sonne wird in einer fernen Zeit zu einer Supernova werden und alle sie umgebenen Planeten werden mit ihr verglühen.


Literatur:

Der Franzose Guy de Maupassant schreibt den erotischen Roman „Bel Ami“.


Musik:

Johann Strauß (Sohn) komponiert die Operette „Der Zigeunerbaron“.


Sport:

Es wurde der Deutsche Keglerbund gegründet.


Alltag in Potsdam:

Der Schwanenbestand, den es wohl schon vor 1700 gab, hat seinen bisherigen Höchststand erreicht. Etwa 2.000 Vögel werden zwischen Potsdam und Spandau gezählt.


Neuigkeiten aus dem Jahr 1886

Politik:

Frankreich schenkt den USA eine Freiheitsstatue, die im Hafen von New York errichtet wird.

Das seit 1871 bestehende Dreikaiserbündnis zwischen Deutschland, Österreich und Russland wird beendet.

König Ludwig II von Bayern der Märchenkönig stirbt unter mysteriösen Umständen im Starnberger See und mit ihm sein behandelnder (Nerven-) Arzt. Der König war Cousin der Kaiserin Elisabeth I von Österreich-Ungarn „Sisi“.


Wissenschaft / Medizin:

Der amerikanische Chirurg Reginald Heber Fitz aus Boston benennt zum ersten Mal „die Seitenkrankheit“ mit Appendizitis und wies darauf hin, dass eine erfolgreiche Heilung ausschließlich durch chirurgisches Entfernen möglich sei, also nicht durch Versuche internistisch-konservativer Behandlung. Escherisch entdeckt die Coli-Bakterien.

Goldstein entdeckt die „Kanalstrahlen“ (positiv geladene Atome).

Heinrich Hertz untersucht elektromagnetische Wellen und deren Resonanzproblematik. Seine praktischen Versuche der Wellenausbreitung bestätigten die theoretischen Voraussagen des englischen Physikers James Clerk Maxwell und ebneten den Erkenntnisweg zur drahtlosen Telegraphie, zum Rundfunk, zum Fernsehen, ja, zur Erforschung des Weltalls.

Die ultraviolette Strahlung des Sonnenlichts wird nachgewiesen.


Technik:

Carl Benz meldet beim Patentamt ein von ihm konstruiertes und gebautes Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb an.

Gottlieb Daimlers Dreirad-Auto erhält einen neuen Motor, den Nikolaus August Otto in Frankfurt baute. Aber auch die erste vierrädrige Motorkutsche wird vorgestellt.

In diesem Jahre wurde in Deutschland die Geschirrspülmaschine erfunden.

Erfindung des Lochers. Am 14. Nov. 1886 wurde ein schweres Modell zum Stanzen von Sammelmappen von Friedrich Soennecken in Bonn zum Patent angemeldet. (siehe auch 1871 und 1901.


Wirtschaft:

Robert Bosch (1861 Ahlbeck – 1942 Stuttgart) gründet eine elektrotechnisch-feinmechanische Werkstatt und entwickelt Autozubehör, wie den Hochspannungsmagnetzünder.

Die Brüder Mannesmann entwickeln ein Walzverfahren zur Herstellung nahtloser Rohre


Sport:

Es wird der Deutsche Schwimmverband gegründet.


Alltag/Mode:

Der erste Smoking wird am 10. Oktober von Griswold Lorillard auf einem Herbstball in New York getragen. Sein kurzes schwarzes Jackett ist den in England populären Smoking-Jackets nachempfunden, die allerdings nur auf Herrenabenden zulässig sind.


Neues aus dem Jahr 1887

Wissenschaft:

Der Deutsch-Österreicher Mikulicz führte sterilisierte Zwirnhandschuhe für Operateure ein.

Thomas G. Morton beginnt in Philadelphia mit regelmäßigen Blinddarmoperationen (Wurmfortsatzextirpationen).

Der amerikanische Pfarrer Hannibal Goodwin erfindet für die Photographie den Rollfilm, statt der bisher üblichen schweren Glasplatten. Dazu verwendete er als Trägermaterial für die lichtempfindliche Schicht den leichten, biegsamen Kunststoff „Zelluloid“, der 1869 erfunden wurde.


Technik:

Berliner bringt ein Grammophon für Schallplatten auf den Markt.

Daimler konstruiert einen vierrädrigen Kraftwagen mit Benzinmotor.

Nikolai Tesla entwickelt den Drehstrommotor.


Wirtschaft:

Heroult begründet das Metallschmelzverfahren im Elektroschmelzofen.

Die Krupp-Werke beschäftigen inzwischen 21.000 Arbeiter und Angestellte.

Gründung der Deutschen Kolonialgesellschaft.


Bauwesen:

In diesem Jahr wird mit dem Bau des Kanals begonnen, der einst die Nordsee mit der Ostsee verbinden wird. 1895 wird er fertiggestellt sein und Kaiser-Wilhelm-Kanal benannt werden.


Soziales:

Am 14. Januar beginnt in Nowawes für Deutschland die Betreuung und Förderung taubblinder Menschen, denen sich Diakonissen des Oberlin-Hauses annehmen. Zu dieser Zeit ist das Diakonissen-Mutterhaus das größte Gebäude im Ort. Leiter ist der Pfarrer Dr. Theodor Hoppe.Die erste Diakonisse und Oberin ist Thusnelda v. Saldern (1837 – 1910). Der erste Zögling war die taubblinde Hertha Schultz aus Cottbus.


Kunst / Musik:

Verdi komponiert die italienische Oper „Othello“.

Die Berliner Varieté-Bühne „Wintergarten“ wird eröffnet.


Naturgewalten:

Hochwasserkatastrophe in China am Howangho. Der gelbe Fluss trat aus seinem Bett und überschwemmte weite Gebiete. Ungefähr 1 Mio. Menschen sollen den Überschwemmungen zum Opfer gefallen sein. Darüber hinaus wurden etwa 2 Mio. Menschen obdachlos.


Alltag:

Der polnische Arzt Dr. Ludwig Zamenhof stellt die von ihm entwickelte Kunstsprache „Esperanto“ (hoffnungsvoll) vor.

Im April hält Fritjof Nansen in der Berliner Kroll-Oper (am Reichstag) Vorträge über seine Nordpolarexpedition.


Die Epoche 1888 – 1914 – das neue Deutsche Kaiserreich.

Das Jahr 1888

Politik:

Das Drei-Kaiser-Jahr: Am 3. März erkrankt Kaiser Wilhelm I. Am 9. des gleichen Monats verstarb er. Er ruht bei seinen Eltern Fr. Wilhelm III und Königin Luise im Mausoleum zu Charlottenburg.

Sein liberal denkender Sohn ist Friedrich (III.), verheiratet mit der englischen Prinzessin Viktoria (Vicky). Es beginnen nun für Friedrich III (1831 – 1888) 99 Regierungstage als Kaiser, nämlich vom 9. März bis zum 15. Juni. Zu jener Zeit war er aber bereits schwer krank und stirbt am 15. Juni an Kehlkopfkrebs.

Im Frühsommer nimmt der Kronprinz Wilhelm (1859 – 1941) als 29 jähriger, als Kaiser Wilhelm II. (und letzter deutscher Kaiser) das Regieren des Reiches. Er möchte aus dem Agrarland Deutschland einen modernen Industriestaat machen, will England in der Produktivität erreichen und überflügeln. Diese Träume enden 1918 nach dem Ende des Ersten Welt-Krieges, als das Kaiserreich aufhört zu existieren.

Deutschland erhält die Insel Helgoland.


Wissenschaft:

Auf dem Potsdamer Telegraphenberg beginnt der Bau von Forschungseinrichtungen.

Heinrich Hertz begründet die Theorie des Vorhandenseins elektromagnetischer Wellen durch Versuche.

Fritjof Nansen durchquert Südgrönland auf Skiern von Ost nach Westen.

In Irland laufen Versuche mit einer Einschienenbahn, die später abgebrochen und erst 1952 wieder aufgenommen werden.


Technik:

Die Potsdamer Bahnreparaturwerkstatt geht in das Eigentum des Staates über. Sie erhält die Bezeichnung: „Königliche Eisenbahn-Hauptwerkstätte“.

Das Vermarkten des Benzschen Motorwagens macht nur geringe Fortschritte. Da unternimmt Frau Benz mit ihren Söhnen eine spektakuläre Werbefahrt von Mannheim über Heidelberg nach Pforzheim, eine über 80 km lange Strecke, die die Zweifler von der Robustheit des Fahrzeugs überzeugte. Eine Sensation!

Sesseldreiräder (Fahrräder mit dem Sitz zwischen den Rädern) sind vereinzelt auf den Stadtstraßen zu sehen.

Der irische Tierarzt John Boyd Dunlop gründet die Dunlop Rubber Company zur Herstellung von luftgefüllten Fahrzeugreifen.

George Eastmann verbessert das Filmmaterial und gründet später die „Eastman-Kodak-Company“. Edison versucht, den Einzelbildern das Laufen zu lehren.


Bautechnik:

Doehring erfindet den Spannbeton. Eine deutsche Erfindung: Die erste Betonstraße wird gebaut.


Bauen in Potsdam:

Die Stadt will sich vergrößern. Weiterer Abriss eines Stückes der Stadtmauer. Nun steht das Nauener Tor ohne Torfunktion und Mauer frei.

Die Lange Brücke (von Schinkel) muss erneuert werden.


Wirtschaft:

Es stirbt Friedrich Wilhelm Raiffeisen, der Gründer der landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften (geb. 1818).

Die Berliner Pferdebahn hat derzeitig einen Bestand von 2.000 Wagen, 7.500 Pferden und 5.000 Beschäftigte. Das sind 1.300 Schaffner, 1.250 Kutscher und 1.150 Stall-Leute. Hinzu kommen 1.300 Verwaltungsangestellte. 250.000 Fahrgäste werden in den bis zu 60 Personen fassenden Wagen pro Jahr befördert. Natürlich ist es Frauen, ob ihrer Kleidung untersagt, auf dem Oberdeck zu sitzen.


Literatur

Theodor Fontane schreibt „Irrungen und Wirrungen“. Gerhart Hauptmann schreibt „Bahnwärter Thiel“ und Theodor Storm „Der Schimmelreiter“.


Naturgewalten:

Im März 1888 Vulkanausbruch in Neu Guinea. Die deutsche Kolonie versinkt im Meer.


1889 - Wir staunen über ein Jahr voller Ereignisse

Politik:

27. Januar, wie in jedem Jahr: Kaiser Wilhelms Geburtstag. Die Schulkinder haben aus diesem Anlass schulfrei – also auch fast Geburtstag

Am 30. Januar 1889 erschießt sich der österreichische Thronfolger Prinz Rudolf (Sohn von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth / Sisi) und seine außereheliche Geliebte, die Baronesse Mary Vetsera im Jagdschloss Mayerling. Er wollte wie seine Mutter nicht die Enge der Monarchie ertragen, ohne Hoffnung auf Liberalisierung und Reformen.

1. Mai 1889 – Gründung der II. Sozialdemokratischen Internationale in Paris.

Der 1. Mai wird Kampf- und Feiertag der Arbeiterklasse.

Das Bürgerliche Gesetzbuch wird in Kraft gesetzt.


Wissenschaft:

Behring entdeckt Antitoxine. Beginn der Hormonforschung (Selbstversuche durch Brown-Sequard). Dolivo-Dobrwolski entwickeln den Drehstrommotor. Hollerith entwickelt die Lochkartenzählmaschine. v. Mehring und Minkowski beweisen den Eintritt der Zuckerkrankheit wegen Ausfalls der Bauchspeicheldrüse.


Technik:

Der Amerikaner Otis baut den ersten elektrisch betriebenen Lift.

Weltausstellung (in Paris ist es die vierte). Der Turm von Gustave Eiffel (1832–1923) wird anlässlich der Weltausstellung eröffnet. Ebenso zum Gedenken: Vor 100 Jahren die Französische Revolution ist (damals) 312 m hoch. Später mit Radio- und Fernsehantennen schrittweise bis zu 324 m hoch. Seine Masse beträgt etwa 7.300 t Stahl. und aus etwa 15.000 Metallstreben untereinander verbunden mit etwa 7 Millionen Schrauben und etwa 2, 5 Mittionen Niete. Er ist seinerzeit das höchste Bauwerk der Erde.

Erste Autoausstellung in Paris. Die erste Auto-Kraft-Droschke (Taxi) in Berlin, vom Fuhrunternehmer Thien bewirtschaftet. Die erste Rolltreppe wird vorgestellt.


Wirtschaft:

Einrichtung einer Handwerkskammer in Berlin.

In Dresden werden die Eg – Gü – Werke gegründet (Fettchemie, besonders bekannt, auch noch 100 Jahre später durch die Schuhcreme in Tuben).


Bauten in Potsdam:

Auf dem Brauhausberg wird die Kriegsschule gebaut, die später als Reichsarchiv umfunktioniert wird.


Literatur:

Otto Lilienthal schreibt das Buch: „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Er ist Ingenieur und besitzt eine Fabrik für Kesselanlagen. Außerdem ist er Direktor des Berliner Ostend-Theaters, des 10-Pfennig-Theaters als Sozialbeitrag zur Bildung des Volkes, das er als junger Mann gegründet hatte. Damaschke gründet die Zeitschrift „Bodenreform“.


Soziales:

Der Arbeiter-Samariter-Bund wird gegründet. Die Alters- und Invalidenpflichtversicherung für Arbeiter wird in Deutschland eingeführt. Im Ruhrstreik erreichen die Arbeiter eine Audienz beim Kaiser und in dessen Folge eine Lohnerhöhung und eine Arbeitszeitverkürzung.


Sport:

Meyer und Purtscheller ersteigen als erste Menschen den Kilimandscharo in Afrika, etwa 5.968 m hoch. In diesem Jahr wurde der Davis-Pokal für den Tennis-Sport gestiftet.

Der Deutsche Fußballbund wurde gegründet,


Alltag: Erste elektrische Spielzeugeisenbahn in Deutschland.


Mode:

Für Frauen: Dunkle schwere Stoffe mit Quasten, Stickereien, Schleppen, Cul, Spitzen und Perlen.


1890 – 1914 In Deutschland herrscht die Zeit des „Jugendstil“ mit verschlungenen Ornamenten und Pflanzenmotiven. In England und Frankreich gibt es eine Entsprechung, die „Nouveau art“ genannt wird.


Was geschah im Jahre 1890?

Politik:

Der Kaiser Wilhelm II schickt den eisernen Reichskanzler Bismarck=Schönhausen in den Ruhestand, mit dem Titel „Herzog von Lauenburg“. Sein Kanzlernachfolger wird CapriviEnde der Wirkung des Sozialistengesetzes (seit 1878). Umbildung der Sozialistischen Arbeiterpartei zur Sozialdemokratischen Partei Deutschlands unter August Bebel.

Das letzte Kind des Deutschen Kaiserpaares, Prinz Joachim Franz Humbert, wird am 17. Dezember geboren.


Wissenschaft:

Es stirbt Heinrich Schliemann, der deutsche Archäologe (geb. in Neu-Buckow 1822, später wohnend in Ankershagen).


Technik:

Mannesmann entwickelt das Röhrenwalzverfahren.

Die ersten elektrisch gesteuerten Straßenuhren kommen auf. Sie sind eingebaut in „URANIA“-Reklamesäulen.

Ein unübersichtliches / unübersehbares Netz von Freiluftleitungen für Elektrizität und Telefonanschlüsse überspannt die Straßen über den Köpfen der Passanten in den modernen Großstädten wie London oder New York ähnlich wie ein dichtes Spinnennetz.

Der Verein für Luftschifffahrt wird gegründet.


Wirtschaft:

Abbé begründet die Carl-Zeiss-Stiftung mit Gewinnbeteiligung der Arbeiter.

Professor William Steward Halsted (1852 – 1922) aus Baltimore erfindet den dünnen chirurgischen Gummihandschuh, nach seinen Angaben von der Goodyear-Rubber- Company gefertigt.


Bauten, historische:

Zwischen 1890 bis etwa 1902 Ausgrabungen und Erforschung des römischen Limes, der sich etwa 550 km vom Rhein zur Donau zog. Dabei freigelegt: 100 Kastelle und 1.000 Wachtürme. Initiator des Unternehmens: Theodor Mommsen.


Bauten in Potsdam und Umgebung:

In den Ravensbergen, nahe dem Brauhausberg werden Institute für Astrophysik, für Geodäsie und für Meteorologie gebaut und diese bis 1899 vollendet.

Zur Regierungszeit Kaiser Wilhelm II entstehen zahlreiche neue Prunkbauten.

Unser geliebtes Bassin wird nun zugeschüttet. Raum für Neues muss her. So bleibt uns ein Bassinplatz ohne Bassin.

In Nowawes wird in der Bismarckstraße die Weberei A. Pietsch errichtet.

Der Oberlin_Verein errichtet in Nowawes das erste Krankenhaus.



Wirtschaft / Kommunalwesen:

In den deutschen Großstädten wird mit dem Installieren einer öffentlichen elektrischen Beleuchtung von Straßen und Plätzen begonnen – aber auch 70 Jahre später findet man durchaus noch Gas-Straßenlaternen.

Mannesmann lässt ein Röhrenwalzwerk errichten. Dunlop produziert Autoluftreifen.


Literatur:

Es stirbt der Schweizer Dichter Gottfried Keller (geb. 1819).

In Berlin wird die „Freie Volksbühne“ eröffnet.


Malerei:

Es stirbt Vincent van Gogh (Freitod in geistiger Umnachtung), der niederländische Maler zwischen Impressionismus und Expressionismus (geb. 1853), nach einer Periode fieberhaften Schaffens.


Alltag:

Am 07. Januar stirbt in Berlin im alten Kaiserlichen Schloss Unter den Linden, die vormalige „Kaiserin Friedrich“, Kaiserwitwe Augusta.

Was bekomme ich momentan für mein Geld? Ein Angestellter wohnt in Berlin zur Untermiete. Das Zimmer mit Frühstück (Ei, Aufschnitt, Brot, Butter, Tee) kostet 33,-- Mark im Monat. Abendbrot, Licht, Heizung (Holz, Kohle, Dienstleistung des Heizens), Strom und das Waschen der Wäsche – so gewünscht – 60,-- Mark /Monat. Das Mittagessen im „Franziskaner“ 1 Mark / Tag. (Leider ist für diese Aufstellung nicht der Monatsverdienst angegeben).

Das Weihnachtsgebäck kostet je Stück einen Dreier. 1 Groschen hat 12 Pfennige. Somit kostet das Gebäck 3/12 oder 1/4 Groschen.


Im Jahre 1891 notierten wir:

Wissenschaft:

Der Rotations-Kupfertiefdruck wird von Klietsch erfunden.

Die erste Elektro-Fernübertragung wird errichtet.

Thomas Alva Edison erfand in den USA einen Vorführapparat für bewegte Bilder (Film genannt).

Samuel P. Langley (1834 – 1906) legt Grundlagen für „Flugobjekte schwerer als Luft“ dar.

Otto Lilienthal (1848 – 1896) arbeitet weiter an Segelflügen. Erstmals fliegt er 15 m durch die Luft.

Lokales: In der Nowaweser Lindenstraße richtet man im Postamt die Vermittlungsstelle für Ferngespräche ein. Die menschliche Sprache zwängt sich durch dünne Drähte. Der optische Telegraph mit seinen winkenden Holzarmen wird dann wohl bald ausgedient haben.


Medizin:

Robert Koch erzeugt das Tuberkulin (siehe auch 1882). Er stellt seine Entdeckungen und Entwicklungen einem großen Publikum vor. Dazu nutzt er den größten „Vortragsraum“ der Stadt Berlin vom Zirkus Renz, an der Weidendammer Brücke (dem späteren Friedrichstadt-Palast), in dem 8.000 Personen Platz finden.

Emil von Behring, ein Schüler von Koch entwickelte einen Impfstoff gegen die Diphtherie (früher Bräune genannt). In der v. Bergmannschen Klinik in Berlin werden in der Weihnachtsnacht erstmals Kinder mit Serum gegen Diphtherie geimpft, nachdem in Preußen in diesem Jahr in der Epidemie an dieser Infektionskrankheit bereits 36.160 Menschen gestorben waren.

Der berühmte Arzt Karl Ludwig Schleich (Schüler von Virchow) erfindet die örtliche Betäubung (Lokalanästhesie).


Technik:

Der Tschechische Wissenschaftler Tesla entdeckt die nach ihm benannten Ströme. Er entwickelt auch einen Hochspannungstransformator für über 1 Mio. Volt.


Wirtschaft:

Beginn des Baues der Trans-Sibirischen Eisenbahn (unter Zar Nikolaus II. Romanow) von Wladiwostok im Fernen Osten aus.


Gesundheit:

Es bricht eine europaweite Grippeepidemie aus.


Soziales:

Der erste Kongress freier Gewerkschaften beschließt Frauen in die Reihen ihrer Mitglieder aufzunehmen. Ein neues Reichsgesetz regelt die Sonntagsruhe. Das Gesetz über die Arbeitszeit begrenzt den Arbeitstag für Fabrikarbeiter auf maximal 11 Stunden.


Naturgewalten:

In Japan (Mino-Owan) fordert ein Erdbeben 7.500 Tote.



Das Jahr 1892

Wissenschaft:

Th. L Wilson erforscht die Kalzium-Karbonat-Anwendung.

Dubois findet auf der Insel Java Überreste von Affenmenschen (Pitecanthropus).


Technik:

Gründung des Verbandes „Deutscher Maschinen- und Anlagenbau“.

Der erste Diesel-Motor wird gebaut (wegen seines hohen Gewichts aber erst 1935 in ein Kraftfahrzeug eingesetzt).

In den USA fand etwa 1892 der Wechsel vom Hochrad (Fahrrad) auf das Niederrad oder Sicherheitsrad mit zwei gleich großen Rädern und Kettenantrieb statt.

Der Filmbetrachtungsschrank = das Ein-Personen-Kino wird entwickelt.

Es stirbt der forschende Ingenieur Werner v. Siemens (geb. 1816).


Wirtschaft:

Hugo Stangen eröffnet das erste Berliner Reisebüro.


Bauwesen in Potsdam und Nowawes:

James Hobrecht (geb. 31. Dez.1825, gest. 8.Sept. 1902), Feldmesser, früher in der Berliner Bauakademie, Regierungsbaumeister in Berlin, Stadtbaurat in Stettin, Stadtbaurat in Berlin. Er konzipierte für Berlin und weitere 30 deutsche Städte, wie auch im Ausland ein modernes Abwassersystem, träumte und verwirklichte grüne Oasen und Rieselfelder. In Nowawes beginnt man aber vorerst mit dem Aufgraben der Straßen für Trinkwasserleitungen, deren Endstellen bis in die Hausflure oder gar Küchen gehen sollen. Oh, da werden die Pumpengespräche auf der Straße weniger werden.

In der Schwanenallee Nr. 7 wird die Kaiserliche Matrosenstation gebaut unter der Leitung des norwegischen Architekten H. H. Munthe. Bis 1996 soll das Areal mit Kaianlage, Empfangsgebäude, Wohnhäusern und Schuppengebäude fertig sein und den Namen Königslandzunge (auf norwegisch „Kongsnaes“) erhalten. (Eine Vorausschau: Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wird diese Station zerstört aber ab 2010 wieder neu errichtet.Bauen in Berlin:

Der alte Dom gegenüber dem Schloss, der unter Friedrich II. errichtet wurde, soll abgetragen werden. Af gleichem Grundstück soll bis 1905 ein neuer, gewaltiger Dom als Kaiserkirche errichtet werden.


Literatur:

August Bebel schreibt „Christentum und Sozialismus“.

Gründung des „Bund Deutscher Amateurtheater“.


Musik:

In Berlin wird das „Theater unter den Linden“ eröffnet, das aber Pleite gehen wird. 1898 wird es als das „Metropol-Theater“ erneut eröffnet.

Verdi komponiert den „Falstaff“.


Gesundheit:

In Hamburg bricht eine Cholera-Epidemie aus. Wegen von dort flüchtender Menschen wird die Krankheit auch in andere Landesteile geschleppt. Etwa 9.000 Menschen werden dahingerafft. Es wird die letzte dieser Art in Deutschland sein, weil in der Zukunft Impfstoffe zur Verfügung stehen.


Notizen über das Jahr 1893

Politik:

Deutschland war bisher in fünf unterschiedliche Zeitzonen aufgeteilt. Das führte beispielsweise zu bis zu 33 min. Differenzen in der Zeitangabe bei Zuganschlüssen und war nicht mehr tragbar. Diese Zergliederung wurde heute, am 01. April 1893 aufgehoben.

Am 23. November wurden an den Kaiser und Kanzler Caprivi Sprengstoffpäckchen geschickt. Es blieb jedoch bei den Attentasversuchen, da die Sendungen rechtzeitig als sehr verdächtig erkannt wurden.


Wissenschaft:

Die erste meteorologische Beobachtungsstation Deutschlands, wird in Potsdam errichtet.

Rudolf Diesel stellt seine Erfindung, den ersten Schwerölmotor vor, der später nach ihm benannt werden wird.

In den USA wird der Reißverschluss patentiert.

J. Elster und H. Geitel entwickeln die Photozelle.

Fritjof Nansen unternimmt eine Nordpolexpedition mit dem Segelschiff „Fram“, die bis 1896 dauern wird.

Behring entwickelte das Heilserum gegen Diphtherie (Bräune).


Technik:

Am 16. Januar stellt der Automobilbauer Carl Benz den ersten deutschen Omnibus vor. Er verkehrt auf der Strecke Siegen-Netphen-Deutz. Schmidt konstruiert eine Heißdampflokomotive.


Bauen und Wirtschaft:

Eröffnung des Kanals von Korinth in Griechenland. Er verbindet das Ionische Meer mit dem Ägäischen Meer. Er hat eine Länge von 6,3 km und eine Tiefe von 8,0 m.


Potsdamer Bauten:

Es entsteht die Pfingstkirche die mit Gemeindehaus und Wohnhaus zu einer großzügigen Anlage gestaltet wird. (Geschichtliche Gotik im märkischen Backsteinstil).


Musik:

Paul Lincke ist im Apollo-Varieté an der Berliner Friedrichsstraße als Kapellmeister tätig.

Das Berliner Zentraltheater öffnet an der „Alte Jakobstraße „seine Pforten mit einer Berliner Revue.

Zum Weihnachtsfest Uraufführung der Oper „Hänsel und Gretel“ vom Komponisten Engelbert Humperdinck nach dem Märchen der Gebrüder Grimm.

Es stirbt der russische Komponist Peter Tschaikowski an der Cholera (geb. 1840).

Puccini vertont „Manon Lescaut“ und Sibelius „Karelia“.


Bildung und Erziehung:

Erstmals wird in Berlin eine Frau zum Universitätsstudium zugelassen.



Für 1894 notierten wir

Politik:

Fürst v. Hohenlohe u. Elsaß-Lothringen wird im Oktober Deutscher Reichskanzler – bis 1900., da Kanzler Caprivi den Dienst aufgab.

„Dreyfus-Affaire“. Am 22. Dezember 1894 wird Alfred Dreyfus, ein französischer Offizier jüdischer Herkunft in Frankreich wegen angeblicher Spionage für Deutschland degradiert und verbannt. Nach einem politischen Kampf, der von 1898 acht Jahre dauert, wird er 1906 rehabilitiert.

Krieg des Landes Japan gegen China. Japan besiegt China.


Wissenschaft:

Sven Hedin (1865 – 1952), der schwedische Forscher begibt sich bis 1897 auf eine Reise in das Innere von Asien. Er schreibt Bücher über die Wüste Gobi, den Tibet, das Tarimbecken.

Rayleigh und Ramsay stellen das Edelgas Argon dar.

Der Arzt Karl-Ludwig Schleich (1859 – 1922) entwickelt die örtliche Betäubung.

Yersin und Kitasato entdecken unabhängig voneinander das Pestbazillus.

Der englische Maler und Zeichner Howard Carter beginnt im ägyptischen Tal der Könige als selbsternannter Archäologe zu graben. Vorzufinden sind dort etwa 60 Grabanlagen, wahrscheinlich vor Urzeiten ausgeraubt. Er sucht fieberhaft nach dem Grab des Kindkönigs „Tut anchamun“ (verschiedene Schreibvarianten). Nach fast 30 Jahren (1922) soll die Suche als erfolglos eingestellt werden aber dann findet er es nach entbehrungsreichen Grabungen und Geldbitten tatsächlich und unversehrt. Siehe 1922.


Technik:

Klatte erfindet das Kettenwalzverfahren.

A. und Louis Lumiere (1864 – 1948) erfinden den Kinematographen, den Filmvorführapparat.

In Berin werden die ersten öffentlichen Telefonsprechstellen (Telefonzellen) eingerichtet.


Wirtschaft:

Die Towerbrücke in London wird fertig.

Erstes internationales Autorennen von Paris nach Rouen. Ein Daimler-Wagen siegt.


Bauten in Potsdam und Umgebung:

Es wird die königliche Matrosenstation „Kongsnaes“ im norwegischen Holzhausstil, mit Anlegeplatz für die Yachten des Hofes, am Rande des Neuen Garten errichtet.

Für Neuendorf wird an der Lindenstraße das Rathaus eingeweiht.


Musik:

Alexander Schuke übernahm in Potsdam den Orgelbau der Firma Gesell, dessen Vorgänger der Orgelbauer Gottlieb Heise war, der den Betrieb 1820 gründete. A. Schuke ist der Sohn eines Pfarrers aus der Prignitz.


Literatur:

Rudyard Kipling schreibt „Das Dschungelbuch“.


Sport:

Baron de Coubertin gründet das Komitee für Olympische Spiele.



Das Jahr 1895

Politik.

In diesem und dem darauffolgenden Jahr sowie in einer zweiten Welle in den Jahren 1914 / 1915 metzeln türkische Moslems etwa eine Million armenischer Christen nieder, weil diese nicht Allah anbeten, andersgläubig sind und damit als „gottlos“ gelten.

Am 03. September wird in Berlin die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche eingeweiht. Baubeginn war der 22.03. 1891


Wissenschaft:

Im Herbst findet Konrad Röntgen die „X-Strahlen“, die später nach ihm benannt werden. Er startet erst Versuche, die Strahlen nutzbringend anzuwenden. Sie durchdringen mühelos Holz, Fleisch und andere Materialien. (Siehe auch 1901).Der Professor musste der Kaiserlichen Familie über seine Forschungsergebnisse in einem allgemein-verständlich gehaltenen Vortrag darüber berichten.

Abbe erfindet das Prismenfernrohr. Popow bedient sich erstmals der Hochantenne.

Carsten Borchgrevink (1864 – 1934) betritt als erster Europäer, möglicher Weise auch als erster Mensch das Festland des antarktischen Kontinents (Antarktis).

Ramsay und Cleve entdecken das Edelgas Helium.

Es scheitert die große Expedition Fritjof Nansens, die das Ziel verfolgte, den Nordpol zu erreichen.

N. R. Finsen: Anwendung von UV-Strahlen in der Medizin.

Es stirbt Louis Pasteur, der französische Bakteriologe und Chemiker, geb. 1822.


Technik:

Der Forscher Ferdinand Schneider aus Fulda stellt im März seine bahnbrechende Entwicklung einer Telegraphie ohne Drahtübertragung vor.

Am 11. und 12. Juni fand das erste Autorennen der Welt in Frankreich statt. Der Gewinner war Emile Levassor. Sein Fahrzeug erreichte zuverlässig die Geschwindigkeit von 23,6 km/h.

Das Schiff „Savannah“ überquert mit Besegelung und mit Schaufelrädern, die von einer Dampfmaschine angetrieben werden, den Atlantik. Dampfmaschine von Robert Fulton gegen Verzögerungen durch Flauten.

Am 1. November findet in Berlin die erste Kinovorstellung der Welt statt. Dazu dient den Erfindern, den Brüdern Max und Emil Skladanowski mit dem Kinematographen, dem „Bioskop“ mit Handkurbelantrieb, der große Saal des Varieté „Wintergarten“. Erstmals „lebende Bilder“ auf einer Leinenwand. Natürlich ein stummes Kunstwerk von wenigen Minuten Länge (aber mit dem sprechenden Erklärer auf der Bühne. Die vorherigen „Labor-Versuche“ fanden in der Berliner Straße in Pankow, im Saal der „Gaststätte Sello“ statt.

Die beiden französischen Chemiker Auguste und Louis Lumière entwickelten etwa zeitgleich ebenfalls einen Kinofilmprojektor, den „Cinèmatographen“, ein noch weitaus besseres Gerät, als das der Brüder Skladanowski und stellen es im Dezember vor.


Wirtschaft:

Carl von Linde gründet eine Fabrik, in der verflüssigte Luft hergestellt wird (Luftverflüssigung bei -191°C).


Bauen für die Wirtschaft:

Der Kaiser-Wilhelm-Kanal ist fertig. Er verbindet die Nordsee mit der Ostsee. Er weist eine Länge von 98,7 km auf, bei einer durchschnittlichen Tiefe von 13,7 m. Den Höhenunterschied zwischen den Meeresspiegeln gleichen zwei Schleusen aus.

Der Nord-Ostsee-Kanal (Kaiser-Wilhelm-Kanal) war im Bau seit 1887 und wird jetzt fertig.


Baukunst:

In Berlin wird die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, nahe dem Zoologischen Garten gelegen, geweiht.

In Probstheida bei Leipzig wird mit dem Bau des Völkerschlachtdenkmals begonnen, das uns an den Sieg der Alliierten 1813 über die französischen Besatzer erinnern soll. Etwa im Jahre 1913 soll es fertiggestellt sein.


Philosophie / Literatur:

Theodor Fontane schreibt „Effi Briest“. Es stirbt der deutsche Schriftsteller Gustav Freytag, geb. 1816. Es stirbt der deutsche Sozialist Friedrich Engels in England, geb. 1820, Mit-Begründer des Dialektischen Materialismus, Freund von Karl Marx.


Film / Theater:

Am 28. Dezember 1895 veranstalten die Brüder August und Louis-Jean Lumiere mit ihrem Kinematographen erstmals eine öffentliche Filmvorführung (natürlich Stummfilm). Das Gerät ähnelt dem Apparat den Thomas Alva Edison 1891 in den USA erfand aber nicht im Ausland als Patent anmeldete.

Erste Filmvorführung der Brüder Skladanowsky im Berliner Wintergarten in Berlin.


Malerei:

Am 18. Dezember begeht „die Kleine Exzellenz“, Adolph Menzel seinen 81. Geburtstag. Unter vielen Werken schuf er auch das „Flötenkonzert Friedrich des Großen in Sanssouci“


Musik:

Kienzl komponiert die Oper „Der Evangelimann“ und Richard Strauss “Till Eulenspiegels lustige Streiche“.


Soziales:

Es stirbt Luise Otto-Peters, die Gründerin des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins, geb. 1819.


Alltag:

Am 27. Januar ist wie in jedem Jahr Kaisers Geburtstag. Das beste daran: Es ist schulfrei. Aber auch alle Verkaufsstellen sind geschlossen. Es ist eben Feiertag.

Noch nicht lange Zeit gibt es Kinderwagen, in denen Säuglinge liegen können. Bisher waren kleine Handwagen üblich, für Kinder, die schon sitzen können.


Mode:

Mode „der Frauenzimmer“: Glatte weite Röcke, halblange Puffärmel, Schärpen.



Das Jahr 1896

Politik:

18. Januar 1896: 25. Jahrestag der Kaiserproklamation im Schloss Versailles.



Wissenschaft:

Der Italiener Marconi befasst sich erfolgreich mit der Funktelegraphie (siehe auch 1897).

Henry Becquerel findet die später nach ihm benannten Strahlen – die natürliche radioaktive Strahlung des Uranerzes. Das Uran als Element wurde bereits 1786 von Klaproth entdeckt.

Marie und Joliot Curie entdecken die Elemente Radium und Polonium und fanden die künstliche Radioaktivität (siehe auch 1934).

Es stirbt der schwedische Chemiker und Unternehmer Alfred Nobel (geb. 1833).

Johann Thienemann beginnt mit der Erforschung des Vogelzuges.

Der schwedische Asienforscher Sven Hedin entdeckt die alten buddhistischen Städte Dedan-uilik und Kara-dung (Ortsnamen in etwa phonetisch wiedergegeben).


Medizin / Gesundheitspflege:

Dr. Ludwig (oder Louis) Rehn gelingt in Frankfurt am Main die erste Operation am offenen Herzen. Leider hatte er keine Zeit sich speziell auf diese Operation gründlich vorzubereiten, denn er musste einen jungen Mann operieren der bei einem Überfall eine Stichverletzung des Herzens erlitten hatte. (Siehe aber auch 1898).

Wilhelm Conrad Röntgen unternimmt erste Foto-Aufnahmen mit den X-Strahlen, wie er sie nennt.

Der „Berliner Verein für Volksbäder“ gibt ein Programm heraus, in dem die Forderung aufgestellt wird: „Jedem Deutschen wöchentlich ein Bad“. Öffentliche Wannen- oder Brause-Badeeinrichtungen aufzusuchen ist den meisten Menschen fremd. In der Schüssel wäscht man sich.


Technik:

Am 24. März führt Alexander Stepanowitsch Popow (1859 – 1906) seinen Versuch der drahtlosen Telegraphie vor Wissenschaftlern in St. Petersburg vor. „Heinrich Hertz“ lautete der erste drahtlos übermittelte Morse-Funk-Spruch der Menschheit. Seine bahnbrechende Arbeit wurde im zaristischen Russland nur in bescheidenem Maße angewendet.

In diesem Jahr beginnt der Bau der Berliner U-Bahn.

Howard und Taite erwerben das Staubsaugerpatent. In Deutschland kommt das Produkt einige Jahre später auf den Markt.

Es stirbt am 09. August 1896 der Ingenieur und Flugpionier Otto Lilienthal (in der Berliner Charité) nach einem Absturz bei seinen Gleitflugversuchen bei Schmölln (Rhinower Berge). Er stürzte aus 20 m Höhe ab und erlitt tödliche Verletzungen - das erste Todesopfer eines Flugzeugabsturzes. Er wurde 48 Jahre alt.

Das Stahlschiff „Rickmer Rickmers (aus der Rickmers-Werft in Bremerhaven) wird in Dienst gestellt. Anfangs fährt es die Überseelinie als Handelsschiff, später wird es der portugiesischen Armee als Segelschulschiff dienen aber letzthin wird es ab 1985 bis weit ins nächste Jahrtausend hinein, in Hamburg vertäut als Museumsschiff liegen.



Wirtschaft:

Eröffnung der Gewerbeausstellung im Treptower Parkgelände, nahe Berlin.

Baukunst:

Am 18. Juni wird das Kyffhäuserdenkmal nahe der Burg Kyffhausen im gleichnamigen Kyffhäusergebirge eingeweiht. Es erinnert an den mittelalterlichen Stauferkaiser Barbarossa (Rotbart). 247 Stufen bis zur Aussichtsplattform hinauf, von der man bei gutem Wetter einen schönen Ausblick weit ins Thüringer Land hat und bis zum Brocken im Harz schauen kann.


Musik:

Die Familie des Musikers Wilhelm Kempff sen. zieht von Jüterbog nach Potsdam.

Es stirbt der österreichische Komponist Anton Bruckner, geb. 1824.

Es stirbt Clara Schumann, geb. Wieck, deutsche Pianistin, geb. 1819.

Die Oper „La Boheme von Puccini wird sehr gefeiert.


Malerei / Kunst:

Es beginnt der Zeitraum des Jugendstils.


Literatur:

Der polnische Schriftsteller Hendryk Sienkiewicz schreibt den Roman „Quo vadis?“ („Wohin gehst du?“)


Sport:

Die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit finden in Athen statt. Es ist uns überliefert, dass die ersten Olympischen Spiele in Athen um 776 vor unserer Zeitrechnung begonnen hatten und von diesem Zeitpunkt an, alle vier Jahre wiederholt wurden. Die christliche Regierung in Griechenland verbot dann im Jahre 393 unserer Zeitrechnung die friedlichen Olympischen Spiele als eine heidnische Kulthandlung (sie waren zu Ehren des Göttervaters Zeus ausgerichtet worden). Erst rund 1.500 Jahre später, jetzt im Jahre 1896 gibt es wieder Olympische Spiele, die ersten Spiele der Neuzeit.



Alltag:

Es beginnt die Gartenstadtbewegung (Eden, Marga und ...)



Das Jahr 1897


Politik:

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes v. Bülow fordert im Reichstag für Deutschland „Einen Platz an der Sonne“, eine Forderung mit chauvinistischem Hintergrund. Deutschland „pachtet“ das chinesische Kiautschou für 99 Jahre und gibt dort deutsches Geld und deutsche Briefmarken heraus. Damit hat die Summe aller deutschen Kolonien eine Fläche erreicht, die fünfmal so groß wie das deutsche „Mutterland“ ist. Nach England und Frankreich ist nun Deutschland die drittstärkste Kolonialmacht aber in einem Vierteljahrhundert wird es damit wieder vorbei sein.



Wissenschaft:

In Böhmen wurde von Nikola Tesla das erste brauchbare Radio vorgestellt.

Der Schwede Andrée, Strindberg und Fränkel sterben bei dem Versuch, den Nordpol der Erde im Freiluftballon zu erreichen.

Guglielmo Marconi hat am 13. Mai 97 in England einen Aufsehen erregenden Erfolg mit drahtloser Telegraphie. Mit der drahtlosen Funktelegrafie erreicht Marconi eine Entfernungsüberbrückung von 14 km. Zu diesem Versuch war auch der deutsche Funkpionier Adolf Slaby eingeladen. Er ist Professor für Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Charlottenburg bei Berlin. Professor Slaby und Graf Arco unternehmen ebenfalls erfolgreiche Funk-Versuche in Potsdam – (mit „der Ernte“ der Früchte von Marconi?)

Prof. Slaby wurde als erster Vertreter Technischer Hochschulen in das „Herrenhaus“ berufen.

Bekannt wird aber auch dass ein sprühender Geist und intensiver Tüftler, der Forscher Ferdinand Schneider in Fulda bereits im März 1895(!) seine bahnbrechende Entwicklung drahtloser Telegraphie (mit damals noch geringer Reichweite) vorstellte. Ihm blieb jedoch der große Durchbruch seines Bemühens versagt.

Krische und Spitteler entwickeln einen Kunststoff und nennen diesen „Galalith“.

Goodwin ersetzt für die Fotografie die gläsernen Platten durch flexibles Zelluloid. Beide Filmträger werden jahrelang nebeneinander genutzt.

Ross entdeckt, dass der Überträger der Malaria die Anophelesmücke ist.


Technik:

Erster deutscher Automobilklub gegründet, unter dem Namen: „Mitteleuropäischer Motorwagen-Verein“.

Siemens und Halske lassen zwischen Zehlendorf und Lichterfelde die erst elektrische Versuchsbahn rollen.


Wirtschaft:

Zeiss nimmt die Produktion von Prismen-Fernrohren auf.

Ein deutsches Schiff erringt „das blaue Band“ für die schnellste Fahrt über den Atlantik.

Siemens und Halske wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.


Potsdamer Bauten:

In Potsdam wird begonnen eine Abwasserkanalisation zu errichten und auch Trinkwasserleitungen bis in die Wohnungen zu verlegen. Bisher goss man die allgemeinen Abwässer in den Rinnstein, Kot und Urin kamen aber bereits in Senkgruben. Damit war nun in der Stadt schon in wenigen Jahren Schluss. (Siehe auch Hinweis 1860).

Es entsteht die neue kaiserliche Hauptpost am Wilhelmplatz, Ecke „Am Kanal“. Sie wird 1900 fertig gestellt.


Soziales:

Der Deutsche Caritasverband (ein katholischer Wohlfahrtsverband) wird gegründet.


Alltag:

Am 3. Juli 97 wird in Wien der Vergnügungspark „Prater“ eröffnet Das Riesenrad des Schausteller-Unternehmers Gabor Steiner ist eine der Hauptattraktionen. Das Rad ist 67 m hoch und 430 Tonnen schwer. Dieses hatte der englische Ingenieur Walter Basset in acht Monaten errichtet.

Der Großsegler Rickmer Rickmers wird in Dienst gestellt. Das Schiff liegt auch noch 2005 als Museumsschiff im Hamburger Hafen.

Flugzeugmodelle mit Dampfmaschinenantrieb kommen auf den Markt.


Musik:

Es stirbt Johannes Brahms, ein deutscher Komponist neoklassischen Stils, geb. 1833.Paul Lincke zeigt in Berlin sein Stück „Venus auf Erden“ Texte: Heinrich Bolten-Baeckers – ein toller Erfolg.



Das Jahr 1898

Politik:

6. März: Ein „Pachtvertrag“ für einen deutschen Flottenstützpunkt in Kiautschou (China) wird auf 99 Jahre geschlossen. Am 27. April verurteilen August Bebel und Wilhelm Liebknecht im Reichstag die Annexion Kiatschous.

23. April – 10. Dezember: Spanisch-Amerikanischer Krieg (erster Krieg um die Neuaufteilung der Welt).

30. April: Deutscher Flottenverein gegründet, denn „Die Zukunft Deutschlands liegt auf dem Wasser“, hatte der Kaiser ausgeführt.

Im März und Juni sprechen August Bebel und Wilhelm Liebknecht gegen die Deutsche Kolonialpolitik.

30. Juli. Es stirbt der Fürst Otto von Bismarck, deutscher konservativer Staatsmann, Reichsgründer, „eiserner“ Reichskanzler von 1871-1890. Er war 1815 geboren.

Am 10. September Mordanschlag auf die österreichische Kaiserin Elisabeth (Sisi // im späteren Film aber Sissi) auf dem Quai Mont Blanc am Genfer See durch den Stich mit einer Feile mitten ins Herz. Obwohl bereits schnelle Herzoperationen möglich waren (siehe 1896) konnte sie nicht gerettet werden. Zeitverzug? Die falschen Ärzte am falschen Ort? Der Anarchist und die Kaiserin kannten sich nicht. Er wollte nur ein Zeichen setzen, eine vornehme, reiche Dame treffen. Auch sie war zu dieser Zeit „versehentlich“ am falschen Ort.


Wissenschaft:

Pierre und Marie Curie entdecken die chemischen Elemente Radium und Polonium.

Braun entwickelt das Kathodenstrahlrohr mit Leuchtschirm (Braunsche Röhre).

Dewar verflüssigt Wasserstoff bei -240 °C. Pickering entdeckt den 9. Saturnmond.

Frank und Caro stellen Kalkstickstoff als Düngemittel her.

Robert Koldewey (1855 – 1925) gräbt bis 1917 Babylon aus.

Erste Versuche des Züchtens von Zellen im Reagenzglas durch Leo Loeb.


Technik:

23. April: Erstes Motorradrennen in Berlin. 25. Mai Probefahrt des ersten Omnibusses mit Akkumulatorenantrieb.

Der „Umwandlungsvertrag“ verpflichtet die große Berliner Pferdeeisenbahn zur Elektrifizierung der Straßenbahnen.

Strowger entwickelt den Drehwähler für Fernsprechapparate.

Am 09. Sept. wird in Berlin die erste Kraftdroschke zugelassen.


Bautechnik:

16. September: Spreetunnel in Treptow für Straßenbahnen geöffnet.


Potsdamer Bauten:

Die Erlöserkirche, in märkischer Backsteingotik gebaut, wird geweiht.

Auch auf Hermannswerder wird für die Hoffbauerstiftung eine Kirche errichtet.


Wirtschaft:

In diesem Jahr wird in der Stadt die Industrie- und Handelskammer Potsdam gegründet.


Literatur:

Franz Mehring schreibt die „Geschichte der deutschen Sozialdemokratie“.

Käthe Kollwitz beendet den Zyklus „Weberaufstand“.

Theodor Fontane veröffentlicht das Werk „Der Stechlin“.


Soziales:

Im Februar Massenproteste wegen des Gesetzesentwurfs „Zuchthausvorlage“.

Es stirbt Theodor Fontane, norddeutscher Dichter, geb. 1819.


Sport:

Erstes Berliner Automobilrennen findet zwischen Berlin und Potsdam statt.


Wissenswertes über 1899

Politik:

Finnland wird russifiziert.

Rixdorf erhält das Stadtrecht (wird aber ab 27. Januar 1912 in „Neukölln“ aufgehen).

Palau und die Marianen werden deutsche Kolonien.


Wissenschaft:

Carsten Borchgrevink überwintert mit neun Begleitern (freiwillig) das erste Mal in der Antarktis.

Oskar Picht setzt die Blindenschrift von Louis Braille (6 Punkte in 63 Kombinationsmöglichkeiten) in Schreibmaschinentypen um. Oskar Picht wurde am 27. Mai 1871 in Pasewalk, als Sohn des Bäckermeisters Wilhelm Picht geboren. Er war bis 1897 Lehrer in Marienthal bei Greifswald und wird später Blindenlehrer. 1911 führt er die Stenoschreibmaschine ein.

Elster und Geitel erkennen: Radioaktivität entsteht bei radioaktivem Zerfall. Beginn der Atomphysik. Rutherford entdeckt die Alpha- und Beta-Strahlen radioaktiver Atome.

Sir Arthur Evans rekonstruiert die Paläste des Knossos auf Kreta.

Medizin:

Dreser entwickelt das Aspirin als Mittel gegen Fieber und Schmerzen. Damit beginnt die Anwendung synthetischer Heilmittel.

Elsa Neumann wird erste Doktorin der Berliner Universität.


Technik:

Adam Opel (1837 – 1895) baute in Rüsselsheim Nähmaschinen und Fahrräder und tüftelte an so manch technischer Neuerung. Erst seine fünf Söhne befassten sich ab 1899 mit dem Autobau. Schon 1929 wird die Autofabrik aber aus wirtschaftlichen Gründen eine Tochter von General Motors.

Drachenflugversuche der Brüder Wright, die 1903 zum ersten bemannten Motorflug führen.

Das erste Berliner Kino wird (in der Münzstraße) eröffnet.

Die jüdischen Fabrikanten Benno Orenstein und Arthur Koppel gründen in Neuendorf, nahe dem Bahnhofe Drewitz eine Fabrik für leichte Lokomotiven. Im ersten Jahr beträgt die Anzahl der Leute über 420 Arbeiter und Angestellte, die vorerst etwas mehr als 100 Maschinen im Jahr produzieren. Besonders imposant ist innerhalb des Werkes die sinnreiche örtliche Führung der Zulieferungen anzuschauen: Die Zubehörteile kommen aus zwei Reihen von Maschinenhallen, die um die Endmontagehalle angeordnet sind. Jene zylindrische Halle mit kreisrundem Grundriss für den Endzusammenbau auf einer Drehscheibe (der "Zirkus"), wird von einer freitragenden Kugelkalotte überspannt. Mit 50 Metern Durchmesser ist sie wohl die größte zu dieser Zeit auf unserem Kontinent.

Der Norweger Johan Valer und der USA-Bürger William Middlebrook erheben beide in diesem Jahr den Patent-Anspruch auf das Erfinden der Büroklammer. Wir wissen, dass es sich bestenfalls um eine Art Wiedererfindung handeln kann, denn die Büroklammer, war, allerdings in häufig geänderten Formen, schon bereits seit den Sumerern (3.000 Jahre vor Chr. bekannt).


Bauen in Potsdam und Umgebung:

Auf dem Brauhausberg wird die Kriegsschule errichtet. Der Entwurf stammt von dem Berliner Architekten Franz Heinrich Schwechten (1841 – 1924). Der Bau wird ab 1902 genutzt werden können.

Auf dem Neuendorfer Anger wird die Bethlehemkirche geweiht.


Literatur:

Max Eyth (1836 – 1906) schreibt den selbstbiografischen Ingenieurroman „Hinter Pflug und Schraubstock“.


Musik: Es sterben Johann Strauß (der Jüngere) österreichischer Komponist, geb. 1825 und Karl Millöcker, ebenfalls ein österreichischer Komponist, geb. 1842.Paul Lincke (1866–1949) komponierte die Operette „Frau Luna“ und führte diese im Apollotheater an der Friedrichstraße in Berlin auf. Ein Riesenerfolg! 600 ausverkaufte Vorstellungen hintereinander.


Soziales:

Am 24 Januar wurde der „Verein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse“ gegründet.

Elsa Neumann ist die erste Frau die an der Berliner Universität auf dem Gebiet der Physik promoviert.


Alltag:

Dr. Karl und Theodor Liebknecht eröffnen eine Rechtsanwaltpraxis in Berlin.

Ein Heuschreckenschwarm (Schistocerca peregrina) überflog das Rote Meer. Man schätzte die Anzahl der Tiere auf 500 Milliarden und ihr Gesamtgewicht auf 1 Million Tonnen. Das einzelne Tier war 10 cm lang und 8 Gramm schwer (siehe auch 1955).



1900 - Das letzte Jahr des alten Jahrhunderts oder das erste Jahr des neuen Jahrhunderts?


Politik:

Am 1. Januar - tritt das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft.

Bau des Gewerkschaftshauses am Engelufer in Berlin vollendet.

Mai: Unruhen in China. Eine große Anzahl von Europäern wird in Peking ermordet.

Der Verein der Arbeiterpresse wird in Berlin gegründet.

Lenin hält sich 1900-1902 in Deutschland auf.

Juli: Der italienische König Umberto wird in Monza ermordet.

Es stirbt am 07. August Wilhelm Liebknecht (Vater von Karl Liebknecht, Führer der Deutschen Sozialdemokratie, geb. 1826).

23. – 27. Sept. Internationaler Sozialistenkongress in Paris.

17. Oktober: Fürst Bernhard v. Bülow, wird deutscher Reichskanzler, bis 1909

24. Dezember: Die Nr.1 der russischen „Iskra“ erscheint in Leipzig.

Boxeraufstand in China als Widerstand gegen den Imperialismus. Hinrichtung von Boxern durch das Schwert.


Wissenschaft:

K. Auer von Welsbach entdeckt das Osmium-Licht.

Graf v. Zeppelin entwickelt und baut sein erstes starres Motor-Luftschiff. Erste Zeppelinfahrt.

Max Planck begründet die Energiequantentheorie.

Auf der Zugspitze und auf der Schneekoppe werden Wetterstationen errichtet und eröffnet.

Sven Hedin besucht als Geologe, Geograph mit archäologischen und anthropologischen Interessen die Stadt Lou-lan in Ostturkistan auf seiner Forschungsreise.


Medizin:

Der österreichische Arzt Karl Landsteiner (geb. 1868) findet die verschiedenen menschlichen Blutgruppen (A, B, AB und 0 benannt), nach Koagulation der Erythrocythen bei künstlichen Blutmischungen. Angeregt dazu wurde er durch immer wieder auftretende Todesfälle nach Bluttransfusionen.


Technik:

Griechenland: Vor Antikythera wurde ein Schiffswrack gehoben, dass dort in vorchristlicher Zeit gesunken war. Zu der Ladung gehört auch eine metallische Maschine mit einer Vielzahl unterschiedlicher Zahnräder. Eine komplizierte Feinmechanikerarbeit. Jahrzehnte später erst wird man nach eingehenden Untersuchungen erkennen können, dass es sich um eine „Kalendarische Rechenuhr“ handelt.

Weltausstellung in Paris. Ein riesiger Glaspalast überdacht viele Ausstellungsstücke und ist

gleichzeitig selbst ein Exponat.

Edelmann entwickelt die Galtonpfeife, die Töne im Ultraschallbereich hervorbringt.

Ruhmer entwickelt die Anfänge der Ton-Photographie. (Später: Tonfilm)

Borsig baut eine gewaltige Dampfmaschine, die 100.000 PS leistet.

Elektrischer Versuchsbetrieb der Bahn zwischen Wannsee und Zehlendorf aufgenommen.

Knorr erfindet die Druckluftbremse.

In den zurückliegenden 60 Jahren deutscher Eisenbahngeschichte wurden 51.390 Kilometer Eisenbahnstrecken in Deutschland verlegt.

Das telefonische Selbstwählsystem kommt für Verbindungen innerhalb eines Ortes auf. So wird sich bald „Das Frollein vom Amt“ auf die Vermittlung von Ferngesprächen konzentrieren können. Inzwischen gibt es 48.000 Telefonteilnehmer in Berlin


Wirtschaft:

Preise der Waren für die Bevölkerung: 1 kg Rindfleisch 0,65 Mark, 1 kg Schweinefleisch –o,70 Mark aber auch bis zu 1,50 Mark, 1 Liter Milch – 20 Pfennig, 1 kg Weizenmehl 36 Pfennige, 1 Roggenbrot – 22 Pfennige (das Pfund 11 Pfennige), 500 Gramm Kaffee 2,10 Mark, 1 Ei – 6 Pfennige.

Der Tageslohn eines (Schiefer-) Arbeiters (in Thüringen beträgt im Durchschnitt 3,-- Mark.


Bauten in Potsdam und Umgebung:

Für Arbeiter werden die Siedlungen „Cecilienhöhe“ und „Colonie Daheim“ gegründet und bis 1912 fertiggestellt. Etwa in gleicher Zeit beginnt das Bauen für Wohlhabende und Beamte auf den Stieff’’schen Wiesen, in der heutigen Gutenberg-, Hans-Thoma- und Leiblstr. Dazu musste hier die Stadtmauer gegenüber den Holländerhäusern in der heutigen Hebbelstraße abgerissen werden.

In der gleichen Zeit baut der Beamten-Wohnungsverein in der Kleinen Weinmeister-Straße, der Behlert- und der Sigismundstraße.

In der Zeit zwischen 1900 und 1912 entsteht auch der Rechnungshof in der Waisenstraße, die Kadettenanstalt in der Saarmunder Straße, das Realgymnasium an der Kaiser-Wilhelm-Allee.

1900 ist auch die Kaiserliche Oberpostdirektion, Am Kanal, Ecke Wilhelmplatz fertiggestellt.

Im Dezember 1900 erfolgt im Schlosspark Babelsberg der erste Spatenstich für den Bau des Teltowkanals, der zwischen dem Griebnitzsee und der Glieniker Lake beginnt. Zu diesem Auftakt hat der rührige Landrat Ernst v. Stubenrauch die Unterstützung des Monarchen gewonnen. Dieser schickt die Kaiserliche Hoheit, den Prinzen Wilhelm. Nach dem feierlichen (aber recht umständlich-steif erscheinenden) Zeremoniell stärken sich die Anwesenden im Restaurant „Bürgers Hof“. Der Teltow-Kanal soll den Transportweg zwischen Havel und Oberspree um 16 km verkürzen. Siemens erprobt auf der Baustelle elektrische Bagger und elektrische Schleppkähne. Arbeiter schaufeln den Kanal für den geringen Lohn von 28 Pfennig je Stunde. Der Kanal wird letztendlich 25 Millionen Mark kosten und 1906 eingeweiht werden.

Das Nowaweser Rathaus an der Lindenstraße Ecke Priesterstraße wird eingeweiht.


Wirtschaft:

1900 – 1903: Weltwirtschaftskrise.

Am 01. Januar 1900 erscheint eine neue Dauerbriefmarke: „Die Germania“. Bis März 1922 werden 79 verschiedene Germania-Briefmarken ausgegeben werden.

Eröffnung der Berliner Markt- und Kühlhallen.

Beginn der Einführung des elektrischen Lichtes / elektrischer Beleuchtung in den Haushalten.

In Wildau nimmt die neue Lokomotivfabrik von Schwartzkopff die Tätigkeit auf.


Literatur:

Sigmund Freud veröffentlicht sein Buch „Die Traumdeutung“.


Soziales und Erziehung:

Der „Deutscher Verein für Volkshygiene“ wird gegründet.

Clara Zetkin spricht am 14. Februar zum Arbeiterinnenschutz.

Zum Kinder- und Jugendschutz wird eine Verordnung in Kraft gesetzt. Nach dieser dürfen Kinder, welche das neunte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, keine gewerbliche Arbeit außerhalb des Hauses ausüben. Die Beschäftigung von Kindern unter vierzehn Jahren ist außerhalb des Hauses abends nach sieben Uhr und morgens vor einhalb Fünf Uhr verboten. Aber, so zeigte die Praxis, wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter. Deshalb bleibt eine der schlimmsten Geißeln der „guten alten Zeit“ trotzdem die Kinderarbeit. Zu den gängigen Beschäftigungen gehören das Austragen der Zeitungen, Spülen von Bierflaschen, das Anliefern von Milch und Brötchen „für bessere Leute“, Laufburschendienste vielerlei Art.

Vom 19. – 21. Mai streiken die Berliner Straßenbahner für den Zehnstundentag und Lohnerhöhung.

Ab 01. Juni werden Schulärzte in Deutschland bestellt.

November: Volksversammlungen gegen Wohnungsnot und Kohlenteuerung.


Musik:

Puccini komponiert die italienische Oper „Tosca“ und Sibelius „Finlandia“.


Sport:

Am 29. Januar gründen Abgesandte von 86 deutschen Fußballvereinen in Leipzig den Deutschen Fußballbund (DFB). Das Hauptziel des Verbandes besteht in der Vereinheitlichung der unterschiedlichen Spielregeln.


Alltag:

Potsdam zählt 57.500 Einwohner zuzüglich ca. 10 - 12 % Militär. Berlin hat hingegen 2.712.200 Einwohner. (Anmerkung von C.J. Es gibt auch weitere Zahlen, die bedeutende Differenzen aufweisen. Eine andere offiziöse Quelle nennt 1.889 Einwohner.

Aus Schwarzenberg im Erzgebirge kommt die verzinkte, transportable Volksbadewanne.

Die Zahnbürste ist zwar im Prinzip seit 1750 bekannt. Eine allgemeine Verbreitung fand sie aber erst mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts und dann zumeist zuerst bei städtischen Bewohnern.